forschungspolitisch betrachtet war gestern Ministerinnen-Mittwoch. Bettina Stark-Watzinger stand im Forschungsausschuss und im Bundestag kritischen Fragen zur Fördergeld-Affäre Rede und Antwort – zur Aufklärung beigetragen hat es allerdings wenig. Die zentrale Frage des Tages, die namentlich Katrin Staffler (CDU) im Parlament stellte, war: “Haben Sie ihren Laden noch im Griff, Frau Ministerin?” Markus Weisskopf und Anne Brüning haben beobachtet, wie sich die Ministerin im Kreuzverhör geschlagen hat und ob es neue Erkenntnisse zu den diversen Prüfaufträgen gibt.
Ihr Eindruck: Die Ministerin versucht Komplexität aufzubauen, damit die einzelnen Stränge weniger nachvollziehbar wirken und nicht auf sie zurückfallen. Bettina Stark-Watzinger konnte weder im Ausschuss noch im Bundestag letzte Zweifel ausräumen, dass sie in die Affäre um die förderrechtliche Prüfung von politisch unliebsamen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern involviert war. Sie sieht keinen eigenen Fehler und konnte auch bei der Frage von Ruppert Stüwe (SPD): “Wie wollen Sie in Zukunft derartiges verhindern?”, keine konstruktive Antwort liefern.
Gleichzeitig versucht Stark-Watzinger – auch mithilfe ihrer Parteikollegen – den politischen Fokus auf ihren Kampf gegen den Antisemitismus in der Wissenschaft zu lenken. Man darf ein großes Fragezeichen machen, ob sich dieses Thema zu politischen Winkelzügen eignet. Der aktuell veröffentlichte Rias-Bericht weist eine deutliche Steigerung antisemitischer Vorfälle – auch an Hochschulen – aus. Anne Brüning hat sich im Forschungsausschuss angehört, welche Konzepte die Parteien haben und was die Regierung unternehmen will.
Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre,
Seit am Montag die Mail-Korrespondenz des BMBF zur Fördermittel-Affäre als IFG-Antwort veröffentlicht wurde, ist klar: Zahlreiche Mitglieder der oberen und mittleren Leitungsebene des Ministeriums waren in die Kommunikation zu dem umstritten Prüfauftrag involviert. Lediglich der klare Beweis, dass Bettina Stark-Watzinger von den Fördermittelprüfungen wusste, fehlt. Nachdem die Ministerin zuletzt in Interviews einen betont aufgeräumten Eindruck gemacht hatte, zeigte sie sich am gestrigen Mittwoch bei den Fragen der Abgeordneten im Forschungsausschuss und im Plenum deutlich unter Druck.
In ihrem Statement vor dem Forschungsausschuss ordnete die Ministerin nochmals die aus ihrer Sicht drei verschiedenen Vorgänge ein.
Die Ministerin wiederholte, dass die erstgenannte Prüfung auf förderrechtliche Konsequenzen aus ihrer Sicht der Wissenschaftsfreiheit widerspräche und weder von ihr gewollt noch beauftragt worden sei. “Unsere Fördermittel werden nach wissenschaftlicher Exzellenz vergeben, nicht nach politischer Weltanschauung.”
Aus den Fragen der Abgeordneten und den Antworten Stark-Watzingers ergaben sich einige neue Erkenntnisse. Ein Ziel hartnäckiger Nachfragen von Thomas Jarzombek war der Vorgang, der bereits am 10. Mai anscheinend durch das Pressereferat losgetreten wurde. Hier sei darüber hinaus der Leiter der Abteilung 4 beteiligt gewesen, der Vorgang sei dann jedoch auf der “Fachebene” verblieben, sagte die Ministerin. Sie selbst und auch der Leiter der Leitungsabteilung hätten darüber keine Kenntnis gehabt. Die Formulierung “auf der Fachebene verblieben” soll wohl bedeuten, dass die Staatssekretäre und die Ministerin sowie deren Stäbe persönlich nicht involviert waren.
Das wiederholte die Ministerin auch am Nachmittag im Bundestag. Die Fachebene selbst habe auch die Liste bei der Abteilung angefordert. Angeblich lediglich, um auf Nachfragen der Presse vorbereitet zu sein. Das scheint auch der Grund zu sein, weshalb die Ministerin keine personellen Konsequenzen aus diesem Vorgang ziehen wollte.
Bemerkenswert auch, welche weiteren Fragen die Ministerin nicht, oder nur teilweise beantworten wollte. Die Frage, ob in einer Morgenlage zwischen dem 8. und dem 13. Mai mit ihrer Beteiligung über den offenen Brief gesprochen wurde, wollte Stark-Watzinger nicht klar mit Ja oder Nein beantworten.
Forschungspolitiker aus der Opposition waren mit den Antworten kaum zufrieden. Nicole Gohlke von den Linken meinte: “Es ist doch unglaubwürdig, dass alle möglichen Menschen (im Ministerium) gleichzeitig diesen Prüfauftrag durchführen und eine Liste mit den besagten Hochschullehrenden anlegen, ohne dass Sie etwas davon wissen und ohne, dass Sie das direkt in Auftrag gegeben haben wollen.”
Auch Thomas Jarzombek (CDU) war mit den Antworten der Ministerin nicht glücklich. Man werde weiter nachfragen. “Von sieben Fragen sind fünf unbeantwortet geblieben.” Zentral ist für ihn vor allem zu erfahren, wer den Auftrag zur Erstellung der Liste erteilt hat und auf wessen Weisung es erfolgte. “Wir versuchen herauszukriegen, was wirklich passiert ist.”
Selbst innerhalb der Ampel bleibt man kritisch: Oliver Kaczmarek (SPD) nannte die Befragung der Ministerin einen ersten Schritt. “Weitere müssen folgen. Gerade weil wir nicht wissen, welche Veröffentlichungen noch kommen.” Das Vertrauen der Wissenschaft in das BMBF sei angeknackst. Die Ministerin müsse auch die Unterzeichner des offenen Briefs ernst nehmen, auf sie zugehen und deutlich machen, dass es nur wissenschaftsgeleitete Förderentscheidungen und keine politische Einflussnahme gibt.
In der Befragung wurde jedoch deutlich, dass die Ministerin mit der Antwort auf die “Frag den Staat-Anfrage” und der Herausgabe der Mail-Korrespondenz den Vorgang als abgeschlossen betrachtet. Es gelte nun, den personellen Neuaufstellung zügig voranzubringen. Das Gespräch mit der Wissenschaft wolle sie verstärken und dabei über Antisemitismus an Hochschulen reden.
Konkrete Termine und Ansprechpartner nannte die Ministerin jedoch nicht. Auch nicht für ein Gespräch mit den Unterzeichnern des offenen Briefs, zu dem ihr in einer öffentlich bekannt gewordenen Besprechung mit der Allianz der Wissenschaftsorganisationen geraten wurde.
Die Zahlen sind beklemmend: 2023 wurden in Deutschland fast 83 Prozent mehr antisemitische Vorfälle dokumentiert als im Vorjahr. Insgesamt waren es dem Bundesverband Rias zufolge 4.782 – so viele wie nie zuvor. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 sei die Zahl sprunghaft angestiegen, heißt es in dem am Dienstag vorgestellten Jahresbericht 2023.
Bei der Aufgliederung nach Tatorten stehen Bildungseinrichtungen (nach Straße und Internet), an dritter Stelle. Dazu gehören etwa Kindergärten, Schulen, Hochschulen und Museen. 471 antisemitische Vorfälle wurden dort im vergangenen Jahr erfasst, im Jahr zuvor waren es 184.
Für Table.Briefings hat Rias die Zahlen aus dem Bericht genauer aufgeschlüsselt. Demnach fanden 233 der 471 Vorfälle an Schulen statt und 150 an Hochschulen. Zum Vergleich: 2022 wurden an Hochschulen 23 antisemitische Vorfälle dokumentiert.
