Table.Briefing: Research

Kürzungen in der Batterieforschung + Netzwerk Universitätsmedizin setzt sich neue Ziele + Reemtsmas Sozialforschungs-Institut vor dem Aus

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Regierung plant, den Titel “Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Elektromobilität” im Klima- und Transformationsfonds zu streichen. Dahinter verbirgt sich unter anderem die Förderung der Batterieforschung über das BMBF.

Das Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien (KLiB) hat in einem Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Finanzminister Christian Lindner und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger vor den drastischen Konsequenzen der geplanten Streichung von rund 156 Millionen Euro für die Batterieforschung gewarnt. Mein Kollege Markus Weisskopf hat die Details.

Mit Beginn der Corona-Pandemie wurde schnell deutlich: Deutschland kann – im Gegensatz zu anderen Ländern – Forschungsdaten verschiedener Krankenhäuser nicht effektiv nutzen. “Wir konnten weder große klinische Studien noch Routinedaten aus der Versorgung der Patienten auf nationaler Ebene für die Forschung gebündelt verfügbar machen”, sagt Ralf Heyder, Leiter der Koordinierungsstelle des Netzwerks Universitätsmedizin (NUM). Deshalb wurde 2020 das Netzwerk gegründet, 36 Uniklinika arbeiten seitdem im NUM zusammen. Wie sich das Netzwerk entwickelt hat und was bei der NUM Convention diese Woche ansteht, berichtet unser Autor Rainer Kurlemann.

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Nicola Kuhrt
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Analyse

Batterieforschung: Ein Großteil der Förderung könnte wegfallen

Forschungsministerin Stark-Watzinger und Bundeskanzler Scholz erhielten Post vom Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien.

Die Batterieforschung und insbesondere der Transfer von der Forschung in die Unternehmen scheinen vor deutlichen Kürzungen zu stehen. Das Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien (KLiB) hat in einem Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Finanzminister Christian Lindner und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (beide FDP) vor den drastischen Konsequenzen der geplanten Streichung für die Batterieforschung gewarnt. Das Schreiben liegt Table.Media vor. 

Die Regierung plant, den Titel “Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Elektromobilität” im Klima- und Transformationsfonds zu streichen, was laut KLiB 75 Prozent der geplanten Fördermittel des Forschungsministeriums für die Batterieforschung beträfe. Das KLiB fordert die Regierung auf, die Streichung rückgängig zu machen und eine Batteriestrategie ähnlich der in Frankreich, Norwegen und Finnland zu entwickeln

Wo wird gekürzt? 

  • Die Förderung der Batterieforschung und des Transfers in diesem Bereich von ungefähr 156 Millionen Euro, die das BMBF über den KTF tätigt, steht anscheinend infrage. Dies wurde nun auch seitens des BMBF bestätigt. Nachdem das BMBF gut 53 Millionen Euro über den eigenen Haushalt – inklusive der Förderung der Errichtung der Forschungsfertigung Batteriezelle in Münster – in die Batterieforschung einbringt, könnte also ein wesentlicher Teil der gesamten Förderung wegfallen.  
  • Weiterhin wird wohl auch beim BMWK eingespart. Davon ist vor allem die Industrie betroffen. Insider schätzen jedoch, dass auch hier rund zehn Prozent der betroffenen Mittel in die Forschung geflossen wären. 

Auswirkungen der Kürzungen  

Die KLiB weist vor allem auf die Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit in “einer der wichtigsten Zukunftstechnologien des 21. Jahrhunderts” hin. Mit dem Dachkonzept Batterieforschung des BMBF sei in den letzten 15 Jahren mit enormen finanziellen Anstrengungen eine international einmalige Forschungsplattform in Deutschland installiert worden, die den Hochlauf und Betrieb der Batterie(zell)produktion seit Jahren begleitet. Diese Plattform könnte verloren gehen.  

Betroffen sind auch die internationalen Kooperationen. Der stellvertretende Vorsitzende des BMBF Beirat Batterieforschung Deutschland, Arno Kwade, betont, dass Deutschland international heute eine führende Position in der Batterieforschung eingenommen hat und mit mehreren Ländern gemeinsame Forschungsprojekte fördert, oder aktiv vorangeht, um weitere kurzfristig zu fördern. Die Gefahr ist jetzt groß, dass schon durchgeplante internationale Kooperationsprojekte nicht zum Tragen kommen. Die internationale Reputation der deutschen Batterieforschung werde so einen großen Schaden nehmen. 

Ein Bereich macht besonders vielen Forschenden große Sorgen: die Fachkräfte. Für alle deutschen Forschungseinrichtungen stellt sich bei Wegfall der Batterieforschungsmittel die Frage, wie sie diese wissenschaftliche Mitarbeitende mittel- bis langfristig weiter beschäftigen sollen, insbesondere bis zum Abschluss einer Promotion. Es fehlen vielfach die Anschlussfinanzierungen für die auslaufenden Verträge, berichten betroffene Forschende. Damit befeuern diese Kürzungen den bereits bestehenden Fachkräftemangel weiter. Nach Berechnungen von Branchenexperten müsste es in Deutschland 2030 doppelt so viele Experten in diesem Bereich geben, wie derzeit absehbar. Wenn jetzt wichtige Forschungsbereiche wegfallen, könnte die Lücke noch größer werden. 

Forschungsministerin ist nächste Woche zu Gast bei der Batterieforschung

In ihrem Brief fordern die beiden Vorstände der KLiB, Burkard Straube (CEO Vianode) und Martin Winter (Universität Münster) den Aufbau eines wettbewerbsfähigen, technologisch souveränen deutschen Ökosystems Batterie. Dazu sollte eine Koordinierungsstelle, ähnlich der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) eingerichtet werden. Letztlich müsse man bei der Batterieforschung nicht streichen, sondern im Gegenteil mehr investieren. Nächste Woche, beim vom KLiB ausgerichteten Batterieforum Deutschland, wird Bettina Stark-Watzinger für ein Grußwort erwartet. Man darf gespannt sein, welche Nachrichten sie im Gepäck hat. 

  • BMBF
  • BMWK
  • Forschungspolitik
  • Haushalt
  • Transfer

Netzwerk Universitätsmedizin will auch nach der Covid-Pandemie fortbestehen

Wenn in dieser Woche das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) für zwei Tage zur “NUM Convention 2024” in Berlin zusammenkommt, ist die Wahrnehmung vonseiten der Forschungspolitik garantiert. Bettina Stark-Watzinger wird Mittwochmittag ein Grußwort sprechen. Bei der anschließenden Podiumsdiskussion über die Rolle des NUM in der Wissenschaftspolitik diskutiert BMBF-Staatssekretärin Judith Pirscher mit. Ebenfalls in der Runde sind SPD-Forschungspolitiker Ruppert Stüwe und der Vorsitzende des Verbands der Universitätsklinika Deutschland, Jens Scholz – der jüngere Bruder des Bundeskanzlers.

