Table.Briefing: Research

Fuldas Rücktritt und die Macht der Forschungsjäger + Stark-Watzingers Zeitenwende in der Sicherheitsforschung + Mai Thi drängt es in die Politik

Liebe Leserin, lieber Leser,

Chip-Herstellung und Künstliche Intelligenz werden immer mehr zu Waffen im geopolitischen Wettstreit, heißt es im neusten Security Report, der anlässlich der am Freitag startenden Münchner Sicherheitskonferenz herausgegeben wird. Dass sich die Forschungspolitik mit den neuen Herausforderungen an die Forschungssicherheit auseinandersetzen wird, erklärt auch Bettina Stark-Watzinger. Sie wird auf dem Sicherheitsgipfel in mehreren Expertenrunden mitdiskutieren.

Wie zu hören ist, soll wohl verstärkt bei der Umsetzung neuer sicherheitspolitischer Leitplanken gehandelt werden. Dabei gelte es, eine Balance zwischen Wissenschaftsfreiheit und sicherheitspolitischen Fragen zu wahren. Auf der Sicherheitskonferenz spricht Watzinger folgerichtig über die  “Conversation on Research Security” und den verantwortungsvollen Einsatz von KI als Beitrag zu einer zukunftssicheren Demokratie. Unser Autor Manfred Ronzheimer berichtet über die sicherheitsforschungs-politische Zeitenwende.

Nicht wenige finden: Die Medizinerin Simone Fulda hat ihr Amt an der Spitze der Kieler Uni ungewöhnlich schnell zur Verfügung gestellt. Eigentlich müssen die Vorwürfe der Datenmanipulation in langwierigen Verfahren erst geprüft werden, bis dahin gilt auch für die Präsidentin der Universität Kiel die Unschuldsvermutung. Der Vorwurf als solcher begründet somit nicht die Geschwindigkeit, mit der der Rücktritt erfolgte.

Über die Hintergründe und die Auslöser des Weggangs wie auch über den Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens wird in der Wissenschafts-Community heiß diskutiert. Meine Kollegin Anne Brüning hat den aktuellen Stand der Erkenntnisse für Sie recherchiert, mit Experten für Bildmanipulation gesprochen und den Studien-Checker gecheckt.

Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre,

Ihre
Nicola Kuhrt
Bild von Nicola  Kuhrt

Analyse

Umgang mit Manipulationsvorwürfen: Was über den Rücktritt der Kieler Unipräsidentin bekannt ist

Wenige Tage nachdem bekannt wurde, dass ihre Arbeiten unter Manipulationsverdacht stehen, hat Simone Fulda ihr Amt als Präsidentin der Christian-Albrechts-Universität Kiel zur Verfügung gestellt. Leonid Schneider, Biologe und Fälschungsjäger, hatte in seinem Blog “For Better Science” über wiederholte Bildmanipulationen in Publikationen Fuldas und anderer Wissenschaftler berichtet.

Wer ist der Blogger Leonid Schneider?

Leonid Schneider sei in der Forschungscommunity als “hartnäckiger Fälschungsjäger” bekannt, sagt Ralf Neumann, Chefredakteur des Laborjournals. Schneider ist Biologe, arbeitete nach der Promotion zunächst in der Forschung und ist seit 2015 Wissenschaftsjournalist, Cartoonist und Betreiber des Blogs “For Better Science”. “Leonid Schneider hat einige Jahre auch mit uns zusammengearbeitet und mehrere Fälschungsfälle aufgearbeitet”, sagt Neumann. Das Laborjournal habe sich 2016 aber von ihm getrennt, weil es sein aggressives Vorgehen bei der Recherche nicht mehr mittragen konnte. Auch andere Experten stoßen sich an dem aggressiven, spöttischen und beleidigenden Ton seiner Texte. “Ich fürchte, damit tut er sich und der Sache manchmal keinen Gefallen. Denn damit können die von ihm häufig zu Recht angeprangerten Missstände mit formalen Argumenten zurückgewiesen werden. Dabei geht es ihm eigentlich darum, das System zu verbessern”, sagt Ulrich Dirnagl vom Quest Center for Responsible Research am Berlin Institute of Health.

Welche Qualität hat der Blog?

Schneiders Vorwürfe hätten hinsichtlich der Inhalte in aller Regel Substanz, sagt Neumann, “nicht zuletzt deswegen, da sie meist schon zuvor von aktiven Forscherinnen und Forschern auf der Diskussions-Plattform PubPeer vorgebracht wurden”. Schneider war etwa an der Aufdeckung des Forschungsbetrügers Paolo Macchiarini beteiligt. “Es ist wichtig, dass es Whistleblower gibt, die wissenschaftliches Fehlverhalten aufdecken. Und es ist kein gutes Zeugnis für das Wissenschaftssystem, wenn diese Hinweise meistens nur von außen kommen”, sagt Dirnagl.

DFG hat noch nicht über Einleitung einer förmlichen Untersuchung entschieden

Was lässt sich zu den Manipulationsvorwürfen sagen?

Simone Fulda hat die Vorwürfe zurückgewiesen und ist überzeugt, dass die Überprüfung sie freizeichnen wird. Henrik Müller, Wissenschaftsjournalist und promovierter Biophysiker, der unter anderem für das Laborjournal schreibt, hat sich die 26 Publikationen angesehen, um die es geht. “Mich überzeugen nicht alle Vorwürfe, aber bei etwa drei Viertel der Bilder – es geht meist um sogenannte Western-Blot-Analysen, die das Ergebnis von Protein-Auftrennungen dokumentieren – sehe ich Anlass für eine Überprüfung der Originaldaten.” Eine andere Frage sei jedoch, ob Fehler oder etwaige Manipulationen tatsächlich Frau Fulda zulasten zu legen sind.

Wie ist der Stand der Untersuchungen im Fall Simone Fulda?

Die DFG führt Untersuchungen zu Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens in einem mehrstufigen Verfahren durch. Die erste Stufe ist eine nicht-förmliche Vorprüfung, in der es um Bezüge zur DFG geht. “Im Fall von Frau Fulda ist die DFG weiterhin im Stadium der Vorprüfung durch die Geschäftsstelle”, teilte ein Sprecher am Mittwoch mit. Eine Entscheidung über eine Einleitung einer förmlichen Untersuchung durch den DFG-Untersuchungsausschuss sei noch nicht erfolgt.

Ob die Universität Ulm, an der Fuldas Mentor Klaus-Michael Debatin forscht, bereits ein ähnliches Vorverfahren eingeleitet hat, ist unklar. Aufgrund des vertraulichen Verfahrens könne und dürfe man über das Prüfungsstadium der Vorwürfe nichts mitteilen. Debatin ist an einem Großteil der 26 derzeit im Fokus stehenden Publikationen beteiligt.

Schneider: “Es ging nicht um Fulda, sondern ihren Mentor Debatin”

Wie wird für gewöhnlich mit Manipulationsvorwürfen umgegangen?

Wenn ein Manipulationsverdacht aufkommt, seien normalerweise sowohl die betroffenen Journale als auch die Arbeitgeber und Forschungsförderer gefragt, den Vorwürfen nachzugehen, sagt Henrik Müller. Vor allem bei lange zurückliegenden Veröffentlichungen versande das jedoch häufig, weil die Motivation gering sei, zurückliegende Erfolge zu hinterfragen. Voruntersuchungen seien in der Regel nach ein paar Wochen abgeschlossen, Hauptuntersuchungen dauerten oft einige Monate.

Den Rücktritt Fuldas nennen viele ungewöhnlich schnell. Warum?

Der Blogartikel wurde am 22. Januar veröffentlicht, am 7. Februar erschienen erste Medienberichte, am 10. Februar gab Fulda ihren Rückzug bekannt. Das Tempo ist ungewöhnlich und deutet auf zusätzliche Gründe hin. “Der Vorwurf als solcher begründet nicht die Geschwindigkeit, mit der der Rücktritt erfolgte”, sagt Birgitt Riegraf, Präsidentin der Universität Paderborn. Sie erkennt in den Vorgängen das Muster des “Drehtüreffekts”: Frauen in Führungspositionen werden besonders kritisch beobachtet und schnell wieder hinauskatapultiert (siehe Interview). “Es ging ursprünglich gar nicht um Fulda, sondern um Debatin, ihren Mentor”, sagt Leonid Schneider auf Anfrage von Table.Media. Von Vorwürfen wie “Hetzjagd auf erfolgreiche Frau” distanziert er sich.

Auch Lübeck sucht neue Präsidentin

Welche Rolle spielt die Exzellenzstrategie?

Das Timing des Rücktritts kurz nach der Exzellenzcluster-Enttäuschung am 2. Februar wird ebenfalls als Grund für Fuldas Entscheidung genannt. Die Uni Kiel war mit drei neuen Anträgen ins Rennen gegangen, keiner davon war erfolgreich. Wenn im Verlauf des Wettbewerbs auch die beiden bereits existierenden Cluster nicht erfolgreich sind, ist der Traum aus, in den Kreis der Exzellenzuniversitäten aufzurücken. Birgitt Riegraf findet es auffällig, “dass die Vorwürfe der Datenmanipulation gerade zum jetzigen Zeitpunkt so öffentlichkeitswirksam bearbeitet werden”. Denn an anderen Universitäten, die aktuell nicht erfolgreich waren, gab es keine Rücktritte. Ob universitätsinterne Machtkämpfe oder andere Partikularinteressen eine Rolle spielten, lässt sich nur spekulieren.

Was bedeuten der Rücktritt und die Exzellenz-Enttäuschung für Landeswissenschaftsministerin Karin Prien?

In Schleswig-Holstein muss nun nicht nur die Spitze der Universität in Kiel neu besetzt werden, sondern auch die in Lübeck. Am gestrigen Mittwoch wurde bekannt, dass Tiziana Margaria vor Amtsantritt wieder abgewählt wurde. Es habe keine Einigung über die Bedingungen für das Kommen erzielt werden können. Die Opposition wirft Ministerin Karin Prien Versäumnisse vor.