Wie sich Antisemitismus an Bildungs- und Forschungseinrichtungen bekämpfen lässt, wurde am gestrigen Mittwoch in einem Fachgespräch im Forschungsausschuss beraten. Zu dem Thema liegt seit April ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion vor, in dem angeregt wird, die Hochschulgesetze mit Blick auf die Möglichkeit der Exmatrikulation anzupassen.
Darüber hinaus wird vorgeschlagen, in der Exzellenzstrategie ein konsequentes Vorgehen gegen Antisemitismus zu verankern und Universitäten, die nicht dagegen vorgehen, keine Bundesmittel zu geben. Die Union will aus dem Antrag eine interfraktionelle Initiative machen – und wartet bereits seit Monaten, wie CDU-Forschungspolitiker Thomas Jarzombek Table.Briefings sagte, auf den nächsten Schritt vonseiten der Ampel-Parteien.
Dominierender Aspekt des Fachgesprächs waren die propalästinensischen Proteste an Hochschulen. Mit der Zunahme der Besetzungen sei der Umgang der Hochschulen mit dieser Situation stärker in den Fokus gerückt, sagte der als Sachverständiger geladene HRK-Präsident Walter Rosenthal. Die Situation sei jedoch häufig sehr unübersichtlich, man müsse dabei klar differenzieren. Hochschulen gehe es weiterhin um die Bereitstellung von Diskussionsräumen.
Der HRK-Präsident betonte: “Die Hochschulleitungen haben Ermessensspielräume und wir bitten die Politik und auch die Presse, diese zu akzeptieren und nicht von der Seitenlinie irgendwelche Kommentare auf die Schnelle loszulassen.” Dass Wissenschaftler und auch Hochschulleitungen an den medialen Pranger gestellt wurden, sei in keiner Weise akzeptabel.
Wie heikel es ist, das Thema Antisemitismus auf die Tagesordnung zu setzen, zeigt unter anderem die Reaktion des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) der TU Berlin. Es zählte nicht zu den geladenen Sachverständigen und moniert dies in einem Brief an den Ausschuss. Man habe “mit Irritation und Bedauern zur Kenntnis genommen” nicht eingeladen zu sein, schreiben die Historiker Uffa Jensen und Stefanie Schüler-Springorum. Dabei sei das ZfA die einzige wissenschaftliche Einrichtung, die sich seit mehr als 40 Jahren in Deutschland und im kontinentalen Europa mit der Erforschung des Antisemitismus beschäftige.
Vor allem Jensen, seit Mai auch Antisemitismusbeauftragter an der TU Berlin, steht bei jüdischen Verbänden in der Kritik. Der Zentralrat der Juden wirft ihm vor, ein Gegner der IHRA-Definition zu sein. Auch habe er es nicht geschafft, glaubwürdig die Gefahren des muslimisch geprägten Antisemitismus zu benennen. Der Forschungsausschuss hat die Beschwerde unter dem Stichwort “Unaufgeforderte Stellungnahme” auf die Website gestellt.
Ebenfalls unaufgefordert nahm im Vorfeld eine Gruppe jüdischer Akademiker und Studierender Stellung, darunter Michael Barenboim von der Barenboim-Said-Akademie und Susan Neiman, Direktorin des Einstein Forums. Auch sie äußern sich überrascht über die Auswahl der Sprecher und vermissen die notwendige Pluralität jüdischer Positionen und Erfahrungen in Bildungsinstitutionen. Sie argumentieren, dass der Zentralrat der Juden vorwiegend konservative Positionen vertritt, und vermissen kritische jüdische und israelische Stimmen, etwa zum israelischen Militäreinsatz in Gaza.
Gerade wenn man Antisemitismus effektiv bekämpfen wolle, sei sehr sorgfältig zwischen berechtigter Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung und antisemitischen Anfeindungen gegenüber Israel als Ganzem zu unterscheiden. “Wenn wir dies nicht tun, leisten wir in der daraus folgenden Pauschalisierung erst recht dem Antisemitismus Vorschub.”
Wissenschaft belastet das Klima. Je nach Disziplin ist der individuelle “CO₂-Fußabdruck” der Forscherinnen und Forscher teils erheblich größer als der eines durchschnittlichen Bundesbürgers, den das Statistische Bundesamt mit rund acht Tonnen pro Jahr beziffert (Zahl für 2020). Vor allem Flugreisen schlagen zu Buche, aber auch der hohe Stromverbrauch von Rechenzentren, Modellierungen und das Arbeiten mit KI-Systemen. Hinzu kommen große Infrastrukturen, die viel Stahl und Beton erfordern, was ebenfalls auf die Klimabilanz schlägt.
Am Beispiel von Astronomen hat dies ein Team um Jürgen Knödlseder von der Universität Toulouse durchgerechnet. Für den Bau und Betrieb von Teleskopen wie “ALMA” oder “La Silla”, ebenso für weltraumgestützte Observatorien wie “Hubble”, kommen sie auf einen Treibhausgasausstoß von 37 Tonnen pro Jahr und Forscherin oder Forscher, wobei die Schwankungsbreite mit 14 Tonnen erheblich ist.
Klimaschutz und Nachhaltigkeit werden zunehmend wichtig für die Communities. Auch die großen Forschungsorganisationen haben sich entsprechende Ziele gesetzt. Fraunhofer beispielsweise will die Emissionen der eigenen Organisation bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 2020 reduzieren, bis 2045 soll Fraunhofer klimaneutral betrieben werden. Die Max-Planck-Gesellschaft hat sich jüngst verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2029 im Vergleich zu 2019 zu halbieren. Bei den Helmholtz-Zentren haben viele einen Zeithorizont festgelegt, bis wann sie Klimaneutralität erreichen wollen. Sie variieren von KIT Campus Nord (bis 2030) über DLR, HZB und DKFZ (2035) bis MDC (2038) sowie GFZ (im Zeitraum von 2030 bis 2040).
Die Maßnahmen, die auf Anfrage von Table.Briefings genannt werden, ähneln sich:
Die Ziele der Organisationen sind ambitioniert, wie auch aus den Instituten immer wieder zu hören ist. Und sie stecken teilweise in einem Dilemma: Sie forschen selbst an Lösungen für eine nachhaltige Gesellschaft, zu denen verbesserte Solaranlagen und Batterien gehören oder die klimaschonende Luftfahrt. Doch gerade diese Forschung erfordert heute noch energieintensive Infrastrukturen.
Kurzfristige wirksame Maßnahmen seien weitgehend umgesetzt, erklärt die Fraunhofer-Gesellschaft. Die nächsten Schritte seien besonders herausfordernd, sie beträfen insbesondere die Transformation der Liegenschaften, also energetische Sanierungen, Nachhaltigkeit im Bauprozess und neue Finanzierungsmechanismen. “Bei vielen dieser Vorhaben brauchen wir Unterstützung von außen, um unsere Rahmenbedingungen zu verbessern. Wir befinden uns in einem konstruktiven Diskussionsprozess mit Politik und Zuwendungsgebern, um Sanierungsprozesse zu beschleunigen und die entsprechenden Regeln zu vereinfachen. Solche Vereinfachungen sind notwendig, um unsere Roadmap zeitgerecht abzuarbeiten und das Klimaziel rechtzeitig zu erreichen.”
Während sich die Spitzen der Institute und Organisationen mit den großen Linien im Klimaschutz befassen, entbindet das nicht die einzelnen Mitarbeiter von ihrer Verantwortung, meint etwa Jürgen Gerhards, Makrosoziologe an der FU Berlin. Er hat sich vor allem mit den reisebedingten CO₂-Emissionen befasst. Unter seiner Führung haben 2022 die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften und die Junge Akademie ein Papier mit dem Titel “Klimaschutz und Dienstreisen: Empfehlungen für ein umweltschonendes Reiseverhalten in der Wissenschaft” publiziert.
Im Gespräch mit Table.Briefings unterscheidet er zwischen Motiven und Argumentationen der “irrsinnigen” Vielfliegerei. Das Motiv, so Gerhards, ist der Wunsch zu reisen. Eine Tagung in Istanbul lade schließlich dazu ein, noch das Wochenende für private Erkundungen dranzuhängen. “Das wird befördert durch Anbieter, die mit Konferenzen Geld verdienen. Und dadurch, dass der einzelne Forscher dies nicht selbst zahlen muss, sondern über Drittmittel finanziert.” Argumentiert werde hingegen mit Networking und Austausch, die wichtig seien. “Das trifft nur zum Teil zu. Man kann problemlos 60 Prozent der Flugaktivitäten reduzieren, ohne Schaden zu nehmen”, sagt Gerhards. Virtuelle Treffen hätten auch starke Vorteile: Eltern kleiner Kinder sind nicht so lange fort und insbesondere Kolleginnen und Kollegen aus dem Globalen Süden, die teils große Probleme bei der Visaerteilung haben, können besser in gemeinsame Projekte eingebunden werden.
Ein besonderer Anreiz zur Flugvermeidung wird an der Universität Konstanz praktiziert. Er ist freiwillig für alle Arbeitsgruppen, die sich beteiligen möchten. Auf jeden Flug wird eine Gebühr erhoben, die in einen Topf kommt. Am Jahresende wird der “Gewinn” verteilt, eine Hälfte geht an alle teilnehmenden Arbeitsgruppen, die zweite abhängig von der Reduktion gegenüber einem Referenzjahr in den einzelnen Gruppen. Rund zwei Drittel der Arbeitsgruppen nähmen teil, sagt die Konstanzer Mikrosoziologin Claudia Diehl, die maßgeblich an dem Projekt beteiligt ist. Sie wertet das als gutes Zeichen. Für sie ist entscheidend, dass das Modell aus der Universität heraus entwickelt wurde und nicht von der Leitung verordnet. Ihre Motivation: “Wenn wir es an der Uni nicht hinbekommen, nachhaltiger zu agieren, wie soll es dann der Gesellschaft gelingen?”
Ähnlich formuliert es der Astronom Jörn Wilms von der Universität Erlangen-Nürnberg. Er sieht sein Fach mit ausgeprägter Internationalisierung und großen Infrastrukturen als geeignetes Studienobjekt, an dem zu zeigen wäre, wie man dennoch nachhaltig Wissenschaft betreiben kann. “Viele Meetings werden inzwischen virtuell oder hybrid angeboten”, sagt er. Zudem werde geschaut, woher die Teilnehmer kommen und nach einer geografisch günstigen Location gesucht. Wilms sieht aber auch Hemmnisse durch administrative Vorgaben. “Bei der Beschaffung von Instrumenten sind wir an den billigsten Anbieter gebunden, doch die sind meist in Fernost”, sagt er. “Die Transporte sind eine ökologische Katastrophe.”
Wilms ist derzeit an einer Neuauflage der “Denkschrift Astronomie” beteiligt, in der sich die Fach-Community auf wichtige Ziele einigt. Geht es nach ihm, soll dort klar gefordert werden, bei Projekten auch einen CO₂-Impact zu berechnen. Damit, so hofft der Forscher, ließe sich auch in der Politik und bei Geldgebern ein Bewusstsein schaffen für Klimaschutzmöglichkeiten: vom klimafreundlichen Beton unter Teleskopen bis zu Software-Verbesserungen, die die Datenverarbeitung effizienter machen und damit Energie sparen.
27. und 28. Juni 2024, ab 10:00 Uhr, Station Berlin und Livestream
Jahrestagung der Humboldt-Stiftung Eröffnung der Jahrestagung mit Festvortrag von Humboldt-Professor Jochen Guck Livestream
1. bis 3. Juli 2024, Universität Potsdam
Versammlung DFG-Jahresversammlung Mehr
5. Juli 2024, 21:00 – 22:30 Uhr, Vortragssaal der Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale)
Leopoldina-Unterhausdebatte “Was darf Forschung? Über Freiheit und Grenzen von Wissenschaft”
25. September 2024, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU)
Jahreskolloquium des Bayerischen Wissenschaftsforums Transformationskompetenz in Wissenschaft und Hochschule Mehr
23. bis 25. Oktober 2024 am ETH AI Center in Zürich, Schweiz
Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) und CampusSource Agilität und KI in Hochschulen Mehr
Es ist eine Rekordsumme für den Forschungsstandort Niedersachsen: In diesem Sommer werden im Rahmen des Förderprogramms zukunft.niedersachsen 188,7 Millionen Euro für neue Projekte aufgewendet, mit 263,9 Millionen Euro werden bereits bewilligte Projekte fortgeführt. Den entsprechenden Verwendungsvorschlag des niedersächsischen Wissenschaftsministeriums habe das Kuratorium der VolkswagenStiftung am 21. Juni bestätigt, teilte die Stiftung am Dienstag mit.
“Mit über 450 Millionen Euro zusätzlich können wir Niedersachsens Wissenschaft so stark fördern wie nie zuvor. Mit dem Geld wollen wir die Hochschulen dabei unterstützen, ihre Profile weiter zu schärfen und sich im Wissenschaftswettbewerb zukunftsfähig aufzustellen”, sagt Georg Schütte, Generalsekretär der VolkswagenStiftung. Besonderes Augenmerk lege man auf kooperative Forschungsprojekte, “über 90 Prozent der Mittel fließen in fächerübergreifende Vorhaben”, sagte der niedersächsische Wissenschaftsminister Falko Mohrs.
Der überwiegende Teil der Mittel für das Programm resultiere aus dem Gegenwert der jährlichen Dividende auf nominal 30,2 Millionen VW-Treuhandaktien des Landes Niedersachsen. Satzungsgemäß seien die Fördermittel an wissenschaftliche Einrichtungen im Land Niedersachsen zu vergeben. Zusätzlich stehen einmalig 576,3 Millionen Euro aus der Sonderdividende aus dem Börsengang der Porsche AG zur Verfügung.
Das Förderprogramm umfasst die Bereiche Transformation, Digitalität und Spitzenforschung. Bewilligt wurden insgesamt 23 Projekte. Dazu gehören:
Einen Überblick über den Forschungsstandort Niedersachsen finden Sie in der Table.Briefings-Serie Länderkompass. abg
Ein Vorschlag im Intelligence Authorization Act zum Ausschluss von chinesischen und russischen Wissenschaftlern aus den nationalen Labors des Department of Energy (DOE) wurde einstimmig vom Senatsausschuss für Geheimdienste vorangetrieben. Der Vorschlag betrifft auch Bürger aus Iran, Nordkorea und Kuba.
Das DOE selbst befürchtet, dass dies die internationalen wissenschaftlichen Kooperationen und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der USA beeinträchtigen könnte. Die Biden-Administration lehnt den Vorschlag ebenfalls ab. Dieser würde die Zusammenarbeit mit Experten aus China und Russland in sicherheitsrelevanten Bereichen stark einschränken. Unter anderem wird befürchtet, dass diese Regelung die Möglichkeiten, mit chinesischen und russischen Experten über die Nichtverbreitung von biologischen, chemischen und nuklearen Waffen zu sprechen, stark einschränken würde. mw
Financial Times. US unveils draft plan to restrict investment in Chinese technology. Die Biden-Administration hat einen Gesetzentwurf zur Beschränkung von US-Investitionen in chinesische Spitzentechnologie vorgelegt, um die Modernisierung des chinesischen Militärs zu behindern. Die Regelung zielt darauf ab, den Fluss von US-Technologie, Kapital und Know-how an Gruppen in China, die mit dem Militär kooperieren, einzuschränken. Umfassende Investitionsverbote sollen eingeführt werden und US-Investoren müssen die Regierung über bestimmte Transaktionen informieren. Ausnahmen sind möglich, etwa für Investitionen in börsengehandelte Wertpapiere. Die Maßnahme ergänzt bestehende Exportkontrollen und soll verhindern, dass US-Investitionen die Entwicklung sensibler Technologien in China unterstützen. Die Regelung könnte nach einer sechswöchigen öffentlichen Kommentierungsphase angepasst werden. Mehr
Nature. We can make the UK a science superpower – with a radical political manifesto. Paul Nurse fordert, die Wissenschaft ins Zentrum des politischen Diskurses in Großbritannien zu rücken. Nur so könnten Wirtschaftswachstum oder Umweltfragen effektiv angegangen werden. Trotz der hohen Qualität der britischen Wissenschaft ist diese durch unzureichende öffentliche Investitionen gefährdet. Das Vereinigte Königreich liegt bei den F&E-Ausgaben hinter anderen führenden Volkswirtschaften zurück. Nurse schlägt eine stabile FuE-Politik zur schrittweisen Erhöhung der Investitionen und ein umfassendes Finanzierungsmodell vor, das alle Forschungskosten abdeckt. Er betont die Notwendigkeit, unterfinanzierte Universitäten zu unterstützen, Bürokratie abzubauen und die Einwanderungspolitik zu reformieren, um globale Talente anzuziehen. Mehr
Wenn am 9. Juli in Malta der europäische Erfinderpreis (EPO) verliehen wird, darf auch Cordelia Schmid auf eine Auszeichnung hoffen. Die deutsche Wissenschaftlerin ist in der Kategorie Forschung für ihre innovative Arbeit mit computerbasierter Bildverarbeitung nominiert. Beim Publikumspreis tritt sie mit ihrem Team gegen Konkurrenten aus Malta und Frankreich an.
Die 56-Jährige setzte sich mit der Bildverarbeitung auseinander, lange bevor der Hype für Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Deep Learning im Mainstream angekommen war. “Als ich angefangen habe, hat sich kaum jemand wirklich für diese Themen interessiert”, sagt Schmid rückblickend.
Sie startete ihre Karriere mit einem Studium der Informatik am Karlsruher Institut für Technologie im Jahre 1987. Bereits in ihrer Diplomarbeit fokussierte sich Schmid auf die Bildverarbeitung. Von Beginn an bestand ihre Motivation darin, die anfangs rudimentäre Technik der automatischen Bildverarbeitung stets weiterzuentwickeln. “Zuerst konnte die KI nicht einmal einen Würfel erkennen“, erinnert sie sich.
Es folgten ständige Fortschritte, unter anderem während ihrer Promotion, die sie am französischen Institut Polytechnique de Grenoble absolvierte. 2001 folgte die Habilitation mit dem Thema “From image matching to learning visual models”. Seit 2004 leitet sie ihre eigene Forschungsgruppe am nationalen Forschungsinstitut für Informatik und Automatisierung, wo sie das Thema der KI-gesteuerten Bildverarbeitung seitdem ständig weiterentwickelt. Seit 2018 arbeitet sie zudem bei Google, wo sie seitdem an der praktischen Anwendung der Techniken mitarbeitet.
Nachdem Schmid 2023 bereits den mit einer Million Euro dotierten Körber-Preis für die europäische Wissenschaft erhalten hatte, könnte sie im Juli mit dem vom Europäischen Patentamt verliehenen EPO nachziehen. Im Fokus steht dabei die von Schmid vorangetriebene Nutzung von maschinellem Lernen, um die Wahrnehmung und Verarbeitung von Computersystemen zu verbessern. Bereits heute wird die Technik beim autonomen Fahren, bei der Diagnostik im Gesundheitswesen oder der interaktiven Robotik eingesetzt.
Gerade die Robotik könnte in wenigen Jahren in vielen Alltagsbereichen aushelfen, beispielsweise als Ausgleich zum Fachkräftemangel. Die Nachfrage sei derzeit in der Altenpflege bereits groß, wo selbstfahrende Plattformen mithilfe von Schmids Technik Senioren im Alltag unterstützen könnten. “Schon heute können Roboter den Betroffenen etwas an den Tisch bringen, etwas für sie halten oder mit ihnen Musik machen”, führt Schmid aus. In Zukunft sei es zudem vorstellbar, KI-Agenten in der Schule einzusetzen, um Lehrkräfte zu entlasten. “Ich gehe davon aus, dass viele Entwicklungen schneller kommen, als man jetzt noch denkt”, sagt sie.
Verbreitet eingesetzt werden sie allerdings noch nicht. Die nächsten Ziele liegen nach Angaben der Wissenschaftlerin darin, die Technik und die Algorithmen hinter den Systemen robuster und interpretierbarer zu machen, die dahinterliegenden Prozesse also nachvollziehbarer zu gestalten. Zudem gelte es, die Energieffizienz der Computer zu verbessern.
Den rasanten Fortschritt im Bereich der KI-Systeme sieht Schmid positiv, obwohl Obacht geboten sei, “dass sie nicht für schlechte Zwecke wie Fake News genutzt werden”. Eine erste europaweite Regulierung der Entwicklung durch den AI Act halte sie gesellschaftlich für eine vernünftige Lösung. Für die Forschung müsse man allerdings “einen guten Mittelweg finden, um auch nicht zu viel zu regulieren”, meint Schmid.
Die Nominierung für den europäischen Erfinderpreis möchte Schmid gezielt auch als positives Zeichen für den Wissenschaftsstandort Europa verstanden wissen. Auch in Zukunft solle europaweit sichergestellt werden, “dass man nicht hinter die USA und andere Länder zurückfällt”, sagt Schmid. Daher fordert sie: “Wir sollten nicht zu lange warten, die Entwicklungen in den Alltag zu bringen, sonst könnten wir in Europa wichtige Zeit verlieren.” Jasper Bennink
Jessica Bönsch wird Geschäftsführende Vorständin der Stiftung Jugend forscht e. V. Die MINT-Bildungsexpertin übernimmt die Leitung des Nachwuchswettbewerbs zum 1. Oktober und ist derzeit Bereichsleiterin Bildung & Wissenschaft bei der Nordmetall-Stiftung in Hamburg.
Frauke Gräter wird neue Direktorin am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz. Sie war bisher Leiterin der HITS-Gruppe “Molecular Biomechanics” und Professorin für Molekulare Biomechanik an der Universität Heidelberg.
Norbert Lossau ist Gründungsdirektor der Hochschule.digital Niedersachsen, eine Dachinitiative von Landeshochschulkonferenz Niedersachsen gemeinsam mit dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung. Lossau war von 2006 bis 2013 Direktor der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen und von 2013 bis 2023 Vizepräsident der Universität Göttingen.
Markus Neuhaus wird neuer Kanzler der Technischen Universität Dortmund. Er ist dort bisher Dezernent Personal und folgt auf Albrecht Ehlers, der Ende 2023 in den Ruhestand getreten war.
Joachim Spranger, Dekan an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, und Esther Troost, Dekanin an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden, sind neu ins Präsidium des Medizinischen Fakultätentages gewählt worden.
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Berlin.Table. Autorin des Rias-Bericht: “Polizei gab ihnen eine Mitschuld, weil sie als Juden erkennbar waren”. RIAS erfasste seit dem 7. Oktober mehr antisemitische Vorfälle als im ganzen Vorjahr. Bianca Loy, Co-Autorin des Berichts, spricht über besonders einprägsame Fälle, Mängel bei der Polizei und die Folgen für Betroffene – den Rückzug jüdischer Menschen aus der Öffentlichkeit in Deutschland. Mehr
ESG.Table. Rohstoffe: Wie schmutziges Lithium für eine saubere Energiewende sorgen soll. Im brandenburgischen Guben soll ein zentrales Projekt der Energie- und Verkehrswende entstehen. Doch es mehren sich Zweifel, ob das Start-up Rock Tech Lithium eine nachhaltige Lieferkette aufbauen kann. Mehr
Bildung.Table. Inklusion: Warum die sinkende Förderquote ein Trugschluss ist. Neue Zahlen der Bertelsmann Stiftung legen nahe, dass in Deutschland der Anteil der Schüler mit Förderbedarf zurückgegangen ist. Doch dabei sind die vielen zugewanderten Schüler noch nicht erfasst. Und ein “Skandal-Thema” spiegelt sich auch nicht in den Zahlen wider. Mehr
China.Table. De-Risking: Was Deutschland von Japan, Südkorea und Taiwan lernen kann. Beim De-Risking könnten Taiwan, Japan und Südkorea mögliche Vorbilder für Deutschland sein. Sie setzen sich schon seit Jahren mit der Minimierung ihrer China-Risiken auseinander. Eine neue Studie vergleicht die unterschiedlichen Strategien. Mehr
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Ihr Eindruck: Die Ministerin versucht Komplexität aufzubauen, damit die einzelnen Stränge weniger nachvollziehbar wirken und nicht auf sie zurückfallen. Bettina Stark-Watzinger konnte weder im Ausschuss noch im Bundestag letzte Zweifel ausräumen, dass sie in die Affäre um die förderrechtliche Prüfung von politisch unliebsamen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern involviert war. Sie sieht keinen eigenen Fehler und konnte auch bei der Frage von Ruppert Stüwe (SPD): “Wie wollen Sie in Zukunft derartiges verhindern?”, keine konstruktive Antwort liefern.
Gleichzeitig versucht Stark-Watzinger – auch mithilfe ihrer Parteikollegen – den politischen Fokus auf ihren Kampf gegen den Antisemitismus in der Wissenschaft zu lenken. Man darf ein großes Fragezeichen machen, ob sich dieses Thema zu politischen Winkelzügen eignet. Der aktuell veröffentlichte Rias-Bericht weist eine deutliche Steigerung antisemitischer Vorfälle – auch an Hochschulen – aus. Anne Brüning hat sich im Forschungsausschuss angehört, welche Konzepte die Parteien haben und was die Regierung unternehmen will.
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Seit am Montag die Mail-Korrespondenz des BMBF zur Fördermittel-Affäre als IFG-Antwort veröffentlicht wurde, ist klar: Zahlreiche Mitglieder der oberen und mittleren Leitungsebene des Ministeriums waren in die Kommunikation zu dem umstritten Prüfauftrag involviert. Lediglich der klare Beweis, dass Bettina Stark-Watzinger von den Fördermittelprüfungen wusste, fehlt. Nachdem die Ministerin zuletzt in Interviews einen betont aufgeräumten Eindruck gemacht hatte, zeigte sie sich am gestrigen Mittwoch bei den Fragen der Abgeordneten im Forschungsausschuss und im Plenum deutlich unter Druck.
In ihrem Statement vor dem Forschungsausschuss ordnete die Ministerin nochmals die aus ihrer Sicht drei verschiedenen Vorgänge ein.
Die Ministerin wiederholte, dass die erstgenannte Prüfung auf förderrechtliche Konsequenzen aus ihrer Sicht der Wissenschaftsfreiheit widerspräche und weder von ihr gewollt noch beauftragt worden sei. “Unsere Fördermittel werden nach wissenschaftlicher Exzellenz vergeben, nicht nach politischer Weltanschauung.”
Aus den Fragen der Abgeordneten und den Antworten Stark-Watzingers ergaben sich einige neue Erkenntnisse. Ein Ziel hartnäckiger Nachfragen von Thomas Jarzombek war der Vorgang, der bereits am 10. Mai anscheinend durch das Pressereferat losgetreten wurde. Hier sei darüber hinaus der Leiter der Abteilung 4 beteiligt gewesen, der Vorgang sei dann jedoch auf der “Fachebene” verblieben, sagte die Ministerin. Sie selbst und auch der Leiter der Leitungsabteilung hätten darüber keine Kenntnis gehabt. Die Formulierung “auf der Fachebene verblieben” soll wohl bedeuten, dass die Staatssekretäre und die Ministerin sowie deren Stäbe persönlich nicht involviert waren.
Das wiederholte die Ministerin auch am Nachmittag im Bundestag. Die Fachebene selbst habe auch die Liste bei der Abteilung angefordert. Angeblich lediglich, um auf Nachfragen der Presse vorbereitet zu sein. Das scheint auch der Grund zu sein, weshalb die Ministerin keine personellen Konsequenzen aus diesem Vorgang ziehen wollte.
Bemerkenswert auch, welche weiteren Fragen die Ministerin nicht, oder nur teilweise beantworten wollte. Die Frage, ob in einer Morgenlage zwischen dem 8. und dem 13. Mai mit ihrer Beteiligung über den offenen Brief gesprochen wurde, wollte Stark-Watzinger nicht klar mit Ja oder Nein beantworten.
Forschungspolitiker aus der Opposition waren mit den Antworten kaum zufrieden. Nicole Gohlke von den Linken meinte: “Es ist doch unglaubwürdig, dass alle möglichen Menschen (im Ministerium) gleichzeitig diesen Prüfauftrag durchführen und eine Liste mit den besagten Hochschullehrenden anlegen, ohne dass Sie etwas davon wissen und ohne, dass Sie das direkt in Auftrag gegeben haben wollen.”
Auch Thomas Jarzombek (CDU) war mit den Antworten der Ministerin nicht glücklich. Man werde weiter nachfragen. “Von sieben Fragen sind fünf unbeantwortet geblieben.” Zentral ist für ihn vor allem zu erfahren, wer den Auftrag zur Erstellung der Liste erteilt hat und auf wessen Weisung es erfolgte. “Wir versuchen herauszukriegen, was wirklich passiert ist.”
Selbst innerhalb der Ampel bleibt man kritisch: Oliver Kaczmarek (SPD) nannte die Befragung der Ministerin einen ersten Schritt. “Weitere müssen folgen. Gerade weil wir nicht wissen, welche Veröffentlichungen noch kommen.” Das Vertrauen der Wissenschaft in das BMBF sei angeknackst. Die Ministerin müsse auch die Unterzeichner des offenen Briefs ernst nehmen, auf sie zugehen und deutlich machen, dass es nur wissenschaftsgeleitete Förderentscheidungen und keine politische Einflussnahme gibt.
In der Befragung wurde jedoch deutlich, dass die Ministerin mit der Antwort auf die “Frag den Staat-Anfrage” und der Herausgabe der Mail-Korrespondenz den Vorgang als abgeschlossen betrachtet. Es gelte nun, den personellen Neuaufstellung zügig voranzubringen. Das Gespräch mit der Wissenschaft wolle sie verstärken und dabei über Antisemitismus an Hochschulen reden.
Konkrete Termine und Ansprechpartner nannte die Ministerin jedoch nicht. Auch nicht für ein Gespräch mit den Unterzeichnern des offenen Briefs, zu dem ihr in einer öffentlich bekannt gewordenen Besprechung mit der Allianz der Wissenschaftsorganisationen geraten wurde.
Die Zahlen sind beklemmend: 2023 wurden in Deutschland fast 83 Prozent mehr antisemitische Vorfälle dokumentiert als im Vorjahr. Insgesamt waren es dem Bundesverband Rias zufolge 4.782 – so viele wie nie zuvor. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 sei die Zahl sprunghaft angestiegen, heißt es in dem am Dienstag vorgestellten Jahresbericht 2023.
Bei der Aufgliederung nach Tatorten stehen Bildungseinrichtungen (nach Straße und Internet), an dritter Stelle. Dazu gehören etwa Kindergärten, Schulen, Hochschulen und Museen. 471 antisemitische Vorfälle wurden dort im vergangenen Jahr erfasst, im Jahr zuvor waren es 184.
Für Table.Briefings hat Rias die Zahlen aus dem Bericht genauer aufgeschlüsselt. Demnach fanden 233 der 471 Vorfälle an Schulen statt und 150 an Hochschulen. Zum Vergleich: 2022 wurden an Hochschulen 23 antisemitische Vorfälle dokumentiert.
Wie sich Antisemitismus an Bildungs- und Forschungseinrichtungen bekämpfen lässt, wurde am gestrigen Mittwoch in einem Fachgespräch im Forschungsausschuss beraten. Zu dem Thema liegt seit April ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion vor, in dem angeregt wird, die Hochschulgesetze mit Blick auf die Möglichkeit der Exmatrikulation anzupassen.
