das WissZeitVG wird noch eine Weile im Maschinenraum bleiben. Auf dem DHV-Tag in Berlin zeigte sich Staatssekretär Jens Brandenburg dennoch “zuversichtlich, dass uns da etwas gelingen wird, das am Ende in der Praxis hilft”. Derzeit laufe die Abstimmung innerhalb der Koalition, in einigen Wochen sei mit einem Referentenentwurf zu rechnen.
Auch sonst werden die Akteure in der Wissenschaftsszene weiter vertröstet. Viele hatten auf ein aktives Ja für mehr Innovationen, Transfer, Digitalisierung gehofft – und bitte orchestriert. Doch Olaf Scholz blieb nicht nur dem Forschungsgipfel von Stifterverband, VolkswagenStiftung, Leopoldina und EFI fern. Auch das “Spitzentreffen” der Allianz für Transformation wurde abgesagt. Die Sitzung werde aber zeitnah nachgeholt, erklärte uns eine Regierungssprecherin. Ein schwacher Trost.
Wie grün ist grüner Wasserstoff, fragte sich derweil unser Autor Christoph Drösser. Während wir neidisch auf die Fördermöglichkeiten des Inflation Reduction Act in den USA blicken, treibt Entwickler und Industrie dort bereits die Frage nach der richtigen Umsetzung um: Kommt der Strom für einen Wasserstoff-Elektrolyseur direkt von Windrädern, gibt es kein Problem. Bei Strom aus der Leitung ist es leider schwer zu sagen, ob die Elektronen von einem Windrad, einem Kernkraftwerk oder einem Kohlekraftwerk stammen. Die Emissionen seien dann im Zweifel höher als bei der Herstellung mit herkömmlichen Methoden.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und eine entspannte Osterzeit,
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Die europäische Umweltbranche schaut derzeit mit Neid in die USA: Die Biden-Regierung bringt das Land mit riesigen Investitionen und Subventionen auf die ökologische Überholspur. Dazu gehört auch die Produktion von grünem Wasserstoff, der eine Schlüsselrolle in der zukünftigen Energiewirtschaft spielen soll.
Der Teufel steckt dabei im Detail: Unter welchen Umständen bekommt Wasserstoff das Label “grün”, das ihm bescheinigt, zu 100 Prozent mit Wind- und Sonnenenergie hergestellt worden zu sein? Diese Bestimmungen muss die US-Steuerbehörde noch ausarbeiten, und zurzeit tobt ein Streit darüber. Sind sie zu restriktiv, könnte das den Ausbau der Wasserwirtschaft behindern. Sind sie zu lax, könnte sogar mehr CO₂ ausgestoßen werden als mit konventionellen Methoden.
Im Moment kostet industriell produzierter Wasserstoff, der zum Beispiel in der Düngemittelproduktion eingesetzt wird, auf dem Markt etwa ein bis zwei Dollar pro Kilogramm. Er wird als “grauer” Wasserstoff vor allem aus Erdgas erzeugt, was erhebliche Treibhausgasemissionen zur Folge hat. Wasserstoff mit Strom aus dem Netz zu erzeugen kostet vier bis acht Dollar pro Kilogramm, ist also offensichtlich unwirtschaftlich. Dort setzt der Abschnitt 45V des IRA an: Wer Wasserstoff mit Strom aus regenerativen Quellen erzeugt, der wird mit drei Dollar pro Kilogramm subventioniert.
Die Frage ist: Wann gilt Strom als grün? Die Antwort ist einfach, wenn ein Wasserstoff-Elektrolyseur direkt von Windrädern oder Solarzellen gespeist wird, die nicht am Stromnetz hängen. Kommt der Strom dagegen aus der Leitung, ist es schwer zu sagen, ob die Elektronen gerade von einem Windrad, einem Kernkraftwerk oder einem Kohlekraftwerk stammen.
In den vergangenen Monaten erregte eine Studie von Forschern der Princeton-Universität Aufsehen. Die Wissenschaftler simulierten einen möglichen Ausbau der Wasserstoffproduktion im Westen der USA bis 2030 und kamen zu dem Schluss: “Die subventionierte Wasserstoffproduktion mit Netzstrom hat das Potenzial, zu neuen Emissionen zu führen, die höher sind als die bei der Herstellung von Wasserstoff mit herkömmlichen Methoden.”
Der Studienleiter Wilson Ricks erläutert im Gespräch mit Table.Media: Nur wenn drei Bedingungen erfüllt sind, ist die Produktion von Wasserstoff mit Netzstrom wirklich umweltfreundlich.
Insbesondere die stündliche Abrechnung ist nun ein Zankapfel. “Wenn der Nachweis nur für das gesamte Jahr erbracht werden muss, dann können Firmen zum Beispiel Energiezertifikate kaufen”, erklärt Ricks. Diese Zertifikate seien im Moment sehr billig zu haben – das liegt vor allem daran, dass die Produktion von regenerativen Energien schon jetzt wirtschaftlich ist und kaum ein Wind- oder Solarfarmbetreiber auf den Handel mit diesen Zertifikaten angewiesen ist. Eine solche Abrechnung führe zu grünem Etikettenschwindel: “Sie werden dann ihre Wasserstoffanlagen rund um die Uhr laufen lassen, auch wenn nicht genügend erneuerbare Energie produziert wird.”
Mehrere große Umweltverbände haben die Studie zum Anlass genommen, von der Regierung strikte Bestimmungen zu fordern, vornehmlich die stündliche Abrechnung der Energiequellen. Dem gegenüber stehen die Energieerzeuger und auch die Mineralölkonzerne, die in der subventionierten Wasserstoffproduktion ein attraktives neues Geschäft sehen. Christopher McGrath, Sprecher von NextEra Energy, dem größten amerikanischen Erzeuger von regenerativen Energien, formuliert es so: “Wir sind der Meinung, dass die Herstellung von grünem Wasserstoff bei zu strengen Vorschriften unwirtschaftlich ist und die Sache eine Totgeburt wird.”
Ricks hält diese Argumente für “maßlos übertrieben”: “Ich habe Verständnis für das Argument, dass wir die Wasserstoffindustrie jetzt in Gang bringen müssen, wenn wir in den 2030er Jahren große Mengen Wasserstoff produzieren wollen.” Aber nach seinen Modellrechnungen könnte in sonnen- und windreichen Regionen der USA, etwa in Texas, mit den Subventionen schon heute wirtschaftlich grüner Wasserstoff produziert werden – auch unter strikten Regeln.
Das sehen sogar manche Hersteller von Elektrolyseuren so, die von den Subventionen profitieren würden: Das Schlimmste wäre, wenn in fünf Jahren alle Studien zeigen, dass diese Steuererleichterungen die Emissionen in die Höhe treiben”, sagte Paul Wilkins, Vizepräsident des Herstellers Electric Hydrogen, der Washington Post. Die Firma hat sich daher einem offenen Brief von Umweltorganisationen angeschlossen, der eine harte stündliche Abrechnung fordert.
Vielleicht kann sich die US-Steuerbehörde die Europäische Kommission zum Vorbild nehmen: Die konkretisierte im Februar die Regeln ihrer Richtlinie für erneuerbare Energien. Nach denen gilt Wasserstoff als grün, wenn er die drei Bedingungen erfüllt, die auch von den US-Umweltverbänden gefordert werden. Allerdings wird den Betreibern eine Frist eingeräumt: Die “Additionalität” der Energiequellen (also die Tatsache, dass es sich wirklich um zusätzliche regenerative Energie handelt) muss erst ab 2028 nachgewiesen werden, die stündliche Dokumentation ist sogar erst ab 2030 fällig. Christoph Drösser, San Francisco

In diesen Wochen werden die Weichen für eine EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (EU AI Act) gestellt. Hinter den Kulissen laufen hitzige Debatten über den Rechtsrahmen, die Gefahr von Irrwegen ist groß. Jetzt entscheidet sich, ob Europa in der alles verändernden Schlüsseltechnologie weiter zurückfällt oder zur Markenheimat rechtlich und ethisch vorbildlicher KI wird.
Dass KI-Sprachmodelle wie ChatGPT auch mal eloquenten Unsinn verzapfen können, hat sich inzwischen herumgesprochen. Doch wer steht für Fehler gerade, die auf diese Weise etwa in wissenschaftliche Texte geraten? Noch ist die Haftungsfrage für KI-Anwendungen, zu denen auch autonome Fahrzeuge zählen, in der EU gesetzlich nicht umfassend geregelt. Die Lücke füllen sollen der EU AI Act, dessen Ausgestaltung in der Fachwelt derzeit diskutiert wird, sowie neue Richtlinien zur Haftung für Software.
“Wir brauchen dringend einen Rechtsrahmen für eine faire, verständliche und transparente KI, der Innovation fördert und den Wettbewerb zwischen Big Tech und Start-ups nicht verzerrt”, sagt Philipp Hacker, Professor für Recht und Ethik der digitalen Gesellschaft an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Der 38-Jährige berät Politiker und Behörden europaweit in Sachen KI-Regulierung. “Die rasante Entwicklung der Technologie überfordert jetzt schon viele Regulierer”, sagt der Jurist – dabei werde das Tempo noch zunehmen. Praktisch alle Berufe seien betroffen, völlig neue Branchen zeichneten sich ab. Philipp Hacker: “Künstliche Intelligenz wird alles umkrempeln, ähnlich wie der Buchdruck und das Internet.”
Aufgabe der EU-Organe ist es nun, rechtliche Lösungen mit Weitblick zu schaffen. Nachdem die EU-Kommission 2021 einen Vorschlag für den EU AI Act veröffentlicht hatte, reagierte der Europäische Rat im Dezember 2022 mit einem eigenen Konzept; das Positionspapier des Europaparlaments wird bis Anfang Mai erwartet. Dann werden sich die kontroversen Diskussionen verschärfen, etwa zum Geltungsbereich des neuen Rechtsrahmens. “Fatal wäre es, wenn er, wie im Parlament favorisiert, auch einfache Automatisierungen adressieren würde”, sagt Philipp Hacker.
Beispiele dafür sind Rechenergebnisse, die mithilfe einer Excel-Tabelle entstehen oder Bilderkennungsprogramme, die nur zwischen Hund und Katze unterscheiden können. Er sei jedoch zuversichtlich, sagt der Rechtswissenschaftler, dass man sich im jetzt folgenden Trilog der EU-Organe auf das maschinelle Lernen als Hauptkriterium einigen werde.