Schon jetzt lässt sich sagen: Die deutschen Universitätsklinika haben beim Austausch medizinischer Daten zu Forschungszwecken erhebliche Fortschritte erzielt. Seit April 2020 arbeiten die 36 Uniklinika im NUM zusammen. “Wir haben innerhalb von vier Jahren nicht nur eine Infrastruktur für Forschungsdaten errichtet und mit Daten gefüllt, sondern auch die notwendigen Strukturen für das Management und die Forschung geschaffen”, sagt Ralf Heyder im Gespräch mit Table.Media. Er leitet die Koordinierungsstelle des NUM an der Charité Universitätsmedizin Berlin.

Bis Juni 2025 erhält das NUM 390 Millionen Euro

Ein besonders wertvoller Datensatz wurde während der Covid-19-Pandemie aufgebaut. Er beinhaltet die Daten von mehr als 7.000 Patienten, die nach ihrer Corona-Erkrankung kontinuierlich nachverfolgt wurden. Von ihnen ist nicht nur die Krankheitsgeschichte dokumentiert, es liegen auch Blutproben, Ergebnisse aus bildgebenden Untersuchungsverfahren und weiteres Material aus der Akutphase und den Jahren danach vor. “Die Forschung kann diesen Datenschatz beispielsweise nutzen, um eine zentrale Frage zu klären, nämlich warum manche Menschen dauerhaft an Post Covid erkranken und andere nicht”, sagt Heyder.

Das NUM wurde als Teil des Krisenmanagements in der Pandemie gegründet und zunächst bis Ende 2021 befristet. Doch während des Aufbaus des Netzwerks sei schnell deutlich geworden, dass die erstellten Infrastrukturen auch für andere Krankheiten und medizinische Fachgebiete genutzt werden können, sagt Heyder. “Wir haben vor einiger Zeit damit begonnen, die ersten Themen anzugehen, die über Covid-19 hinausweisen”, berichtet der Koordinator. Die Finanzierung des NUM ist nun mit insgesamt 390 Millionen Euro aus dem BMBF bis Juni 2025 gesichert.   

In der Pandemie war bundesweite Zusammenarbeit plötzlich möglich

Damit scheint Deutschland ein gravierendes Loch in seiner Forschungslandschaft vorerst zumindest teilweise gefüllt zu haben. Denn schon kurz nach dem Beginn der Corona-Pandemie wurde klar, dass Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern nicht in der Lage war, Forschungsdaten verschiedener Krankenhäuser effektiv zu nutzen. “Wir konnten weder große klinische Studien noch Routinedaten aus der Versorgung der Patienten auf nationaler Ebene für die Forschung gebündelt verfügbar machen”, sagt Heyder. Es war wohl die akute Notlage der Pandemie, die die Uniklinika motivierte, sich binnen weniger Tage an einem bundesweiten Projekt zu beteiligen, das jahrzehntelang zwar immer wieder versucht worden war, aber nie zum Durchbruch geführt wurde.

Eines der vier großen Tagungsthemen wird die Wissenschaftskultur sein, die Frage nämlich, wie viel Kooperation zwischen Kliniken möglich ist, die teils miteinander konkurrieren. Die Teilnahme der Klinika am NUM ist weiterhin freiwillig. Jeder Partner kann selbst entscheiden, welche Daten er einbringen will. “Wir wissen, dass die Einrichtungen und auch die Wissenschaftler, die im NUM organisiert sind, teilweise im direkten Wettbewerb um Drittmittel und andere Förderungen miteinander stehen”, sagt Heyder. “Wir müssen deshalb die Projekte finden, bei denen ein Wettbewerb nicht sinnvoll ist oder bei denen klar ist, dass kein Standort das für sich allein lösen kann”, erläutert er.

Eine andere große Baustelle durch die vielen Standorte hat das NUM noch zu lösen: Für bundesweite Datenverwertung und den Aufbau klinischer Studien wäre ein einheitlicher Standard für Einwilligungserklärungen der Patienten besser. 

Notaufnahmeregister, Obduktionsnetzwerk und Bilddatenplattform

Im internationalen Vergleich, vor allem bezogen auf die großen US-amerikanischen klinischen Datenbanken, steht das NUM vielfach noch am Anfang. Erfolge und interessante Ansätze gibt es dennoch. Das NUM hat einige kleinere Projekte, die schon früher begonnen wurden, auf eine nationale Ebene gehoben. Deutschland soll dadurch besser für künftige Pandemien gerüstet sein:

  • Gemeinsam mit dem Robert-Koch-Institut wurde “GenSurv” eingerichtet, das am Beispiel von Sars-CoV-2 die genetischen Veränderungen von Krankheitserregern untersucht und dokumentiert.
  • Das Notaufnahmeregister “Aktin” ermöglicht die Übertragung von Daten aus den Notaufnahmen und könnte zur Früherkennung einer landesweiten Bedrohung eingesetzt werden.
  • Im Nationalen Obduktionsnetzwerk “Naton” bringen Pathologen, Neuropathologen und Gerichtsmediziner ihre Erkenntnisse aus Obduktionen und der Analyse von postmortalen Gewebeproben ein.
  • Die Bilddatenplattform “Racoon” sammelt Aufnahmen aus der Radiologie, damit KI-basierte Algorithmen die Mediziner bei der Befundung unterstützen können. Deutschland hätte dann einen eigenen Datensatz für maschinelles Lernen der KI.

Gerade bei Racoon liegt die Tücke im Detail: Nicht nur die Daten von Bildgebungsmodalitäten unterschiedlicher Hersteller müssen synchronisiert werden, gleichzeitig müssen die Bilder mit Patientendaten und Befunden kuratiert werden. Heyder warnt allerdings vor unrealistischen Erwartungen. “Das ist extrem komplex und ressourcenaufwendig. Wir können nicht Entwicklungen, die in anderen Ländern schon vor zehn oder fünfzehn Jahren eingesetzt haben, in ein oder zwei Jahren aufholen”, sagt er.

