manche Probleme sind so groß und bestehen schon so lange, dass sich keiner so richtig traut, sie anzugehen. Der Sanierungsstau an Hochschulen ist so ein Fall. In den 1970er-Jahren wurden eifrig neue Universitäten und Fachhochschulen gebaut. Ihre Instandhaltung geriet jedoch zunehmend ins Hintertreffen. Das Resultat: Rund 40 Prozent der Hochschulgebäude in Deutschland sind älter als 25 Jahre und müssen modernisiert und energetisch auf den neuesten Stand gebracht werden.
Wenig förderlich war dabei auch die veränderte Zuständigkeit. Seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 ist Hochschulbau nicht mehr Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern. Doch die Länder sehen sich mit den enormen Kosten überfordert – schließlich belaufen sie sich mittlerweile auf 75 Milliarden Euro, wie Ulf Richter, Kanzler der Universität Siegen und Sprecher des Arbeitskreises Hochschulbau der Vereinigung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands im Gespräch mit Table.Briefings sagt.
Nun ist die Frage, wie sich das Problem lösen lässt. In einer Artikelserie wollen wir das Thema in den nächsten Wochen beleuchten und Ansätze vorstellen, den Hochschulbau voranzubringen. Denn mehr Tempo muss sein. Zurzeit sei die Geschwindigkeit des Sanierens oder Ersatzschaffens langsamer als die Geschwindigkeit des Verfalls, lautet das nüchterne Fazit Richters.
Im heutigen ersten Teil geht es darum, die energetische Ertüchtigung der Hochschulgebäude zu priorisieren. Das wäre auch angesichts der Klimaziele wichtig. In mehreren Bundesländern sollen die Verwaltungen Vorbilder sein und besonders schnell Klimaneutralität erreichen, teils bereits im Jahr 2030. Von den Vorgaben für die Verwaltungen sind auch viele öffentlich-rechtliche Hochschulen betroffen, konstatiert ein aktueller Report des HIS-Instituts für Hochschulentwicklung. Jede Menge Argumente also, das Problem endlich anzugehen.
Wir wünschen Ihnen eine erbauliche Lektüre und einen konstruktiven Tag,
Rund 40 Prozent der Hochschulgebäude in Deutschland sind älter als 25 Jahre und müssen modernisiert und energetisch auf den neuesten Stand gebracht werden. Doch das kostet: Etwa 74 Milliarden Euro müssten an deutschen Hochschulen für Sanierung und Modernisierung investiert werden, schätzte das HIS-Institut für Hochschulentwicklung (HIS-HE) vor knapp einem Jahr.
Inzwischen dürften es 75 Milliarden Euro sein, sagt Ulf Richter, Kanzler der Universität Siegen und Sprecher des Arbeitskreises Hochschulbau der Vereinigung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands. Denn: “Die Geschwindigkeit des Sanierens oder Ersatzschaffens ist langsamer als die Geschwindigkeit des Verfalls.”
Vor knapp einem Jahr plädierten verschiedene Akteure in Gesprächen mit Table.Briefings dafür, den Bund zur Finanzierung mit ins Boot zu holen. Angesichts der Haushaltslage und der Restriktionen der Schuldenbremse ist jedoch kein solcher Befreiungsschlag in Sicht. Das Problem ist demnach schrittweise anzugehen. In einer Artikelserie stellt Table.Briefings die wichtigsten Ansätze vor. Zum Auftakt geht es um die dringliche Aufgabe der energetischen Ertüchtigung.
Allein mit mehr Energieeffizienz wäre viel erreicht: “Von den rund 75 Milliarden Euro betreffen 22 bis 25 Milliarden Euro die Gebäudetechnik und energetische Sanierung”, sagt Richter. In diese Maßnahmen zu investieren sei wirtschaftlich sinnvoll und noch dazu ein Beitrag der öffentlichen Hand zum Erreichen der Klimaziele. Die Planungen dafür müssten jedoch schleunigst beginnen.
Die Zeit drängt, weil in mehreren Bundesländern die Verwaltungen Vorbilder sein und besonders schnell klimaneutral sein sollen, teils bereits im Jahr 2030. Zum Vergleich: Die EU strebt Treibhausgasneutralität bis 2050 an, die Bundesregierung bis 2045, einige Bundesländer bereits bis 2038 oder 2040.
In welchen Bundesländern die Vorgaben für die Verwaltungen auch für die öffentlich-rechtlichen Hochschulen gelten, hat das HIS-HE für den am gestrigen Montag veröffentlichten Bericht “Bilanzierung, Reduktion und Kompensation von Treibhausgasemissionen an Hochschulen” anhand der jeweiligen Landesklimaschutzgesetze überprüft (siehe Karte).
“Aktuell sind in Deutschland 145 von 271 öffentlich-rechtlichen Hochschulen in eine für die Landesverwaltung spezifischen, gesetzlich verankerten Vorgabe zur Treibhausgasneutralität eingeschlossen”, sagt Philipp Nußbaum, der sich bei HIS-HE im Geschäftsbereich Hochschulinfrastruktur mit den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz befasst. 113 Hochschulen sollen demnach bereits 2030 treibhausgasneutral sein. Für die nicht in die Vorgaben für Landesverwaltungen eingeschlossenen Hochschulen gelte das Zieljahr des Bundeslandes insgesamt oder, in Abwesenheit eines Landesklimaschutzgesetzes, die Vorgabe des Bundes: 2045. “In den nächsten Jahren muss also viel passieren.”
Formal betrachtet sind die Bundesländer gefragt. Seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 ist Hochschulbau nicht mehr Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern. Doch die Länder sehen sich mit den enormen Kosten überfordert. Im Juni 2023 ersuchte eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Kultusministerkonferenz (KMK) für die klimagerechte Sanierung der staatlichen Hochschulen “zweckgebundene und befristete finanzielle Unterstützung durch den Bund”. Der Bund solle die Länder 15 Jahre mit jährlich 1,5 Milliarden Euro bei der klimagerechten Sanierung der Hochschulen unterstützen. Der Vorschlag liegt weiterhin auf dem Tisch, aufgegriffen wurde er bisher aber nicht.
Immerhin gibt es auch Bundespolitiker, die ihn befürworten. Kai Gehring (Grüne) etwa, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Der Hochschulbau sei zwar Aufgabe der Länder, sagt er auf Anfrage von Table.Briefings. Diese sollten die Daueraufgabe Hochschulbau ernster nehmen als bisher. “Aber der Sanierungsstau ist so massiv, dass es ein Bund-Länder-Programm zur klimagerechten Modernisierung der Hochschulen braucht.” Marode Hochschulgebäude mit immensem Energieverbrauch seien eine Hypothek für kommende Generationen. “Die bauliche Substanz von Hochschulen bröckelt, weshalb das Thema dringend auf die Agenda von GWK und MPK kommen muss.”
Sein Vorschlag: eine gemeinsame “Innovationsinitiative klimagerechter Campus”. Sie könne die vielfältigen bereits bestehenden Initiativen an den Hochschulen unterstützen und Anreize für die klimagerechte Sanierung setzen. “Hochschulen könnten auf diese Weise zu Reallaboren und Vorreitern für Klimagerechtigkeit werden”, sagt Gehring. Beim Sanierungsstau an Hochschulen gehe es sowohl um zukünftigen Wohlstand als auch um das Erreichen der Klimaziele im öffentlichen Sektor.
Das Emissionsminderungspotenzial ist beträchtlich. Auf den Bau und Betrieb von Gebäuden entfallen bis zu 40 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland, und die Hochschulen stehen für den Großteil des Energieverbrauchs der Landesliegenschaften. In Nordrhein-Westfalen machen sie zum Beispiel 60 Prozent des Landesflächenvermögens aus, sagt Richter. Der Siegener Kanzler argumentiert aber auch mit der Wirtschaftlichkeit und rechnet vor:
“Wären wir Wirtschaftsunternehmen, dann wäre es superklug, in diesen Bereich zu investieren”, sagt Richter. Aber die Summen seien so groß, dass das nicht einfach aus den Hochschulhaushalten geleistet werden könne. Durch Schuldenbremse und Haushaltsrestriktionen sei man derzeit wie in einer Falle. Richter wünscht sich, dass entweder der Staat die Aufgabe endlich angeht oder dass er sie auf die Verantwortlichen an den Hochschulen überträgt und sie zum Beispiel dazu ermächtigt, Kredite aufzunehmen. “Dass es wirtschaftlich ist und sich schnell amortisiert, ist mehrfach belegt worden.”
Auf der Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands an der Bauhaus-Universität in Weimar vom 19. bis 21. September 2024 soll das Thema ganz oben auf die Tagesordnung. Das Motto des Treffens: “Hochschulbau trotz(t) Krisen”.
In Teil 2 der Table.Briefings-Serie zum Thema Hochschulbau lesen Sie über neue Planungs- und Finanzierungsmodelle beim Bauen.
Im Umgang mit propalästinensischen Protesten an Hochschulen ist eine heftige Debatte darüber entstanden, wann und wie Besetzungen und Demonstrationen auf einem Campus aufgelöst werden können und sollen – und vor allem: durch wen. Nur durch die Hochschulleitung oder irgendwann dann doch durch Politik und Polizei?
Entzündet hat sich die neuerliche Diskussion nach teils heftigen Protesten an der Humboldt-Universität (HU) in Berlin am vergangenen Donnerstag. Letztlich räumte die Polizei Räume und Wege. HU-Präsidentin Julia von Blumenthal hatte zuvor mit den Studierenden, die friedlich demonstrierten, gesprochen und versucht, im Dialog eine Eskalation zu vermeiden. Parallel hatte es vor und in anderen Bereichen der Universität weniger friedliche Aktionen gegeben, Wände wurden offenbar mit umstrittenen Symbolen versehen, bedenkliche Parolen skandiert. Von Blumenthal hatte nach erfolgter Räumung durch die Polizei in verschiedenen Medien erklärt, Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hätte auf die Räumung gedrängt. Von Blumenthal sagte, sie bedauere, dass es nicht gelungen sei, im Dialog mit einer verbleibenden Gruppe von rund 50 Demonstranten am Ende so etwas wie eine Verständigung zu erreichen. Sie sei nicht sicher, ob dies gelungen wäre. “Es kam dann die Anweisung von ganz oben, die Besetzung zu beenden”, zitierte Tagesschau.de die Präsidentin. Dieser Anweisung habe sie Folge geleistet.
