genauso wie der Faktor Innovation immer entscheidender wird für Deutschland, genauso stark steigt der Druck auf die Akteure im System. Deutschland steht zwar noch gut da, doch in wichtigen Technologien sind die USA und auch Asien längst allen voraus. Die Bundesregierung schob daher etwa die Agentur für Sprunginnovationen ins Geschehen. Lange kämpfte die Sprind mit Gründungsdirektor Rafael Laguna de la Vera für mehr Freiheiten, damit disruptive Innovationen überhaupt schneller möglich werden können.
Allen war und ist deutlich vor Augen: Das deutsche Wissenschaftssystem ist an vielen Stellen zu bürokratisch, zu langsam, zu umständlich. Und nun, wo das Sprind-Freiheitsgesetz vielerlei Hemmnisse aus dem Weg räumen kann und sich so Mancher vielleicht doch einmal kurz und zufrieden zurücklehnen wollte, platzt der Protest der Projektträger in die endende Sommerpause.
Dass das Forschungsfördersystem so nicht mehr funktioniert, wussten alle, wirklich laut aussprechen wollte es bisher niemand. “Wir fühlen uns insofern angegriffen, als dass uns andere Förderinstitutionen Marktanteile wegnehmen, die aber nach ganz anderen Regeln spielen dürfen”, sagt uns Sascha Hermann, Geschäftsführer des VDI Technologiezentrums und Sprecher des PT-Netzwerks.
Zugegeben, es geht um Macht, Geld und Wahrung erkämpfter Positionen im System: Wie aber reagiert jetzt das Bundesforschungsministerium? Wie positioniert sich die Koalition? Und was sagen Wissenschaft und Wirtschaft? Mein Kollege Tim Gabel und ich haben nachgefragt.
Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen,
Dass Projektträger mit ihren Positionen an die Öffentlichkeit gehen, passiert nicht oft. Eigentlich ist die Devise nämlich, hinter den Auftraggebern – zumeist den Bundesministerien – zu verschwinden und stattdessen diese in einem guten Licht dastehen zu lassen und Kontroversen zu meiden. Zudem ist auch der Wettbewerb unter den Projektträgern groß. Gerade erst hatte der Wechsel im Bereich der Industriellen Gemeinschaftsforschung vom AiF-PT zum DLR PT für Aufsehen gesorgt.
Jetzt also stehen AiF, DLR und die übrigen deutschen Projektträger gemeinsam hinter einem Positionspapier, das klare Forderungen an ihre Auftraggeber, die Bundesregierung und vor allem an das federführende BMBF, richtet. Die Aussage des Papiers mit dem Titel “Administrative Fesseln der Innovationsförderung abstreifen: SPRIND-Freiheitsgesetz breiter denken” ist eindeutig: Gemeinsam will man eine Ausweitung des Freiheitsgesetzes auf die gesamte Projektförderung und das Innovationssystem erreichen. Die Projektträger sprechen in ihrem Positionspapier von “administrativen Beschränkungen aus dem letzten Jahrhundert”.
Dass die Projektträger schon in den Monaten und Jahren zuvor neidisch auf die Vorstöße zum Sprind-Freiheitsgesetz und die Dati geschielt haben, war in informierten Kreisen kein Geheimnis. Das Credo: Wenn PT die Freiheiten von Sprind oder Dati hätten, bräuchte es die neuartigen Formate möglicherweise gar nicht oder nur in sehr schlanker Form. Im Positionspapier betont man dann auch, dass der “Befreiungsschlag” der Bundesregierung “jahrzehntelang beklagte Beschränkungen” endlich aufhebe – allerdings nur für Sprind.
