Table.Briefing: Research

Jakob von Weizsäcker über Israels Wissenschaft + Gründungspräsident der UTN muss gehen + Unis entfalten globalen Ranking-Ehrgeiz

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Auswirkungen des terroristischen Anschlags der Hamas am 7. Oktober sind überall zu spüren, in Tel Aviv oder Jerusalem, in den Hochschulen und Forschungsinstituten. Plakate mit Porträts der Geiseln, die sich immer noch im Gazastreifen befinden, hängen überall. “Bring them back” steht auf großen Bannern.

Wer in diesen Tagen nach Israel reist – wie die Delegation um HRK-Präsident Walter Rosenthal gemeinsam mit der KMK, vertreten durch Jakob von Weizsäcker, Markus Blume, Ina Czyborra, Manja Schüle, Katharina Fegebank, Timon Gremmels, Bettina Martin und Falko Mohrs – für den ist Frieden eine Vision in weiter Ferne.

Man ist gekommen, um sich mit Israel solidarisch zu zeigen, sagen die sieben Minister in Gesprächen mit führenden israelischen Forschenden, das bedeute auch, entschieden jeder Form von Antisemitismus entgegenzutreten. In Freundschaft könnten aber auch kritische Fragen gestellt werden, sagt uns der saarländische Wissenschaftsminister Jakob von Weizsäcker im Interview. Etwa zur Situation der Menschen in Gaza.

Seit Kriegsbeginn seien viele internationale Beziehungen weggebrochen, berichtet Hebrew-University-Präsident Asher Cohen. Forscher verlassen das Land, es kommen weniger Studenten nach Israel. In privaten Runden kritisieren Wissenschaftler die Regierung um Premierminister Netanjahu deutlich, die Sorge um die Menschen in Gaza ist groß, die Forscher verzweifelt. Wie aber kann der Konflikt gelöst werden? Niemand weiß es.

Der 7. Oktober hat tiefe Spuren hinterlassen. Gleich im vergangenen Oktober wurden Studenten einberufen, viele gingen an die Front, andere arbeiteten in Teams, etwa der Zahnmedizin, um Opfer des Überfalls zu identifizieren. Die ersten jungen Männer und Frauen kommen nun zurück. Manche Studenten auf dem Campus tragen eine grüne Uniform, das Gewehr umgehängt.

Die Universitäten organisieren das erste Auffangen, Gespräche und auch Kurse, in denen die Studenten versäumten Stoff nachholen können. Unter den Helfern sind auch viele palästinensische Studenten, sagt Asher Cohen. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft bleibt.

Ich wünsche Ihnen eine friedliche Lektüre,

Ihre
Nicola Kuhrt
Bild von Nicola  Kuhrt

Interview

Jakob von Weizsäcker über Wissenschaft in Israel: “Hoffnung auf eine bessere Zukunft” 

Herr von Weizsäcker, Mitglieder der KMK sind gemeinsam mit der HRK nach Israel gereist, weshalb haben Sie dies getan in dieser doch sehr kritischen Zeit? 

Am 7. Oktober wurde gegen Israel ein traumatisierender Terroranschlag verübt, mit über 1000 Toten. Mehr als 100 Geiseln befinden sich noch immer in der Gewalt der Hamas. Es ging uns im Rahmen unserer Zuständigkeit um ein starkes Signal der Solidarität mit Israel – insbesondere mit der dortigen Wissenschaft. Es gibt in dem Bereich eine großartige und über Jahrzehnte gewachsene Partnerschaft mit Deutschland, die wir weiter stärken und ausbauen wollen. Gleichzeitig stehen die Universitäten für Aufklärung, für liberale Demokratie und eine offene Gesellschaft, die es zu verteidigen gilt. In Israel genauso wie in Deutschland.  

Israel steht für sein Vorgehen im Gazastreifen stark in der Kritik. Die Reise könnte missverstanden werden. 

Das Leiden der Zivilbevölkerung im Gazastreifen hat tatsächlich katastrophale Züge. Ganz akut droht eine Hungersnot, die verhindert werden muss. Die Solidarität mit Israel, die Anerkennung seines Selbstverteidigungsrechts gegen die Hamas und die Ansprache der humanitären Notlage in Gaza stehen nicht im Widerspruch. Das hat der zeitgleiche Besuch des Bundeskanzlers Olaf Scholz beim israelischen Premierminister eindrucksvoll gezeigt. Das Bewusstsein für die Lage in Gaza war bei unseren Ansprechpartnern im Bereich der Wissenschaft ausgeprägt.  

“Es gelingt, ein friedliches Miteinander zu organisieren”

Sie haben viele Stationen auf dieser Reise gemacht. Sie sind an der Hebrew University gewesen, im Weizmann Institut oder auch an der Universität in Tel Aviv. Wie ist Ihr Eindruck aus diesen Gesprächen und Treffen? 

Mich hat es beeindruckt, wie verantwortungsvoll an den Hochschulen mit den unglaublichen Herausforderungen umgegangen wird. Mitten im Semester gab es tausende Studenten, die in die Armee eingezogen wurden und für den Einsatz im Gazastreifen ihr Studium unterbrechen mussten. Zum Teil sitzen sie jetzt mit Uniform und Waffe in der Vorlesung. Viele Studierende haben Verwandte oder enge Freunde beim Terroranschlag der Hamas verloren. Gleichzeitig gibt es eine erhebliche Zahl palästinensischer Studierender. Viele haben Verwandte im Gazastreifen verloren oder bangen um deren Überleben. Dass es den besuchten Universitäten mit hohem Einsatz gelingt, trotz dieser Situation im Hörsaal und im Studentenwohnheim ein friedliches Miteinander zu organisieren, ist bewundernswert. Und es macht Hoffnung für eine bessere Zukunft. 

Sie haben auch den Bildungsminister Israels getroffen. 

Wir hatten ein sehr gutes und vertrauensvolles Gespräch mit Minister Yoav Kish. Die Ausnahmesituation an den Hochschulen stellt auch für die Regierung eine enorme Herausforderung dar. Dass der Hochschulbetrieb in dieser Situation weiterläuft, ist einer ausgeprägten Improvisationsbereitschaft auf allen Ebenen zu verdanken. Beispielsweise hat die Regierung Mittel für Nachholkurse zur Verfügung gestellt, damit Studierende, die in die Armee eingezogen wurden, nicht gleich das ganze Semester oder sogar ein ganzes Studienjahr verlieren. Gleichzeitig bleiben die Herausforderungen innerhalb der israelischen Regierungskoalition auch für das Bildungsressort nicht ohne Folgen. 

Man muss den Kampf für die liberale Demokratie gewinnen

Für Menschen vor Ort, für die Studenten und auch die Wissenschaftler ist die angespannte Situation stark belastend. Was berichten diese über ihre Wünsche und Hoffnungen? 

Der moderne Staat Israel wurde nicht zuletzt als Zufluchtsort für Juden aus aller Welt gegründet. Wir haben beispielsweise mit einem französischen Wissenschaftler gesprochen, der sich auch in Folge des Bataclan-Anschlags in Paris entschieden hatte, nach Israel auszuwandern. Der Terroranschlag der Hamas ist vor diesem Hintergrund ein nationales Trauma. Deshalb steht der unbedingte Wunsch nach Sicherheit im Vordergrund. Gleichzeitig sieht man mit großer Klarheit die Gefahren für die liberale Demokratie in den USA, in Europa und in Israel durch Rechtsextremismus und autoritären Populismus. Die Überzeugung ist genau wie bei uns, dass man diesen Kampf für die liberale Demokratie und die offene Gesellschaft gewinnen muss und gewinnen wird.  

In Deutschland gab und gibt es antisemitische Vorfälle. 

Leider stimmt das. Und in der aktuellen Lage nehmen die antisemitischen Vorfälle zu. Wir haben eine besondere historische Verantwortung, Antisemitismus und Israelfeindlichkeit entschlossen zu bekämpfen und das jüdische Leben in Deutschland zu schützen. Wir tun dies auf allen Ebenen. Im Rahmen der KMK ist es beispielsweise über die Jahre gelungen, eine Partnerschaft aller Bundesländer mit Yad Vashem zur Lehrkräftefortbildung zu organisieren. Als Wissenschaftsministerinnen und Wissenschaftsminister haben wir im Dezember einen Aktionsplan gegen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit auf den Weg gebracht. Dabei geht es um Prävention und Sensibilisierung. Es geht um feste Anlaufstellen für Betroffene. Es geht um die Überprüfung von Sicherheitskonzepten. Und nicht zuletzt geht es auch darum, die bereits hervorragende Partnerschaft mit Israel für Studierende und Forschende weiter auszubauen. Unsere Reise hat einmal mehr gezeigt: Die Zusammenarbeit mit unseren Partnern in Israel ist keineswegs eine rituelle Pflichtübung, sondern eine Riesenchance für die Studierenden und für die Wissenschaft. Aber vor allem ist es fachlich und menschlich eine große Freude.

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Analyse

Deutsche Universitäten entwickeln Ehrgeiz für bessere Platzierungen in Hochschul-Rankings

In den aktuellen Universitäts-Rankings finden sich nur wenige deutsche Universitäten auf den ersten 100 Plätzen. Im internationalen Vergleich ist das kein gutes Zeugnis für das deutsche Hochschulsystem. Die USA und Großbritannien beispielsweise schneiden deutlich besser ab (siehe Grafiken). Bloß als Mittelmaß zu gelten, wollen viele Einrichtungen nun nicht mehr auf sich sitzen lassen. Denn sie sind überzeugt davon, dass mehr in ihnen steckt als die Bestenlisten widerspiegeln.   

Eine ähnliche Diagnose traf auch ein vom Auswärtigen Amt finanziertes Projekt der Universitäten in Dresden und Tübingen. Es kam bereits vor elf Jahren zu dem Schluss: “Die Leistungsfähigkeit deutscher Universitäten ist in internationalen Rankings nicht adäquat abgebildet. Das kann Nachteile bei der Rekrutierung von Studierenden, Wissenschaftlern, Partnerschaften und Fördermitteln haben und damit Konsequenzen für den gesamten Wissenschaftsstandort.”

HRK-Serviceprojekt berät für Professionalisierung

Um Universitäten zu beraten, die sich in internationalen Hochschul-Rankings verbessern wollen, hat die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) im Jahr 2019 das “Serviceprojekt Internationale Hochschulrankings” eingerichtet. Man leiste vor allem Unterstützung beim informierten und professionellen Umgang mit den Daten, die von Ranking-Anbietern gefordert werden, sagt Projektleiterin Sarah Spiegel. “Außerdem vernetzen wir die deutschen Unis für eine bessere Position gegenüber den Ranking-Anbietern.”

Das Angebot ist gefragt. “Seit Projektstart haben durchgehend nahezu alle Mitgliedsuniversitäten Beratungsangebote des Serviceprojekts genutzt, etwa die Netzwerktagungen, den Newsletter und individuelle Beratung”, sagt Spiegel. Im vergangenen Jahr habe sich das Interesse noch einmal deutlich gesteigert. Rankings seien von vielen Universitäten erst einmal distanziert betrachtet worden. Inzwischen verfolgten die meisten Institutionen einen eher pragmatischen Ansatz.

Dass sich die Einstellung gegenüber den Universitätsbestenlisten gewandelt hat, bestätigt auch Georg Schütte, Generalsekretär der Volkswagenstiftung. “Im Umgang mit diesen Rankings ist ein Realismus eingezogen – in Teilen der Wissenschaftspolitik, aber auch in den Hochschulen selbst. Es wurde erkannt, dass man die Rankings ernst nehmen muss.” Zwar möge an internationalen Hochschul-Rankings viel zu kritisieren sein – methodisch und generell. “Sie haben aber auf den Reputationswettbewerb über die Zeit eine so große Wirkungsmacht entfaltet, dass man sie nicht mehr ignorieren kann.”  

Universitäten richten Stellen für Ranking-Koordinatoren ein

Ein großer Schub nach vorne in den Bestenlisten ist bislang nicht zu beobachten, aber ein leichter Trend zur Verbesserung. Im Projekt wertet man es zudem als Erfolg, dass die deutschen Unis im sich intensivierenden internationalen Wettbewerb ihre Plätze halten.

Spiegel schätzt, dass in mehr als der Hälfte der Universitäten mittlerweile Stellen für sogenannte Ranking-Koordinatoren eingerichtet wurden. Sie kümmern sich zum Beispiel darum, dass die Daten, die in die Rankings einfließen, richtig aufbereitet werden.

Das sind die drei wichtigsten internationalen Rankings

  • Das Academic Ranking of World Universities der Shanghai Jiao Tong University, kurz Shanghai-Ranking, kürt seit 2003 jährlich die 500 besten Universitäten. Es steht in dem Ruf, als verlängerter Arm der chinesischen Regierung zu agieren, dennoch ist es weltweit anerkannt.
  • Das QS World University Rankings des britischen Unternehmens Quacquarelli Symonds nimmt auch Universitäten in Rankings auf, die das eigentlich nicht wollen. Es schätzt dann die fehlenden Daten oder recherchiert sie auf der Webseite der Uni.
  • Das THE World University Ranking des britischen Times Higher Education Magazins entstand zwischen 2004 und 2009 zunächst zusammen mit QS.