“Die Mitglieder der HRK haben jüngst erneut öffentlich betont, dass sich die Hochschulen als Orte der offenen Diskussion und des Dialoges verstehen und die Verantwortung wahrnehmen, umfassend und wo immer möglich einen akademischen Diskursraum bereitzustellen”, erklärt zu den jüngsten Ereignissen Walter Rosenthal, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Zugleich haben die HRK-Mitglieder festgehalten, dass die Hochschulen mit den Mitteln des Hausrechts und, wo nötig, des Strafrechts reagieren, wenn die Grundsätze eines gewaltfreien Dialogs missachtet werden. Die Umsetzung dieser Grundsätze vor Ort an den Hochschulen ist eine immense Herausforderung, sagt Rosenthal.
Er erwarte, dass den Menschen, “die sich dieser Verantwortung engagiert stellen und in diesen Zeiten Präsenz zeigen”, der entsprechende gesellschaftliche Respekt entgegengebracht und der Ermessensspielraum der Hochschulen respektiert wird, insbesondere wenn sie um Deeskalation bemüht sind. “Nicht hilfreich sind in diesem Kontext medial oder direkt vorgetragene reflexartige Angriffe, unerbetene Ratschläge, unzulässige Vereinfachungen und einseitige Zuspitzungen.”
Wer nun die Räumung an der HU Berlin letztlich angewiesen hat, bleibt offen. Die Berliner Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra hatte zu den Vorfällen an der HU bereits am Freitag erklärt, dass sich “Land und die Unileitung gemeinsam darauf verständigt haben”, dass die Universitätsleitung die Besetzung beendet und die Demonstranten aufgefordert werden, das besetzte Institut zu verlassen. An der Entscheidung hatte es in der Wissenschaftscommunity direkte Kritik gegeben, auch von TU Berlin-Präsidentin Geraldine Rauch. Sie wertete die Aktion in der “taz” als “mangelndes Vertrauen in die Hochschulleitungen”.
Gegenüber Table.Briefings unterstreicht eine Sprecherin von Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra, “die Beendigung der Besetzung nach Ablauf der Frist war richtig”. Generell würden “Situation an den Hochschulen und die antisemitischen Protestaktionen auf verschiedenen Ebenen besprochen”, in erster Linie mit der Wissenschaftssenatorin, dem zuständigen Staatssekretär und den Hochschulpräsident:innen sowie auf entsprechender Arbeitsebene.
Aufgrund der brisanten Thematik gebe es darüber hinaus aber auch Gespräche unter anderem mit der Innenverwaltung, innerhalb des Senats und auch mit dem Regierenden Bürgermeister. “Im Übrigen ist es selbstverständliches Vorgehen, sich regelmäßig mit dem Ministerpräsidenten eines Landes auszutauschen.”
Die Räumung sei erfolgt, weil zum einen die vorgegebene Frist abgelaufen war und zum anderen, weil es im Laufe der Besetzung zu antisemitischer Hetze, Volksverhetzung und zu Sachbeschädigungen gekommen sei, erklärte die Sprecherin hinsichtlich des Vorwurfs des mangelnden Vertrauens. Die Wissenschaftssenatorin stehe seit vielen Monaten in regelmäßigem Kontakt mit den Hochschulen, die Absprachen und getroffenen Maßnahmen werden permanent an die aktuelle Situation angepasst. “Vor dem Hintergrund der HU-Besetzung und zu befürchtender weiterer Besetzungen wird es zeitnah eine erneute Rücksprache zwischen der Senatswissenschaftsverwaltung und den Hochschulen geben.”
Der Vorfall an der Humboldt-Universität untermauere, dass bei Besetzungen und ähnlich aggressiven Protestformen ein konsequentes Handeln angezeigt sei, um Sachwerte sowie insbesondere den Universitätsbetrieb zu schützen, erklärt der Verwaltungsrechtler Markus Ogorek von der Universität Köln. “Ich kann nachvollziehen, dass die Präsidentin den Versuch des Dialogs unternehmen wollte, nachdem kurz zuvor eine unmittelbare Räumung an der Freien Universität für große Polarisierung gesorgt hatte.” Es sei aber schnell klar gewesen, “dass dieses Unterfangen zum Scheitern verurteilt war”, wie es die Präsidentin der Humboldt-Universität später auch eingeräumt habe. “Richtig ist auch, dass sie jedenfalls jetzt Strafanzeigen erstatten will, denn als Leitungsperson kommt ihr eine Vermögensbetreuungspflicht zu, die im Bereich der zahllosen Sachbeschädigungen nur dann erfolgversprechend durchgesetzt werden kann, wenn über die Strafverfolgungsbehörden entsprechende Personendaten von Verdächtigen zur Verfügung gestellt werden.”
Ogorek hatte in der vergangenen Woche im Interview mit Table.Briefings zur Frage der Möglichkeiten staatlicher Einflussnahme erklärt, dass Landesminister grundsätzlich nicht anweisen können, Demonstrationen oder Protestcamps aufzulösen. Hochschulen hätten zunächst das Recht zur eigenen Organisation. “Sie unterliegen nicht der Fach-, sondern einer bloßen Rechtsaufsicht des jeweiligen Landes.” Vorstellbar sei eine ministerielle Weisung vor diesem Hintergrund nur, wenn der Universität kein eigenes Ermessen mehr bleibe. Aus seiner Sicht spricht einiges dagegen, dass es an der HU eine formelle Weisung gab. “Eine solche kann immer nur ultima ratio sein und wird durch die Landes-Wissenschaftsministerien äußerst zurückhaltend eingesetzt.” Stattdessen sei in der Regel der, “gegebenenfalls im Ton sehr deutliche Dialog” das Mittel der Wahl.
Seit August 2023 leitet Astrid Lambrecht als erste weibliche Vorstandsvorsitzende das Forschungszentrum Jülich (FZJ). Wissenschaftlich sieht sie das FZJ, das in den drei großen Themen Information, Energie und Bioökonomie forscht, sehr gut aufgestellt. Sie will die strategische wissenschaftliche Ausrichtung weiter schärfen und einen stärkeren Fokus auf Weiterentwicklung und Modernisierung setzen. Dabei hofft sie durchaus, wieder einen Nobelpreis nach Jülich zu holen, nachdem zuletzt Peter Grünberg diesen Preis für die Entdeckung des GMR-Effekts gewonnen hatte, das war 2007:
“Unbedingt! Ich finde das sehr wichtig. Wir arbeiten im gesamten Spektrum von Grundlagenforschung bis hin zu angewandter Forschung. Eigentlich mag ich diese Trennung nicht. In Frankreich ist sie weniger ausgeprägt als in Deutschland. In der Forschung inspirieren sich beide Bereiche immer wieder. Dabei ist die Grundlagenforschung für mich der Nährboden, auf dem Innovationen und Chancen entstehen. Ohne sie geht es nicht. Aber wenn es dann technologische Entwicklungen gibt, führt dies zu neuen grundlegenden Fragen, mit denen sich die Forschenden wieder beschäftigen. Das Beispiel von Peter Grünberg, zeigt genau, wie fruchtbar dieses Wechselspiel sein kann. Diese innovativen, freien und kreativen Prozesse werde ich weiterbefördern.”
Astrid Lambrecht hat lange in Frankreich geforscht und gearbeitet. Sie erlebt das deutsche Wissenschaftssystem als “stark und gut aufgesetzt, weil die Missionen zwischen den großen Forschungseinrichtungen, also Helmholtz, Max Planck oder Fraunhofer, sehr gut verteilt sind” Aber: einige Unterschiede fallen ihr doch auf:
“Jetzt, wo ich mehr im deutschen System arbeite, sehe ich allerdings, dass die Aufgabenverteilung manchmal doch nicht so klar funktioniert. Ich weiß nicht, ob das eine gute Entwicklung ist.”
Astrid Lambrecht denkt, dass es gut wäre, “wieder ein bisschen mehr Klarheit zu schaffen.” Die flachen Hierarchien, wie sie diese in Frankreich erlebt hat, bewertet Lambrecht als sehr positiv. “Forschung funktioniert eindeutig besser mit weniger Hierarchien.”
Was Lambrecht auch auffällt: “Andere Länder haben tatsächlich deutlich längere Erfahrung mit Frauen in Führungspositionen, auch in den MINT-Fächern.” Das merke man an der einen oder anderen Stelle schon noch. “Hier wird des Öfteren noch als besonders empfunden, was in anderen Ländern längst gang und gäbe ist. Diese Normalität sehe ich hierzulande noch nicht.” Aber “wir arbeiten mit vielen Frauen jetzt intensiv daran, sie herzustellen. Wir sind noch in einer Übergangsphase.”
Aktuell ein sehr wichtiges Thema ist für Lambrecht die Entwicklung der künstlichen Intelligenz, KI sei ein starker Motor für Veränderung, nicht nur in der Wissenschaft, sondern für alle Bereiche in der Gesellschaft. In Jülich arbeite man bereits seit über zehn Jahren mit und zu künstlicher Intelligenz. Das FZJ betreibt mit Juwels einen der leistungsstärksten Rechner in Europa und stellt mit Juniq die erste europäische Infrastrukturfür Quanten-Computing zur Verfügung. Supercomputer Jupiter soll als erster Rechner in Europa die Grenze von einer Trillion Rechenoperationen pro Sekunde – einer “1” mit 18 Nullen – durchbrechen. Die enorme Rechenleistung soll dazu beitragen, die Grenzen wissenschaftlicher Simulationen zu erweitern.
Der Plan ist, dass damit die großen KI-Modelle nicht nur in Deutschland, sondern auch europaweit trainiert werden können. Damit wird “Jupiter” einer der leistungsstärksten KI-Rechner weltweit sein.
In welchem Netzwerk der Supercomputer aufgebaut wird, welche Pläne Astrid Lambrecht für mehr Transfer in der Wissenschaft hat und wie sie über Kooperationen mit China denkt, lesen Sie in der Langfassung des Interviews.
