kommt die Ministerin, oder kommt sie nicht? Im Vorfeld der DFG-Feierlichkeiten in der Biosphäre Potsdam hatte sich manch einer diese Frage gestellt. Tatsächlich erschien Bettina Stark-Watzinger – allerdings recht knapp vor Beginn. Vor dem offiziellen Programm blieb gerade noch Zeit für das gemeinsame Foto mit DFG-Präsidentin Katja Becker und Generalsekretärin Heide Ahrens sowie dem bayerischen Wissenschaftsminister Markus Blume. In ihrer Rede – fünf Punkte zur Wissenschaft – dankte und lobte Stark-Watzinger die DFG, erklärte die Organisation erst zum “Fels in der Brandung“, dann zum “Leuchtturm” in doch unruhigen Zeiten.
Zur noch nicht geklärten Fördermittel-Affäre verlor die Ministerin kaum ein Wort. Nur ein einziges Mal machte Stark-Watzinger eine knappe Bemerkung. “Aus gegebenem Anlass” wolle sie betonen, dass die Förderung von Wissenschaft natürlich stets nach den Regeln der Exzellenz erfolge.
Kurz nach Ende des offiziellen Teils eilte Stark-Watzinger mit entschiedenen Schritten zum Ausgang. Anbiedernd empfanden so manche Teilnehmende die “Lobhudelei” der Ministerin. Viele hatten dabei auf ein paar deutlichere Worte, vielleicht gar ein Entgegenkommen gehofft. Ein naiver Wunsch der Wissenschaftscommunity, weil Politik nun mal eigenen Regeln gehorcht? Vielleicht. Auf jeden Fall hat Bettina Stark-Watzinger eine wirklich gute Gelegenheit verpasst, wieder eine Verbindung zur Wissenschaftscommunity aufzunehmen.
Derweil geht die Fördermittel-Affäre für die Ministerin in die nächste Runde: Das Kölner Verwaltungsgericht hat am Mittwoch dem Eilantrag von “FragDenStaat” stattgegeben: Vorläufig darf das BMBF interne Chats nicht löschen. Wie das Team schreibt, war der Name von Bettina Stark-Watzinger in den Akten, die das Portal zur Fördermittel-Affäre herausgegeben hat, nicht zu lesen. “Inzwischen wird deutlich, woran das liegen könnte: Die Leitungsebene des Ministeriums kommuniziert offenbar über den privaten Messengerdienst Wire.” Und genau diese Inhalte tauchten in den Akten nicht auf. Eigentlich hätte das Ministerium auch diese interne Kommunikation an “FragDenStaat” schicken müssen.
Das Kölner Gericht hat einen sogenannten Hängebeschluss erlassen, denn es sehe die Gefahr, so heißt es in der Information von “FragDenStaat”, dass “Nachrichten ansonsten vor einer gerichtlichen Entscheidung unwiderruflich gelöscht werden”.
Wir werden werden weiter berichten.
In Hessen ist der Wissenschaftsminister auch für Kunst und Kultur zuständig. Und so war es eine der ersten Amtshandlungen für Timon Gremmels (SPD), sich mit dem Streit um die documenta zu befassen. Direkt dazu gab es Tarifverhandlungen. Da das Land nicht Teil der Tarifgemeinschaft der Länder ist, habe man “einen Schwerpunkt setzen” können, sagt Gremmels im Interview. “Wir möchten, dass Arbeit in der Wissenschaft gut bezahlt wird. Es gibt noch immer zu wenig unbefristete Stellen im Mittelbau.”
Natürlich werde es in der Wissenschaft immer einen großen Anteil an befristeten Arbeitsverträgen geben, erklärt der studierte Politologe, dennoch brauche es modernere Strukturen. “Hochschulen und auch Forschungsunternehmen müssen als Arbeitgeber mit guten Arbeitsbedingungen attraktiv sein“, sagt Gremmels, sonst gingen immer mehr Top-Kräfte mit wissenschaftlichem Abschluss in die freie Wirtschaft. “Daher müssen wir auch im Mittelbau stärker als bisher unbefristet einstellen.” Daran arbeite man, und Gremmels denkt, dass ein erster wichtiger Schritt gemacht wurde, der auch bundesweit Beachtung fand.
Als Nächstes steht für Gremmels der neue Hochschulpakt für 2026 auf der To-do-Liste, “mit Blick der Finanzsituation eine echte Herausforderung”. Hier gelte es, gute Wege zu finden, wie man “dort Energien heben [kann], wie wir Mittel verteilen und wie wir auch dort vielleicht etwas Bürokratie abbauen und dann Effizienzgewinne haben”.
Klar sei: Man müsse Anpassungen vornehmen, aber es dürften nicht Strukturen kaputtgeschlagen werden, die man später doch brauche. “Die kommende Generation Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die wir jetzt gerade ausbilden, ist in fünf bis zehn Jahren am Arbeitsmarkt.” Wenn man jetzt an der falschen Stelle kürze und einspare, dann werde man das beim nächsten konjunkturellen Aufschwung teuer bezahlen.
Zur Kritik der hessischen Hochschulen an Kürzungen im Nachtragshaushalt, verweist Gremmels auf den Fakt, dass die direkten Zuweisungen an die Hochschulen um 72,4 Millionen Euro steigen. Gleichzeitig sei die finanzielle Lage des Landes schlechter als bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2023/2024 im Frühjahr 2022 von der damaligen Regierung angenommen. Konsolidierungen in allen Bereichen würden notwendig.
Wichtig sei jedoch: Alle im laufenden Hochschulpakt verbindlich den Hochschulen zugesagten Mittelsteigerungen werden mit dem neuen Nachtragshaushalt 2024 weiterhin umgesetzt. Demnach werde auch das 300W-Programm, also der Ausbau um 300 Professuren, weiterhin finanziert. Auch alle bestehenden Zusagen zur Förderung von Projekten werden mit dem Nachtragshaushalts 2024 weiterhin finanziert.
Die Mittelbedarfe für 2024 sind in manchen Förderprogrammen allerdings deutlich geringer als bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2023/2024 im Frühjahr 2022 angenommen, sodass die entsprechenden Fördertöpfe dem nun angepasst wurden.
Wie es in Hessen mit dem Forschungsprojekt FAIR weitergeht und wie Gremmels den Umgang mit propalästinensischen Protesten an Hochschulen einschätzt, lesen Sie in der Langfassung des Interviews.
Hochschulen in Deutschland haben nicht nur immensen Sanierungsbedarf, es sind auch Um- und Ausbauten, Modernisierungen und Neubauten erforderlich. Ein weiterer Aspekt, auf den zum Beispiel auch der Wissenschaftsrat in seinem Positionspapier zum Hochschulbau hinweist: Die Attraktivität muss deutlich gesteigert werden. Fehlende beziehungsweise nicht ausreichend moderne Flächen und Räume hätten bereits zum Scheitern prominenter internationaler Berufungen geführt, warnt das Gremium.
Die Erwartungen sind hoch: “Gebäude, ihre Ausstattung und die Gestaltung des Campus prägen in ihrer jeweiligen Qualität die Arbeitsweisen und den Arbeitserfolg ihrer Nutzerinnen und Nutzer”, heißt es in dem vor zwei Jahren veröffentlichten Papier des Wissenschaftsrats. Architektur trage zur Identität einer Institution bei und transportiere symbolische Aussagen über die Wertschätzung und Bedeutung von Wissenschaft und akademischer Qualifikation für die Wissensgesellschaft.
Wer denkt, dass angesichts vorübergehend stagnierender Studierendenzahlen kein Bedarf an zusätzlichen Gebäuden besteht, irrt. Der Neubaubedarf im Hochschulbereich sei immer noch vorhanden, weil weiterhin Nachholbedarf besteht, sagt Walter Rosenthal, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Als Beispiel nennt er den Laborbereich sowie Fälle, in denen spezifische wissenschaftliche Anforderungen in Bestandsgebäuden nicht mehr bedient werden können. “Aber die Zeiten der großen Gebäudeexpansion sind vorbei.” Grundsätzlich sei mit Neubau jedoch umsichtig umzugehen. Vorrangig gehe es darum, insbesondere im Bürobereich Flexibilitätsreserven zu heben.