  • Exzellenzstrategie
  • Forschung
  • Forschungspolitik
  • Frauen
  • Universitäten
  • Wissenschaft

Interview

Birgitt Riegraf: “Weibliche Hochschulleitungen stehen nach wie vor unter besonders kritischer Beobachtung”

Birgitt Riegraf ist Soziologin und noch bis Ende März Präsidentin der Universität Paderborn. Als sie ihre Amtszeit 2018 antrat, war sie die erste Frau an der Spitze der Institution.

Frau Riegraf, als Präsidentin der Universität Paderborn kennen Sie die Arbeitssituation weiblicher Hochschulleitungen aus der Praxis. Was sagen Sie zu dem Fall Simone Fulda?

Zunächst einmal ist das hohe Tempo der Geschehnisse auffällig. Schließlich müssen die Vorwürfe der Datenmanipulation in langwierigen Verfahren erst geprüft werden, bis dahin gilt auch für die Präsidentin der Universität Kiel die Unschuldsvermutung. Der Vorwurf als solcher begründet nicht die Geschwindigkeit, mit der der Rücktritt erfolgte.

Als Soziologin befassen Sie sich auch wissenschaftlich mit Frauen in Führungspositionen. Etwa mit dem Phänomen des Drehtüreffekts – also der Tatsache, dass weibliche Führungskräfte, die es schaffen, in eine Männerdomäne vorzudringen, besonders kritisch beobachtet und oftmals schnell wieder hinauskatapultiert werden. Passt Simone Fuldas Rückzug in dieses Muster?

Die Universität Kiel teilt mit vielen anderen Universitäten die Erfahrung des Scheiterns in diesem hoch kompetitiven Exzellenzwettbewerb. In anderen Universitäten führt dies aber nicht zu Rücktritten der Universitätsleitung. Auffällig ist zudem, dass die Vorwürfe der Datenmanipulation gerade zum jetzigen Zeitpunkt so öffentlichkeitswirksam bearbeitet werden. Die Verbindung beider Geschehnisse, über die zum einen die fachliche Kompetenz der weiblichen Hochschulleitung infrage gestellt wird und sie zum anderen für das Scheitern im Exzellenzwettbewerb verantwortlich gemacht wird, passt zum “Drehtüreffekt”.

Ein übliches Argument: inadäquater Führungsstil

Was bedeutet das für Frauen, die eine Hochschule leiten?

Im Moment deutet vieles darauf hin, dass es bei Hochschulleiterinnen wesentlich häufiger zu Rücktritten, Enthebungen oder Nichtwiederwahl kommt. Übliche Argumente sind ein inadäquater Führungsstil, mangelnde Strategiefähigkeit und fehlende Durchsetzungskraft. Ein weiteres beliebtes Argument ist, die Rektorin oder Präsidentin habe “nicht in die Kultur der Hochschule gepasst”, was immer das dann im Detail bedeutet. Dies sind sehr unscharfe und interpretationsoffene Kriterien. Klar ist: Auf dieser Führungsebene können Wissenschaftlerinnen nicht mehr aufgrund fehlender formaler Qualifikation kritisiert werden, denn die ist ja zumindest in aller Regel unzweifelhaft vorhanden. Deshalb rücken andere Aspekte in den Vordergrund.

Welche sind das?

Weibliche Hochschulleitungen stehen nach wie vor unter besonders kritischer Beobachtung. Bei ihnen werden Management- und Führungskompetenz per se nicht vorausgesetzt. Sie müssen diese in ständigen neuen Bewährungsproben immer wieder unter Beweis stellen und es wird ein wesentlich höherer Maßstab angelegt. Männlichen Kollegen hingegen wird Kompetenz eher von vornherein zugeschrieben. Und wenn sie Fehlentscheidung treffen, dann wird dies weniger als Inkompetenz gewertet, sondern als Risikofreudigkeit anerkannt. 

“Netzwerke und Seilschaften spielen eine wesentliche Rolle”

Von den 182 Hochschulen in Deutschland werden nur 52, das sind knapp 29 Prozent, von einer Rektorin oder Präsidentin geleitet. Wie weit ist der Weg zur Geschlechteregalität noch?

Die einschlägige Forschung zeigt, dass sich die Entwicklung nicht linear vollzieht. Steigt der Frauenanteil etwa auf 15 bis 40 Prozent, verstärkt sich zunächst der Gegenwind. In dieser “Shaking-up-Phase” werden eingespielte Netzwerke und Seilschaften infrage gestellt, die Widerstände regen sich. Netzwerke und Seilschaften spielen im Wissenschaftsbereich eine wesentliche Rolle, etwa bei der Besetzung von Leitungspositionen. Der Prozess in Richtung Egalität vollzieht sich also eher in Abwehr- als in Aufbruchsphasen.

Sind Hochschulen in den Führungsetagen besonders verkrustet?

Wir wissen darüber zu wenig, aber aus den großen DAX-Unternehmen kennen wir ähnliche Prozesse. Diesbezüglich haben wir erheblichen Forschungsbedarf, es fehlen verlässliche Daten.

“Ein Bewusstsein für die ausgrenzenden Mechanismen schaffen”

Ihre sechsjährige Amtszeit endet turnusgemäß im März. Sie sind nicht erneut angetreten. Warum?

Als ich realisierte, dass Anerkennung und Wertschätzung bei noch so großem Erfolg ausbleiben, sondern ganz andere Mechanismen zum Tragen kommen, war es Zeit zu gehen und sich aus Selbstschutz unterstützendere Arbeitskontexte zu suchen. Diese Erfahrung ist nicht ungewöhnlich für Frauen in für sie untypischen Arbeitsbereichen. Es ist ein Aspekt des “Drehtüreffekts”.

Verändern sich Frauen im Laufe ihrer Karriere?

Wir müssen dies eher als strukturelles Phänomen betrachten: Die Minderheitenposition von Frauen auf dieser Ebene erzeugt bei anderen eine Dissonanz.  Entweder gelten sie als zu hart oder zu nachgiebig – aber nie als richtig passend.

Wie lässt sich die Situation verbessern?

Wichtig wäre es, im ersten Schritt ein Bewusstsein für diese ausgrenzenden Mechanismen zu schaffen. Auch gilt es, die Ideen und Bilder von dem, was eigentlich erfolgreiche Hochschulleitungen sind, zu hinterfragen. Aber vor allem brauchen wir mehr Forschungserkenntnisse zu diesem so wichtigen Thema.

  • Forschungspolitik
  • Frauen
  • Hochschulen
  • Universitäten
  • Unschuldsvermutung
Translation missing.

Security-Report der MSC warnt: Chip-Herstellung und Künstliche Intelligenz werden immer mehr zu Waffen im geopolitischen Wettstreit

Moderne Technologien und die ihr zugrunde liegenden Forschungsprozesse haben in den letzten Jahrzehnten die wirtschaftliche Globalisierung getrieben und vielen Ländern wachsenden Wohlstand beschert. Doch diese Entwicklung könnte nach dem neuesten Security-Report der am Freitag beginnenden Münchner Sicherheits-Konferenz (MSC) an ein Ende kommen, weil Chip-Herstellung und Künstliche Intelligenz immer mehr zu Waffen im geopolitischen Wettstreit werden. Wie die Forschungspolitik sich mit den neuen Herausforderungen an die Forschungssicherheit auseinandersetzen muss, wird auch BMBF-Chefin Bettina Stark-Watzinger auf dem Sicherheitsgipfel in mehreren Expertenrunden diskutieren.

Der “Munich Security Report”, der die aktuellen sicherheitspolitischen Problemzonen in den Blick nimmt (Osteuropa, Indo-Pazifik, Naher Osten, Klima und Wirtschaft) befasst sich in diesem Jahr auch erstmals mit der Technologie als Krisenherd. “Da Staaten zunehmend Technologie nutzen, um die Vorherrschaft über ihre geopolitischen Rivalen zu erlangen, haben diese neuen Trends der technischen Bewaffnung und Desintegration Auswirkungen auf die internationale Sicherheit”, heißt es im Sicherheitsbericht.

Gefahr eines Subventionswettlaufs droht

  • Vor allem drei Tech-Bereiche sind es, die wachsend für internationale Spannungen sorgen: Halbleiter, Kommunikations-Infrastrukturen und Künstliche Intelligenz. Die Störung von Lieferketten in der Chip-Herstellung bringen komplette Industrien zum Stillstand. Der Zugang zu Basismaterialien, wie Seltenen Erden, erweist sich als gefährlicher Flaschenhals. Verstärkt werden wieder außerhalb Asiens Chipfabriken gebaut, die Werke in den USA werden mit 43 Milliarden und in Europa mit 53 Milliarden US-Dollar gefördert. “Daher ist die Gefahr eines Subventionswettlaufs groß.” 
  • Wandel auch bei der Telekommunikations-Infrastruktur. Über Jahre nutzten Europa und die USA die “erschwingliche chinesische digitale Hardware” zum Ausbau ihrer digitalen Infrastruktur, ohne auf Datensicherheit und Informationsabfluss zu achten. Doch “seit 2018 haben die USA und andere Demokratien aus Spionagegründen den Einsatz chinesischer Hardware in ihren 5G-Netzen eingeschränkt, wenn auch mit unterschiedlicher Entschlossenheit”, notiert der Bericht. 
  • Voll im Gange ist der KI-Wettlauf. “China und die USA wetteifern um die Vorherrschaft in der KI, aber wer die Nase vorn hat, ist unklar.” Die Kennzahlen auf nationaler Ebene zeichneten “ein zweideutiges Bild. Im Jahr 2021 stammten 40 Prozent der Veröffentlichungen in KI-Zeitschriften” von chinesischen Institutionen, während nur 10 Prozent aus US-amerikanischen Institutionen kamen. Umgekehrt ist es bei der Finanzierung neuer KI-Unternehmen, wo die USA weit vorne liegen. Im Jahr 2022 wurden hier 542 neue KI-Start-ups finanziert, gegenüber 293 Start-ups in der EU und im Vereinigten Königreich und 160 in China. 