28. Mai 2024, 18:00-20:00 Uhr, Hans-Böckler-Haus, Keithstraße 1, 10787 Berlin, Ingeborg-Tönnesen-Saal und online
Veranstaltungsreihe über Grundfinanzierung statt Projektwettbewerb, u.a. von GEW und NGAWiss “Projektfinanzierung und/oder Wissenschaftsfreiheit?” Mehr
29. Mai 2024, 13:00-13:30 Uhr, online
Digitaler Lunch Talk der HTWG Konstanz Ethik in der Unternehmensfühung Mehr
30. Mai 2024, 19:00 Uhr, BBAW, Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Leibniz-Saal, Markgrafenstraße 38, 10117 Berlin
Gedenkveranstaltung Würdigung der Person und des Wirkens von Gert G. Wagner für Wissenschaft, Dateninfrastruktur, Politikberatung und Wissenstransfer – Evidence Based Policy Mehr
3. Juni 2024, 18:00 bis 19:45 Uhr, Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale)
Dialogveranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) Europas Populisten im Aufwind: Ökonomische Ursachen und demokratische Herausforderungen Mehr
5. bis 7. Juni 2024, Berlin und online
Veranstaltung zur (digitalen) Zukunft der akademischen Bildung. University Future Festival: “Tales of Tomorrow” Mehr
7. Juni 2024, 9:30 bis 18:00 Uhr, Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund, Luisenstraße 18, 10117 Berlin
Workshop der Leopoldina Überregulierung der Wissenschaft Mehr
15. Juni 2024, Konzerthaus Berlin am Gendarmenmarkt, 10117 Berlin
Leibniztag 2024 Festsitzung Mehr
Erst vor kurzem hatte der Forschungsausschuss einen von der Ampel-Koalition eingebrachten Antrag zur Stärkung der Wissenschaftskommunikation verabschiedet. Nun zeigt eine Anfrage der Unionsfraktionen, dass die dort enthaltenen Forderungen im BMBF kaum neue Aktivitäten hervorrufen.
Im Wesentlichen beschreibt das BMBF in seiner Antwort, die Table.Briefings vorliegt, die Fortführung der bereits in der vorangegangenen Legislatur begonnenen Projekte. Ein “Sonderprogramm Kompetenzaufbau”, wie es die Ampel-Forschungspolitiker fordern, wird seitens des Ministeriums nicht erwähnt. Man verweist auf bestehende Angebote beim Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik) und die neue Möglichkeit für Forschende, sich Weiterbildungen in der Wissenschaftskommunikation in BMBF-Forschungsprojekten fördern zu lassen. Zudem beschäftige sich eine Task Force der FactoryWisskomm mit dem Thema.
Auch im Bereich der Forschung zu Wissenschaftskommunikation werden keine neuen Initiativen angekündigt. Dass hier der Bedarf hoch wäre, zeigt die Förderquote bei der entsprechenden Förderrichtlinie aus dem Jahr 2022: Hier wurden lediglich elf von 138 eingereichten Forschungsanträgen gefördert – eine Quote von acht Prozent.
Dass der Bedarf an Förderung auch bei den “klassischen” Kommunikationsprojekten hoch ist, zeigen die Förderquoten in diesem Bereich. Bei knapp elf Prozent lag die Bewilligungsquote für Projekte in den Wissenschaftsjahren 2022 und 2023. Von insgesamt 326 eingereichten Anträgen wurden nur 35 gefördert. Außerhalb dieser Förderrichtlinie gibt es keine strukturierte Möglichkeit, neue Kommunikationsformate beim BMBF zur Förderung einzureichen.
Die Forderung des Antrags, einen “gut dotierten Preis für Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsjournalismus” einzuführen, sei in der Prüfung, schreibt das Ministerium. Allerdings greift auch hier vermutlich ein immer wiederkehrender Verweis auf den Haushalt 2025. Das Aufstellungsverfahren laufe derzeit, daher könne über die 2025 zur Verfügung stehenden Budgets noch keine Aussage getroffen werden.
Eine Quasi-Absage erteilt das BMBF einer Stiftung für den Wissenschaftsjournalismus, die im Koalitionsantrag ebenfalls erwähnt ist. Der Bundesrechnungshof sehe die Errichtung neuer Bundesstiftungen grundsätzlich äußerst kritisch, schreibt das Ministerium. Man wolle “auch alternative, geeignete Formen zur Unterstützung eines unabhängigen Wissenschaftsjournalismus” prüfen.
Die Union erkennt das Engagement des BMBF bei der Fortführung der bestehenden Initiativen an, vermisst jedoch neue Impulse. Damit werde die Ampel dem so wichtigen Thema der Wissenschaftskommunikation nicht gerecht, meint Katrin Staffler, Berichterstatterin der Unionsfraktion für Wissenschaftskommunikation. Ihr Kollege Thomas Jarzombek hofft, “dass sich Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger der Relevanz von guter Wissenschaftskommunikation für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt gewahr bleibt und sich in den Haushaltsverhandlungen engagiert dafür einsetzen wird”.
Der SPD-Berichterstatter für Wissenschaftskommunikation Holger Mann verweist darauf, dass der Antrag erst kürzlich vom Ausschuss angenommen und noch nicht vom Bundestag formal verabschiedet sei. Das BMBF bekomme mit dem Antrag nun den Auftrag, die Maßnahmen in Gänze umzusetzen. “Wir werden im Parlament um weitere finanzielle Spielräume kämpfen. Ich bleibe optimistisch, dass es uns noch in dieser Legislatur gelingt, die Bedingungen für die Wissenschaftskommunikation deutlich zu verbessern.” mw
Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Konzeptionierung, Gründung und den Betrieb des Dateninstituts ausgeschrieben. Bis zum 18. Juni können sich Konsortien bewerben. Sie sollen anschließend an einem wettbewerblichen Dialog teilnehmen. Mit der Auftragsbekanntmachung für Modul 3 beginne jetzt die “heiße Phase” der Gründung des Dateninstituts, sagt Anna Christmann, Beauftragte für Digitale Wirtschaft und Start-ups im BMWK, auf Anfrage von Table.Briefings.
Das Vergabeverfahren des wettbewerblichen Dialogs soll, laut Christmann, einen iterativen Aufbauprozess gemeinsam mit den Bietern ermöglichen. Die Verfahrensart ermöglicht es der Auftraggeberseite, mit mehreren Bietern Konzepte für ein Projekt zu erarbeiten. Die Bietergemeinschaft bekommt für die Arbeit eine Aufwandsentschädigung, die aber meist wesentlich geringer ist, als die Kosten für ein Beratungsunternehmen, dass zur Konzeptionierung herangezogen wird.
Über Transfermanager sei zudem sichergestellt, dass die Erkenntnisse aus den beiden bereits gestarteten Pilot Use-Cases im Bereich Energie und Post-Covid in die Konzeptionierung und den Aufbau des Dateninstituts einfließen, sagt Christmann. “Die Datenverfügbarkeit in Deutschland ist in vielen Bereichen unbefriedigend. Das Dateninstitut soll bei ganz konkreten Problemen helfen, wo Daten bisher unzureichend geteilt oder genutzt werden. Mit den ersten beiden bereits gestarteten Modulen soll die Datenbasis bei konkreten Herausforderungen im Energie- und Gesundheitsbereich verbessert werden.”
Vor rund einem Jahr hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags Mittel von zehn Millionen Euro jährlich (bis 2025) für das Projekt der Ampel-Koalition freigegeben. Grundlage für das Dateninstitut ist das Aufbaukonzept, das BMI und BMWK unter Einbindung des BMBF erstellt haben. Mit Blick auf das Forschungsdatengesetz (FDG), zu dem Staatssekretär Mario Brandenburg derzeit einen Referentenentwurf im Forschungsministerium erstellt, soll das Dateninstitut einen komplementären Charakter haben.
“Im Eckpunktepapier zum FDG ist als Ziel genannt, spezifisch den Datenzugang für die Forschung zu verbessern”, sagt Christmann. In Ergänzung dazu solle das Dateninstitut für Akteure aus allen Sektoren – Unternehmen, Zivilgesellschaft, Verwaltung und Politik sowie Wissenschaft – eine einheitliche Anlaufstelle bilden, um auf Basis eines verbesserten Datenzugangs konkrete Datenprojekte mit Gemeinwohlorientierung voranzutreiben. “Es wird auf den vorhandenen Initiativen zum besseren Nutzen oder Teilen von Daten aufsetzen und mit diesen partnerschaftlich zusammenarbeiten, sodass keine Doppelstrukturen aufgebaut werden.” tg
Der Entwurf des BMEL zur Änderung des Tierschutzgesetzes wurde nun vom Kabinett verabschiedet. Dieser betrifft auch die Regelungen zu Tierversuchen in der Forschung und hatte im Februar dieses Jahres für heftige Kritik aus der Forschungscommunity gesorgt. Grund dafür sind die vorgesehenen Verschärfungen der Strafmaße im Paragraf 17 des Gesetzentwurfs.
Durch die bisher bestehende Rechtsunsicherheit sehen sich viele Wissenschaftler in Zukunft von Geld- und Gefängnisstrafen bedroht. Denn: In einigen Bereichen gibt es keine klaren und rechtssicheren Regelungen. Das gilt vor allem bei der Tötung von sogenannten überschüssigen Tieren. Hier sehen Tierschützer den “vernünftigen Grund” für eine Tötung nicht vorliegen und hatten bereits mehrfach Anzeige gegen wissenschaftliche Einrichtungen erstattet.
Die Wertung, ob die Tötung eines Tieres im Einzelfall von einem “vernünftigen Grund” gedeckt ist, ändert sich auch künftig nicht, schreibt das BMEL auf Anfrage von Table.Briefings. Nach der Kritik habe man Gespräche auf verschiedenen Ebenen unter anderem mit Vertreterinnen und Vertretern der DFG, der HRK, der Leibniz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft und der Leopoldina geführt. Mit einer Begründung zum § 17 des Tierschutzgesetzes werde nun klargestellt, dass die Änderungen ganz allgemein auf Verstöße gegen das Tierschutzgesetz abzielten und nicht speziell auf den Bereich Tierversuche gerichtet seien.