Doch auch bei General- und Kernsanierungen bietet sich die Chance, die Attraktivität der Flächen und Räume zu steigern. Das Potenzial ist groß: Ein Viertel bis ein Drittel der Hochschulflächen müssen saniert werden oder benötigen Ersatzneubauten, schätzt die rheform GmbH, die strukturelle und bauliche Entwicklungsprojekte im Wissenschaftsbereich begleitet.
Größtenteils ließen sich auch in Altbauten neue Arbeitswelten und Raumkonzepte realisieren, sagt Joachim Heintze, Geschäftsführender Gesellschafter bei rheform. “Vor allem Gebäude aus der Zeit vor 50 Jahren sind überwiegend Skelettbauten, die sich dafür gut eignen.” Als Beispiel führt er Kreuzbauten wie an der Universität Mainz an.
Um den Sanierungsstau an Hochschulen aufzulösen, sind Milliardenbeträge erforderlich. Bei der Planung müssen nicht nur die Klimaneutralitätsziele und Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt werden, sondern auch die Perspektiven künftiger Nutzer. “Beim Bauen ist stets zu bedenken, dass es für die nächsten 50 Jahre ist”, sagt Heintze. Zwar sei es nicht möglich, die Zukunft von Studium und Lehre exakt vorherzusagen. Ein Grundsatz aber sei auf alle Fälle richtig: Nutzungsflexibilität.
Das bedeute zum Beispiel, Räume so zu planen, dass allein durch das Umstellen der Möbel Flexibilität gegeben ist. Multi-Spaces ist das Stichwort dafür. Außerdem sei es wichtig, Möbel und Raumplanung zusammenzudenken. “Das Tischmaß und die gewünschten Platzierungsvarianten bestimmen den Raum.”
Fluidität und Flexibilisierung sind weitere wichtige Stichworte für die Zukunft. Wachsender Bedarf besteht zum Beispiel für Räume, die Flipped Classroom-Situationen ermöglichen – also etwa den Wechsel während eines Seminars von Frontalsituationen zu Gruppenarbeit. Generell wichtig zudem dreierlei: Licht, Lademöglichkeit, Luftqualität.
Lehren und Lernen wird digitaler, das steht fest. “Die Digitalisierung wird aber keine Flächen freisetzen, sondern die Anforderungen verändern”, sagt Rosenthal. Und auch Heintze warnt davor, davon auszugehen, dass bei einem Anteil von 30 Prozent digitalen Lehrveranstaltungen auch 30 Prozent weniger Fläche benötigt wird. Neue Lehrkonzepte und Digitalisierung führten eher dazu, dass mehr studentische Arbeitsplätze, aber weniger klassische Lehrplätze benötigt werden – und dadurch steige sogar der Flächenbedarf.
“Während für Frontalunterricht pro Person 1,9 Quadratmeter erforderlich sind, in einem großen Hörsaal sogar nur ein Quadratmeter, sind es in einem interaktiven Seminarraum für diskursive Formate drei bis vier Quadratmeter.” Um den Flächenbedarf nicht ausufern zu lassen, sei demnach der Zeitfaktor zu beachten. “Vorhandene Flächen müssen maximal ausgelastet werden.”
Maximale Auslastung bedeutet jedoch, die Fläche zu teilen. Joachim Heintze bringt es auf die Kurzformel “nutzen statt besitzen”. Für Hochschulen sei das fast schon revolutionär. Denn bisher geht es bei den Verhandlungen von Lehrstühlen um Personal und Ausstattung, und damit auch um Flächen und Räume. “Die Philosophie des non-territorialen Konzepts – wie wir sie ansonsten in der Arbeitswelt schon lange haben – hält jetzt auch Einzug an Hochschulen.”
Aber sie stoße auf Widerstände, denn damit sei ein elementarer Kulturwandel verbunden. Das neue Credo werde als Angriff auf jahrhundertealte Traditionen empfunden. Aus seiner Sicht ist es jedoch an der Zeit, dass sich Hochschulen mit neuen Organisationsformen befassen und mithilfe von Change-Management den Kulturwandel angehen.
Um Hochschulräume attraktiver zu machen und sie als Orte von Innovation und Kreativität zu würdigen und zu stärken, muss sich aber auch aufseiten der Planer etwas ändern, sagt HRK-Präsident Rosenthal. “Die bauideologische Grundhaltung stimmt nicht: Für öffentliche Gebäude gelten Verkehrsflächen bisher als tote Räume, die so klein wie möglich gehalten werden müssen.” Was an Hochschulen benötigt werde, seien Flure, Eingangsbereiche und andere Räume, “die Aufenthaltsqualität haben, die Begegnung ermöglichen, zum gemeinsamen Denken einladen und flexible Nutzungen erlauben”.
Als Vorreiter nennt Rosenthal die skandinavischen Länder. “Dort ist diese Betonung von Verkehrsflächen bereits üblich und sie werden multifunktional gestaltet.” Beispielsweise wurde dort das Cubicles-Konzept wiederentdeckt, also Trennwände und Möbel so zu arrangieren, dass sich spontan Klein- und Kleinsträume schaffen lassen. “Von offenen Campi wie in Skandinavien sind wir in Deutschland wohl noch Jahrzehnte entfernt.”
Teile 1 bis 3 der Table.Briefings-Serie zum Hochschulbau finden Sie hier.
5. Juli 2024, 21:00 – 22:30 Uhr, Vortragssaal der Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale)
Leopoldina-Unterhausdebatte “Was darf Forschung? Über Freiheit und Grenzen von Wissenschaft” Mehr
24. September 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Haus der Commerzbank, Pariser Platz 1, 10117 Berlin
Forum Hochschulräte Starke Marken, klarer Kern: Strategische Schwerpunktsetzung und Markenbildung bei Hochschulen Mehr
25. September 2024, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU)
Jahreskolloquium des Bayerischen Wissenschaftsforums Transformationskompetenz in Wissenschaft und Hochschule Mehr
26. September 2024, 12:00 bis 13:00 Uhr, Webinar
CHE talk feat. DAAD KIWi Connect Transfer und Internationalisierung – Warum ist es sinnvoll, beides gemeinsam zu denken und was braucht es hierzu? Mehr
26. bis 27. September 2024, Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale) und Online
Jahresversammlung 2024 der Leopoldina Ursprung und Beginn des Lebens Mehr
23. bis 25. Oktober 2024 am ETH AI Center in Zürich, Schweiz
Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) und CampusSource Agilität und KI in Hochschulen Mehr
Der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) und der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) haben am Montag den Abschluss der Vertragsverhandlungen für das bundesweite Modellprojekt zur Genomsequenzierung bekannt gegeben. Der Vertrag legt unter anderem die Indikationen fest, für die eine Genomsequenzierung infrage kommt.
Damit sei die Grundlage für den Start des Modellprojekts geschaffen, hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Gesetzlich Versicherte mit einer seltenen Erkrankung oder einer fortgeschrittenen Krebserkrankung können nun auf eine schnellere Diagnose oder eine gezieltere Therapieempfehlung hoffen. Ziel ist es, jährlich bis zu 15.000 Patienten den Zugang zur Ganzgenomsequenzierung zu ermöglichen.
Mehr als zwanzig Universitätskliniken werden an dem Pilotprojekt teilnehmen und sowohl klinische als auch genomische Daten der behandelten Patienten sammeln. Bei entsprechender Einwilligung durch die Patienten können diese Daten auch für die medizinische Forschung genutzt werden.
Mit der Bereitstellung dieser qualitativ hochwertigen Daten werde auch ein wesentlicher Beitrag zur Förderung des Forschungsstandorts Deutschland geleistet, sagte Jens Bussmann, Generalsekretär des VUD, Table.Briefings. “Das Modellvorhaben ist für die Universitätsklinika auch Vorbild, zukünftige Innovationen in das Gesundheitssystem zu implementieren.”
Das Modellprojekt kann dann starten, wenn auch die Genomdatenverordnung in Kraft getreten ist. Diese soll am 5. Juli 2024 in der Plenumssitzung des Bundesrates beschlossen werden, schreibt das Gesundheitsministerium auf Anfrage von Table.Briefings. Im Anschluss daran werde die Genomdatenverordnung sehr zeitnah durch Karl Lauterbach unterzeichnet und im Bundesgesetzblatt verkündet.
