wenn es um die Einschätzung des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit geht, scheiden sich die Geister. Die einen gehen sofort auf Abstand, weil sie viel Bedenkliches in dessen Mitteilungen und Stellungnahmen finden. Andere verteidigen den Zusammenschluss, dem es eigenen Angaben zufolge darum geht, “die Freiheit von Forschung und Lehre gegen ideologisch motivierte Einschränkungen zu verteidigen”. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) etwa sieht darin, wie in der vergangenen Woche im Research.Table berichtet, “einen willkommenen Mitstreiter, der gemeinsam für eine von Sachargumenten und gegenseitigem Respekt geprägte Debattenkultur an den Universitäten eintritt und wirbt”.
Diese Einschätzung revidierte der Verband auch nicht, nachdem wir berichteten, dass ein Mitglied des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit, der Rechtswissenschaftler Ulrich Vosgerau, an dem von der Correctiv-Redaktion enthüllten Potsdamer Geheimtreffen teilgenommen hat.
Über das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit lasse sich streiten, konterte der DHV auf der Plattform X, nachdem das Thema breiter aufgegriffen wurde. “Dämonisieren muss man es aber nicht. Das Anliegen, für eine freie Debattenkultur einzutreten, lässt sich nicht durch den Verweis auf einzelne Personen diskreditieren, die Mitglied sind, aber offensichtlich keine entscheidende Rolle spielen.”
In den Führungsebenen der Hochschulen und Forschungseinrichtungen hat bis jetzt kaum jemand öffentlich klar Position zum Netzwerk Wissenschaftsfreiheit bezogen. Mit dem heutigen Standpunkt-Beitrag von Geraldine Rauch, Präsidentin der Technischen Universität Berlin, ändert sich das. Sie hat sich die Stellungnahmen und Figuren des Netzwerks angesehen und kommt zu dem Schluss: “Die Äußerungen des Netzwerks stärken das Narrativ der Neuen Rechten, Rechtsextremist*innen und anderer verfassungsfeindlicher Organisationen.” Sie mahnt: “Die Aktivitäten des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit sollten uns mit tiefster Sorge erfüllen.”
Informative Lektüre wünscht Ihnen
Die Zahl der privaten Hochschulen ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Vor 20 Jahren gab es 49 solcher Hochschulen, mittlerweile sind es einer aktuellen Analyse des Centrums für Hochschulentwicklung zufolge 115 – mehr als doppelt so viel. Die Studierendenzahl hat sich in der Zeit sogar vervierfacht.
Private Hochschulen haben verschiedene Träger, darunter Unternehmen und Familien. Drei prominente Beispiele: die ehemalige Jacobs University in Bremen, die von der Jacobs-Familie finanziert wurde. Mittlerweile wurde sie in Constructor University umbenannt und an den russisch-singapurischen Investor Serguei Beloussov verkauft.
Im Jahr 2003 gründete Klaus-Michael Kühne, Mehrheitseigentümer des Logistikkonzerns Kühne und Nagel, gemeinsam mit der Stadt Hamburg und der TU Hamburg die Hamburg School of Logistics, aus der später die Kühne Logistics University entstand. Und seit 2010 baut die Stiftung von Dieter Schwarz, dem Gründer von Lidl und Kaufland, den Bildungscampus in Heilbronn aus. Dort gibt es unter anderem eine Elite-Programmierschule, eine stiftungseigene Akademie und eine Start-up-Schmiede.
Auch staatliche Hochschulen werden zunehmend von der Wirtschaft unterstützt – meist über Drittmittel und Stiftungsprofessuren. So hat etwa die Dieter Schwarz Stiftung seit 2018 der Technischen Universität München (TUM) insgesamt 41 Professuren gestiftet, 32 davon auf dem TUM Campus in Heilbronn. Eine Stiftertätigkeit in dieser Dimension hat es in Deutschland zuvor noch nicht gegeben.
Immer mehr Hochschulen lassen sich Professuren spendieren. Die Edeka Zentrale Stiftung & Co. KG fördert etwa ab diesem Jahr eine Juniorprofessur für nachhaltiges Kauf- und Konsumverhalten an der Leuphana Universität Lüneburg. Darüber hinaus stelle Edeka weitere Mittel für die Forschung bereit, teilt die Leuphana Universität mit.
Und an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen (RWTH Aachen) wird ab diesem Jahr eine Informatikprofessur besetzt, die von der BMW-Gruppe finanziert wird. Insgesamt war die RWTH-Aachen nach Angaben des Statistischen Bundesamts mit 932.100 Euro Spitzenreiter bei der Einnahme von Drittmitteln pro Professur im Jahr 2021 – gefolgt von der TUM mit 799.800 Euro pro Professur und der Universität Stuttgart mit 763.600 Euro.
Bei Stiftungsprofessuren kommen meist die Unternehmen, Stiftungen, Vereine oder Verbände gezielt auf die Hochschulen zu, erläutert Thorsten Karbach, Sprecher der RWTH Aachen. In der Regel würden dabei bereits langjährige Beziehungen in Form von Kooperationen auf anderen Ebenen oder in gemeinsamen Projekten vorliegen. “Die RWTH arbeitet über ihre Fakultäten hinweg mit sehr vielen Wirtschaftsunternehmen zusammen. Diese Unternehmen werden im Zuge der Veröffentlichungen auch aktiv kommuniziert, weil wir sie als Mehrwert für die laufende Forschung betrachten”, sagt Karbach.
Der Energieversorger E.ON sponsert das E.ON Energy Research Center (E.ON ERC) an der RWTH und finanziert dabei laut Karbach zwischen 2021 und 2026 gemeinsame Forschungsprojekte mit einer Gesamtsumme von zehn Millionen Euro. Hinzu komme jährlich bis zu einer halben Million Euro zur Finanzierung von gemeinnützigen Projekten.
“Die finanzielle Unterstützung aus der Wirtschaft, aber auch von Verbänden und Stiftungen kann für eine noch höhere Qualität der Forschung sorgen”, sagt Karbach. Es schaffe zudem mehr Spielräume, es gebe mehr Forschungsthemen, die besetzt werden können. Und Studierende würden auf diese Weise frühzeitig mit potenziellen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern in Kontakt kommen.
An zahlreichen Fortschritten bei der Elektromobilität, der Photovoltaik und der Speichertechnik sei die RWTH Aachen und auch das E.ON ERC mit seinen inzwischen sieben Lehrstühlen direkt oder indirekt beteiligt gewesen.
Haben die Unternehmen auch Einfluss auf die Forschungsergebnisse? “Nein”, sagt Karbach. “Die Freiheit der Forschung ist ein hohes Gut und die Forschung ist immer ergebnisoffen.” Ähnlich argumentiert die TUM. “Natürlich könnte man sagen, es wäre Aufgabe des Landes, die Entwicklung der TU zu finanzieren. Fest steht, dass die Dieter Schwarz Stiftung keinen Einfluss darauf hat, wen die TUM als Professor/Professorin beruft und woran sie später arbeiten. Einflussnahme gibt es definitiv nicht”, heißt es von Seiten der TUM.
Christopher Bohlens, Leiter der Arbeitsgruppe Wissenschaft von Transparency International, sieht hingegen einen potenziellen Einfluss der Unternehmen auf die Forschung: “Unternehmen finanzieren Stiftungsprofessuren meist in einem Bereich, in dem sie selbst tätig sind. Sie versuchen auf diese Weise von den Forschungsergebnissen zu profitieren, erteilen gezielt Forschungsaufträge.” Gegen Drittmittel an sich habe die NGO nichts, gegen mangelnde Transparenz aber schon. “Wir kritisieren, dass all diese Geldflüsse oftmals überhaupt nicht transparent gemacht werden. Also: Woher kommt das Geld? Wie viel wurde investiert? Für was?”, sagt Bohlens.