Das ist problematisch an den Rankings

  • Kritisiert wird zum Beispiel der Umgang mit bibliometrischen Daten bei der Zuordnung von Veröffentlichungen zu Universitäten. Auch Intransparenz ist ein Problem. So ist zum Beispiel ohne Nutzen der Consultancy-Dienste der Ranking-Agenturen gewöhnlich kein Einblick in die verwendeten Daten möglich.
  • Das THE- und das QS-Ranking sind auf das angelsächsische Universitätssystem zugeschnitten. Bei der Bewertung fallen auch private Sponsoren als Drittmittelgeber ins Gewicht. Diese gibt es in Deutschland zum Beispiel kaum.
  • Ein deutsches Problem ist auch, dass die hierzulande starke außeruniversitäre Forschung in den Rankings gar nicht abgebildet wird. Frankreich zum Beispiel hat daraus Konsequenzen gezogen und im Jahr 2014 die Universität Paris-Saclay gegründet, in der zehn Forschungs- und Bildungseinrichtungen aufgingen.
  • Aus Protest gegen falsche Anreize gibt es neuerdings Aussteiger: In den Niederlanden stieg die Universität Utrecht beim THE-Ranking aus, vor einigen Tagen gab die Universität Zürich bekannt, THE keine Daten mehr zu liefern.

Ranking-Beratung als Geschäftsmodell und Schummeleien mit System

Hinter den Bestenlisten stecken Geschäftsmodelle. Die Ranking-Agenturen bieten Universitäten Beratungsdienste an, damit diese ihre Platzierungen verbessern können. Sechsstellige Summen für Consultancy seien keine Seltenheit, sagt Spiegel. “In Deutschland werden diese Angebote kaum angenommen, andere Länder investieren aber viel Geld in diese Services.”

Auch Schummeleien für eine bessere Platzierung sind keine Seltenheit. Aufgefallen ist damit jüngst Saudi-Arabien. Für bessere Platzierungen im Shanghai-Ranking, bei dem die Anzahl der vielzitierten Forscher eine wichtige Rolle spielen, kauft es sich die Affiliationsangaben führender Wissenschaftler ein.

Alternative Ansätze: Open Source und multidimensional

Mit U-Multirank gibt es seit 2014 ein Ranking ohne Rangliste. Verglichen werden die Hochschulen innerhalb einzelner Indikatoren, man verzichtet darauf, Gesamtwerte aus gewichteten Einzelindikatoren zu berechnen, weil man sie methodisch für nicht haltbar hält. Federführend auf deutscher Seite ist das Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh.

Die Universität Leiden in den Niederlanden bemüht sich schon länger um faire und transparente Rankings. Ihr CWTS Leiden Ranking findet jedoch nicht so viel Beachtung wie Shanghai & Co. Davon unbeirrt ist man dort jetzt noch einen Schritt weiter gegangen: Ende Januar wurde die Leiden Ranking Open Edition vorgestellt. Sie basiert ausschließlich auf offenen Daten und Open-Source-Algorithmen und soll auf diese Weise maximale Transparenz herstellen.

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Wachstumschancengesetz: Union-Blockade droht anlaufende Forschungszulage auszubremsen

Wenn der Bundesrat am Freitag über das Wachstumschancengesetz abstimmt, hängt von der Entscheidung auch ab, ob die steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen ausgeweitet wird. Unternehmensverbände haben in dieser Woche noch einmal darauf gepocht, dass die unionsgeführten Bundesländer ihre Blockadehaltung aufgeben.

“Die politische Hängepartie ist innovationsschädlich und dauert schon viel zu lange.” Und ohnehin habe das Gesetz auf der allzu langen Wegstrecke “schon viele Federn lassen müssen.” Spätestens jetzt seien politische Vernunft und Verantwortung aller Beteiligten gefragt. “Denn Wirtschaft und Land brauchen dieses Gesetz”, sagte Hartmut Rauen, stellvertretender Geschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) im Gespräch mit Table.Media.

Am 1. Januar 2020 war das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung noch unter der Groko in Kraft getreten. Ziel der Forschungszulage war und ist es, Anreize zu setzen, um Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Unternehmen zu steigern. Für die Unternehmen geht es um nicht unerhebliche Beträge.

Obergrenze der absetzbaren F&E-Kosten mehr als verdoppelt

Aktuell erhalten die Unternehmen eine Steuerermäßigung auf förderfähige Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) bis zu vier Millionen Euro pro Jahr. Sie beträgt 25 Prozent, damit kann die Förderung maximal eine Million Euro betragen. Um die Wirkung der Forschungszulage zu verstärken, hat der Bundestag im Wachstumschancengesetz mehrere Änderungen beschlossen. Durch eine geplante Anhebung der Obergrenze auf zehn Millionen Euro pro Jahr könnten deutlich mehr FuE-Aufwendungen mobilisiert werden.

“Damit schließt sich endlich auch bei größeren Mittelständlern die Lücke in der Innovationsförderung”, sagt Rauen. “Also bei jenem Drittel unserer Wertschöpfungskette, das zu groß ist für KMU-Förderprogramme und zu klein für viele Verbundprojekte von Bund und EU.” Viele Unternehmen könnten so ihre gesamten förderfähigen FuE-Aufwendungen geltend machen. Industrieverbände wie der VDMA oder der Verband für Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) hatten bereits Mitte des vergangenen Jahres im Gespräch mit der Start-up-Beauftragten der Bundesregierung, Anna Christmann, auf eine Anhebung der Obergrenze bestanden. Finanz- und Wirtschaftsministerium hatten daraufhin die Ausweitung im Wachstumschancengesetz positioniert und durchs Kabinett gebracht.

Nach Stolperstart fängt Forschungszulage gerade an zu performen

Besonders ärgerlich aus Sicht der Verbände: Die steuerliche Forschungsförderung war nach einem Stolperstart gerade dabei, mehr und mehr Unternehmen zu erreichen und damit Wirkung zu entfalten. Das Hauptproblem war lange vor allem die mangelnde Bekanntheit und Nutzung der eigentlichen Zielgruppe: die kleinen und mittleren Unternehmen. Das zeigte etwa eine Evaluation, die der Stifterverband im Auftrag des Bundesforschungsministeriums veröffentlicht hatte. Demnach legte Bekanntheit und Nutzung zwar im untersuchten Zeitraum von 2020 bis 2022 stetig zu, war aber gerade bei kleinen Unternehmen (weniger als 250 Beschäftigte) noch “unterdurchschnittlich bekannt”.

Eine aktuelle ZEW-Umfrage legt nun eine Trendwende nah. Allein im Jahr 2023 hat sich – im Maschinen- und Anlagenbau, auf den sich die Umfrage bezieht – die Anzahl der Nutzer um fast 60 Prozent erhöht. Damit haben inzwischen etwa 40 Prozent aller grundsätzlich infrage kommenden Unternehmen der Branche bereits einen Antrag zur Forschungszulage gestellt. “Die Forschungszulage im Maschinen- und Anlagenbau motiviert viele Unternehmen zu zusätzlichen FuE-Aktivitäten, stärkt marktnahe Forschung und trägt zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bei”, erklärt Christian Rammer, Autor und stellvertretender Leiter des ZEW-Forschungsbereichs “Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik”.

Albani: “Erfolgreiches Projekt der Unions-Forschungspolitik”

“Die Politik muss das Wachstumschancengesetz jetzt auf den Weg bringen”, fordert mit Blick darauf auch Sarah Bäumchen, Mitglied der Geschäftsleitung beim ZVEI. Deutschland stecke in einer Rezession, politische Kalküle der Länder müssten dahinter zurückstehen. Konkret fordert der ZVEI, das “wirksame Instrument der steuerlichen Forschungsförderung” auszubauen und auch auf die Normungsarbeit auszudehnen. “Innovation muss wieder Vorfahrt bekommen”, sagte Bäumchen weiter. Das Wachstumschancengesetz könne hierzu einen ersten Beitrag leisten.

Wirklich angesprochen fühlen sich Unionspolitiker von dieser Kritik nicht. Auf Anfrage von Table.Briefings verweist Forschungspolitiker Stephan Albani (CDU) zunächst auf die politische Urheberschaft der steuerlichen Forschungsförderung. “Die ZEW-Umfrage zeigt uns, dass der Start holprig war, sich die Forschungszulage aber als weiteres Förderinstrument für FuE in Unternehmen etabliert hat und zusätzliche FuE-Aktivitäten schafft beziehungsweise unterstützt. Die Einführung ist damit ein erfolgreiches Projekt unserer Unions-Forschungspolitik.”

Ampel-Fachpolitiker appellieren an die Vernunft

Die Schuld am Scheitern der Verhandlungen über das Wachstumschancengesetz schiebt er den Regierungsparteien zu. “Ich halte eine Ausweitung der Forschungszulage für sinnvoll, um FuE-Aktivitäten in Unternehmen weiter zu fördern. Die geplanten Änderungen könnten besonders für KMU von Vorteil sein und zu einer Steigerung der FuE-Aufwendungen führen. Daher wäre es wünschenswert, wenn die Ampel kompromissfähiger wäre, um eine zügige Verabschiedung zu ermöglichen”, sagt Albani.

Fachexperten der Ampel appellieren dagegen noch einmal an die Vernunft der unionsgeführten Länder: “Gerade in Zeiten begrenzter finanzieller Möglichkeiten ist es aus meiner Sicht als Forschungspolitiker umso wichtiger, Geld dort auszugeben, wo es einen hohen Mehrwert generiert”, sagt SPD-Mann Holger Becker. Jeder Euro, der in den Bereich Forschung und Entwicklung gehe, sei daher zunächst einmal gut. Für die steuerliche Forschungsförderung gelte das, was auch für alle Elemente des Wachstumschancenpaketes gelte: “Zwar wäre eine größere Lösung wünschenswert gewesen, aber als Politiker muss man innerhalb der gegebenen Realitäten arbeiten.”

Anna Christmann (Grüne) findet es “unverantwortlich”, wenn der Bundesrat den Weg für die Forschungszulage am Freitag nicht frei machen sollte: “Es ist zentral für den Standort Deutschland, dass der Bundesrat das Wachstumschancengesetz beschließt – leider nach Wochen unnötiger Verzögerung“. Mit der Flexibilisierung der Forschungszulage würde es einen echten Push für Forschung und Innovation in Unternehmen geben.

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Termine

25. März 2024, 13:00 Uhr, Online
WZB-Reihe “Wissenschaft als Arbeitgeberin” Jana Lasser: Hierarchie und Machtmissbrauch: Herausforderungen im Arbeitsumfeld Wissenschaft Mehr

8. April 2024, 13:00 Uhr, Online
WZB-Reihe “Wissenschaft als Arbeitgeberin” Tobias Rosefeldt: Wie Organisationsstrukturen sich verändern: Vom Lehrstuhl zur Departmentstruktur? Mehr

22. April 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Hannover Messe
Gipfel für Forschung und Innovation 2024 “Innovationen in Europa – Katalysatoren, Kompetenzen und Kooperationen am Beispiel von KI” Mehr

29. April 2024, 18 Uhr, Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Leibniz-Saal, Markgrafenstraße 38, 10117 Berlin
Podiumsdiskussion “Zum Stand der Wissenschaftsfreiheit in Europa” Mehr

27./28. Mai 2024, Dresden/International Congress Center Conference
Konferenz “Building Bridges for a Net Zero Future” Mehr

News

TU Nürnberg: Auswechslung des Gründungspräsidenten irritiert Forschungscommunity

UTN-Gründungspräsident Hans Jürgen Prömel wurde von der Bayerischen Landesregierung – nach dreijähriger Aufbauphase der neuen Universität – ausgetauscht.

Zum 31. März legt Hans Jürgen Prömel sein Amt als Gründungspräsident der Technischen Universität Nürnberg (UTN) nieder. Das teilte die bayerische Staatregierung am Dienstag mit und bezeichnet den Vorgang als “Stabwechsel im Zuge der KI-Fokussierung”. Dass Prömels Nachfolger Michael Huth erst im Oktober von seinem jetzigen Posten am Imperial College London nach Nürnberg kommt, lässt jedoch eher auf Differenzen mit der Landespolitik schließen.  

Huth wurde am Dienstag von Ministerpräsident Markus Söder und Wissenschaftsminister Markus Blume in der Bayerischen Staatskanzlei in München empfangen. In der Aufbauphase der Uni kann die Politik derartige Personalia ohne Konsultation von Hochschulgremien bestimmen.  

Gerüchte über Missgunst anderer Universitäten in der Region 

Forschungspolitiker der Opposition sind verwundert über den Personalwechsel. Prömel sei “ein hoch qualifizierter, international angesehener Wissenschaftler und als erfolgreicher Gründungspräsident der TU Nürnberg von allen Seiten respektiert”, sagt Katja Weitzel, SPD-Landtagsabgeordnete und Mitglied im Forschungsausschuss.  

Auch sonst heißt es, Prömel habe einen exzellenten Job gemacht und renommierte Forschende an die Anfang 2021 gegründete UTN geholt. Dass die Politik ihren Willen auf diese Art durchsetzt, bringe Unruhe und gehe auf Kosten der wissenschaftlichen Qualität. Prömel wird nachgesagt, ein starker Charakter zu sein, es geht ihm stets um die Sache. Und er ist reformfreudig. Im Interview mit Table.Briefings sprach der Mathematiker und langjährige Präsident der TU Darmstadt davon, die TU Nürnberg als eine Art Experimentierkasten zu sehen.  

Zu viel Widerstand gegen Söders Pläne? 