Konfrontation zwischen demokratischen und autokratischen Visionen

In der Summe dieser Trends diagnostiziert der Report der Sicherheitsexperten eine “Geopolitisierung des Technologiesektors“: Die alten Netzwerke globaler Kooperation lösen sich auf und werden von neuen machtpolitischen Konstellationen abgelöst. Verbunden mit dem Technologie-Wettlauf entfalte sich “eine Konfrontation zwischen demokratisch und autokratischen Visionen zur digitalen Governance, bei der China, die EU und die USA digitale Regulierung und Infrastruktur nutzen, um ihre widersprüchlichen Visionen zu exportieren.” Ob in der EU der Weg der strengen KI-Regulierung in die Isolation führt oder ein Weltmodell generiert, sei dahingestellt. 

Die MSC, die in diesem Jahr zum 60. Mal stattfindet, ist das weltweit größte Treffen seiner Art, das Politiker, Militär- und Wirtschaftsvertreter, NGOs und Experten zur Diskussion über sicherheitsrelevante Themen zusammenbringt. Auch wissenschaftsbezogene Aspekte spielen – wie auch im Lage-Report – ihre Rolle.  Bettina Stark-Watzinger ist am Freitag bei mindestens drei Events präsent. Am Vormittag hält sie einen Impulsvortrag im Rahmen des Panels “Conversation on Research Security”. Später nimmt sie am Eröffnungspanel “Growing the Pie: A Global Order that Works for Everyone” teil. Zum KI-Thema äußert sie sich im Panel “Responsible Use of AI and its Contribution to a Future Proof Democracy / AI as Driver of Innovation and Democracy”.

Wie ein Sprecher des Ministeriums gegenüber Research.Table erklärte, ist Stark-Watzinger das Thema der Sicherheitsforschung sehr wichtig. “Verstärktes Handeln” sei geplant, wobei auch zukünftig “die Balance zwischen Wissenschaftsfreiheit und sicherheitspolitischen Fragen” gewahrt bleiben solle. Manfred Ronzheimer

  • Halbleiter
  • Künstliche Intelligenz
  • Münchner Sicherheitskonferenz 2024
  • Naher Osten
  • Seltene Erden
  • Sicherheitspolitik

Termine

15.-17. Februar 2024, Denver und online
Tagung AAAS Annual Meeting – Toward Science Without Walls Mehr

19. Februar 2024, 12 bis 13 Uhr, online
Leibniz-Wirtschaftsgipfel Wie krank ist die deutsche Wirtschaft – und was muss passieren, damit sie sich erholt? Mehr

21. Februar, 9.30 bis 12.55 Uhr, Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101
Ausschusssitzung Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung / Öffentliche Anhörung zum Thema “Internationalisierung von Wissenschaft und Hochschulbildung” Mehr

21. Februar, 15:00 Uhr, Brüssel und Online
Round Table STOA Academic Freedom Roundtable ‘Research Integrity in Open Science for Europe’ Mehr

26./27. Februar 2024, jeweils von 09.30 bis 13.00 Uhr, online
Online-Forum (€) CHE Online-Forum zu Folgen sinkender Erstsemesterzahlen Mehr

8. März 2024, 10:00 Uhr, Frankfurt am Main und online
Diskussion Wissenschaftsjahr Freiheit: Diskussion u.a. mit Bettina Stark-Watzinger, Alena Buyx und Antje Boetius Mehr

22. April 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Hannover Messe
Gipfel für Forschung und Innovation 2024 “Innovationen in Europa – Katalysatoren, Kompetenzen und Kooperationen am Beispiel von KI” Mehr

Translation missing.

News

Wissenschaftsjournalistin Nguyen-Kim zieht es in die Bundespolitik

Die Wissenschaftsjournalistin und Moderatorin Mai Thi Nguyen-Kim hat in einem Video-Statement ein politisches Engagement angedeutet. “Ich mache mir Sorgen um die Zukunft unseres Landes und ich schaue mir das nicht mehr länger einfach nur an”, sagt sie in dem Video, das bei Youtube innerhalb weniger Stunden am Dienstagmorgen Zehntausende Klicks bekam – und ergänzte: “Wenn du willst, dass es gut wird, musst du es halt selbst machen.”

In dem fast neunminütigen Clip spricht Nguyen-Kim verschiedene Themen an, die aus ihrer Sicht in der Politik derzeit nicht gut laufen – wie etwa Kommunikation und fehlender Mut zu unpopulären Entscheidungen. Sie nennt aber auch Themen, die sie als positiv empfindet wie die Proteste gegen rechts und für Demokratie, zu denen derzeit in vielen deutschen Städten zahlreiche Menschen auf die Straßen gehen. 

“Mit Wissenschaft allein, kann man noch keine Politik machen”

Sie habe in den letzten Monaten sehr viel Zeit in Berlin verbracht und mit “sehr vielen klugen und erfahrenen Menschen” gesprochen, verrät die promovierte Chemikerin. Mit Wissenschaft allein könne man zwar noch keine Politik machen, aber: “Manchmal ist es gar nicht so verkehrt, einen festgefahrenen Betrieb mit einem Außenseiterblick aufzuwirbeln.” Sie sei außerdem nicht allein. “Ich habe ein, wie ich finde, sehr starkes Team aufgebaut und ich habe meine Zeit vor allem damit verbracht, mich weiterzubilden und sehr fleißig zu lernen und zu arbeiten.”

Sie wolle ihren Kanal “maiLab” aber nicht für Parteipolitik nutzen und an dieser Stelle erst einmal vage bleiben, sagte Nguyen-Kim und kündigte an: “Ich freue mich schon sehr darauf, euch bald Konkreteres sagen zu können”. Die preisgekrönte Wissenschaftsjournalistin war vor allem durch ihren Youtube-Kanal “maiLab” bekannt geworden, auf dem sie naturwissenschaftliche Themen für Laien in kurzen Videos erklärte. Sie schreibt außerdem populärwissenschaftliche Bücher und ist etwa bei der ZDF-Reihe “Terra X: MaiBrain – Reise ins Gehirn” zu sehen. dpa

  • Forschungspolitik
  • Wissenschaft
  • Wissenschaftskommunikation

Nach Corona-Ärger: BMG besetzt Stiko jünger und interdisziplinärer

Die für die Impfempfehlungen in Deutschland verantwortliche Ständige Impfkommission (Stiko) wird personell in großen Teilen neu aufgestellt. Die Stiko habe in der Pandemie große Leistungen erbracht, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Montag. “Jetzt wird sie mit vielen neuen Mitgliedern aus sehr unterschiedlichen Fachbereichen jünger und noch interdisziplinärer besetzt.” 

Das Bundesgesundheitsministerium hat demnach im Benehmen mit den obersten Gesundheitsbehörden der Länder turnusmäßig die Mitglieder des ehrenamtlichen Gremiums neu berufen. Zu einer konstituierenden Sitzung kommt die künftig 19-köpfige Runde am 12. und 13. März zusammen, dabei wählt sie auch einen neuen Vorsitzenden oder eine neue Vorsitzende, wie ein Ministeriumssprecher mitteilte. Erweitert wird die Stiko nach Ministeriumsangaben um Fachleute aus den Bereichen Modellierung und Kommunikation. Vertreten sind daneben etwa Spezialistinnen und Spezialisten aus Virologie, Immunologie und Allgemeinmedizin sowie aus Gesundheitsämtern. 

Stiko für teils zu langsame Entscheidungen kritisiert

Ein großer Teil der bisherigen 17 Stiko-Mitglieder scheidet nun aus. Darunter ist auch der Virologe Thomas Mertens, seit 2017 Vorsitzender des Gremiums. Er hatte bereits vor längerer Zeit angekündigt, nicht mehr für eine weitere Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Unter den Fachleuten, die in der Stiko bleiben, sind etwa der Virologe Klaus Überla (Universitätsklinikum Erlangen) und Jörg Meerpohl vom Cochrane Zentrum Deutschland. 

Aus der Forschung und klinischen Medizin neu dabei sind unter anderem: Stefan Flasche (London School of Hygiene & Tropical Medicine), Berit Lange (Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung) und Reinhard Berner, (Universitätsklinikum Dresden).

Die größeren personellen Veränderungen waren schon länger angekündigt. Im Zuge dessen wurde auch die Berufungszeit auf maximal drei Perioden à drei Jahre begrenzt. Dies soll dazu beitragen, die Unabhängigkeit des Gremiums zu sichern, wie es vom Ministerium hieß. dpa

  • BMG
  • Corona-Impfungen
  • Karl Lauterbach

WissZeitVG: Einigung auf Nicht-Einigung steht bevor

Das BMAS erwägt seinen Ressortvorbehalt gegen den BMBF-Referentenentwurf zum WissZeitVG fallen zu lassen. Das berichtete gestern zuerst der Wiarda-Blog, ohne dabei allerdings konkrete Quellen zu nennen. Nach Recherchen von Table.Media ist bislang kein akuter Durchbruch bei den Ressortverhandlungen in Sicht. Allerdings erscheint ein Vorgehen durchaus gangbar, bei dem BMAS und BMBF sich darauf einigen, dass der Referentenentwurf der Forschungsministerin ohne Zustimmung der SPD ins Parlament kommt.

Dort könnte dann, wie bereits berichtet, eine Aufweichung der Tarifsperre den Konflikt zwischen den beiden Ressorts befrieden. Der Wiarda-Blog berichtet, dass im sogenannten Zuleitungsschreiben, mit dem der Gesetzentwurf ins Kabinett gehen soll, eine Erweiterung der Tarifklausel im WissZeitVG geprüft werden soll. Dabei könnten die Aspekte Höchstbefristungsdauer und Zeitpunkt der Anschlusszusage an die Tarifparteien zur Aushandlung gegeben werden.

Unterschiedliche Bedürfnisse an Postdoc-Phase

Ein Vorgehen, das durchaus sinnvoll erscheint, weil verschiedene Institutionen, Fächer und Bereiche im bisherigen Diskussionsprozess zur WissZeitVG-Novelle unterschiedliche Bedürfnisse in Sachen Postdoc-Phase geäußert haben. Wie – unter dieser Prämisse – Tarifverhandlungen anschließend konkret aussehen könnten, lasse sich nicht vorwegnehmen, solange ein Fall der Tarifsperre nicht greifbar ist, sagte Andreas Keller auf Nachfrage von Table.Media. Es gäbe zudem noch einige Hindernisse, etwa dass außeruniversitäre Forschungseinrichtungen zunächst einmal überhaupt einen Tarifvertrag mit den Gewerkschaften aushandeln müssten.