“Wir Projektträger wehren uns dagegen, als Verursacher von Bürokratie dargestellt zu werden”, sagt Sascha Hermann, Geschäftsführer des VDI Technologiezentrums und derzeitig Sprecher des PT-Netzwerks. Das Positionspapier sei als Hinweis darauf zu verstehen, dass die Bundesregierung “durchaus nochmal an einigen Schrauben drehen könnte, um das Fördersystem effizienter zu gestalten.” Die Projektträger wünschen sich – wie die Sprind – “ebenfalls schlanke und agile Auswahlverfahren, eine vereinfachte Rechts- und Fachaufsicht und eine flexiblere Finanzierung, die uns und den Geförderten auch einen Freiraum über die Jahresgrenzen hinweg geben würde”.
Im Positionspapier formuliert es sich so: “Der Sprind dürften die angedachten rechtlichen Erleichterungen in der Tat neuen Schwung geben, denn die Agentur kann damit deutlich unbürokratischer, flexibler und schneller agieren als alle anderen Akteure auf dem Markt.” Allerdings sind sich die Projektträger sicher: “Zum wirklichen Befreiungsschlag werden kann das Sprind-Freiheitsgesetz aber erst, wenn zugleich eine umfassende Reform der Innovationsförderung in Deutschland erfolgt.”
Den Zeitpunkt für die Veröffentlichung des Positionspapiers habe man gewählt, “weil das Kabinett das Sprind-Freiheitsgesetz jetzt beschlossen hat”, sagt Klaus Uckel, Geschäftsleiter des DLR-Projektträgers im Gespräch mit Table.Media. “Die rechtlichen Rahmensetzungen in der Förderung von Forschung und Innovation sind vergleichbar und auch das öffentliche Vergaberecht gilt für alle. Wir wollten darauf hinweisen, dass wir in unserer Rolle für das Innovationssystem von der neuen Gesetzgebung ausgeschlossen wurden.” Dabei wolle man konstruktiv bleiben und zum Nachdenken über das Innovationssystem als Ganzes anregen.
“Wir als DLR-Projektträger, aber auch als PT-Netzwerk regen seit Jahren kontinuierlich Prozessverbesserungen an und stehen mit unseren Auftraggebern dazu auch in einem ständigen Dialog”, erklärt der stellvertretende Geschäftsleiter des DLR PT Jörn Sonnenburg. Man habe es geschafft, viele graduelle Veränderungen anzustoßen, etwa bei Prüfprozessen, der Digitalisierung und der Vereinfachung von Verfahren. “Das Sprind-Freiheitsgesetz war dagegen aber ein richtiger Befreiungsschlag.”
Dabei könne das Instrument der Projektförderung für das Innovationssystem eine viel größere Hebelwirkung erzielen als die Instrumente der Sprind, sagt Sonnenburg. “Wenn man das Budget von Sprind, das jährlich bei wenigen hundert Millionen Euro liegt, mit den von den Projektträgern bewirtschafteten Fördermitteln vergleicht, die jährlich allein für den Bund bei etwa sechs Milliarden Euro liegen, dann ist unsere Botschaft ganz einfach: Denkt größer!”
Erste Reaktionen der Ampel-Forschungspolitiker auf den Projektträger-Vorstoß fallen höflich, aber bestimmt aus. “Die Sprind wurde gegründet und mit weitgehenden Freiheiten ausgestattet, weil sie mit kleinem Overhead schnell Innovationen mit disruptivem Potenzial identifizieren, validieren und voranbringen soll”, sagt Forschungsausschuss-Mitglied Holger Mann (SPD). “In dieser besonderen Aufgabe begründen sich auch besondere Freiheiten, die nicht einfach auf andere Projektträger übertragen werden können oder müssen.” Unabhängig davon gelte es, sagt Mann, die Rahmenbedingungen in der Wissenschaft innovationsfreundlich zu gestalten, was auch für die Projektförderung gelte.
