+++ Research.Spezial +++ Fördermittel-Affäre: Was das BMBF auf die Unions-Anfrage antwortet
+++ Research.Spezial +++ Fördermittel-Affäre: Was das BMBF auf die Unions-Anfrage antwortet
Liebe Leserin, lieber Leser,
mit vielen Worten nichts (oder wenig) sagen: das Bundesforschungsministerium hat diese Praxis, jedenfalls wenn es um die Fördemittel-Affäre geht, perfektioniert. Am heutigen Freitag sendete das Haus seine Antwort auf die Kleine Anfrage der CDU. 86 der 100 Fragen wurden im Zusammenhang beantwortet – Sie ahnen, was das bedeutet.
Nach unzähligen ausweichenden Antworten nicht nur gegenüber Journalisten, sondern auch gegenüber Politikern des Forschungsausschusses und im Parlament des Deutschen Bundestags; der Ablehnung der Veröffentlichung der “Wire”-Chats und dem strikten Verbot gegenüber der entlassenen Staatssekretärin Sabine Döring, sich öffentlich erklären zu dürfen, ist das Schweigen nicht verwunderlich.
Wer aber die Antwort auf die Kleine Anfrage liest, bekommt zusätzlich den Eindruck, im BMBF weiß die eine Abteilung nicht, was die andere tut – und schon gar nicht, wer wann welchen Auftrag erteilt. Bettina Stark-Watzinger hat in ihrem Haus offenbar eine kommunikative Doppelstruktur geschaffen hat – und im BMBF können Inhalte der Wire-Chats nach Belieben für privat erklärt werden.
Mit dieser Praxis entzieht das Haus der Öffentlichkeit zusätzlich wichtige Informationen. Es bleibt zu hoffen, dass jetzt die Gerichte in diesem Punkt für Aufklärung sorgen. Bettina Stark-Watzinger wird es vorerst nicht tun – sie ist im Urlaub.
In diesem Sinne eine aufschlussreiche Lektüre und ein erholsames Wochenende,
Ihre Nicola Kuhrt
Bettina Stark-Watzinger
BMBF
Fördergeld-Affäre
Analyse
Kleine Anfrage zur Fördermittel-Affäre: Bettina Stark-Watzinger sucht neuen Schuldigen
Bettina Stark-Watzinger: Das BMBF bleibt in seinen knappen Antworten dabei, dass die Ministerin nichts von den strittigen Prüfauftragen gewusst habe.
Die Unionsfraktion hatte sich mit den bisherigen Antworten von Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger zur Fördergeld-Affäre nicht zufriedengegeben. Am 11. Juli stellte sie im Rahmen einer Kleinen Anfrage einen umfangreichen Katalog mit 100 Fragen an die Bundesregierung. Am Freitag hat Staatssekretär Jens Brandenburg für das Forschungsministerium eine Rückmeldung geliefert, die Table.Briefings vorliegt. Die Antworten aus dem BMBF können die Fördermittel-Affäre nicht beenden – im Gegenteil.
Überblick: Diese Rückmeldung gibt das BMBF
Bei der Beantwortung Kleiner Anfragen wird zwischen Hausspitzen und Parteien gern ein wenig gespielt, ein beliebtes Mittel der befragten Ministerien: Möglichst knapp antworten und mehrere Fragen gemeinsam beantworten. Wenn es also danach geht, ist diese Antwort meisterhaft knapp: 86 der 100 Fragen werden nicht einzeln und konkret beantwortet, sondern in kleineren oder größeren Blöcken.
Ein Beispiel? In der KA wird in den Fragen 4 bis 8 danach gefragt, wie das Ministerium arbeitet und wie Arbeitsaufträge erteilt werden – mit Blick darauf, ob Bettina Stark-Watzinger dazu mit anderen Mitarbeitenden der Leitungsebene im Austausch stand. Darauf antwortet das BMBF kurz und knapp: “Eine Verpflichtung zur Erfassung sämtlicher geführter Gespräche bzw. deren Ergebnisse – einschließlich Telefonate und elektronischer Kommunikation – besteht nicht und eine solche umfassende Dokumentation wurde auch nicht durchgeführt”. Erneut also keine Transparenz.
Thomas Jarzombek, forschungspolitischer Sprecher der CDU, zeigt sich entsetzt über die Reaktion auf die Kleine Anfrage. Die Antworten seien “inakzeptabel” und widersprüchlich, sie “decken sich nicht mit der Aktenlage und den Aussagen der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger im Ausschuss.”
CDU: Antworten des BMBF sind “inakzeptabel” und widersprüchlich
Die CDU hatte die Kleine Anfrage eingereicht, weil die Mehrheit der Fragen auch nach dem Auftritt von Bettina Stark-Watzinger im Forschungsausschuss immer noch unbeantwortet sei, sagt Jarzombek. Im Kern gehe es der CDU darum herauszufinden, ob die Ministerin womöglich doch früher als bisher behauptet von dem internen Prüfauftrag wusste, in dem es um straf- und förderrechtliche Konsequenzen für die Unterzeichner des offenen Briefs geht.
Zu diesem Punkt gibt es mehrere Äußerungen der Ministerin. Am 16. Juni verweist Bettina Stark-Watzinger in einer Pressemitteilung – in dieser ging es um Prüfauftrage, die am 13. Mai erteilt wurden, – dass diese Aufträge Sabine Döring zu verantworten habe. Am 17. Juni bekräftigt sie in der Bundespressekonferenz: “Ich habe den betreffenden Auftrag, förderrechtliche Konsequenzen prüfen zu lassen, nicht erteilt und auch nicht gewollt.”
Und am 26. Juni erklärte die Ministerin bei der Befragung im Forschungsausschuss, dass es noch eine Liste gab, aber nur zur internen Vorbereitung für mögliche Presseanfragen. Einen Tag zuvor war damals bekannt geworden, dass es doch schon vor dem 13. Mai einen Prüfauftrag gegeben hat – und zwar bereits am 10. Mai:
“Um auf Nachfragen der Presse vorbereitet zu sein, wurde in meinem Ministerium auf Fachebene eine Übersicht erstellt, welche Unterzeichner des offenen Briefes in einer Verbindung zum BMBF stehen. Diese Übersicht wurde mir nicht vorgelegt und auch nicht an Dritte übermittelt. Die Übersicht verblieb auf Fachebene. Sie wurde mir erst nach dem Panorama-Bericht am 11. Juni 2024 bekannt.”
Und genau zu diesen Darstellungen sieht die Union in den jetzt vorliegenden Antworten einen Widerspruch.
Auszug aus der Antwort des BMBF auf die Kleine Anfrage der CDU: Wer hat welchen Prüfauftrag erteilt.
Für die Auflistung der Wissenschaftler werde nun alleinig der Abteilungsleiter der Hochschulabteilung verantwortlich gemacht. “Die Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen solle bereits am 13. Mai angehalten worden sein – und die Pressestelle solle damit entgegen vorherigen Statements nichts mehr zu tun haben”, wundert sich Thomas Jarzombek. “Die Geschichte ist unglaubwürdig. Warum wird sie uns von der Ministerin aufgetischt?”
Auszug aus der Antwort des BMBF an die CDU: Ziemlich vertrakt, was das BMBF hier der CDU antwortet.
Tatsächlich geht aus den internen Mails, die auch Table.Briefings vorliegen, hervor, dass an den Tagen nach dem 13. Mai eine Prüfliste weiterhin besprochen wurde – und sie in den Mails im Zusammenhang mit förderrechtlichen Konsequenzen steht.
Thomas Jarzombek fordert Bettina Stark-Watzinger und auch Jens Brandenburg als Verfasser der Antwort auf die Kleine Anfrage auf, endlich “Aufklärung zu den schriftlich vorgelegten und im Ausschuss vorgetragenen Widersprüchen zu leisten.” Er überlege, ebenfalls vor ein Verwaltungsgericht zu ziehen, schreibt Tagesschau.de.
Koalitionspartner kritisieren die Vorgänge im BMBF
Der Kritik an den Vorgängen im BMBF hatten sich zuletzt auch die Grünen und die SPDangeschlossen. “Für die SPD gilt seit Beginn der Diskussion um Förderentscheidungen im BMBF, dass alle offenen Fragen schnell und transparent beantwortet werden müssen. Das gilt auch für die in Rede stehenden Fragen zu dem vermeintlichen Chat auf Leitungsebene”, sagte Oliver Kaczmarek am Dienstag gegenüber Table.Briefings. Die politische Verantwortung für die schnelle Aufklärung habe die Ministerin, erklärt der Obmann des Forschungsausschusses.
Kai Gehring von den Grünen schloss sich an: “Wir haben stets betont, dass es eine transparente, vollumfängliche Aufarbeitung des Sachverhalts braucht, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen”, sagt der Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Den Weg der Aufklärung müsse das BMBF glaubwürdig fortsetzen, um noch offene Fragen zu beantworten. “Wissenschaftsfreiheit ist kein Nice-to-have, sondern grundgesetzlich garantiertes Fundament und Voraussetzung für unser Forschungssystem.”
+++ Research.Spezial +++ Fördermittel-Affäre: Was das BMBF auf die Unions-Anfrage antwortet
Liebe Leserin, lieber Leser,
mit vielen Worten nichts (oder wenig) sagen: das Bundesforschungsministerium hat diese Praxis, jedenfalls wenn es um die Fördemittel-Affäre geht, perfektioniert. Am heutigen Freitag sendete das Haus seine Antwort auf die Kleine Anfrage der CDU. 86 der 100 Fragen wurden im Zusammenhang beantwortet – Sie ahnen, was das bedeutet.
Nach unzähligen ausweichenden Antworten nicht nur gegenüber Journalisten, sondern auch gegenüber Politikern des Forschungsausschusses und im Parlament des Deutschen Bundestags; der Ablehnung der Veröffentlichung der “Wire”-Chats und dem strikten Verbot gegenüber der entlassenen Staatssekretärin Sabine Döring, sich öffentlich erklären zu dürfen, ist das Schweigen nicht verwunderlich.
Wer aber die Antwort auf die Kleine Anfrage liest, bekommt zusätzlich den Eindruck, im BMBF weiß die eine Abteilung nicht, was die andere tut – und schon gar nicht, wer wann welchen Auftrag erteilt. Bettina Stark-Watzinger hat in ihrem Haus offenbar eine kommunikative Doppelstruktur geschaffen hat – und im BMBF können Inhalte der Wire-Chats nach Belieben für privat erklärt werden.
Mit dieser Praxis entzieht das Haus der Öffentlichkeit zusätzlich wichtige Informationen. Es bleibt zu hoffen, dass jetzt die Gerichte in diesem Punkt für Aufklärung sorgen. Bettina Stark-Watzinger wird es vorerst nicht tun – sie ist im Urlaub.
In diesem Sinne eine aufschlussreiche Lektüre und ein erholsames Wochenende,
Ihre Nicola Kuhrt
Bettina Stark-Watzinger
BMBF
Fördergeld-Affäre
Analyse
Kleine Anfrage zur Fördermittel-Affäre: Bettina Stark-Watzinger sucht neuen Schuldigen
Bettina Stark-Watzinger: Das BMBF bleibt in seinen knappen Antworten dabei, dass die Ministerin nichts von den strittigen Prüfauftragen gewusst habe.
Die Unionsfraktion hatte sich mit den bisherigen Antworten von Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger zur Fördergeld-Affäre nicht zufriedengegeben. Am 11. Juli stellte sie im Rahmen einer Kleinen Anfrage einen umfangreichen Katalog mit 100 Fragen an die Bundesregierung. Am Freitag hat Staatssekretär Jens Brandenburg für das Forschungsministerium eine Rückmeldung geliefert, die Table.Briefings vorliegt. Die Antworten aus dem BMBF können die Fördermittel-Affäre nicht beenden – im Gegenteil.
Überblick: Diese Rückmeldung gibt das BMBF
Bei der Beantwortung Kleiner Anfragen wird zwischen Hausspitzen und Parteien gern ein wenig gespielt, ein beliebtes Mittel der befragten Ministerien: Möglichst knapp antworten und mehrere Fragen gemeinsam beantworten. Wenn es also danach geht, ist diese Antwort meisterhaft knapp: 86 der 100 Fragen werden nicht einzeln und konkret beantwortet, sondern in kleineren oder größeren Blöcken.
Ein Beispiel? In der KA wird in den Fragen 4 bis 8 danach gefragt, wie das Ministerium arbeitet und wie Arbeitsaufträge erteilt werden – mit Blick darauf, ob Bettina Stark-Watzinger dazu mit anderen Mitarbeitenden der Leitungsebene im Austausch stand. Darauf antwortet das BMBF kurz und knapp: “Eine Verpflichtung zur Erfassung sämtlicher geführter Gespräche bzw. deren Ergebnisse – einschließlich Telefonate und elektronischer Kommunikation – besteht nicht und eine solche umfassende Dokumentation wurde auch nicht durchgeführt”. Erneut also keine Transparenz.
Thomas Jarzombek, forschungspolitischer Sprecher der CDU, zeigt sich entsetzt über die Reaktion auf die Kleine Anfrage. Die Antworten seien “inakzeptabel” und widersprüchlich, sie “decken sich nicht mit der Aktenlage und den Aussagen der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger im Ausschuss.”