Verena Osgyan, forschungspolitische Sprecherin der Grünen im bayerischen Landtag, vermutet, dass Prömel das “dirigistische Eingreifen der Landesregierung” nicht mittragen wollte, wie sie in einem Standpunkt-Beitrag für Table.Briefings schreibt. Die UTN als dezidierte KI-Uni zu etablieren, stehe in klarem Widerspruch zum Gründungskonzept.  

Die Süddeutsche Zeitung bringt als Erklärung ins Spiel, Prömel könnte in der Nürnberger Hochschullandschaft angeeckt sein. Bei der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen sei man zum Beispiel nicht begeistert darüber gewesen, dass er gleich zwei der sieben neuen Professoren aus der Nachbarschaft abwarb.  

Was man über den Nachfolger weiß 

Michael Huth leitet das Department of Computing am Imperial College London. Er wurde in Aschaffenburg geboren, also in Unterfranken. Ministerpräsident Söder nennt ihn eine “Idealbesetzung”. Er sei eine Koryphäe im Bereich der Künstlichen Intelligenz. “Seine Verpflichtung ist ein sensationeller Erfolg, mit dem die UTN von Anfang an voll durchstarten kann.”  Wissenschaftsminister Blume sagt, Huth sei “ein wahrer Glücksfall für die UTN”. Fragen der Sicherheit und Ethik Künstlicher Intelligenz gewännen weltweit immer größere Bedeutung. “Genau in diesem Bereich forscht der weltweit anerkannte Wissenschaftler.”  

Zur Frage der Reputation von Michael Huth ist ein Blick auf den H-Index bei Google Scholar interessant, der über Zitationen die wissenschaftliche Leistung bewertet und vergleichbar macht. Mit einem H-Index von 22 steht Huth im Vergleich mit anderen als KI-Koryphäen bezeichneten Wissenschaftlern wie etwa Bernhard Schölkopf (174) nicht so gut da. Allerdings scheint Huths Profil bei Google Scholar nicht auf dem aktuellen Stand zu sein, seine jüngeren Publikationen sind dort nicht gelistet. Auf alle Fälle kennt er sich mit Start-ups aus: Huth ist Mitgründer der Berliner Firma Xayn, die auf vertrauenswürdige KI setzt. Und er bringt aus England Erfahrung mit Department-Strukturen mit. Sie sind an der UTN und bundesweit ein Novum. abg 

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Genderverbot in Bayern: Diskussion um “nicht-existente Probleme”

Die bayerische Staatsregierung verbietet die Verwendung von Sonderzeichen zur Geschlechtsumschreibung. Man wolle keine “ideologiegetriebene” Sprache im dienstlichen Schriftverkehr. Das Kabinett beschloss nun offiziell eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsordnung des Freistaats Bayern (AGO).

Ein entsprechender Brief, der Table.Briefings vorliegt, wurde an die Schulen bereits verschickt. Darin nimmt man Bezug auf eine angebliche Empfehlung des Rats für deutsche Rechtschreibung, die eine Nicht-Verwendung von Gender-Sonderzeichen beinhalte.

Falsche Interpretation der Empfehlung des Rats für deutsche Rechtschreibung

Das ist inhaltlich nicht ganz korrekt: Der Rat empfiehlt lediglich, die “Sonderzeichen im Wortinnern” nicht in das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung aufzunehmen. Ein nicht unwesentlicher Unterschied. Denn mit der Aufnahme in das Amtliche Regelwerk müssten alle mit den Sonderzeichen einheitlich gendern. Eine Nicht-Befolgung wäre in Schul- oder Hausarbeiten ein Fehler.

Wie Markus Blume, Minister für Wissenschaft und Kunst, die neue Regelung an Hochschulen durchsetzen will, bleibt unklar. “Er gab heute dem Wissenschaftsausschuss keine weiteren Informationen dazu, wie er in den verbleibenden elf Tagen unter Berücksichtigung der Wissenschaftsfreiheit und Redefreiheit an bayerischen Hochschulen ein Genderverbot durchsetzen will”, sagte die Grünen-Landtagsabgeordnete Sanne Kurz Table.Briefings.

Sanierungsstau anpacken statt Gender-Debatten

“Statt künstlich nicht-existente Probleme aufzublasen, sollte die Söder-Regierung den Sanierungsstau anpacken, da wäre der Wissenschaftsfreiheit deutlich mehr geholfen als mit Genderverboten und Debatten zu Pro und Contra Genderverbot”, meint Kurz, die Mitglied im Wissenschaftsausschuss des bayerischen Landtags ist.

Die HRK verweist auf Anfrage von Table.Briefings ebenfalls auf die Wissenschaftsfreiheit und betont, dass aus ihrer Sicht “das sogenannte Genderverbot der bayerischen Landesregierung sich daher ausschließlich auf das Verwaltungshandeln der bayerischen Hochschulen beziehen kann”.

HRK und DFG engagieren sich für die Gleichstellung

In der Sache lege die HRK großen Wert auf die Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft. Zu deren Unterstützung kann aus Sicht der HRK auch die Verwendung gendersensibler Sprache gehören. Grundsätzlich bestehe der Eindruck, dass das Gendern für junge Menschen mittlerweile viel selbstverständlicher zum alltäglichen Sprachgebrauch gehört, als dies früher der Fall war.

Das nahm wohl auch die DFG zum Anlass, sich für den “geschlechts- und diversitätssensiblen Sprachgebrauch” zu engagieren. Wie sie zu Beginn des Jahres mitteilte, nutzt sie den Genderstern für ihre eigene Kommunikation. “Antragsteller*innen oder Gutachter*innen können selbstverständlich weiterhin den Gepflogenheiten ihrer Einrichtungen und Fachkulturen oder ihren eigenen Präferenzen folgen.” Also auch hier: Kein Zwang zum Gendern. mw

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Experten fordern 2,6 Milliarden Euro für Forschung zu CO₂-Abscheidung

Der klimapolitische Fokus der nächsten EU-Kommission solle auf CO₂-Entnahmen (Carbon Dioxide Removals – CDR) liegen, fordert die Brüsseler Nicht-Regierungsorganisation Carbon Gap. In einem am Dienstag veröffentlichten Fahrplan empfiehlt die NGO eine umfassende CDR-Strategie, um die gezielte politische und finanzielle Unterstützung für CDR in Europa zu erhöhen.

Carbon Gap fordert unter anderem:

  • Investitionen in Forschung, Innovation und Entwicklung der Kohlenstoffabscheidung in Höhe von rund 2,6 Milliarden Euro im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen für 2028 bis 2034
  • schnellere Überführung von Methoden zur Kohlenstoffabscheidung aus dem Labor in die Praxis
  • ein Pilotprogramm bis 2025, um die Nachfrage nach CDR anzukurbeln, indem ein Einführungsanreiz für besonders langlebige und kostspielige CDR-Methoden mit spezieller EU-Finanzierung eingeführt wird
  • eine Art CO₂-Zentralbank bis 2030, um die Voraussetzungen für die Skalierung von CDR-Methoden zu schaffen
  • verbindliche Gesamtziele für Kohlenstoffabbau inklusive Unterzielen für den LULUCF-Sektor
  • Integration von CDR-Methoden in den EU-Emissionshandel, um private Unternehmen für die Ausweitung des Abbaus von Kohlenstoff zu gewinnen.

“Eine CDR-Strategie würde einen Weg aufzeigen, wie CDR in Europa in den kommenden Jahren entwickelt, eingesetzt und skaliert werden kann”, sagt Valter Selén, Associate Policy Director bei Carbon Gap.

Der Weltklimarat IPCC hält “anthropogene Aktivitäten, die CO₂ aus der Atmosphäre entfernen und es dauerhaft in geologischen, terrestrischen oder ozeanischen Reservoirs oder in Produkten speichern” für notwendig, um die Klimaziele von Paris zu erreichen. Demnach müssen bis 2050 jährlich 5 bis 10 Gigatonnen CO₂ aus der Atmosphäre entfernt werden. luk

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Presseschau

Nature. Biden seeks to boost science funding – but his budget faces an ominous future. The US president proposes a 2025 budget even as negotiations continue over federal funding for 2024. Trotz der parteiübergreifenden Unterstützung des CHIPS oder auch des Science Act, fallen die vorgeschlagenen Erhöhungen der Budgets der Wissenschaftsbehörden geringer aus, als es möglich wäre. Gleichzeitig tickt noch die Uhr für eine Einigung von Demokraten und Republikenern zum aktuellen Haushalt 2024. Wenn keine Vereinbarung gelingt, drohen Stillstand und Kürzungen in einigen der wichtigsten Institutionen. Mehr

NZZ. Die Schweiz will eine Debatte zur künstlichen Steuerung des Klimas – trotz Widerständen und Kontroversen. Die Schweiz wollte bei der jüngsten Versammlung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen eine Resolution auf die Beine stellen, um einen weltweiten Überblick über die sogenannten «Solar-Radiation-Modification-Technologien» zusammenzutragen. Doch sie scheiterte mit ihrem Vorstoß. Noch sitze die Angst, sich mit dem Thema formell zu beschäftigen, bei vielen Teilnehmern tief, sagen Beobachter in Nairobi. Dahinter steht maßgeblich die Sorge, die Technologie könne als mögliche Option im Kampf gegen steigende Temperaturen legitimiert werden. Doch: Die Lobbyarbeit von Unterstützern und Kritikern wird in den kommenden Monaten wohl weiter zunehmen, davon gehen alle Beteiligten aus. Mehr

Tagesspiegel. Wissenschaft im Krieg: Wie ukrainische Forschende heute arbeiten. Viele ukrainische Wissenschaftler sind ins Ausland gegangen, andere arbeiten unter erschwerten Bedingungen im eigenen Land. 35 Prozent der Forschungsinfrastruktur des Landes wurden durch den Krieg beschädigt oder zerstört. Doch die Forschung hat sich auch dem Krieg angepasst. Mehr

Riffreporter. Nach Beschwerden über Unregelmäßigkeiten: Anthropozän-Vorstoß endgültig gescheitert. Der Vorstoß, ein nach dem Einfluss des Menschen auf die Erde benanntes Erdzeitalter – das Anthropozän – auszurufen, ist nach Informationen von RiffReporter endgültig gescheitert. Bei einer neuerlichen Abstimmung stellte sich fast die gesamte Internationale Kommission für Stratigraphie (ICS) hinter das negative Votum eines Gremiums von Expertinnen und Experten. Die ICS ist für die Einteilung der Erdgeschichte in Zeitabschnitte zuständig. Mehr

Standpunkt

“Markus Söder hat den Grundsatz der Hochschulautonomie nicht begriffen”

Von Verena Osgyan
Verena Osgyan ist Sprecherin für Wissenschaft und Hochschulpolitik von Bündnis 90/Die Grünen im bayerischen Landtag.

Dass die Bayerische Staatsregierung mit ihrer Hightech-Agenda einen deutlichen Schwerpunkt auf Künstliche Intelligenz gesetzt hat, ist grundsätzlich richtig. Es ist eines der zentralen Zukunftsthemen. Hier wurde und wird derzeit bayernweit an den Universitäten und HAWs viel aufgebaut, und wir setzen als Grüne darauf, dass sich hier aus akademischem Wettbewerb wie auch akademischer Kooperation viel Innovation ergeben wird.

Dem widerspricht ein Stück weit Ministerpräsident Söders Postulat aus seiner letzten Regierungserklärung, in Nürnberg nun eine dezidierte KI-Uni etablieren zu wollen. Dies steht in klarem Widerspruch zum ursprünglich beschlossenem Gründungskonzept der Technischen Universität Nürnberg (UTN). Ob eine solche Verengung der Ausrichtung der UTN dem Standort Bayern insgesamt guttut, halte ich für fraglich.

Von Anfang an unrealistische Zeitpläne und überfrachtete Erwartungen

Ebenso fraglich ist, ob diese Verengung der Ausrichtung der noch sehr jungen und in Findung befindlichen Uni in Nürnberg selbst guttut. Die Gründung der Uni wurde von Markus Söder von Anfang an mit unrealistischen Zeitplänen und überfrachteten Erwartungen konterkariert, die letztlich nicht haltbar waren. Der Hochschulstandort braucht nun Zeit sich zu entwickeln, die inhaltlichen Schwerpunkte müssen im Rahmen des vom Wissenschaftsrats begutachteten Konzepts aus der UTN heraus autonom entwickelt werden können.

Da ist KI ein wichtiger Baustein, aber eben nur einer. Für eine Universität, die diesem Namen gerecht werden will, ist Interdisziplinarität und die Wahrung der Wissenschaftsfreiheit essenziell, um im internationalen Wettbewerb anschlussfähig werden zu können. Auch Stanford oder das MIT wurden nicht mit dem Ziel gegründet, allein ein bestimmtes Thema zu pushen.

Der Freistaat sollte sich auf Rahmenbedingungen konzentrieren

Hier in Nürnberg jetzt dirigistisch eingreifen zu wollen unter der Schlagzeile “jetzt wollen wir eine KI-Uni aufbauen” ist meines Erachtens wenig hilfreich. Söder hat da offenbar den Grundsatz der Hochschulautonomie nicht wirklich begriffen. Dass Professor Prömel nun mitten in seiner Amtszeit abberufen wurde, passt dazu ins Bild. Dass er es als Präsident klaglos mitgetragen hätte, strategisch so übergangen zu werden, ist schwer vorstellbar. Ministerpräsident Söder scheint hier in seinem Bestreben, um der Schlagzeile willen mal eben per ordre de mufti die Hochschulautonomie auszuhebeln, doch mehr Widerstand erhalten zu haben, als ihm lieb war. Für die im Aufbau befindliche UTN sind das jedenfalls keine guten Vorzeichen.