Im Interview mit Table.Media hatte der zuständige BMBF-Staatssekretär Jens Brandenburg gesagt: “Es gibt enorme Unterschiede zwischen den Fachkulturen. In vielen Gesprächen vor allem an naturwissenschaftlichen Einrichtungen hat mir auch die Arbeitnehmerseite klar signalisiert, dass ihre Forschung damit unmöglich wäre.” Ein Abrücken von der FDP-präferierten Lösung einer 4+2-Lösung in der Postdoc-Phase hatte er damals ausgeschlossen.

Sowohl das BMAS als auch das BMBF wollen sich auf Nachfrage derzeit nicht zum konkreten Stand der Kabinettsverhandlungen äußern. tg

  • BMBF
  • WissZeitVG

Presseschau

FAZ. Evaluation in Dauerschleife. Wolfgang Krischke skizziert in der Printausgabe (14.2.) der FAZ die mühseligen Reformbemühungen der deutschen Forschungspolitik in den vergangenen 30 Jahren. Damals gab es, so Krischke, parallel zum Bologna-Reformprozess einen Switch zu einem neoliberalen “New Public Management”-Ansatz in der Wissenschaftspolitik. In die faktenfundierte Beschreibung der sich daraus ergebenden – hinlänglich bekannten Missstände – verpackt Krischke seine eigentliche Kritik an einer daraus resultierenden, vermeintlich zu “woken” modernen Wissenschaftspolitik, die die Freiheit selbiger bedenklich einschränke.

Tagesspiegel. Riskanter nächster Versuch: Start privater Mondmission verzögert sich. Es ist ein weiterer Meilenstein im Paradigmenwechsel der Raumfahrt: Die US-Firma Intuitive Machines will mit Nova-C auf dem Mond landen. Wegen technischer Probleme musste der Start jetzt verschoben werden. Durch die Privatisierung der Raumfahrt werden auch die Risiken höher, schreibt Ralf Nestler. Weil Firmen schneller sein müssen, müssen sie auch wagemutiger sein. Bei Fehlschlägen wurde schon teures wissenschaftliches Gerät zerstört. Das könnte in Zukunft noch häufiger passieren. Mehr

  • Forschungspolitik

Heads

Christoph Huber – Pionier der Immuntherapie 

Christoph Huber, Vorreiter der Immuntherapieforschung, wurde am 14. Februar 80 Jahre alt, mischt aber in der Wissenschaft weiterhin mit.

Von Ruhestand kann bei Christoph Huber keine Rede sein. Diesen Tag Anfang Februar hat der Biontech-Mitgründer mit Sporttherapie begonnen, danach steht ein zweistündiges Online-Meeting in seinem Terminkalender. Sechs Stunden pro Tag sitze er im Moment vor dem Computer – zwei bis drei Tage in der Woche sei er “unterwegs”, so der gebürtige Österreicher, der in dieser Woche, am 14. Februar, seinen 80. Geburtstag gefeiert hat. Womit beschäftigt sich Huber gerade?

Im englischen Cambridge betreue er seit Anfang des Jahres den Aufbau des Biotech-Start-ups “Momentous Therapeutics”, erzählt er im Interview. Doch das ist noch nicht alles. An der Medizinischen Universität Wien ist Huber seit kurzem als Universitätsrat schwerpunktmäßig für den Transfer von Forschung in die klinische Nutzung zuständig. Und in Portugal engagiert er sich als Berater für eine große Gesundheitsstiftung, die eine Herstellungsanlage für die genetische Manipulation von Abwehrzellen baut. “Ich habe meine Lebenserfahrung, ich habe meine Netzwerke und ich bin sehr ausdauernd – das brauchen junge Leute manchmal”, sagt er. 

Interesse an Krebsforschung nach Verlust des Kollegen

Er entstamme einer “Tiroler Gelehrtenfamilie mit einem gewissen Übergewicht an Medizinern”, erzählt der Österreicher. Sein Medizinstudium absolvierte er an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck und spezialisierte sich auf das Fach Innere Medizin. Ausgelöst durch ein privates Erlebnis, begann Huber sich schon früh für die Krebsforschung zu interessieren: “Einer meiner Studienkollegen verstarb innerhalb von zwei Wochen an einer akuten Leukämie. Das hat mich damals tief bewegt.”

Der Mediziner erkannte, dass sich Abwehrzellen nicht nur bei Virusinfektionen oder bei der Abstoßung von Fremdtransplantaten vermehren, sondern auch bei jeder Art von bösartiger Krankheit. Für das Fachjournal Nature schrieb er darüber seine erste Publikation. Es war ein früher Beitrag zur Krebsimmuntherapie – inzwischen eine zentrale Hoffnung der Medizin, um das Immunsystem gezielt auf Tumore zu richten. 

Nach seiner Facharztausbildung und Habilitation forschte Huber in Schweden und in den USA, bevor er an der Universitätsklinik Innsbruck 1983 Leiter einer der ersten europäischen Stammzell-Transplantations-Einrichtungen wurde. In den 1990er-Jahren baute er in Mainz eine Universitätsklinik mit zahlreichen Forschungsgruppen, richtungsweisenden Strukturen und internationalen Forschungsnetzwerken auf. “In Mainz ist es uns trotz aller Schwierigkeiten gelungen, eine optimierte und menschliche Patientenbetreuung mit Spitzenforschung, bis hin zu Firmenausgründungen und ersten Zulassungen von Produkten, zu verbinden”, sagt er rückblickend. 

Immuntherapie-Innovation in den kleinen Unternehmen

Nicht ganz einfach zu beschreiben ist Hubers Rolle bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Bekannt geworden ist er als einer der drei Mitgründer des Mainzer Biotechnologie-Unternehmens Biontech, das mit seinem auf der mRNA-Technologie beruhenden Covid-19-Impfstoff weltbekannt wurde. Er habe lediglich an den “Vorarbeiten zu neuen Impfverfahren, am Aufbau der Strukturen und dem Entschluss für die Impfstoff-Entwicklung mitgewirkt”, sagt Huber.

Der eigentliche Verdienst gelte seinen Partnern und Freunden Uğur Şahin und Özlem Türeci. Trotzdem ist es ihm wichtig, noch etwas zu betonen: Innovationen im Immuntherapiebereich würden in Europa durch kleine und mittlere Unternehmen vorangetrieben, die wie Biontech aus Universitäten ausgegründet worden sind und sich mit Risikokapital finanzieren. “Über 80 Prozent der neuen Wirkstoffe stammen von diesen Unternehmen.” Gabriele Voßkühler 

  • Forschung
  • Innovation
  • Medizin
  • Mittelstand
  • Unternehmen

Personalien

Claudia Denkinger erhält eine Heisenberg-Professur. In Heidelberg entwickelt die Infektionsforscherin mit ihrem Team am Zentrum für Infektiologie des Universitätsklinikums neuartige Diagnostik-Methoden für Infektionskrankheiten wie Tuberkulose.

Olav Götz und Birte Schöpke wechseln ins Präsidium der Apollon Hochschule der Gesundheitswirtschaft. Götz löst Kurt Becker in seiner Rolle als Vizepräsident für Forschung ab und kümmert sich zusätzlich um den Bereich Internationalisierung. Schöpke bekleidet die neu geschaffene Position der Vizepräsidentin für Akkreditierung und akademische Angelegenheiten.

Jens Hermsdorf wird ab April die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) in Berlin leiten. Zurzeit ist er Präsident der Hochschule Worms und Dualen Hochschule Rheinland-Pfalz. Hermsdorf löst Andreas Zaby ab, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr angetreten ist und nun zur Agentur für Sprunginnovationen in Leipzig wechselt.

Daniel Paech, geschäftsführender Oberarzt der Klinik für Neuroradiologie des Universitätsklinikums Bonn (UKB), wird eine Professur an der renommierten Harvard Medical School im Februar 2024 antreten. Neben seiner ärztlichen Tätigkeit in der Neuroradiologie in Bonn wird er am Mass General Brigham in Boston als Direktor des Ultra-Hochfeld-MRT Programms der Radiologie tätig sein.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Mehr von Table.Media

Berlin.Table. Krise der Wirtschaft: Lindner will Wachstumsagenda: Die FDP kämpft mit schlechten Umfragewerten und der Bundesfinanzminister mit der Konkurrenz in der Union. In den wirtschaftlich schwierigen Zeiten setzt er jetzt auf eine Wachstumsagenda – und auf eine Partnerschaft mit Robert Habeck. Mehr

Bildung.Table. Digitalpakt II: Einigung zwischen Bund und Ländern hakt an der Finanzierung. Die Verhandlungen zum Digitalpakt II gestalten sich offenbar schwieriger als bislang beteuert. Bund und Länder streiten um die Finanzierung. In Berlin werden bereits verschiedene Szenarien diskutiert. Mehr

Bildung.Table. Wieso die Bildungsplattform ein großes Sprachmodell braucht. Die sogenannte Vernetzungsinfrastruktur des Bundes ist sehr teuer – und sehr unbekannt. KI-Experten sind überzeugt: Das würde sich ändern, wenn dort ein sicheres, kostenfreies Sprachmodell für Bildungseinrichtungen sein Zuhause hätte. Mehr

Europe.Table. Weniger Investitionen: Ökonomen beurteilen neue EU-Schuldenregeln kritisch. Mitgliedstaaten und Europaparlament haben sich auf neue Fiskalregeln geeinigt. Experten halten diese für besser als die rigiden alten Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Dennoch könnten sie für die Klimaziele nötige Investitionen verhindern. Mehr

Security.Table. Putin findet immer neue Schlupflöcher im EU-Sanktionsregime: Russland umgeht noch immer die 60-Dollar-Grenze bei Ölexporten. Gelingt es dem Westen nicht, das zu unterbinden, wird Putin den Krieg gegen die Ukraine weiter finanzieren können. Ob Russland ökonomisch stärker oder schwächer unter Druck gerät, entscheiden mehrere Faktoren. Mehr

Research.Table Redaktion

RESEARCH.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Chip-Herstellung und Künstliche Intelligenz werden immer mehr zu Waffen im geopolitischen Wettstreit, heißt es im neusten Security Report, der anlässlich der am Freitag startenden Münchner Sicherheitskonferenz herausgegeben wird. Dass sich die Forschungspolitik mit den neuen Herausforderungen an die Forschungssicherheit auseinandersetzen wird, erklärt auch Bettina Stark-Watzinger. Sie wird auf dem Sicherheitsgipfel in mehreren Expertenrunden mitdiskutieren.