Der Berichterstatter der FDP, Stephan Seiter, begrüßt eine Debatte darüber, “wie wir die Effizienz der Projektförderung steigern können”. Bei der Innovationsförderung müssten Kreativität und Ideen im Vordergrund stehen – nicht administrative Prozesse und Beschränkungen. “Die Fraktion der Freien Demokraten will umfassend Bürokratie abbauen, dazu zählen meines Erachtens auch die Regularien für die Vergabe von Projektfördermitteln.” Das Sprind-Freiheitsgesetz sei dabei der erste Schritt, dem weitere folgen müssten. Seiter schränkt allerdings ein, dass Maßnahmen an die unterschiedlichen Akteure angepasst sein müssten, auch “um eine effiziente und transparente Verwendung öffentlicher Mittel gewährleisten”.
Die Antwort des Bundesforschungsministeriums (BMBF) irritiert. Dort “freut” man sich über “die Anerkennung seitens der Projektträger, für die mit dem Sprind-Freiheitgesetz ermöglichten Rahmenbedingungen”. Diese seien allerdings speziell auf die Bundesagentur für Sprunginnovationen zugeschnitten. Es handele sich dabei um ein “neuartiges Förderinstrument” für Sprunginnovationen, die “oftmals sehr risikobehaftet und im Verlauf schwer planbar sind”, sagt eine Sprecherin des Ministeriums.
Die Projektträger würden für die Breite der BMBF-Projektförderung einerseits ein standardisiertes, auf die Bundeshaushaltsordnung aufbauendes Regelwerk anwenden. Andererseits seien sie schon heute in der Umsetzung und Ausgestaltung der Verfahren an vielen Stellen frei. Das BMBF setze sich aber weiterhin für Verwaltungsvereinfachungen in der Projektförderung ein. “Aktuell mit großem Engagement bei der Digitalisierung des Förderverfahrens und der Abschaffung des Schriftformerfordernisses”, sagt die BMBF-Sprecherin. Auf die Forderungen der Projektträger wollte das BMBF in der Stellungnahme nicht eingehen.
Was sagen Industrie und Unternehmen zu dem Papier? Leider bislang gar nichts! Auf Anfragen von Table.Media wollten sowohl der BDI als auch der ZVEI nicht auf das Positionspapier reagieren. Eine Sprecherin des BDI sagte, dass es in dem Verband bislang keine Position dazu gebe. Auch beim ZVEI antwortete ein Sprecher, dass man dazu leider aktuell keine Aussagen treffen könne. Bemerkenswert ist dies, weil Unternehmensverbände normalerweise am lautesten nach einer Flexibilisierung und Effizienzsteigerung der Innovationsförderung rufen.
Herr Cantner, Probleme in der Innovations- und Projektförderung sind schon länger bekannt, jetzt haben sich die Projektträger zu möglichen Verbesserungen positioniert. Wie bewerten Sie diesen Vorstoß?
Selbstreflexion ist immer gut und Maßnahmen zu ergreifen, die Leistungsfähigkeit zu erhöhen, ebenfalls. Mit den Projektträgern ist die EFI seit längerem im Austausch, gerade zu den Punkten, die diese in ihrem Positionspapier ansprechen. Der Zeitpunkt des Vorstoßes ist gut gewählt, denn bei einer bestimmten Form von Agentur, der Sprind, entwickelt sich gerade etwas zum Positiven, ein Freiheitsgesetz. Es werden Handlungsräume eröffnet, die bei den Projektträgern auch verschlossen sind, etwa die Überjährigkeit. Die laufende Diskussion zum Freiheitsgesetz möchte man nun nutzen, um die Aufmerksamkeit auf die Projektträger und deren Problemlage zu lenken.
Ist das auch eine Neid-Debatte? Haben die Projektträger Angst, dass ihnen im Innovationssystem etwas weggenommen wird?
Ob es eine Neid-Debatte ist, ich weiß es nicht. Es geht wohl eher um faktische Gleichbehandlung. Vor etwa zweieinhalb Jahren kam ja die Diskussion um die Agenturen auf. Dabei rückten die Projektträger in den Fokus und wurden aus verschiedenen Gründen nicht unberechtigt kritisiert. Diese Kritik stand allerdings auch pars pro toto für eine durchaus wenig agile Politik und ein wenig agiles Handeln in den Ministerien. Agenturen, agil und wendig, wurden als die Lösung des Problems vorgeschlagen, womit die Projektträger ihre Existenz als gefährdet ansahen. Die EFI hat sich damals gegen die Agentur-Lösung als Allheilmittel ausgesprochen und in gleichem Zuge und dann wiederholt einen Reformbedarf bei den Projektträgern angemahnt.