Der UTN wäre besser geholfen, wenn der Freistaat sich auf seine ureigene Aufgabe besinnt, gute finanzielle und strukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen, um der UTN, aber auch den anderen nordbayerischen Universitäten und Hochschulen einen verlässlichen Ausbaukorridor zu geben. Sonst läuft man Gefahr, das zarte Pflänzchen UTN von Anfang an mit überzogenen Erwartungen zu ersticken, und weckt neuerlich Ängste bei den anderen bereits etablierten Universitäten und Hochschulen der Metropolregion zu kurz zu kommen. Das hatten wir eigentlich bereits überwunden geglaubt.

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Personalien

Milica Gašić, Lehrstuhlinhaberin für Dialog Systems and Machine Learning an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), wird ab April zusammen mit der Bochumer Informatikerin Asja Fischer zur Lamarr-Fellow. Die beiden Informatikerinnen verstärken damit das Lamarr-Netzwerk, ein Spitzenforschungsnetzwerk für Künstliche Intelligenz (KI) in Nordrhein-Westfalen, und erhalten eine Forschungsförderung von bis zu 600.000 Euro für vier Jahre.

Jutta Kray, Robert Ernst und Raimund Seidel sind neue Vizepräsidenten der Universität des Saarlandes. Der künftige Universitätspräsident Ludger Santen wird am 1. April gemeinsam mit dem neu zusammengesetzten Präsidium sein Amt antreten.

Judith Miggelbrink wird Direktorin des Leibniz-Instituts für Länderkunde (IfL) in Leipzig. Sie folgt auf Sebastian Lentz, der seit 2003 Direktor des IfL ist und Ende März in den Ruhestand geht. Miggelbrink ist Professorin für Humangeographie an der TU Dresden.

Anja Reinalter ist neue Sprecherin für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung der Grünen Bundestagsfraktion. Sie tritt damit die Nachfolge von Nina Stahr an, die nach der Wiederholungswahl in Berlin nicht mehr in den Bundestag einzog.

Gerhard Sagerer, emeritierter Professor für Angewandte Informatik und Rektor a. D. der Universität Bielefeld, übernimmt den Vorsitz des Stiftungsrates der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Stellvertretende Vorsitzende ist Sabine Maasen, Leiterin der Professur Wissenschaft und Innovation, Fachgebiet Sozialökonomie der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Hamburg.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Mehr von Table.Media

Agrifood.Table. Bürgerrat-Empfehlungen polarisieren im Bundestag. Selbst Vertreter der Ampel-Koalition, die sich den Einsatz von Bürgerräten in den Koalitionsvertrag geschrieben haben, sind höchst gespalten in der Frage, wie ernst die Forderungen des Bürgerrats Ernährung zu nehmen sind. Vertreter der Opposition tun die Vorschläge als “minderqualifiziert” ab. Als Nächstes wird sich der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft des Bundestags mit den Empfehlungen beschäftigen. Ein zweiter Bürgerrat zu einem neuen Thema ist bereits in der Planung. Mehr

Berlin.Table. Stark-Watzinger: Berufsorientierung in Ganztag integrieren. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger fordert, den ab 2026 geltenden Anspruch auf Ganztagsbetreuung für eine nachhaltige Verbesserung des Bildungssystems zu nutzen. Praktiker bezweifeln allerdings, dass dies gelingt. “Leider fehlt den Ländern oft die Bereitschaft, den Ganztag zu nutzen, um das Bildungssystem sinnvoll zu verbessern”, sagte Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes und Vize-Bundesvorsitzende des Beamtenbunds. Mehr

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Rigorosum

Agenturmodelle der Zukunft: Warum es um viel mehr geht als nur um Dati & Sprind  

Im Augenblick jubilieren viele ob des sogenannten Freiheitsgesetzes für die Sprind und ob der überzeichneten Pilot-Förderlinie der Dati. Dabei lassen sie außer Acht, dass die EFI-Kommission wiederholt kritisiert, dass durch die Aufrechterhaltung der ministeriellen Fachaufsicht die mikropolitische Kontrolle über die Sprind erhalten bleibt. Und ich erwarte ein noch restriktiveres Vorgehen beim Freiheitsrahmen für eine Dati. Daran ändert auch die Freude einiger über die Dati-Piloten “Innovationssprints” und “Innovationscommunities” nichts. In angespanntester Haushaltslage sind sie nichts anderes als “panem et circenses” für die Forschungswelt. 

Tanker oder Schnellboote – es geht um politischen Dirigismus versus autonome Agenturmodelle

Fast unterm Radar begann schon Anfang des Jahrzehnts eine Strategiedebatte zwischen zwei renommierten Innovationsstrategen, interessanterweise zwischen dem alten und dem neuen EFI-Vorsitzenden, zwischen Dietmar Harhoff, Direktor des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb und seinem Nachfolger Uwe Cantner, VWL-Professor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Zentrale Frage der Debatte war, wie man Bürokratie so bändigen könne, dass in diesem Lande eine andere Qualität von Innovation möglich würde. 

Harhoff plädierte etwa am 11. Mai 2021 in der Zeit und dann wieder am 12. Juli 2022 im Handelsblatt dafür, gut abgrenzbare Innovationsaufgaben aus verkrusteten ministeriellen Organisationen auszulagern, und zwar nicht in die Projektträger, die sich längst kulturell den Ministerien angepasst hätten, sondern in viele neue Agenturen. Hingegen schlugen Cantner und sein EFI-Team am 24. September anstelle des Denkens in neuen Agenturen folgendes vor: “Viel wichtiger sind eine grundlegende agilitätsorientierte Reform der Strukturen und Prozesse in Ministerien und Verwaltung sowie ein verändertes Mindset”.

Die Sprind war für EFI wegen ihres potenziell disruptiven Charakters begründbare Ausnahme. Weitergehende Ansätze wie die Dati lehnte sie ab, weil es ja projektbezogene Förderung dafür gäbe. Und erst recht sollte es keinen Prototyp für weitere neue, anti-bürokratische Strukturplattformen geben, obwohl diese doch strukturpolitische Alternativen zum jahrzehntelangen Marsch durch die öffentliche Verwaltung wären.

Ohne es so zu benennen, vertrat Harhoff nämlich die Position der strukturellen Ambidextrie, wie sie von US-amerikanischen Wissenschaftlern wie Robert B. K. Duncan (Northwestern Kellog University), Michael Tushman (Harvard), Charles A. O’Reilly (Stanford) und James G.March (ehemals Stanford) entwickelt wurde. Sie bedeutet nicht nur inkrementelle Verbesserung, Effizienzsteigerung und Optimierung bestehender Prozesse, Strukturen und Kulturen in der bisherigen Organisation (Exploitation), wie sie Uwe Cantner vorschlägt, sondern zudem Experimentieren und Agilität in neu geschaffenen Strukturen, um dadurch Innovation zu ermöglichen (Exploration): quasi duale Strukturen. 

Während die alte Organisation meist durch hierarchische Strukturen, Formalisierung, strukturierte Routineprozesse und klassischen Arbeitsmethoden geprägt ist, verlangt Exploration autonome und risikotolerante Start-up-ähnliche Strukturen, geprägt von einem experimentellen Vorgehen und iterativen, agilen Prozessen – also Innovationsermöglichung in Schnellbooten statt in Tankern. In der Tech-Ökonomie, inzwischen Selbstverständlichkeit, im deutschen Wissenschafts-System eine Unbekannte.

Warum ich die Position der EFI für falsch halte 

EFI sorgt sich, dass ausgelagerte Agenturen die Politik ihrer Verantwortung und ihrer Handlungsspielräume für die Forschungs- und Innovationsstrategie berauben würden. Dieses Argument wird offensichtlich von der US-amerikanischen Politik nicht geteilt. Dort entscheiden Agenturen wie die National Institutes of Health, die Nasa oder die berühmte Defense Advanced Research Projects Agency (Darpa) in Autonomie. Übrigens ähnlich wie Agenturen in Schweden, der Schweiz oder Großbritannien.

Ich empfehle der EFI-Kommission den über 15 Jahre alten Buchbeitrag “Über die Veränderbarkeit des Seins: Scheitern Verwaltungsreformen?” von Heinrich Reinermann, emeritierter Professor der deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer. In diesem Beitrag werden zentrale verwaltungsreformerische Herausforderungen, ja Paradoxien beschrieben – von der Unberechenbarkeit der Handlungen politischer Akteure, der Bruchstellen bei Regierungswechseln, der Überbewertung von Sachinformationen im Politikdiskurs bis hin zur Komplexität und dem langen Dauern von Paradigmenwechseln in versteinernden Systemen.

Wiarda schrieb 2021 in seinem Blog, dass das Zauberwort einer neu strukturierten Forschungspolitik nicht allein “Agenturen”, sondern vor allem “Entmachtung der Ministerialbürokratie” hieße. Er beschrieb, wie Beamten mit Argusaugen über “ihre” Forschungsorganisationen wachten, dass es um Sicherung ihres persönlichen Einflusses ginge, im Zweifel auch im Kampf der Ministerien gegeneinander. Und um die Minimierung ihrer eigenen Risiken! Er wünscht sich geradezu Forschungsorganisationen frei von ministeriellen Machtspielchen als “Vision am Reißbrett”. Doch leider taucht diese Vision in seinen weiteren Blogs und Kolumnen nicht mehr auf.  

EFI hat nicht einmal diese Vision. Stattdessen postuliert sie ein technokratisches Systemverständnis, welches nur neue Strukturen und Prozesse der Forschungskoordination und Zentralisierung in der Steuerung vorsieht. Verbunden wird dies mit dem geforderten Wandel im Mindset, den man immer dann bemüht, wenn einem nichts anderes mehr einfällt. Statt die Psychologie politischer Macht zu verstehen, versieht sie deren Akteure mit dem Mythos des ‘homo rationalis’. Und was die Exekutive betrifft: Es ist die hohe Risikoaversion des Apparates, der die Konsequenzen einer fehlerhaften Genehmigung sehr viel mehr fürchtet als die einer fehlerhaften Untersagung. Und es ist die Überschätzung der Risikofreude von Menschen, die bei sehr hoher Arbeitsplatzsicherheit relativ gering verdienen.

Ein Denkfehler kommt bei EFI dazu

“Die Expertenkommission befürchtet durch die Gründung zusätzliche Agenturen mit Verwaltungsaufgaben eine Doppelung der bereits bestehenden institutionellen Kapazitäten zur Administration von F&I-Förderprojekten”. Eigentlich hätte die Kommission nicht nur die Kapazitäten bei den Projektträgern, sondern zudem auch die in Ministerien und Ressort-Forschungseinrichtungen mitdenken müssen. Doch wie werden aus öffentlich Bediensteten in Tankern agile Teams in Schnellbooten?

Innovating Innovation: Zu meiner Zeit als Personalvorstand bei der Deutschen Telekom hatte die Firma unter ihren rund 150.000 deutschen Beschäftigten circa 40.000 Beamtinnen und Beamte. Gleichzeitig musste dieser Personalkörper die Hauptlast der Transformation tragen. Personalpolitisch gelang dies, indem die Beamtenschaft “in sich beurlaubt” war. Die beamteten Mitarbeiter behielten zwar ihren Beamtenstatus, hatten aber die von der allermeisten wahrgenommenen Option, einen privatrechtlichen Vertrag mit der Firma zu schließen, mit allem, was damit zusammenhing: Zielvereinbarungen, Performance Management, variable Vergütung nach Zielerreichung, Einbettung in das Karrieresystem. Und beide Seiten konnten dies rückgängig machen.

Wie spannend wären autonome Agenturen des Bundes zu zwei Dritteln rekrutiert aus “in sich beurlaubten” Angehörigen des öffentlichen Dienstes und zu einem Drittel aus Angehörigen des privaten Sektors! Also keine Doppelkapazitäten, sondern organisatorische Verlagerung personeller Kapazitäten.

Dass die Politik selbst vor härteren Lösungen nicht zurückschreckt, hat sie erst jüngst deutlich gemacht, als sie anstelle des Projektträgers Arbeitsgemeinschaft für industrielle Gemeinschaftsforschung (AiF) die DLR mit der Projektträgerschaft für das Förderprogramm IGF betraute. Betriebsbedingte Kündigungen bei der AiF waren die Folge.

Egal wie, Strukturpolitik und Personalpolitik gehören zusammen zu einer innovativen Innovationspolitik: die strukturpolitische Schaffung autonomer Agenturen ohne Fachaufsicht, sondern nur in Rechtsaufsicht gekoppelt mit einer personalpolitischen Lösung der “in sich Beurlaubung” ist die ideale Lösung für die Förderung von Innovation in diesem Lande. Freiheit für Menschen und Organisationen! Mit Sprind und Dati anfangen. Längst überfällig.

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Research.Table Redaktion

RESEARCH.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die Auswirkungen des terroristischen Anschlags der Hamas am 7. Oktober sind überall zu spüren, in Tel Aviv oder Jerusalem, in den Hochschulen und Forschungsinstituten. Plakate mit Porträts der Geiseln, die sich immer noch im Gazastreifen befinden, hängen überall. “Bring them back” steht auf großen Bannern.