Zudem sei eine Konkretisierung der Tierschutz-Versuchstierverordnung geplant, mit der mehr Rechtssicherheit für die Forschenden geschaffen werden soll. Mit Blick auf den Verfahrensstand sei es jedoch derzeit noch nicht möglich, über inhaltliche Details Auskunft zu erteilen. mw
Wer sich mit Michael Hoch, dem Rektor der Universität Bonn, zum Videocall verabredet und aufmerksam ist, der erkennt über seiner linken Schulter vielleicht das Bild einer Fruchtfliege. Für den Büroschmuck gibt es wahrscheinlich einen guten Grund: Hoch ist Entwicklungsbiologe, und Fruchtfliegen sind ein beliebtes Studienobjekt für Genetiker.
Im Gespräch mit dem 62-Jährigen wird dann aber schnell klar, dass der Wissenschaftler alle potenziellen Analysen des Fliegenerbguts längst gegen etwas ganz anderes ausgetauscht hat: “Ich habe meine wissenschaftliche Tätigkeit eingetauscht gegen die Möglichkeit, Menschen aus anderen Fachdisziplinen zu begegnen und im Gespräch mit ihnen herauszufinden, was sie umtreibt.” Zoom oder Nicht-Zoom – wenn Hoch über seine Arbeit spricht, hört man die Begeisterung in seiner Stimme. Seine Tätigkeit als Rektor der Universität Bonn habe seine “Perspektive auf die Vielfalt in der Wissenschaft verbreitert”, das sei ein “großer Zugewinn”.
Der gebürtige Singener studierte Biologie in Heidelberg. Nach seiner Promotion an der LMU München folgten Stationen am Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen und die Habilitation an der TU Braunschweig. Direkt danach kam die Professur für Molekulare Entwicklungsbiologie in Bonn. “Das war für mich damals eine großartige Chance, als Nachwuchsgruppenleiter vom Max-Planck-Institut auf eine C4-Professur in Bonn zu wechseln”, erinnert sich Hoch.
Als er 2015 dann sein Amt als Rektor antrat, stellte er sich die Frage, wie eine 200 Jahre alte, in sieben Fakultäten aufgeteilte Universität disziplin- und fakultätsübergreifend wissenschaftliche Fragestellungen der Zukunft adressieren könne. Die Antwort auf diese Frage lag für Hoch in der Schaffung “transdisziplinärer Forschungsbereiche”: Den Blick über den Tellerrand machte er zum Forschungsprinzip. “Sehr viele der großen wissenschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen müssen disziplinübergreifend erforscht werden”, erklärt Hoch. Deswegen hätten sie das Konzept der “transdisziplinären Schwerpunktbereiche” entwickelt.
Er verweist auf die zusätzlich geschaffenen virtuellen Innovations- und Explorationsräume, in denen Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fakultäten zusammenkommen, um disziplinübergreifende wissenschaftliche Fragen, wie zum Beispiel das Thema Nachhaltigkeit, zu adressieren. Diese Räume seien eine Voraussetzung für die heutigen Exzellenzcluster der Universität gewesen, erklärt Hoch. Hier würden sich Forschende für ihre Kernbereiche auch gegenseitig bereichern.
Dass Hoch diese Entwicklung an seiner Universität frühzeitig eingeleitet hat, zahlt sich inzwischen aus: Mit sechs geförderten Exzellenzclustern und der aktuellen Chance auf zwei weitere gilt Bonn als die erfolgreichste Universität der Exzellenzstrategie. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) hat ihn im vergangenen Jahr mit dem Titel “Rektor des Jahrzehnts” ausgezeichnet.
Seit dem vergangenen Jahr ist Hoch außerdem Vorsitzender der Universitätsallianz German U15 und Präsident der “Studienstiftung des deutschen Volkes”. Das alles funktioniere nur mit einem “großen persönlichen Investment”, räumt der Universitätsrektor ein. In der Woche sei er an vier Abenden unterwegs, jedes zweite Wochenende ebenfalls. Auf die Frage, “wie sich so viele Termine denn aushalten lassen”, hat er eine spontane Antwort: “Weil ich so ein gutes Team habe.” Gabriele Voßkühler
Artemis Alexiadou, Direktorin des Leibniz-Zentrums Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS), wurde mit dem Berliner Wissenschaftspreis 2023 ausgezeichnet. Sie bekam die Auszeichnung für ihre herausragenden Forschungsleistungen in der Sprachwissenschaft. Gewürdigt wurden außerdem ihre wesentlichen Beiträge zur Stärkung Berlins als international sichtbarer Wissenschaftsstandort. Alexiadou ist seit 2022 Direktorin des ZAS.
Uffa Jensen wurde zum Antisemitismusbeauftragten der TU Berlin ernannt. Als stellvertretender Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin verfüge dieser über langjährige und umfangreiche Expertise im Themenfeld Antisemitismus, heißt es in einer Mitteilung. Jensen soll Anlauf- und Beratungsstelle für jüdische wie nichtjüdische Universitätsangehörige sein, sowohl für Studierende als auch für Beschäftigte. Außerdem wird er das Präsidium in entsprechenden Angelegenheiten beraten.
Janne Vehreschild wird Gründungsdirektor des neuen Instituts für “Digitale Medizin und Klinische Datenwissenschaften” an der Goethe-Universität Frankfurt. Vehreschild soll mit seinem Team helfen, die Möglichkeiten der Digitalisierung zur Verbesserung von medizinischer Forschung und Krankenversorgung in Deutschland zu nutzen. Als Gründungsdirektor des Instituts soll er die weitere Vernetzung der Bio- und Medizininformatikprofessuren mit dem neuen Center for Critical Computational Studies (C3S) sowie den Einrichtungen des Universitätsklinikums vorantreiben.
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Africa.Table. Lukas Köhler: “Müssen in Deutschland die Angst ablegen, unsere Interessen zu vertreten”. Bei der Gewinnung von Rohstoffen für die Energiewende kommt Afrika nach Ansicht von FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler entscheidende Bedeutung zu. Im Interview mit Table.Briefings erläutert er, warum er davon überzeugt ist, dass Europa zu China auf dem afrikanischen Kontinent noch aufschließen kann. Mehr
Berlin.Table. Politologen: Der Bundestag bildet die Gesellschaft nicht mehr ab. Der Politikwissenschaftler Benjamin Höhne, Philip Husemann vom Start-up “JoinPolitics” und der Autor Christoph Seils mahnen die Parteien dringend zum Handeln. Unter anderem führten Nachwuchsprobleme, verkrustete Strukturen und intransparente Nominierungsverfahren innerhalb der Parteien dazu, dass der Bundestag die Gesellschaft nicht mehr abbilde, schreiben sie in einem Gastbeitrag für Table.Briefings. Mehr
China.Table. Photovoltaik: Wieso ein Atomkonzern die weltgrößte schwimmende Solaranlage baut. Vor der Küste der Provinz Jiangsu hat der Bau des weltgrößten Offshore-Solarkraftwerks begonnen. Entwickelt wurde die Anlage mit 3,3 Millionen Solarmodulen und einer Kapazität von zwei Gigawatt (GW) vom staatlichen Energiekonzern China National Nuclear Corp. (CNNC). Mehr
Europe.Table. Digitalpolitik: Was der “Innovationsklub” der neuen Kommission vorschlägt. “Einfach machen: Unser Plan für ein innovativeres Europa” lautet der Titel eines Papiers, das der von Bundesdigitalminister Volker Wissing und den drei baltischen Staaten gegründete Innovationsklub jetzt vorgelegt hat. Wie sie die Wettbewerbsfähigkeit Europas sichern wollen, lesen Sie im Europe.Table. Mehr
Besuche an Forschungsinstituten gehören gewiss zu den angenehmen Terminen im Leben von Politikern. Entsprechend freundlich ging es am Montagvormittag am Hasso-Plattner-Institut (HPI) zu, als EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der brandenburgische Spitzenkandidat für die Europawahl Christian Ehler das Hasso-Plattner-Institut (HPI) besuchten.
Die 90 Minuten auf dem Campus in Potsdam-Griebnitzsee waren eng durchgetaktet: HPI-CEO Ralf Herbrich stellte ihnen die Schwerpunkte und Meilensteine des Instituts vor und ging insbesondere auf das Vorhaben ein, Rechenzentren energieeffizienter zu machen. Flavia Bleuel erläuterte die Idee des Design Thinking und warum es in fast allen Projekten wichtig ist, menschenzentriert vorzugehen. Ex-RKI-Chef Lothar Wieler umriss sein Fachgebiet am HPI: Digital Global Public Health.
Praktischer wurde es im zweiten Teil des Besuchs im Maker Space des HPI. Fabio Schmidberger stellte sein Start-up “Voize” vor. Dahinter steckt die Idee, Pflegekräften die Arbeit zu erleichtern, indem sie die Dokumentation ihrer Tätigkeit frei am Smartphone einsprechen. Die KI-gestützte Software erstellt automatisch die richtigen Pflegeberichte und Vitaleinträge und überträgt diese per Schnittstelle in ein Dokumentationssystem.
Von der Leyen lobte das als sinnvolle Idee und wurde sogleich aufgefordert, Voize selbst zu testen. Die Politikerin improvisierte souverän und diktierte: “Es freut mich, dass Frau A. heute einen besseren Blutdruck hat. Der obere Wert ist etwas runtergegangen. Er liegt bei 130 zu 80. Wir schauen uns noch die Insulinwerte an und nehmen dafür Blut ab.” Technisch funktionierte die Eingabe, inhaltlich schimmerte unverkennbar von der Leyens frühere Tätigkeit als Ärztin durch.
Am Hasso-Plattner-Institut habe sie eine “Perle gesehen, wo genau das stattfindet, was wir viel mehr in Europa brauchen, nämlich die Übersetzung ausgezeichneter Forschungsergebnisse in Produkte, die dann tatsächlich am Markt auch bestehen können”, sagte von der Leyen in ihrem Abschlussstatement. Anne Brüning
manche Probleme sind so groß und bestehen schon so lange, dass sich keiner so richtig traut, sie anzugehen. Der Sanierungsstau an Hochschulen ist so ein Fall. In den 1970er-Jahren wurden eifrig neue Universitäten und Fachhochschulen gebaut. Ihre Instandhaltung geriet jedoch zunehmend ins Hintertreffen. Das Resultat: Rund 40 Prozent der Hochschulgebäude in Deutschland sind älter als 25 Jahre und müssen modernisiert und energetisch auf den neuesten Stand gebracht werden.
Wenig förderlich war dabei auch die veränderte Zuständigkeit. Seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 ist Hochschulbau nicht mehr Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern. Doch die Länder sehen sich mit den enormen Kosten überfordert – schließlich belaufen sie sich mittlerweile auf 75 Milliarden Euro, wie Ulf Richter, Kanzler der Universität Siegen und Sprecher des Arbeitskreises Hochschulbau der Vereinigung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands im Gespräch mit Table.Briefings sagt.
Nun ist die Frage, wie sich das Problem lösen lässt. In einer Artikelserie wollen wir das Thema in den nächsten Wochen beleuchten und Ansätze vorstellen, den Hochschulbau voranzubringen. Denn mehr Tempo muss sein. Zurzeit sei die Geschwindigkeit des Sanierens oder Ersatzschaffens langsamer als die Geschwindigkeit des Verfalls, lautet das nüchterne Fazit Richters.
Im heutigen ersten Teil geht es darum, die energetische Ertüchtigung der Hochschulgebäude zu priorisieren. Das wäre auch angesichts der Klimaziele wichtig. In mehreren Bundesländern sollen die Verwaltungen Vorbilder sein und besonders schnell Klimaneutralität erreichen, teils bereits im Jahr 2030. Von den Vorgaben für die Verwaltungen sind auch viele öffentlich-rechtliche Hochschulen betroffen, konstatiert ein aktueller Report des HIS-Instituts für Hochschulentwicklung. Jede Menge Argumente also, das Problem endlich anzugehen.
Wir wünschen Ihnen eine erbauliche Lektüre und einen konstruktiven Tag,
Rund 40 Prozent der Hochschulgebäude in Deutschland sind älter als 25 Jahre und müssen modernisiert und energetisch auf den neuesten Stand gebracht werden. Doch das kostet: Etwa 74 Milliarden Euro müssten an deutschen Hochschulen für Sanierung und Modernisierung investiert werden, schätzte das HIS-Institut für Hochschulentwicklung (HIS-HE) vor knapp einem Jahr.
Inzwischen dürften es 75 Milliarden Euro sein, sagt Ulf Richter, Kanzler der Universität Siegen und Sprecher des Arbeitskreises Hochschulbau der Vereinigung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands. Denn: “Die Geschwindigkeit des Sanierens oder Ersatzschaffens ist langsamer als die Geschwindigkeit des Verfalls.”
Vor knapp einem Jahr plädierten verschiedene Akteure in Gesprächen mit Table.Briefings dafür, den Bund zur Finanzierung mit ins Boot zu holen. Angesichts der Haushaltslage und der Restriktionen der Schuldenbremse ist jedoch kein solcher Befreiungsschlag in Sicht. Das Problem ist demnach schrittweise anzugehen. In einer Artikelserie stellt Table.Briefings die wichtigsten Ansätze vor. Zum Auftakt geht es um die dringliche Aufgabe der energetischen Ertüchtigung.
Allein mit mehr Energieeffizienz wäre viel erreicht: “Von den rund 75 Milliarden Euro betreffen 22 bis 25 Milliarden Euro die Gebäudetechnik und energetische Sanierung”, sagt Richter. In diese Maßnahmen zu investieren sei wirtschaftlich sinnvoll und noch dazu ein Beitrag der öffentlichen Hand zum Erreichen der Klimaziele. Die Planungen dafür müssten jedoch schleunigst beginnen.
Die Zeit drängt, weil in mehreren Bundesländern die Verwaltungen Vorbilder sein und besonders schnell klimaneutral sein sollen, teils bereits im Jahr 2030. Zum Vergleich: Die EU strebt Treibhausgasneutralität bis 2050 an, die Bundesregierung bis 2045, einige Bundesländer bereits bis 2038 oder 2040.
In welchen Bundesländern die Vorgaben für die Verwaltungen auch für die öffentlich-rechtlichen Hochschulen gelten, hat das HIS-HE für den am gestrigen Montag veröffentlichten Bericht “Bilanzierung, Reduktion und Kompensation von Treibhausgasemissionen an Hochschulen” anhand der jeweiligen Landesklimaschutzgesetze überprüft (siehe Karte).
“Aktuell sind in Deutschland 145 von 271 öffentlich-rechtlichen Hochschulen in eine für die Landesverwaltung spezifischen, gesetzlich verankerten Vorgabe zur Treibhausgasneutralität eingeschlossen”, sagt Philipp Nußbaum, der sich bei HIS-HE im Geschäftsbereich Hochschulinfrastruktur mit den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz befasst. 113 Hochschulen sollen demnach bereits 2030 treibhausgasneutral sein. Für die nicht in die Vorgaben für Landesverwaltungen eingeschlossenen Hochschulen gelte das Zieljahr des Bundeslandes insgesamt oder, in Abwesenheit eines Landesklimaschutzgesetzes, die Vorgabe des Bundes: 2045. “In den nächsten Jahren muss also viel passieren.”
Formal betrachtet sind die Bundesländer gefragt. Seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 ist Hochschulbau nicht mehr Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern. Doch die Länder sehen sich mit den enormen Kosten überfordert. Im Juni 2023 ersuchte eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Kultusministerkonferenz (KMK) für die klimagerechte Sanierung der staatlichen Hochschulen “zweckgebundene und befristete finanzielle Unterstützung durch den Bund”. Der Bund solle die Länder 15 Jahre mit jährlich 1,5 Milliarden Euro bei der klimagerechten Sanierung der Hochschulen unterstützen. Der Vorschlag liegt weiterhin auf dem Tisch, aufgegriffen wurde er bisher aber nicht.
Immerhin gibt es auch Bundespolitiker, die ihn befürworten. Kai Gehring (Grüne) etwa, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Der Hochschulbau sei zwar Aufgabe der Länder, sagt er auf Anfrage von Table.Briefings. Diese sollten die Daueraufgabe Hochschulbau ernster nehmen als bisher. “Aber der Sanierungsstau ist so massiv, dass es ein Bund-Länder-Programm zur klimagerechten Modernisierung der Hochschulen braucht.” Marode Hochschulgebäude mit immensem Energieverbrauch seien eine Hypothek für kommende Generationen. “Die bauliche Substanz von Hochschulen bröckelt, weshalb das Thema dringend auf die Agenda von GWK und MPK kommen muss.”
Sein Vorschlag: eine gemeinsame “Innovationsinitiative klimagerechter Campus”. Sie könne die vielfältigen bereits bestehenden Initiativen an den Hochschulen unterstützen und Anreize für die klimagerechte Sanierung setzen. “Hochschulen könnten auf diese Weise zu Reallaboren und Vorreitern für Klimagerechtigkeit werden”, sagt Gehring. Beim Sanierungsstau an Hochschulen gehe es sowohl um zukünftigen Wohlstand als auch um das Erreichen der Klimaziele im öffentlichen Sektor.
Das Emissionsminderungspotenzial ist beträchtlich. Auf den Bau und Betrieb von Gebäuden entfallen bis zu 40 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland, und die Hochschulen stehen für den Großteil des Energieverbrauchs der Landesliegenschaften. In Nordrhein-Westfalen machen sie zum Beispiel 60 Prozent des Landesflächenvermögens aus, sagt Richter. Der Siegener Kanzler argumentiert aber auch mit der Wirtschaftlichkeit und rechnet vor:
“Wären wir Wirtschaftsunternehmen, dann wäre es superklug, in diesen Bereich zu investieren”, sagt Richter. Aber die Summen seien so groß, dass das nicht einfach aus den Hochschulhaushalten geleistet werden könne. Durch Schuldenbremse und Haushaltsrestriktionen sei man derzeit wie in einer Falle. Richter wünscht sich, dass entweder der Staat die Aufgabe endlich angeht oder dass er sie auf die Verantwortlichen an den Hochschulen überträgt und sie zum Beispiel dazu ermächtigt, Kredite aufzunehmen. “Dass es wirtschaftlich ist und sich schnell amortisiert, ist mehrfach belegt worden.”
Auf der Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands an der Bauhaus-Universität in Weimar vom 19. bis 21. September 2024 soll das Thema ganz oben auf die Tagesordnung. Das Motto des Treffens: “Hochschulbau trotz(t) Krisen”.
In Teil 2 der Table.Briefings-Serie zum Thema Hochschulbau lesen Sie über neue Planungs- und Finanzierungsmodelle beim Bauen.
Im Umgang mit propalästinensischen Protesten an Hochschulen ist eine heftige Debatte darüber entstanden, wann und wie Besetzungen und Demonstrationen auf einem Campus aufgelöst werden können und sollen – und vor allem: durch wen. Nur durch die Hochschulleitung oder irgendwann dann doch durch Politik und Polizei?
Entzündet hat sich die neuerliche Diskussion nach teils heftigen Protesten an der Humboldt-Universität (HU) in Berlin am vergangenen Donnerstag. Letztlich räumte die Polizei Räume und Wege. HU-Präsidentin Julia von Blumenthal hatte zuvor mit den Studierenden, die friedlich demonstrierten, gesprochen und versucht, im Dialog eine Eskalation zu vermeiden. Parallel hatte es vor und in anderen Bereichen der Universität weniger friedliche Aktionen gegeben, Wände wurden offenbar mit umstrittenen Symbolen versehen, bedenkliche Parolen skandiert. Von Blumenthal hatte nach erfolgter Räumung durch die Polizei in verschiedenen Medien erklärt, Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hätte auf die Räumung gedrängt. Von Blumenthal sagte, sie bedauere, dass es nicht gelungen sei, im Dialog mit einer verbleibenden Gruppe von rund 50 Demonstranten am Ende so etwas wie eine Verständigung zu erreichen. Sie sei nicht sicher, ob dies gelungen wäre. “Es kam dann die Anweisung von ganz oben, die Besetzung zu beenden”, zitierte Tagesschau.de die Präsidentin. Dieser Anweisung habe sie Folge geleistet.