Parallel dazu bereiten laut BMG die mit der Umsetzung des Modellvorhabens gesetzlich beauftragten Bundesoberbehörden die für die Implementierung notwendigen Voraussetzungen zum Aufbau und Betrieb der technischen Plattform (beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) und der Vertrauensstelle (beim Robert Koch-Institut) vor. Nach Vorlage des Vertrages durch den GKV-Spitzenverband und dessen Genehmigung durch das BMG können Patientinnen und Patienten in das Modellvorhabens Genomsequenzierung aufgenommen werden. Die Laufzeit beträgt 5 Jahre. mw
“Kein Platz für Antisemitismus an Hochschulen!”, lautet die Überschrift eines neuen offenen Briefes. Initiiert hat ihn Stefan Liebig, Professor an der FU Berlin. Unter den 70 Erstunterzeichnenden “Profs against Antisemitism” finden sich prominente Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft: Regina Riphahn, Vizepräsidentin der Leopoldina, BBAW-Präsident Christoph Markschies oder auch ifo-Chef Clemens Fuest.
Wichtig sei es, “ein Zeichen der Solidarität mit jüdischen Studierenden sowie Kolleginnen und Kollegen zu setzen”, sagt Thomas Hinz, mitunterzeichnender Soziologe an der Uni Konstanz. Neben dieser Solidaritätsbekundung war ihm auch das Eintreten gegen die zunehmenden Boykottforderungen gegenüber israelischen Wissenschaftseinrichtungen wichtig.
Doch es gibt deutliche Kritik, die einige Wissenschaftler gegenüber dieser Initiative äußern. Einmal an der Auswahl der Erstunterzeichnenden. Namen wie Sabine Döring, gerade entlassene Staatssekretärin, oder die umstrittene Vize-Vorsitzende des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit, Susanne Schröter, ließen so manche zögern, zu unterzeichnen.
Dass Stefan Liebig ergänzend zu der Initiative deutliche Kritik am offenen Brief der Berliner Hochschullehrenden zu den propalästinensischen Protestcamps an der FU Berlin geäußert hat, kommt ebenfalls nicht bei allen gut an. Im Interview im Wiarda-Blog wirft Liebig den Unterzeichnenden vor, damit Grenzen überschritten zu haben. In diesem Zusammenhang kritisierte Liebig zuvor auch die Entlassung Dörings aufgrund des umstrittenen Prüfauftrags.
Mindestens für Kopfschütteln sorgte zudem die “Begleitung” der Aktion durch die Bild-Zeitung. “Aufstand der anständigen Uni-Profs!”, titelte sie am Dienstag, zuvor hatte Bettina Stark-Watzinger die “Profs against Antisemitism” via Plattform X gelobt. “Not in my name”, kommentierte der Soziologe Armin Nassehi, einer der Erstunterzeichner des Briefs, die Bild-Schlagzeile auf X.
Ein weiterer Punkt für einige Lehrende, nicht zu unterschreiben, scheint ein genereller Mechanismus dieser offenen Briefe zu sein. Es entstehe ein quasi totalitärer Druck zu unterschreiben, meint Paula-Irene Villa Braslavsky, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, in einem Schreiben an Liebig, das sie auf der Plattform X veröffentlichte. Wenn man nicht unterzeichne, werde man unter Umständen medial als Antisemit abgestempelt.
Villa Braslavsky, selbst jüdisch und in jüdisch-akademischen Kontexten engagiert, findet es vor allem wichtig, dass den Worten auch Taten folgen. “In der Praxis agieren manche völlig an bestehenden (auch und gerade jüdischen) Studierenden und Kolleginnen und deren Netzwerken, Aktivitäten, Erfahrungen, Expertisen vorbei.” Institutionelles Engagement gemeinsam mit jüdischen Kolleginnen und Kollegen habe sie bislang nicht erlebt. mw
In internationalen Universitätsbestenlisten glänzen deutsche Institutionen eigentlich nie. Auf den ersten Blick ist das auch beim aktuellen THE Impact Ranking des britischen Magazins Times Higher Education (THE) der Fall. So findet sich in der Gesamtwertung des diesjährigen Rankings, das den Einsatz der Universitäten für die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bewertet, keine deutsche Universität unter den Top 100. Auf den Plätzen 101 bis 200 sind es zwei: die Freie Universität Berlin und die Universität Konstanz.
Bei diesem Ranking gibt es jedoch nicht nur die Gesamtwertung (Overall Ranking), sondern auch 17 einzelne, passend zu den 17 SDGs. In das Overall Ranking fließen die drei besten Einzelplatzierungen und das Ergebnis bei SDG 17 “Partnerschaften zur Erreichung der Ziele” ein. Die Universitäten können selbst entscheiden, ob sie nur an Einzelrankings teilnehmen oder am Overall. Der erfreuliche Aspekt der Einzelwertung: In elf der 17 Listen schaffen es deutsche Universitäten in die Top 100, und zwar 23-mal.
Beim THE Impact Ranking geht es um die vier Bereiche Forschung, Verwaltung, Öffentlichkeitsarbeit und Lehre. Bewertet wird die Forschungsleistung im jeweiligen Themenfeld, darüber hinaus fließen qualitative Indikatoren (etwa die Existenz von Mentoring-Programmen) sowie quantitative Indikatoren (zum Beispiel die Zahl von Absolventen in bestimmten Fächern) ein.
Erstmals wurde das Ranking 2019 veröffentlicht. “Das Ranking wächst bezogen auf die teilnehmenden Einrichtungen wie kein anderes”, sagt Sarah Spiegel, die bei der Hochschulrektorenkonferenz das Serviceprojekt Internationale Hochschulrankings leitet. An dem Mitte Juni veröffentlichten Impact Ranking 2024 haben sich 2.152 Hochschulen aus 125 Ländern beteiligt, 2023 waren es 1.702. Auch in Deutschland gewinnt es an Bedeutung. “In diesem Jahr nahmen 20 Universitäten teil, im Jahr 2019 waren es noch drei”, führt Spiegel aus.
Rankings würden an deutschen Hochschulen zwar vielfach kritisch gesehen. Der Ansatz des Impact Rankings komme jedoch vergleichsweise gut an, erläutert Spiegel. Die Idee, die Nachhaltigkeitsziele in den Mittelpunkt des Rankings zu stellen, hält sie für zukunftsträchtig. “Man sollte jedoch nicht vergessen, dass es sich hier zuvorderst um ein Geschäftsmodell handelt. THE bietet Universitäten kostenpflichtig Beratung an, um im Ranking besser abzuschneiden.” Während deutsche Universitäten generell zögerten, solche Angebote anzunehmen, griffen andere Länder, etwa im Nahen Osten, darauf zurück. Zuletzt unterzeichnete THE unter anderem Verträge mit der ungarischen Regierung. Insgesamt ziele das THE-Marketing offenbar darauf ab, die in den klassischen Rankings unterrepräsentierten Länder des Globalen Südens stärker einzubeziehen. abg
Kanada wird enger in das Forschungs- und Innovationsprogramm der EU, Horizont Europa, eingebunden. EU-Forschungskommissarin Iliana Ivanova und Francois-Philippe Champagne, kanadische Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Industrie, haben am Mittwoch ein Abkommen unterzeichnet, das kanadischen Forschern und Organisationen die Möglichkeit gibt, sich gleichberechtigt mit ihren EU-Partnern an dem Programm zu beteiligen.
Kanada beteiligt sich an der Säule II von Horizont Europa, aus der Verbundforschungsprojekte in einer Vielzahl von Bereichen finanziert werden, heißt es in einer Pressemitteilung der EU-Kommission. Kanadische Einrichtungen können jetzt Forschungskonsortien mit einigen der besten Forschungseinrichtungen der Welt beitreten und diese leiten. Sie erhalten zudem die Möglichkeit, direkt aus dem Programm finanziert zu werden, während Kanada einen Beitrag zu seinem Haushalt leistet.