    Wer in diesen Tagen nach Israel reist – wie die Delegation um HRK-Präsident Walter Rosenthal gemeinsam mit der KMK, vertreten durch Jakob von Weizsäcker, Markus Blume, Ina Czyborra, Manja Schüle, Katharina Fegebank, Timon Gremmels, Bettina Martin und Falko Mohrs – für den ist Frieden eine Vision in weiter Ferne.

    Man ist gekommen, um sich mit Israel solidarisch zu zeigen, sagen die sieben Minister in Gesprächen mit führenden israelischen Forschenden, das bedeute auch, entschieden jeder Form von Antisemitismus entgegenzutreten. In Freundschaft könnten aber auch kritische Fragen gestellt werden, sagt uns der saarländische Wissenschaftsminister Jakob von Weizsäcker im Interview. Etwa zur Situation der Menschen in Gaza.

    Seit Kriegsbeginn seien viele internationale Beziehungen weggebrochen, berichtet Hebrew-University-Präsident Asher Cohen. Forscher verlassen das Land, es kommen weniger Studenten nach Israel. In privaten Runden kritisieren Wissenschaftler die Regierung um Premierminister Netanjahu deutlich, die Sorge um die Menschen in Gaza ist groß, die Forscher verzweifelt. Wie aber kann der Konflikt gelöst werden? Niemand weiß es.

    Der 7. Oktober hat tiefe Spuren hinterlassen. Gleich im vergangenen Oktober wurden Studenten einberufen, viele gingen an die Front, andere arbeiteten in Teams, etwa der Zahnmedizin, um Opfer des Überfalls zu identifizieren. Die ersten jungen Männer und Frauen kommen nun zurück. Manche Studenten auf dem Campus tragen eine grüne Uniform, das Gewehr umgehängt.

    Die Universitäten organisieren das erste Auffangen, Gespräche und auch Kurse, in denen die Studenten versäumten Stoff nachholen können. Unter den Helfern sind auch viele palästinensische Studenten, sagt Asher Cohen. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft bleibt.

    Ich wünsche Ihnen eine friedliche Lektüre,

    Ihre
    Nicola Kuhrt
    Bild von Nicola  Kuhrt

    Interview

    Jakob von Weizsäcker über Wissenschaft in Israel: “Hoffnung auf eine bessere Zukunft” 

    Herr von Weizsäcker, Mitglieder der KMK sind gemeinsam mit der HRK nach Israel gereist, weshalb haben Sie dies getan in dieser doch sehr kritischen Zeit? 

    Am 7. Oktober wurde gegen Israel ein traumatisierender Terroranschlag verübt, mit über 1000 Toten. Mehr als 100 Geiseln befinden sich noch immer in der Gewalt der Hamas. Es ging uns im Rahmen unserer Zuständigkeit um ein starkes Signal der Solidarität mit Israel – insbesondere mit der dortigen Wissenschaft. Es gibt in dem Bereich eine großartige und über Jahrzehnte gewachsene Partnerschaft mit Deutschland, die wir weiter stärken und ausbauen wollen. Gleichzeitig stehen die Universitäten für Aufklärung, für liberale Demokratie und eine offene Gesellschaft, die es zu verteidigen gilt. In Israel genauso wie in Deutschland.  

    Israel steht für sein Vorgehen im Gazastreifen stark in der Kritik. Die Reise könnte missverstanden werden. 

    Das Leiden der Zivilbevölkerung im Gazastreifen hat tatsächlich katastrophale Züge. Ganz akut droht eine Hungersnot, die verhindert werden muss. Die Solidarität mit Israel, die Anerkennung seines Selbstverteidigungsrechts gegen die Hamas und die Ansprache der humanitären Notlage in Gaza stehen nicht im Widerspruch. Das hat der zeitgleiche Besuch des Bundeskanzlers Olaf Scholz beim israelischen Premierminister eindrucksvoll gezeigt. Das Bewusstsein für die Lage in Gaza war bei unseren Ansprechpartnern im Bereich der Wissenschaft ausgeprägt.  

    “Es gelingt, ein friedliches Miteinander zu organisieren”

    Sie haben viele Stationen auf dieser Reise gemacht. Sie sind an der Hebrew University gewesen, im Weizmann Institut oder auch an der Universität in Tel Aviv. Wie ist Ihr Eindruck aus diesen Gesprächen und Treffen? 

    Mich hat es beeindruckt, wie verantwortungsvoll an den Hochschulen mit den unglaublichen Herausforderungen umgegangen wird. Mitten im Semester gab es tausende Studenten, die in die Armee eingezogen wurden und für den Einsatz im Gazastreifen ihr Studium unterbrechen mussten. Zum Teil sitzen sie jetzt mit Uniform und Waffe in der Vorlesung. Viele Studierende haben Verwandte oder enge Freunde beim Terroranschlag der Hamas verloren. Gleichzeitig gibt es eine erhebliche Zahl palästinensischer Studierender. Viele haben Verwandte im Gazastreifen verloren oder bangen um deren Überleben. Dass es den besuchten Universitäten mit hohem Einsatz gelingt, trotz dieser Situation im Hörsaal und im Studentenwohnheim ein friedliches Miteinander zu organisieren, ist bewundernswert. Und es macht Hoffnung für eine bessere Zukunft. 

    Sie haben auch den Bildungsminister Israels getroffen. 

    Wir hatten ein sehr gutes und vertrauensvolles Gespräch mit Minister Yoav Kish. Die Ausnahmesituation an den Hochschulen stellt auch für die Regierung eine enorme Herausforderung dar. Dass der Hochschulbetrieb in dieser Situation weiterläuft, ist einer ausgeprägten Improvisationsbereitschaft auf allen Ebenen zu verdanken. Beispielsweise hat die Regierung Mittel für Nachholkurse zur Verfügung gestellt, damit Studierende, die in die Armee eingezogen wurden, nicht gleich das ganze Semester oder sogar ein ganzes Studienjahr verlieren. Gleichzeitig bleiben die Herausforderungen innerhalb der israelischen Regierungskoalition auch für das Bildungsressort nicht ohne Folgen. 

    Man muss den Kampf für die liberale Demokratie gewinnen

    Für Menschen vor Ort, für die Studenten und auch die Wissenschaftler ist die angespannte Situation stark belastend. Was berichten diese über ihre Wünsche und Hoffnungen? 

    Der moderne Staat Israel wurde nicht zuletzt als Zufluchtsort für Juden aus aller Welt gegründet. Wir haben beispielsweise mit einem französischen Wissenschaftler gesprochen, der sich auch in Folge des Bataclan-Anschlags in Paris entschieden hatte, nach Israel auszuwandern. Der Terroranschlag der Hamas ist vor diesem Hintergrund ein nationales Trauma. Deshalb steht der unbedingte Wunsch nach Sicherheit im Vordergrund. Gleichzeitig sieht man mit großer Klarheit die Gefahren für die liberale Demokratie in den USA, in Europa und in Israel durch Rechtsextremismus und autoritären Populismus. Die Überzeugung ist genau wie bei uns, dass man diesen Kampf für die liberale Demokratie und die offene Gesellschaft gewinnen muss und gewinnen wird.  

    In Deutschland gab und gibt es antisemitische Vorfälle. 

    Leider stimmt das. Und in der aktuellen Lage nehmen die antisemitischen Vorfälle zu. Wir haben eine besondere historische Verantwortung, Antisemitismus und Israelfeindlichkeit entschlossen zu bekämpfen und das jüdische Leben in Deutschland zu schützen. Wir tun dies auf allen Ebenen. Im Rahmen der KMK ist es beispielsweise über die Jahre gelungen, eine Partnerschaft aller Bundesländer mit Yad Vashem zur Lehrkräftefortbildung zu organisieren. Als Wissenschaftsministerinnen und Wissenschaftsminister haben wir im Dezember einen Aktionsplan gegen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit auf den Weg gebracht. Dabei geht es um Prävention und Sensibilisierung. Es geht um feste Anlaufstellen für Betroffene. Es geht um die Überprüfung von Sicherheitskonzepten. Und nicht zuletzt geht es auch darum, die bereits hervorragende Partnerschaft mit Israel für Studierende und Forschende weiter auszubauen. Unsere Reise hat einmal mehr gezeigt: Die Zusammenarbeit mit unseren Partnern in Israel ist keineswegs eine rituelle Pflichtübung, sondern eine Riesenchance für die Studierenden und für die Wissenschaft. Aber vor allem ist es fachlich und menschlich eine große Freude.

    • HRK
    • Israel
    • KMK
    Translation missing.

    Analyse

    Deutsche Universitäten entwickeln Ehrgeiz für bessere Platzierungen in Hochschul-Rankings

    In den aktuellen Universitäts-Rankings finden sich nur wenige deutsche Universitäten auf den ersten 100 Plätzen. Im internationalen Vergleich ist das kein gutes Zeugnis für das deutsche Hochschulsystem. Die USA und Großbritannien beispielsweise schneiden deutlich besser ab (siehe Grafiken). Bloß als Mittelmaß zu gelten, wollen viele Einrichtungen nun nicht mehr auf sich sitzen lassen. Denn sie sind überzeugt davon, dass mehr in ihnen steckt als die Bestenlisten widerspiegeln.   

    Eine ähnliche Diagnose traf auch ein vom Auswärtigen Amt finanziertes Projekt der Universitäten in Dresden und Tübingen. Es kam bereits vor elf Jahren zu dem Schluss: “Die Leistungsfähigkeit deutscher Universitäten ist in internationalen Rankings nicht adäquat abgebildet. Das kann Nachteile bei der Rekrutierung von Studierenden, Wissenschaftlern, Partnerschaften und Fördermitteln haben und damit Konsequenzen für den gesamten Wissenschaftsstandort.”

    HRK-Serviceprojekt berät für Professionalisierung

    Um Universitäten zu beraten, die sich in internationalen Hochschul-Rankings verbessern wollen, hat die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) im Jahr 2019 das “Serviceprojekt Internationale Hochschulrankings” eingerichtet. Man leiste vor allem Unterstützung beim informierten und professionellen Umgang mit den Daten, die von Ranking-Anbietern gefordert werden, sagt Projektleiterin Sarah Spiegel. “Außerdem vernetzen wir die deutschen Unis für eine bessere Position gegenüber den Ranking-Anbietern.”

    Das Angebot ist gefragt. “Seit Projektstart haben durchgehend nahezu alle Mitgliedsuniversitäten Beratungsangebote des Serviceprojekts genutzt, etwa die Netzwerktagungen, den Newsletter und individuelle Beratung”, sagt Spiegel. Im vergangenen Jahr habe sich das Interesse noch einmal deutlich gesteigert. Rankings seien von vielen Universitäten erst einmal distanziert betrachtet worden. Inzwischen verfolgten die meisten Institutionen einen eher pragmatischen Ansatz.

    Dass sich die Einstellung gegenüber den Universitätsbestenlisten gewandelt hat, bestätigt auch Georg Schütte, Generalsekretär der Volkswagenstiftung. “Im Umgang mit diesen Rankings ist ein Realismus eingezogen – in Teilen der Wissenschaftspolitik, aber auch in den Hochschulen selbst. Es wurde erkannt, dass man die Rankings ernst nehmen muss.” Zwar möge an internationalen Hochschul-Rankings viel zu kritisieren sein – methodisch und generell. “Sie haben aber auf den Reputationswettbewerb über die Zeit eine so große Wirkungsmacht entfaltet, dass man sie nicht mehr ignorieren kann.”  

    Universitäten richten Stellen für Ranking-Koordinatoren ein

    Ein großer Schub nach vorne in den Bestenlisten ist bislang nicht zu beobachten, aber ein leichter Trend zur Verbesserung. Im Projekt wertet man es zudem als Erfolg, dass die deutschen Unis im sich intensivierenden internationalen Wettbewerb ihre Plätze halten.

    Spiegel schätzt, dass in mehr als der Hälfte der Universitäten mittlerweile Stellen für sogenannte Ranking-Koordinatoren eingerichtet wurden. Sie kümmern sich zum Beispiel darum, dass die Daten, die in die Rankings einfließen, richtig aufbereitet werden.

    Das sind die drei wichtigsten internationalen Rankings

    • Das Academic Ranking of World Universities der Shanghai Jiao Tong University, kurz Shanghai-Ranking, kürt seit 2003 jährlich die 500 besten Universitäten. Es steht in dem Ruf, als verlängerter Arm der chinesischen Regierung zu agieren, dennoch ist es weltweit anerkannt.
    • Das QS World University Rankings des britischen Unternehmens Quacquarelli Symonds nimmt auch Universitäten in Rankings auf, die das eigentlich nicht wollen. Es schätzt dann die fehlenden Daten oder recherchiert sie auf der Webseite der Uni.
    • Das THE World University Ranking des britischen Times Higher Education Magazins entstand zwischen 2004 und 2009 zunächst zusammen mit QS.

    Das ist problematisch an den Rankings

    • Kritisiert wird zum Beispiel der Umgang mit bibliometrischen Daten bei der Zuordnung von Veröffentlichungen zu Universitäten. Auch Intransparenz ist ein Problem. So ist zum Beispiel ohne Nutzen der Consultancy-Dienste der Ranking-Agenturen gewöhnlich kein Einblick in die verwendeten Daten möglich.
    • Das THE- und das QS-Ranking sind auf das angelsächsische Universitätssystem zugeschnitten. Bei der Bewertung fallen auch private Sponsoren als Drittmittelgeber ins Gewicht. Diese gibt es in Deutschland zum Beispiel kaum.
    • Ein deutsches Problem ist auch, dass die hierzulande starke außeruniversitäre Forschung in den Rankings gar nicht abgebildet wird. Frankreich zum Beispiel hat daraus Konsequenzen gezogen und im Jahr 2014 die Universität Paris-Saclay gegründet, in der zehn Forschungs- und Bildungseinrichtungen aufgingen.
    • Aus Protest gegen falsche Anreize gibt es neuerdings Aussteiger: In den Niederlanden stieg die Universität Utrecht beim THE-Ranking aus, vor einigen Tagen gab die Universität Zürich bekannt, THE keine Daten mehr zu liefern.