“Die Mitglieder der HRK haben jüngst erneut öffentlich betont, dass sich die Hochschulen als Orte der offenen Diskussion und des Dialoges verstehen und die Verantwortung wahrnehmen, umfassend und wo immer möglich einen akademischen Diskursraum bereitzustellen”, erklärt zu den jüngsten Ereignissen Walter Rosenthal, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Zugleich haben die HRK-Mitglieder festgehalten, dass die Hochschulen mit den Mitteln des Hausrechts und, wo nötig, des Strafrechts reagieren, wenn die Grundsätze eines gewaltfreien Dialogs missachtet werden. Die Umsetzung dieser Grundsätze vor Ort an den Hochschulen ist eine immense Herausforderung, sagt Rosenthal.
Er erwarte, dass den Menschen, “die sich dieser Verantwortung engagiert stellen und in diesen Zeiten Präsenz zeigen”, der entsprechende gesellschaftliche Respekt entgegengebracht und der Ermessensspielraum der Hochschulen respektiert wird, insbesondere wenn sie um Deeskalation bemüht sind. “Nicht hilfreich sind in diesem Kontext medial oder direkt vorgetragene reflexartige Angriffe, unerbetene Ratschläge, unzulässige Vereinfachungen und einseitige Zuspitzungen.”
Wer nun die Räumung an der HU Berlin letztlich angewiesen hat, bleibt offen. Die Berliner Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra hatte zu den Vorfällen an der HU bereits am Freitag erklärt, dass sich “Land und die Unileitung gemeinsam darauf verständigt haben”, dass die Universitätsleitung die Besetzung beendet und die Demonstranten aufgefordert werden, das besetzte Institut zu verlassen. An der Entscheidung hatte es in der Wissenschaftscommunity direkte Kritik gegeben, auch von TU Berlin-Präsidentin Geraldine Rauch. Sie wertete die Aktion in der “taz” als “mangelndes Vertrauen in die Hochschulleitungen”.
Gegenüber Table.Briefings unterstreicht eine Sprecherin von Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra, “die Beendigung der Besetzung nach Ablauf der Frist war richtig”. Generell würden “Situation an den Hochschulen und die antisemitischen Protestaktionen auf verschiedenen Ebenen besprochen”, in erster Linie mit der Wissenschaftssenatorin, dem zuständigen Staatssekretär und den Hochschulpräsident:innen sowie auf entsprechender Arbeitsebene.
Aufgrund der brisanten Thematik gebe es darüber hinaus aber auch Gespräche unter anderem mit der Innenverwaltung, innerhalb des Senats und auch mit dem Regierenden Bürgermeister. “Im Übrigen ist es selbstverständliches Vorgehen, sich regelmäßig mit dem Ministerpräsidenten eines Landes auszutauschen.”
Die Räumung sei erfolgt, weil zum einen die vorgegebene Frist abgelaufen war und zum anderen, weil es im Laufe der Besetzung zu antisemitischer Hetze, Volksverhetzung und zu Sachbeschädigungen gekommen sei, erklärte die Sprecherin hinsichtlich des Vorwurfs des mangelnden Vertrauens. Die Wissenschaftssenatorin stehe seit vielen Monaten in regelmäßigem Kontakt mit den Hochschulen, die Absprachen und getroffenen Maßnahmen werden permanent an die aktuelle Situation angepasst. “Vor dem Hintergrund der HU-Besetzung und zu befürchtender weiterer Besetzungen wird es zeitnah eine erneute Rücksprache zwischen der Senatswissenschaftsverwaltung und den Hochschulen geben.”
Der Vorfall an der Humboldt-Universität untermauere, dass bei Besetzungen und ähnlich aggressiven Protestformen ein konsequentes Handeln angezeigt sei, um Sachwerte sowie insbesondere den Universitätsbetrieb zu schützen, erklärt der Verwaltungsrechtler Markus Ogorek von der Universität Köln. “Ich kann nachvollziehen, dass die Präsidentin den Versuch des Dialogs unternehmen wollte, nachdem kurz zuvor eine unmittelbare Räumung an der Freien Universität für große Polarisierung gesorgt hatte.” Es sei aber schnell klar gewesen, “dass dieses Unterfangen zum Scheitern verurteilt war”, wie es die Präsidentin der Humboldt-Universität später auch eingeräumt habe. “Richtig ist auch, dass sie jedenfalls jetzt Strafanzeigen erstatten will, denn als Leitungsperson kommt ihr eine Vermögensbetreuungspflicht zu, die im Bereich der zahllosen Sachbeschädigungen nur dann erfolgversprechend durchgesetzt werden kann, wenn über die Strafverfolgungsbehörden entsprechende Personendaten von Verdächtigen zur Verfügung gestellt werden.”
Ogorek hatte in der vergangenen Woche im Interview mit Table.Briefings zur Frage der Möglichkeiten staatlicher Einflussnahme erklärt, dass Landesminister grundsätzlich nicht anweisen können, Demonstrationen oder Protestcamps aufzulösen. Hochschulen hätten zunächst das Recht zur eigenen Organisation. “Sie unterliegen nicht der Fach-, sondern einer bloßen Rechtsaufsicht des jeweiligen Landes.” Vorstellbar sei eine ministerielle Weisung vor diesem Hintergrund nur, wenn der Universität kein eigenes Ermessen mehr bleibe. Aus seiner Sicht spricht einiges dagegen, dass es an der HU eine formelle Weisung gab. “Eine solche kann immer nur ultima ratio sein und wird durch die Landes-Wissenschaftsministerien äußerst zurückhaltend eingesetzt.” Stattdessen sei in der Regel der, “gegebenenfalls im Ton sehr deutliche Dialog” das Mittel der Wahl.
Seit August 2023 leitet Astrid Lambrecht als erste weibliche Vorstandsvorsitzende das Forschungszentrum Jülich (FZJ). Wissenschaftlich sieht sie das FZJ, das in den drei großen Themen Information, Energie und Bioökonomie forscht, sehr gut aufgestellt. Sie will die strategische wissenschaftliche Ausrichtung weiter schärfen und einen stärkeren Fokus auf Weiterentwicklung und Modernisierung setzen. Dabei hofft sie durchaus, wieder einen Nobelpreis nach Jülich zu holen, nachdem zuletzt Peter Grünberg diesen Preis für die Entdeckung des GMR-Effekts gewonnen hatte, das war 2007:
“Unbedingt! Ich finde das sehr wichtig. Wir arbeiten im gesamten Spektrum von Grundlagenforschung bis hin zu angewandter Forschung. Eigentlich mag ich diese Trennung nicht. In Frankreich ist sie weniger ausgeprägt als in Deutschland. In der Forschung inspirieren sich beide Bereiche immer wieder. Dabei ist die Grundlagenforschung für mich der Nährboden, auf dem Innovationen und Chancen entstehen. Ohne sie geht es nicht. Aber wenn es dann technologische Entwicklungen gibt, führt dies zu neuen grundlegenden Fragen, mit denen sich die Forschenden wieder beschäftigen. Das Beispiel von Peter Grünberg, zeigt genau, wie fruchtbar dieses Wechselspiel sein kann. Diese innovativen, freien und kreativen Prozesse werde ich weiterbefördern.”
Astrid Lambrecht hat lange in Frankreich geforscht und gearbeitet. Sie erlebt das deutsche Wissenschaftssystem als “stark und gut aufgesetzt, weil die Missionen zwischen den großen Forschungseinrichtungen, also Helmholtz, Max Planck oder Fraunhofer, sehr gut verteilt sind” Aber: einige Unterschiede fallen ihr doch auf:
“Jetzt, wo ich mehr im deutschen System arbeite, sehe ich allerdings, dass die Aufgabenverteilung manchmal doch nicht so klar funktioniert. Ich weiß nicht, ob das eine gute Entwicklung ist.”
Astrid Lambrecht denkt, dass es gut wäre, “wieder ein bisschen mehr Klarheit zu schaffen.” Die flachen Hierarchien, wie sie diese in Frankreich erlebt hat, bewertet Lambrecht als sehr positiv. “Forschung funktioniert eindeutig besser mit weniger Hierarchien.”
Was Lambrecht auch auffällt: “Andere Länder haben tatsächlich deutlich längere Erfahrung mit Frauen in Führungspositionen, auch in den MINT-Fächern.” Das merke man an der einen oder anderen Stelle schon noch. “Hier wird des Öfteren noch als besonders empfunden, was in anderen Ländern längst gang und gäbe ist. Diese Normalität sehe ich hierzulande noch nicht.” Aber “wir arbeiten mit vielen Frauen jetzt intensiv daran, sie herzustellen. Wir sind noch in einer Übergangsphase.”
Aktuell ein sehr wichtiges Thema ist für Lambrecht die Entwicklung der künstlichen Intelligenz, KI sei ein starker Motor für Veränderung, nicht nur in der Wissenschaft, sondern für alle Bereiche in der Gesellschaft. In Jülich arbeite man bereits seit über zehn Jahren mit und zu künstlicher Intelligenz. Das FZJ betreibt mit Juwels einen der leistungsstärksten Rechner in Europa und stellt mit Juniq die erste europäische Infrastrukturfür Quanten-Computing zur Verfügung. Supercomputer Jupiter soll als erster Rechner in Europa die Grenze von einer Trillion Rechenoperationen pro Sekunde – einer “1” mit 18 Nullen – durchbrechen. Die enorme Rechenleistung soll dazu beitragen, die Grenzen wissenschaftlicher Simulationen zu erweitern.
Der Plan ist, dass damit die großen KI-Modelle nicht nur in Deutschland, sondern auch europaweit trainiert werden können. Damit wird “Jupiter” einer der leistungsstärksten KI-Rechner weltweit sein.
In welchem Netzwerk der Supercomputer aufgebaut wird, welche Pläne Astrid Lambrecht für mehr Transfer in der Wissenschaft hat und wie sie über Kooperationen mit China denkt, lesen Sie in der Langfassung des Interviews.
28. Mai 2024, 18:00-20:00 Uhr, Hans-Böckler-Haus, Keithstraße 1, 10787 Berlin, Ingeborg-Tönnesen-Saal und online
Veranstaltungsreihe über Grundfinanzierung statt Projektwettbewerb, u.a. von GEW und NGAWiss “Projektfinanzierung und/oder Wissenschaftsfreiheit?” Mehr
29. Mai 2024, 13:00-13:30 Uhr, online
Digitaler Lunch Talk der HTWG Konstanz Ethik in der Unternehmensfühung Mehr
30. Mai 2024, 19:00 Uhr, BBAW, Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Leibniz-Saal, Markgrafenstraße 38, 10117 Berlin
Gedenkveranstaltung Würdigung der Person und des Wirkens von Gert G. Wagner für Wissenschaft, Dateninfrastruktur, Politikberatung und Wissenstransfer – Evidence Based Policy Mehr
3. Juni 2024, 18:00 bis 19:45 Uhr, Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale)
Dialogveranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) Europas Populisten im Aufwind: Ökonomische Ursachen und demokratische Herausforderungen Mehr
5. bis 7. Juni 2024, Berlin und online
Veranstaltung zur (digitalen) Zukunft der akademischen Bildung. University Future Festival: “Tales of Tomorrow” Mehr
7. Juni 2024, 9:30 bis 18:00 Uhr, Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund, Luisenstraße 18, 10117 Berlin
Workshop der Leopoldina Überregulierung der Wissenschaft Mehr
15. Juni 2024, Konzerthaus Berlin am Gendarmenmarkt, 10117 Berlin
Leibniztag 2024 Festsitzung Mehr
Erst vor kurzem hatte der Forschungsausschuss einen von der Ampel-Koalition eingebrachten Antrag zur Stärkung der Wissenschaftskommunikation verabschiedet. Nun zeigt eine Anfrage der Unionsfraktionen, dass die dort enthaltenen Forderungen im BMBF kaum neue Aktivitäten hervorrufen.
Im Wesentlichen beschreibt das BMBF in seiner Antwort, die Table.Briefings vorliegt, die Fortführung der bereits in der vorangegangenen Legislatur begonnenen Projekte. Ein “Sonderprogramm Kompetenzaufbau”, wie es die Ampel-Forschungspolitiker fordern, wird seitens des Ministeriums nicht erwähnt. Man verweist auf bestehende Angebote beim Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik) und die neue Möglichkeit für Forschende, sich Weiterbildungen in der Wissenschaftskommunikation in BMBF-Forschungsprojekten fördern zu lassen. Zudem beschäftige sich eine Task Force der FactoryWisskomm mit dem Thema.
Auch im Bereich der Forschung zu Wissenschaftskommunikation werden keine neuen Initiativen angekündigt. Dass hier der Bedarf hoch wäre, zeigt die Förderquote bei der entsprechenden Förderrichtlinie aus dem Jahr 2022: Hier wurden lediglich elf von 138 eingereichten Forschungsanträgen gefördert – eine Quote von acht Prozent.
Dass der Bedarf an Förderung auch bei den “klassischen” Kommunikationsprojekten hoch ist, zeigen die Förderquoten in diesem Bereich. Bei knapp elf Prozent lag die Bewilligungsquote für Projekte in den Wissenschaftsjahren 2022 und 2023. Von insgesamt 326 eingereichten Anträgen wurden nur 35 gefördert. Außerhalb dieser Förderrichtlinie gibt es keine strukturierte Möglichkeit, neue Kommunikationsformate beim BMBF zur Förderung einzureichen.
Die Forderung des Antrags, einen “gut dotierten Preis für Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsjournalismus” einzuführen, sei in der Prüfung, schreibt das Ministerium. Allerdings greift auch hier vermutlich ein immer wiederkehrender Verweis auf den Haushalt 2025. Das Aufstellungsverfahren laufe derzeit, daher könne über die 2025 zur Verfügung stehenden Budgets noch keine Aussage getroffen werden.
Eine Quasi-Absage erteilt das BMBF einer Stiftung für den Wissenschaftsjournalismus, die im Koalitionsantrag ebenfalls erwähnt ist. Der Bundesrechnungshof sehe die Errichtung neuer Bundesstiftungen grundsätzlich äußerst kritisch, schreibt das Ministerium. Man wolle “auch alternative, geeignete Formen zur Unterstützung eines unabhängigen Wissenschaftsjournalismus” prüfen.
Die Union erkennt das Engagement des BMBF bei der Fortführung der bestehenden Initiativen an, vermisst jedoch neue Impulse. Damit werde die Ampel dem so wichtigen Thema der Wissenschaftskommunikation nicht gerecht, meint Katrin Staffler, Berichterstatterin der Unionsfraktion für Wissenschaftskommunikation. Ihr Kollege Thomas Jarzombek hofft, “dass sich Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger der Relevanz von guter Wissenschaftskommunikation für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt gewahr bleibt und sich in den Haushaltsverhandlungen engagiert dafür einsetzen wird”.
Der SPD-Berichterstatter für Wissenschaftskommunikation Holger Mann verweist darauf, dass der Antrag erst kürzlich vom Ausschuss angenommen und noch nicht vom Bundestag formal verabschiedet sei. Das BMBF bekomme mit dem Antrag nun den Auftrag, die Maßnahmen in Gänze umzusetzen. “Wir werden im Parlament um weitere finanzielle Spielräume kämpfen. Ich bleibe optimistisch, dass es uns noch in dieser Legislatur gelingt, die Bedingungen für die Wissenschaftskommunikation deutlich zu verbessern.” mw
Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Konzeptionierung, Gründung und den Betrieb des Dateninstituts ausgeschrieben. Bis zum 18. Juni können sich Konsortien bewerben. Sie sollen anschließend an einem wettbewerblichen Dialog teilnehmen. Mit der Auftragsbekanntmachung für Modul 3 beginne jetzt die “heiße Phase” der Gründung des Dateninstituts, sagt Anna Christmann, Beauftragte für Digitale Wirtschaft und Start-ups im BMWK, auf Anfrage von Table.Briefings.
Das Vergabeverfahren des wettbewerblichen Dialogs soll, laut Christmann, einen iterativen Aufbauprozess gemeinsam mit den Bietern ermöglichen. Die Verfahrensart ermöglicht es der Auftraggeberseite, mit mehreren Bietern Konzepte für ein Projekt zu erarbeiten. Die Bietergemeinschaft bekommt für die Arbeit eine Aufwandsentschädigung, die aber meist wesentlich geringer ist, als die Kosten für ein Beratungsunternehmen, dass zur Konzeptionierung herangezogen wird.
Über Transfermanager sei zudem sichergestellt, dass die Erkenntnisse aus den beiden bereits gestarteten Pilot Use-Cases im Bereich Energie und Post-Covid in die Konzeptionierung und den Aufbau des Dateninstituts einfließen, sagt Christmann. “Die Datenverfügbarkeit in Deutschland ist in vielen Bereichen unbefriedigend. Das Dateninstitut soll bei ganz konkreten Problemen helfen, wo Daten bisher unzureichend geteilt oder genutzt werden. Mit den ersten beiden bereits gestarteten Modulen soll die Datenbasis bei konkreten Herausforderungen im Energie- und Gesundheitsbereich verbessert werden.”
Vor rund einem Jahr hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags Mittel von zehn Millionen Euro jährlich (bis 2025) für das Projekt der Ampel-Koalition freigegeben. Grundlage für das Dateninstitut ist das Aufbaukonzept, das BMI und BMWK unter Einbindung des BMBF erstellt haben. Mit Blick auf das Forschungsdatengesetz (FDG), zu dem Staatssekretär Mario Brandenburg derzeit einen Referentenentwurf im Forschungsministerium erstellt, soll das Dateninstitut einen komplementären Charakter haben.
“Im Eckpunktepapier zum FDG ist als Ziel genannt, spezifisch den Datenzugang für die Forschung zu verbessern”, sagt Christmann. In Ergänzung dazu solle das Dateninstitut für Akteure aus allen Sektoren – Unternehmen, Zivilgesellschaft, Verwaltung und Politik sowie Wissenschaft – eine einheitliche Anlaufstelle bilden, um auf Basis eines verbesserten Datenzugangs konkrete Datenprojekte mit Gemeinwohlorientierung voranzutreiben. “Es wird auf den vorhandenen Initiativen zum besseren Nutzen oder Teilen von Daten aufsetzen und mit diesen partnerschaftlich zusammenarbeiten, sodass keine Doppelstrukturen aufgebaut werden.” tg
Der Entwurf des BMEL zur Änderung des Tierschutzgesetzes wurde nun vom Kabinett verabschiedet. Dieser betrifft auch die Regelungen zu Tierversuchen in der Forschung und hatte im Februar dieses Jahres für heftige Kritik aus der Forschungscommunity gesorgt. Grund dafür sind die vorgesehenen Verschärfungen der Strafmaße im Paragraf 17 des Gesetzentwurfs.
Durch die bisher bestehende Rechtsunsicherheit sehen sich viele Wissenschaftler in Zukunft von Geld- und Gefängnisstrafen bedroht. Denn: In einigen Bereichen gibt es keine klaren und rechtssicheren Regelungen. Das gilt vor allem bei der Tötung von sogenannten überschüssigen Tieren. Hier sehen Tierschützer den “vernünftigen Grund” für eine Tötung nicht vorliegen und hatten bereits mehrfach Anzeige gegen wissenschaftliche Einrichtungen erstattet.
Die Wertung, ob die Tötung eines Tieres im Einzelfall von einem “vernünftigen Grund” gedeckt ist, ändert sich auch künftig nicht, schreibt das BMEL auf Anfrage von Table.Briefings. Nach der Kritik habe man Gespräche auf verschiedenen Ebenen unter anderem mit Vertreterinnen und Vertretern der DFG, der HRK, der Leibniz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft und der Leopoldina geführt. Mit einer Begründung zum § 17 des Tierschutzgesetzes werde nun klargestellt, dass die Änderungen ganz allgemein auf Verstöße gegen das Tierschutzgesetz abzielten und nicht speziell auf den Bereich Tierversuche gerichtet seien.