Darüber hinaus wird vorgeschlagen, in der Exzellenzstrategie ein konsequentes Vorgehen gegen Antisemitismus zu verankern und Universitäten, die nicht dagegen vorgehen, keine Bundesmittel zu geben. Die Union will aus dem Antrag eine interfraktionelle Initiative machen – und wartet bereits seit Monaten, wie CDU-Forschungspolitiker Thomas Jarzombek Table.Briefings sagte, auf den nächsten Schritt vonseiten der Ampel-Parteien.
Dominierender Aspekt des Fachgesprächs waren die propalästinensischen Proteste an Hochschulen. Mit der Zunahme der Besetzungen sei der Umgang der Hochschulen mit dieser Situation stärker in den Fokus gerückt, sagte der als Sachverständiger geladene HRK-Präsident Walter Rosenthal. Die Situation sei jedoch häufig sehr unübersichtlich, man müsse dabei klar differenzieren. Hochschulen gehe es weiterhin um die Bereitstellung von Diskussionsräumen.
Der HRK-Präsident betonte: “Die Hochschulleitungen haben Ermessensspielräume und wir bitten die Politik und auch die Presse, diese zu akzeptieren und nicht von der Seitenlinie irgendwelche Kommentare auf die Schnelle loszulassen.” Dass Wissenschaftler und auch Hochschulleitungen an den medialen Pranger gestellt wurden, sei in keiner Weise akzeptabel.
Wie heikel es ist, das Thema Antisemitismus auf die Tagesordnung zu setzen, zeigt unter anderem die Reaktion des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) der TU Berlin. Es zählte nicht zu den geladenen Sachverständigen und moniert dies in einem Brief an den Ausschuss. Man habe “mit Irritation und Bedauern zur Kenntnis genommen” nicht eingeladen zu sein, schreiben die Historiker Uffa Jensen und Stefanie Schüler-Springorum. Dabei sei das ZfA die einzige wissenschaftliche Einrichtung, die sich seit mehr als 40 Jahren in Deutschland und im kontinentalen Europa mit der Erforschung des Antisemitismus beschäftige.
Vor allem Jensen, seit Mai auch Antisemitismusbeauftragter an der TU Berlin, steht bei jüdischen Verbänden in der Kritik. Der Zentralrat der Juden wirft ihm vor, ein Gegner der IHRA-Definition zu sein. Auch habe er es nicht geschafft, glaubwürdig die Gefahren des muslimisch geprägten Antisemitismus zu benennen. Der Forschungsausschuss hat die Beschwerde unter dem Stichwort “Unaufgeforderte Stellungnahme” auf die Website gestellt.
Ebenfalls unaufgefordert nahm im Vorfeld eine Gruppe jüdischer Akademiker und Studierender Stellung, darunter Michael Barenboim von der Barenboim-Said-Akademie und Susan Neiman, Direktorin des Einstein Forums. Auch sie äußern sich überrascht über die Auswahl der Sprecher und vermissen die notwendige Pluralität jüdischer Positionen und Erfahrungen in Bildungsinstitutionen. Sie argumentieren, dass der Zentralrat der Juden vorwiegend konservative Positionen vertritt, und vermissen kritische jüdische und israelische Stimmen, etwa zum israelischen Militäreinsatz in Gaza.
Gerade wenn man Antisemitismus effektiv bekämpfen wolle, sei sehr sorgfältig zwischen berechtigter Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung und antisemitischen Anfeindungen gegenüber Israel als Ganzem zu unterscheiden. “Wenn wir dies nicht tun, leisten wir in der daraus folgenden Pauschalisierung erst recht dem Antisemitismus Vorschub.”
Wissenschaft belastet das Klima. Je nach Disziplin ist der individuelle “CO₂-Fußabdruck” der Forscherinnen und Forscher teils erheblich größer als der eines durchschnittlichen Bundesbürgers, den das Statistische Bundesamt mit rund acht Tonnen pro Jahr beziffert (Zahl für 2020). Vor allem Flugreisen schlagen zu Buche, aber auch der hohe Stromverbrauch von Rechenzentren, Modellierungen und das Arbeiten mit KI-Systemen. Hinzu kommen große Infrastrukturen, die viel Stahl und Beton erfordern, was ebenfalls auf die Klimabilanz schlägt.
Am Beispiel von Astronomen hat dies ein Team um Jürgen Knödlseder von der Universität Toulouse durchgerechnet. Für den Bau und Betrieb von Teleskopen wie “ALMA” oder “La Silla”, ebenso für weltraumgestützte Observatorien wie “Hubble”, kommen sie auf einen Treibhausgasausstoß von 37 Tonnen pro Jahr und Forscherin oder Forscher, wobei die Schwankungsbreite mit 14 Tonnen erheblich ist.
Klimaschutz und Nachhaltigkeit werden zunehmend wichtig für die Communities. Auch die großen Forschungsorganisationen haben sich entsprechende Ziele gesetzt. Fraunhofer beispielsweise will die Emissionen der eigenen Organisation bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 2020 reduzieren, bis 2045 soll Fraunhofer klimaneutral betrieben werden. Die Max-Planck-Gesellschaft hat sich jüngst verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2029 im Vergleich zu 2019 zu halbieren. Bei den Helmholtz-Zentren haben viele einen Zeithorizont festgelegt, bis wann sie Klimaneutralität erreichen wollen. Sie variieren von KIT Campus Nord (bis 2030) über DLR, HZB und DKFZ (2035) bis MDC (2038) sowie GFZ (im Zeitraum von 2030 bis 2040).
Die Maßnahmen, die auf Anfrage von Table.Briefings genannt werden, ähneln sich:
Die Ziele der Organisationen sind ambitioniert, wie auch aus den Instituten immer wieder zu hören ist. Und sie stecken teilweise in einem Dilemma: Sie forschen selbst an Lösungen für eine nachhaltige Gesellschaft, zu denen verbesserte Solaranlagen und Batterien gehören oder die klimaschonende Luftfahrt. Doch gerade diese Forschung erfordert heute noch energieintensive Infrastrukturen.
Kurzfristige wirksame Maßnahmen seien weitgehend umgesetzt, erklärt die Fraunhofer-Gesellschaft. Die nächsten Schritte seien besonders herausfordernd, sie beträfen insbesondere die Transformation der Liegenschaften, also energetische Sanierungen, Nachhaltigkeit im Bauprozess und neue Finanzierungsmechanismen. “Bei vielen dieser Vorhaben brauchen wir Unterstützung von außen, um unsere Rahmenbedingungen zu verbessern. Wir befinden uns in einem konstruktiven Diskussionsprozess mit Politik und Zuwendungsgebern, um Sanierungsprozesse zu beschleunigen und die entsprechenden Regeln zu vereinfachen. Solche Vereinfachungen sind notwendig, um unsere Roadmap zeitgerecht abzuarbeiten und das Klimaziel rechtzeitig zu erreichen.”
Während sich die Spitzen der Institute und Organisationen mit den großen Linien im Klimaschutz befassen, entbindet das nicht die einzelnen Mitarbeiter von ihrer Verantwortung, meint etwa Jürgen Gerhards, Makrosoziologe an der FU Berlin. Er hat sich vor allem mit den reisebedingten CO₂-Emissionen befasst. Unter seiner Führung haben 2022 die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften und die Junge Akademie ein Papier mit dem Titel “Klimaschutz und Dienstreisen: Empfehlungen für ein umweltschonendes Reiseverhalten in der Wissenschaft” publiziert.
Im Gespräch mit Table.Briefings unterscheidet er zwischen Motiven und Argumentationen der “irrsinnigen” Vielfliegerei. Das Motiv, so Gerhards, ist der Wunsch zu reisen. Eine Tagung in Istanbul lade schließlich dazu ein, noch das Wochenende für private Erkundungen dranzuhängen. “Das wird befördert durch Anbieter, die mit Konferenzen Geld verdienen. Und dadurch, dass der einzelne Forscher dies nicht selbst zahlen muss, sondern über Drittmittel finanziert.” Argumentiert werde hingegen mit Networking und Austausch, die wichtig seien. “Das trifft nur zum Teil zu. Man kann problemlos 60 Prozent der Flugaktivitäten reduzieren, ohne Schaden zu nehmen”, sagt Gerhards. Virtuelle Treffen hätten auch starke Vorteile: Eltern kleiner Kinder sind nicht so lange fort und insbesondere Kolleginnen und Kollegen aus dem Globalen Süden, die teils große Probleme bei der Visaerteilung haben, können besser in gemeinsame Projekte eingebunden werden.