Welche Summen etwa in den TUM Bildungscampus in Heilbronn geflossen sind, bleibt weiterhin unklar. Die TUM wollte sich zu den Geldflüssen nicht äußern. Auch Sachspenden und Sponsoring würden oft nicht kommuniziert werden, erklärt Bohlens. Nur in wenigen Bundesländern, etwa in Niedersachsen, müssen Hochschulen einmal im Jahr veröffentlichen, welche Spenden und welches Sponsoring sie erhalten haben.
“Wir sind schon besorgt und beobachten, dass die Drittmittel immer weiter zunehmen. Es geht bei den Hochschulen letztendlich ja auch darum, Finanzlöcher zu stopfen“, sagt Bohlens. Gerade der Boom der privaten Hochschulen führe zu einem immer größer werdenden Konkurrenzdruck. “Zusätzliche Finanzquellen aus der Wirtschaft kommen da gelegen.”
Im Prinzip ist erstmal alles wieder wie vorher: Durch einen neuen Passus im Haushaltsgesetz für das Jahr 2024 können industrienahe Forschungsinstitute ihr Leitungspersonal weiterhin besser bezahlen. Mit einer veränderten Verwaltungspraxis hatten BMF, BMWK und BMBF die Institute 2021 vor die Perspektive gestellt, auf Fördermittel des Bundes verzichten zu müssen, wenn sie ihre Leitung marktüblich – und damit übertariflich – bezahlen wollten.
Die Verbünde der Institute wie die Zuse-Gemeinschaft, die Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft oder die Innovationsallianz Baden-Württemberg hatten daraufhin Alarm geschlagen, aus Angst, erfahrenes und qualifiziertes Leitungspersonal zu verlieren, und auf einen deutlichen Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu großen Forschungsgemeinschaften wie der Fraunhofer-Gesellschaft hingewiesen. Die privatwirtschaftlich arbeitenden Forschungsinstitute arbeiten vornehmlich an Industrieinnovationen für mittelständische Unternehmen.
“Nach zwei Jahren Unsicherheit ist die Lösung eine gute Sache und bei aller Kritik an der derzeitigen Bundesregierung muss man anerkennen, dass sich die Parlamentarier in den vergangenen Wochen sehr ins Zeug gelegt haben“, sagt Ramona Fels, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft. Fels ist sich sicher, dass die Expertenanhörung im Forschungsausschuss im vergangenen Oktober den “Turnaround” gebracht hat.
“Die Parlamentarier haben anerkannt, dass eine sachgerechte Lösung für unsere gesamte Riege wichtig ist und es uns allen um eine Verwaltungsvereinfachung geht und nicht darum, mehr Geld vom Bund herauszuschlagen“, sagt Fels. De facto gilt das Besserstellungsverbot für die Institute mit Blick auf Projektmittel von Land und Bund auch weiterhin.
Das Haushaltsgesetz ist allerdings an zwei – für die Institute entscheidenden – Stellen geändert worden. Das Besserstellungsverbot gilt nun eben nicht, wenn:
Für die Institute bedeute das, dass die Mittel für eine höhere Bezahlung des Leitungspersonals aus Industrieaufträgen gewonnen werden müssten, sagt Ramona Fels. In selteneren Fällen könnte ein Bundesland auch Ausnahmen vom eigenen Besserstellungsverbot des Landes machen oder die politische Entscheidung treffen, ein Institut und damit auch die Leitung institutionell zu fördern. Auch dafür gibt es nun den nötigen Spielraum.
Die Erleichterung ist aber nicht nur aufseiten der Institute groß. Auch Parlamentarier der Ampel-Parteien zeigen sich auf Nachfrage von Table.Media zufrieden: “Die Lösung schafft endlich Verlässlichkeit für die betroffenen Institute. Mit der Ergänzung im Haushaltsgesetz gibt es endlich langfristige Rechtssicherheit und Planbarkeit für die Mitarbeiter:innen”, sagt SPD-Berichterstatterin Ye-One Rhie und auch Anna Christmann (Grüne) freut sich, wie sie bei LinkedIn schreibt, dass die Institute jetzt, “weiter die klugen Köpfe beschäftigen können, die an den Innovationen von morgen arbeiten”.
Aus Sicht der industrienahen Forschungsinstitute ist die im Haushaltsgesetz beschlossene Lösung allerdings bislang nur eine “95-prozentige”. “Wir sind noch immer vorsichtig skeptisch, weil sich erstmal zeigen muss, ob die administrative Ebene, also Ministerien und Projektträger, den Gesetzeswillen auch dementsprechend umsetzt“, sagt Ramona Fels.
Langfristiges Ziel der industrienahen Forschungseinrichtungen bleibe darüber hinaus die Gleichstellung mit den großen Forschungsgemeinschaften. “Wir sind durch den Diskussionsprozess zusammengerückt, haben uns emanzipiert und wollen auf Augenhöhe betrachtet werden.” Im Gegensatz zu Fraunhofer & Co., die unter das Wissenschaftsfreiheitsgesetz (WissFG) fallen, blieben industrienahen Forschungseinrichtungen spezielle Förderprogramme verwehrt und Overhead-Kosten würden niedriger angesetzt.
Eine entsprechende Bundesratsinitiative, die eine Gleichstellung der Institute im WissFG forderte, war im vergangenen Jahr von der Bundesregierung abgelehnt worden. In ihrer ablehnenden Antwort machte die Bundesregierung damals deutlich, dass sie die gemeinnützigen Forschungseinrichtungen nicht auf einem Niveau mit den bereits über das WissFG befreiten Institutionen sieht. Auch fehlende Kontrollmöglichkeiten seitens des Bundes wurden bemängelt. Diese Bedenken habe man inzwischen entkräftet, ist sich Ramona Fels sicher, trotzdem sei eine Aufnahme in das WissFG eher ein langfristiges Ziel der Verbünde.
Für den Moment sieht Fels die neue Regelung aber als “Befreiungsschlag”. In den vergangenen beiden Jahren hatte die Regierung mit Verweis auf die geltende Rechtslage lange keine allgemeine Lösung angestrebt, sondern darauf bestanden, dass Institute, die Ausnahmen vom Besserstellungsverbot erreichen wollen, einen Ausnahmeantrag stellen. Anträge, die bereits eingereicht, aber noch nicht beschieden wurden und sich auf einen Zeitraum nach Inkrafttreten der neuen Regelung beziehen, werden nunmehr “gegenstandslos”, bestätigte gestern ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums auf Anfrage von Table.Media.
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Ein jüdischer Student der FU Berlin landet mit Knochenbrüchen im Gesicht im Krankenhaus und ein Professor des Max-Planck-Instituts für ethnologischen Forschung in Halle soll seit Oktober öffentlich antisemitische Hass-Tiraden gegen Israel verbreitet haben. Diese beiden mutmaßlich antisemitischen Vorfälle haben am Wochenende die Wissenschaftscommunity beschäftigt und für Entsetzen gesorgt.