Kanadische Einrichtungen haben bereits an über 155 Projekten im Rahmen von Horizont Europa mitgewirkt und erhielten dafür mehr als sechs Millionen Euro. Durch die neue Assoziierung werden diese Möglichkeiten jetzt deutlich erweitert. Kanada zählt damit zur wachsenden Gruppe von Nicht-EU-Ländern, die mit Horizont Europa assoziiert sind. Einrichtungen in assoziierten Staaten sind Teilnehmenden aus EU-Mitgliedstaaten gleichgestellt, erhalten die gleichen Förderquoten und können als Projektkoordinatoren auftreten. red
Nature. UK election: three research priorities for the next government. Eine nächste britische Regierung müsste das Vereinigte Königreich nach dem Brexit wieder stärker mit der Welt vernetzen, heißt es im Nature-Editorial. Zweitens muss sie sich um die Universitätsfinanzen kümmern. Trotzdem es generell mehr Geld für die Wissenschaft gibt, sind vermutlich 40 Prozent der Unis am Ende des Jahres in den roten Zahlen. Drittens sollte die Politik die Autonomie der Wissenschaft wieder stärker respektieren und sich weniger einmischen. Mehr
FAZ. Gefahr für die Integrität von Wissenschaft. Warum dauert es Jahre statt Wochen, manipulierte Grafiken zu erkennen, die Hintergründe zu klären und dann Artikel zurückzuziehen, fragt FAZ-Redakteur Hinnerk Feldwisch-Dentrup. Noch verheerender als schlampige oder auf Betrug basierende Publikationen sei es, wenn diese – egal welchen Verlag es trifft – auch noch über derart lange Zeiten verzerren, was als wissenschaftlich korrekt angesehen werde. Mehr
Tagesspiegel. Nach Vorwürfen sexualisierter Gewalt: Berliner Humboldt-Universität suspendiert Professor. Im Mai 2023 war ein Buchbeitrag erschienen, in dem die Autorin Aslı Vatansever einen gewaltsamen Übergriff durch einen Berliner Professor schildert. Auch gab es offenbar zuvor schon Machtmissbrauchs-Vorwürfe. Nach dem Buchbeitrag wurde ein Disziplinarverfahren in Gang gesetzt. Eine Sprecherin der HU Berlin bestätigte nun, dass der Beamte “vorübergehend auf nicht absehbare Zeit nicht im Dienst” sei. Mehr
LinkedIn. 70 Studierende der Tel Aviv University sind im Militäreinsatz gefallen. Bisher. Diese erschütternde Meldung berichtet Georg Schütte, Generalsekretär der VolkswagenStiftung, nach seiner Israel-Reise. Post-Trauma-Behandlungen seien nun Thema im Universitätsalltag. Doch auch die zunehmende Marginalisierung der israelischen Wissenschaft durch immer mehr Boykotte treibe die Wissenschaftscommunity in Israel um. Mehr
Axel A. Brakhage und Hans Hasse wurden für eine zweite Amtszeit als Vizepräsidenten der DFG gewählt. Brakhage hat den Lehrstuhl für Mikrobiologie und Molekulare Biologie an der Universität Jena inne, Hasse den Lehrstuhl für Thermodynamik an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau. Auf der DFG-Mitgliederversammlung in Potsdam wurden außerdem drei Mitglieder neu in den Senat gewählt: Michael Kaliske (TU Dresden), Monika Trümper (FU Berlin) und Jörg Schumacher (TU Ilmenau). Von den 39 Senatsmitgliedern werden 36 von der Mitgliederversammlung in einem rollierenden System für drei Jahre bestimmt. Darüber hinaus gehören die Spitzen von HRK, Akademienunion und MPG dem DFG-Senat an.
Benjamin Kiesewetter, Professor für Praktische Philosophie an der Universität Bielefeld, erhält den Deutschen Preis für Philosophie 2024 der Max Uwe Redler Stiftung. Er wird ausgezeichnet für seine herausragenden Arbeiten zur normativen Dimension der menschlichen Vernunft. Der Preis ist mit 75.000 Euro dotiert und wird am 8. November im Hamburger Rathaus verliehen.
Simone Kühn ist neue Direktorin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und leitet den Forschungsbereich Umweltneurowissenschaften. Die Psychologin und Neurowissenschaftlerin hat an dem Institut bereits seit 2019 die Lise-Meitner-Gruppe Umweltneurowissenschaften.
Justin Sebastian Lange wurde zum neuen Vizepräsidenten für Studium und Lehre der Hochschule Hamm-Lippstadt (HSHL) gewählt. Sven Quadflieg ist neuer Vizepräsident für Hochschulkultur und Vielfalt. Lange hat an der HSHL das Lehrgebiet “Ergonomie und Biomechanik”, Quadflieg lehrt “Grundlagen der Gestaltung”.
Kim Meow Liew von der City University of Hong Kong erhält den mit 100.000 Euro dotierten Carl-Zeiss-Humboldt-Forschungspreis. Die Auszeichnung wird von der Humboldt-Stiftung verliehen und von der Carl-Zeiss-Stiftung finanziert. Nominiert wurde Liew von der Bauhaus-Universität Weimar. Dort wird er am Institut für Strukturmechanik während seines Forschungsaufenthalts ab diesem Sommer an der Entwicklung neuartiger selbstheilender Materialien arbeiten, die in der Verkehrsinfrastruktur Anwendung finden.
Stefan Nickel wurde für weitere drei Jahre in seinem Amt als Vorstand des Forschungszentrums Informatik (FZI) bestätigt.
Karl Schlögel, Osteuropa-Historiker, erhält den Gerda Henkel Preis 2024. Die Auszeichnung wird alle zwei Jahre verliehen und ist mit 100.000 Euro dotiert. Schlögel habe nicht nur unser Verständnis der neueren Geschichte Russlands, der Sowjetunion und des östlichen Europa wesentlich geprägt, sondern auch ein eigenes Genre historischen Erzählens begründet, teilte die Jury mit. Schlögel, Jahrgang 1948, studierte Philosophie, Soziologie, Osteuropäische Geschichte und Slawistik an der FU Berlin. Er lehrte an der Universität Konstanz und von 1995 bis 2013 an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder.
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China.Table. Volker Wissing: “Zölle sind nicht im Interesse unserer Bürger”. Riskant und unabgesprochen- die Vorwürfe gegen Volker Wissing wegen einer Absichtserklärung zum Datenaustausch mit China wiegen schwer. Zu Unrecht, sagt der Bundesverkehrsminister im Interview mit Felix Lee und Maximilian Stascheit. Mehr
Europe.Table. Liese will Teilung des ENVI-Ausschusses. Die Portfolios der Ausschüsse im EU-Parlament werden möglicherweise neu verteilt. Unter anderem der Umweltausschuss (ENVI) könnte einen Teil seiner Kompetenzen verlieren. Mehr
Bildung.Table. Studiengänge: Warum immer weniger zugangsbeschränkt sind. Eine Zugangsbeschränkung gibt es nur noch in einem Drittel der Studienfächer. Das liegt daran, dass die Zahl der Erstsemester sinkt und gleichzeitig Hochschulen ihr Angebot ausweiten. Zwischen den Bundesländern gibt es große Unterschiede. Mehr
Dass Ameisen fleißig sind, ist bekannt. Auch ihre kollektive Intelligenz hat sich herumgesprochen. Ihre Qualitäten in der Unfallchirurgie und Wundbehandlung waren jedoch bislang unentdeckt. Nun berichtet ein Team aus Würzburg und Lausanne im Journal “Current Biology”: Florida-Holzameisen amputieren vorsorglich Gliedmaßen, um das Leben verwundeter Artgenossinnen zu retten.
Bei bestimmten Verletzungen an den Beinen beißen sie diese komplett ab. So wird verhindert, dass sich Wundinfektionen im Körper der Ameisen ausbreiten. Rund 90 Prozent der beinamputierten Tiere überleben die Behandlung. Auch mit fünf statt sechs Beinen können sie ihre Aufgaben erfüllen.
Noch verblüffender: Die Ameisen schreiten nur dann zur Amputation, wenn die Beinverletzungen am Oberschenkel liegen. Befinden sich die Wunden dagegen am Unterschenkel, wird niemals amputiert. Stattdessen lecken die Ameisen die Wunden intensiv aus. Aufgrund des Körperbaus der Tiere breiten sich Bakterien aus infizierten Wunden am Unterschenkel nämlich schneller aus.