Ein besonderer Anreiz zur Flugvermeidung wird an der Universität Konstanz praktiziert. Er ist freiwillig für alle Arbeitsgruppen, die sich beteiligen möchten. Auf jeden Flug wird eine Gebühr erhoben, die in einen Topf kommt. Am Jahresende wird der “Gewinn” verteilt, eine Hälfte geht an alle teilnehmenden Arbeitsgruppen, die zweite abhängig von der Reduktion gegenüber einem Referenzjahr in den einzelnen Gruppen. Rund zwei Drittel der Arbeitsgruppen nähmen teil, sagt die Konstanzer Mikrosoziologin Claudia Diehl, die maßgeblich an dem Projekt beteiligt ist. Sie wertet das als gutes Zeichen. Für sie ist entscheidend, dass das Modell aus der Universität heraus entwickelt wurde und nicht von der Leitung verordnet. Ihre Motivation: “Wenn wir es an der Uni nicht hinbekommen, nachhaltiger zu agieren, wie soll es dann der Gesellschaft gelingen?”
Ähnlich formuliert es der Astronom Jörn Wilms von der Universität Erlangen-Nürnberg. Er sieht sein Fach mit ausgeprägter Internationalisierung und großen Infrastrukturen als geeignetes Studienobjekt, an dem zu zeigen wäre, wie man dennoch nachhaltig Wissenschaft betreiben kann. “Viele Meetings werden inzwischen virtuell oder hybrid angeboten”, sagt er. Zudem werde geschaut, woher die Teilnehmer kommen und nach einer geografisch günstigen Location gesucht. Wilms sieht aber auch Hemmnisse durch administrative Vorgaben. “Bei der Beschaffung von Instrumenten sind wir an den billigsten Anbieter gebunden, doch die sind meist in Fernost”, sagt er. “Die Transporte sind eine ökologische Katastrophe.”
Wilms ist derzeit an einer Neuauflage der “Denkschrift Astronomie” beteiligt, in der sich die Fach-Community auf wichtige Ziele einigt. Geht es nach ihm, soll dort klar gefordert werden, bei Projekten auch einen CO₂-Impact zu berechnen. Damit, so hofft der Forscher, ließe sich auch in der Politik und bei Geldgebern ein Bewusstsein schaffen für Klimaschutzmöglichkeiten: vom klimafreundlichen Beton unter Teleskopen bis zu Software-Verbesserungen, die die Datenverarbeitung effizienter machen und damit Energie sparen.
27. und 28. Juni 2024, ab 10:00 Uhr, Station Berlin und Livestream
Jahrestagung der Humboldt-Stiftung Eröffnung der Jahrestagung mit Festvortrag von Humboldt-Professor Jochen Guck Livestream
1. bis 3. Juli 2024, Universität Potsdam
Versammlung DFG-Jahresversammlung Mehr
5. Juli 2024, 21:00 – 22:30 Uhr, Vortragssaal der Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale)
Leopoldina-Unterhausdebatte “Was darf Forschung? Über Freiheit und Grenzen von Wissenschaft”
25. September 2024, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU)
Jahreskolloquium des Bayerischen Wissenschaftsforums Transformationskompetenz in Wissenschaft und Hochschule Mehr
23. bis 25. Oktober 2024 am ETH AI Center in Zürich, Schweiz
Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) und CampusSource Agilität und KI in Hochschulen Mehr
Es ist eine Rekordsumme für den Forschungsstandort Niedersachsen: In diesem Sommer werden im Rahmen des Förderprogramms zukunft.niedersachsen 188,7 Millionen Euro für neue Projekte aufgewendet, mit 263,9 Millionen Euro werden bereits bewilligte Projekte fortgeführt. Den entsprechenden Verwendungsvorschlag des niedersächsischen Wissenschaftsministeriums habe das Kuratorium der VolkswagenStiftung am 21. Juni bestätigt, teilte die Stiftung am Dienstag mit.
“Mit über 450 Millionen Euro zusätzlich können wir Niedersachsens Wissenschaft so stark fördern wie nie zuvor. Mit dem Geld wollen wir die Hochschulen dabei unterstützen, ihre Profile weiter zu schärfen und sich im Wissenschaftswettbewerb zukunftsfähig aufzustellen”, sagt Georg Schütte, Generalsekretär der VolkswagenStiftung. Besonderes Augenmerk lege man auf kooperative Forschungsprojekte, “über 90 Prozent der Mittel fließen in fächerübergreifende Vorhaben”, sagte der niedersächsische Wissenschaftsminister Falko Mohrs.
Der überwiegende Teil der Mittel für das Programm resultiere aus dem Gegenwert der jährlichen Dividende auf nominal 30,2 Millionen VW-Treuhandaktien des Landes Niedersachsen. Satzungsgemäß seien die Fördermittel an wissenschaftliche Einrichtungen im Land Niedersachsen zu vergeben. Zusätzlich stehen einmalig 576,3 Millionen Euro aus der Sonderdividende aus dem Börsengang der Porsche AG zur Verfügung.
Das Förderprogramm umfasst die Bereiche Transformation, Digitalität und Spitzenforschung. Bewilligt wurden insgesamt 23 Projekte. Dazu gehören:
Einen Überblick über den Forschungsstandort Niedersachsen finden Sie in der Table.Briefings-Serie Länderkompass. abg
Ein Vorschlag im Intelligence Authorization Act zum Ausschluss von chinesischen und russischen Wissenschaftlern aus den nationalen Labors des Department of Energy (DOE) wurde einstimmig vom Senatsausschuss für Geheimdienste vorangetrieben. Der Vorschlag betrifft auch Bürger aus Iran, Nordkorea und Kuba.
Das DOE selbst befürchtet, dass dies die internationalen wissenschaftlichen Kooperationen und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der USA beeinträchtigen könnte. Die Biden-Administration lehnt den Vorschlag ebenfalls ab. Dieser würde die Zusammenarbeit mit Experten aus China und Russland in sicherheitsrelevanten Bereichen stark einschränken. Unter anderem wird befürchtet, dass diese Regelung die Möglichkeiten, mit chinesischen und russischen Experten über die Nichtverbreitung von biologischen, chemischen und nuklearen Waffen zu sprechen, stark einschränken würde. mw
Financial Times. US unveils draft plan to restrict investment in Chinese technology. Die Biden-Administration hat einen Gesetzentwurf zur Beschränkung von US-Investitionen in chinesische Spitzentechnologie vorgelegt, um die Modernisierung des chinesischen Militärs zu behindern. Die Regelung zielt darauf ab, den Fluss von US-Technologie, Kapital und Know-how an Gruppen in China, die mit dem Militär kooperieren, einzuschränken. Umfassende Investitionsverbote sollen eingeführt werden und US-Investoren müssen die Regierung über bestimmte Transaktionen informieren. Ausnahmen sind möglich, etwa für Investitionen in börsengehandelte Wertpapiere. Die Maßnahme ergänzt bestehende Exportkontrollen und soll verhindern, dass US-Investitionen die Entwicklung sensibler Technologien in China unterstützen. Die Regelung könnte nach einer sechswöchigen öffentlichen Kommentierungsphase angepasst werden. Mehr
Nature. We can make the UK a science superpower – with a radical political manifesto. Paul Nurse fordert, die Wissenschaft ins Zentrum des politischen Diskurses in Großbritannien zu rücken. Nur so könnten Wirtschaftswachstum oder Umweltfragen effektiv angegangen werden. Trotz der hohen Qualität der britischen Wissenschaft ist diese durch unzureichende öffentliche Investitionen gefährdet. Das Vereinigte Königreich liegt bei den F&E-Ausgaben hinter anderen führenden Volkswirtschaften zurück. Nurse schlägt eine stabile FuE-Politik zur schrittweisen Erhöhung der Investitionen und ein umfassendes Finanzierungsmodell vor, das alle Forschungskosten abdeckt. Er betont die Notwendigkeit, unterfinanzierte Universitäten zu unterstützen, Bürokratie abzubauen und die Einwanderungspolitik zu reformieren, um globale Talente anzuziehen. Mehr
Wenn am 9. Juli in Malta der europäische Erfinderpreis (EPO) verliehen wird, darf auch Cordelia Schmid auf eine Auszeichnung hoffen. Die deutsche Wissenschaftlerin ist in der Kategorie Forschung für ihre innovative Arbeit mit computerbasierter Bildverarbeitung nominiert. Beim Publikumspreis tritt sie mit ihrem Team gegen Konkurrenten aus Malta und Frankreich an.
Die 56-Jährige setzte sich mit der Bildverarbeitung auseinander, lange bevor der Hype für Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Deep Learning im Mainstream angekommen war. “Als ich angefangen habe, hat sich kaum jemand wirklich für diese Themen interessiert”, sagt Schmid rückblickend.
Sie startete ihre Karriere mit einem Studium der Informatik am Karlsruher Institut für Technologie im Jahre 1987. Bereits in ihrer Diplomarbeit fokussierte sich Schmid auf die Bildverarbeitung. Von Beginn an bestand ihre Motivation darin, die anfangs rudimentäre Technik der automatischen Bildverarbeitung stets weiterzuentwickeln. “Zuerst konnte die KI nicht einmal einen Würfel erkennen“, erinnert sie sich.
Es folgten ständige Fortschritte, unter anderem während ihrer Promotion, die sie am französischen Institut Polytechnique de Grenoble absolvierte. 2001 folgte die Habilitation mit dem Thema “From image matching to learning visual models”. Seit 2004 leitet sie ihre eigene Forschungsgruppe am nationalen Forschungsinstitut für Informatik und Automatisierung, wo sie das Thema der KI-gesteuerten Bildverarbeitung seitdem ständig weiterentwickelt. Seit 2018 arbeitet sie zudem bei Google, wo sie seitdem an der praktischen Anwendung der Techniken mitarbeitet.
Nachdem Schmid 2023 bereits den mit einer Million Euro dotierten Körber-Preis für die europäische Wissenschaft erhalten hatte, könnte sie im Juli mit dem vom Europäischen Patentamt verliehenen EPO nachziehen. Im Fokus steht dabei die von Schmid vorangetriebene Nutzung von maschinellem Lernen, um die Wahrnehmung und Verarbeitung von Computersystemen zu verbessern. Bereits heute wird die Technik beim autonomen Fahren, bei der Diagnostik im Gesundheitswesen oder der interaktiven Robotik eingesetzt.
Gerade die Robotik könnte in wenigen Jahren in vielen Alltagsbereichen aushelfen, beispielsweise als Ausgleich zum Fachkräftemangel. Die Nachfrage sei derzeit in der Altenpflege bereits groß, wo selbstfahrende Plattformen mithilfe von Schmids Technik Senioren im Alltag unterstützen könnten. “Schon heute können Roboter den Betroffenen etwas an den Tisch bringen, etwas für sie halten oder mit ihnen Musik machen”, führt Schmid aus. In Zukunft sei es zudem vorstellbar, KI-Agenten in der Schule einzusetzen, um Lehrkräfte zu entlasten. “Ich gehe davon aus, dass viele Entwicklungen schneller kommen, als man jetzt noch denkt”, sagt sie.
Verbreitet eingesetzt werden sie allerdings noch nicht. Die nächsten Ziele liegen nach Angaben der Wissenschaftlerin darin, die Technik und die Algorithmen hinter den Systemen robuster und interpretierbarer zu machen, die dahinterliegenden Prozesse also nachvollziehbarer zu gestalten. Zudem gelte es, die Energieffizienz der Computer zu verbessern.
Den rasanten Fortschritt im Bereich der KI-Systeme sieht Schmid positiv, obwohl Obacht geboten sei, “dass sie nicht für schlechte Zwecke wie Fake News genutzt werden”. Eine erste europaweite Regulierung der Entwicklung durch den AI Act halte sie gesellschaftlich für eine vernünftige Lösung. Für die Forschung müsse man allerdings “einen guten Mittelweg finden, um auch nicht zu viel zu regulieren”, meint Schmid.
Die Nominierung für den europäischen Erfinderpreis möchte Schmid gezielt auch als positives Zeichen für den Wissenschaftsstandort Europa verstanden wissen. Auch in Zukunft solle europaweit sichergestellt werden, “dass man nicht hinter die USA und andere Länder zurückfällt”, sagt Schmid. Daher fordert sie: “Wir sollten nicht zu lange warten, die Entwicklungen in den Alltag zu bringen, sonst könnten wir in Europa wichtige Zeit verlieren.” Jasper Bennink
Jessica Bönsch wird Geschäftsführende Vorständin der Stiftung Jugend forscht e. V. Die MINT-Bildungsexpertin übernimmt die Leitung des Nachwuchswettbewerbs zum 1. Oktober und ist derzeit Bereichsleiterin Bildung & Wissenschaft bei der Nordmetall-Stiftung in Hamburg.
Frauke Gräter wird neue Direktorin am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz. Sie war bisher Leiterin der HITS-Gruppe “Molecular Biomechanics” und Professorin für Molekulare Biomechanik an der Universität Heidelberg.
Norbert Lossau ist Gründungsdirektor der Hochschule.digital Niedersachsen, eine Dachinitiative von Landeshochschulkonferenz Niedersachsen gemeinsam mit dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung. Lossau war von 2006 bis 2013 Direktor der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen und von 2013 bis 2023 Vizepräsident der Universität Göttingen.
Markus Neuhaus wird neuer Kanzler der Technischen Universität Dortmund. Er ist dort bisher Dezernent Personal und folgt auf Albrecht Ehlers, der Ende 2023 in den Ruhestand getreten war.
Joachim Spranger, Dekan an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, und Esther Troost, Dekanin an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden, sind neu ins Präsidium des Medizinischen Fakultätentages gewählt worden.
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Berlin.Table. Autorin des Rias-Bericht: “Polizei gab ihnen eine Mitschuld, weil sie als Juden erkennbar waren”. RIAS erfasste seit dem 7. Oktober mehr antisemitische Vorfälle als im ganzen Vorjahr. Bianca Loy, Co-Autorin des Berichts, spricht über besonders einprägsame Fälle, Mängel bei der Polizei und die Folgen für Betroffene – den Rückzug jüdischer Menschen aus der Öffentlichkeit in Deutschland. Mehr
ESG.Table. Rohstoffe: Wie schmutziges Lithium für eine saubere Energiewende sorgen soll. Im brandenburgischen Guben soll ein zentrales Projekt der Energie- und Verkehrswende entstehen. Doch es mehren sich Zweifel, ob das Start-up Rock Tech Lithium eine nachhaltige Lieferkette aufbauen kann. Mehr
Bildung.Table. Inklusion: Warum die sinkende Förderquote ein Trugschluss ist. Neue Zahlen der Bertelsmann Stiftung legen nahe, dass in Deutschland der Anteil der Schüler mit Förderbedarf zurückgegangen ist. Doch dabei sind die vielen zugewanderten Schüler noch nicht erfasst. Und ein “Skandal-Thema” spiegelt sich auch nicht in den Zahlen wider. Mehr
China.Table. De-Risking: Was Deutschland von Japan, Südkorea und Taiwan lernen kann. Beim De-Risking könnten Taiwan, Japan und Südkorea mögliche Vorbilder für Deutschland sein. Sie setzen sich schon seit Jahren mit der Minimierung ihrer China-Risiken auseinander. Eine neue Studie vergleicht die unterschiedlichen Strategien. Mehr