Trifft das Positionspapier der Projektträger auch Ihre Forderungen?
Das Papier der Projektträger beinhaltet eine Vielzahl der Punkte, die auch die EFI angemahnt hat.
Die Projektträger weisen darauf hin, dass eine Reform der Projektförderung eine wesentlich breitere Wirksamkeit erwarten lasse, als das Sprind-Freiheitsgesetz. Stimmt das?
Das Statement der Projektträger impliziert, dass man Projektträger und Sprind als etwas Gleichartiges ansieht. Die Begründungen für die Förderorganisationen sind allerdings unterschiedlich: Sprind hat die Aufgabe, nach eigenem Gutdünken und gemäß eigener Strategie radikale Innovationen zu pushen. Die Projektträger haben die Aufgabe, Maßnahmen der Politik, die diese nach bestimmten strategischen Überlegung aufgesetzt hat – oft schon unter Zuarbeit der Projektträger – umzusetzen. Da besteht von der Aufgabenstellung her ein großer Unterschied, eigenes Konzipieren und eigenverantwortliches Umsetzen auf der einen Seite und effizientes Umsetzen für Andere, die Ministerien, auf der anderen Seite. Für die Aussagen zur Wirksamkeit fehlt die empirische Evidenz. Da wäre ich vorsichtig, auch was die Dimension der Breite bei Wirkungen betrifft.
Die EFI hat mehrfach Vorschläge zur Steigerung der Innovationskraft gemacht. Was raten Sie der Bundesregierung jetzt als Reaktion auf das Positionspapier?
Das, was die Bundesregierung mit dem Sprind-Freiheitsgesetz vorhat, kann in vielen Punkten auch an anderer Stelle für Agilität sorgen, etwa bei den Projektträgern. Dies kommt dann den vielen Forschungsinitiativen und -projekten zugute, wo freier und damit besser gearbeitet werden kann. Es sind durchaus positive Wirkungen auf den Erfolg zu erwarten. Deshalb stehe ich dafür, Elemente aus dem Sprind-Freiheitsgesetz auch für andere Förderorganisationen zu übernehmen. Das Sprind-Freiheitsgesetz könnte hier zum Role-Model werden. Im weitesten Sinne stärkt das sicherlich auch die Innovationskraft des Landes.
Die Projektträger schreiben: “Die Projektförderung muss von ihren administrativen Fesseln befreit werden”:
Das ist lange bekannt. Welche Veränderung wäre realistisch machbar?
Administrative Fesseln abzulegen, etwa die Überjährigkeit einzuführen, das sollte einfach möglich sein. Von einem Kosten-Controlling wegzukommen und sich auf ein Outcome-Controlling zu konzentrieren, das wird sehr viel schwieriger; der Bundesrechnungshof wird darauf bestehen, dass die Verausgabung von Steuergeldern im Zentrum eines Controllings verbleibt.
Stichwort “Flexible Finanzierungsbedingungen”: Hier folgen die Projektträger jetzt dem EFI-Vorschlag in Sachen Globalbudgets. Wie realistisch ist eine Umsetzung?