Zudem sei eine Konkretisierung der Tierschutz-Versuchstierverordnung geplant, mit der mehr Rechtssicherheit für die Forschenden geschaffen werden soll. Mit Blick auf den Verfahrensstand sei es jedoch derzeit noch nicht möglich, über inhaltliche Details Auskunft zu erteilen. mw
Wer sich mit Michael Hoch, dem Rektor der Universität Bonn, zum Videocall verabredet und aufmerksam ist, der erkennt über seiner linken Schulter vielleicht das Bild einer Fruchtfliege. Für den Büroschmuck gibt es wahrscheinlich einen guten Grund: Hoch ist Entwicklungsbiologe, und Fruchtfliegen sind ein beliebtes Studienobjekt für Genetiker.
Im Gespräch mit dem 62-Jährigen wird dann aber schnell klar, dass der Wissenschaftler alle potenziellen Analysen des Fliegenerbguts längst gegen etwas ganz anderes ausgetauscht hat: “Ich habe meine wissenschaftliche Tätigkeit eingetauscht gegen die Möglichkeit, Menschen aus anderen Fachdisziplinen zu begegnen und im Gespräch mit ihnen herauszufinden, was sie umtreibt.” Zoom oder Nicht-Zoom – wenn Hoch über seine Arbeit spricht, hört man die Begeisterung in seiner Stimme. Seine Tätigkeit als Rektor der Universität Bonn habe seine “Perspektive auf die Vielfalt in der Wissenschaft verbreitert”, das sei ein “großer Zugewinn”.
Der gebürtige Singener studierte Biologie in Heidelberg. Nach seiner Promotion an der LMU München folgten Stationen am Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen und die Habilitation an der TU Braunschweig. Direkt danach kam die Professur für Molekulare Entwicklungsbiologie in Bonn. “Das war für mich damals eine großartige Chance, als Nachwuchsgruppenleiter vom Max-Planck-Institut auf eine C4-Professur in Bonn zu wechseln”, erinnert sich Hoch.
Als er 2015 dann sein Amt als Rektor antrat, stellte er sich die Frage, wie eine 200 Jahre alte, in sieben Fakultäten aufgeteilte Universität disziplin- und fakultätsübergreifend wissenschaftliche Fragestellungen der Zukunft adressieren könne. Die Antwort auf diese Frage lag für Hoch in der Schaffung “transdisziplinärer Forschungsbereiche”: Den Blick über den Tellerrand machte er zum Forschungsprinzip. “Sehr viele der großen wissenschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen müssen disziplinübergreifend erforscht werden”, erklärt Hoch. Deswegen hätten sie das Konzept der “transdisziplinären Schwerpunktbereiche” entwickelt.
Er verweist auf die zusätzlich geschaffenen virtuellen Innovations- und Explorationsräume, in denen Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fakultäten zusammenkommen, um disziplinübergreifende wissenschaftliche Fragen, wie zum Beispiel das Thema Nachhaltigkeit, zu adressieren. Diese Räume seien eine Voraussetzung für die heutigen Exzellenzcluster der Universität gewesen, erklärt Hoch. Hier würden sich Forschende für ihre Kernbereiche auch gegenseitig bereichern.
Dass Hoch diese Entwicklung an seiner Universität frühzeitig eingeleitet hat, zahlt sich inzwischen aus: Mit sechs geförderten Exzellenzclustern und der aktuellen Chance auf zwei weitere gilt Bonn als die erfolgreichste Universität der Exzellenzstrategie. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) hat ihn im vergangenen Jahr mit dem Titel “Rektor des Jahrzehnts” ausgezeichnet.
Seit dem vergangenen Jahr ist Hoch außerdem Vorsitzender der Universitätsallianz German U15 und Präsident der “Studienstiftung des deutschen Volkes”. Das alles funktioniere nur mit einem “großen persönlichen Investment”, räumt der Universitätsrektor ein. In der Woche sei er an vier Abenden unterwegs, jedes zweite Wochenende ebenfalls. Auf die Frage, “wie sich so viele Termine denn aushalten lassen”, hat er eine spontane Antwort: “Weil ich so ein gutes Team habe.” Gabriele Voßkühler
Artemis Alexiadou, Direktorin des Leibniz-Zentrums Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS), wurde mit dem Berliner Wissenschaftspreis 2023 ausgezeichnet. Sie bekam die Auszeichnung für ihre herausragenden Forschungsleistungen in der Sprachwissenschaft. Gewürdigt wurden außerdem ihre wesentlichen Beiträge zur Stärkung Berlins als international sichtbarer Wissenschaftsstandort. Alexiadou ist seit 2022 Direktorin des ZAS.
Uffa Jensen wurde zum Antisemitismusbeauftragten der TU Berlin ernannt. Als stellvertretender Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin verfüge dieser über langjährige und umfangreiche Expertise im Themenfeld Antisemitismus, heißt es in einer Mitteilung. Jensen soll Anlauf- und Beratungsstelle für jüdische wie nichtjüdische Universitätsangehörige sein, sowohl für Studierende als auch für Beschäftigte. Außerdem wird er das Präsidium in entsprechenden Angelegenheiten beraten.
Janne Vehreschild wird Gründungsdirektor des neuen Instituts für “Digitale Medizin und Klinische Datenwissenschaften” an der Goethe-Universität Frankfurt. Vehreschild soll mit seinem Team helfen, die Möglichkeiten der Digitalisierung zur Verbesserung von medizinischer Forschung und Krankenversorgung in Deutschland zu nutzen. Als Gründungsdirektor des Instituts soll er die weitere Vernetzung der Bio- und Medizininformatikprofessuren mit dem neuen Center for Critical Computational Studies (C3S) sowie den Einrichtungen des Universitätsklinikums vorantreiben.
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Africa.Table. Lukas Köhler: “Müssen in Deutschland die Angst ablegen, unsere Interessen zu vertreten”. Bei der Gewinnung von Rohstoffen für die Energiewende kommt Afrika nach Ansicht von FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler entscheidende Bedeutung zu. Im Interview mit Table.Briefings erläutert er, warum er davon überzeugt ist, dass Europa zu China auf dem afrikanischen Kontinent noch aufschließen kann. Mehr
Berlin.Table. Politologen: Der Bundestag bildet die Gesellschaft nicht mehr ab. Der Politikwissenschaftler Benjamin Höhne, Philip Husemann vom Start-up “JoinPolitics” und der Autor Christoph Seils mahnen die Parteien dringend zum Handeln. Unter anderem führten Nachwuchsprobleme, verkrustete Strukturen und intransparente Nominierungsverfahren innerhalb der Parteien dazu, dass der Bundestag die Gesellschaft nicht mehr abbilde, schreiben sie in einem Gastbeitrag für Table.Briefings. Mehr
China.Table. Photovoltaik: Wieso ein Atomkonzern die weltgrößte schwimmende Solaranlage baut. Vor der Küste der Provinz Jiangsu hat der Bau des weltgrößten Offshore-Solarkraftwerks begonnen. Entwickelt wurde die Anlage mit 3,3 Millionen Solarmodulen und einer Kapazität von zwei Gigawatt (GW) vom staatlichen Energiekonzern China National Nuclear Corp. (CNNC). Mehr
Europe.Table. Digitalpolitik: Was der “Innovationsklub” der neuen Kommission vorschlägt. “Einfach machen: Unser Plan für ein innovativeres Europa” lautet der Titel eines Papiers, das der von Bundesdigitalminister Volker Wissing und den drei baltischen Staaten gegründete Innovationsklub jetzt vorgelegt hat. Wie sie die Wettbewerbsfähigkeit Europas sichern wollen, lesen Sie im Europe.Table. Mehr
Besuche an Forschungsinstituten gehören gewiss zu den angenehmen Terminen im Leben von Politikern. Entsprechend freundlich ging es am Montagvormittag am Hasso-Plattner-Institut (HPI) zu, als EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der brandenburgische Spitzenkandidat für die Europawahl Christian Ehler das Hasso-Plattner-Institut (HPI) besuchten.
Die 90 Minuten auf dem Campus in Potsdam-Griebnitzsee waren eng durchgetaktet: HPI-CEO Ralf Herbrich stellte ihnen die Schwerpunkte und Meilensteine des Instituts vor und ging insbesondere auf das Vorhaben ein, Rechenzentren energieeffizienter zu machen. Flavia Bleuel erläuterte die Idee des Design Thinking und warum es in fast allen Projekten wichtig ist, menschenzentriert vorzugehen. Ex-RKI-Chef Lothar Wieler umriss sein Fachgebiet am HPI: Digital Global Public Health.
Praktischer wurde es im zweiten Teil des Besuchs im Maker Space des HPI. Fabio Schmidberger stellte sein Start-up “Voize” vor. Dahinter steckt die Idee, Pflegekräften die Arbeit zu erleichtern, indem sie die Dokumentation ihrer Tätigkeit frei am Smartphone einsprechen. Die KI-gestützte Software erstellt automatisch die richtigen Pflegeberichte und Vitaleinträge und überträgt diese per Schnittstelle in ein Dokumentationssystem.
Von der Leyen lobte das als sinnvolle Idee und wurde sogleich aufgefordert, Voize selbst zu testen. Die Politikerin improvisierte souverän und diktierte: “Es freut mich, dass Frau A. heute einen besseren Blutdruck hat. Der obere Wert ist etwas runtergegangen. Er liegt bei 130 zu 80. Wir schauen uns noch die Insulinwerte an und nehmen dafür Blut ab.” Technisch funktionierte die Eingabe, inhaltlich schimmerte unverkennbar von der Leyens frühere Tätigkeit als Ärztin durch.
Am Hasso-Plattner-Institut habe sie eine “Perle gesehen, wo genau das stattfindet, was wir viel mehr in Europa brauchen, nämlich die Übersetzung ausgezeichneter Forschungsergebnisse in Produkte, die dann tatsächlich am Markt auch bestehen können”, sagte von der Leyen in ihrem Abschlussstatement. Anne Brüning