Entscheidung über Verstetigung steht aus

Ob das Netzwerk nach Ende der Förderung im Sommer 2025 bestehen bleibt, ist noch offen. Das BMBF bereitet derzeit die Verstetigung des Netzwerks in Form einer dauergeförderten Bundesinstitution “Netzwerk Universitätsmedizin” vor. Die politische Entscheidung dafür ist aber noch nicht getroffen. Heyer: “Wenn es keine Anschlussförderung geben sollte, dann könnten die Strukturen, die wir jetzt aufgebaut haben, mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erhalten werden.”

  • BMBF
  • Deutschland
  • Drittmittel
  • Forschung
  • Forschungsdaten
  • Forschungspolitik
  • Medizin
  • Universitäten
Translation missing.

Termine

16. Januar, 19:30 bis 21 Uhr, online via Zoom
Online-Diskussion “acatech am Dienstag” Fusionsenergie – Chancen, Herausforderungen, Zeithorizonte Mehr

17. Januar 2024, 16.45 Uhr, Futurium Berlin
Auftaktveranstaltung des Wissenschaftsjahres 2024 “Freiheit” Mehr

18. Januar 2024, 9 bis 17.30 Uhr, Audimax der THB, Magdeburger Straße 50, Brandenburg an der Havel
16. Security Forum der Technische Hochschule Brandenburg (THB) “Metaverse und Security” Mehr

20. Januar 2024, 18 Uhr, Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Markgrafenstr. 38, Berlin
Salon der BBAW Salon Sophie Charlotte 2024: Zeit Mehr

23. Januar 2024, 17 bis 21:30 Uhr, Cinema Paris, Kurfürstendamm 211, 10719 Berlin
Leopoldina: Filmabend (“Oppenheimer”) mit Podiumsdiskussion Die Verantwortung der Wissenschaften: Welche Technologie könnte sich als die nächste Atombombe herausstellen? Mehr

News

Hamburger Institut für Sozialforschung: Schließung 2028

Das 1984 gegründete Hamburger Institut für Sozialforschung (HIS) soll 2028 geschlossen werden. Dann endet die Amtszeit des aktuellen Direktors Wolfgang Knöbl. Auch die Hamburger Edition (der hauseigene Verlag) und die Zeitschrift Mittelweg 36 werden eingestellt, heißt es in einer Pressemitteilung des HIS. Das Institut wurde von Jan Philipp Reemtsma gegründet und von ihm finanziert. Er ist es nun auch, der das Ende aus Altersgründen beschlossen und verkündet hat. Eine andere Art der Fortführung des Instituts sei für ihn nicht denkbar, da dadurch dessen Unabhängigkeit verloren ginge. 

Großes Echo in der Community 

Zahlreiche Sozial- und Gesellschaftswissenschaftler bedauerten die Entscheidung auf der Plattform X. Oliver Nachtwey von der Universität Basel schrieb gar von einer “Katastrophe für die Sozialwissenschaften”.  

Im Gespräch mit Table.Media bezeichnete Andreas Zick, Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) in Bielefeld, das HIS als “eines der bedeutsamsten außeruniversitären sozialwissenschaftlichen Institute, das zu Fragen von Demokratie und Staatlichkeit, der Gewalt in gesellschaftlichen Strukturen wie auch Fragen des Zusammenhangs von Geld und Politik sowie der gesellschaftlichen Dimensionen von Recht forscht”. Es leiste viele theoretische Beiträge, was vielleicht weniger mit öffentlicher Aufmerksamkeit verfolgt werde, für die Forschung jedoch sehr wichtig sei.  

Verschiedene Wege der Rettung möglich 

Zick hofft, dass nun – trotz der Vorbehalte von Reemtsma – schnell und ernsthaft Wege für eine Rettung des Instituts erkundet werden. Einerseits könne man einen neuen Sponsor suchen. Andererseits sei auch das Land Hamburg gefordert. Und auch die Forschenden und das Direktorium des Instituts könnten Konzepte für “bestehende Förderformate für außeruniversitäre wie universitär angegliederte Institute entwickeln”.  

Auch Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr München sieht diese Möglichkeiten. Allerdings befürchtet er, dass dadurch die Einzigartigkeit des Instituts verloren gehen würde. Dieses stehe dafür, nicht mit dem Mainstream zu gehen, sondern in langfristigen Linien eigene, wichtige Themen zu erforschen. Wenn dann der Hamburgische Senat zuständig sei und ein Beirat gegründet würde, ginge die bisherige Unabhängigkeit verloren. 

Der Soziologe Zick weist darauf hin, dass viele forschende Institute im Bereich der Konflikt- und Gewaltforschung seit vielen Jahren um Forschungsmittel kämpften, um zu überleben und vor allem den jungen Forschenden eine Perspektive zu geben. Da gehörten Flexibilität und die Suche nach Allianzen eben dazu. “Angesichts der gesellschaftlichen Konfliktlagen ist der Hamburger soziologische Blick wichtig”, meint Zick und hofft auf eine dauerhafte Perspektive für das HIS. mw 

  • Forschungspolitik

Start-up-Gründungen 2023: Universitätsstädte waren besonders erfolgreich

Um deutsche Universitäten entstehen zunehmend innovative Start-ups, die wissenschaftliche Durchbrüche schnell in die unternehmerische Praxis bringen. Das geht aus einem Report des Startup-Verbands hervor, der die Gründungsdynamik des vergangenen Jahres analysiert hat. Auffällig sei die Dynamik forschungsstarker Gründungsstandorte wie Darmstadt, Karlsruhe und Heidelberg. “Hier schlummern Deutschlands große Potenziale”, teilt der Verband mit.

Insgesamt ist die Zahl der Gründungen in Deutschland um knapp fünf Prozent zurückgegangen. Dass trotz schwächelnder Wirtschaft und vieler Unsicherheiten im Jahr 2023 fast 2.500 Start-ups gegründet wurden, wertet der Verband dennoch als positiv.

Berlin an der Spitze

Mit 468 Gründungen ist Berlin Spitzenreiter bei den absoluten Gründungen. Die Hauptstadt liegt auch bezogen auf die Einwohnerzahl vorn. Dort gab es im vergangenen Jahr 12,5 Gründungen pro 100.000 Einwohner vorn. Mit 12,4 und 12,3 Neugründungen pro 100.000 Einwohner folgen München und Darmstadt auf den Plätzen zwei und drei.

“Wenn wir mehr Kapital verfügbar machen und Firmenausgründungen aus der Forschung fördern, wird unsere Volkswirtschaft noch stärker von der innovativen Kraft ihrer Start-ups profitieren”, sagte die stellvertretende Vorsitzende des Startup-Verbands, Magdalena Oehl. abg

  • Forschung
  • Universitäten

Rein digitale Universität in Potsdam geplant

Mit einer neuen, vollständig digital arbeitenden Universität in Potsdam sollen künftig Fachleute für den digitalen Wandel in aller Welt ausbildet werden. Das kündigten Ende vergangener Woche die beiden Informatikprofessoren Mike Friedrichsen und Christoph Meinel an. Man habe den Zulassungsantrag für die private und gemeinnützige Hochschule German University of Digital Science (German UDS) in Potsdam bei der Landesregierung Brandenburg eingereicht.