    Ranking-Beratung als Geschäftsmodell und Schummeleien mit System

    Hinter den Bestenlisten stecken Geschäftsmodelle. Die Ranking-Agenturen bieten Universitäten Beratungsdienste an, damit diese ihre Platzierungen verbessern können. Sechsstellige Summen für Consultancy seien keine Seltenheit, sagt Spiegel. “In Deutschland werden diese Angebote kaum angenommen, andere Länder investieren aber viel Geld in diese Services.”

    Auch Schummeleien für eine bessere Platzierung sind keine Seltenheit. Aufgefallen ist damit jüngst Saudi-Arabien. Für bessere Platzierungen im Shanghai-Ranking, bei dem die Anzahl der vielzitierten Forscher eine wichtige Rolle spielen, kauft es sich die Affiliationsangaben führender Wissenschaftler ein.

    Alternative Ansätze: Open Source und multidimensional

    Mit U-Multirank gibt es seit 2014 ein Ranking ohne Rangliste. Verglichen werden die Hochschulen innerhalb einzelner Indikatoren, man verzichtet darauf, Gesamtwerte aus gewichteten Einzelindikatoren zu berechnen, weil man sie methodisch für nicht haltbar hält. Federführend auf deutscher Seite ist das Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh.

    Die Universität Leiden in den Niederlanden bemüht sich schon länger um faire und transparente Rankings. Ihr CWTS Leiden Ranking findet jedoch nicht so viel Beachtung wie Shanghai & Co. Davon unbeirrt ist man dort jetzt noch einen Schritt weiter gegangen: Ende Januar wurde die Leiden Ranking Open Edition vorgestellt. Sie basiert ausschließlich auf offenen Daten und Open-Source-Algorithmen und soll auf diese Weise maximale Transparenz herstellen.

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    Wachstumschancengesetz: Union-Blockade droht anlaufende Forschungszulage auszubremsen

    Wenn der Bundesrat am Freitag über das Wachstumschancengesetz abstimmt, hängt von der Entscheidung auch ab, ob die steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen ausgeweitet wird. Unternehmensverbände haben in dieser Woche noch einmal darauf gepocht, dass die unionsgeführten Bundesländer ihre Blockadehaltung aufgeben.

    “Die politische Hängepartie ist innovationsschädlich und dauert schon viel zu lange.” Und ohnehin habe das Gesetz auf der allzu langen Wegstrecke “schon viele Federn lassen müssen.” Spätestens jetzt seien politische Vernunft und Verantwortung aller Beteiligten gefragt. “Denn Wirtschaft und Land brauchen dieses Gesetz”, sagte Hartmut Rauen, stellvertretender Geschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) im Gespräch mit Table.Media.

    Am 1. Januar 2020 war das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung noch unter der Groko in Kraft getreten. Ziel der Forschungszulage war und ist es, Anreize zu setzen, um Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Unternehmen zu steigern. Für die Unternehmen geht es um nicht unerhebliche Beträge.

    Obergrenze der absetzbaren F&E-Kosten mehr als verdoppelt

    Aktuell erhalten die Unternehmen eine Steuerermäßigung auf förderfähige Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) bis zu vier Millionen Euro pro Jahr. Sie beträgt 25 Prozent, damit kann die Förderung maximal eine Million Euro betragen. Um die Wirkung der Forschungszulage zu verstärken, hat der Bundestag im Wachstumschancengesetz mehrere Änderungen beschlossen. Durch eine geplante Anhebung der Obergrenze auf zehn Millionen Euro pro Jahr könnten deutlich mehr FuE-Aufwendungen mobilisiert werden.

    “Damit schließt sich endlich auch bei größeren Mittelständlern die Lücke in der Innovationsförderung”, sagt Rauen. “Also bei jenem Drittel unserer Wertschöpfungskette, das zu groß ist für KMU-Förderprogramme und zu klein für viele Verbundprojekte von Bund und EU.” Viele Unternehmen könnten so ihre gesamten förderfähigen FuE-Aufwendungen geltend machen. Industrieverbände wie der VDMA oder der Verband für Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) hatten bereits Mitte des vergangenen Jahres im Gespräch mit der Start-up-Beauftragten der Bundesregierung, Anna Christmann, auf eine Anhebung der Obergrenze bestanden. Finanz- und Wirtschaftsministerium hatten daraufhin die Ausweitung im Wachstumschancengesetz positioniert und durchs Kabinett gebracht.

    Nach Stolperstart fängt Forschungszulage gerade an zu performen

    Besonders ärgerlich aus Sicht der Verbände: Die steuerliche Forschungsförderung war nach einem Stolperstart gerade dabei, mehr und mehr Unternehmen zu erreichen und damit Wirkung zu entfalten. Das Hauptproblem war lange vor allem die mangelnde Bekanntheit und Nutzung der eigentlichen Zielgruppe: die kleinen und mittleren Unternehmen. Das zeigte etwa eine Evaluation, die der Stifterverband im Auftrag des Bundesforschungsministeriums veröffentlicht hatte. Demnach legte Bekanntheit und Nutzung zwar im untersuchten Zeitraum von 2020 bis 2022 stetig zu, war aber gerade bei kleinen Unternehmen (weniger als 250 Beschäftigte) noch “unterdurchschnittlich bekannt”.

    Eine aktuelle ZEW-Umfrage legt nun eine Trendwende nah. Allein im Jahr 2023 hat sich – im Maschinen- und Anlagenbau, auf den sich die Umfrage bezieht – die Anzahl der Nutzer um fast 60 Prozent erhöht. Damit haben inzwischen etwa 40 Prozent aller grundsätzlich infrage kommenden Unternehmen der Branche bereits einen Antrag zur Forschungszulage gestellt. “Die Forschungszulage im Maschinen- und Anlagenbau motiviert viele Unternehmen zu zusätzlichen FuE-Aktivitäten, stärkt marktnahe Forschung und trägt zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bei”, erklärt Christian Rammer, Autor und stellvertretender Leiter des ZEW-Forschungsbereichs “Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik”.

    Albani: “Erfolgreiches Projekt der Unions-Forschungspolitik”

    “Die Politik muss das Wachstumschancengesetz jetzt auf den Weg bringen”, fordert mit Blick darauf auch Sarah Bäumchen, Mitglied der Geschäftsleitung beim ZVEI. Deutschland stecke in einer Rezession, politische Kalküle der Länder müssten dahinter zurückstehen. Konkret fordert der ZVEI, das “wirksame Instrument der steuerlichen Forschungsförderung” auszubauen und auch auf die Normungsarbeit auszudehnen. “Innovation muss wieder Vorfahrt bekommen”, sagte Bäumchen weiter. Das Wachstumschancengesetz könne hierzu einen ersten Beitrag leisten.

    Wirklich angesprochen fühlen sich Unionspolitiker von dieser Kritik nicht. Auf Anfrage von Table.Briefings verweist Forschungspolitiker Stephan Albani (CDU) zunächst auf die politische Urheberschaft der steuerlichen Forschungsförderung. “Die ZEW-Umfrage zeigt uns, dass der Start holprig war, sich die Forschungszulage aber als weiteres Förderinstrument für FuE in Unternehmen etabliert hat und zusätzliche FuE-Aktivitäten schafft beziehungsweise unterstützt. Die Einführung ist damit ein erfolgreiches Projekt unserer Unions-Forschungspolitik.”

    Ampel-Fachpolitiker appellieren an die Vernunft

    Die Schuld am Scheitern der Verhandlungen über das Wachstumschancengesetz schiebt er den Regierungsparteien zu. “Ich halte eine Ausweitung der Forschungszulage für sinnvoll, um FuE-Aktivitäten in Unternehmen weiter zu fördern. Die geplanten Änderungen könnten besonders für KMU von Vorteil sein und zu einer Steigerung der FuE-Aufwendungen führen. Daher wäre es wünschenswert, wenn die Ampel kompromissfähiger wäre, um eine zügige Verabschiedung zu ermöglichen”, sagt Albani.

    Fachexperten der Ampel appellieren dagegen noch einmal an die Vernunft der unionsgeführten Länder: “Gerade in Zeiten begrenzter finanzieller Möglichkeiten ist es aus meiner Sicht als Forschungspolitiker umso wichtiger, Geld dort auszugeben, wo es einen hohen Mehrwert generiert”, sagt SPD-Mann Holger Becker. Jeder Euro, der in den Bereich Forschung und Entwicklung gehe, sei daher zunächst einmal gut. Für die steuerliche Forschungsförderung gelte das, was auch für alle Elemente des Wachstumschancenpaketes gelte: “Zwar wäre eine größere Lösung wünschenswert gewesen, aber als Politiker muss man innerhalb der gegebenen Realitäten arbeiten.”

    Anna Christmann (Grüne) findet es “unverantwortlich”, wenn der Bundesrat den Weg für die Forschungszulage am Freitag nicht frei machen sollte: “Es ist zentral für den Standort Deutschland, dass der Bundesrat das Wachstumschancengesetz beschließt – leider nach Wochen unnötiger Verzögerung“. Mit der Flexibilisierung der Forschungszulage würde es einen echten Push für Forschung und Innovation in Unternehmen geben.

    • Forschungspolitik
    • Forschungszulage
    • KMU
    • VDMA
    • ZVEI
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    Termine

    25. März 2024, 13:00 Uhr, Online
    WZB-Reihe “Wissenschaft als Arbeitgeberin” Jana Lasser: Hierarchie und Machtmissbrauch: Herausforderungen im Arbeitsumfeld Wissenschaft Mehr

    8. April 2024, 13:00 Uhr, Online
    WZB-Reihe “Wissenschaft als Arbeitgeberin” Tobias Rosefeldt: Wie Organisationsstrukturen sich verändern: Vom Lehrstuhl zur Departmentstruktur? Mehr

    22. April 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Hannover Messe
    Gipfel für Forschung und Innovation 2024 “Innovationen in Europa – Katalysatoren, Kompetenzen und Kooperationen am Beispiel von KI” Mehr

    29. April 2024, 18 Uhr, Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Leibniz-Saal, Markgrafenstraße 38, 10117 Berlin
    Podiumsdiskussion “Zum Stand der Wissenschaftsfreiheit in Europa” Mehr

    27./28. Mai 2024, Dresden/International Congress Center Conference
    Konferenz “Building Bridges for a Net Zero Future” Mehr

    News

    TU Nürnberg: Auswechslung des Gründungspräsidenten irritiert Forschungscommunity

    UTN-Gründungspräsident Hans Jürgen Prömel wurde von der Bayerischen Landesregierung – nach dreijähriger Aufbauphase der neuen Universität – ausgetauscht.

    Zum 31. März legt Hans Jürgen Prömel sein Amt als Gründungspräsident der Technischen Universität Nürnberg (UTN) nieder. Das teilte die bayerische Staatregierung am Dienstag mit und bezeichnet den Vorgang als “Stabwechsel im Zuge der KI-Fokussierung”. Dass Prömels Nachfolger Michael Huth erst im Oktober von seinem jetzigen Posten am Imperial College London nach Nürnberg kommt, lässt jedoch eher auf Differenzen mit der Landespolitik schließen.  

    Huth wurde am Dienstag von Ministerpräsident Markus Söder und Wissenschaftsminister Markus Blume in der Bayerischen Staatskanzlei in München empfangen. In der Aufbauphase der Uni kann die Politik derartige Personalia ohne Konsultation von Hochschulgremien bestimmen.  

    Gerüchte über Missgunst anderer Universitäten in der Region 

    Forschungspolitiker der Opposition sind verwundert über den Personalwechsel. Prömel sei “ein hoch qualifizierter, international angesehener Wissenschaftler und als erfolgreicher Gründungspräsident der TU Nürnberg von allen Seiten respektiert”, sagt Katja Weitzel, SPD-Landtagsabgeordnete und Mitglied im Forschungsausschuss.  

    Auch sonst heißt es, Prömel habe einen exzellenten Job gemacht und renommierte Forschende an die Anfang 2021 gegründete UTN geholt. Dass die Politik ihren Willen auf diese Art durchsetzt, bringe Unruhe und gehe auf Kosten der wissenschaftlichen Qualität. Prömel wird nachgesagt, ein starker Charakter zu sein, es geht ihm stets um die Sache. Und er ist reformfreudig. Im Interview mit Table.Briefings sprach der Mathematiker und langjährige Präsident der TU Darmstadt davon, die TU Nürnberg als eine Art Experimentierkasten zu sehen.  

    Zu viel Widerstand gegen Söders Pläne? 

    Verena Osgyan, forschungspolitische Sprecherin der Grünen im bayerischen Landtag, vermutet, dass Prömel das “dirigistische Eingreifen der Landesregierung” nicht mittragen wollte, wie sie in einem Standpunkt-Beitrag für Table.Briefings schreibt. Die UTN als dezidierte KI-Uni zu etablieren, stehe in klarem Widerspruch zum Gründungskonzept.  