Der EU AI Act, er tritt voraussichtlich Mitte 2025 in Kraft, würde dann nur für Systeme gelten, die sich selbst weiterentwickeln und an neue Situationen anpassen – wie das in Berlin trainierte autonome Fahrzeug, das sich auch in Duisburg zurechtfindet oder der ständig dazulernende Chatbot.
Für die Grundlagenforschung wird der EU AI Act nicht gelten. “Sie ist in Europa von etlichen rechtlichen Beschränkungen dieser Art befreit”, sagt Philipp Hacker. In den USA gebe es diese klare Wissenschaftsausnahme nicht. Im gesamten Bereich Forschung und Entwicklung seien urheberrechtliche Regeln zu beachten, sagt der Jurist – so müssen etwa die Trainingsdaten in KI-Projekten legal erworben worden sein.
Um diese Bedingungen etwa bei der Verwendung von Chatbots einhalten zu können, müssten die Anbieter ihre Quellen und Verfahren offenlegen. “Genau das macht Open AI derzeit nicht”, moniert Philipp Hacker. Rechtliche Kontrolle müsse in Zukunft vor allem bei der Entwicklung von KI-Systemen ansetzen und im nächsten Schritt einzelne Anwendungen in den Blick nehmen – vor allem in Hochrisikobereichen wie öffentlicher Verwaltung, Justiz oder Medizin, etwa im Bereich der Krebsdiagnostik. “Was wir unbedingt vermeiden sollten, ist eine Regulierung der Technologie als Ganzes, denn das würde ihre Entwicklung unnötig einengen”, sagt Hacker. “Auch für Schrauben gelten anwendungsbezogene Vorschriften, je nachdem, ob sie in einer Raumfähre oder einem Holzregal eingesetzt werden.”
Im EU AI Act sieht Philipp Hacker eine große Chance für Europa, das in der KI-Entwicklung noch deutlich hinterherhinkt. Er zitiert eine Studie von 2022, der zufolge weniger als 10 Prozent der generativen KI-Modelle aus Europa, 73 Prozent aus den USA und 15 Prozent aus China stammen. Stärken lasse sich die europäische Souveränität durch einen F&E-Schub innerhalb eines ethisch vorbildlichen Rechtsrahmens mit folgenden Kernelementen:
Das von Elon Musk initiierte sechsmonatige Moratorium für die KI-Entwicklung wird Philipp Hacker nicht unterschreiben: “Musk hinkt im Bereich generative KI hinterher und will jetzt die Konkurrenz ausbremsen.” Außerdem sei zu erwarten, dass China und Russland als führende Player sich nicht beteiligten, um ihren Vorsprung weiter auszubauen. Hacker: “Der Widerstand in der KI-Community gegen die Musk-Initiative ist groß.” Lilo Berg

Die deutschen Defizite sind hinlänglich bekannt: Für die Gesundheitsforschung wichtige Daten sind entweder gar nicht vorhanden, oder sie liegen verteilt in getrennten Datensilos. Sie werden in verschiedenen technischen Systemen gespeichert, die nicht miteinander “sprechen” können. Für die Forschung ist der Zugang oft unmöglich oder aufgrund der Vielzahl an Regularien und einzubindenden Stellen mit fast schon prohibitivem Aufwand verbunden. Gar unüberwindbare Hürden drohen bei datenintensiver Forschung, bei der Nutzung von Gesundheitsdaten für die Prävention oder bei der Hilfe für Menschen mit sehr seltenen Erkrankungen.
In kaum einem anderen Bereich wird noch so viel mit Papier und Faxgerät gearbeitet wie im Gesundheitssystem. In der Pandemie wurde weithin sichtbar, welche Nachteile das bringt. Sowohl für die öffentliche Gesundheitsvorsorge als auch für die Forschung – etwa zu Therapien und Impfstoffen, zu Wirkungen und Nebenwirkungen. Deutschland war auf Daten und Forschungserkenntnisse aus anderen Ländern angewiesen. So können die Forschung und das Gesundheitssystem weder das eigentlich im großen Maß vorhandene Innovationspotenzial entfalten noch die Bürgerinnen und Bürger von den Chancen der modernen Medizin profitieren.
Der rasche Zugang zu neuartigen Behandlungsmöglichkeiten droht verbaut zu werden. Der Wissenschaftsrat hat in seinen Empfehlungen zur Digitalisierung und Datennutzung in Gesundheitsforschung und Versorgung aus dem letzten Jahr deshalb klar betont: Falsch verstandener Datenschutz kann Menschenleben kosten.
Der Verweis auf die richtigerweise strengen europäischen Datenschutzregeln darf keine Ausrede sein. Das Beispiel von Ländern wie Dänemark, Estland, Österreich oder Finnland zeigt, dass der zwingend notwendige Schutz von Gesundheitsdaten einem modernen, digitalisierten Gesundheitssystem nicht im Wege steht. Im Gegenteil: Die Datenschutzgrundverordnung der EU setzt zwar im internationalen Vergleich sehr hohe Schutzstandards, doch sie ermöglicht selbstverständlich die Datennutzung für medizinische Versorgung und Forschung. Klug umgesetzt in deutsches Recht, würde sie erhebliche Vereinfachungen und Vereinheitlichungen im Flickenteppich des Datenschutzes hierzulande ermöglichen.
Ein chancenorientierter, forschungsfreundlicher Umgang mit Daten ist durchaus im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Schon jetzt erlauben viele bereitwillig, dass ihre Smartwatch Gesundheitsdaten erhebt und an global agierende Tech-Konzerne weitergibt – auf die öffentliche Forschung nur beschränkt und gegen Bezahlung Zugriff hat. Umfragen belegen, dass es in der Bevölkerung eine große Bereitschaft gibt, eigene Daten für Forschungszwecke bereitzustellen. Altruismus und Solidarität sollten nicht unterschätzt werden. So stimmen über 90 Prozent der in eine Studie befragten Krebspatientinnen und -patienten einer Datenspende zum Wohle anderer Betroffener zu, wenn ein verantwortungsvoller Umgang mit ihren Daten garantiert ist. Auch die Akzeptanz einer gut regulierten Nutzung von Daten durch die Industrie dürfte seit der Pandemie und dem Beispiel der Impfstoffentwicklung durch die deutsche Firma Biontech gestiegen sein.
Die nun vorgestellte Digitalisierungsstrategie des Gesundheitsministeriums entspricht in vielen Punkten den Positionen des Wissenschaftsrats. So soll die Nutzung von Gesundheitsdaten für die Forschung mit verschiedenen Maßnahmen ermöglicht werden. Dazu gehört etwa die sogenannte Opt-Out-Regelung für die elektronische Patientenakte: Sofern die Patientin und der Patient nicht aktiv widersprechen, werden ihre Daten in der elektronischen Patientenakte hinterlegt und gespeichert. Sie können dann datenschutzkonform für die Versorgung sowie – über das Forschungsdatenzentrum Gesundheit – für die Forschung genutzt werden. Dies wäre ein wichtiger Grundstein für eine digitale Vernetzung, die – alltagsfest und unkompliziert umgesetzt – allen nutzt. Profitieren würden Patientinnen und Patienten, das Gesundheitspersonal ebenso wie die Forschung.
Hierfür ist in der Umsetzung noch viel zu tun. Doch das Beispiel anderer Länder zeigt, dass und wie es geht. Die Digitalisierungspläne des Gesundheitsministeriums enthalten viele richtige Ideen. Nun heißt es, nicht länger zu diskutieren, sondern umzusetzen.
21. April 2023, 19:00 Uhr, BBAW, Einstein-Saal, Berlin
Podiumsdiskussion Den Fachleuten vertrauen? Über die Rolle von Expert:innen in der Demokratie Mehr
3. Mai 2023, 10:00-18:30 Uhr, Alte Münze, Berlin
Festival InnoNation Festival des Bundesverbands der Deutschen Industrie Mehr
3. Mai 2023, 18:00 Uhr, BBAW, Leibniz-Saal, Berlin
Podiumsgespräch, Reihe Geisteswissenschaften im Dialog Freiheit – wovon? wozu? Mehr
5. Mai 2023, 9:30-11:45 Uhr, Südwerk Bürgerzentrum Südstadt, Karlsruhe
Konferenz WissKon – NaWik-Konferenz für kommunizierende Forschende: Rücken- und Gegenwind für die Wissenschaftskommunikation Mehr
13. Mai 2023, 18.00-23:59 Uhr, BBAW, Einstein-Saal, Berlin
Salon Sophie Charlotte 2023 der BBAW Aufklärung 2.0 Mehr
Seit mehr als einem Jahr wird an einem Konzept für die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (Dati) gearbeitet. Nach mehreren Runden mit Stakeholdern sollte bis Ostern ein neues Papier seitens des BMBF vorgelegt werden. Noch warten sowohl die beteiligten Akteure als auch die Ausschussmitglieder vergeblich auf Post aus dem Ministerium. Immerhin, so heißt es aus informierten Kreisen, hat man sich in einigen Punkten geeinigt: Die Förderung durch die Dati soll akteursoffen erfolgen.
Das bedeutet, dass inhaltlich natürlich die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hauptadressaten der Förderung bleiben sollen, aber eben auch andere Organisationen Anträge stellen und Förderung erhalten dürfen. Hier stimmte wohl am Ende auch die SPD diesem Punkt zu, während zunächst die Grünen und dann auch die FDP bereits länger diese Position vertreten.
Weiterhin heißt es, dass die ersten Pilotförderrichtlinien noch in diesem Sommer veröffentlicht werden sollen. Dafür seien in diesem Jahr noch acht Millionen und im nächsten 15 Millionen Euro vorgesehen, heißt es aus dem Haushaltsausschuss. Insgesamt stehen für die Dati in diesem Jahr 50 Millionen Euro zur Verfügung, rund 35 Millionen sind allerdings noch gesperrt. Bis 2026 steigt das Budget auf rund 260 Millionen Euro pro Jahr. Trotz Sparmaßnahmen im Gesamthaushalt erwartet man seitens der Haushälter, dass diese Summen bei der Dati nicht angetastet werden.
Die Gründung der Dati selbst soll ebenfalls noch in diesem Jahr erfolgen. Ein enger Zeitplan. Doch die Akteure sind bereits ungeduldig. Viele außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sind auf Drittmittel aus dem BMBF angewiesen und warten dringend auf neue Ausschreibungen. Gerade hier ist man frustriert. Nicht nur ob der Länge des Stakeholderprozesses. Auch die Art und Weise, wie die Einbindung erfolgte, sorgt für Verärgerung. Statt miteinander in Workshops an gemeinsamen Zielen und Strategien zu arbeiten, wurden immer wieder Positionen und detaillierte Informationen abgefragt, die dann wiederum in Konzepte eingearbeitet wurden – oder auch nicht.
Gerade der Konflikt über die Hauptzielrichtung der Dati wurde damit nicht gelöst. Geht es vorrangig um regionale Innovationsförderung, eine gezielte Unterstützung für HAWs, oder um überregionalen Transfer? Vermutlich sollen nun alle drei Ziele gleichzeitig eine Rolle spielen und Fördermöglichkeiten in den Förderrichtlinien getestet werden. Mit Spannung erwartet werden auch Aussagen zu den Projektlaufzeiten (flexibel oder starr) sowie zum Besserstellungsverbot innerhalb der Dati-Projekte. mw
Der Koalitionsvertrag für Berlin steht. Nun ist es an Parteitag (CDU) und an den Mitgliedern (SPD), über diesen zu entscheiden. “Berlin ist einer der führenden, leistungsstärksten und vielfältigsten Wissenschafts- und Forschungsstandorte Europas”, heißt es in dem gemeinsamen Werk von SPD und CDU. Für die Entwicklung von Wissenschaft und Forschung ist einiges geplant.
Vermutlich der wichtigste Aspekt ist, die jährliche Steigerung der Grundfinanzierung von dreieinhalb auf fünf Prozent anzuheben. Die SPD hätte sich hier auch etwas mehr vorstellen können. Aber dort und auch in den Berliner Hochschulen ist man zufrieden mit dem Erreichten. Weiterhin möchte man die Autonomie der Hochschulen steigern. Ein Zeichen dafür ist, dass die Hochschulen künftig eigenständig Professoren berufen sollen.
Mit Spannung erwartet wurde eine Entscheidung zum Paragraf 110 des Berliner Hochschulgesetzes, der Postdocs eine Entfristungszusage sichern sollte. Ergebnis: Dieser bleibt ausgesetzt. Die Frist bis zum 1.1.2025 soll gewährleisten, dass bis dahin eine Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichts über einen Normenkontrollantrag der damaligen Oppositionsparteien CDU und FDP vorliegt. Es wäre zudem hilfreich, die bis dahin vermutlich fertige Novelle des WissZeitVG abzuwarten, um dann die eigene Regulierung entsprechend auszurichten.
Ina Czyborra, Sprecherin für Wissenschaft und Forschung der Berliner SPD-Fraktion, bezeichnete dieses Vorgehen auf Anfrage von Table.Media als vernünftig, auch wenn man seitens der SPD weiterhin für den § 110 kämpfe. TU-Präsidentin Geraldine Rauch sieht die Vereinbarung als “einen erneuten Rückschritt für gute Beschäftigungsbedingungen im akademischen Mittelbau”. Dies sei – nach dem Entwurf für das WissZeitVG des BMBF – die “zweite schlechte Nachricht für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler innerhalb weniger Tage”.
Der Grundsatz, dass aus Grundmitteln finanzierte Stellen unbefristet sein sollen, soll weiterhin gelten – allerdings lediglich für Stellen, die nicht der wissenschaftlichen Qualifizierung dienen. Von den Qualifizierungsstellen wiederum sollen “ausreichend” zur Verfügung stehen. Darüber hinaus will man den Ausbau von Tenure-Track-Stellen “unterstützen”. Dies wird aber weder den Hochschulen ins Auftragsbuch geschrieben, noch finanziell unterfüttert.
Stärken möchte man auch die Lehrkräfteausbildung. Allerdings nicht mit dem von den Gewerkschaften geforderten Ziel von 3.000 Absolventen im Jahr. 2.500 nimmt man in den Blick. Dafür soll es neben den jährlichen Aufwüchsen extra Geld geben, versichert Czyborra.
Mit Geld unterfüttert sei auch die “Offensive für Baumaßnahmen“. “Eine Entbürokratisierung beispielsweise über Globalbudgets sei zwar nicht verabredet, Baubeschleunigung bleibt aber auf der Tagesordnung”, sagt Czyborra.
Bleibt der Punkt Transfer: Wenig Neues gibt es bei der Wissenschaftskommunikation. Bewährtes wie das Naturkundemuseum, die Lange Nacht der Wissenschaften oder die Science Week soll gestärkt werden. Eventuell wird es einen zusätzlichen “Preis für gute Wissenschaftskommunikation” geben.
Im Bereich des Technologietransfers und der Gründungen ist die zentrale “Entrepreneurship Education- und Incubation-Einheit” wohl ein Platzhalter. Immerhin hat man erkannt, dass es hier eine zentrale und professionelle Organisation braucht, die exzellente Forschung dann auch in Neugründungen und letztlich Jobs übersetzt. Als Vorbild gilt vermutlich München mit der UnternehmerTUM, auch wenn das Stichwort offiziell bisher nicht fiel. mw
Der Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige Rektor der Universität Wuppertal Lambert T. Koch steht künftig dem Deutschen Hochschulverband (DHV) vor. Auf dem DHV-Tag am Dienstag in Berlin wählten die Delegierten den 57-Jährigen mit großer Mehrheit zu ihrem Präsidenten, teilte der Verband mit. Koch übernimmt das Amt von dem Völkerrechtler Bernhard Kempen (63), der fast 20 Jahre an der Spitze des DHV stand.
Zu Beginn seiner Präsidentschaft äußerte sich Koch zum Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik. Ob in diesem Spannungsfeld zu wenig Distanz herrscht oder ob beide gar enger zusammenrücken müssen, war Thema der Vorträge und Diskussionen auf dem DHV-Tag. Thematisiert wurde dabei auch die Gefahr der Vereinnahmung durch die Politik. Der DHV setzt ganz klar auf politische Zurückhaltung. Die Wissenschaft könne zu strittigen Fragen in der Regel keinen abschließenden Schiedsspruch fällen, sagte Koch. Sie könne aber Debattenräume für die Gesellschaft öffnen.
Zwar sei es durchaus sinnvoll, wissenschaftsübergreifend vorhandenes Wissen institutionell zu bündeln und für politische Entscheidungen zur Verfügung zu stellen. “Ein allgemeines Mandat, zentral und abschließend im Namen der Wissenschaft mit ihren Teilgebieten zu sprechen, kann damit allerdings nicht verbunden sein. Wissenschaft lebt auch weiterhin von Vielfalt und konstruktivem Disput”, sagte Koch.
Insbesondere sollte ein Professorentitel oder ein herausgehobenes Amt in einer wissenschaftlichen Institution nicht dazu verleiten, politisch motivierte Äußerungen als wissenschaftsbasiert zu maskieren. Koch: “Wenn dies dennoch geschieht, nehmen die Person und mithin die Wissenschaft Schaden.” abg
Ein Forscherteam um Feng Zhang vom Broad Institute in Cambridge, USA, hat in Nature eine programmierbare molekulare Spritze für Zelltherapien beim Menschen vorgestellt. Die von Bakterien abgeschaute Mikromaschine könnte in der Medizin neue Wege eröffnen: Sie injiziert einen Wirkstoff exakt in gewünschte Zellen. Während erste Gentherapien auf der Basis des Genome Editing für Erbkrankheiten aktuell kurz vor einer Zulassung stehen, gibt es für viele weitere klinische Wirkstoffe und Therapien bisher noch eine große Hürde: Sie müssen im Körper zunächst in die richtigen Zielzellen gelangen, bevor sie in den jeweils erkrankten Geweben ihre Wirkung entfalten können.
Die programmierbare molekulare Spritze soll genau diese Funktion nun bewerkstelligen können. In der Studie berichtet das Team um Feng Zhang, Mitentdecker des Cripsr-Cas9-Systems, über die Grundlagen des bakteriellen Proteintransporters, der auf Basis sogenannter extracellular Contractile Injection Systems (eCIS) funktionieren soll. Diese natürlichen molekularen Spritzen erlauben es einer Vielzahl von Mikroorganismen, in die Zellen ihrer Wirte einzudringen und deren Stoffwechsel zu ihren Gunsten zu manipulieren. Als makromolekulare Nanomaschinen binden eCIS an ihre Zielzellen und spritzen ihre Proteinladung dann direkt durch die Zellmembran. nik
SZ – Sind wir für die nächste Pandemie gewappnet? Die Bestandsaufnahme von neun Herausforderungen in diesem Bereich zeigt: Es hat sich noch nicht genug verändert. So ist zum Beispiel die systematische Überwachung der Virusverbreitung durch Abwasseranalysen noch längst nicht in allen Bundesländern etabliert, die Digitalisierung des Gesundheitswesens hinkt weiter hinterher, ebenso die Verbesserung der Gesundheitskommunikation. Und auch von einem Impfregister fehlt jede Spur. Mehr
Tagesspiegel – Bioethikrat bei Bayer: “Künstliche Intelligenz wird das gesamte Gesundheitswesen verändern”. Der neu gegründete Ethikrat des Pharmakonzerns Bayern befasst sich mit KI in der Medizin und mit Zell- und Gentherapien. Im Interview erläutern der Stammzellenexperte Andreas Kurtz von der Charité Berlin und Michael Devoy, medizinischer Direktor von Bayer, die Arbeit und die Themen des Gremiums. Mehr
El Pais – One of the world’s most cited scientists, Rafael Luque, suspended without pay for 13 years. Der spanische Chemiker Rafael Luque zählt zu den meistzitierten Forschern der Welt. Wegen seiner Tätigkeit für Institutionen in Saudi-Arabien und Russland wurde er von der Universität Córdoba für die nächsten 13 Jahre ohne Gehalt suspendiert. Es gibt einige Ungereimtheiten rund um seine Tätigkeit, unter anderem Hinweise darauf, dass der Forscher sich die Mitautorschaft in einigen seiner Publikationen erkaufen konnte. Mehr
Deutschlandfunk Kultur – Instrumentalisierung. Wenn Politiker gezielt wissenschaftliche Gutachten anfordern. Wissenschaft ist ein offener Prozess und auf Widerspruch angewiesen. Politik dagegen zielt auf Ergebnisse, Geltung und Entscheidungen, sagt die Politologin Barbara Zehnpfennig im Interview. Die beiden Strukturen seien nicht gut kompatibel. Probleme sieht sie dann, wenn Politiker sehr gezielt Expertise einholen und wenn aus wissenschaftlichen Ergebnissen direkte Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Mehr

Ob es um Energie, Mobilität oder Digitalisierung geht – die Transformationen in Deutschland dauern viel zu lange. Das bemängelt die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) nicht erst seit ihrem aktuellen Gutachten. Ihr Vorsitzender Uwe Cantner macht keinen Hehl daraus, dass ihn die Verzögerungen auch persönlich beschäftigen: “Dass in den letzten Jahren so wenig passiert ist, ärgert mich schon“, sagt er – allem Verständnis für die Folgen der Ukrainekrise zum Trotz. In Vorgesprächen habe es zum Beispiel gute Ideen dafür gegeben, die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Ministerien durch ressortübergreifende missionsorientierte Teams zu stärken: “Dass das nicht aufgeschrieben und verabschiedet wurde, ist enttäuschend”.
Trotzdem aller Kritik an und aller Nähe zur Politik gibt der Wissenschaftler zu: Zuhause ist und bleibt er in der innovationsökonomischen Forschung, deren Erkenntnisse politikrelevant sind und weitergegeben werden sollen. Seine Leidenschaft ist es ist, Forschungsfragen zu konzipieren und zu analysieren, Texte zu schreiben, Handlungsempfehlungen abzuleiten, mit Politikern zu diskutieren. Tauschen möchte er also nicht mit denjenigen, für die er Ideen entwickelt: “Gute Vorschläge im großen politischen Kontext umzusetzen, das ist eine wahnsinnige Kärrnerarbeit – ich weiß nicht, ob ich selbst der Typ dafür wäre.”
Der Wirtschaftswissenschaftler ist stolz darauf, dass es ihm an der Uni Jena gelungen ist, innerhalb von wenigen Jahren eine Forschungskooperation mit dem damaligen Max-Planck-Institut für Ökonomik aufzubauen und dort zwei Doktorandenprogramme zu akquirieren, die einen großen Einfluss auf die innovationsökonomische Forschung haben. Auch persönlich fühlen sich der 62-Jährige und seine Partnerin, die – nicht gemeinsam, aber in Summe – drei Kinder und einen Enkel haben, in diesem Teil der Republik wohl: “Wir gehen sehr gerne ins Theater, in die Oper, in Galerien und Kunstsammlungen – Weimar hat ein exklusives Kulturprogramm – und wir fahren auch gerne nach Dresden, Leipzig, Berlin oder Hamburg”.
Augsburg ist ein wichtiger Standort in der wissenschaftlichen Karriere und im persönlichen Leben von Uwe Cantner. Dort ist er aufgewachsen, dort hat er über dreißig Jahre gelebt und nach wie vor besucht er dort gerne seine Eltern und seinen Bruder. Die sind übrigens dafür verantwortlich, dass Uwe Cantner überhaupt Wirtschaftswissenschaften studiert und damit den Grundstein für seine spätere Karriere gelegt hat. Er startete mit BWL und entdeckte während eines Auslandsjahrs in den USA sein Interesse für die Volkswirtschaftslehre, der er sich daraufhin widmete. Diese Entscheidungen habe er bis heute nicht bereut, auch wenn er immer schon ein Herz für die Chemie gehabt habe, erzählt er augenzwinkernd: “Ich höre ganz besonders genau hin, wenn Chemiker-Kollegen von ihrer Arbeit erzählen”.
Überhaupt liebt Uwe Cantner den Austausch mit Kollegen. Regelmäßig fährt er für ein Workshop-Programm oder eine Summer School mit Nachwuchswissenschaftlern zur Süddänischen Universität, wo er eine Zweitprofessur innehat. Mit ehemaligen Kollegen aus dem Institut oder aus den Doktorandenprogrammen trifft er sich regelmäßig auf Rügen oder zu gemeinsamen Ski-Reisen: “Da tauschen wir uns auch privat und fachlich aus, bis in die Nächte hinein.” Janna Degener-Storr
Christian Andres übernimmt zum 1. Mai 2023 das Rektorat der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar bei Koblenz und in Düsseldorf. Andres ist an der WHU Inhaber des Lehrstuhls für Empirical Corporate Finance. Er folgt auf Markus Rudolf (56), der 2015 Rektor der WHU wurde.
Benedikt Fecher ist neuer Geschäftsführer von Wissenschaft im Dialog. Fecher ist Wissenschaftsforscher und leitete von 2017 bis zu seinem Wechsel zu WiD das Forschungsprogramm “Wissen & Gesellschaft” am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft.
Fabian-Simon Frielitz ist an die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg berufen worden und besetzt dort die W2-Professur für Telemedizin, Digitalisierung und Ökonomie in der Medizin an der Universitätskinderklinik. Der Gesundheitsökonom und Jurist war zuvor als wissenschaftlicher Koordinator am Zentrum für Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung Lübeck sowie am Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie an der Universität zu Lübeck tätig.
Max Löhning übernimmt zum 1. April den Vorsitz des Stiftungsrats der Schering Stiftung. Der Immunologe und Arthroseforscher folgt auf Stefan H.E. Kaufmann, dessen Mandat satzungsgemäß am 30. März endete.
Geraldine Rauch, Präsidentin der TU Berlin, wurde zur Vorsitzenden des Board of Directors der ENHANCE-Allianz gewählt. Der Zusammenschluss, dem außer der TU Berlin sechs weitere europäische Universitäten angehören, wurde 2019 mit dem Ziel gegründet, einen gemeinsamen europäischen Hochschulcampus frei von physischen, administrativen oder akademischen Barrieren zu schaffen.
Bernd Scholz-Reiter übernimmt geschäftsführend das Amt des HRK-Präsidenten. Der HRK-Vizepräsident für Internationale Angelegenheiten und ehemalige Rektor der Universität Bremen, führt die Geschäfte bis zur Wahl eines neuen HRK-Präsidenten. Peter-André Alt hat sein Amt vorzeitig zur Verfügung gestellt, um die Verantwortung für den Aufbau einer neuen Wissenschaftsstiftung in Berlin zu übernehmen.
Christiane Stehle hat zum 1. April die Verantwortung als Vorstandsvorsitzende an der Universitätsmedizin Rostock übernommen. Die Fachärztin für Anästhesie und Intensivmedizin war im Oktober 2022 als neue Ärztliche Vorständin nach Rostock gewechselt.
Bildung.Table: Für ein echtes Kooperationsverbot!”. Die Länder wollen die bildungspolitische Alleinverantwortung: Geben wir sie ihnen! Dieter Dohmen, Direktor des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomik, sieht keine Zukunft für die Bildungspolitik des Bundes. Es brauche eine stärkere Zivilgesellschaft, die kontrolliert – und den Kultusminister des Jahres kürt. Ein erfrischender Debattenbeitrag. Mehr
Bildung.Table: Datenschutzbehörden nehmen ChatGPT ins Visier. Bei den Datenschutzbehörden der Länder ist das KI-Programm ChatGPT zum Beobachtungsfall geworden. “Die Taskforce KI der Datenschutzkonferenz hat das Thema übernommen”, sagte die Vorsitzende des Gremiums, Schleswig-Holsteins Datenschützerin Marit Hansen, Table.Media. Kommt jetzt das ChatGPT-Verbot in Deutschland? Mehr
Africa.Table: Fortschritte bei Wasserstoff in Namibia. Bei einer international besetzten Panel-Diskussion hat Enertrag CEO Gunar Hering über Fortschritte beim Projekt Grüner Wasserstoff in Namibia berichtet. Die brandenburgische Enertrag ist am namibischen Hyphen-Konsortium beteiligt, das im Süden des Landes 300.000 Tonnen Grünen Wasserstoff jährlich produzieren will. Mehr
Security.Table: Airbus und Fraunhofer-Institut: Debatte um KI in Waffensystemen. In einem Offenen Brief plädierten Informatiker und Unternehmer wie der Tesla-Chef Elon Musk kürzlich für eine Entwicklungspause bei Künstlicher Intelligenz (KI). Mehr
Am vergangenen Sonnabend verkündete Julian Schmitz, Professor für Kinder- und Jugendpsychologie an der Universität Leipzig, er fühle sich geehrt, die Leitung des RKI zu übernehmen. Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen erhalte damit einen zentralen gesellschaftlichen und institutionellen Stellenwert. Kaum war sein Tweet in der Welt, hagelte es Reaktionen. Die einen gratulierten umgehend – darunter auch die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt. Andere begriffen direkt, dass es sich um einen Aprilscherz handelte und spielten mit. “Die hatten mir nicht gesagt, dass ich in einer Doppelspitze arbeiten soll”, twitterte etwa der Mediziner Marc Hanefeld.
Nicht alle fanden die Sache witzig. “Etwas Falsches verbreiten, was eventuell stimmen könnte, ist kein Scherz, sondern Fake News”, schrieb der Physiker und Autor Florian Aigner. Tatsächlich veröffentlichten Zeitungsredaktionen die Personalie, zum Teil immerhin mit Fragezeichen in der Überschrift. Daraufhin klärte Schmitz seinen Scherz auf und bekräftigte, dass es ihm um Kinderrechte und Kindeswohl gehe. Ob die Botschaft angekommen ist, lässt sich schwer beurteilen. Aufsehen hat Schmitz mit dieser neuen Scherzart auf jeden Fall erregt.
Gäbe es ein Ranking wissenschaftlicher Aprilscherze, so würde das Julius-Kühn-Institut (JKI) in diesem Jahr den zweiten Platz belegen. Es sei gelungen, ein Fischgen in Weizen einzukreuzen und ihn so flutresistent zu machen, meldete es via Twitter. Als Nächstes wolle man ein Gen des Himalaya-Steinsalzes in die neue Sorte einkreuzen, um dadurch den Anbau im Wattenmeer zu ermöglichen.
Wer gratulierte? Ex-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Sie schrieb: “Deshalb haben wir immer in Forschung investiert. Denn dem Klimawandel werden wir auch durch Innovation und neue Züchtungen begegnen können!”. Sie scheint jedoch nicht auf den JKI-Scherz reingefallen zu sein. Zumindest erklärte sie wenig später, nur April-Scherz-Pingpong zu betreiben. Zugleich signalisierten einige gehässige Kommentare, dass Aprilscherze mit Gentechnik-Kontext hierzulande nicht bei allen gut ankommen. Dabei sind sie international im Trend: Die Redaktion des Economist berichtete, es sei per Genomeditierung gelungen, die Ähren von Getreidepflanzen so zu verändern, dass sie wie Ohren funktionieren. Die musikalische Gerstensorte Fortissimo wachse schneller, wenn ihr bestimmte Töne vorgespielt werden. Ein Aprilscherz der klassischen Art. Anne Brüning
das WissZeitVG wird noch eine Weile im Maschinenraum bleiben. Auf dem DHV-Tag in Berlin zeigte sich Staatssekretär Jens Brandenburg dennoch “zuversichtlich, dass uns da etwas gelingen wird, das am Ende in der Praxis hilft”. Derzeit laufe die Abstimmung innerhalb der Koalition, in einigen Wochen sei mit einem Referentenentwurf zu rechnen.
Auch sonst werden die Akteure in der Wissenschaftsszene weiter vertröstet. Viele hatten auf ein aktives Ja für mehr Innovationen, Transfer, Digitalisierung gehofft – und bitte orchestriert. Doch Olaf Scholz blieb nicht nur dem Forschungsgipfel von Stifterverband, VolkswagenStiftung, Leopoldina und EFI fern. Auch das “Spitzentreffen” der Allianz für Transformation wurde abgesagt. Die Sitzung werde aber zeitnah nachgeholt, erklärte uns eine Regierungssprecherin. Ein schwacher Trost.
Wie grün ist grüner Wasserstoff, fragte sich derweil unser Autor Christoph Drösser. Während wir neidisch auf die Fördermöglichkeiten des Inflation Reduction Act in den USA blicken, treibt Entwickler und Industrie dort bereits die Frage nach der richtigen Umsetzung um: Kommt der Strom für einen Wasserstoff-Elektrolyseur direkt von Windrädern, gibt es kein Problem. Bei Strom aus der Leitung ist es leider schwer zu sagen, ob die Elektronen von einem Windrad, einem Kernkraftwerk oder einem Kohlekraftwerk stammen. Die Emissionen seien dann im Zweifel höher als bei der Herstellung mit herkömmlichen Methoden.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und eine entspannte Osterzeit,
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Die europäische Umweltbranche schaut derzeit mit Neid in die USA: Die Biden-Regierung bringt das Land mit riesigen Investitionen und Subventionen auf die ökologische Überholspur. Dazu gehört auch die Produktion von grünem Wasserstoff, der eine Schlüsselrolle in der zukünftigen Energiewirtschaft spielen soll.
Der Teufel steckt dabei im Detail: Unter welchen Umständen bekommt Wasserstoff das Label “grün”, das ihm bescheinigt, zu 100 Prozent mit Wind- und Sonnenenergie hergestellt worden zu sein? Diese Bestimmungen muss die US-Steuerbehörde noch ausarbeiten, und zurzeit tobt ein Streit darüber. Sind sie zu restriktiv, könnte das den Ausbau der Wasserwirtschaft behindern. Sind sie zu lax, könnte sogar mehr CO₂ ausgestoßen werden als mit konventionellen Methoden.
Im Moment kostet industriell produzierter Wasserstoff, der zum Beispiel in der Düngemittelproduktion eingesetzt wird, auf dem Markt etwa ein bis zwei Dollar pro Kilogramm. Er wird als “grauer” Wasserstoff vor allem aus Erdgas erzeugt, was erhebliche Treibhausgasemissionen zur Folge hat. Wasserstoff mit Strom aus dem Netz zu erzeugen kostet vier bis acht Dollar pro Kilogramm, ist also offensichtlich unwirtschaftlich. Dort setzt der Abschnitt 45V des IRA an: Wer Wasserstoff mit Strom aus regenerativen Quellen erzeugt, der wird mit drei Dollar pro Kilogramm subventioniert.
Die Frage ist: Wann gilt Strom als grün? Die Antwort ist einfach, wenn ein Wasserstoff-Elektrolyseur direkt von Windrädern oder Solarzellen gespeist wird, die nicht am Stromnetz hängen. Kommt der Strom dagegen aus der Leitung, ist es schwer zu sagen, ob die Elektronen gerade von einem Windrad, einem Kernkraftwerk oder einem Kohlekraftwerk stammen.
In den vergangenen Monaten erregte eine Studie von Forschern der Princeton-Universität Aufsehen. Die Wissenschaftler simulierten einen möglichen Ausbau der Wasserstoffproduktion im Westen der USA bis 2030 und kamen zu dem Schluss: “Die subventionierte Wasserstoffproduktion mit Netzstrom hat das Potenzial, zu neuen Emissionen zu führen, die höher sind als die bei der Herstellung von Wasserstoff mit herkömmlichen Methoden.”
Der Studienleiter Wilson Ricks erläutert im Gespräch mit Table.Media: Nur wenn drei Bedingungen erfüllt sind, ist die Produktion von Wasserstoff mit Netzstrom wirklich umweltfreundlich.
Insbesondere die stündliche Abrechnung ist nun ein Zankapfel. “Wenn der Nachweis nur für das gesamte Jahr erbracht werden muss, dann können Firmen zum Beispiel Energiezertifikate kaufen”, erklärt Ricks. Diese Zertifikate seien im Moment sehr billig zu haben – das liegt vor allem daran, dass die Produktion von regenerativen Energien schon jetzt wirtschaftlich ist und kaum ein Wind- oder Solarfarmbetreiber auf den Handel mit diesen Zertifikaten angewiesen ist. Eine solche Abrechnung führe zu grünem Etikettenschwindel: “Sie werden dann ihre Wasserstoffanlagen rund um die Uhr laufen lassen, auch wenn nicht genügend erneuerbare Energie produziert wird.”
Mehrere große Umweltverbände haben die Studie zum Anlass genommen, von der Regierung strikte Bestimmungen zu fordern, vornehmlich die stündliche Abrechnung der Energiequellen. Dem gegenüber stehen die Energieerzeuger und auch die Mineralölkonzerne, die in der subventionierten Wasserstoffproduktion ein attraktives neues Geschäft sehen. Christopher McGrath, Sprecher von NextEra Energy, dem größten amerikanischen Erzeuger von regenerativen Energien, formuliert es so: “Wir sind der Meinung, dass die Herstellung von grünem Wasserstoff bei zu strengen Vorschriften unwirtschaftlich ist und die Sache eine Totgeburt wird.”
Ricks hält diese Argumente für “maßlos übertrieben”: “Ich habe Verständnis für das Argument, dass wir die Wasserstoffindustrie jetzt in Gang bringen müssen, wenn wir in den 2030er Jahren große Mengen Wasserstoff produzieren wollen.” Aber nach seinen Modellrechnungen könnte in sonnen- und windreichen Regionen der USA, etwa in Texas, mit den Subventionen schon heute wirtschaftlich grüner Wasserstoff produziert werden – auch unter strikten Regeln.
Das sehen sogar manche Hersteller von Elektrolyseuren so, die von den Subventionen profitieren würden: Das Schlimmste wäre, wenn in fünf Jahren alle Studien zeigen, dass diese Steuererleichterungen die Emissionen in die Höhe treiben”, sagte Paul Wilkins, Vizepräsident des Herstellers Electric Hydrogen, der Washington Post. Die Firma hat sich daher einem offenen Brief von Umweltorganisationen angeschlossen, der eine harte stündliche Abrechnung fordert.
Vielleicht kann sich die US-Steuerbehörde die Europäische Kommission zum Vorbild nehmen: Die konkretisierte im Februar die Regeln ihrer Richtlinie für erneuerbare Energien. Nach denen gilt Wasserstoff als grün, wenn er die drei Bedingungen erfüllt, die auch von den US-Umweltverbänden gefordert werden. Allerdings wird den Betreibern eine Frist eingeräumt: Die “Additionalität” der Energiequellen (also die Tatsache, dass es sich wirklich um zusätzliche regenerative Energie handelt) muss erst ab 2028 nachgewiesen werden, die stündliche Dokumentation ist sogar erst ab 2030 fällig. Christoph Drösser, San Francisco

In diesen Wochen werden die Weichen für eine EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (EU AI Act) gestellt. Hinter den Kulissen laufen hitzige Debatten über den Rechtsrahmen, die Gefahr von Irrwegen ist groß. Jetzt entscheidet sich, ob Europa in der alles verändernden Schlüsseltechnologie weiter zurückfällt oder zur Markenheimat rechtlich und ethisch vorbildlicher KI wird.
Dass KI-Sprachmodelle wie ChatGPT auch mal eloquenten Unsinn verzapfen können, hat sich inzwischen herumgesprochen. Doch wer steht für Fehler gerade, die auf diese Weise etwa in wissenschaftliche Texte geraten? Noch ist die Haftungsfrage für KI-Anwendungen, zu denen auch autonome Fahrzeuge zählen, in der EU gesetzlich nicht umfassend geregelt. Die Lücke füllen sollen der EU AI Act, dessen Ausgestaltung in der Fachwelt derzeit diskutiert wird, sowie neue Richtlinien zur Haftung für Software.
“Wir brauchen dringend einen Rechtsrahmen für eine faire, verständliche und transparente KI, der Innovation fördert und den Wettbewerb zwischen Big Tech und Start-ups nicht verzerrt”, sagt Philipp Hacker, Professor für Recht und Ethik der digitalen Gesellschaft an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Der 38-Jährige berät Politiker und Behörden europaweit in Sachen KI-Regulierung. “Die rasante Entwicklung der Technologie überfordert jetzt schon viele Regulierer”, sagt der Jurist – dabei werde das Tempo noch zunehmen. Praktisch alle Berufe seien betroffen, völlig neue Branchen zeichneten sich ab. Philipp Hacker: “Künstliche Intelligenz wird alles umkrempeln, ähnlich wie der Buchdruck und das Internet.”
Aufgabe der EU-Organe ist es nun, rechtliche Lösungen mit Weitblick zu schaffen. Nachdem die EU-Kommission 2021 einen Vorschlag für den EU AI Act veröffentlicht hatte, reagierte der Europäische Rat im Dezember 2022 mit einem eigenen Konzept; das Positionspapier des Europaparlaments wird bis Anfang Mai erwartet. Dann werden sich die kontroversen Diskussionen verschärfen, etwa zum Geltungsbereich des neuen Rechtsrahmens. “Fatal wäre es, wenn er, wie im Parlament favorisiert, auch einfache Automatisierungen adressieren würde”, sagt Philipp Hacker.
Beispiele dafür sind Rechenergebnisse, die mithilfe einer Excel-Tabelle entstehen oder Bilderkennungsprogramme, die nur zwischen Hund und Katze unterscheiden können. Er sei jedoch zuversichtlich, sagt der Rechtswissenschaftler, dass man sich im jetzt folgenden Trilog der EU-Organe auf das maschinelle Lernen als Hauptkriterium einigen werde.
Der EU AI Act, er tritt voraussichtlich Mitte 2025 in Kraft, würde dann nur für Systeme gelten, die sich selbst weiterentwickeln und an neue Situationen anpassen – wie das in Berlin trainierte autonome Fahrzeug, das sich auch in Duisburg zurechtfindet oder der ständig dazulernende Chatbot.
Für die Grundlagenforschung wird der EU AI Act nicht gelten. “Sie ist in Europa von etlichen rechtlichen Beschränkungen dieser Art befreit”, sagt Philipp Hacker. In den USA gebe es diese klare Wissenschaftsausnahme nicht. Im gesamten Bereich Forschung und Entwicklung seien urheberrechtliche Regeln zu beachten, sagt der Jurist – so müssen etwa die Trainingsdaten in KI-Projekten legal erworben worden sein.
Um diese Bedingungen etwa bei der Verwendung von Chatbots einhalten zu können, müssten die Anbieter ihre Quellen und Verfahren offenlegen. “Genau das macht Open AI derzeit nicht”, moniert Philipp Hacker. Rechtliche Kontrolle müsse in Zukunft vor allem bei der Entwicklung von KI-Systemen ansetzen und im nächsten Schritt einzelne Anwendungen in den Blick nehmen – vor allem in Hochrisikobereichen wie öffentlicher Verwaltung, Justiz oder Medizin, etwa im Bereich der Krebsdiagnostik. “Was wir unbedingt vermeiden sollten, ist eine Regulierung der Technologie als Ganzes, denn das würde ihre Entwicklung unnötig einengen”, sagt Hacker. “Auch für Schrauben gelten anwendungsbezogene Vorschriften, je nachdem, ob sie in einer Raumfähre oder einem Holzregal eingesetzt werden.”
Im EU AI Act sieht Philipp Hacker eine große Chance für Europa, das in der KI-Entwicklung noch deutlich hinterherhinkt. Er zitiert eine Studie von 2022, der zufolge weniger als 10 Prozent der generativen KI-Modelle aus Europa, 73 Prozent aus den USA und 15 Prozent aus China stammen. Stärken lasse sich die europäische Souveränität durch einen F&E-Schub innerhalb eines ethisch vorbildlichen Rechtsrahmens mit folgenden Kernelementen:
Das von Elon Musk initiierte sechsmonatige Moratorium für die KI-Entwicklung wird Philipp Hacker nicht unterschreiben: “Musk hinkt im Bereich generative KI hinterher und will jetzt die Konkurrenz ausbremsen.” Außerdem sei zu erwarten, dass China und Russland als führende Player sich nicht beteiligten, um ihren Vorsprung weiter auszubauen. Hacker: “Der Widerstand in der KI-Community gegen die Musk-Initiative ist groß.” Lilo Berg

Die deutschen Defizite sind hinlänglich bekannt: Für die Gesundheitsforschung wichtige Daten sind entweder gar nicht vorhanden, oder sie liegen verteilt in getrennten Datensilos. Sie werden in verschiedenen technischen Systemen gespeichert, die nicht miteinander “sprechen” können. Für die Forschung ist der Zugang oft unmöglich oder aufgrund der Vielzahl an Regularien und einzubindenden Stellen mit fast schon prohibitivem Aufwand verbunden. Gar unüberwindbare Hürden drohen bei datenintensiver Forschung, bei der Nutzung von Gesundheitsdaten für die Prävention oder bei der Hilfe für Menschen mit sehr seltenen Erkrankungen.
In kaum einem anderen Bereich wird noch so viel mit Papier und Faxgerät gearbeitet wie im Gesundheitssystem. In der Pandemie wurde weithin sichtbar, welche Nachteile das bringt. Sowohl für die öffentliche Gesundheitsvorsorge als auch für die Forschung – etwa zu Therapien und Impfstoffen, zu Wirkungen und Nebenwirkungen. Deutschland war auf Daten und Forschungserkenntnisse aus anderen Ländern angewiesen. So können die Forschung und das Gesundheitssystem weder das eigentlich im großen Maß vorhandene Innovationspotenzial entfalten noch die Bürgerinnen und Bürger von den Chancen der modernen Medizin profitieren.
Der rasche Zugang zu neuartigen Behandlungsmöglichkeiten droht verbaut zu werden. Der Wissenschaftsrat hat in seinen Empfehlungen zur Digitalisierung und Datennutzung in Gesundheitsforschung und Versorgung aus dem letzten Jahr deshalb klar betont: Falsch verstandener Datenschutz kann Menschenleben kosten.
Der Verweis auf die richtigerweise strengen europäischen Datenschutzregeln darf keine Ausrede sein. Das Beispiel von Ländern wie Dänemark, Estland, Österreich oder Finnland zeigt, dass der zwingend notwendige Schutz von Gesundheitsdaten einem modernen, digitalisierten Gesundheitssystem nicht im Wege steht. Im Gegenteil: Die Datenschutzgrundverordnung der EU setzt zwar im internationalen Vergleich sehr hohe Schutzstandards, doch sie ermöglicht selbstverständlich die Datennutzung für medizinische Versorgung und Forschung. Klug umgesetzt in deutsches Recht, würde sie erhebliche Vereinfachungen und Vereinheitlichungen im Flickenteppich des Datenschutzes hierzulande ermöglichen.
Ein chancenorientierter, forschungsfreundlicher Umgang mit Daten ist durchaus im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Schon jetzt erlauben viele bereitwillig, dass ihre Smartwatch Gesundheitsdaten erhebt und an global agierende Tech-Konzerne weitergibt – auf die öffentliche Forschung nur beschränkt und gegen Bezahlung Zugriff hat. Umfragen belegen, dass es in der Bevölkerung eine große Bereitschaft gibt, eigene Daten für Forschungszwecke bereitzustellen. Altruismus und Solidarität sollten nicht unterschätzt werden. So stimmen über 90 Prozent der in eine Studie befragten Krebspatientinnen und -patienten einer Datenspende zum Wohle anderer Betroffener zu, wenn ein verantwortungsvoller Umgang mit ihren Daten garantiert ist. Auch die Akzeptanz einer gut regulierten Nutzung von Daten durch die Industrie dürfte seit der Pandemie und dem Beispiel der Impfstoffentwicklung durch die deutsche Firma Biontech gestiegen sein.
Die nun vorgestellte Digitalisierungsstrategie des Gesundheitsministeriums entspricht in vielen Punkten den Positionen des Wissenschaftsrats. So soll die Nutzung von Gesundheitsdaten für die Forschung mit verschiedenen Maßnahmen ermöglicht werden. Dazu gehört etwa die sogenannte Opt-Out-Regelung für die elektronische Patientenakte: Sofern die Patientin und der Patient nicht aktiv widersprechen, werden ihre Daten in der elektronischen Patientenakte hinterlegt und gespeichert. Sie können dann datenschutzkonform für die Versorgung sowie – über das Forschungsdatenzentrum Gesundheit – für die Forschung genutzt werden. Dies wäre ein wichtiger Grundstein für eine digitale Vernetzung, die – alltagsfest und unkompliziert umgesetzt – allen nutzt. Profitieren würden Patientinnen und Patienten, das Gesundheitspersonal ebenso wie die Forschung.
Hierfür ist in der Umsetzung noch viel zu tun. Doch das Beispiel anderer Länder zeigt, dass und wie es geht. Die Digitalisierungspläne des Gesundheitsministeriums enthalten viele richtige Ideen. Nun heißt es, nicht länger zu diskutieren, sondern umzusetzen.
21. April 2023, 19:00 Uhr, BBAW, Einstein-Saal, Berlin
Podiumsdiskussion Den Fachleuten vertrauen? Über die Rolle von Expert:innen in der Demokratie Mehr
3. Mai 2023, 10:00-18:30 Uhr, Alte Münze, Berlin
Festival InnoNation Festival des Bundesverbands der Deutschen Industrie Mehr
3. Mai 2023, 18:00 Uhr, BBAW, Leibniz-Saal, Berlin
Podiumsgespräch, Reihe Geisteswissenschaften im Dialog Freiheit – wovon? wozu? Mehr
5. Mai 2023, 9:30-11:45 Uhr, Südwerk Bürgerzentrum Südstadt, Karlsruhe
Konferenz WissKon – NaWik-Konferenz für kommunizierende Forschende: Rücken- und Gegenwind für die Wissenschaftskommunikation Mehr
13. Mai 2023, 18.00-23:59 Uhr, BBAW, Einstein-Saal, Berlin
Salon Sophie Charlotte 2023 der BBAW Aufklärung 2.0 Mehr
Seit mehr als einem Jahr wird an einem Konzept für die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (Dati) gearbeitet. Nach mehreren Runden mit Stakeholdern sollte bis Ostern ein neues Papier seitens des BMBF vorgelegt werden. Noch warten sowohl die beteiligten Akteure als auch die Ausschussmitglieder vergeblich auf Post aus dem Ministerium. Immerhin, so heißt es aus informierten Kreisen, hat man sich in einigen Punkten geeinigt: Die Förderung durch die Dati soll akteursoffen erfolgen.
Das bedeutet, dass inhaltlich natürlich die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hauptadressaten der Förderung bleiben sollen, aber eben auch andere Organisationen Anträge stellen und Förderung erhalten dürfen. Hier stimmte wohl am Ende auch die SPD diesem Punkt zu, während zunächst die Grünen und dann auch die FDP bereits länger diese Position vertreten.
Weiterhin heißt es, dass die ersten Pilotförderrichtlinien noch in diesem Sommer veröffentlicht werden sollen. Dafür seien in diesem Jahr noch acht Millionen und im nächsten 15 Millionen Euro vorgesehen, heißt es aus dem Haushaltsausschuss. Insgesamt stehen für die Dati in diesem Jahr 50 Millionen Euro zur Verfügung, rund 35 Millionen sind allerdings noch gesperrt. Bis 2026 steigt das Budget auf rund 260 Millionen Euro pro Jahr. Trotz Sparmaßnahmen im Gesamthaushalt erwartet man seitens der Haushälter, dass diese Summen bei der Dati nicht angetastet werden.
Die Gründung der Dati selbst soll ebenfalls noch in diesem Jahr erfolgen. Ein enger Zeitplan. Doch die Akteure sind bereits ungeduldig. Viele außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sind auf Drittmittel aus dem BMBF angewiesen und warten dringend auf neue Ausschreibungen. Gerade hier ist man frustriert. Nicht nur ob der Länge des Stakeholderprozesses. Auch die Art und Weise, wie die Einbindung erfolgte, sorgt für Verärgerung. Statt miteinander in Workshops an gemeinsamen Zielen und Strategien zu arbeiten, wurden immer wieder Positionen und detaillierte Informationen abgefragt, die dann wiederum in Konzepte eingearbeitet wurden – oder auch nicht.
Gerade der Konflikt über die Hauptzielrichtung der Dati wurde damit nicht gelöst. Geht es vorrangig um regionale Innovationsförderung, eine gezielte Unterstützung für HAWs, oder um überregionalen Transfer? Vermutlich sollen nun alle drei Ziele gleichzeitig eine Rolle spielen und Fördermöglichkeiten in den Förderrichtlinien getestet werden. Mit Spannung erwartet werden auch Aussagen zu den Projektlaufzeiten (flexibel oder starr) sowie zum Besserstellungsverbot innerhalb der Dati-Projekte. mw
Der Koalitionsvertrag für Berlin steht. Nun ist es an Parteitag (CDU) und an den Mitgliedern (SPD), über diesen zu entscheiden. “Berlin ist einer der führenden, leistungsstärksten und vielfältigsten Wissenschafts- und Forschungsstandorte Europas”, heißt es in dem gemeinsamen Werk von SPD und CDU. Für die Entwicklung von Wissenschaft und Forschung ist einiges geplant.
Vermutlich der wichtigste Aspekt ist, die jährliche Steigerung der Grundfinanzierung von dreieinhalb auf fünf Prozent anzuheben. Die SPD hätte sich hier auch etwas mehr vorstellen können. Aber dort und auch in den Berliner Hochschulen ist man zufrieden mit dem Erreichten. Weiterhin möchte man die Autonomie der Hochschulen steigern. Ein Zeichen dafür ist, dass die Hochschulen künftig eigenständig Professoren berufen sollen.
Mit Spannung erwartet wurde eine Entscheidung zum Paragraf 110 des Berliner Hochschulgesetzes, der Postdocs eine Entfristungszusage sichern sollte. Ergebnis: Dieser bleibt ausgesetzt. Die Frist bis zum 1.1.2025 soll gewährleisten, dass bis dahin eine Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichts über einen Normenkontrollantrag der damaligen Oppositionsparteien CDU und FDP vorliegt. Es wäre zudem hilfreich, die bis dahin vermutlich fertige Novelle des WissZeitVG abzuwarten, um dann die eigene Regulierung entsprechend auszurichten.
Ina Czyborra, Sprecherin für Wissenschaft und Forschung der Berliner SPD-Fraktion, bezeichnete dieses Vorgehen auf Anfrage von Table.Media als vernünftig, auch wenn man seitens der SPD weiterhin für den § 110 kämpfe. TU-Präsidentin Geraldine Rauch sieht die Vereinbarung als “einen erneuten Rückschritt für gute Beschäftigungsbedingungen im akademischen Mittelbau”. Dies sei – nach dem Entwurf für das WissZeitVG des BMBF – die “zweite schlechte Nachricht für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler innerhalb weniger Tage”.
Der Grundsatz, dass aus Grundmitteln finanzierte Stellen unbefristet sein sollen, soll weiterhin gelten – allerdings lediglich für Stellen, die nicht der wissenschaftlichen Qualifizierung dienen. Von den Qualifizierungsstellen wiederum sollen “ausreichend” zur Verfügung stehen. Darüber hinaus will man den Ausbau von Tenure-Track-Stellen “unterstützen”. Dies wird aber weder den Hochschulen ins Auftragsbuch geschrieben, noch finanziell unterfüttert.
Stärken möchte man auch die Lehrkräfteausbildung. Allerdings nicht mit dem von den Gewerkschaften geforderten Ziel von 3.000 Absolventen im Jahr. 2.500 nimmt man in den Blick. Dafür soll es neben den jährlichen Aufwüchsen extra Geld geben, versichert Czyborra.
Mit Geld unterfüttert sei auch die “Offensive für Baumaßnahmen“. “Eine Entbürokratisierung beispielsweise über Globalbudgets sei zwar nicht verabredet, Baubeschleunigung bleibt aber auf der Tagesordnung”, sagt Czyborra.
Bleibt der Punkt Transfer: Wenig Neues gibt es bei der Wissenschaftskommunikation. Bewährtes wie das Naturkundemuseum, die Lange Nacht der Wissenschaften oder die Science Week soll gestärkt werden. Eventuell wird es einen zusätzlichen “Preis für gute Wissenschaftskommunikation” geben.
Im Bereich des Technologietransfers und der Gründungen ist die zentrale “Entrepreneurship Education- und Incubation-Einheit” wohl ein Platzhalter. Immerhin hat man erkannt, dass es hier eine zentrale und professionelle Organisation braucht, die exzellente Forschung dann auch in Neugründungen und letztlich Jobs übersetzt. Als Vorbild gilt vermutlich München mit der UnternehmerTUM, auch wenn das Stichwort offiziell bisher nicht fiel. mw
Der Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige Rektor der Universität Wuppertal Lambert T. Koch steht künftig dem Deutschen Hochschulverband (DHV) vor. Auf dem DHV-Tag am Dienstag in Berlin wählten die Delegierten den 57-Jährigen mit großer Mehrheit zu ihrem Präsidenten, teilte der Verband mit. Koch übernimmt das Amt von dem Völkerrechtler Bernhard Kempen (63), der fast 20 Jahre an der Spitze des DHV stand.
Zu Beginn seiner Präsidentschaft äußerte sich Koch zum Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik. Ob in diesem Spannungsfeld zu wenig Distanz herrscht oder ob beide gar enger zusammenrücken müssen, war Thema der Vorträge und Diskussionen auf dem DHV-Tag. Thematisiert wurde dabei auch die Gefahr der Vereinnahmung durch die Politik. Der DHV setzt ganz klar auf politische Zurückhaltung. Die Wissenschaft könne zu strittigen Fragen in der Regel keinen abschließenden Schiedsspruch fällen, sagte Koch. Sie könne aber Debattenräume für die Gesellschaft öffnen.
Zwar sei es durchaus sinnvoll, wissenschaftsübergreifend vorhandenes Wissen institutionell zu bündeln und für politische Entscheidungen zur Verfügung zu stellen. “Ein allgemeines Mandat, zentral und abschließend im Namen der Wissenschaft mit ihren Teilgebieten zu sprechen, kann damit allerdings nicht verbunden sein. Wissenschaft lebt auch weiterhin von Vielfalt und konstruktivem Disput”, sagte Koch.
Insbesondere sollte ein Professorentitel oder ein herausgehobenes Amt in einer wissenschaftlichen Institution nicht dazu verleiten, politisch motivierte Äußerungen als wissenschaftsbasiert zu maskieren. Koch: “Wenn dies dennoch geschieht, nehmen die Person und mithin die Wissenschaft Schaden.” abg
Ein Forscherteam um Feng Zhang vom Broad Institute in Cambridge, USA, hat in Nature eine programmierbare molekulare Spritze für Zelltherapien beim Menschen vorgestellt. Die von Bakterien abgeschaute Mikromaschine könnte in der Medizin neue Wege eröffnen: Sie injiziert einen Wirkstoff exakt in gewünschte Zellen. Während erste Gentherapien auf der Basis des Genome Editing für Erbkrankheiten aktuell kurz vor einer Zulassung stehen, gibt es für viele weitere klinische Wirkstoffe und Therapien bisher noch eine große Hürde: Sie müssen im Körper zunächst in die richtigen Zielzellen gelangen, bevor sie in den jeweils erkrankten Geweben ihre Wirkung entfalten können.
Die programmierbare molekulare Spritze soll genau diese Funktion nun bewerkstelligen können. In der Studie berichtet das Team um Feng Zhang, Mitentdecker des Cripsr-Cas9-Systems, über die Grundlagen des bakteriellen Proteintransporters, der auf Basis sogenannter extracellular Contractile Injection Systems (eCIS) funktionieren soll. Diese natürlichen molekularen Spritzen erlauben es einer Vielzahl von Mikroorganismen, in die Zellen ihrer Wirte einzudringen und deren Stoffwechsel zu ihren Gunsten zu manipulieren. Als makromolekulare Nanomaschinen binden eCIS an ihre Zielzellen und spritzen ihre Proteinladung dann direkt durch die Zellmembran. nik
SZ – Sind wir für die nächste Pandemie gewappnet? Die Bestandsaufnahme von neun Herausforderungen in diesem Bereich zeigt: Es hat sich noch nicht genug verändert. So ist zum Beispiel die systematische Überwachung der Virusverbreitung durch Abwasseranalysen noch längst nicht in allen Bundesländern etabliert, die Digitalisierung des Gesundheitswesens hinkt weiter hinterher, ebenso die Verbesserung der Gesundheitskommunikation. Und auch von einem Impfregister fehlt jede Spur. Mehr
Tagesspiegel – Bioethikrat bei Bayer: “Künstliche Intelligenz wird das gesamte Gesundheitswesen verändern”. Der neu gegründete Ethikrat des Pharmakonzerns Bayern befasst sich mit KI in der Medizin und mit Zell- und Gentherapien. Im Interview erläutern der Stammzellenexperte Andreas Kurtz von der Charité Berlin und Michael Devoy, medizinischer Direktor von Bayer, die Arbeit und die Themen des Gremiums. Mehr
El Pais – One of the world’s most cited scientists, Rafael Luque, suspended without pay for 13 years. Der spanische Chemiker Rafael Luque zählt zu den meistzitierten Forschern der Welt. Wegen seiner Tätigkeit für Institutionen in Saudi-Arabien und Russland wurde er von der Universität Córdoba für die nächsten 13 Jahre ohne Gehalt suspendiert. Es gibt einige Ungereimtheiten rund um seine Tätigkeit, unter anderem Hinweise darauf, dass der Forscher sich die Mitautorschaft in einigen seiner Publikationen erkaufen konnte. Mehr
Deutschlandfunk Kultur – Instrumentalisierung. Wenn Politiker gezielt wissenschaftliche Gutachten anfordern. Wissenschaft ist ein offener Prozess und auf Widerspruch angewiesen. Politik dagegen zielt auf Ergebnisse, Geltung und Entscheidungen, sagt die Politologin Barbara Zehnpfennig im Interview. Die beiden Strukturen seien nicht gut kompatibel. Probleme sieht sie dann, wenn Politiker sehr gezielt Expertise einholen und wenn aus wissenschaftlichen Ergebnissen direkte Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Mehr

Ob es um Energie, Mobilität oder Digitalisierung geht – die Transformationen in Deutschland dauern viel zu lange. Das bemängelt die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) nicht erst seit ihrem aktuellen Gutachten. Ihr Vorsitzender Uwe Cantner macht keinen Hehl daraus, dass ihn die Verzögerungen auch persönlich beschäftigen: “Dass in den letzten Jahren so wenig passiert ist, ärgert mich schon“, sagt er – allem Verständnis für die Folgen der Ukrainekrise zum Trotz. In Vorgesprächen habe es zum Beispiel gute Ideen dafür gegeben, die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Ministerien durch ressortübergreifende missionsorientierte Teams zu stärken: “Dass das nicht aufgeschrieben und verabschiedet wurde, ist enttäuschend”.
Trotzdem aller Kritik an und aller Nähe zur Politik gibt der Wissenschaftler zu: Zuhause ist und bleibt er in der innovationsökonomischen Forschung, deren Erkenntnisse politikrelevant sind und weitergegeben werden sollen. Seine Leidenschaft ist es ist, Forschungsfragen zu konzipieren und zu analysieren, Texte zu schreiben, Handlungsempfehlungen abzuleiten, mit Politikern zu diskutieren. Tauschen möchte er also nicht mit denjenigen, für die er Ideen entwickelt: “Gute Vorschläge im großen politischen Kontext umzusetzen, das ist eine wahnsinnige Kärrnerarbeit – ich weiß nicht, ob ich selbst der Typ dafür wäre.”
Der Wirtschaftswissenschaftler ist stolz darauf, dass es ihm an der Uni Jena gelungen ist, innerhalb von wenigen Jahren eine Forschungskooperation mit dem damaligen Max-Planck-Institut für Ökonomik aufzubauen und dort zwei Doktorandenprogramme zu akquirieren, die einen großen Einfluss auf die innovationsökonomische Forschung haben. Auch persönlich fühlen sich der 62-Jährige und seine Partnerin, die – nicht gemeinsam, aber in Summe – drei Kinder und einen Enkel haben, in diesem Teil der Republik wohl: “Wir gehen sehr gerne ins Theater, in die Oper, in Galerien und Kunstsammlungen – Weimar hat ein exklusives Kulturprogramm – und wir fahren auch gerne nach Dresden, Leipzig, Berlin oder Hamburg”.
Augsburg ist ein wichtiger Standort in der wissenschaftlichen Karriere und im persönlichen Leben von Uwe Cantner. Dort ist er aufgewachsen, dort hat er über dreißig Jahre gelebt und nach wie vor besucht er dort gerne seine Eltern und seinen Bruder. Die sind übrigens dafür verantwortlich, dass Uwe Cantner überhaupt Wirtschaftswissenschaften studiert und damit den Grundstein für seine spätere Karriere gelegt hat. Er startete mit BWL und entdeckte während eines Auslandsjahrs in den USA sein Interesse für die Volkswirtschaftslehre, der er sich daraufhin widmete. Diese Entscheidungen habe er bis heute nicht bereut, auch wenn er immer schon ein Herz für die Chemie gehabt habe, erzählt er augenzwinkernd: “Ich höre ganz besonders genau hin, wenn Chemiker-Kollegen von ihrer Arbeit erzählen”.
Überhaupt liebt Uwe Cantner den Austausch mit Kollegen. Regelmäßig fährt er für ein Workshop-Programm oder eine Summer School mit Nachwuchswissenschaftlern zur Süddänischen Universität, wo er eine Zweitprofessur innehat. Mit ehemaligen Kollegen aus dem Institut oder aus den Doktorandenprogrammen trifft er sich regelmäßig auf Rügen oder zu gemeinsamen Ski-Reisen: “Da tauschen wir uns auch privat und fachlich aus, bis in die Nächte hinein.” Janna Degener-Storr
Christian Andres übernimmt zum 1. Mai 2023 das Rektorat der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar bei Koblenz und in Düsseldorf. Andres ist an der WHU Inhaber des Lehrstuhls für Empirical Corporate Finance. Er folgt auf Markus Rudolf (56), der 2015 Rektor der WHU wurde.
Benedikt Fecher ist neuer Geschäftsführer von Wissenschaft im Dialog. Fecher ist Wissenschaftsforscher und leitete von 2017 bis zu seinem Wechsel zu WiD das Forschungsprogramm “Wissen & Gesellschaft” am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft.
Fabian-Simon Frielitz ist an die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg berufen worden und besetzt dort die W2-Professur für Telemedizin, Digitalisierung und Ökonomie in der Medizin an der Universitätskinderklinik. Der Gesundheitsökonom und Jurist war zuvor als wissenschaftlicher Koordinator am Zentrum für Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung Lübeck sowie am Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie an der Universität zu Lübeck tätig.
Max Löhning übernimmt zum 1. April den Vorsitz des Stiftungsrats der Schering Stiftung. Der Immunologe und Arthroseforscher folgt auf Stefan H.E. Kaufmann, dessen Mandat satzungsgemäß am 30. März endete.
Geraldine Rauch, Präsidentin der TU Berlin, wurde zur Vorsitzenden des Board of Directors der ENHANCE-Allianz gewählt. Der Zusammenschluss, dem außer der TU Berlin sechs weitere europäische Universitäten angehören, wurde 2019 mit dem Ziel gegründet, einen gemeinsamen europäischen Hochschulcampus frei von physischen, administrativen oder akademischen Barrieren zu schaffen.
Bernd Scholz-Reiter übernimmt geschäftsführend das Amt des HRK-Präsidenten. Der HRK-Vizepräsident für Internationale Angelegenheiten und ehemalige Rektor der Universität Bremen, führt die Geschäfte bis zur Wahl eines neuen HRK-Präsidenten. Peter-André Alt hat sein Amt vorzeitig zur Verfügung gestellt, um die Verantwortung für den Aufbau einer neuen Wissenschaftsstiftung in Berlin zu übernehmen.
Christiane Stehle hat zum 1. April die Verantwortung als Vorstandsvorsitzende an der Universitätsmedizin Rostock übernommen. Die Fachärztin für Anästhesie und Intensivmedizin war im Oktober 2022 als neue Ärztliche Vorständin nach Rostock gewechselt.
Bildung.Table: Für ein echtes Kooperationsverbot!”. Die Länder wollen die bildungspolitische Alleinverantwortung: Geben wir sie ihnen! Dieter Dohmen, Direktor des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomik, sieht keine Zukunft für die Bildungspolitik des Bundes. Es brauche eine stärkere Zivilgesellschaft, die kontrolliert – und den Kultusminister des Jahres kürt. Ein erfrischender Debattenbeitrag. Mehr
Bildung.Table: Datenschutzbehörden nehmen ChatGPT ins Visier. Bei den Datenschutzbehörden der Länder ist das KI-Programm ChatGPT zum Beobachtungsfall geworden. “Die Taskforce KI der Datenschutzkonferenz hat das Thema übernommen”, sagte die Vorsitzende des Gremiums, Schleswig-Holsteins Datenschützerin Marit Hansen, Table.Media. Kommt jetzt das ChatGPT-Verbot in Deutschland? Mehr
Africa.Table: Fortschritte bei Wasserstoff in Namibia. Bei einer international besetzten Panel-Diskussion hat Enertrag CEO Gunar Hering über Fortschritte beim Projekt Grüner Wasserstoff in Namibia berichtet. Die brandenburgische Enertrag ist am namibischen Hyphen-Konsortium beteiligt, das im Süden des Landes 300.000 Tonnen Grünen Wasserstoff jährlich produzieren will. Mehr
Security.Table: Airbus und Fraunhofer-Institut: Debatte um KI in Waffensystemen. In einem Offenen Brief plädierten Informatiker und Unternehmer wie der Tesla-Chef Elon Musk kürzlich für eine Entwicklungspause bei Künstlicher Intelligenz (KI). Mehr
Am vergangenen Sonnabend verkündete Julian Schmitz, Professor für Kinder- und Jugendpsychologie an der Universität Leipzig, er fühle sich geehrt, die Leitung des RKI zu übernehmen. Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen erhalte damit einen zentralen gesellschaftlichen und institutionellen Stellenwert. Kaum war sein Tweet in der Welt, hagelte es Reaktionen. Die einen gratulierten umgehend – darunter auch die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt. Andere begriffen direkt, dass es sich um einen Aprilscherz handelte und spielten mit. “Die hatten mir nicht gesagt, dass ich in einer Doppelspitze arbeiten soll”, twitterte etwa der Mediziner Marc Hanefeld.
Nicht alle fanden die Sache witzig. “Etwas Falsches verbreiten, was eventuell stimmen könnte, ist kein Scherz, sondern Fake News”, schrieb der Physiker und Autor Florian Aigner. Tatsächlich veröffentlichten Zeitungsredaktionen die Personalie, zum Teil immerhin mit Fragezeichen in der Überschrift. Daraufhin klärte Schmitz seinen Scherz auf und bekräftigte, dass es ihm um Kinderrechte und Kindeswohl gehe. Ob die Botschaft angekommen ist, lässt sich schwer beurteilen. Aufsehen hat Schmitz mit dieser neuen Scherzart auf jeden Fall erregt.
Gäbe es ein Ranking wissenschaftlicher Aprilscherze, so würde das Julius-Kühn-Institut (JKI) in diesem Jahr den zweiten Platz belegen. Es sei gelungen, ein Fischgen in Weizen einzukreuzen und ihn so flutresistent zu machen, meldete es via Twitter. Als Nächstes wolle man ein Gen des Himalaya-Steinsalzes in die neue Sorte einkreuzen, um dadurch den Anbau im Wattenmeer zu ermöglichen.
Wer gratulierte? Ex-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Sie schrieb: “Deshalb haben wir immer in Forschung investiert. Denn dem Klimawandel werden wir auch durch Innovation und neue Züchtungen begegnen können!”. Sie scheint jedoch nicht auf den JKI-Scherz reingefallen zu sein. Zumindest erklärte sie wenig später, nur April-Scherz-Pingpong zu betreiben. Zugleich signalisierten einige gehässige Kommentare, dass Aprilscherze mit Gentechnik-Kontext hierzulande nicht bei allen gut ankommen. Dabei sind sie international im Trend: Die Redaktion des Economist berichtete, es sei per Genomeditierung gelungen, die Ähren von Getreidepflanzen so zu verändern, dass sie wie Ohren funktionieren. Die musikalische Gerstensorte Fortissimo wachse schneller, wenn ihr bestimmte Töne vorgespielt werden. Ein Aprilscherz der klassischen Art. Anne Brüning