Das brandenburgische Wissenschaftsministerium prüfe derzeit das Konzept. Die beiden Universitätsgründer erwarten, dass sich in Kürze der Wissenschaftsrat mit dem Projekt befassen wird. Der englischsprachige Lehrbetrieb der Digital-Universität soll von Oktober an mit einer Lernplattform online realisiert werden. Mit der Digital-Universität wolle man einen Beitrag zum Abbau des weltweiten Mangels an IT-Fachkräften leisten.

Zunächst drei Online-Studiengänge – und erschwingliche Gebühren

Die Digital-Uni will sich mit zunächst drei englischsprachigen Online-Studiengängen vornehmlich an Menschen im globalen Süden und anderswo richten, die keine Möglichkeit für ein Präsenz-Studium an einer Universität haben, erklärte Meinel. Dabei würden für die Studierenden “moderate und erschwingliche Gebühren” anfallen, um die Abschlüsse Bachelor und Master of Science sowie Master of Business Administration zu erlangen.

Christoph Meinel (69) war bis März 2023 Direktor des Potsdamer Hasso-Plattner-Instituts. Mike Friedrichsen (63) scheidet im Februar als Professor für Wirtschaftsinformatik und digitale Medien aus der Stuttgarter Hochschule der Medien aus. dpa

  • Deutschland
  • Digitalisierung
  • Hochschulen

Personalien

Susanne Buiter hat in der Helmholtz-Gemeinschaft das Amt der Vizepräsidentin für den Forschungsbereich Erde und Umwelt übernommen. Die Wissenschaftliche Vorständin des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ in Potsdam folgt auf Katja Matthes, Direktorin des Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, die das Amt turnusgemäß zum Jahreswechsel abgegeben hat.

Timon Gremmels (SPD) wird Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur im neuen Hessen-Kabinett. Der Politikwissenschaftler und Bundestagsabgeordnete folgt auf die Grünen-Politikerin Angela Dorn, die 2019 Ministerin für Wissenschaft und Kunst wurde.

Jan Hiesserich wurde zum Vice President of Strategy & Communications des Heidelberger KI-Start-ups Aleph Alpha ernannt. Er war zuvor in ähnlicher Funktion beim US-Datenanalyseunternehmen Palantir Technologies Inc. tätig.

Georg Krausch wurde in seinem Amt als Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bestätigt. Seine vierte Amtszeit läuft vom 1. April 2025 bis 31. März 2031.

Christian Kühn soll neuer Präsident des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) werden. Der Politikwissenschaftler, zurzeit Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium, folgt auf Wolfram König.

Christine Kühnel ist seit dem 1. Januar Co-Geschäftsführerin des Reiner Lemoine Instituts (RLI) und leitet es gemeinsam mit Kathrin Goldammer. Kühnel ist promovierte Wirtschaftsingenieurin, Expertin für zivilgesellschaftliche Aspekte der Energiewende und für Umweltschutz. Das RLI, ein unabhängiges, gemeinnütziges Forschungsinstitut, forscht unter anderem zur Transformation von Energiesystemen.

Malte Peter, Professor für Angewandte Analysis an der Universität Augsburg, wurde zum Mitglied auf Lebenszeit von Clare Hall, eines der 31 Colleges der Universität Cambridge, ernannt.

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Geburtstage

Dienstag, 16. Januar 2024

Stefand Brandt, Direktor der Futurium gGmbH, 47

Mehr von Table.Media

China.Table. Ökonomin: “Eine Abkehr von Taiwan würde Deutschland schwächen”: Die Ökonomin Wan-Hsin Liu vom IfW Kiel hält die Zusammenarbeit mit Taiwan für einen wichtigen Baustein des De-Risking. Eine Abkehr vom Handel mit der Inselrepublik würde umgekehrt die geopolitischen Risiken erhöhen. Mehr

Climate.Table. US-Wahlkampf: Präsident Biden brüstet sich mit Milliarden-Investitionen: In den USA beginnen die Vorwahlen zur Präsidentschaft. Die Klimakrise spaltet Wählerschaft und Parteien. Präsident Biden plädiert für Klimaschutz und Jobs, die Republikaner halten nichts von seinen Programmen. Und es droht wieder ein Jahr der Klimarekorde und Milliardenschäden. Mehr

Climate.Table. BDI, DGB und Umwelt-NGOs fordern schnellere Entscheidung zu CCS: BDI, DGB, Nabu und WWF wollen mehr Tempo bei der Speicherung und Nutzung von CO₂. Die Bundesregierung müsse ihre Carbon-Management-Strategie schneller vorlegen. Zur heiklen Frage, wo das Treibhausgas gespeichert werden soll, äußern sich die Organisationen nicht. Mehr

Dessert

Auf der Grünen Woche in Berlin wird er erstmals präsentiert: der Erdbeerpflückroboter des DFKI.

Tausende Tonnen Erdbeeren werden jedes Jahr in Deutschland geerntet. Selbstpflückfeld-Erfahrene wissen, wie mühsam und wenig rückenfreundlich es ist, nur ein paar Kilo zusammenzubekommen. Das Robotics Innovation Center Bremen des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) liefert künftig technische Unterstützung: einen Roboter, der reife Erdbeeren erkennt und pflückt.

Auf der am Freitag beginnenden Grünen Woche wird eine solche Maschine erstmals präsentiert. Um den Besuchern der Messe den smarten Roboter bei der Arbeit vorzuführen, wird extra eine Reihe von Erdbeerpflanzen ausgebracht. Noch arbeitet das Gerät einarmig. Ziel ist ein Erdbeerpflück-Robo mit zwei Armen, der alle drei Sekunden eine Erdbeere pflückt. Das entspreche in etwa der menschlichen Pflückleistung, teilt das DFKI mit.

Ernte auch nachts möglich

Eine der Herausforderungen für die Forschenden liege darin, “die Roboterarme in die Lage zu versetzen, einerseits reife Erdbeeren sauber vom Stiel zu trennen, sie andererseits dabei aber nicht zu zerdrücken”. Das klingt, als entstünde zurzeit noch ein gewisser Anteil an Erdbeermatsch. Aber das Problem wird gewiss bald gelöst sein. Anne Brüning

  • Forschung
  • Künstliche Intelligenz
  • Landwirtschaft

Research.Table Redaktion

RESEARCH.TABLE REDAKTION

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    die Regierung plant, den Titel “Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Elektromobilität” im Klima- und Transformationsfonds zu streichen. Dahinter verbirgt sich unter anderem die Förderung der Batterieforschung über das BMBF.