Richtig, auch die EFI fordert Globalbudgets und diese wären für die Projektförderung auch sinnvoll. Ich bin mir nur nicht sicher, ob insbesondere diese Forderung so schnell aufgenommen und in ein umsetzungsfähiges Format gebracht wird. Aber steter Tropfen höhlt den Stein! Bei der steuerlichen F&E-Förderung hat es auch über zehn Jahre gedauert. Wie gesagt, beim Jährlichkeitsprinzip sehe ich die Chance, dass man hier schneller vorankommen kann.
genauso wie der Faktor Innovation immer entscheidender wird für Deutschland, genauso stark steigt der Druck auf die Akteure im System. Deutschland steht zwar noch gut da, doch in wichtigen Technologien sind die USA und auch Asien längst allen voraus. Die Bundesregierung schob daher etwa die Agentur für Sprunginnovationen ins Geschehen. Lange kämpfte die Sprind mit Gründungsdirektor Rafael Laguna de la Vera für mehr Freiheiten, damit disruptive Innovationen überhaupt schneller möglich werden können.
Allen war und ist deutlich vor Augen: Das deutsche Wissenschaftssystem ist an vielen Stellen zu bürokratisch, zu langsam, zu umständlich. Und nun, wo das Sprind-Freiheitsgesetz vielerlei Hemmnisse aus dem Weg räumen kann und sich so Mancher vielleicht doch einmal kurz und zufrieden zurücklehnen wollte, platzt der Protest der Projektträger in die endende Sommerpause.
Dass das Forschungsfördersystem so nicht mehr funktioniert, wussten alle, wirklich laut aussprechen wollte es bisher niemand. “Wir fühlen uns insofern angegriffen, als dass uns andere Förderinstitutionen Marktanteile wegnehmen, die aber nach ganz anderen Regeln spielen dürfen”, sagt uns Sascha Hermann, Geschäftsführer des VDI Technologiezentrums und Sprecher des PT-Netzwerks.
Zugegeben, es geht um Macht, Geld und Wahrung erkämpfter Positionen im System: Wie aber reagiert jetzt das Bundesforschungsministerium? Wie positioniert sich die Koalition? Und was sagen Wissenschaft und Wirtschaft? Mein Kollege Tim Gabel und ich haben nachgefragt.
Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen,
Dass Projektträger mit ihren Positionen an die Öffentlichkeit gehen, passiert nicht oft. Eigentlich ist die Devise nämlich, hinter den Auftraggebern – zumeist den Bundesministerien – zu verschwinden und stattdessen diese in einem guten Licht dastehen zu lassen und Kontroversen zu meiden. Zudem ist auch der Wettbewerb unter den Projektträgern groß. Gerade erst hatte der Wechsel im Bereich der Industriellen Gemeinschaftsforschung vom AiF-PT zum DLR PT für Aufsehen gesorgt.
Jetzt also stehen AiF, DLR und die übrigen deutschen Projektträger gemeinsam hinter einem Positionspapier, das klare Forderungen an ihre Auftraggeber, die Bundesregierung und vor allem an das federführende BMBF, richtet. Die Aussage des Papiers mit dem Titel “Administrative Fesseln der Innovationsförderung abstreifen: SPRIND-Freiheitsgesetz breiter denken” ist eindeutig: Gemeinsam will man eine Ausweitung des Freiheitsgesetzes auf die gesamte Projektförderung und das Innovationssystem erreichen. Die Projektträger sprechen in ihrem Positionspapier von “administrativen Beschränkungen aus dem letzten Jahrhundert”.
Dass die Projektträger schon in den Monaten und Jahren zuvor neidisch auf die Vorstöße zum Sprind-Freiheitsgesetz und die Dati geschielt haben, war in informierten Kreisen kein Geheimnis. Das Credo: Wenn PT die Freiheiten von Sprind oder Dati hätten, bräuchte es die neuartigen Formate möglicherweise gar nicht oder nur in sehr schlanker Form. Im Positionspapier betont man dann auch, dass der “Befreiungsschlag” der Bundesregierung “jahrzehntelang beklagte Beschränkungen” endlich aufhebe – allerdings nur für Sprind.