    Wie zu hören ist, soll wohl verstärkt bei der Umsetzung neuer sicherheitspolitischer Leitplanken gehandelt werden. Dabei gelte es, eine Balance zwischen Wissenschaftsfreiheit und sicherheitspolitischen Fragen zu wahren. Auf der Sicherheitskonferenz spricht Watzinger folgerichtig über die  “Conversation on Research Security” und den verantwortungsvollen Einsatz von KI als Beitrag zu einer zukunftssicheren Demokratie. Unser Autor Manfred Ronzheimer berichtet über die sicherheitsforschungs-politische Zeitenwende.

    Nicht wenige finden: Die Medizinerin Simone Fulda hat ihr Amt an der Spitze der Kieler Uni ungewöhnlich schnell zur Verfügung gestellt. Eigentlich müssen die Vorwürfe der Datenmanipulation in langwierigen Verfahren erst geprüft werden, bis dahin gilt auch für die Präsidentin der Universität Kiel die Unschuldsvermutung. Der Vorwurf als solcher begründet somit nicht die Geschwindigkeit, mit der der Rücktritt erfolgte.

    Über die Hintergründe und die Auslöser des Weggangs wie auch über den Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens wird in der Wissenschafts-Community heiß diskutiert. Meine Kollegin Anne Brüning hat den aktuellen Stand der Erkenntnisse für Sie recherchiert, mit Experten für Bildmanipulation gesprochen und den Studien-Checker gecheckt.

    Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre,

    Ihre
    Nicola Kuhrt
    Bild von Nicola  Kuhrt

    Analyse

    Umgang mit Manipulationsvorwürfen: Was über den Rücktritt der Kieler Unipräsidentin bekannt ist

    Wenige Tage nachdem bekannt wurde, dass ihre Arbeiten unter Manipulationsverdacht stehen, hat Simone Fulda ihr Amt als Präsidentin der Christian-Albrechts-Universität Kiel zur Verfügung gestellt. Leonid Schneider, Biologe und Fälschungsjäger, hatte in seinem Blog “For Better Science” über wiederholte Bildmanipulationen in Publikationen Fuldas und anderer Wissenschaftler berichtet.

    Wer ist der Blogger Leonid Schneider?

    Leonid Schneider sei in der Forschungscommunity als “hartnäckiger Fälschungsjäger” bekannt, sagt Ralf Neumann, Chefredakteur des Laborjournals. Schneider ist Biologe, arbeitete nach der Promotion zunächst in der Forschung und ist seit 2015 Wissenschaftsjournalist, Cartoonist und Betreiber des Blogs “For Better Science”. “Leonid Schneider hat einige Jahre auch mit uns zusammengearbeitet und mehrere Fälschungsfälle aufgearbeitet”, sagt Neumann. Das Laborjournal habe sich 2016 aber von ihm getrennt, weil es sein aggressives Vorgehen bei der Recherche nicht mehr mittragen konnte. Auch andere Experten stoßen sich an dem aggressiven, spöttischen und beleidigenden Ton seiner Texte. “Ich fürchte, damit tut er sich und der Sache manchmal keinen Gefallen. Denn damit können die von ihm häufig zu Recht angeprangerten Missstände mit formalen Argumenten zurückgewiesen werden. Dabei geht es ihm eigentlich darum, das System zu verbessern”, sagt Ulrich Dirnagl vom Quest Center for Responsible Research am Berlin Institute of Health.

    Welche Qualität hat der Blog?

    Schneiders Vorwürfe hätten hinsichtlich der Inhalte in aller Regel Substanz, sagt Neumann, “nicht zuletzt deswegen, da sie meist schon zuvor von aktiven Forscherinnen und Forschern auf der Diskussions-Plattform PubPeer vorgebracht wurden”. Schneider war etwa an der Aufdeckung des Forschungsbetrügers Paolo Macchiarini beteiligt. “Es ist wichtig, dass es Whistleblower gibt, die wissenschaftliches Fehlverhalten aufdecken. Und es ist kein gutes Zeugnis für das Wissenschaftssystem, wenn diese Hinweise meistens nur von außen kommen”, sagt Dirnagl.

    DFG hat noch nicht über Einleitung einer förmlichen Untersuchung entschieden

    Was lässt sich zu den Manipulationsvorwürfen sagen?

    Simone Fulda hat die Vorwürfe zurückgewiesen und ist überzeugt, dass die Überprüfung sie freizeichnen wird. Henrik Müller, Wissenschaftsjournalist und promovierter Biophysiker, der unter anderem für das Laborjournal schreibt, hat sich die 26 Publikationen angesehen, um die es geht. “Mich überzeugen nicht alle Vorwürfe, aber bei etwa drei Viertel der Bilder – es geht meist um sogenannte Western-Blot-Analysen, die das Ergebnis von Protein-Auftrennungen dokumentieren – sehe ich Anlass für eine Überprüfung der Originaldaten.” Eine andere Frage sei jedoch, ob Fehler oder etwaige Manipulationen tatsächlich Frau Fulda zulasten zu legen sind.

    Wie ist der Stand der Untersuchungen im Fall Simone Fulda?

    Die DFG führt Untersuchungen zu Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens in einem mehrstufigen Verfahren durch. Die erste Stufe ist eine nicht-förmliche Vorprüfung, in der es um Bezüge zur DFG geht. “Im Fall von Frau Fulda ist die DFG weiterhin im Stadium der Vorprüfung durch die Geschäftsstelle”, teilte ein Sprecher am Mittwoch mit. Eine Entscheidung über eine Einleitung einer förmlichen Untersuchung durch den DFG-Untersuchungsausschuss sei noch nicht erfolgt.

    Ob die Universität Ulm, an der Fuldas Mentor Klaus-Michael Debatin forscht, bereits ein ähnliches Vorverfahren eingeleitet hat, ist unklar. Aufgrund des vertraulichen Verfahrens könne und dürfe man über das Prüfungsstadium der Vorwürfe nichts mitteilen. Debatin ist an einem Großteil der 26 derzeit im Fokus stehenden Publikationen beteiligt.

    Schneider: “Es ging nicht um Fulda, sondern ihren Mentor Debatin”

    Wie wird für gewöhnlich mit Manipulationsvorwürfen umgegangen?

    Wenn ein Manipulationsverdacht aufkommt, seien normalerweise sowohl die betroffenen Journale als auch die Arbeitgeber und Forschungsförderer gefragt, den Vorwürfen nachzugehen, sagt Henrik Müller. Vor allem bei lange zurückliegenden Veröffentlichungen versande das jedoch häufig, weil die Motivation gering sei, zurückliegende Erfolge zu hinterfragen. Voruntersuchungen seien in der Regel nach ein paar Wochen abgeschlossen, Hauptuntersuchungen dauerten oft einige Monate.

    Den Rücktritt Fuldas nennen viele ungewöhnlich schnell. Warum?

    Der Blogartikel wurde am 22. Januar veröffentlicht, am 7. Februar erschienen erste Medienberichte, am 10. Februar gab Fulda ihren Rückzug bekannt. Das Tempo ist ungewöhnlich und deutet auf zusätzliche Gründe hin. “Der Vorwurf als solcher begründet nicht die Geschwindigkeit, mit der der Rücktritt erfolgte”, sagt Birgitt Riegraf, Präsidentin der Universität Paderborn. Sie erkennt in den Vorgängen das Muster des “Drehtüreffekts”: Frauen in Führungspositionen werden besonders kritisch beobachtet und schnell wieder hinauskatapultiert (siehe Interview). “Es ging ursprünglich gar nicht um Fulda, sondern um Debatin, ihren Mentor”, sagt Leonid Schneider auf Anfrage von Table.Media. Von Vorwürfen wie “Hetzjagd auf erfolgreiche Frau” distanziert er sich.

    Auch Lübeck sucht neue Präsidentin

    Welche Rolle spielt die Exzellenzstrategie?

    Das Timing des Rücktritts kurz nach der Exzellenzcluster-Enttäuschung am 2. Februar wird ebenfalls als Grund für Fuldas Entscheidung genannt. Die Uni Kiel war mit drei neuen Anträgen ins Rennen gegangen, keiner davon war erfolgreich. Wenn im Verlauf des Wettbewerbs auch die beiden bereits existierenden Cluster nicht erfolgreich sind, ist der Traum aus, in den Kreis der Exzellenzuniversitäten aufzurücken. Birgitt Riegraf findet es auffällig, “dass die Vorwürfe der Datenmanipulation gerade zum jetzigen Zeitpunkt so öffentlichkeitswirksam bearbeitet werden”. Denn an anderen Universitäten, die aktuell nicht erfolgreich waren, gab es keine Rücktritte. Ob universitätsinterne Machtkämpfe oder andere Partikularinteressen eine Rolle spielten, lässt sich nur spekulieren.

    Was bedeuten der Rücktritt und die Exzellenz-Enttäuschung für Landeswissenschaftsministerin Karin Prien?

    In Schleswig-Holstein muss nun nicht nur die Spitze der Universität in Kiel neu besetzt werden, sondern auch die in Lübeck. Am gestrigen Mittwoch wurde bekannt, dass Tiziana Margaria vor Amtsantritt wieder abgewählt wurde. Es habe keine Einigung über die Bedingungen für das Kommen erzielt werden können. Die Opposition wirft Ministerin Karin Prien Versäumnisse vor.

    • Exzellenzstrategie
    • Forschung
    • Forschungspolitik
    • Frauen
    • Universitäten
    • Wissenschaft

    Interview

    Birgitt Riegraf: “Weibliche Hochschulleitungen stehen nach wie vor unter besonders kritischer Beobachtung”

    Birgitt Riegraf ist Soziologin und noch bis Ende März Präsidentin der Universität Paderborn. Als sie ihre Amtszeit 2018 antrat, war sie die erste Frau an der Spitze der Institution.