    Das Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien (KLiB) hat in einem Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Finanzminister Christian Lindner und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger vor den drastischen Konsequenzen der geplanten Streichung von rund 156 Millionen Euro für die Batterieforschung gewarnt. Mein Kollege Markus Weisskopf hat die Details.

    Mit Beginn der Corona-Pandemie wurde schnell deutlich: Deutschland kann – im Gegensatz zu anderen Ländern – Forschungsdaten verschiedener Krankenhäuser nicht effektiv nutzen. “Wir konnten weder große klinische Studien noch Routinedaten aus der Versorgung der Patienten auf nationaler Ebene für die Forschung gebündelt verfügbar machen”, sagt Ralf Heyder, Leiter der Koordinierungsstelle des Netzwerks Universitätsmedizin (NUM). Deshalb wurde 2020 das Netzwerk gegründet, 36 Uniklinika arbeiten seitdem im NUM zusammen. Wie sich das Netzwerk entwickelt hat und was bei der NUM Convention diese Woche ansteht, berichtet unser Autor Rainer Kurlemann.

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    Nicola Kuhrt
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    Batterieforschung: Ein Großteil der Förderung könnte wegfallen

    Forschungsministerin Stark-Watzinger und Bundeskanzler Scholz erhielten Post vom Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien.

    Die Batterieforschung und insbesondere der Transfer von der Forschung in die Unternehmen scheinen vor deutlichen Kürzungen zu stehen. Das Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien (KLiB) hat in einem Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Finanzminister Christian Lindner und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (beide FDP) vor den drastischen Konsequenzen der geplanten Streichung für die Batterieforschung gewarnt. Das Schreiben liegt Table.Media vor. 

    Die Regierung plant, den Titel “Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Elektromobilität” im Klima- und Transformationsfonds zu streichen, was laut KLiB 75 Prozent der geplanten Fördermittel des Forschungsministeriums für die Batterieforschung beträfe. Das KLiB fordert die Regierung auf, die Streichung rückgängig zu machen und eine Batteriestrategie ähnlich der in Frankreich, Norwegen und Finnland zu entwickeln

    Wo wird gekürzt? 

    • Die Förderung der Batterieforschung und des Transfers in diesem Bereich von ungefähr 156 Millionen Euro, die das BMBF über den KTF tätigt, steht anscheinend infrage. Dies wurde nun auch seitens des BMBF bestätigt. Nachdem das BMBF gut 53 Millionen Euro über den eigenen Haushalt – inklusive der Förderung der Errichtung der Forschungsfertigung Batteriezelle in Münster – in die Batterieforschung einbringt, könnte also ein wesentlicher Teil der gesamten Förderung wegfallen.  
    • Weiterhin wird wohl auch beim BMWK eingespart. Davon ist vor allem die Industrie betroffen. Insider schätzen jedoch, dass auch hier rund zehn Prozent der betroffenen Mittel in die Forschung geflossen wären. 

    Auswirkungen der Kürzungen  

    Die KLiB weist vor allem auf die Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit in “einer der wichtigsten Zukunftstechnologien des 21. Jahrhunderts” hin. Mit dem Dachkonzept Batterieforschung des BMBF sei in den letzten 15 Jahren mit enormen finanziellen Anstrengungen eine international einmalige Forschungsplattform in Deutschland installiert worden, die den Hochlauf und Betrieb der Batterie(zell)produktion seit Jahren begleitet. Diese Plattform könnte verloren gehen.  

    Betroffen sind auch die internationalen Kooperationen. Der stellvertretende Vorsitzende des BMBF Beirat Batterieforschung Deutschland, Arno Kwade, betont, dass Deutschland international heute eine führende Position in der Batterieforschung eingenommen hat und mit mehreren Ländern gemeinsame Forschungsprojekte fördert, oder aktiv vorangeht, um weitere kurzfristig zu fördern. Die Gefahr ist jetzt groß, dass schon durchgeplante internationale Kooperationsprojekte nicht zum Tragen kommen. Die internationale Reputation der deutschen Batterieforschung werde so einen großen Schaden nehmen. 

    Ein Bereich macht besonders vielen Forschenden große Sorgen: die Fachkräfte. Für alle deutschen Forschungseinrichtungen stellt sich bei Wegfall der Batterieforschungsmittel die Frage, wie sie diese wissenschaftliche Mitarbeitende mittel- bis langfristig weiter beschäftigen sollen, insbesondere bis zum Abschluss einer Promotion. Es fehlen vielfach die Anschlussfinanzierungen für die auslaufenden Verträge, berichten betroffene Forschende. Damit befeuern diese Kürzungen den bereits bestehenden Fachkräftemangel weiter. Nach Berechnungen von Branchenexperten müsste es in Deutschland 2030 doppelt so viele Experten in diesem Bereich geben, wie derzeit absehbar. Wenn jetzt wichtige Forschungsbereiche wegfallen, könnte die Lücke noch größer werden. 

    Forschungsministerin ist nächste Woche zu Gast bei der Batterieforschung

    In ihrem Brief fordern die beiden Vorstände der KLiB, Burkard Straube (CEO Vianode) und Martin Winter (Universität Münster) den Aufbau eines wettbewerbsfähigen, technologisch souveränen deutschen Ökosystems Batterie. Dazu sollte eine Koordinierungsstelle, ähnlich der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) eingerichtet werden. Letztlich müsse man bei der Batterieforschung nicht streichen, sondern im Gegenteil mehr investieren. Nächste Woche, beim vom KLiB ausgerichteten Batterieforum Deutschland, wird Bettina Stark-Watzinger für ein Grußwort erwartet. Man darf gespannt sein, welche Nachrichten sie im Gepäck hat. 

    • BMBF
    • BMWK
    • Forschungspolitik
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    Netzwerk Universitätsmedizin will auch nach der Covid-Pandemie fortbestehen

    Wenn in dieser Woche das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) für zwei Tage zur “NUM Convention 2024” in Berlin zusammenkommt, ist die Wahrnehmung vonseiten der Forschungspolitik garantiert. Bettina Stark-Watzinger wird Mittwochmittag ein Grußwort sprechen. Bei der anschließenden Podiumsdiskussion über die Rolle des NUM in der Wissenschaftspolitik diskutiert BMBF-Staatssekretärin Judith Pirscher mit. Ebenfalls in der Runde sind SPD-Forschungspolitiker Ruppert Stüwe und der Vorsitzende des Verbands der Universitätsklinika Deutschland, Jens Scholz – der jüngere Bruder des Bundeskanzlers.

    Schon jetzt lässt sich sagen: Die deutschen Universitätsklinika haben beim Austausch medizinischer Daten zu Forschungszwecken erhebliche Fortschritte erzielt. Seit April 2020 arbeiten die 36 Uniklinika im NUM zusammen. “Wir haben innerhalb von vier Jahren nicht nur eine Infrastruktur für Forschungsdaten errichtet und mit Daten gefüllt, sondern auch die notwendigen Strukturen für das Management und die Forschung geschaffen”, sagt Ralf Heyder im Gespräch mit Table.Media. Er leitet die Koordinierungsstelle des NUM an der Charité Universitätsmedizin Berlin.

    Bis Juni 2025 erhält das NUM 390 Millionen Euro

    Ein besonders wertvoller Datensatz wurde während der Covid-19-Pandemie aufgebaut. Er beinhaltet die Daten von mehr als 7.000 Patienten, die nach ihrer Corona-Erkrankung kontinuierlich nachverfolgt wurden. Von ihnen ist nicht nur die Krankheitsgeschichte dokumentiert, es liegen auch Blutproben, Ergebnisse aus bildgebenden Untersuchungsverfahren und weiteres Material aus der Akutphase und den Jahren danach vor. “Die Forschung kann diesen Datenschatz beispielsweise nutzen, um eine zentrale Frage zu klären, nämlich warum manche Menschen dauerhaft an Post Covid erkranken und andere nicht”, sagt Heyder.

    Das NUM wurde als Teil des Krisenmanagements in der Pandemie gegründet und zunächst bis Ende 2021 befristet. Doch während des Aufbaus des Netzwerks sei schnell deutlich geworden, dass die erstellten Infrastrukturen auch für andere Krankheiten und medizinische Fachgebiete genutzt werden können, sagt Heyder. “Wir haben vor einiger Zeit damit begonnen, die ersten Themen anzugehen, die über Covid-19 hinausweisen”, berichtet der Koordinator. Die Finanzierung des NUM ist nun mit insgesamt 390 Millionen Euro aus dem BMBF bis Juni 2025 gesichert.   

    In der Pandemie war bundesweite Zusammenarbeit plötzlich möglich

    Damit scheint Deutschland ein gravierendes Loch in seiner Forschungslandschaft vorerst zumindest teilweise gefüllt zu haben. Denn schon kurz nach dem Beginn der Corona-Pandemie wurde klar, dass Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern nicht in der Lage war, Forschungsdaten verschiedener Krankenhäuser effektiv zu nutzen. “Wir konnten weder große klinische Studien noch Routinedaten aus der Versorgung der Patienten auf nationaler Ebene für die Forschung gebündelt verfügbar machen”, sagt Heyder. Es war wohl die akute Notlage der Pandemie, die die Uniklinika motivierte, sich binnen weniger Tage an einem bundesweiten Projekt zu beteiligen, das jahrzehntelang zwar immer wieder versucht worden war, aber nie zum Durchbruch geführt wurde.

    Eines der vier großen Tagungsthemen wird die Wissenschaftskultur sein, die Frage nämlich, wie viel Kooperation zwischen Kliniken möglich ist, die teils miteinander konkurrieren. Die Teilnahme der Klinika am NUM ist weiterhin freiwillig. Jeder Partner kann selbst entscheiden, welche Daten er einbringen will. “Wir wissen, dass die Einrichtungen und auch die Wissenschaftler, die im NUM organisiert sind, teilweise im direkten Wettbewerb um Drittmittel und andere Förderungen miteinander stehen”, sagt Heyder. “Wir müssen deshalb die Projekte finden, bei denen ein Wettbewerb nicht sinnvoll ist oder bei denen klar ist, dass kein Standort das für sich allein lösen kann”, erläutert er.

    Eine andere große Baustelle durch die vielen Standorte hat das NUM noch zu lösen: Für bundesweite Datenverwertung und den Aufbau klinischer Studien wäre ein einheitlicher Standard für Einwilligungserklärungen der Patienten besser. 

    Notaufnahmeregister, Obduktionsnetzwerk und Bilddatenplattform

    Im internationalen Vergleich, vor allem bezogen auf die großen US-amerikanischen klinischen Datenbanken, steht das NUM vielfach noch am Anfang. Erfolge und interessante Ansätze gibt es dennoch. Das NUM hat einige kleinere Projekte, die schon früher begonnen wurden, auf eine nationale Ebene gehoben. Deutschland soll dadurch besser für künftige Pandemien gerüstet sein:

    • Gemeinsam mit dem Robert-Koch-Institut wurde “GenSurv” eingerichtet, das am Beispiel von Sars-CoV-2 die genetischen Veränderungen von Krankheitserregern untersucht und dokumentiert.
    • Das Notaufnahmeregister “Aktin” ermöglicht die Übertragung von Daten aus den Notaufnahmen und könnte zur Früherkennung einer landesweiten Bedrohung eingesetzt werden.
    • Im Nationalen Obduktionsnetzwerk “Naton” bringen Pathologen, Neuropathologen und Gerichtsmediziner ihre Erkenntnisse aus Obduktionen und der Analyse von postmortalen Gewebeproben ein.
    • Die Bilddatenplattform “Racoon” sammelt Aufnahmen aus der Radiologie, damit KI-basierte Algorithmen die Mediziner bei der Befundung unterstützen können. Deutschland hätte dann einen eigenen Datensatz für maschinelles Lernen der KI.

    Gerade bei Racoon liegt die Tücke im Detail: Nicht nur die Daten von Bildgebungsmodalitäten unterschiedlicher Hersteller müssen synchronisiert werden, gleichzeitig müssen die Bilder mit Patientendaten und Befunden kuratiert werden. Heyder warnt allerdings vor unrealistischen Erwartungen. “Das ist extrem komplex und ressourcenaufwendig. Wir können nicht Entwicklungen, die in anderen Ländern schon vor zehn oder fünfzehn Jahren eingesetzt haben, in ein oder zwei Jahren aufholen”, sagt er.

    Entscheidung über Verstetigung steht aus

    Ob das Netzwerk nach Ende der Förderung im Sommer 2025 bestehen bleibt, ist noch offen. Das BMBF bereitet derzeit die Verstetigung des Netzwerks in Form einer dauergeförderten Bundesinstitution “Netzwerk Universitätsmedizin” vor. Die politische Entscheidung dafür ist aber noch nicht getroffen. Heyer: “Wenn es keine Anschlussförderung geben sollte, dann könnten die Strukturen, die wir jetzt aufgebaut haben, mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erhalten werden.”

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    Termine

    16. Januar, 19:30 bis 21 Uhr, online via Zoom
    Online-Diskussion “acatech am Dienstag” Fusionsenergie – Chancen, Herausforderungen, Zeithorizonte Mehr

    17. Januar 2024, 16.45 Uhr, Futurium Berlin
    Auftaktveranstaltung des Wissenschaftsjahres 2024 “Freiheit” Mehr

    18. Januar 2024, 9 bis 17.30 Uhr, Audimax der THB, Magdeburger Straße 50, Brandenburg an der Havel
    16. Security Forum der Technische Hochschule Brandenburg (THB) “Metaverse und Security” Mehr

    20. Januar 2024, 18 Uhr, Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Markgrafenstr. 38, Berlin
    Salon der BBAW Salon Sophie Charlotte 2024: Zeit Mehr

    23. Januar 2024, 17 bis 21:30 Uhr, Cinema Paris, Kurfürstendamm 211, 10719 Berlin
    Leopoldina: Filmabend (“Oppenheimer”) mit Podiumsdiskussion Die Verantwortung der Wissenschaften: Welche Technologie könnte sich als die nächste Atombombe herausstellen? Mehr

    News

    Hamburger Institut für Sozialforschung: Schließung 2028

    Das 1984 gegründete Hamburger Institut für Sozialforschung (HIS) soll 2028 geschlossen werden. Dann endet die Amtszeit des aktuellen Direktors Wolfgang Knöbl. Auch die Hamburger Edition (der hauseigene Verlag) und die Zeitschrift Mittelweg 36 werden eingestellt, heißt es in einer Pressemitteilung des HIS. Das Institut wurde von Jan Philipp Reemtsma gegründet und von ihm finanziert. Er ist es nun auch, der das Ende aus Altersgründen beschlossen und verkündet hat. Eine andere Art der Fortführung des Instituts sei für ihn nicht denkbar, da dadurch dessen Unabhängigkeit verloren ginge. 

    Großes Echo in der Community 

    Zahlreiche Sozial- und Gesellschaftswissenschaftler bedauerten die Entscheidung auf der Plattform X. Oliver Nachtwey von der Universität Basel schrieb gar von einer “Katastrophe für die Sozialwissenschaften”.  

    Im Gespräch mit Table.Media bezeichnete Andreas Zick, Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) in Bielefeld, das HIS als “eines der bedeutsamsten außeruniversitären sozialwissenschaftlichen Institute, das zu Fragen von Demokratie und Staatlichkeit, der Gewalt in gesellschaftlichen Strukturen wie auch Fragen des Zusammenhangs von Geld und Politik sowie der gesellschaftlichen Dimensionen von Recht forscht”. Es leiste viele theoretische Beiträge, was vielleicht weniger mit öffentlicher Aufmerksamkeit verfolgt werde, für die Forschung jedoch sehr wichtig sei.  

    Verschiedene Wege der Rettung möglich 

    Zick hofft, dass nun – trotz der Vorbehalte von Reemtsma – schnell und ernsthaft Wege für eine Rettung des Instituts erkundet werden. Einerseits könne man einen neuen Sponsor suchen. Andererseits sei auch das Land Hamburg gefordert. Und auch die Forschenden und das Direktorium des Instituts könnten Konzepte für “bestehende Förderformate für außeruniversitäre wie universitär angegliederte Institute entwickeln”.  

    Auch Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr München sieht diese Möglichkeiten. Allerdings befürchtet er, dass dadurch die Einzigartigkeit des Instituts verloren gehen würde. Dieses stehe dafür, nicht mit dem Mainstream zu gehen, sondern in langfristigen Linien eigene, wichtige Themen zu erforschen. Wenn dann der Hamburgische Senat zuständig sei und ein Beirat gegründet würde, ginge die bisherige Unabhängigkeit verloren. 

    Der Soziologe Zick weist darauf hin, dass viele forschende Institute im Bereich der Konflikt- und Gewaltforschung seit vielen Jahren um Forschungsmittel kämpften, um zu überleben und vor allem den jungen Forschenden eine Perspektive zu geben. Da gehörten Flexibilität und die Suche nach Allianzen eben dazu. “Angesichts der gesellschaftlichen Konfliktlagen ist der Hamburger soziologische Blick wichtig”, meint Zick und hofft auf eine dauerhafte Perspektive für das HIS. mw 

    • Forschungspolitik

    Start-up-Gründungen 2023: Universitätsstädte waren besonders erfolgreich

    Um deutsche Universitäten entstehen zunehmend innovative Start-ups, die wissenschaftliche Durchbrüche schnell in die unternehmerische Praxis bringen. Das geht aus einem Report des Startup-Verbands hervor, der die Gründungsdynamik des vergangenen Jahres analysiert hat. Auffällig sei die Dynamik forschungsstarker Gründungsstandorte wie Darmstadt, Karlsruhe und Heidelberg. “Hier schlummern Deutschlands große Potenziale”, teilt der Verband mit.

    Insgesamt ist die Zahl der Gründungen in Deutschland um knapp fünf Prozent zurückgegangen. Dass trotz schwächelnder Wirtschaft und vieler Unsicherheiten im Jahr 2023 fast 2.500 Start-ups gegründet wurden, wertet der Verband dennoch als positiv.

    Berlin an der Spitze

    Mit 468 Gründungen ist Berlin Spitzenreiter bei den absoluten Gründungen. Die Hauptstadt liegt auch bezogen auf die Einwohnerzahl vorn. Dort gab es im vergangenen Jahr 12,5 Gründungen pro 100.000 Einwohner vorn. Mit 12,4 und 12,3 Neugründungen pro 100.000 Einwohner folgen München und Darmstadt auf den Plätzen zwei und drei.

    “Wenn wir mehr Kapital verfügbar machen und Firmenausgründungen aus der Forschung fördern, wird unsere Volkswirtschaft noch stärker von der innovativen Kraft ihrer Start-ups profitieren”, sagte die stellvertretende Vorsitzende des Startup-Verbands, Magdalena Oehl. abg

    • Forschung
    • Universitäten

    Rein digitale Universität in Potsdam geplant

    Mit einer neuen, vollständig digital arbeitenden Universität in Potsdam sollen künftig Fachleute für den digitalen Wandel in aller Welt ausbildet werden. Das kündigten Ende vergangener Woche die beiden Informatikprofessoren Mike Friedrichsen und Christoph Meinel an. Man habe den Zulassungsantrag für die private und gemeinnützige Hochschule German University of Digital Science (German UDS) in Potsdam bei der Landesregierung Brandenburg eingereicht.

    Das brandenburgische Wissenschaftsministerium prüfe derzeit das Konzept. Die beiden Universitätsgründer erwarten, dass sich in Kürze der Wissenschaftsrat mit dem Projekt befassen wird. Der englischsprachige Lehrbetrieb der Digital-Universität soll von Oktober an mit einer Lernplattform online realisiert werden. Mit der Digital-Universität wolle man einen Beitrag zum Abbau des weltweiten Mangels an IT-Fachkräften leisten.

    Zunächst drei Online-Studiengänge – und erschwingliche Gebühren

    Die Digital-Uni will sich mit zunächst drei englischsprachigen Online-Studiengängen vornehmlich an Menschen im globalen Süden und anderswo richten, die keine Möglichkeit für ein Präsenz-Studium an einer Universität haben, erklärte Meinel. Dabei würden für die Studierenden “moderate und erschwingliche Gebühren” anfallen, um die Abschlüsse Bachelor und Master of Science sowie Master of Business Administration zu erlangen.

    Christoph Meinel (69) war bis März 2023 Direktor des Potsdamer Hasso-Plattner-Instituts. Mike Friedrichsen (63) scheidet im Februar als Professor für Wirtschaftsinformatik und digitale Medien aus der Stuttgarter Hochschule der Medien aus. dpa

    • Deutschland
    • Digitalisierung
    • Hochschulen

    Personalien

    Susanne Buiter hat in der Helmholtz-Gemeinschaft das Amt der Vizepräsidentin für den Forschungsbereich Erde und Umwelt übernommen. Die Wissenschaftliche Vorständin des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ in Potsdam folgt auf Katja Matthes, Direktorin des Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, die das Amt turnusgemäß zum Jahreswechsel abgegeben hat.

    Timon Gremmels (SPD) wird Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur im neuen Hessen-Kabinett. Der Politikwissenschaftler und Bundestagsabgeordnete folgt auf die Grünen-Politikerin Angela Dorn, die 2019 Ministerin für Wissenschaft und Kunst wurde.

    Jan Hiesserich wurde zum Vice President of Strategy & Communications des Heidelberger KI-Start-ups Aleph Alpha ernannt. Er war zuvor in ähnlicher Funktion beim US-Datenanalyseunternehmen Palantir Technologies Inc. tätig.

    Georg Krausch wurde in seinem Amt als Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bestätigt. Seine vierte Amtszeit läuft vom 1. April 2025 bis 31. März 2031.

    Christian Kühn soll neuer Präsident des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) werden. Der Politikwissenschaftler, zurzeit Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium, folgt auf Wolfram König.

    Christine Kühnel ist seit dem 1. Januar Co-Geschäftsführerin des Reiner Lemoine Instituts (RLI) und leitet es gemeinsam mit Kathrin Goldammer. Kühnel ist promovierte Wirtschaftsingenieurin, Expertin für zivilgesellschaftliche Aspekte der Energiewende und für Umweltschutz. Das RLI, ein unabhängiges, gemeinnütziges Forschungsinstitut, forscht unter anderem zur Transformation von Energiesystemen.

    Malte Peter, Professor für Angewandte Analysis an der Universität Augsburg, wurde zum Mitglied auf Lebenszeit von Clare Hall, eines der 31 Colleges der Universität Cambridge, ernannt.

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    Geburtstage

    Dienstag, 16. Januar 2024

    Stefand Brandt, Direktor der Futurium gGmbH, 47

    Mehr von Table.Media

    China.Table. Ökonomin: “Eine Abkehr von Taiwan würde Deutschland schwächen”: Die Ökonomin Wan-Hsin Liu vom IfW Kiel hält die Zusammenarbeit mit Taiwan für einen wichtigen Baustein des De-Risking. Eine Abkehr vom Handel mit der Inselrepublik würde umgekehrt die geopolitischen Risiken erhöhen. Mehr

    Climate.Table. US-Wahlkampf: Präsident Biden brüstet sich mit Milliarden-Investitionen: In den USA beginnen die Vorwahlen zur Präsidentschaft. Die Klimakrise spaltet Wählerschaft und Parteien. Präsident Biden plädiert für Klimaschutz und Jobs, die Republikaner halten nichts von seinen Programmen. Und es droht wieder ein Jahr der Klimarekorde und Milliardenschäden. Mehr

    Climate.Table. BDI, DGB und Umwelt-NGOs fordern schnellere Entscheidung zu CCS: BDI, DGB, Nabu und WWF wollen mehr Tempo bei der Speicherung und Nutzung von CO₂. Die Bundesregierung müsse ihre Carbon-Management-Strategie schneller vorlegen. Zur heiklen Frage, wo das Treibhausgas gespeichert werden soll, äußern sich die Organisationen nicht. Mehr

    Dessert

    Auf der Grünen Woche in Berlin wird er erstmals präsentiert: der Erdbeerpflückroboter des DFKI.

    Tausende Tonnen Erdbeeren werden jedes Jahr in Deutschland geerntet. Selbstpflückfeld-Erfahrene wissen, wie mühsam und wenig rückenfreundlich es ist, nur ein paar Kilo zusammenzubekommen. Das Robotics Innovation Center Bremen des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) liefert künftig technische Unterstützung: einen Roboter, der reife Erdbeeren erkennt und pflückt.

    Auf der am Freitag beginnenden Grünen Woche wird eine solche Maschine erstmals präsentiert. Um den Besuchern der Messe den smarten Roboter bei der Arbeit vorzuführen, wird extra eine Reihe von Erdbeerpflanzen ausgebracht. Noch arbeitet das Gerät einarmig. Ziel ist ein Erdbeerpflück-Robo mit zwei Armen, der alle drei Sekunden eine Erdbeere pflückt. Das entspreche in etwa der menschlichen Pflückleistung, teilt das DFKI mit.

    Ernte auch nachts möglich

    Eine der Herausforderungen für die Forschenden liege darin, “die Roboterarme in die Lage zu versetzen, einerseits reife Erdbeeren sauber vom Stiel zu trennen, sie andererseits dabei aber nicht zu zerdrücken”. Das klingt, als entstünde zurzeit noch ein gewisser Anteil an Erdbeermatsch. Aber das Problem wird gewiss bald gelöst sein. Anne Brüning

    • Forschung
    • Künstliche Intelligenz
    • Landwirtschaft

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