In Halle wird dem renommierten australischen Gastprofessor Ghassan Hage vorgeworfen, dass er bereits im Oktober 2023 ein Gedicht veröffentlichte, in dem er Sympathien für die Taten der Hamas-Terroristen in Israel zeige. Die Welt am Sonntag hatte am Wochenende zuerst darüber berichtet. Im Welt-Bericht ist zudem die Rede davon, dass Hage im weiteren Verlauf bis in den Januar weitere Nachrichten veröffentlichte, in denen er mit Blick auf die israelische Führung Nazi-Vergleiche anstellte und behauptete, in Palästina “ein Konzentrationslager gesehen” zu haben. Die Postings sind auf Facebook und der Plattform X öffentlich einsehbar.
Auf eine Anfrage der Zeitung hatte eine Sprecherin des Max-Planck-Instituts am Sonntag um Geduld gebeten. Der Sachverhalt müsse nun aufgeklärt werden. Hage selbst hatte nach Aussage der Welt nicht auf Anfragen reagiert. Die Aussagen von Ghassan Hage stehen in großem Kontrast zu den Solidaritätsbekundungen der Max-Planck-Gesellschaft, die sich nach den Terrorangriffen der Hamas wiederholt zu Wort gemeldet hatte. So erinnert sie an ihr wissenschaftliches Austauschprogramm mit dem israelischen Weizmann-Institut, für das vor 60 Jahren eigens eine Stiftung errichtet worden war. Es sei unerträglich, dass auf deutschen Straßen der schreckliche Hamas-Terror gefeiert werde: “Wir verurteilen jede Form von Antisemitismus!”, hieß es damals.
Die Freie Universität Berlin (FU) hat einen mutmaßlichen Angriff auf einen jüdischen Studenten in Berlin-Mitte vom Wochenende “auf das Schärfste” verurteilt und prüft nach eigenen Worten juristische Schritte. Man sei “zutiefst entsetzt über den brutalen, mutmaßlich antisemitisch motivierten Angriff auf einen jüdischen Studenten unserer Universität”, teilte Uni-Präsident Günter Ziegler der Deutschen Presseagentur mit.
“Wenn sich bestätigt, dass der Täter Student der Freien Universität Berlin ist, wird die Hochschule umgehend die möglichen juristischen Schritte im Rahmen des Hausrechts prüfen und gegebenenfalls ein Hausverbot durchsetzen.” Die Uni richtete Genesungswünsche an den Verletzten. Sie teilte weiter mit, dass die FU unabhängig davon “alles in ihrer Kraft Stehende” unternehme, um eine Bedrohung jüdischer Studierender auf dem Campus zu verhindern. “Unsere uneingeschränkte Solidarität gilt allen Opfern antisemitischer Anfeindungen und Gewalt; die Freie Universität Berlin steht für Offenheit und Toleranz und distanziert sich von jeglicher Form von Gewalt und Hetze.” tg
Trotz Kritik aus Forschungscommunity und seitens der EU-Forschungskommissarin Iliana Ivanova, werden die Mittel für Horizon Europe bis 2027 um 2,1 Milliarden Euro gekürzt. Dieser Schritt ist Teil einer Anpassung des mittelfristigen Finanzrahmens der EU zur Unterstützung der Ukraine. Darüber hinaus gab es aber auch weitere zusätzliche Programme und Wünsche seitens der Kommission, die finanziert werden mussten.
So erhält der Europäische Verteidigungsfonds (EDF) zusätzliche 1,5 Milliarden Euro für die Forschung im Bereich der Militärtechnologie. Damit soll dieser einen Beitrag zur Plattform Strategische Technologien für Europa (STEP) leisten.
Die 2,1 Milliarden Euro sollen wohl in Säule 2 des Förderprogramms “Global challenges and European industrial competitiveness” eingespart werden. Bereits im Dezember bezeichnete EU-Parlamentarier Christian Ehler die Kürzungen als nicht akzeptabel. Man sehe, dass nun eben das Forschungsbudget in Europa härter umkämpft sei als in vorigen Jahren. Jetzt gehe es darum, für Investitionen in Forschung und Innovation und damit die Zukunft zu kämpfen und nicht den Status quo zu subventionieren. mw
Dem Vorsitzenden des Forschungsausschusses im Bundestag, Kai Gehring (Grüne), geht es mit dem Kabinettsentwurf zum WissZeitVG nicht schnell genug voran. Er spricht von einer “Hängepartie” bei der geplanten Reform. “Damit sich in dieser Wahlperiode die Arbeitsbedingungen und Berufswege im Wissenschaftssystem verbessern, muss die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes zeitnah im Bundestag beraten werden”, sagte Gehring der Deutschen Presseagentur.
Sowohl Forschende als auch die Leitungen von Hochschulen und Forschungseinrichtungen benötigten endlich Klarheit, sagte Gehring. Nachdem SPD und Grüne dem Referentenentwurf des BMBF aus Juni 2023 die Zustimmung verweigert hatten, befindet sich der Referentenentwurf in der Kabinettsabstimmung. Der aktuelle Gesetzestext steht seit langem in der Kritik, weil sich in der Praxis viele Nachwuchswissenschaftler von einem befristeten Arbeitsvertrag zum nächsten hangeln müssen.
Nach der wiederholten Absage von BMBF-Staatssekretär Jens Brandenburg, noch einmal eine Kompromisslösung bei der 4+2-Regelung in der Postdoc-Phase zu suchen, gilt die Aufweichung der Tarifsperre als wahrscheinlichste Lösung, um den Konflikt zwischen FDP-geführtem BMBF und dem SPD-geführten BMAS in den Ressortabstimmungen beizulegen. Auch die neuerlichen Haushaltsverhandlungen der Ampelparteien haben aber offenbar keinen Schwung in die Debatte gebracht.
Auf die Frage von Table.Media, wann mit dem Kabinettsentwurf zu rechnen ist, gab das BMBF dieselbe Antwort wie bereits vor Wochen: “Das BMBF hat einen Referentenentwurf zur Änderung des WissZeitVG vorgelegt, der sich derzeit noch in der Ressortabstimmung befindet. Diesen Gesprächen können wir nicht vorgreifen. Wir streben einen zeitnahen Kabinettsbeschluss an, anschließend wird der Gesetzentwurf in das parlamentarische Verfahren eingebracht”. tg
Der deutsche Forscher Sepp Hochreiter will mit einem neuen Unternehmen die Vorherrschaft des Marktführers für Künstliche Intelligenz, OpenAI, infragestellen. Der Träger des deutschen KI-Innovationspreises kündigte am Montag an, zusammen mit österreichischen Industriepartnern in Kooperation mit der Universität Linz das Unternehmen NXAI zu starten.
Finanziert werde die Firma durch das Linzer Start-up Netural X sowie die Pierer Digital Holding aus der österreichischen Industriegruppe Pierer. Damit werde gewährleistet, dass ein neuer Ansatz für ein europäisches KI-Sprachmodell entwickelt werden kann, das global wettbewerbsfähig ist.
Hochreiter hatte in den 1990er Jahren den Algorithmus Long Short-Term Memory (LSTM) erfunden, der viele KI-Anwendungen verbesserte. Darunter waren beispielsweise die Übersetzung von Sprachen oder die Vorhersage von Krankheiten auf Basis medizinischer Daten. Die Neuauflage von LSTM, xLSTM, hat nach seiner Darstellung gute Chancen, sich nicht nur gegen die von Google und OpenAI verwendeten KI-Modelle zu behaupten, sondern diese zu übertreffen.
Im Vergleich zu den Modellen, die Google und OpenAI verwenden, soll die benötigte Rechenleistung in Hochreiters Modell deutlich geringer sein. Mit ihrer gesteigerten Effizienz und Leistung in der Verarbeitung von Texten werde die xLSTM-Technologie einen neuen Standard in der KI-Sprachverarbeitung setzen, teilt die Universität Linz mit.