“Wir Projektträger wehren uns dagegen, als Verursacher von Bürokratie dargestellt zu werden”, sagt Sascha Hermann, Geschäftsführer des VDI Technologiezentrums und derzeitig Sprecher des PT-Netzwerks. Das Positionspapier sei als Hinweis darauf zu verstehen, dass die Bundesregierung “durchaus nochmal an einigen Schrauben drehen könnte, um das Fördersystem effizienter zu gestalten.” Die Projektträger wünschen sich – wie die Sprind – “ebenfalls schlanke und agile Auswahlverfahren, eine vereinfachte Rechts- und Fachaufsicht und eine flexiblere Finanzierung, die uns und den Geförderten auch einen Freiraum über die Jahresgrenzen hinweg geben würde”.
Im Positionspapier formuliert es sich so: “Der Sprind dürften die angedachten rechtlichen Erleichterungen in der Tat neuen Schwung geben, denn die Agentur kann damit deutlich unbürokratischer, flexibler und schneller agieren als alle anderen Akteure auf dem Markt.” Allerdings sind sich die Projektträger sicher: “Zum wirklichen Befreiungsschlag werden kann das Sprind-Freiheitsgesetz aber erst, wenn zugleich eine umfassende Reform der Innovationsförderung in Deutschland erfolgt.”
Den Zeitpunkt für die Veröffentlichung des Positionspapiers habe man gewählt, “weil das Kabinett das Sprind-Freiheitsgesetz jetzt beschlossen hat”, sagt Klaus Uckel, Geschäftsleiter des DLR-Projektträgers im Gespräch mit Table.Media. “Die rechtlichen Rahmensetzungen in der Förderung von Forschung und Innovation sind vergleichbar und auch das öffentliche Vergaberecht gilt für alle. Wir wollten darauf hinweisen, dass wir in unserer Rolle für das Innovationssystem von der neuen Gesetzgebung ausgeschlossen wurden.” Dabei wolle man konstruktiv bleiben und zum Nachdenken über das Innovationssystem als Ganzes anregen.
“Wir als DLR-Projektträger, aber auch als PT-Netzwerk regen seit Jahren kontinuierlich Prozessverbesserungen an und stehen mit unseren Auftraggebern dazu auch in einem ständigen Dialog”, erklärt der stellvertretende Geschäftsleiter des DLR PT Jörn Sonnenburg. Man habe es geschafft, viele graduelle Veränderungen anzustoßen, etwa bei Prüfprozessen, der Digitalisierung und der Vereinfachung von Verfahren. “Das Sprind-Freiheitsgesetz war dagegen aber ein richtiger Befreiungsschlag.”
Dabei könne das Instrument der Projektförderung für das Innovationssystem eine viel größere Hebelwirkung erzielen als die Instrumente der Sprind, sagt Sonnenburg. “Wenn man das Budget von Sprind, das jährlich bei wenigen hundert Millionen Euro liegt, mit den von den Projektträgern bewirtschafteten Fördermitteln vergleicht, die jährlich allein für den Bund bei etwa sechs Milliarden Euro liegen, dann ist unsere Botschaft ganz einfach: Denkt größer!”
Erste Reaktionen der Ampel-Forschungspolitiker auf den Projektträger-Vorstoß fallen höflich, aber bestimmt aus. “Die Sprind wurde gegründet und mit weitgehenden Freiheiten ausgestattet, weil sie mit kleinem Overhead schnell Innovationen mit disruptivem Potenzial identifizieren, validieren und voranbringen soll”, sagt Forschungsausschuss-Mitglied Holger Mann (SPD). “In dieser besonderen Aufgabe begründen sich auch besondere Freiheiten, die nicht einfach auf andere Projektträger übertragen werden können oder müssen.” Unabhängig davon gelte es, sagt Mann, die Rahmenbedingungen in der Wissenschaft innovationsfreundlich zu gestalten, was auch für die Projektförderung gelte.