    Die Süddeutsche Zeitung bringt als Erklärung ins Spiel, Prömel könnte in der Nürnberger Hochschullandschaft angeeckt sein. Bei der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen sei man zum Beispiel nicht begeistert darüber gewesen, dass er gleich zwei der sieben neuen Professoren aus der Nachbarschaft abwarb.  

    Was man über den Nachfolger weiß 

    Michael Huth leitet das Department of Computing am Imperial College London. Er wurde in Aschaffenburg geboren, also in Unterfranken. Ministerpräsident Söder nennt ihn eine “Idealbesetzung”. Er sei eine Koryphäe im Bereich der Künstlichen Intelligenz. “Seine Verpflichtung ist ein sensationeller Erfolg, mit dem die UTN von Anfang an voll durchstarten kann.”  Wissenschaftsminister Blume sagt, Huth sei “ein wahrer Glücksfall für die UTN”. Fragen der Sicherheit und Ethik Künstlicher Intelligenz gewännen weltweit immer größere Bedeutung. “Genau in diesem Bereich forscht der weltweit anerkannte Wissenschaftler.”  

    Zur Frage der Reputation von Michael Huth ist ein Blick auf den H-Index bei Google Scholar interessant, der über Zitationen die wissenschaftliche Leistung bewertet und vergleichbar macht. Mit einem H-Index von 22 steht Huth im Vergleich mit anderen als KI-Koryphäen bezeichneten Wissenschaftlern wie etwa Bernhard Schölkopf (174) nicht so gut da. Allerdings scheint Huths Profil bei Google Scholar nicht auf dem aktuellen Stand zu sein, seine jüngeren Publikationen sind dort nicht gelistet. Auf alle Fälle kennt er sich mit Start-ups aus: Huth ist Mitgründer der Berliner Firma Xayn, die auf vertrauenswürdige KI setzt. Und er bringt aus England Erfahrung mit Department-Strukturen mit. Sie sind an der UTN und bundesweit ein Novum. abg 

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    Genderverbot in Bayern: Diskussion um “nicht-existente Probleme”

    Die bayerische Staatsregierung verbietet die Verwendung von Sonderzeichen zur Geschlechtsumschreibung. Man wolle keine “ideologiegetriebene” Sprache im dienstlichen Schriftverkehr. Das Kabinett beschloss nun offiziell eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsordnung des Freistaats Bayern (AGO).

    Ein entsprechender Brief, der Table.Briefings vorliegt, wurde an die Schulen bereits verschickt. Darin nimmt man Bezug auf eine angebliche Empfehlung des Rats für deutsche Rechtschreibung, die eine Nicht-Verwendung von Gender-Sonderzeichen beinhalte.

    Falsche Interpretation der Empfehlung des Rats für deutsche Rechtschreibung

    Das ist inhaltlich nicht ganz korrekt: Der Rat empfiehlt lediglich, die “Sonderzeichen im Wortinnern” nicht in das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung aufzunehmen. Ein nicht unwesentlicher Unterschied. Denn mit der Aufnahme in das Amtliche Regelwerk müssten alle mit den Sonderzeichen einheitlich gendern. Eine Nicht-Befolgung wäre in Schul- oder Hausarbeiten ein Fehler.

    Wie Markus Blume, Minister für Wissenschaft und Kunst, die neue Regelung an Hochschulen durchsetzen will, bleibt unklar. “Er gab heute dem Wissenschaftsausschuss keine weiteren Informationen dazu, wie er in den verbleibenden elf Tagen unter Berücksichtigung der Wissenschaftsfreiheit und Redefreiheit an bayerischen Hochschulen ein Genderverbot durchsetzen will”, sagte die Grünen-Landtagsabgeordnete Sanne Kurz Table.Briefings.

    Sanierungsstau anpacken statt Gender-Debatten

    “Statt künstlich nicht-existente Probleme aufzublasen, sollte die Söder-Regierung den Sanierungsstau anpacken, da wäre der Wissenschaftsfreiheit deutlich mehr geholfen als mit Genderverboten und Debatten zu Pro und Contra Genderverbot”, meint Kurz, die Mitglied im Wissenschaftsausschuss des bayerischen Landtags ist.

    Die HRK verweist auf Anfrage von Table.Briefings ebenfalls auf die Wissenschaftsfreiheit und betont, dass aus ihrer Sicht “das sogenannte Genderverbot der bayerischen Landesregierung sich daher ausschließlich auf das Verwaltungshandeln der bayerischen Hochschulen beziehen kann”.

    HRK und DFG engagieren sich für die Gleichstellung

    In der Sache lege die HRK großen Wert auf die Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft. Zu deren Unterstützung kann aus Sicht der HRK auch die Verwendung gendersensibler Sprache gehören. Grundsätzlich bestehe der Eindruck, dass das Gendern für junge Menschen mittlerweile viel selbstverständlicher zum alltäglichen Sprachgebrauch gehört, als dies früher der Fall war.

    Das nahm wohl auch die DFG zum Anlass, sich für den “geschlechts- und diversitätssensiblen Sprachgebrauch” zu engagieren. Wie sie zu Beginn des Jahres mitteilte, nutzt sie den Genderstern für ihre eigene Kommunikation. “Antragsteller*innen oder Gutachter*innen können selbstverständlich weiterhin den Gepflogenheiten ihrer Einrichtungen und Fachkulturen oder ihren eigenen Präferenzen folgen.” Also auch hier: Kein Zwang zum Gendern. mw

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    Experten fordern 2,6 Milliarden Euro für Forschung zu CO₂-Abscheidung

    Der klimapolitische Fokus der nächsten EU-Kommission solle auf CO₂-Entnahmen (Carbon Dioxide Removals – CDR) liegen, fordert die Brüsseler Nicht-Regierungsorganisation Carbon Gap. In einem am Dienstag veröffentlichten Fahrplan empfiehlt die NGO eine umfassende CDR-Strategie, um die gezielte politische und finanzielle Unterstützung für CDR in Europa zu erhöhen.

    Carbon Gap fordert unter anderem:

    • Investitionen in Forschung, Innovation und Entwicklung der Kohlenstoffabscheidung in Höhe von rund 2,6 Milliarden Euro im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen für 2028 bis 2034
    • schnellere Überführung von Methoden zur Kohlenstoffabscheidung aus dem Labor in die Praxis
    • ein Pilotprogramm bis 2025, um die Nachfrage nach CDR anzukurbeln, indem ein Einführungsanreiz für besonders langlebige und kostspielige CDR-Methoden mit spezieller EU-Finanzierung eingeführt wird
    • eine Art CO₂-Zentralbank bis 2030, um die Voraussetzungen für die Skalierung von CDR-Methoden zu schaffen
    • verbindliche Gesamtziele für Kohlenstoffabbau inklusive Unterzielen für den LULUCF-Sektor
    • Integration von CDR-Methoden in den EU-Emissionshandel, um private Unternehmen für die Ausweitung des Abbaus von Kohlenstoff zu gewinnen.

    “Eine CDR-Strategie würde einen Weg aufzeigen, wie CDR in Europa in den kommenden Jahren entwickelt, eingesetzt und skaliert werden kann”, sagt Valter Selén, Associate Policy Director bei Carbon Gap.

    Der Weltklimarat IPCC hält “anthropogene Aktivitäten, die CO₂ aus der Atmosphäre entfernen und es dauerhaft in geologischen, terrestrischen oder ozeanischen Reservoirs oder in Produkten speichern” für notwendig, um die Klimaziele von Paris zu erreichen. Demnach müssen bis 2050 jährlich 5 bis 10 Gigatonnen CO₂ aus der Atmosphäre entfernt werden. luk

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    Presseschau

    Nature. Biden seeks to boost science funding – but his budget faces an ominous future. The US president proposes a 2025 budget even as negotiations continue over federal funding for 2024. Trotz der parteiübergreifenden Unterstützung des CHIPS oder auch des Science Act, fallen die vorgeschlagenen Erhöhungen der Budgets der Wissenschaftsbehörden geringer aus, als es möglich wäre. Gleichzeitig tickt noch die Uhr für eine Einigung von Demokraten und Republikenern zum aktuellen Haushalt 2024. Wenn keine Vereinbarung gelingt, drohen Stillstand und Kürzungen in einigen der wichtigsten Institutionen. Mehr

    NZZ. Die Schweiz will eine Debatte zur künstlichen Steuerung des Klimas – trotz Widerständen und Kontroversen. Die Schweiz wollte bei der jüngsten Versammlung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen eine Resolution auf die Beine stellen, um einen weltweiten Überblick über die sogenannten «Solar-Radiation-Modification-Technologien» zusammenzutragen. Doch sie scheiterte mit ihrem Vorstoß. Noch sitze die Angst, sich mit dem Thema formell zu beschäftigen, bei vielen Teilnehmern tief, sagen Beobachter in Nairobi. Dahinter steht maßgeblich die Sorge, die Technologie könne als mögliche Option im Kampf gegen steigende Temperaturen legitimiert werden. Doch: Die Lobbyarbeit von Unterstützern und Kritikern wird in den kommenden Monaten wohl weiter zunehmen, davon gehen alle Beteiligten aus. Mehr

    Tagesspiegel. Wissenschaft im Krieg: Wie ukrainische Forschende heute arbeiten. Viele ukrainische Wissenschaftler sind ins Ausland gegangen, andere arbeiten unter erschwerten Bedingungen im eigenen Land. 35 Prozent der Forschungsinfrastruktur des Landes wurden durch den Krieg beschädigt oder zerstört. Doch die Forschung hat sich auch dem Krieg angepasst. Mehr

    Riffreporter. Nach Beschwerden über Unregelmäßigkeiten: Anthropozän-Vorstoß endgültig gescheitert. Der Vorstoß, ein nach dem Einfluss des Menschen auf die Erde benanntes Erdzeitalter – das Anthropozän – auszurufen, ist nach Informationen von RiffReporter endgültig gescheitert. Bei einer neuerlichen Abstimmung stellte sich fast die gesamte Internationale Kommission für Stratigraphie (ICS) hinter das negative Votum eines Gremiums von Expertinnen und Experten. Die ICS ist für die Einteilung der Erdgeschichte in Zeitabschnitte zuständig. Mehr

    Standpunkt

    “Markus Söder hat den Grundsatz der Hochschulautonomie nicht begriffen”

    Von Verena Osgyan
    Verena Osgyan ist Sprecherin für Wissenschaft und Hochschulpolitik von Bündnis 90/Die Grünen im bayerischen Landtag.

    Dass die Bayerische Staatsregierung mit ihrer Hightech-Agenda einen deutlichen Schwerpunkt auf Künstliche Intelligenz gesetzt hat, ist grundsätzlich richtig. Es ist eines der zentralen Zukunftsthemen. Hier wurde und wird derzeit bayernweit an den Universitäten und HAWs viel aufgebaut, und wir setzen als Grüne darauf, dass sich hier aus akademischem Wettbewerb wie auch akademischer Kooperation viel Innovation ergeben wird.

    Dem widerspricht ein Stück weit Ministerpräsident Söders Postulat aus seiner letzten Regierungserklärung, in Nürnberg nun eine dezidierte KI-Uni etablieren zu wollen. Dies steht in klarem Widerspruch zum ursprünglich beschlossenem Gründungskonzept der Technischen Universität Nürnberg (UTN). Ob eine solche Verengung der Ausrichtung der UTN dem Standort Bayern insgesamt guttut, halte ich für fraglich.

    Von Anfang an unrealistische Zeitpläne und überfrachtete Erwartungen

    Ebenso fraglich ist, ob diese Verengung der Ausrichtung der noch sehr jungen und in Findung befindlichen Uni in Nürnberg selbst guttut. Die Gründung der Uni wurde von Markus Söder von Anfang an mit unrealistischen Zeitplänen und überfrachteten Erwartungen konterkariert, die letztlich nicht haltbar waren. Der Hochschulstandort braucht nun Zeit sich zu entwickeln, die inhaltlichen Schwerpunkte müssen im Rahmen des vom Wissenschaftsrats begutachteten Konzepts aus der UTN heraus autonom entwickelt werden können.

    Da ist KI ein wichtiger Baustein, aber eben nur einer. Für eine Universität, die diesem Namen gerecht werden will, ist Interdisziplinarität und die Wahrung der Wissenschaftsfreiheit essenziell, um im internationalen Wettbewerb anschlussfähig werden zu können. Auch Stanford oder das MIT wurden nicht mit dem Ziel gegründet, allein ein bestimmtes Thema zu pushen.

    Der Freistaat sollte sich auf Rahmenbedingungen konzentrieren

    Hier in Nürnberg jetzt dirigistisch eingreifen zu wollen unter der Schlagzeile “jetzt wollen wir eine KI-Uni aufbauen” ist meines Erachtens wenig hilfreich. Söder hat da offenbar den Grundsatz der Hochschulautonomie nicht wirklich begriffen. Dass Professor Prömel nun mitten in seiner Amtszeit abberufen wurde, passt dazu ins Bild. Dass er es als Präsident klaglos mitgetragen hätte, strategisch so übergangen zu werden, ist schwer vorstellbar. Ministerpräsident Söder scheint hier in seinem Bestreben, um der Schlagzeile willen mal eben per ordre de mufti die Hochschulautonomie auszuhebeln, doch mehr Widerstand erhalten zu haben, als ihm lieb war. Für die im Aufbau befindliche UTN sind das jedenfalls keine guten Vorzeichen.

    Der UTN wäre besser geholfen, wenn der Freistaat sich auf seine ureigene Aufgabe besinnt, gute finanzielle und strukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen, um der UTN, aber auch den anderen nordbayerischen Universitäten und Hochschulen einen verlässlichen Ausbaukorridor zu geben. Sonst läuft man Gefahr, das zarte Pflänzchen UTN von Anfang an mit überzogenen Erwartungen zu ersticken, und weckt neuerlich Ängste bei den anderen bereits etablierten Universitäten und Hochschulen der Metropolregion zu kurz zu kommen. Das hatten wir eigentlich bereits überwunden geglaubt.

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    • Künstliche Intelligenz
    • Universitäten

    Personalien

    Milica Gašić, Lehrstuhlinhaberin für Dialog Systems and Machine Learning an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), wird ab April zusammen mit der Bochumer Informatikerin Asja Fischer zur Lamarr-Fellow. Die beiden Informatikerinnen verstärken damit das Lamarr-Netzwerk, ein Spitzenforschungsnetzwerk für Künstliche Intelligenz (KI) in Nordrhein-Westfalen, und erhalten eine Forschungsförderung von bis zu 600.000 Euro für vier Jahre.

    Jutta Kray, Robert Ernst und Raimund Seidel sind neue Vizepräsidenten der Universität des Saarlandes. Der künftige Universitätspräsident Ludger Santen wird am 1. April gemeinsam mit dem neu zusammengesetzten Präsidium sein Amt antreten.

    Judith Miggelbrink wird Direktorin des Leibniz-Instituts für Länderkunde (IfL) in Leipzig. Sie folgt auf Sebastian Lentz, der seit 2003 Direktor des IfL ist und Ende März in den Ruhestand geht. Miggelbrink ist Professorin für Humangeographie an der TU Dresden.

    Anja Reinalter ist neue Sprecherin für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung der Grünen Bundestagsfraktion. Sie tritt damit die Nachfolge von Nina Stahr an, die nach der Wiederholungswahl in Berlin nicht mehr in den Bundestag einzog.

    Gerhard Sagerer, emeritierter Professor für Angewandte Informatik und Rektor a. D. der Universität Bielefeld, übernimmt den Vorsitz des Stiftungsrates der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Stellvertretende Vorsitzende ist Sabine Maasen, Leiterin der Professur Wissenschaft und Innovation, Fachgebiet Sozialökonomie der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Hamburg.

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    Mehr von Table.Media

    Agrifood.Table. Bürgerrat-Empfehlungen polarisieren im Bundestag. Selbst Vertreter der Ampel-Koalition, die sich den Einsatz von Bürgerräten in den Koalitionsvertrag geschrieben haben, sind höchst gespalten in der Frage, wie ernst die Forderungen des Bürgerrats Ernährung zu nehmen sind. Vertreter der Opposition tun die Vorschläge als “minderqualifiziert” ab. Als Nächstes wird sich der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft des Bundestags mit den Empfehlungen beschäftigen. Ein zweiter Bürgerrat zu einem neuen Thema ist bereits in der Planung. Mehr

    Berlin.Table. Stark-Watzinger: Berufsorientierung in Ganztag integrieren. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger fordert, den ab 2026 geltenden Anspruch auf Ganztagsbetreuung für eine nachhaltige Verbesserung des Bildungssystems zu nutzen. Praktiker bezweifeln allerdings, dass dies gelingt. “Leider fehlt den Ländern oft die Bereitschaft, den Ganztag zu nutzen, um das Bildungssystem sinnvoll zu verbessern”, sagte Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes und Vize-Bundesvorsitzende des Beamtenbunds. Mehr

    Climate.Table. Forschende geben Empfehlungen für Biodiversitätsstrategie. Mit “10 Must-Knows aus der Biodiversitätsforschung 2024” wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Leibniz-Forschungsnetzwerks Biodiversität, die laufende Debatte um die nationale Biodiversitätsstrategie inhaltlich vorantreiben. Klima- und Biodiversitätsschutz sollen gemeinsam angegangen werden, empfehlen sie – am besten, indem man den Schutz der Ökosysteme in den Vordergrund stelle. Denn dann profitierten die Artenvielfalt und das Klima. Mehr

    Rigorosum

    Agenturmodelle der Zukunft: Warum es um viel mehr geht als nur um Dati & Sprind  

    Im Augenblick jubilieren viele ob des sogenannten Freiheitsgesetzes für die Sprind und ob der überzeichneten Pilot-Förderlinie der Dati. Dabei lassen sie außer Acht, dass die EFI-Kommission wiederholt kritisiert, dass durch die Aufrechterhaltung der ministeriellen Fachaufsicht die mikropolitische Kontrolle über die Sprind erhalten bleibt. Und ich erwarte ein noch restriktiveres Vorgehen beim Freiheitsrahmen für eine Dati. Daran ändert auch die Freude einiger über die Dati-Piloten “Innovationssprints” und “Innovationscommunities” nichts. In angespanntester Haushaltslage sind sie nichts anderes als “panem et circenses” für die Forschungswelt. 

    Tanker oder Schnellboote – es geht um politischen Dirigismus versus autonome Agenturmodelle

    Fast unterm Radar begann schon Anfang des Jahrzehnts eine Strategiedebatte zwischen zwei renommierten Innovationsstrategen, interessanterweise zwischen dem alten und dem neuen EFI-Vorsitzenden, zwischen Dietmar Harhoff, Direktor des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb und seinem Nachfolger Uwe Cantner, VWL-Professor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Zentrale Frage der Debatte war, wie man Bürokratie so bändigen könne, dass in diesem Lande eine andere Qualität von Innovation möglich würde. 

    Harhoff plädierte etwa am 11. Mai 2021 in der Zeit und dann wieder am 12. Juli 2022 im Handelsblatt dafür, gut abgrenzbare Innovationsaufgaben aus verkrusteten ministeriellen Organisationen auszulagern, und zwar nicht in die Projektträger, die sich längst kulturell den Ministerien angepasst hätten, sondern in viele neue Agenturen. Hingegen schlugen Cantner und sein EFI-Team am 24. September anstelle des Denkens in neuen Agenturen folgendes vor: “Viel wichtiger sind eine grundlegende agilitätsorientierte Reform der Strukturen und Prozesse in Ministerien und Verwaltung sowie ein verändertes Mindset”.

    Die Sprind war für EFI wegen ihres potenziell disruptiven Charakters begründbare Ausnahme. Weitergehende Ansätze wie die Dati lehnte sie ab, weil es ja projektbezogene Förderung dafür gäbe. Und erst recht sollte es keinen Prototyp für weitere neue, anti-bürokratische Strukturplattformen geben, obwohl diese doch strukturpolitische Alternativen zum jahrzehntelangen Marsch durch die öffentliche Verwaltung wären.

    Ohne es so zu benennen, vertrat Harhoff nämlich die Position der strukturellen Ambidextrie, wie sie von US-amerikanischen Wissenschaftlern wie Robert B. K. Duncan (Northwestern Kellog University), Michael Tushman (Harvard), Charles A. O’Reilly (Stanford) und James G.March (ehemals Stanford) entwickelt wurde. Sie bedeutet nicht nur inkrementelle Verbesserung, Effizienzsteigerung und Optimierung bestehender Prozesse, Strukturen und Kulturen in der bisherigen Organisation (Exploitation), wie sie Uwe Cantner vorschlägt, sondern zudem Experimentieren und Agilität in neu geschaffenen Strukturen, um dadurch Innovation zu ermöglichen (Exploration): quasi duale Strukturen. 

    Während die alte Organisation meist durch hierarchische Strukturen, Formalisierung, strukturierte Routineprozesse und klassischen Arbeitsmethoden geprägt ist, verlangt Exploration autonome und risikotolerante Start-up-ähnliche Strukturen, geprägt von einem experimentellen Vorgehen und iterativen, agilen Prozessen – also Innovationsermöglichung in Schnellbooten statt in Tankern. In der Tech-Ökonomie, inzwischen Selbstverständlichkeit, im deutschen Wissenschafts-System eine Unbekannte.

    Warum ich die Position der EFI für falsch halte 

    EFI sorgt sich, dass ausgelagerte Agenturen die Politik ihrer Verantwortung und ihrer Handlungsspielräume für die Forschungs- und Innovationsstrategie berauben würden. Dieses Argument wird offensichtlich von der US-amerikanischen Politik nicht geteilt. Dort entscheiden Agenturen wie die National Institutes of Health, die Nasa oder die berühmte Defense Advanced Research Projects Agency (Darpa) in Autonomie. Übrigens ähnlich wie Agenturen in Schweden, der Schweiz oder Großbritannien.

    Ich empfehle der EFI-Kommission den über 15 Jahre alten Buchbeitrag “Über die Veränderbarkeit des Seins: Scheitern Verwaltungsreformen?” von Heinrich Reinermann, emeritierter Professor der deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer. In diesem Beitrag werden zentrale verwaltungsreformerische Herausforderungen, ja Paradoxien beschrieben – von der Unberechenbarkeit der Handlungen politischer Akteure, der Bruchstellen bei Regierungswechseln, der Überbewertung von Sachinformationen im Politikdiskurs bis hin zur Komplexität und dem langen Dauern von Paradigmenwechseln in versteinernden Systemen.

    Wiarda schrieb 2021 in seinem Blog, dass das Zauberwort einer neu strukturierten Forschungspolitik nicht allein “Agenturen”, sondern vor allem “Entmachtung der Ministerialbürokratie” hieße. Er beschrieb, wie Beamten mit Argusaugen über “ihre” Forschungsorganisationen wachten, dass es um Sicherung ihres persönlichen Einflusses ginge, im Zweifel auch im Kampf der Ministerien gegeneinander. Und um die Minimierung ihrer eigenen Risiken! Er wünscht sich geradezu Forschungsorganisationen frei von ministeriellen Machtspielchen als “Vision am Reißbrett”. Doch leider taucht diese Vision in seinen weiteren Blogs und Kolumnen nicht mehr auf.  

    EFI hat nicht einmal diese Vision. Stattdessen postuliert sie ein technokratisches Systemverständnis, welches nur neue Strukturen und Prozesse der Forschungskoordination und Zentralisierung in der Steuerung vorsieht. Verbunden wird dies mit dem geforderten Wandel im Mindset, den man immer dann bemüht, wenn einem nichts anderes mehr einfällt. Statt die Psychologie politischer Macht zu verstehen, versieht sie deren Akteure mit dem Mythos des ‘homo rationalis’. Und was die Exekutive betrifft: Es ist die hohe Risikoaversion des Apparates, der die Konsequenzen einer fehlerhaften Genehmigung sehr viel mehr fürchtet als die einer fehlerhaften Untersagung. Und es ist die Überschätzung der Risikofreude von Menschen, die bei sehr hoher Arbeitsplatzsicherheit relativ gering verdienen.

    Ein Denkfehler kommt bei EFI dazu

    “Die Expertenkommission befürchtet durch die Gründung zusätzliche Agenturen mit Verwaltungsaufgaben eine Doppelung der bereits bestehenden institutionellen Kapazitäten zur Administration von F&I-Förderprojekten”. Eigentlich hätte die Kommission nicht nur die Kapazitäten bei den Projektträgern, sondern zudem auch die in Ministerien und Ressort-Forschungseinrichtungen mitdenken müssen. Doch wie werden aus öffentlich Bediensteten in Tankern agile Teams in Schnellbooten?

    Innovating Innovation: Zu meiner Zeit als Personalvorstand bei der Deutschen Telekom hatte die Firma unter ihren rund 150.000 deutschen Beschäftigten circa 40.000 Beamtinnen und Beamte. Gleichzeitig musste dieser Personalkörper die Hauptlast der Transformation tragen. Personalpolitisch gelang dies, indem die Beamtenschaft “in sich beurlaubt” war. Die beamteten Mitarbeiter behielten zwar ihren Beamtenstatus, hatten aber die von der allermeisten wahrgenommenen Option, einen privatrechtlichen Vertrag mit der Firma zu schließen, mit allem, was damit zusammenhing: Zielvereinbarungen, Performance Management, variable Vergütung nach Zielerreichung, Einbettung in das Karrieresystem. Und beide Seiten konnten dies rückgängig machen.

    Wie spannend wären autonome Agenturen des Bundes zu zwei Dritteln rekrutiert aus “in sich beurlaubten” Angehörigen des öffentlichen Dienstes und zu einem Drittel aus Angehörigen des privaten Sektors! Also keine Doppelkapazitäten, sondern organisatorische Verlagerung personeller Kapazitäten.

    Dass die Politik selbst vor härteren Lösungen nicht zurückschreckt, hat sie erst jüngst deutlich gemacht, als sie anstelle des Projektträgers Arbeitsgemeinschaft für industrielle Gemeinschaftsforschung (AiF) die DLR mit der Projektträgerschaft für das Förderprogramm IGF betraute. Betriebsbedingte Kündigungen bei der AiF waren die Folge.

    Egal wie, Strukturpolitik und Personalpolitik gehören zusammen zu einer innovativen Innovationspolitik: die strukturpolitische Schaffung autonomer Agenturen ohne Fachaufsicht, sondern nur in Rechtsaufsicht gekoppelt mit einer personalpolitischen Lösung der “in sich Beurlaubung” ist die ideale Lösung für die Förderung von Innovation in diesem Lande. Freiheit für Menschen und Organisationen! Mit Sprind und Dati anfangen. Längst überfällig.

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    Research.Table Redaktion

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