Das Zeitfenster für eine erfolgreiche Amputation ist dann eng, die Chance auf Rettung gering. “Genau das scheinen die Ameisen zu ‘wissen’, wenn man es vermenschlichend ausdrücken will”, sagt Erik Frank vom Biozentrum der Universität Würzburg. Dank des Hector Research Career Development Awards, den er Anfang des Jahres erhielt, will er nun erforschen, wie Ameisen, “die in einer engen Beziehung mit Akazienbäumen leben, die Wunden ihrer Wirtspflanzen heilen”. Wir sind gespannt! Anne Brüning
kommt die Ministerin, oder kommt sie nicht? Im Vorfeld der DFG-Feierlichkeiten in der Biosphäre Potsdam hatte sich manch einer diese Frage gestellt. Tatsächlich erschien Bettina Stark-Watzinger – allerdings recht knapp vor Beginn. Vor dem offiziellen Programm blieb gerade noch Zeit für das gemeinsame Foto mit DFG-Präsidentin Katja Becker und Generalsekretärin Heide Ahrens sowie dem bayerischen Wissenschaftsminister Markus Blume. In ihrer Rede – fünf Punkte zur Wissenschaft – dankte und lobte Stark-Watzinger die DFG, erklärte die Organisation erst zum “Fels in der Brandung“, dann zum “Leuchtturm” in doch unruhigen Zeiten.
Zur noch nicht geklärten Fördermittel-Affäre verlor die Ministerin kaum ein Wort. Nur ein einziges Mal machte Stark-Watzinger eine knappe Bemerkung. “Aus gegebenem Anlass” wolle sie betonen, dass die Förderung von Wissenschaft natürlich stets nach den Regeln der Exzellenz erfolge.
Kurz nach Ende des offiziellen Teils eilte Stark-Watzinger mit entschiedenen Schritten zum Ausgang. Anbiedernd empfanden so manche Teilnehmende die “Lobhudelei” der Ministerin. Viele hatten dabei auf ein paar deutlichere Worte, vielleicht gar ein Entgegenkommen gehofft. Ein naiver Wunsch der Wissenschaftscommunity, weil Politik nun mal eigenen Regeln gehorcht? Vielleicht. Auf jeden Fall hat Bettina Stark-Watzinger eine wirklich gute Gelegenheit verpasst, wieder eine Verbindung zur Wissenschaftscommunity aufzunehmen.
Derweil geht die Fördermittel-Affäre für die Ministerin in die nächste Runde: Das Kölner Verwaltungsgericht hat am Mittwoch dem Eilantrag von “FragDenStaat” stattgegeben: Vorläufig darf das BMBF interne Chats nicht löschen. Wie das Team schreibt, war der Name von Bettina Stark-Watzinger in den Akten, die das Portal zur Fördermittel-Affäre herausgegeben hat, nicht zu lesen. “Inzwischen wird deutlich, woran das liegen könnte: Die Leitungsebene des Ministeriums kommuniziert offenbar über den privaten Messengerdienst Wire.” Und genau diese Inhalte tauchten in den Akten nicht auf. Eigentlich hätte das Ministerium auch diese interne Kommunikation an “FragDenStaat” schicken müssen.
Das Kölner Gericht hat einen sogenannten Hängebeschluss erlassen, denn es sehe die Gefahr, so heißt es in der Information von “FragDenStaat”, dass “Nachrichten ansonsten vor einer gerichtlichen Entscheidung unwiderruflich gelöscht werden”.
Wir werden werden weiter berichten.
In Hessen ist der Wissenschaftsminister auch für Kunst und Kultur zuständig. Und so war es eine der ersten Amtshandlungen für Timon Gremmels (SPD), sich mit dem Streit um die documenta zu befassen. Direkt dazu gab es Tarifverhandlungen. Da das Land nicht Teil der Tarifgemeinschaft der Länder ist, habe man “einen Schwerpunkt setzen” können, sagt Gremmels im Interview. “Wir möchten, dass Arbeit in der Wissenschaft gut bezahlt wird. Es gibt noch immer zu wenig unbefristete Stellen im Mittelbau.”
Natürlich werde es in der Wissenschaft immer einen großen Anteil an befristeten Arbeitsverträgen geben, erklärt der studierte Politologe, dennoch brauche es modernere Strukturen. “Hochschulen und auch Forschungsunternehmen müssen als Arbeitgeber mit guten Arbeitsbedingungen attraktiv sein“, sagt Gremmels, sonst gingen immer mehr Top-Kräfte mit wissenschaftlichem Abschluss in die freie Wirtschaft. “Daher müssen wir auch im Mittelbau stärker als bisher unbefristet einstellen.” Daran arbeite man, und Gremmels denkt, dass ein erster wichtiger Schritt gemacht wurde, der auch bundesweit Beachtung fand.
Als Nächstes steht für Gremmels der neue Hochschulpakt für 2026 auf der To-do-Liste, “mit Blick der Finanzsituation eine echte Herausforderung”. Hier gelte es, gute Wege zu finden, wie man “dort Energien heben [kann], wie wir Mittel verteilen und wie wir auch dort vielleicht etwas Bürokratie abbauen und dann Effizienzgewinne haben”.
Klar sei: Man müsse Anpassungen vornehmen, aber es dürften nicht Strukturen kaputtgeschlagen werden, die man später doch brauche. “Die kommende Generation Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die wir jetzt gerade ausbilden, ist in fünf bis zehn Jahren am Arbeitsmarkt.” Wenn man jetzt an der falschen Stelle kürze und einspare, dann werde man das beim nächsten konjunkturellen Aufschwung teuer bezahlen.
Zur Kritik der hessischen Hochschulen an Kürzungen im Nachtragshaushalt, verweist Gremmels auf den Fakt, dass die direkten Zuweisungen an die Hochschulen um 72,4 Millionen Euro steigen. Gleichzeitig sei die finanzielle Lage des Landes schlechter als bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2023/2024 im Frühjahr 2022 von der damaligen Regierung angenommen. Konsolidierungen in allen Bereichen würden notwendig.
Wichtig sei jedoch: Alle im laufenden Hochschulpakt verbindlich den Hochschulen zugesagten Mittelsteigerungen werden mit dem neuen Nachtragshaushalt 2024 weiterhin umgesetzt. Demnach werde auch das 300W-Programm, also der Ausbau um 300 Professuren, weiterhin finanziert. Auch alle bestehenden Zusagen zur Förderung von Projekten werden mit dem Nachtragshaushalts 2024 weiterhin finanziert.
Die Mittelbedarfe für 2024 sind in manchen Förderprogrammen allerdings deutlich geringer als bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2023/2024 im Frühjahr 2022 angenommen, sodass die entsprechenden Fördertöpfe dem nun angepasst wurden.
Wie es in Hessen mit dem Forschungsprojekt FAIR weitergeht und wie Gremmels den Umgang mit propalästinensischen Protesten an Hochschulen einschätzt, lesen Sie in der Langfassung des Interviews.
Hochschulen in Deutschland haben nicht nur immensen Sanierungsbedarf, es sind auch Um- und Ausbauten, Modernisierungen und Neubauten erforderlich. Ein weiterer Aspekt, auf den zum Beispiel auch der Wissenschaftsrat in seinem Positionspapier zum Hochschulbau hinweist: Die Attraktivität muss deutlich gesteigert werden. Fehlende beziehungsweise nicht ausreichend moderne Flächen und Räume hätten bereits zum Scheitern prominenter internationaler Berufungen geführt, warnt das Gremium.
Die Erwartungen sind hoch: “Gebäude, ihre Ausstattung und die Gestaltung des Campus prägen in ihrer jeweiligen Qualität die Arbeitsweisen und den Arbeitserfolg ihrer Nutzerinnen und Nutzer”, heißt es in dem vor zwei Jahren veröffentlichten Papier des Wissenschaftsrats. Architektur trage zur Identität einer Institution bei und transportiere symbolische Aussagen über die Wertschätzung und Bedeutung von Wissenschaft und akademischer Qualifikation für die Wissensgesellschaft.
Wer denkt, dass angesichts vorübergehend stagnierender Studierendenzahlen kein Bedarf an zusätzlichen Gebäuden besteht, irrt. Der Neubaubedarf im Hochschulbereich sei immer noch vorhanden, weil weiterhin Nachholbedarf besteht, sagt Walter Rosenthal, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Als Beispiel nennt er den Laborbereich sowie Fälle, in denen spezifische wissenschaftliche Anforderungen in Bestandsgebäuden nicht mehr bedient werden können. “Aber die Zeiten der großen Gebäudeexpansion sind vorbei.” Grundsätzlich sei mit Neubau jedoch umsichtig umzugehen. Vorrangig gehe es darum, insbesondere im Bürobereich Flexibilitätsreserven zu heben.