CDU: Antworten des BMBF sind “inakzeptabel” und widersprüchlich
Die CDU hatte die Kleine Anfrage eingereicht, weil die Mehrheit der Fragen auch nach dem Auftritt von Bettina Stark-Watzinger im Forschungsausschuss immer noch unbeantwortet sei, sagt Jarzombek. Im Kern gehe es der CDU darum herauszufinden, ob die Ministerin womöglich doch früher als bisher behauptet von dem internen Prüfauftrag wusste, in dem es um straf- und förderrechtliche Konsequenzen für die Unterzeichner des offenen Briefs geht.
Zu diesem Punkt gibt es mehrere Äußerungen der Ministerin. Am 16. Juni verweist Bettina Stark-Watzinger in einer Pressemitteilung – in dieser ging es um Prüfauftrage, die am 13. Mai erteilt wurden, – dass diese Aufträge Sabine Döring zu verantworten habe. Am 17. Juni bekräftigt sie in der Bundespressekonferenz: “Ich habe den betreffenden Auftrag, förderrechtliche Konsequenzen prüfen zu lassen, nicht erteilt und auch nicht gewollt.”
Und am 26. Juni erklärte die Ministerin bei der Befragung im Forschungsausschuss, dass es noch eine Liste gab, aber nur zur internen Vorbereitung für mögliche Presseanfragen. Einen Tag zuvor war damals bekannt geworden, dass es doch schon vor dem 13. Mai einen Prüfauftrag gegeben hat – und zwar bereits am 10. Mai:
“Um auf Nachfragen der Presse vorbereitet zu sein, wurde in meinem Ministerium auf Fachebene eine Übersicht erstellt, welche Unterzeichner des offenen Briefes in einer Verbindung zum BMBF stehen. Diese Übersicht wurde mir nicht vorgelegt und auch nicht an Dritte übermittelt. Die Übersicht verblieb auf Fachebene. Sie wurde mir erst nach dem Panorama-Bericht am 11. Juni 2024 bekannt.”
Und genau zu diesen Darstellungen sieht die Union in den jetzt vorliegenden Antworten einen Widerspruch.
Auszug aus der Antwort des BMBF auf die Kleine Anfrage der CDU: Wer hat welchen Prüfauftrag erteilt.
Für die Auflistung der Wissenschaftler werde nun alleinig der Abteilungsleiter der Hochschulabteilung verantwortlich gemacht. “Die Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen solle bereits am 13. Mai angehalten worden sein – und die Pressestelle solle damit entgegen vorherigen Statements nichts mehr zu tun haben”, wundert sich Thomas Jarzombek. “Die Geschichte ist unglaubwürdig. Warum wird sie uns von der Ministerin aufgetischt?”
Auszug aus der Antwort des BMBF an die CDU: Ziemlich vertrakt, was das BMBF hier der CDU antwortet.
Tatsächlich geht aus den internen Mails, die auch Table.Briefings vorliegen, hervor, dass an den Tagen nach dem 13. Mai eine Prüfliste weiterhin besprochen wurde – und sie in den Mails im Zusammenhang mit förderrechtlichen Konsequenzen steht.
Thomas Jarzombek fordert Bettina Stark-Watzinger und auch Jens Brandenburg als Verfasser der Antwort auf die Kleine Anfrage auf, endlich “Aufklärung zu den schriftlich vorgelegten und im Ausschuss vorgetragenen Widersprüchen zu leisten.” Er überlege, ebenfalls vor ein Verwaltungsgericht zu ziehen, schreibt Tagesschau.de.
Koalitionspartner kritisieren die Vorgänge im BMBF
Der Kritik an den Vorgängen im BMBF hatten sich zuletzt auch die Grünen und die SPDangeschlossen. “Für die SPD gilt seit Beginn der Diskussion um Förderentscheidungen im BMBF, dass alle offenen Fragen schnell und transparent beantwortet werden müssen. Das gilt auch für die in Rede stehenden Fragen zu dem vermeintlichen Chat auf Leitungsebene”, sagte Oliver Kaczmarek am Dienstag gegenüber Table.Briefings. Die politische Verantwortung für die schnelle Aufklärung habe die Ministerin, erklärt der Obmann des Forschungsausschusses.
Kai Gehring von den Grünen schloss sich an: “Wir haben stets betont, dass es eine transparente, vollumfängliche Aufarbeitung des Sachverhalts braucht, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen”, sagt der Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Den Weg der Aufklärung müsse das BMBF glaubwürdig fortsetzen, um noch offene Fragen zu beantworten. “Wissenschaftsfreiheit ist kein Nice-to-have, sondern grundgesetzlich garantiertes Fundament und Voraussetzung für unser Forschungssystem.”