    Frau Riegraf, als Präsidentin der Universität Paderborn kennen Sie die Arbeitssituation weiblicher Hochschulleitungen aus der Praxis. Was sagen Sie zu dem Fall Simone Fulda?

    Zunächst einmal ist das hohe Tempo der Geschehnisse auffällig. Schließlich müssen die Vorwürfe der Datenmanipulation in langwierigen Verfahren erst geprüft werden, bis dahin gilt auch für die Präsidentin der Universität Kiel die Unschuldsvermutung. Der Vorwurf als solcher begründet nicht die Geschwindigkeit, mit der der Rücktritt erfolgte.

    Als Soziologin befassen Sie sich auch wissenschaftlich mit Frauen in Führungspositionen. Etwa mit dem Phänomen des Drehtüreffekts – also der Tatsache, dass weibliche Führungskräfte, die es schaffen, in eine Männerdomäne vorzudringen, besonders kritisch beobachtet und oftmals schnell wieder hinauskatapultiert werden. Passt Simone Fuldas Rückzug in dieses Muster?

    Die Universität Kiel teilt mit vielen anderen Universitäten die Erfahrung des Scheiterns in diesem hoch kompetitiven Exzellenzwettbewerb. In anderen Universitäten führt dies aber nicht zu Rücktritten der Universitätsleitung. Auffällig ist zudem, dass die Vorwürfe der Datenmanipulation gerade zum jetzigen Zeitpunkt so öffentlichkeitswirksam bearbeitet werden. Die Verbindung beider Geschehnisse, über die zum einen die fachliche Kompetenz der weiblichen Hochschulleitung infrage gestellt wird und sie zum anderen für das Scheitern im Exzellenzwettbewerb verantwortlich gemacht wird, passt zum “Drehtüreffekt”.

    Ein übliches Argument: inadäquater Führungsstil

    Was bedeutet das für Frauen, die eine Hochschule leiten?

    Im Moment deutet vieles darauf hin, dass es bei Hochschulleiterinnen wesentlich häufiger zu Rücktritten, Enthebungen oder Nichtwiederwahl kommt. Übliche Argumente sind ein inadäquater Führungsstil, mangelnde Strategiefähigkeit und fehlende Durchsetzungskraft. Ein weiteres beliebtes Argument ist, die Rektorin oder Präsidentin habe “nicht in die Kultur der Hochschule gepasst”, was immer das dann im Detail bedeutet. Dies sind sehr unscharfe und interpretationsoffene Kriterien. Klar ist: Auf dieser Führungsebene können Wissenschaftlerinnen nicht mehr aufgrund fehlender formaler Qualifikation kritisiert werden, denn die ist ja zumindest in aller Regel unzweifelhaft vorhanden. Deshalb rücken andere Aspekte in den Vordergrund.

    Welche sind das?

    Weibliche Hochschulleitungen stehen nach wie vor unter besonders kritischer Beobachtung. Bei ihnen werden Management- und Führungskompetenz per se nicht vorausgesetzt. Sie müssen diese in ständigen neuen Bewährungsproben immer wieder unter Beweis stellen und es wird ein wesentlich höherer Maßstab angelegt. Männlichen Kollegen hingegen wird Kompetenz eher von vornherein zugeschrieben. Und wenn sie Fehlentscheidung treffen, dann wird dies weniger als Inkompetenz gewertet, sondern als Risikofreudigkeit anerkannt. 

    “Netzwerke und Seilschaften spielen eine wesentliche Rolle”

    Von den 182 Hochschulen in Deutschland werden nur 52, das sind knapp 29 Prozent, von einer Rektorin oder Präsidentin geleitet. Wie weit ist der Weg zur Geschlechteregalität noch?

    Die einschlägige Forschung zeigt, dass sich die Entwicklung nicht linear vollzieht. Steigt der Frauenanteil etwa auf 15 bis 40 Prozent, verstärkt sich zunächst der Gegenwind. In dieser “Shaking-up-Phase” werden eingespielte Netzwerke und Seilschaften infrage gestellt, die Widerstände regen sich. Netzwerke und Seilschaften spielen im Wissenschaftsbereich eine wesentliche Rolle, etwa bei der Besetzung von Leitungspositionen. Der Prozess in Richtung Egalität vollzieht sich also eher in Abwehr- als in Aufbruchsphasen.

    Sind Hochschulen in den Führungsetagen besonders verkrustet?

    Wir wissen darüber zu wenig, aber aus den großen DAX-Unternehmen kennen wir ähnliche Prozesse. Diesbezüglich haben wir erheblichen Forschungsbedarf, es fehlen verlässliche Daten.

    “Ein Bewusstsein für die ausgrenzenden Mechanismen schaffen”

    Ihre sechsjährige Amtszeit endet turnusgemäß im März. Sie sind nicht erneut angetreten. Warum?

    Als ich realisierte, dass Anerkennung und Wertschätzung bei noch so großem Erfolg ausbleiben, sondern ganz andere Mechanismen zum Tragen kommen, war es Zeit zu gehen und sich aus Selbstschutz unterstützendere Arbeitskontexte zu suchen. Diese Erfahrung ist nicht ungewöhnlich für Frauen in für sie untypischen Arbeitsbereichen. Es ist ein Aspekt des “Drehtüreffekts”.

    Verändern sich Frauen im Laufe ihrer Karriere?

    Wir müssen dies eher als strukturelles Phänomen betrachten: Die Minderheitenposition von Frauen auf dieser Ebene erzeugt bei anderen eine Dissonanz.  Entweder gelten sie als zu hart oder zu nachgiebig – aber nie als richtig passend.

    Wie lässt sich die Situation verbessern?

    Wichtig wäre es, im ersten Schritt ein Bewusstsein für diese ausgrenzenden Mechanismen zu schaffen. Auch gilt es, die Ideen und Bilder von dem, was eigentlich erfolgreiche Hochschulleitungen sind, zu hinterfragen. Aber vor allem brauchen wir mehr Forschungserkenntnisse zu diesem so wichtigen Thema.

    • Forschungspolitik
    • Frauen
    • Hochschulen
    • Universitäten
    • Unschuldsvermutung
    Translation missing.

    Security-Report der MSC warnt: Chip-Herstellung und Künstliche Intelligenz werden immer mehr zu Waffen im geopolitischen Wettstreit

    Moderne Technologien und die ihr zugrunde liegenden Forschungsprozesse haben in den letzten Jahrzehnten die wirtschaftliche Globalisierung getrieben und vielen Ländern wachsenden Wohlstand beschert. Doch diese Entwicklung könnte nach dem neuesten Security-Report der am Freitag beginnenden Münchner Sicherheits-Konferenz (MSC) an ein Ende kommen, weil Chip-Herstellung und Künstliche Intelligenz immer mehr zu Waffen im geopolitischen Wettstreit werden. Wie die Forschungspolitik sich mit den neuen Herausforderungen an die Forschungssicherheit auseinandersetzen muss, wird auch BMBF-Chefin Bettina Stark-Watzinger auf dem Sicherheitsgipfel in mehreren Expertenrunden diskutieren.

    Der “Munich Security Report”, der die aktuellen sicherheitspolitischen Problemzonen in den Blick nimmt (Osteuropa, Indo-Pazifik, Naher Osten, Klima und Wirtschaft) befasst sich in diesem Jahr auch erstmals mit der Technologie als Krisenherd. “Da Staaten zunehmend Technologie nutzen, um die Vorherrschaft über ihre geopolitischen Rivalen zu erlangen, haben diese neuen Trends der technischen Bewaffnung und Desintegration Auswirkungen auf die internationale Sicherheit”, heißt es im Sicherheitsbericht.

    Gefahr eines Subventionswettlaufs droht

    • Vor allem drei Tech-Bereiche sind es, die wachsend für internationale Spannungen sorgen: Halbleiter, Kommunikations-Infrastrukturen und Künstliche Intelligenz. Die Störung von Lieferketten in der Chip-Herstellung bringen komplette Industrien zum Stillstand. Der Zugang zu Basismaterialien, wie Seltenen Erden, erweist sich als gefährlicher Flaschenhals. Verstärkt werden wieder außerhalb Asiens Chipfabriken gebaut, die Werke in den USA werden mit 43 Milliarden und in Europa mit 53 Milliarden US-Dollar gefördert. “Daher ist die Gefahr eines Subventionswettlaufs groß.” 
    • Wandel auch bei der Telekommunikations-Infrastruktur. Über Jahre nutzten Europa und die USA die “erschwingliche chinesische digitale Hardware” zum Ausbau ihrer digitalen Infrastruktur, ohne auf Datensicherheit und Informationsabfluss zu achten. Doch “seit 2018 haben die USA und andere Demokratien aus Spionagegründen den Einsatz chinesischer Hardware in ihren 5G-Netzen eingeschränkt, wenn auch mit unterschiedlicher Entschlossenheit”, notiert der Bericht. 
    • Voll im Gange ist der KI-Wettlauf. “China und die USA wetteifern um die Vorherrschaft in der KI, aber wer die Nase vorn hat, ist unklar.” Die Kennzahlen auf nationaler Ebene zeichneten “ein zweideutiges Bild. Im Jahr 2021 stammten 40 Prozent der Veröffentlichungen in KI-Zeitschriften” von chinesischen Institutionen, während nur 10 Prozent aus US-amerikanischen Institutionen kamen. Umgekehrt ist es bei der Finanzierung neuer KI-Unternehmen, wo die USA weit vorne liegen. Im Jahr 2022 wurden hier 542 neue KI-Start-ups finanziert, gegenüber 293 Start-ups in der EU und im Vereinigten Königreich und 160 in China. 

    Konfrontation zwischen demokratischen und autokratischen Visionen

    In der Summe dieser Trends diagnostiziert der Report der Sicherheitsexperten eine “Geopolitisierung des Technologiesektors“: Die alten Netzwerke globaler Kooperation lösen sich auf und werden von neuen machtpolitischen Konstellationen abgelöst. Verbunden mit dem Technologie-Wettlauf entfalte sich “eine Konfrontation zwischen demokratisch und autokratischen Visionen zur digitalen Governance, bei der China, die EU und die USA digitale Regulierung und Infrastruktur nutzen, um ihre widersprüchlichen Visionen zu exportieren.” Ob in der EU der Weg der strengen KI-Regulierung in die Isolation führt oder ein Weltmodell generiert, sei dahingestellt. 