Doch auch bei General- und Kernsanierungen bietet sich die Chance, die Attraktivität der Flächen und Räume zu steigern. Das Potenzial ist groß: Ein Viertel bis ein Drittel der Hochschulflächen müssen saniert werden oder benötigen Ersatzneubauten, schätzt die rheform GmbH, die strukturelle und bauliche Entwicklungsprojekte im Wissenschaftsbereich begleitet.
Größtenteils ließen sich auch in Altbauten neue Arbeitswelten und Raumkonzepte realisieren, sagt Joachim Heintze, Geschäftsführender Gesellschafter bei rheform. “Vor allem Gebäude aus der Zeit vor 50 Jahren sind überwiegend Skelettbauten, die sich dafür gut eignen.” Als Beispiel führt er Kreuzbauten wie an der Universität Mainz an.
Um den Sanierungsstau an Hochschulen aufzulösen, sind Milliardenbeträge erforderlich. Bei der Planung müssen nicht nur die Klimaneutralitätsziele und Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt werden, sondern auch die Perspektiven künftiger Nutzer. “Beim Bauen ist stets zu bedenken, dass es für die nächsten 50 Jahre ist”, sagt Heintze. Zwar sei es nicht möglich, die Zukunft von Studium und Lehre exakt vorherzusagen. Ein Grundsatz aber sei auf alle Fälle richtig: Nutzungsflexibilität.
Das bedeute zum Beispiel, Räume so zu planen, dass allein durch das Umstellen der Möbel Flexibilität gegeben ist. Multi-Spaces ist das Stichwort dafür. Außerdem sei es wichtig, Möbel und Raumplanung zusammenzudenken. “Das Tischmaß und die gewünschten Platzierungsvarianten bestimmen den Raum.”
Fluidität und Flexibilisierung sind weitere wichtige Stichworte für die Zukunft. Wachsender Bedarf besteht zum Beispiel für Räume, die Flipped Classroom-Situationen ermöglichen – also etwa den Wechsel während eines Seminars von Frontalsituationen zu Gruppenarbeit. Generell wichtig zudem dreierlei: Licht, Lademöglichkeit, Luftqualität.
Lehren und Lernen wird digitaler, das steht fest. “Die Digitalisierung wird aber keine Flächen freisetzen, sondern die Anforderungen verändern”, sagt Rosenthal. Und auch Heintze warnt davor, davon auszugehen, dass bei einem Anteil von 30 Prozent digitalen Lehrveranstaltungen auch 30 Prozent weniger Fläche benötigt wird. Neue Lehrkonzepte und Digitalisierung führten eher dazu, dass mehr studentische Arbeitsplätze, aber weniger klassische Lehrplätze benötigt werden – und dadurch steige sogar der Flächenbedarf.
“Während für Frontalunterricht pro Person 1,9 Quadratmeter erforderlich sind, in einem großen Hörsaal sogar nur ein Quadratmeter, sind es in einem interaktiven Seminarraum für diskursive Formate drei bis vier Quadratmeter.” Um den Flächenbedarf nicht ausufern zu lassen, sei demnach der Zeitfaktor zu beachten. “Vorhandene Flächen müssen maximal ausgelastet werden.”
Maximale Auslastung bedeutet jedoch, die Fläche zu teilen. Joachim Heintze bringt es auf die Kurzformel “nutzen statt besitzen”. Für Hochschulen sei das fast schon revolutionär. Denn bisher geht es bei den Verhandlungen von Lehrstühlen um Personal und Ausstattung, und damit auch um Flächen und Räume. “Die Philosophie des non-territorialen Konzepts – wie wir sie ansonsten in der Arbeitswelt schon lange haben – hält jetzt auch Einzug an Hochschulen.”
Aber sie stoße auf Widerstände, denn damit sei ein elementarer Kulturwandel verbunden. Das neue Credo werde als Angriff auf jahrhundertealte Traditionen empfunden. Aus seiner Sicht ist es jedoch an der Zeit, dass sich Hochschulen mit neuen Organisationsformen befassen und mithilfe von Change-Management den Kulturwandel angehen.
Um Hochschulräume attraktiver zu machen und sie als Orte von Innovation und Kreativität zu würdigen und zu stärken, muss sich aber auch aufseiten der Planer etwas ändern, sagt HRK-Präsident Rosenthal. “Die bauideologische Grundhaltung stimmt nicht: Für öffentliche Gebäude gelten Verkehrsflächen bisher als tote Räume, die so klein wie möglich gehalten werden müssen.” Was an Hochschulen benötigt werde, seien Flure, Eingangsbereiche und andere Räume, “die Aufenthaltsqualität haben, die Begegnung ermöglichen, zum gemeinsamen Denken einladen und flexible Nutzungen erlauben”.
Als Vorreiter nennt Rosenthal die skandinavischen Länder. “Dort ist diese Betonung von Verkehrsflächen bereits üblich und sie werden multifunktional gestaltet.” Beispielsweise wurde dort das Cubicles-Konzept wiederentdeckt, also Trennwände und Möbel so zu arrangieren, dass sich spontan Klein- und Kleinsträume schaffen lassen. “Von offenen Campi wie in Skandinavien sind wir in Deutschland wohl noch Jahrzehnte entfernt.”
Teile 1 bis 3 der Table.Briefings-Serie zum Hochschulbau finden Sie hier.
5. Juli 2024, 21:00 – 22:30 Uhr, Vortragssaal der Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale)
Leopoldina-Unterhausdebatte “Was darf Forschung? Über Freiheit und Grenzen von Wissenschaft” Mehr
24. September 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Haus der Commerzbank, Pariser Platz 1, 10117 Berlin
Forum Hochschulräte Starke Marken, klarer Kern: Strategische Schwerpunktsetzung und Markenbildung bei Hochschulen Mehr
25. September 2024, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU)
Jahreskolloquium des Bayerischen Wissenschaftsforums Transformationskompetenz in Wissenschaft und Hochschule Mehr
26. September 2024, 12:00 bis 13:00 Uhr, Webinar
CHE talk feat. DAAD KIWi Connect Transfer und Internationalisierung – Warum ist es sinnvoll, beides gemeinsam zu denken und was braucht es hierzu? Mehr
26. bis 27. September 2024, Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale) und Online
Jahresversammlung 2024 der Leopoldina Ursprung und Beginn des Lebens Mehr
23. bis 25. Oktober 2024 am ETH AI Center in Zürich, Schweiz
Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) und CampusSource Agilität und KI in Hochschulen Mehr
Der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) und der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) haben am Montag den Abschluss der Vertragsverhandlungen für das bundesweite Modellprojekt zur Genomsequenzierung bekannt gegeben. Der Vertrag legt unter anderem die Indikationen fest, für die eine Genomsequenzierung infrage kommt.
Damit sei die Grundlage für den Start des Modellprojekts geschaffen, hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Gesetzlich Versicherte mit einer seltenen Erkrankung oder einer fortgeschrittenen Krebserkrankung können nun auf eine schnellere Diagnose oder eine gezieltere Therapieempfehlung hoffen. Ziel ist es, jährlich bis zu 15.000 Patienten den Zugang zur Ganzgenomsequenzierung zu ermöglichen.
Mehr als zwanzig Universitätskliniken werden an dem Pilotprojekt teilnehmen und sowohl klinische als auch genomische Daten der behandelten Patienten sammeln. Bei entsprechender Einwilligung durch die Patienten können diese Daten auch für die medizinische Forschung genutzt werden.
Mit der Bereitstellung dieser qualitativ hochwertigen Daten werde auch ein wesentlicher Beitrag zur Förderung des Forschungsstandorts Deutschland geleistet, sagte Jens Bussmann, Generalsekretär des VUD, Table.Briefings. “Das Modellvorhaben ist für die Universitätsklinika auch Vorbild, zukünftige Innovationen in das Gesundheitssystem zu implementieren.”
Das Modellprojekt kann dann starten, wenn auch die Genomdatenverordnung in Kraft getreten ist. Diese soll am 5. Juli 2024 in der Plenumssitzung des Bundesrates beschlossen werden, schreibt das Gesundheitsministerium auf Anfrage von Table.Briefings. Im Anschluss daran werde die Genomdatenverordnung sehr zeitnah durch Karl Lauterbach unterzeichnet und im Bundesgesetzblatt verkündet.
Parallel dazu bereiten laut BMG die mit der Umsetzung des Modellvorhabens gesetzlich beauftragten Bundesoberbehörden die für die Implementierung notwendigen Voraussetzungen zum Aufbau und Betrieb der technischen Plattform (beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) und der Vertrauensstelle (beim Robert Koch-Institut) vor. Nach Vorlage des Vertrages durch den GKV-Spitzenverband und dessen Genehmigung durch das BMG können Patientinnen und Patienten in das Modellvorhabens Genomsequenzierung aufgenommen werden. Die Laufzeit beträgt 5 Jahre. mw
“Kein Platz für Antisemitismus an Hochschulen!”, lautet die Überschrift eines neuen offenen Briefes. Initiiert hat ihn Stefan Liebig, Professor an der FU Berlin. Unter den 70 Erstunterzeichnenden “Profs against Antisemitism” finden sich prominente Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft: Regina Riphahn, Vizepräsidentin der Leopoldina, BBAW-Präsident Christoph Markschies oder auch ifo-Chef Clemens Fuest.
Wichtig sei es, “ein Zeichen der Solidarität mit jüdischen Studierenden sowie Kolleginnen und Kollegen zu setzen”, sagt Thomas Hinz, mitunterzeichnender Soziologe an der Uni Konstanz. Neben dieser Solidaritätsbekundung war ihm auch das Eintreten gegen die zunehmenden Boykottforderungen gegenüber israelischen Wissenschaftseinrichtungen wichtig.
Doch es gibt deutliche Kritik, die einige Wissenschaftler gegenüber dieser Initiative äußern. Einmal an der Auswahl der Erstunterzeichnenden. Namen wie Sabine Döring, gerade entlassene Staatssekretärin, oder die umstrittene Vize-Vorsitzende des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit, Susanne Schröter, ließen so manche zögern, zu unterzeichnen.
Dass Stefan Liebig ergänzend zu der Initiative deutliche Kritik am offenen Brief der Berliner Hochschullehrenden zu den propalästinensischen Protestcamps an der FU Berlin geäußert hat, kommt ebenfalls nicht bei allen gut an. Im Interview im Wiarda-Blog wirft Liebig den Unterzeichnenden vor, damit Grenzen überschritten zu haben. In diesem Zusammenhang kritisierte Liebig zuvor auch die Entlassung Dörings aufgrund des umstrittenen Prüfauftrags.
Mindestens für Kopfschütteln sorgte zudem die “Begleitung” der Aktion durch die Bild-Zeitung. “Aufstand der anständigen Uni-Profs!”, titelte sie am Dienstag, zuvor hatte Bettina Stark-Watzinger die “Profs against Antisemitism” via Plattform X gelobt. “Not in my name”, kommentierte der Soziologe Armin Nassehi, einer der Erstunterzeichner des Briefs, die Bild-Schlagzeile auf X.
Ein weiterer Punkt für einige Lehrende, nicht zu unterschreiben, scheint ein genereller Mechanismus dieser offenen Briefe zu sein. Es entstehe ein quasi totalitärer Druck zu unterschreiben, meint Paula-Irene Villa Braslavsky, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, in einem Schreiben an Liebig, das sie auf der Plattform X veröffentlichte. Wenn man nicht unterzeichne, werde man unter Umständen medial als Antisemit abgestempelt.
Villa Braslavsky, selbst jüdisch und in jüdisch-akademischen Kontexten engagiert, findet es vor allem wichtig, dass den Worten auch Taten folgen. “In der Praxis agieren manche völlig an bestehenden (auch und gerade jüdischen) Studierenden und Kolleginnen und deren Netzwerken, Aktivitäten, Erfahrungen, Expertisen vorbei.” Institutionelles Engagement gemeinsam mit jüdischen Kolleginnen und Kollegen habe sie bislang nicht erlebt. mw
In internationalen Universitätsbestenlisten glänzen deutsche Institutionen eigentlich nie. Auf den ersten Blick ist das auch beim aktuellen THE Impact Ranking des britischen Magazins Times Higher Education (THE) der Fall. So findet sich in der Gesamtwertung des diesjährigen Rankings, das den Einsatz der Universitäten für die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bewertet, keine deutsche Universität unter den Top 100. Auf den Plätzen 101 bis 200 sind es zwei: die Freie Universität Berlin und die Universität Konstanz.
Bei diesem Ranking gibt es jedoch nicht nur die Gesamtwertung (Overall Ranking), sondern auch 17 einzelne, passend zu den 17 SDGs. In das Overall Ranking fließen die drei besten Einzelplatzierungen und das Ergebnis bei SDG 17 “Partnerschaften zur Erreichung der Ziele” ein. Die Universitäten können selbst entscheiden, ob sie nur an Einzelrankings teilnehmen oder am Overall. Der erfreuliche Aspekt der Einzelwertung: In elf der 17 Listen schaffen es deutsche Universitäten in die Top 100, und zwar 23-mal.
Beim THE Impact Ranking geht es um die vier Bereiche Forschung, Verwaltung, Öffentlichkeitsarbeit und Lehre. Bewertet wird die Forschungsleistung im jeweiligen Themenfeld, darüber hinaus fließen qualitative Indikatoren (etwa die Existenz von Mentoring-Programmen) sowie quantitative Indikatoren (zum Beispiel die Zahl von Absolventen in bestimmten Fächern) ein.
Erstmals wurde das Ranking 2019 veröffentlicht. “Das Ranking wächst bezogen auf die teilnehmenden Einrichtungen wie kein anderes”, sagt Sarah Spiegel, die bei der Hochschulrektorenkonferenz das Serviceprojekt Internationale Hochschulrankings leitet. An dem Mitte Juni veröffentlichten Impact Ranking 2024 haben sich 2.152 Hochschulen aus 125 Ländern beteiligt, 2023 waren es 1.702. Auch in Deutschland gewinnt es an Bedeutung. “In diesem Jahr nahmen 20 Universitäten teil, im Jahr 2019 waren es noch drei”, führt Spiegel aus.
Rankings würden an deutschen Hochschulen zwar vielfach kritisch gesehen. Der Ansatz des Impact Rankings komme jedoch vergleichsweise gut an, erläutert Spiegel. Die Idee, die Nachhaltigkeitsziele in den Mittelpunkt des Rankings zu stellen, hält sie für zukunftsträchtig. “Man sollte jedoch nicht vergessen, dass es sich hier zuvorderst um ein Geschäftsmodell handelt. THE bietet Universitäten kostenpflichtig Beratung an, um im Ranking besser abzuschneiden.” Während deutsche Universitäten generell zögerten, solche Angebote anzunehmen, griffen andere Länder, etwa im Nahen Osten, darauf zurück. Zuletzt unterzeichnete THE unter anderem Verträge mit der ungarischen Regierung. Insgesamt ziele das THE-Marketing offenbar darauf ab, die in den klassischen Rankings unterrepräsentierten Länder des Globalen Südens stärker einzubeziehen. abg
Kanada wird enger in das Forschungs- und Innovationsprogramm der EU, Horizont Europa, eingebunden. EU-Forschungskommissarin Iliana Ivanova und Francois-Philippe Champagne, kanadische Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Industrie, haben am Mittwoch ein Abkommen unterzeichnet, das kanadischen Forschern und Organisationen die Möglichkeit gibt, sich gleichberechtigt mit ihren EU-Partnern an dem Programm zu beteiligen.
Kanada beteiligt sich an der Säule II von Horizont Europa, aus der Verbundforschungsprojekte in einer Vielzahl von Bereichen finanziert werden, heißt es in einer Pressemitteilung der EU-Kommission. Kanadische Einrichtungen können jetzt Forschungskonsortien mit einigen der besten Forschungseinrichtungen der Welt beitreten und diese leiten. Sie erhalten zudem die Möglichkeit, direkt aus dem Programm finanziert zu werden, während Kanada einen Beitrag zu seinem Haushalt leistet.
Kanadische Einrichtungen haben bereits an über 155 Projekten im Rahmen von Horizont Europa mitgewirkt und erhielten dafür mehr als sechs Millionen Euro. Durch die neue Assoziierung werden diese Möglichkeiten jetzt deutlich erweitert. Kanada zählt damit zur wachsenden Gruppe von Nicht-EU-Ländern, die mit Horizont Europa assoziiert sind. Einrichtungen in assoziierten Staaten sind Teilnehmenden aus EU-Mitgliedstaaten gleichgestellt, erhalten die gleichen Förderquoten und können als Projektkoordinatoren auftreten. red
Nature. UK election: three research priorities for the next government. Eine nächste britische Regierung müsste das Vereinigte Königreich nach dem Brexit wieder stärker mit der Welt vernetzen, heißt es im Nature-Editorial. Zweitens muss sie sich um die Universitätsfinanzen kümmern. Trotzdem es generell mehr Geld für die Wissenschaft gibt, sind vermutlich 40 Prozent der Unis am Ende des Jahres in den roten Zahlen. Drittens sollte die Politik die Autonomie der Wissenschaft wieder stärker respektieren und sich weniger einmischen. Mehr
FAZ. Gefahr für die Integrität von Wissenschaft. Warum dauert es Jahre statt Wochen, manipulierte Grafiken zu erkennen, die Hintergründe zu klären und dann Artikel zurückzuziehen, fragt FAZ-Redakteur Hinnerk Feldwisch-Dentrup. Noch verheerender als schlampige oder auf Betrug basierende Publikationen sei es, wenn diese – egal welchen Verlag es trifft – auch noch über derart lange Zeiten verzerren, was als wissenschaftlich korrekt angesehen werde. Mehr
Tagesspiegel. Nach Vorwürfen sexualisierter Gewalt: Berliner Humboldt-Universität suspendiert Professor. Im Mai 2023 war ein Buchbeitrag erschienen, in dem die Autorin Aslı Vatansever einen gewaltsamen Übergriff durch einen Berliner Professor schildert. Auch gab es offenbar zuvor schon Machtmissbrauchs-Vorwürfe. Nach dem Buchbeitrag wurde ein Disziplinarverfahren in Gang gesetzt. Eine Sprecherin der HU Berlin bestätigte nun, dass der Beamte “vorübergehend auf nicht absehbare Zeit nicht im Dienst” sei. Mehr
LinkedIn. 70 Studierende der Tel Aviv University sind im Militäreinsatz gefallen. Bisher. Diese erschütternde Meldung berichtet Georg Schütte, Generalsekretär der VolkswagenStiftung, nach seiner Israel-Reise. Post-Trauma-Behandlungen seien nun Thema im Universitätsalltag. Doch auch die zunehmende Marginalisierung der israelischen Wissenschaft durch immer mehr Boykotte treibe die Wissenschaftscommunity in Israel um. Mehr
Axel A. Brakhage und Hans Hasse wurden für eine zweite Amtszeit als Vizepräsidenten der DFG gewählt. Brakhage hat den Lehrstuhl für Mikrobiologie und Molekulare Biologie an der Universität Jena inne, Hasse den Lehrstuhl für Thermodynamik an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau. Auf der DFG-Mitgliederversammlung in Potsdam wurden außerdem drei Mitglieder neu in den Senat gewählt: Michael Kaliske (TU Dresden), Monika Trümper (FU Berlin) und Jörg Schumacher (TU Ilmenau). Von den 39 Senatsmitgliedern werden 36 von der Mitgliederversammlung in einem rollierenden System für drei Jahre bestimmt. Darüber hinaus gehören die Spitzen von HRK, Akademienunion und MPG dem DFG-Senat an.
Benjamin Kiesewetter, Professor für Praktische Philosophie an der Universität Bielefeld, erhält den Deutschen Preis für Philosophie 2024 der Max Uwe Redler Stiftung. Er wird ausgezeichnet für seine herausragenden Arbeiten zur normativen Dimension der menschlichen Vernunft. Der Preis ist mit 75.000 Euro dotiert und wird am 8. November im Hamburger Rathaus verliehen.
Simone Kühn ist neue Direktorin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und leitet den Forschungsbereich Umweltneurowissenschaften. Die Psychologin und Neurowissenschaftlerin hat an dem Institut bereits seit 2019 die Lise-Meitner-Gruppe Umweltneurowissenschaften.
Justin Sebastian Lange wurde zum neuen Vizepräsidenten für Studium und Lehre der Hochschule Hamm-Lippstadt (HSHL) gewählt. Sven Quadflieg ist neuer Vizepräsident für Hochschulkultur und Vielfalt. Lange hat an der HSHL das Lehrgebiet “Ergonomie und Biomechanik”, Quadflieg lehrt “Grundlagen der Gestaltung”.
Kim Meow Liew von der City University of Hong Kong erhält den mit 100.000 Euro dotierten Carl-Zeiss-Humboldt-Forschungspreis. Die Auszeichnung wird von der Humboldt-Stiftung verliehen und von der Carl-Zeiss-Stiftung finanziert. Nominiert wurde Liew von der Bauhaus-Universität Weimar. Dort wird er am Institut für Strukturmechanik während seines Forschungsaufenthalts ab diesem Sommer an der Entwicklung neuartiger selbstheilender Materialien arbeiten, die in der Verkehrsinfrastruktur Anwendung finden.
Stefan Nickel wurde für weitere drei Jahre in seinem Amt als Vorstand des Forschungszentrums Informatik (FZI) bestätigt.
Karl Schlögel, Osteuropa-Historiker, erhält den Gerda Henkel Preis 2024. Die Auszeichnung wird alle zwei Jahre verliehen und ist mit 100.000 Euro dotiert. Schlögel habe nicht nur unser Verständnis der neueren Geschichte Russlands, der Sowjetunion und des östlichen Europa wesentlich geprägt, sondern auch ein eigenes Genre historischen Erzählens begründet, teilte die Jury mit. Schlögel, Jahrgang 1948, studierte Philosophie, Soziologie, Osteuropäische Geschichte und Slawistik an der FU Berlin. Er lehrte an der Universität Konstanz und von 1995 bis 2013 an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder.
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China.Table. Volker Wissing: “Zölle sind nicht im Interesse unserer Bürger”. Riskant und unabgesprochen- die Vorwürfe gegen Volker Wissing wegen einer Absichtserklärung zum Datenaustausch mit China wiegen schwer. Zu Unrecht, sagt der Bundesverkehrsminister im Interview mit Felix Lee und Maximilian Stascheit. Mehr
Europe.Table. Liese will Teilung des ENVI-Ausschusses. Die Portfolios der Ausschüsse im EU-Parlament werden möglicherweise neu verteilt. Unter anderem der Umweltausschuss (ENVI) könnte einen Teil seiner Kompetenzen verlieren. Mehr
Bildung.Table. Studiengänge: Warum immer weniger zugangsbeschränkt sind. Eine Zugangsbeschränkung gibt es nur noch in einem Drittel der Studienfächer. Das liegt daran, dass die Zahl der Erstsemester sinkt und gleichzeitig Hochschulen ihr Angebot ausweiten. Zwischen den Bundesländern gibt es große Unterschiede. Mehr
Dass Ameisen fleißig sind, ist bekannt. Auch ihre kollektive Intelligenz hat sich herumgesprochen. Ihre Qualitäten in der Unfallchirurgie und Wundbehandlung waren jedoch bislang unentdeckt. Nun berichtet ein Team aus Würzburg und Lausanne im Journal “Current Biology”: Florida-Holzameisen amputieren vorsorglich Gliedmaßen, um das Leben verwundeter Artgenossinnen zu retten.
Bei bestimmten Verletzungen an den Beinen beißen sie diese komplett ab. So wird verhindert, dass sich Wundinfektionen im Körper der Ameisen ausbreiten. Rund 90 Prozent der beinamputierten Tiere überleben die Behandlung. Auch mit fünf statt sechs Beinen können sie ihre Aufgaben erfüllen.
Noch verblüffender: Die Ameisen schreiten nur dann zur Amputation, wenn die Beinverletzungen am Oberschenkel liegen. Befinden sich die Wunden dagegen am Unterschenkel, wird niemals amputiert. Stattdessen lecken die Ameisen die Wunden intensiv aus. Aufgrund des Körperbaus der Tiere breiten sich Bakterien aus infizierten Wunden am Unterschenkel nämlich schneller aus.
Das Zeitfenster für eine erfolgreiche Amputation ist dann eng, die Chance auf Rettung gering. “Genau das scheinen die Ameisen zu ‘wissen’, wenn man es vermenschlichend ausdrücken will”, sagt Erik Frank vom Biozentrum der Universität Würzburg. Dank des Hector Research Career Development Awards, den er Anfang des Jahres erhielt, will er nun erforschen, wie Ameisen, “die in einer engen Beziehung mit Akazienbäumen leben, die Wunden ihrer Wirtspflanzen heilen”. Wir sind gespannt! Anne Brüning