Aus Fachkreisen werden allerdings Zweifel laut. So habe Hochreiter bisher nichts zu xLSTM publiziert und auch auf einer Konferenz in Berlin im November 2023 keine Details genannt. Ob durch die neue Methode wirklich derart große Effizienzgewinne gegenüber den derzeitigen Transformermodellen erzielt werden könne, sei fraglich. Man sieht derartige Ankündigungen eher auf die Bedürfnisse potenzieller Investoren und der Politik abgestimmt. Insgesamt sei es wenig realistisch, dass NXAI mit seinen aktuellen Ressourcen die großen Player angreifen könne. mw/dpa
Das “Netzwerk Wissenschaftsfreiheit e. V.” ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, die sich gegen “ideologisch motivierte Einschränkungen” in Forschung und Lehre einsetzen. (Es ist mir daher eine gewisse innere Freude, in diesem Artikel meine Freiheit zu nutzen, das Gendersternchen zu verwenden.)
Auf der Webseite des Netzwerks heißt es: “Einzelne beanspruchen vor dem Hintergrund der Weltanschauung und ihrer politischen Ziele, festlegen zu können, welche Fragestellungen, Themen und Argumente verwerflich sind.” Die Freiheit von Forschung und Lehre ist in der Tat ein hohes Gut. Trotzdem bleibt die Frage, was die Mitglieder des Netzwerks unter Freiheit und freier Meinungsäußerung verstehen.
Ein Blick auf die Webseite des Netzwerks liefert Eindrücke. Dort sind Beispiele und Stellungnahmen zu – durch das Netzwerk deklarierten – Fällen von “Cancel Culture” aufgelistet. Ein paar Beispiele:
Die obigen Beispiele von Aktivitäten des Netzwerks sind absichtlich möglichst neutral zusammengefasst.
Die Mitglieder des Netzwerks beanspruchen für sich, unter dem Mantel der Wissenschaftsfreiheit zu agieren. Kritik oder Abgrenzungen gegenüber ihren Stellungnahmen werden als Cancel Culture betitelt oder als ideologiegetrieben abgestempelt.
Das lässt am Ende vermeintlich nur zwei Positionierungen zu – entweder man outet sich als Gegner*in der Wissenschaftsfreiheit und als ideologiegetrieben, oder man steht für Wissenschaftsfreiheit ein.
Ein gefährliches Narrativ, dem wir uns in keinem Fall beugen dürfen. Denn Forschung und Lehre können nur frei sein, wenn Menschen, egal welcher Nationalität, Religion oder welchen Geschlechts, gleich und fair behandelt werden. Genau das wird durch das Netzwerk aber massiv infrage gestellt. Die Äußerungen des Netzwerks stärken das Narrativ der Neuen Rechten, Rechtsextremist*innen und anderer verfassungsfeindlicher Organisationen.
Die Mitgliederliste ist eine beunruhigend lange Liste. Ein Blick in sie lohnt sich, um zu erschrecken. Viele Universitäten sind vertreten, leider auch Personen der TU Berlin.
Die Aktivitäten des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit sollten uns mit tiefster Sorge erfüllen. Ich positioniere mich klar gegen das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit als Zeichen für Demokratie und als Zeichen für die Solidarität mit allen Menschen.
Anmerkung der Redaktion: Der Text wurde am 17. April 2024 auf Wunsch der Verfasserin geändert.
In einer früheren Fassung des Beitrags hieß es:
“Die TU Berlin positioniert sich klar gegen das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit als Zeichen für Demokratie und als Zeichen für die Solidarität mit allen Menschen.”
Dazu stellt die Verfasserin Prof. Dr. Geraldine Rauch fest:
“Tatsächlich gibt es keine offizielle Gremienbefassung der TU Berlin mit dieser Frage und dementsprechend auch keine Beschlüsse. Was ich tatsächlich sagen wollte, war, dass ich persönlich mich entsprechend positioniert habe und diese Position auch öffentlich vertrete. Die missverständliche Formulierung bitte ich zu entschuldigen.”
Cecile Sandten, Inhaberin der Professur Anglistische Literaturwissenschaft der TU Chemnitz, wurde zur Präsidentin der Association for Literary Urban Studies gewählt, einer internationalen Gesellschaft, deren Mitglieder sich mit dem Thema der Stadt in der Literatur beschäftigen.
Tilo Wendler wurde vom Kuratorium der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin) zum neuen Kanzler gewählt. Wendler folgt auf Claas Cordes, der seit Anfang 2024 Kanzler der Philipps-Universität Marburg ist.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Europe.Table: AI Act: Die Lobbyarbeit geht weiter. Die Mitgliedstaaten haben einstimmig für den AI Act votiert. Sie haben der Kommission aber konkrete Arbeitsaufträge mitgegeben. Und die Abstimmung im Parlament wird auch kein Selbstläufer. Mehr
Europe.Table: Diese versteckten Kohlelasten sind Teil von Europas neuem Klimaziel. Mit einer EU-Erweiterung könnte der Kohleverbrauch der Staatengemeinschaft stark steigen. Doch bei der Festlegung des Klimaziels 2040 bleiben die Bewerberländer bisher außen vor. Die Böll-Stiftung warnt deshalb vor dem Einfluss von China und Russland. Mehr
Africa.Table: Afrikawissenschaftler Henning Melber: “Die deutsche Namibia-Politik ist geradezu ignorant”. Der südafrikanische Vorwurf, Israel begehe Völkermord im Gazastreifen, reißt auch zwischen Namibia und Deutschland alte Wunden auf. Im Interview mit Table.Media erklärt der Afrikawissenschaftler Henning Melber, warum die Namibier sich vor den Kopf gestoßen fühlen, und was das für die deutsch-namibische Aussöhnung bedeutet. Mehr
Forschung ist bekanntlich nichts für Ungeduldige. Aber in diesem Fall ging es zack zack: Am 21. Januar trafen Meteorite aus dem Streufeld des Asteroiden 2024 BX1 nordwestlich von Berlin nahe Ribbeck auf die Erde. Daraufhin schwärmte ein vom Berliner Museum für Naturkunde (MfN) geleiteter Suchtrupp aus und meldete schon wenige Tage später Erfolg. Am 26. Januar entdeckte das Team die ersten beiden etwa walnussgroßen Stücke, inzwischen sind es mehr als 20 Proben.
Nun liegen bereits die Ergebnisse der ersten chemisch-meteorologischen Untersuchungen vor: Der Meteor hat demnach eine seltene Zusammensetzung vom Typ Aubrit. “Die Ergebnisse der Klassifikation wurden am 2. Februar 2024 bei der internationalen Nomenklaturkommission der Meteoritical Society zur Prüfung und Bestätigung eingereicht”, teilte das MfN am gestrigen Montag mit.
Das hohe Tempo dieser Forschung verdient besondere Anerkennung, denn die Bröckchen waren gut getarnt. “Ein Aubrit ähnelt vom Aussehen her eher einem grauen Granit und besteht hauptsächlich aus den Magnesium-Silikaten Enstatit und Forsterit”, erklärt MfN-Forscher Christopher Hamann. Ein Aubrit enthalte kaum Eisen. Und die Schmelzkruste, an der man Meteorite üblicherweise gut erkennen kann, sehe völlig anders aus, als bei den meisten anderen Meteoriten.
Wir freuen uns mit den Forschenden und werden den außerirdischen Bröckchen bald einen Besuch abstatten: Einige der Bruchstücke sollen bald in der Ausstellung des Museums für Naturkunde Berlin gezeigt werden. Anne Brüning
wenn es um die Einschätzung des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit geht, scheiden sich die Geister. Die einen gehen sofort auf Abstand, weil sie viel Bedenkliches in dessen Mitteilungen und Stellungnahmen finden. Andere verteidigen den Zusammenschluss, dem es eigenen Angaben zufolge darum geht, “die Freiheit von Forschung und Lehre gegen ideologisch motivierte Einschränkungen zu verteidigen”. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) etwa sieht darin, wie in der vergangenen Woche im Research.Table berichtet, “einen willkommenen Mitstreiter, der gemeinsam für eine von Sachargumenten und gegenseitigem Respekt geprägte Debattenkultur an den Universitäten eintritt und wirbt”.
Diese Einschätzung revidierte der Verband auch nicht, nachdem wir berichteten, dass ein Mitglied des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit, der Rechtswissenschaftler Ulrich Vosgerau, an dem von der Correctiv-Redaktion enthüllten Potsdamer Geheimtreffen teilgenommen hat.
Über das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit lasse sich streiten, konterte der DHV auf der Plattform X, nachdem das Thema breiter aufgegriffen wurde. “Dämonisieren muss man es aber nicht. Das Anliegen, für eine freie Debattenkultur einzutreten, lässt sich nicht durch den Verweis auf einzelne Personen diskreditieren, die Mitglied sind, aber offensichtlich keine entscheidende Rolle spielen.”
In den Führungsebenen der Hochschulen und Forschungseinrichtungen hat bis jetzt kaum jemand öffentlich klar Position zum Netzwerk Wissenschaftsfreiheit bezogen. Mit dem heutigen Standpunkt-Beitrag von Geraldine Rauch, Präsidentin der Technischen Universität Berlin, ändert sich das. Sie hat sich die Stellungnahmen und Figuren des Netzwerks angesehen und kommt zu dem Schluss: “Die Äußerungen des Netzwerks stärken das Narrativ der Neuen Rechten, Rechtsextremist*innen und anderer verfassungsfeindlicher Organisationen.” Sie mahnt: “Die Aktivitäten des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit sollten uns mit tiefster Sorge erfüllen.”
Informative Lektüre wünscht Ihnen
Die Zahl der privaten Hochschulen ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Vor 20 Jahren gab es 49 solcher Hochschulen, mittlerweile sind es einer aktuellen Analyse des Centrums für Hochschulentwicklung zufolge 115 – mehr als doppelt so viel. Die Studierendenzahl hat sich in der Zeit sogar vervierfacht.
Private Hochschulen haben verschiedene Träger, darunter Unternehmen und Familien. Drei prominente Beispiele: die ehemalige Jacobs University in Bremen, die von der Jacobs-Familie finanziert wurde. Mittlerweile wurde sie in Constructor University umbenannt und an den russisch-singapurischen Investor Serguei Beloussov verkauft.
Im Jahr 2003 gründete Klaus-Michael Kühne, Mehrheitseigentümer des Logistikkonzerns Kühne und Nagel, gemeinsam mit der Stadt Hamburg und der TU Hamburg die Hamburg School of Logistics, aus der später die Kühne Logistics University entstand. Und seit 2010 baut die Stiftung von Dieter Schwarz, dem Gründer von Lidl und Kaufland, den Bildungscampus in Heilbronn aus. Dort gibt es unter anderem eine Elite-Programmierschule, eine stiftungseigene Akademie und eine Start-up-Schmiede.
Auch staatliche Hochschulen werden zunehmend von der Wirtschaft unterstützt – meist über Drittmittel und Stiftungsprofessuren. So hat etwa die Dieter Schwarz Stiftung seit 2018 der Technischen Universität München (TUM) insgesamt 41 Professuren gestiftet, 32 davon auf dem TUM Campus in Heilbronn. Eine Stiftertätigkeit in dieser Dimension hat es in Deutschland zuvor noch nicht gegeben.
Immer mehr Hochschulen lassen sich Professuren spendieren. Die Edeka Zentrale Stiftung & Co. KG fördert etwa ab diesem Jahr eine Juniorprofessur für nachhaltiges Kauf- und Konsumverhalten an der Leuphana Universität Lüneburg. Darüber hinaus stelle Edeka weitere Mittel für die Forschung bereit, teilt die Leuphana Universität mit.
Und an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen (RWTH Aachen) wird ab diesem Jahr eine Informatikprofessur besetzt, die von der BMW-Gruppe finanziert wird. Insgesamt war die RWTH-Aachen nach Angaben des Statistischen Bundesamts mit 932.100 Euro Spitzenreiter bei der Einnahme von Drittmitteln pro Professur im Jahr 2021 – gefolgt von der TUM mit 799.800 Euro pro Professur und der Universität Stuttgart mit 763.600 Euro.
Bei Stiftungsprofessuren kommen meist die Unternehmen, Stiftungen, Vereine oder Verbände gezielt auf die Hochschulen zu, erläutert Thorsten Karbach, Sprecher der RWTH Aachen. In der Regel würden dabei bereits langjährige Beziehungen in Form von Kooperationen auf anderen Ebenen oder in gemeinsamen Projekten vorliegen. “Die RWTH arbeitet über ihre Fakultäten hinweg mit sehr vielen Wirtschaftsunternehmen zusammen. Diese Unternehmen werden im Zuge der Veröffentlichungen auch aktiv kommuniziert, weil wir sie als Mehrwert für die laufende Forschung betrachten”, sagt Karbach.
Der Energieversorger E.ON sponsert das E.ON Energy Research Center (E.ON ERC) an der RWTH und finanziert dabei laut Karbach zwischen 2021 und 2026 gemeinsame Forschungsprojekte mit einer Gesamtsumme von zehn Millionen Euro. Hinzu komme jährlich bis zu einer halben Million Euro zur Finanzierung von gemeinnützigen Projekten.
“Die finanzielle Unterstützung aus der Wirtschaft, aber auch von Verbänden und Stiftungen kann für eine noch höhere Qualität der Forschung sorgen”, sagt Karbach. Es schaffe zudem mehr Spielräume, es gebe mehr Forschungsthemen, die besetzt werden können. Und Studierende würden auf diese Weise frühzeitig mit potenziellen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern in Kontakt kommen.
An zahlreichen Fortschritten bei der Elektromobilität, der Photovoltaik und der Speichertechnik sei die RWTH Aachen und auch das E.ON ERC mit seinen inzwischen sieben Lehrstühlen direkt oder indirekt beteiligt gewesen.
Haben die Unternehmen auch Einfluss auf die Forschungsergebnisse? “Nein”, sagt Karbach. “Die Freiheit der Forschung ist ein hohes Gut und die Forschung ist immer ergebnisoffen.” Ähnlich argumentiert die TUM. “Natürlich könnte man sagen, es wäre Aufgabe des Landes, die Entwicklung der TU zu finanzieren. Fest steht, dass die Dieter Schwarz Stiftung keinen Einfluss darauf hat, wen die TUM als Professor/Professorin beruft und woran sie später arbeiten. Einflussnahme gibt es definitiv nicht”, heißt es von Seiten der TUM.
Christopher Bohlens, Leiter der Arbeitsgruppe Wissenschaft von Transparency International, sieht hingegen einen potenziellen Einfluss der Unternehmen auf die Forschung: “Unternehmen finanzieren Stiftungsprofessuren meist in einem Bereich, in dem sie selbst tätig sind. Sie versuchen auf diese Weise von den Forschungsergebnissen zu profitieren, erteilen gezielt Forschungsaufträge.” Gegen Drittmittel an sich habe die NGO nichts, gegen mangelnde Transparenz aber schon. “Wir kritisieren, dass all diese Geldflüsse oftmals überhaupt nicht transparent gemacht werden. Also: Woher kommt das Geld? Wie viel wurde investiert? Für was?”, sagt Bohlens.
Welche Summen etwa in den TUM Bildungscampus in Heilbronn geflossen sind, bleibt weiterhin unklar. Die TUM wollte sich zu den Geldflüssen nicht äußern. Auch Sachspenden und Sponsoring würden oft nicht kommuniziert werden, erklärt Bohlens. Nur in wenigen Bundesländern, etwa in Niedersachsen, müssen Hochschulen einmal im Jahr veröffentlichen, welche Spenden und welches Sponsoring sie erhalten haben.
“Wir sind schon besorgt und beobachten, dass die Drittmittel immer weiter zunehmen. Es geht bei den Hochschulen letztendlich ja auch darum, Finanzlöcher zu stopfen“, sagt Bohlens. Gerade der Boom der privaten Hochschulen führe zu einem immer größer werdenden Konkurrenzdruck. “Zusätzliche Finanzquellen aus der Wirtschaft kommen da gelegen.”
Im Prinzip ist erstmal alles wieder wie vorher: Durch einen neuen Passus im Haushaltsgesetz für das Jahr 2024 können industrienahe Forschungsinstitute ihr Leitungspersonal weiterhin besser bezahlen. Mit einer veränderten Verwaltungspraxis hatten BMF, BMWK und BMBF die Institute 2021 vor die Perspektive gestellt, auf Fördermittel des Bundes verzichten zu müssen, wenn sie ihre Leitung marktüblich – und damit übertariflich – bezahlen wollten.
Die Verbünde der Institute wie die Zuse-Gemeinschaft, die Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft oder die Innovationsallianz Baden-Württemberg hatten daraufhin Alarm geschlagen, aus Angst, erfahrenes und qualifiziertes Leitungspersonal zu verlieren, und auf einen deutlichen Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu großen Forschungsgemeinschaften wie der Fraunhofer-Gesellschaft hingewiesen. Die privatwirtschaftlich arbeitenden Forschungsinstitute arbeiten vornehmlich an Industrieinnovationen für mittelständische Unternehmen.
“Nach zwei Jahren Unsicherheit ist die Lösung eine gute Sache und bei aller Kritik an der derzeitigen Bundesregierung muss man anerkennen, dass sich die Parlamentarier in den vergangenen Wochen sehr ins Zeug gelegt haben“, sagt Ramona Fels, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft. Fels ist sich sicher, dass die Expertenanhörung im Forschungsausschuss im vergangenen Oktober den “Turnaround” gebracht hat.
“Die Parlamentarier haben anerkannt, dass eine sachgerechte Lösung für unsere gesamte Riege wichtig ist und es uns allen um eine Verwaltungsvereinfachung geht und nicht darum, mehr Geld vom Bund herauszuschlagen“, sagt Fels. De facto gilt das Besserstellungsverbot für die Institute mit Blick auf Projektmittel von Land und Bund auch weiterhin.
Das Haushaltsgesetz ist allerdings an zwei – für die Institute entscheidenden – Stellen geändert worden. Das Besserstellungsverbot gilt nun eben nicht, wenn:
Für die Institute bedeute das, dass die Mittel für eine höhere Bezahlung des Leitungspersonals aus Industrieaufträgen gewonnen werden müssten, sagt Ramona Fels. In selteneren Fällen könnte ein Bundesland auch Ausnahmen vom eigenen Besserstellungsverbot des Landes machen oder die politische Entscheidung treffen, ein Institut und damit auch die Leitung institutionell zu fördern. Auch dafür gibt es nun den nötigen Spielraum.
Die Erleichterung ist aber nicht nur aufseiten der Institute groß. Auch Parlamentarier der Ampel-Parteien zeigen sich auf Nachfrage von Table.Media zufrieden: “Die Lösung schafft endlich Verlässlichkeit für die betroffenen Institute. Mit der Ergänzung im Haushaltsgesetz gibt es endlich langfristige Rechtssicherheit und Planbarkeit für die Mitarbeiter:innen”, sagt SPD-Berichterstatterin Ye-One Rhie und auch Anna Christmann (Grüne) freut sich, wie sie bei LinkedIn schreibt, dass die Institute jetzt, “weiter die klugen Köpfe beschäftigen können, die an den Innovationen von morgen arbeiten”.
Aus Sicht der industrienahen Forschungsinstitute ist die im Haushaltsgesetz beschlossene Lösung allerdings bislang nur eine “95-prozentige”. “Wir sind noch immer vorsichtig skeptisch, weil sich erstmal zeigen muss, ob die administrative Ebene, also Ministerien und Projektträger, den Gesetzeswillen auch dementsprechend umsetzt“, sagt Ramona Fels.
Langfristiges Ziel der industrienahen Forschungseinrichtungen bleibe darüber hinaus die Gleichstellung mit den großen Forschungsgemeinschaften. “Wir sind durch den Diskussionsprozess zusammengerückt, haben uns emanzipiert und wollen auf Augenhöhe betrachtet werden.” Im Gegensatz zu Fraunhofer & Co., die unter das Wissenschaftsfreiheitsgesetz (WissFG) fallen, blieben industrienahen Forschungseinrichtungen spezielle Förderprogramme verwehrt und Overhead-Kosten würden niedriger angesetzt.
Eine entsprechende Bundesratsinitiative, die eine Gleichstellung der Institute im WissFG forderte, war im vergangenen Jahr von der Bundesregierung abgelehnt worden. In ihrer ablehnenden Antwort machte die Bundesregierung damals deutlich, dass sie die gemeinnützigen Forschungseinrichtungen nicht auf einem Niveau mit den bereits über das WissFG befreiten Institutionen sieht. Auch fehlende Kontrollmöglichkeiten seitens des Bundes wurden bemängelt. Diese Bedenken habe man inzwischen entkräftet, ist sich Ramona Fels sicher, trotzdem sei eine Aufnahme in das WissFG eher ein langfristiges Ziel der Verbünde.
Für den Moment sieht Fels die neue Regelung aber als “Befreiungsschlag”. In den vergangenen beiden Jahren hatte die Regierung mit Verweis auf die geltende Rechtslage lange keine allgemeine Lösung angestrebt, sondern darauf bestanden, dass Institute, die Ausnahmen vom Besserstellungsverbot erreichen wollen, einen Ausnahmeantrag stellen. Anträge, die bereits eingereicht, aber noch nicht beschieden wurden und sich auf einen Zeitraum nach Inkrafttreten der neuen Regelung beziehen, werden nunmehr “gegenstandslos”, bestätigte gestern ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums auf Anfrage von Table.Media.
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Ein jüdischer Student der FU Berlin landet mit Knochenbrüchen im Gesicht im Krankenhaus und ein Professor des Max-Planck-Instituts für ethnologischen Forschung in Halle soll seit Oktober öffentlich antisemitische Hass-Tiraden gegen Israel verbreitet haben. Diese beiden mutmaßlich antisemitischen Vorfälle haben am Wochenende die Wissenschaftscommunity beschäftigt und für Entsetzen gesorgt.
In Halle wird dem renommierten australischen Gastprofessor Ghassan Hage vorgeworfen, dass er bereits im Oktober 2023 ein Gedicht veröffentlichte, in dem er Sympathien für die Taten der Hamas-Terroristen in Israel zeige. Die Welt am Sonntag hatte am Wochenende zuerst darüber berichtet. Im Welt-Bericht ist zudem die Rede davon, dass Hage im weiteren Verlauf bis in den Januar weitere Nachrichten veröffentlichte, in denen er mit Blick auf die israelische Führung Nazi-Vergleiche anstellte und behauptete, in Palästina “ein Konzentrationslager gesehen” zu haben. Die Postings sind auf Facebook und der Plattform X öffentlich einsehbar.
Auf eine Anfrage der Zeitung hatte eine Sprecherin des Max-Planck-Instituts am Sonntag um Geduld gebeten. Der Sachverhalt müsse nun aufgeklärt werden. Hage selbst hatte nach Aussage der Welt nicht auf Anfragen reagiert. Die Aussagen von Ghassan Hage stehen in großem Kontrast zu den Solidaritätsbekundungen der Max-Planck-Gesellschaft, die sich nach den Terrorangriffen der Hamas wiederholt zu Wort gemeldet hatte. So erinnert sie an ihr wissenschaftliches Austauschprogramm mit dem israelischen Weizmann-Institut, für das vor 60 Jahren eigens eine Stiftung errichtet worden war. Es sei unerträglich, dass auf deutschen Straßen der schreckliche Hamas-Terror gefeiert werde: “Wir verurteilen jede Form von Antisemitismus!”, hieß es damals.
Die Freie Universität Berlin (FU) hat einen mutmaßlichen Angriff auf einen jüdischen Studenten in Berlin-Mitte vom Wochenende “auf das Schärfste” verurteilt und prüft nach eigenen Worten juristische Schritte. Man sei “zutiefst entsetzt über den brutalen, mutmaßlich antisemitisch motivierten Angriff auf einen jüdischen Studenten unserer Universität”, teilte Uni-Präsident Günter Ziegler der Deutschen Presseagentur mit.
“Wenn sich bestätigt, dass der Täter Student der Freien Universität Berlin ist, wird die Hochschule umgehend die möglichen juristischen Schritte im Rahmen des Hausrechts prüfen und gegebenenfalls ein Hausverbot durchsetzen.” Die Uni richtete Genesungswünsche an den Verletzten. Sie teilte weiter mit, dass die FU unabhängig davon “alles in ihrer Kraft Stehende” unternehme, um eine Bedrohung jüdischer Studierender auf dem Campus zu verhindern. “Unsere uneingeschränkte Solidarität gilt allen Opfern antisemitischer Anfeindungen und Gewalt; die Freie Universität Berlin steht für Offenheit und Toleranz und distanziert sich von jeglicher Form von Gewalt und Hetze.” tg
Trotz Kritik aus Forschungscommunity und seitens der EU-Forschungskommissarin Iliana Ivanova, werden die Mittel für Horizon Europe bis 2027 um 2,1 Milliarden Euro gekürzt. Dieser Schritt ist Teil einer Anpassung des mittelfristigen Finanzrahmens der EU zur Unterstützung der Ukraine. Darüber hinaus gab es aber auch weitere zusätzliche Programme und Wünsche seitens der Kommission, die finanziert werden mussten.
So erhält der Europäische Verteidigungsfonds (EDF) zusätzliche 1,5 Milliarden Euro für die Forschung im Bereich der Militärtechnologie. Damit soll dieser einen Beitrag zur Plattform Strategische Technologien für Europa (STEP) leisten.
Die 2,1 Milliarden Euro sollen wohl in Säule 2 des Förderprogramms “Global challenges and European industrial competitiveness” eingespart werden. Bereits im Dezember bezeichnete EU-Parlamentarier Christian Ehler die Kürzungen als nicht akzeptabel. Man sehe, dass nun eben das Forschungsbudget in Europa härter umkämpft sei als in vorigen Jahren. Jetzt gehe es darum, für Investitionen in Forschung und Innovation und damit die Zukunft zu kämpfen und nicht den Status quo zu subventionieren. mw
Dem Vorsitzenden des Forschungsausschusses im Bundestag, Kai Gehring (Grüne), geht es mit dem Kabinettsentwurf zum WissZeitVG nicht schnell genug voran. Er spricht von einer “Hängepartie” bei der geplanten Reform. “Damit sich in dieser Wahlperiode die Arbeitsbedingungen und Berufswege im Wissenschaftssystem verbessern, muss die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes zeitnah im Bundestag beraten werden”, sagte Gehring der Deutschen Presseagentur.
Sowohl Forschende als auch die Leitungen von Hochschulen und Forschungseinrichtungen benötigten endlich Klarheit, sagte Gehring. Nachdem SPD und Grüne dem Referentenentwurf des BMBF aus Juni 2023 die Zustimmung verweigert hatten, befindet sich der Referentenentwurf in der Kabinettsabstimmung. Der aktuelle Gesetzestext steht seit langem in der Kritik, weil sich in der Praxis viele Nachwuchswissenschaftler von einem befristeten Arbeitsvertrag zum nächsten hangeln müssen.
Nach der wiederholten Absage von BMBF-Staatssekretär Jens Brandenburg, noch einmal eine Kompromisslösung bei der 4+2-Regelung in der Postdoc-Phase zu suchen, gilt die Aufweichung der Tarifsperre als wahrscheinlichste Lösung, um den Konflikt zwischen FDP-geführtem BMBF und dem SPD-geführten BMAS in den Ressortabstimmungen beizulegen. Auch die neuerlichen Haushaltsverhandlungen der Ampelparteien haben aber offenbar keinen Schwung in die Debatte gebracht.
Auf die Frage von Table.Media, wann mit dem Kabinettsentwurf zu rechnen ist, gab das BMBF dieselbe Antwort wie bereits vor Wochen: “Das BMBF hat einen Referentenentwurf zur Änderung des WissZeitVG vorgelegt, der sich derzeit noch in der Ressortabstimmung befindet. Diesen Gesprächen können wir nicht vorgreifen. Wir streben einen zeitnahen Kabinettsbeschluss an, anschließend wird der Gesetzentwurf in das parlamentarische Verfahren eingebracht”. tg
Der deutsche Forscher Sepp Hochreiter will mit einem neuen Unternehmen die Vorherrschaft des Marktführers für Künstliche Intelligenz, OpenAI, infragestellen. Der Träger des deutschen KI-Innovationspreises kündigte am Montag an, zusammen mit österreichischen Industriepartnern in Kooperation mit der Universität Linz das Unternehmen NXAI zu starten.
Finanziert werde die Firma durch das Linzer Start-up Netural X sowie die Pierer Digital Holding aus der österreichischen Industriegruppe Pierer. Damit werde gewährleistet, dass ein neuer Ansatz für ein europäisches KI-Sprachmodell entwickelt werden kann, das global wettbewerbsfähig ist.
Hochreiter hatte in den 1990er Jahren den Algorithmus Long Short-Term Memory (LSTM) erfunden, der viele KI-Anwendungen verbesserte. Darunter waren beispielsweise die Übersetzung von Sprachen oder die Vorhersage von Krankheiten auf Basis medizinischer Daten. Die Neuauflage von LSTM, xLSTM, hat nach seiner Darstellung gute Chancen, sich nicht nur gegen die von Google und OpenAI verwendeten KI-Modelle zu behaupten, sondern diese zu übertreffen.
Im Vergleich zu den Modellen, die Google und OpenAI verwenden, soll die benötigte Rechenleistung in Hochreiters Modell deutlich geringer sein. Mit ihrer gesteigerten Effizienz und Leistung in der Verarbeitung von Texten werde die xLSTM-Technologie einen neuen Standard in der KI-Sprachverarbeitung setzen, teilt die Universität Linz mit.
Aus Fachkreisen werden allerdings Zweifel laut. So habe Hochreiter bisher nichts zu xLSTM publiziert und auch auf einer Konferenz in Berlin im November 2023 keine Details genannt. Ob durch die neue Methode wirklich derart große Effizienzgewinne gegenüber den derzeitigen Transformermodellen erzielt werden könne, sei fraglich. Man sieht derartige Ankündigungen eher auf die Bedürfnisse potenzieller Investoren und der Politik abgestimmt. Insgesamt sei es wenig realistisch, dass NXAI mit seinen aktuellen Ressourcen die großen Player angreifen könne. mw/dpa
Das “Netzwerk Wissenschaftsfreiheit e. V.” ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, die sich gegen “ideologisch motivierte Einschränkungen” in Forschung und Lehre einsetzen. (Es ist mir daher eine gewisse innere Freude, in diesem Artikel meine Freiheit zu nutzen, das Gendersternchen zu verwenden.)
Auf der Webseite des Netzwerks heißt es: “Einzelne beanspruchen vor dem Hintergrund der Weltanschauung und ihrer politischen Ziele, festlegen zu können, welche Fragestellungen, Themen und Argumente verwerflich sind.” Die Freiheit von Forschung und Lehre ist in der Tat ein hohes Gut. Trotzdem bleibt die Frage, was die Mitglieder des Netzwerks unter Freiheit und freier Meinungsäußerung verstehen.
Ein Blick auf die Webseite des Netzwerks liefert Eindrücke. Dort sind Beispiele und Stellungnahmen zu – durch das Netzwerk deklarierten – Fällen von “Cancel Culture” aufgelistet. Ein paar Beispiele:
Die obigen Beispiele von Aktivitäten des Netzwerks sind absichtlich möglichst neutral zusammengefasst.
Die Mitglieder des Netzwerks beanspruchen für sich, unter dem Mantel der Wissenschaftsfreiheit zu agieren. Kritik oder Abgrenzungen gegenüber ihren Stellungnahmen werden als Cancel Culture betitelt oder als ideologiegetrieben abgestempelt.
Das lässt am Ende vermeintlich nur zwei Positionierungen zu – entweder man outet sich als Gegner*in der Wissenschaftsfreiheit und als ideologiegetrieben, oder man steht für Wissenschaftsfreiheit ein.
Ein gefährliches Narrativ, dem wir uns in keinem Fall beugen dürfen. Denn Forschung und Lehre können nur frei sein, wenn Menschen, egal welcher Nationalität, Religion oder welchen Geschlechts, gleich und fair behandelt werden. Genau das wird durch das Netzwerk aber massiv infrage gestellt. Die Äußerungen des Netzwerks stärken das Narrativ der Neuen Rechten, Rechtsextremist*innen und anderer verfassungsfeindlicher Organisationen.
Die Mitgliederliste ist eine beunruhigend lange Liste. Ein Blick in sie lohnt sich, um zu erschrecken. Viele Universitäten sind vertreten, leider auch Personen der TU Berlin.
Die Aktivitäten des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit sollten uns mit tiefster Sorge erfüllen. Ich positioniere mich klar gegen das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit als Zeichen für Demokratie und als Zeichen für die Solidarität mit allen Menschen.
Anmerkung der Redaktion: Der Text wurde am 17. April 2024 auf Wunsch der Verfasserin geändert.
In einer früheren Fassung des Beitrags hieß es:
“Die TU Berlin positioniert sich klar gegen das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit als Zeichen für Demokratie und als Zeichen für die Solidarität mit allen Menschen.”
Dazu stellt die Verfasserin Prof. Dr. Geraldine Rauch fest:
“Tatsächlich gibt es keine offizielle Gremienbefassung der TU Berlin mit dieser Frage und dementsprechend auch keine Beschlüsse. Was ich tatsächlich sagen wollte, war, dass ich persönlich mich entsprechend positioniert habe und diese Position auch öffentlich vertrete. Die missverständliche Formulierung bitte ich zu entschuldigen.”
Cecile Sandten, Inhaberin der Professur Anglistische Literaturwissenschaft der TU Chemnitz, wurde zur Präsidentin der Association for Literary Urban Studies gewählt, einer internationalen Gesellschaft, deren Mitglieder sich mit dem Thema der Stadt in der Literatur beschäftigen.
Tilo Wendler wurde vom Kuratorium der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin) zum neuen Kanzler gewählt. Wendler folgt auf Claas Cordes, der seit Anfang 2024 Kanzler der Philipps-Universität Marburg ist.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Europe.Table: AI Act: Die Lobbyarbeit geht weiter. Die Mitgliedstaaten haben einstimmig für den AI Act votiert. Sie haben der Kommission aber konkrete Arbeitsaufträge mitgegeben. Und die Abstimmung im Parlament wird auch kein Selbstläufer. Mehr
Europe.Table: Diese versteckten Kohlelasten sind Teil von Europas neuem Klimaziel. Mit einer EU-Erweiterung könnte der Kohleverbrauch der Staatengemeinschaft stark steigen. Doch bei der Festlegung des Klimaziels 2040 bleiben die Bewerberländer bisher außen vor. Die Böll-Stiftung warnt deshalb vor dem Einfluss von China und Russland. Mehr
Africa.Table: Afrikawissenschaftler Henning Melber: “Die deutsche Namibia-Politik ist geradezu ignorant”. Der südafrikanische Vorwurf, Israel begehe Völkermord im Gazastreifen, reißt auch zwischen Namibia und Deutschland alte Wunden auf. Im Interview mit Table.Media erklärt der Afrikawissenschaftler Henning Melber, warum die Namibier sich vor den Kopf gestoßen fühlen, und was das für die deutsch-namibische Aussöhnung bedeutet. Mehr
Forschung ist bekanntlich nichts für Ungeduldige. Aber in diesem Fall ging es zack zack: Am 21. Januar trafen Meteorite aus dem Streufeld des Asteroiden 2024 BX1 nordwestlich von Berlin nahe Ribbeck auf die Erde. Daraufhin schwärmte ein vom Berliner Museum für Naturkunde (MfN) geleiteter Suchtrupp aus und meldete schon wenige Tage später Erfolg. Am 26. Januar entdeckte das Team die ersten beiden etwa walnussgroßen Stücke, inzwischen sind es mehr als 20 Proben.
Nun liegen bereits die Ergebnisse der ersten chemisch-meteorologischen Untersuchungen vor: Der Meteor hat demnach eine seltene Zusammensetzung vom Typ Aubrit. “Die Ergebnisse der Klassifikation wurden am 2. Februar 2024 bei der internationalen Nomenklaturkommission der Meteoritical Society zur Prüfung und Bestätigung eingereicht”, teilte das MfN am gestrigen Montag mit.
Das hohe Tempo dieser Forschung verdient besondere Anerkennung, denn die Bröckchen waren gut getarnt. “Ein Aubrit ähnelt vom Aussehen her eher einem grauen Granit und besteht hauptsächlich aus den Magnesium-Silikaten Enstatit und Forsterit”, erklärt MfN-Forscher Christopher Hamann. Ein Aubrit enthalte kaum Eisen. Und die Schmelzkruste, an der man Meteorite üblicherweise gut erkennen kann, sehe völlig anders aus, als bei den meisten anderen Meteoriten.
Wir freuen uns mit den Forschenden und werden den außerirdischen Bröckchen bald einen Besuch abstatten: Einige der Bruchstücke sollen bald in der Ausstellung des Museums für Naturkunde Berlin gezeigt werden. Anne Brüning