    Die MSC, die in diesem Jahr zum 60. Mal stattfindet, ist das weltweit größte Treffen seiner Art, das Politiker, Militär- und Wirtschaftsvertreter, NGOs und Experten zur Diskussion über sicherheitsrelevante Themen zusammenbringt. Auch wissenschaftsbezogene Aspekte spielen – wie auch im Lage-Report – ihre Rolle.  Bettina Stark-Watzinger ist am Freitag bei mindestens drei Events präsent. Am Vormittag hält sie einen Impulsvortrag im Rahmen des Panels “Conversation on Research Security”. Später nimmt sie am Eröffnungspanel “Growing the Pie: A Global Order that Works for Everyone” teil. Zum KI-Thema äußert sie sich im Panel “Responsible Use of AI and its Contribution to a Future Proof Democracy / AI as Driver of Innovation and Democracy”.

    Wie ein Sprecher des Ministeriums gegenüber Research.Table erklärte, ist Stark-Watzinger das Thema der Sicherheitsforschung sehr wichtig. “Verstärktes Handeln” sei geplant, wobei auch zukünftig “die Balance zwischen Wissenschaftsfreiheit und sicherheitspolitischen Fragen” gewahrt bleiben solle. Manfred Ronzheimer

    • Halbleiter
    • Künstliche Intelligenz
    • Münchner Sicherheitskonferenz 2024
    • Naher Osten
    • Seltene Erden
    • Sicherheitspolitik

    Termine

    15.-17. Februar 2024, Denver und online
    Tagung AAAS Annual Meeting – Toward Science Without Walls Mehr

    19. Februar 2024, 12 bis 13 Uhr, online
    Leibniz-Wirtschaftsgipfel Wie krank ist die deutsche Wirtschaft – und was muss passieren, damit sie sich erholt? Mehr

    21. Februar, 9.30 bis 12.55 Uhr, Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101
    Ausschusssitzung Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung / Öffentliche Anhörung zum Thema “Internationalisierung von Wissenschaft und Hochschulbildung” Mehr

    21. Februar, 15:00 Uhr, Brüssel und Online
    Round Table STOA Academic Freedom Roundtable ‘Research Integrity in Open Science for Europe’ Mehr

    26./27. Februar 2024, jeweils von 09.30 bis 13.00 Uhr, online
    Online-Forum (€) CHE Online-Forum zu Folgen sinkender Erstsemesterzahlen Mehr

    8. März 2024, 10:00 Uhr, Frankfurt am Main und online
    Diskussion Wissenschaftsjahr Freiheit: Diskussion u.a. mit Bettina Stark-Watzinger, Alena Buyx und Antje Boetius Mehr

    22. April 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Hannover Messe
    Gipfel für Forschung und Innovation 2024 “Innovationen in Europa – Katalysatoren, Kompetenzen und Kooperationen am Beispiel von KI” Mehr

    Translation missing.

    News

    Wissenschaftsjournalistin Nguyen-Kim zieht es in die Bundespolitik

    Die Wissenschaftsjournalistin und Moderatorin Mai Thi Nguyen-Kim hat in einem Video-Statement ein politisches Engagement angedeutet. “Ich mache mir Sorgen um die Zukunft unseres Landes und ich schaue mir das nicht mehr länger einfach nur an”, sagt sie in dem Video, das bei Youtube innerhalb weniger Stunden am Dienstagmorgen Zehntausende Klicks bekam – und ergänzte: “Wenn du willst, dass es gut wird, musst du es halt selbst machen.”

    In dem fast neunminütigen Clip spricht Nguyen-Kim verschiedene Themen an, die aus ihrer Sicht in der Politik derzeit nicht gut laufen – wie etwa Kommunikation und fehlender Mut zu unpopulären Entscheidungen. Sie nennt aber auch Themen, die sie als positiv empfindet wie die Proteste gegen rechts und für Demokratie, zu denen derzeit in vielen deutschen Städten zahlreiche Menschen auf die Straßen gehen. 

    “Mit Wissenschaft allein, kann man noch keine Politik machen”

    Sie habe in den letzten Monaten sehr viel Zeit in Berlin verbracht und mit “sehr vielen klugen und erfahrenen Menschen” gesprochen, verrät die promovierte Chemikerin. Mit Wissenschaft allein könne man zwar noch keine Politik machen, aber: “Manchmal ist es gar nicht so verkehrt, einen festgefahrenen Betrieb mit einem Außenseiterblick aufzuwirbeln.” Sie sei außerdem nicht allein. “Ich habe ein, wie ich finde, sehr starkes Team aufgebaut und ich habe meine Zeit vor allem damit verbracht, mich weiterzubilden und sehr fleißig zu lernen und zu arbeiten.”

    Sie wolle ihren Kanal “maiLab” aber nicht für Parteipolitik nutzen und an dieser Stelle erst einmal vage bleiben, sagte Nguyen-Kim und kündigte an: “Ich freue mich schon sehr darauf, euch bald Konkreteres sagen zu können”. Die preisgekrönte Wissenschaftsjournalistin war vor allem durch ihren Youtube-Kanal “maiLab” bekannt geworden, auf dem sie naturwissenschaftliche Themen für Laien in kurzen Videos erklärte. Sie schreibt außerdem populärwissenschaftliche Bücher und ist etwa bei der ZDF-Reihe “Terra X: MaiBrain – Reise ins Gehirn” zu sehen. dpa

    • Forschungspolitik
    • Wissenschaft
    • Wissenschaftskommunikation

    Nach Corona-Ärger: BMG besetzt Stiko jünger und interdisziplinärer

    Die für die Impfempfehlungen in Deutschland verantwortliche Ständige Impfkommission (Stiko) wird personell in großen Teilen neu aufgestellt. Die Stiko habe in der Pandemie große Leistungen erbracht, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Montag. “Jetzt wird sie mit vielen neuen Mitgliedern aus sehr unterschiedlichen Fachbereichen jünger und noch interdisziplinärer besetzt.” 

    Das Bundesgesundheitsministerium hat demnach im Benehmen mit den obersten Gesundheitsbehörden der Länder turnusmäßig die Mitglieder des ehrenamtlichen Gremiums neu berufen. Zu einer konstituierenden Sitzung kommt die künftig 19-köpfige Runde am 12. und 13. März zusammen, dabei wählt sie auch einen neuen Vorsitzenden oder eine neue Vorsitzende, wie ein Ministeriumssprecher mitteilte. Erweitert wird die Stiko nach Ministeriumsangaben um Fachleute aus den Bereichen Modellierung und Kommunikation. Vertreten sind daneben etwa Spezialistinnen und Spezialisten aus Virologie, Immunologie und Allgemeinmedizin sowie aus Gesundheitsämtern. 

    Stiko für teils zu langsame Entscheidungen kritisiert

    Ein großer Teil der bisherigen 17 Stiko-Mitglieder scheidet nun aus. Darunter ist auch der Virologe Thomas Mertens, seit 2017 Vorsitzender des Gremiums. Er hatte bereits vor längerer Zeit angekündigt, nicht mehr für eine weitere Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Unter den Fachleuten, die in der Stiko bleiben, sind etwa der Virologe Klaus Überla (Universitätsklinikum Erlangen) und Jörg Meerpohl vom Cochrane Zentrum Deutschland. 

    Aus der Forschung und klinischen Medizin neu dabei sind unter anderem: Stefan Flasche (London School of Hygiene & Tropical Medicine), Berit Lange (Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung) und Reinhard Berner, (Universitätsklinikum Dresden).

    Die größeren personellen Veränderungen waren schon länger angekündigt. Im Zuge dessen wurde auch die Berufungszeit auf maximal drei Perioden à drei Jahre begrenzt. Dies soll dazu beitragen, die Unabhängigkeit des Gremiums zu sichern, wie es vom Ministerium hieß. dpa

    • BMG
    • Corona-Impfungen
    • Karl Lauterbach

    WissZeitVG: Einigung auf Nicht-Einigung steht bevor

    Das BMAS erwägt seinen Ressortvorbehalt gegen den BMBF-Referentenentwurf zum WissZeitVG fallen zu lassen. Das berichtete gestern zuerst der Wiarda-Blog, ohne dabei allerdings konkrete Quellen zu nennen. Nach Recherchen von Table.Media ist bislang kein akuter Durchbruch bei den Ressortverhandlungen in Sicht. Allerdings erscheint ein Vorgehen durchaus gangbar, bei dem BMAS und BMBF sich darauf einigen, dass der Referentenentwurf der Forschungsministerin ohne Zustimmung der SPD ins Parlament kommt.

    Dort könnte dann, wie bereits berichtet, eine Aufweichung der Tarifsperre den Konflikt zwischen den beiden Ressorts befrieden. Der Wiarda-Blog berichtet, dass im sogenannten Zuleitungsschreiben, mit dem der Gesetzentwurf ins Kabinett gehen soll, eine Erweiterung der Tarifklausel im WissZeitVG geprüft werden soll. Dabei könnten die Aspekte Höchstbefristungsdauer und Zeitpunkt der Anschlusszusage an die Tarifparteien zur Aushandlung gegeben werden.

    Unterschiedliche Bedürfnisse an Postdoc-Phase

    Ein Vorgehen, das durchaus sinnvoll erscheint, weil verschiedene Institutionen, Fächer und Bereiche im bisherigen Diskussionsprozess zur WissZeitVG-Novelle unterschiedliche Bedürfnisse in Sachen Postdoc-Phase geäußert haben. Wie – unter dieser Prämisse – Tarifverhandlungen anschließend konkret aussehen könnten, lasse sich nicht vorwegnehmen, solange ein Fall der Tarifsperre nicht greifbar ist, sagte Andreas Keller auf Nachfrage von Table.Media. Es gäbe zudem noch einige Hindernisse, etwa dass außeruniversitäre Forschungseinrichtungen zunächst einmal überhaupt einen Tarifvertrag mit den Gewerkschaften aushandeln müssten.