Der Berichterstatter der FDP, Stephan Seiter, begrüßt eine Debatte darüber, “wie wir die Effizienz der Projektförderung steigern können”. Bei der Innovationsförderung müssten Kreativität und Ideen im Vordergrund stehen – nicht administrative Prozesse und Beschränkungen. “Die Fraktion der Freien Demokraten will umfassend Bürokratie abbauen, dazu zählen meines Erachtens auch die Regularien für die Vergabe von Projektfördermitteln.” Das Sprind-Freiheitsgesetz sei dabei der erste Schritt, dem weitere folgen müssten. Seiter schränkt allerdings ein, dass Maßnahmen an die unterschiedlichen Akteure angepasst sein müssten, auch “um eine effiziente und transparente Verwendung öffentlicher Mittel gewährleisten”.
Die Antwort des Bundesforschungsministeriums (BMBF) irritiert. Dort “freut” man sich über “die Anerkennung seitens der Projektträger, für die mit dem Sprind-Freiheitgesetz ermöglichten Rahmenbedingungen”. Diese seien allerdings speziell auf die Bundesagentur für Sprunginnovationen zugeschnitten. Es handele sich dabei um ein “neuartiges Förderinstrument” für Sprunginnovationen, die “oftmals sehr risikobehaftet und im Verlauf schwer planbar sind”, sagt eine Sprecherin des Ministeriums.
Die Projektträger würden für die Breite der BMBF-Projektförderung einerseits ein standardisiertes, auf die Bundeshaushaltsordnung aufbauendes Regelwerk anwenden. Andererseits seien sie schon heute in der Umsetzung und Ausgestaltung der Verfahren an vielen Stellen frei. Das BMBF setze sich aber weiterhin für Verwaltungsvereinfachungen in der Projektförderung ein. “Aktuell mit großem Engagement bei der Digitalisierung des Förderverfahrens und der Abschaffung des Schriftformerfordernisses”, sagt die BMBF-Sprecherin. Auf die Forderungen der Projektträger wollte das BMBF in der Stellungnahme nicht eingehen.
Was sagen Industrie und Unternehmen zu dem Papier? Leider bislang gar nichts! Auf Anfragen von Table.Media wollten sowohl der BDI als auch der ZVEI nicht auf das Positionspapier reagieren. Eine Sprecherin des BDI sagte, dass es in dem Verband bislang keine Position dazu gebe. Auch beim ZVEI antwortete ein Sprecher, dass man dazu leider aktuell keine Aussagen treffen könne. Bemerkenswert ist dies, weil Unternehmensverbände normalerweise am lautesten nach einer Flexibilisierung und Effizienzsteigerung der Innovationsförderung rufen.
Herr Cantner, Probleme in der Innovations- und Projektförderung sind schon länger bekannt, jetzt haben sich die Projektträger zu möglichen Verbesserungen positioniert. Wie bewerten Sie diesen Vorstoß?
Selbstreflexion ist immer gut und Maßnahmen zu ergreifen, die Leistungsfähigkeit zu erhöhen, ebenfalls. Mit den Projektträgern ist die EFI seit längerem im Austausch, gerade zu den Punkten, die diese in ihrem Positionspapier ansprechen. Der Zeitpunkt des Vorstoßes ist gut gewählt, denn bei einer bestimmten Form von Agentur, der Sprind, entwickelt sich gerade etwas zum Positiven, ein Freiheitsgesetz. Es werden Handlungsräume eröffnet, die bei den Projektträgern auch verschlossen sind, etwa die Überjährigkeit. Die laufende Diskussion zum Freiheitsgesetz möchte man nun nutzen, um die Aufmerksamkeit auf die Projektträger und deren Problemlage zu lenken.
Ist das auch eine Neid-Debatte? Haben die Projektträger Angst, dass ihnen im Innovationssystem etwas weggenommen wird?
Ob es eine Neid-Debatte ist, ich weiß es nicht. Es geht wohl eher um faktische Gleichbehandlung. Vor etwa zweieinhalb Jahren kam ja die Diskussion um die Agenturen auf. Dabei rückten die Projektträger in den Fokus und wurden aus verschiedenen Gründen nicht unberechtigt kritisiert. Diese Kritik stand allerdings auch pars pro toto für eine durchaus wenig agile Politik und ein wenig agiles Handeln in den Ministerien. Agenturen, agil und wendig, wurden als die Lösung des Problems vorgeschlagen, womit die Projektträger ihre Existenz als gefährdet ansahen. Die EFI hat sich damals gegen die Agentur-Lösung als Allheilmittel ausgesprochen und in gleichem Zuge und dann wiederholt einen Reformbedarf bei den Projektträgern angemahnt.
Trifft das Positionspapier der Projektträger auch Ihre Forderungen?
Das Papier der Projektträger beinhaltet eine Vielzahl der Punkte, die auch die EFI angemahnt hat.
Die Projektträger weisen darauf hin, dass eine Reform der Projektförderung eine wesentlich breitere Wirksamkeit erwarten lasse, als das Sprind-Freiheitsgesetz. Stimmt das?
Das Statement der Projektträger impliziert, dass man Projektträger und Sprind als etwas Gleichartiges ansieht. Die Begründungen für die Förderorganisationen sind allerdings unterschiedlich: Sprind hat die Aufgabe, nach eigenem Gutdünken und gemäß eigener Strategie radikale Innovationen zu pushen. Die Projektträger haben die Aufgabe, Maßnahmen der Politik, die diese nach bestimmten strategischen Überlegung aufgesetzt hat – oft schon unter Zuarbeit der Projektträger – umzusetzen. Da besteht von der Aufgabenstellung her ein großer Unterschied, eigenes Konzipieren und eigenverantwortliches Umsetzen auf der einen Seite und effizientes Umsetzen für Andere, die Ministerien, auf der anderen Seite. Für die Aussagen zur Wirksamkeit fehlt die empirische Evidenz. Da wäre ich vorsichtig, auch was die Dimension der Breite bei Wirkungen betrifft.
Die EFI hat mehrfach Vorschläge zur Steigerung der Innovationskraft gemacht. Was raten Sie der Bundesregierung jetzt als Reaktion auf das Positionspapier?
Das, was die Bundesregierung mit dem Sprind-Freiheitsgesetz vorhat, kann in vielen Punkten auch an anderer Stelle für Agilität sorgen, etwa bei den Projektträgern. Dies kommt dann den vielen Forschungsinitiativen und -projekten zugute, wo freier und damit besser gearbeitet werden kann. Es sind durchaus positive Wirkungen auf den Erfolg zu erwarten. Deshalb stehe ich dafür, Elemente aus dem Sprind-Freiheitsgesetz auch für andere Förderorganisationen zu übernehmen. Das Sprind-Freiheitsgesetz könnte hier zum Role-Model werden. Im weitesten Sinne stärkt das sicherlich auch die Innovationskraft des Landes.
Die Projektträger schreiben: “Die Projektförderung muss von ihren administrativen Fesseln befreit werden”:
Das ist lange bekannt. Welche Veränderung wäre realistisch machbar?
Administrative Fesseln abzulegen, etwa die Überjährigkeit einzuführen, das sollte einfach möglich sein. Von einem Kosten-Controlling wegzukommen und sich auf ein Outcome-Controlling zu konzentrieren, das wird sehr viel schwieriger; der Bundesrechnungshof wird darauf bestehen, dass die Verausgabung von Steuergeldern im Zentrum eines Controllings verbleibt.
Stichwort “Flexible Finanzierungsbedingungen”: Hier folgen die Projektträger jetzt dem EFI-Vorschlag in Sachen Globalbudgets. Wie realistisch ist eine Umsetzung?
Richtig, auch die EFI fordert Globalbudgets und diese wären für die Projektförderung auch sinnvoll. Ich bin mir nur nicht sicher, ob insbesondere diese Forderung so schnell aufgenommen und in ein umsetzungsfähiges Format gebracht wird. Aber steter Tropfen höhlt den Stein! Bei der steuerlichen F&E-Förderung hat es auch über zehn Jahre gedauert. Wie gesagt, beim Jährlichkeitsprinzip sehe ich die Chance, dass man hier schneller vorankommen kann.