    Im Interview mit Table.Media hatte der zuständige BMBF-Staatssekretär Jens Brandenburg gesagt: “Es gibt enorme Unterschiede zwischen den Fachkulturen. In vielen Gesprächen vor allem an naturwissenschaftlichen Einrichtungen hat mir auch die Arbeitnehmerseite klar signalisiert, dass ihre Forschung damit unmöglich wäre.” Ein Abrücken von der FDP-präferierten Lösung einer 4+2-Lösung in der Postdoc-Phase hatte er damals ausgeschlossen.

    Sowohl das BMAS als auch das BMBF wollen sich auf Nachfrage derzeit nicht zum konkreten Stand der Kabinettsverhandlungen äußern. tg

    • BMBF
    • WissZeitVG

    Presseschau

    FAZ. Evaluation in Dauerschleife. Wolfgang Krischke skizziert in der Printausgabe (14.2.) der FAZ die mühseligen Reformbemühungen der deutschen Forschungspolitik in den vergangenen 30 Jahren. Damals gab es, so Krischke, parallel zum Bologna-Reformprozess einen Switch zu einem neoliberalen “New Public Management”-Ansatz in der Wissenschaftspolitik. In die faktenfundierte Beschreibung der sich daraus ergebenden – hinlänglich bekannten Missstände – verpackt Krischke seine eigentliche Kritik an einer daraus resultierenden, vermeintlich zu “woken” modernen Wissenschaftspolitik, die die Freiheit selbiger bedenklich einschränke.

    Tagesspiegel. Riskanter nächster Versuch: Start privater Mondmission verzögert sich. Es ist ein weiterer Meilenstein im Paradigmenwechsel der Raumfahrt: Die US-Firma Intuitive Machines will mit Nova-C auf dem Mond landen. Wegen technischer Probleme musste der Start jetzt verschoben werden. Durch die Privatisierung der Raumfahrt werden auch die Risiken höher, schreibt Ralf Nestler. Weil Firmen schneller sein müssen, müssen sie auch wagemutiger sein. Bei Fehlschlägen wurde schon teures wissenschaftliches Gerät zerstört. Das könnte in Zukunft noch häufiger passieren. Mehr

    • Forschungspolitik

    Heads

    Christoph Huber – Pionier der Immuntherapie 

    Christoph Huber, Vorreiter der Immuntherapieforschung, wurde am 14. Februar 80 Jahre alt, mischt aber in der Wissenschaft weiterhin mit.

    Von Ruhestand kann bei Christoph Huber keine Rede sein. Diesen Tag Anfang Februar hat der Biontech-Mitgründer mit Sporttherapie begonnen, danach steht ein zweistündiges Online-Meeting in seinem Terminkalender. Sechs Stunden pro Tag sitze er im Moment vor dem Computer – zwei bis drei Tage in der Woche sei er “unterwegs”, so der gebürtige Österreicher, der in dieser Woche, am 14. Februar, seinen 80. Geburtstag gefeiert hat. Womit beschäftigt sich Huber gerade?

    Im englischen Cambridge betreue er seit Anfang des Jahres den Aufbau des Biotech-Start-ups “Momentous Therapeutics”, erzählt er im Interview. Doch das ist noch nicht alles. An der Medizinischen Universität Wien ist Huber seit kurzem als Universitätsrat schwerpunktmäßig für den Transfer von Forschung in die klinische Nutzung zuständig. Und in Portugal engagiert er sich als Berater für eine große Gesundheitsstiftung, die eine Herstellungsanlage für die genetische Manipulation von Abwehrzellen baut. “Ich habe meine Lebenserfahrung, ich habe meine Netzwerke und ich bin sehr ausdauernd – das brauchen junge Leute manchmal”, sagt er. 

    Interesse an Krebsforschung nach Verlust des Kollegen

    Er entstamme einer “Tiroler Gelehrtenfamilie mit einem gewissen Übergewicht an Medizinern”, erzählt der Österreicher. Sein Medizinstudium absolvierte er an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck und spezialisierte sich auf das Fach Innere Medizin. Ausgelöst durch ein privates Erlebnis, begann Huber sich schon früh für die Krebsforschung zu interessieren: “Einer meiner Studienkollegen verstarb innerhalb von zwei Wochen an einer akuten Leukämie. Das hat mich damals tief bewegt.”

    Der Mediziner erkannte, dass sich Abwehrzellen nicht nur bei Virusinfektionen oder bei der Abstoßung von Fremdtransplantaten vermehren, sondern auch bei jeder Art von bösartiger Krankheit. Für das Fachjournal Nature schrieb er darüber seine erste Publikation. Es war ein früher Beitrag zur Krebsimmuntherapie – inzwischen eine zentrale Hoffnung der Medizin, um das Immunsystem gezielt auf Tumore zu richten. 

    Nach seiner Facharztausbildung und Habilitation forschte Huber in Schweden und in den USA, bevor er an der Universitätsklinik Innsbruck 1983 Leiter einer der ersten europäischen Stammzell-Transplantations-Einrichtungen wurde. In den 1990er-Jahren baute er in Mainz eine Universitätsklinik mit zahlreichen Forschungsgruppen, richtungsweisenden Strukturen und internationalen Forschungsnetzwerken auf. “In Mainz ist es uns trotz aller Schwierigkeiten gelungen, eine optimierte und menschliche Patientenbetreuung mit Spitzenforschung, bis hin zu Firmenausgründungen und ersten Zulassungen von Produkten, zu verbinden”, sagt er rückblickend. 

    Immuntherapie-Innovation in den kleinen Unternehmen

    Nicht ganz einfach zu beschreiben ist Hubers Rolle bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Bekannt geworden ist er als einer der drei Mitgründer des Mainzer Biotechnologie-Unternehmens Biontech, das mit seinem auf der mRNA-Technologie beruhenden Covid-19-Impfstoff weltbekannt wurde. Er habe lediglich an den “Vorarbeiten zu neuen Impfverfahren, am Aufbau der Strukturen und dem Entschluss für die Impfstoff-Entwicklung mitgewirkt”, sagt Huber.

    Der eigentliche Verdienst gelte seinen Partnern und Freunden Uğur Şahin und Özlem Türeci. Trotzdem ist es ihm wichtig, noch etwas zu betonen: Innovationen im Immuntherapiebereich würden in Europa durch kleine und mittlere Unternehmen vorangetrieben, die wie Biontech aus Universitäten ausgegründet worden sind und sich mit Risikokapital finanzieren. “Über 80 Prozent der neuen Wirkstoffe stammen von diesen Unternehmen.” Gabriele Voßkühler 

    • Forschung
    • Innovation
    • Medizin
    • Mittelstand
    • Unternehmen

    Personalien

    Claudia Denkinger erhält eine Heisenberg-Professur. In Heidelberg entwickelt die Infektionsforscherin mit ihrem Team am Zentrum für Infektiologie des Universitätsklinikums neuartige Diagnostik-Methoden für Infektionskrankheiten wie Tuberkulose.

    Olav Götz und Birte Schöpke wechseln ins Präsidium der Apollon Hochschule der Gesundheitswirtschaft. Götz löst Kurt Becker in seiner Rolle als Vizepräsident für Forschung ab und kümmert sich zusätzlich um den Bereich Internationalisierung. Schöpke bekleidet die neu geschaffene Position der Vizepräsidentin für Akkreditierung und akademische Angelegenheiten.

    Jens Hermsdorf wird ab April die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) in Berlin leiten. Zurzeit ist er Präsident der Hochschule Worms und Dualen Hochschule Rheinland-Pfalz. Hermsdorf löst Andreas Zaby ab, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr angetreten ist und nun zur Agentur für Sprunginnovationen in Leipzig wechselt.

    Daniel Paech, geschäftsführender Oberarzt der Klinik für Neuroradiologie des Universitätsklinikums Bonn (UKB), wird eine Professur an der renommierten Harvard Medical School im Februar 2024 antreten. Neben seiner ärztlichen Tätigkeit in der Neuroradiologie in Bonn wird er am Mass General Brigham in Boston als Direktor des Ultra-Hochfeld-MRT Programms der Radiologie tätig sein.

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Mehr von Table.Media

    Berlin.Table. Krise der Wirtschaft: Lindner will Wachstumsagenda: Die FDP kämpft mit schlechten Umfragewerten und der Bundesfinanzminister mit der Konkurrenz in der Union. In den wirtschaftlich schwierigen Zeiten setzt er jetzt auf eine Wachstumsagenda – und auf eine Partnerschaft mit Robert Habeck. Mehr

    Bildung.Table. Digitalpakt II: Einigung zwischen Bund und Ländern hakt an der Finanzierung. Die Verhandlungen zum Digitalpakt II gestalten sich offenbar schwieriger als bislang beteuert. Bund und Länder streiten um die Finanzierung. In Berlin werden bereits verschiedene Szenarien diskutiert. Mehr

    Bildung.Table. Wieso die Bildungsplattform ein großes Sprachmodell braucht. Die sogenannte Vernetzungsinfrastruktur des Bundes ist sehr teuer – und sehr unbekannt. KI-Experten sind überzeugt: Das würde sich ändern, wenn dort ein sicheres, kostenfreies Sprachmodell für Bildungseinrichtungen sein Zuhause hätte. Mehr

    Europe.Table. Weniger Investitionen: Ökonomen beurteilen neue EU-Schuldenregeln kritisch. Mitgliedstaaten und Europaparlament haben sich auf neue Fiskalregeln geeinigt. Experten halten diese für besser als die rigiden alten Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Dennoch könnten sie für die Klimaziele nötige Investitionen verhindern. Mehr

    Security.Table. Putin findet immer neue Schlupflöcher im EU-Sanktionsregime: Russland umgeht noch immer die 60-Dollar-Grenze bei Ölexporten. Gelingt es dem Westen nicht, das zu unterbinden, wird Putin den Krieg gegen die Ukraine weiter finanzieren können. Ob Russland ökonomisch stärker oder schwächer unter Druck gerät, entscheiden mehrere Faktoren. Mehr

    Research.Table Redaktion

    RESEARCH.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen