bereits im Mai, ganz zu Beginn der Fördermittel-Affäre im BMBF, gab es Rücktrittsforderungen. Hochschullehrende und Studierende kritisierten Bettina Stark-Watzinger (FDP) und verlangten ihre Ablösung. Wenig später kam, wir erinnern uns, die Kritik führender Köpfe aus der Wissenschafts-Community dazu. Die Ministerin antwortete damals zwar auf den betreffenden Brief, um den Wissenschaftlern und Hochschullehrenden dann ausführlich zu erklären, was diese im Umgang mit den propalästinensischen Protesten an Hochschulen zu tun und zu lassen haben.
Stand heute musste sich die Forschungsministerin 1x im Bundestag und 2x in Sondersitzungen im Forschungsausschuss zu den Vorgängen in ihrem Haus erklären. 3x wurden sensible Interna aus dem Führungskreis des BMBF an die Presse durchgestochen, zuletzt am vergangenen Freitag. Diese wecken erneut Zweifel an den Aussagen Stark-Watzingers, etwa erst später von den Vorgängen um die umstrittenen Prüfaufträge gewusst zu haben.
Aktuell laufen im Rahmen der Fördermittel-Affäre mehrere Gerichtsverfahren und IFG-Anträge gegen das BMBF. Viele sagen, der Schaden für das Ansehen des Hauses, der Ministerin und des Wissenschafts-Standorts Deutschland ist durch das Gebaren der Ministerin immens. Dennoch scheint all dies keine Folgen für die Spitze des Hauses zu haben.
Seitens der Koalitionspartner kommt nur leise Kritik. Politisch gedacht, vielleicht folgerichtig, käme doch mit der Ablösung Stark-Watzingers eine unglaubliche Unruhe in die sowieso schon auseinanderfallende Ampel. Die FDP würde bei einer Ablösung darauf beharren, eine Nachbesetzung nur im Rahmen einer allgemeinen Kabinettsumbildung durchzuführen. Das wiederum kann der Kanzler nicht wollen.
In der Regierungskonferenz am Montag antwortete seine Sprecherin auf die Frage, ob Stark-Watzinger noch das Vertrauen des Bundeskanzlers habe: “Ja.” Ein “Ja” auch bei der Nachfrage, ob sich Olaf Scholz denn über die sogenannte Fördergeld-Affäre und das, was am Wochenende bekannt wurde, informiert habe. Darauf antwortet die Sprecherin nur: “Natürlich nimmt der Bundeskanzler die Berichterstattung dazu wahr. Natürlich nimmt er das wahr.” Na, immerhin.
Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre,
Berichte über den Inhalt geleakter Chats, die hochrangige Mitglieder der Hausspitze des Bundesforschungsministeriums untereinander austauschten, setzen Ministerin Bettina Stark-Watzinger stark unter Druck. Die neuen Informationen, die zuerst durch das ARD-Hauptstadtstudio und später durch den Spiegel veröffentlicht wurden, zeigen, dass die Forschungsministerin offenbar sehr viel tiefer in die Ereignisse der Fördermittel-Affäre verstrickt ist, als sie bisher öffentlich zugegeben hat.
Zum einen ist den Chats zu entnehmen, berichtet tagesschau.de, dass die frühere Staatssekretärin Sabine Döring eine wichtige Mail, in der sie sich an die Mitarbeitenden des BMBF gewandt hatte – und die Verantwortung für die umstrittenen Fördermittel-Prüfungen auf sich nahm (“Ich wurde missverstanden”) – offenbar “weder freiwillig versandt noch komplett selbst formuliert hat”, schreibt der Spiegel. Vielmehr wurde diese Mail durch den Kommunikations-Chef begleitet – die Ministerin selbst erkundigte sich zudem mehrfach nach dem Inhalt der Mail und auch, ob das Schreiben denn nun pünktlich verschickt worden sei. Zwei Tage nach dem Versenden wurde Sabine Döring damals durch Stark-Watzinger gekündigt.
Eine Sprecherin des BMBF weist diese Darstellung gegenüber Table-Briefings zurück und verweist auf den Beschuss des Verwaltungsgerichts Minden vom 6. September. Darin werde bestätigt, dass Sabine Döring “einen entsprechenden Einfluss auf die Gestaltung der E-Mail hatte”.
Zweitens würden die jetzt bekannt gewordenen Chats zwischen den Mitgliedern der BMBF-Hausspitze bedeuten, dass deren Inhalte nicht immer als rein privat betrachtet werden können, wie die ARD berichtet. Noch am Dienstagmorgen hatte Stark-Watzinger in der zweiten Sondersitzung zur Fördermittel-Affäre erklärt, “alles, was entscheidungsrelevant in einem Ministerium ist, wird veraktet”. Und: Amtsträger hätten das Recht auf “eine politische, persönliche Kommunikation”. Diese habe aber keine “Entscheidungs- und Aktenrelevanz“. Private Kommunikation “kommentiere ich nicht”, ergänzt die FDP-Politikerin zudem.
Die Sitzung war ergebnislos zu Ende gegangen, selbst der Koalitionspartner zeigte sich unzufrieden. “Nach dieser Ausschusssitzung sind wir als Parlament eigentlich genauso schlau wie vorher”, hatte Oliver Kaczmarek (SPD) überraschend deutlich erklärt. Der Obmann im Forschungsausschuss monierte eine unzureichende Transparenz seitens der BMBF-Spitze.
Die frühzeitig in den Ruhestand versetze Staatssekretärin Sabine Döring, die die Sitzung an diesem Tag nur von der Besuchertribüne verfolgen konnte, scheint ebenfalls bestimmte Informationen in dieser Sitzung vermisst haben. Genauer: Solche, die sie selbst am 19. Juli per E-Mail an das Ministerium geschickt hatte. Sie wolle ihrer “Pflicht zur ordnungsgemäßen Aktenführung” nachkommen, schrieb Döring darin. Angehängt hatte sie einen Vermerk, der die Ereignisse in der Fördergeldaffäre detailliert auflistete.
Sabine Döring hat daher am Donnerstag eine zweite E-Mail mit den Inhalten an Mitarbeiter im BMBF geschickt, wie sie Table.Briefings bestätigt. Sie sei “unsicher”, schrieb Döring in der Mail, ob ihr Ergebnisvermerk vom 19. Juli veraktet worden sei. Schließlich habe sie auf ihre erste E-Mail abgesehen von einer Abwesenheitsnotiz “nie eine Rückmeldung erhalten”. Diesmal habe Döring neben dem aktualisierten Ergebnisvermerk auch Screenshots der Wire-Kommunikation übersandt, schreibt der Spiegel.
Mit Durchsicht der Dokumente stellt sich erneut die Frage, ob die Forschungsministerin wirklich erst am 11. Juni über die beauftragte förderrechtliche Prüfung Bescheid wusste, heißt es im ARD-Bericht. So wird in den Wire-Chats zum Beispiel der offene Brief diskutiert, den Lehrende der Berliner Hochschulen unterzeichnet hatten. Wie die ARD berichtet, schrieb der Leiter der Kommunikation im Forschungsministerium dazu, es gehe “denen nicht um ‘Wissenschaftsfreiheit’, sondern um eine politische bis radikale Haltung, die wir bekämpfen.” Zuvor hatte sich laut dem Bericht Bettina Stark-Watzinger geäußert, unter anderem mit dem Satz: “Man kann nicht erwarten, dass man alles sagen kann und dann keinen Gegenwind ertragen.”
Sabine Döring schrieb laut den Dokumenten: “Meine Vermutung ist, dass mit Blick auf Wissenschaftsfreiheit rechtlich eine Lücke besteht. Ich gehe dem mal nach.” Das sei sicherlich als Prüfauftrag zu verstehen, allerdings nicht im Sinne einer förderrechtlichen Prüfung, kommentiert die ARD. In der obigen Unterhaltung sei die Ministerin anwesend gewesen. Wurde über diesen Prüfauftrag und wie genau er aussehen sollte dann nicht mehr gesprochen? Das erscheint angesichts der Welle, die dieser Vorgang schon im Mai im Ministerium ausgelöst hat, zumindest zweifelhaft, heißt es im ARD-Bericht.
Eine Sprecherin des Forschungsministeriums hat dazu am Sonntag kommentiert: Es gebe für diesen Verdacht “keinen Mindestbestand an Beweistatsachen”. Die Verdachtsäußerung sei “unzulässig”. An anderer Stelle weist die Sprecherin darauf hin, dass es “keine Chat-Kommunikation vor dem 11. Juni 2024 zu einem Auftrag zur Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen (gibt), an der die Ministerin beteiligt war”.
Dass nun bereits zum dritten Mal sensible Daten aus dem BMBF an Journalisten gegeben wurden, lässt jedenfalls vermuten, dass eine gewisse Unzufriedenheit an der bisherigen Aufklärung der Fördermittel-Affäre durch Bettina Stark-Watzinger besteht. Das Handeln der Ministerin kann natürlich nicht folgenlos bleiben, sagt der forschungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Thomas Jarzombek Table.Briefings. “Wir müssen nun wohl weiter an der Aufklärung arbeiten und dabei vor allem die Governance des Hauses in den Blick nehmen.”
Der Bundesrechnungshof (BRH) kritisiert die Organisationsstruktur der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), die jährlich über zwei Milliarden Euro von Bund und Ländern erhält. Es fehle an einer klaren Trennung zwischen beschlussfassenden und aufsichtführenden Organen. Der Präsident der MPG habe zu viel Einfluss und beaufsichtige sein eigenes Handeln, schreibt der BRH in seinem Bericht.
“Der Präsident ist omnipräsent in allen Organen, kann allein sogenannte Eilentscheidungen treffen und hat bei Stimmenparität das letzte Votum.” Diese Konstellation erfordere eine separate, unabhängige Aufsicht. Gleichwohl werden die Aufsichtsfunktionen von verschiedenen Organen, in denen auch der Präsident vertreten sei, “mit wahrgenommen”, schreibt der BRH.
Der Bundesrechnungshof hatte schon nach früheren Hinweisen erwartet, dass das BMBF bei der MPG auf eine entsprechende Satzungsänderung hinwirkt. Eine klare Trennung von Geschäftsführung und interner Aufsicht sei unabdingbar. Der Bund habe überdies, anders als bei anderen Außeruniversitären Forschungseinrichtungen (AuF), keinen seiner Zuwendungshöhe angemessen Einfluss und keine angemessene Vertretung in den Organen der MPG. Auch dies müsse durch eine Satzungsänderung sichergestellt werden. Diese solle sich an den Vorgaben des Public Corporate Governance Kodex des Bundes (PCGK) orientieren.
Doch der BRH nimmt nicht nur die Governance-Strukturen der MPG und die übergeordnete Aufsichtspflicht des Bundes in den Blick. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist, dass das BMBF seine Vertretung im Senat der MPG nicht ausreichend wahrnimmt.
Zur Untermauerung dieser Kritik benennt der BRH einige Beispiele:
Mangelnde Präsenz des BMBF im Senat der MPG: Die damals noch allein stimmberechtigte Bundesministerin Anja Karliczek (CDU) versäumte beispielsweise die Wiederwahl des Präsidenten der MPG und die Wahl eines Senatsmitglieds in den Prüfungsausschuss. Des Weiteren versäumte sie die Beschlüsse über den Wirtschaftsplan 2020 der MPG sowie des ersten handelsrechtlichen Abschlusses und dessen Ergebnisse. Auch bei wesentlichen Sitzungen des Senats im Zuge einer Institutsneugründung war sie nicht präsent. Insgesamt seien im Zeitraum von 2016 bis 2020 nur bei 15 Prozent der Sitzungen stimmberechtigte BMBF-Vertreter anwesend gewesen. Seit 2021 können nun auch Staatssekretäre und nicht nur die Ministerin das BMBF im Senat vertreten. Der BRH hält dies nicht für ausreichend, fordert eine Vertretungsmöglichkeit auf Abteilungsleiterebene. Dem BMBF wirft er vor, dass dieses die Rolle des Senats herunterspiele und lediglich auf eine übergeordnete Kontrolle der GWK verweise.
Fehlende Konsequenzen aus Prüfungsausschussbericht: Der BRH weist auch darauf hin, dass einige Handlungsbedarfe durch den Prüfungsausschuss der MPG thematisiert wurden. Diese wurden jedoch vom Senat – und damit auch vom BMBF – nicht aufgegriffen. Beispiele seien die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung oder die Wirksamkeit des Risiko- und Compliance-Managements gewesen.
Mittelfristige Finanzplanung: Kritisiert wird ebenfalls, dass Mittelaufwüchse im Rahmen des Paktes für Forschung und Innovation von drei Prozent wiederholt noch vor deren Beschluss in die Finanzplanung übernommen wurden. Anlass für eine Diskussion dazu sah im Senat niemand, obwohl das BMBF auf diesen Punkt hingewiesen hatte. “Trotz ihrer eigenen Einwände und Bedenken hat die BMBF-Vertretung zugelassen, dass der Senat eine mittelfristige Finanzplanung zustimmend zur Kenntnis nimmt, die nicht der Beschlusslage von Bund und Ländern zum PFI entspricht”, vermerkt der BRH.
Finanzierung des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung (EIFO): Ein Kritikpunkt bezieht sich auf die Entwicklung des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung (EIFO) – heute Max-Planck-Institut für nachhaltige Materialien. Aus diesem wollte sich in den 2010er Jahren die Stahlindustrie nach und nach zurückziehen. Bis dahin hatte die Industrie 50 Prozent an dem als GmbH organisierten Institut gehalten und auch hälftig zur Grundfinanzierung beigetragen.
In seiner Sitzung im November 2017 nahm der Senat Kenntnis vom neuen Finanzierungsvertrag des EIFO. Bund und Länder sagten im Gegenzug zu, ihre Anteile nicht zu kürzen. Die wegfallenden Mittel der Industrie sollten durch Einsparungen und (zeitlich begrenzte) Sonderfinanzierungen des Sitzlandes ausgeglichen werden.
Doch im Juni 2019 führte der Generalsekretär zur Jahresrechnung 2018 aus, dass das EIFO mehr Mittel seitens der MPG erhalten habe als ursprünglich geplant. In der folgenden Sitzung informierte der Präsident dann den Senat darüber, dass die MPG die 50 Prozent Gesellschafteranteile der Industrie am EIFO erwerben wolle. Eine Diskussion oder Erörterung des Senats darüber sei im Sitzungsprotokoll nicht vermerkt, hält der BRH fest.
Im Zusammenhang mit der Entscheidung bemängelt der BRH nicht nur die mangelnde Diskussionskultur des Senats. Auch die Intransparenz bezüglich möglicher Folgen der Entscheidung stößt auf Kritik. Eine Planung mit “möglichen Szenarien und Optionen einschließlich des geschätzten Finanzierungsbedarfs und der möglichen Finanzierungsquellen” war dem Anschein nach im Vorfeld der Sitzungen nicht verfügbar.
Anscheinend hat also der Senat der MPG – zumindest, wenn man der Darstellung des BRH folgt – ohne tiefergehende Kenntnisse, ohne Planungen und Szenarien über die Zukunft des EIFO entschieden. Mittlerweile übernehmen die Zuwendungsgeber 100 Prozent der nun 19,3 Millionen Euro Grundfinanzierung des EIFO, wie die MPG Table.Briefings bestätigte. Das bedeutet, dass nun 10 Millionen Euro jährlich mehr von Bund und Ländern getragen werden müssen.
Martin Stratmann, zur betreffenden Zeit Präsident der MPG, war zuvor Direktor des EIFO. Um etwaige Vorwürfe der Befangenheit von vorneherein auszuräumen, hat er die Gestaltung des neuen Finanzierungsvertrags des EIFO und die Entscheidung zur Übernahme der Gesellschafteranteile an den zuständigen Vizepräsidenten delegiert. Das bestätigte eine Sprecherin der MPG auf Anfrage von Table.Briefings.
Auch wenn an diesem Fall deutlich wird, dass eine kritische Kontrolle insbesondere des Senats kaum stattfand, sieht die MPG insgesamt keine Notwendigkeit, ihre Satzung zu verändern, wie sie auf Anfrage von Table.Briefings bestätigte. Es gebe “keine zwingende Aufgabentrennung zwischen beschlussfassenden und aufsichtführenden Gremien”. Die MPG habe sich dafür entschieden, in ihrer Governance exekutive und beaufsichtigende Elemente zu vereinigen. Ein eigenständiges Aufsichtsgremium nach dem Muster eines aktienrechtlichen Aufsichtsrats oder eines Hochschulrats sei zudem keine zwingende Voraussetzung für ein funktionsfähiges Governance- oder Compliance-Konzept.
Weiterhin verweist die MPG darauf, dass “Bund und Länder als Zuwendungsgeber über mehrere Senatssitze und Gastrechte in angemessener Weise in die Arbeit des Senats und seiner Ausschüsse eingebunden” seien. “Dass Bund und Länder hier ggf. nicht immer präsent sind, ist ein anderes Thema”. Über die Abwesenheit von Hubert Aiwanger, der von der KMK in den Senat entsandt worden war, wurde vielfach berichtet.
Zuletzt verweist eine Sprecherin der MPG auf den unter Martin Stratmann 2015 neu eingeführten Prüfungsausschuss. Aufgabe des Prüfungsausschusses sei es, die Rechtmäßigkeit des Haushaltsvollzugs und die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung der Gesellschaft sowie die Wirksamkeit ihres Risiko- und Compliance-Managements zu prüfen. Derzeitige Mitglieder sind: Tanja Brühl, Präsidentin der TU Darmstadt, Hagen Duenbostel, ehemaliger CEO und designierter Aufsichtsratsvorsitzender der KWS SAAT SE & Co. KGaA, Einbeck und Sabine Nikolaus, Vorsitzende der Geschäftsführung der Boehringer Ingelheim Deutschland GmbH.
Über dieses Gremium urteilt der BRH recht deutlich: “Der Prüfungsausschuss ist als Aufsichtsorgan nicht geeignet.” Für eine wirksame Aufsicht fehle es an den nötigen personellen Kapazitäten. Angesichts eines Budgets von knapp drei Milliarden Euro jährlich und nur drei Mitgliedern des Ausschusses ist diese Einschätzung nachvollziehbar.
Das BMBF stimme den Empfehlungen des Bundesrechnungshofes im Wesentlichen zu, schreibt der BRH. Es verstecke sich jedoch hinter der Autonomie der Forschungseinrichtung und ihrer historisch gewachsenen Struktur. Auch wenn es keinen direkten Einfluss auf die innere Verfassung der MPG habe, könne und solle das BMBF auf eine Änderung der Governance der MPG hinwirken.
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4. November 2024, 17 Uhr, Allgemeiner Fakultätentag e.V., Karlsruhe
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7.-9. November 2024, Berlin
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107 Nobelpreisträger aus verschiedenen Disziplinen haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem der Angriff Russlands auf das Nationale Kinderkrankenhaus Okhmatdyt in Kiew und weitere russische Angriffe, speziell auf medizinische und wissenschaftliche Einrichtungen, verurteilt werden. Bei dem Angriff am 8.Juli, bei dem mit der Okhmatdyt-Klinik das größte Kinderkrankenhaus der Ukraine getroffen wurde, waren nach ukrainischen Angaben sieben Menschen gestorben.
Neben Friedensnobelpreisträgerin Jody Williams (USA) ist der in Deutschland tätige Physik-Nobelpreisträger von 2023 Ferenc Krausz einer der beiden Initiatoren des Briefs. Dieser richte sich gegen die schweren Kriegsverbrechen, die im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine begangen wurden, schrieb Krausz in einer Mitteilung. “Besonders entsetzt waren wir über den Angriff am 8. Juli 2024, der auf tragische Weise das unsägliche Leid der Zivilbevölkerung, vor allem der jüngsten und schwächsten, verdeutlichte.”
Dass nach den Anschlägen eine UN-Krisensitzung unter russischem Vorsitz stattgefunden habe, sei eine “Farce” und verdeutliche, dass es eine Reform der Vereinten Nationen brauche, heißt es in dem Brief. Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden, Straflosigkeit schüre Gewalt. Leider hätten diese Gräueltaten mit den jüngsten Angriffen auf die zentralukrainische Stadt Poltawa Anfang September, bei denen auch ein Krankenhaus und eine Universität getroffen wurden, eine weitere grausame Fortsetzung gefunden, die nicht hinnehmbar sei, kommentierte Krausz.
Der österreichisch-ungarische Physiker hatte zusammen mit Unterstützern kurz nach Beginn des Invasionskriegs Russlands die Hilfsorganisation Science4People gegründet, die sich in der Ukraine nachhaltig mit Hilfsmaßnahmen und Bildungsinitiativen um die Menschen vor Ort kümmert und diese materiell unterstützt. So sollen vor allem Kinder und Jugendliche in den Kriegswirren weiterhin den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Krausz rief dazu auf, sich der Petition anzuschließen. tg
Am vergangenen Donnerstag debattierte der Bundestag über den Haushaltsentwurf des BMBF für das Jahr 2025. 833 Millionen mehr soll das Forschungsministerium im kommenden Jahr verausgaben dürfen. Gleichzeitig ist für das BMBF jedoch eine Globale Minderausgabe von ungefähr 800 Millionen vorgesehen. Während die Koalition auf Aufwüchse, Kontinuität und Investitionen in Innovationen verweist, bemängelt die Opposition die zähe Umsetzung vieler Projekte durch das BMBF.
Politiker der Ampelkoalition wie Wiebke Esdar, Oliver Kaczmarek (beide SPD) oder Bruno Hönel (Grüne) betonten das steigende BMBF-Budget in schwierigen Zeiten. Die Entfesselung der Sprind, der Start der Dati-Piloten und die steigende Forschungszulage wurden als Errungenschaften der Ampel dargestellt, genauso das Startchancen-Programm.
Allerdings gab es auch innerhalb der Ampel-Koalition Kritik an einigen Haushaltsplanungen sowie an der schleppenden Umsetzung einiger Vorhaben durch das BMBF. Esdar kritisierte ebenso wie ihr Parteikollege Holger Mann den absehbaren Stopp der BMBF-Förderung für die Batterieforschung.
Mann nahm ebenfalls die vorgesehene 17-prozentige Kürzung bei der Wissenschaftskommunikation in den Blick. Diese sei ein falsches Signal. Es brauche im Gegenteil mehr Er- und Aufklärung. Mit Blick auf den Antrag der Koalitionsfraktionen zur Wissenschaftskommunikation mahnte er, man müsse seine eigenen Aufträge ernst nehmen.
Opposition und Ampel-Politiker befanden: Dati und das Wissenschaftszeitvertragsgesetz kommen zu langsam voran. Nadine Schön (CDU) benannte weitere Baustellen aus Sicht der Unionsfraktion. So engagiere sich das BMBF beim Tierschutzgesetz zu wenig für eine forschungsfreundliche Lösung, es gebe keine Regulierung zur Kernfusion und die Entbürokratisierung komme ebenfalls nicht voran.
Zu viel Bürokratie beklagte auch ihr Kollege Thomas Jarzombek. Mit Blick auf den Pakt für Forschung und Innovation (PFI) schlug er vor, die kleinteiligen Zielvereinbarungen abzuschaffen. Das Monitoring des Paktes müsse dringend vereinfacht werden, sagte der CDU-Forschungspolitiker.
Jarzombek kritisierte darüber hinaus, dass es nicht gelinge, neue Finanzierungsquellen für Forschung und Innovation zu erschließen. Durch entsprechende Kofinanzierungsmodelle könnten beispielsweise mehr private Mittel generiert werden. Auch das Sondervermögen der Bundeswehr hätte zumindest zum Teil für Innovation genutzt werden können. mw
FAZ: Merkel setzt sich für Wissenschaftlerinnen ein. Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fordert mehr Hilfe für junge Wissenschaftlerinnen. Ein Mittel dazu sei der Ausbau der Kinderbetreuung. Diese sei in der DDR besser ausgebaut gewesen als im Westen und deswegen diskreditiert worden. (“Die Altkanzlerin will mehr Hilfe für Wissenschaftlerinnen”)
Spiegel: Immer mehr werden gefördert. Die Zahl der vom Bund geförderten Institutionen ist in den vergangenen 20 Jahren von 190 auf 231 gestiegen. Nicht nur wissenschaftliche Einrichtungen, sondern auch politische Organisationen wie das “Progressive Zentrum” erhalten Staatsgeld. Institutionen aus den Bereichen Politik, Kultur, Kunst oder Wissenschaft schätzen Förderungen besonders, da diese oft über viele Jahre hinweg gewährt werden. (” “Steuergeld munter verteilt””)
Spektrum: Wissenschaftlerschreck AfD. Noch sind ostdeutsche Hochschulen bei Studenten und Wissenschaftlern aus dem Ausland beliebt. Die Ausstattung ist gut und die Lebenshaltungskosten im Osten sind niedriger als im Westen. Doch die aktuelle Entwicklung könnte diese Erfolgsgeschichte beenden. (“Bedroht der Rechtsruck die Internationalität ostdeutscher Hochschulen?”)
Zeit: Befristung ist an Unis normal. Ungefähr zwei Drittel der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an deutschen Hochschulen sind befristet angestellt. Laut dem Statistischen Bundesamt waren Ende 2023 etwa 66 Prozent (186.100) des hauptberuflichen wissenschaftlichen Hochschulpersonals befristet beschäftigt, während nur 34 Prozent (95.500) unbefristete Verträge hatten. Etwa 61 Prozent (170.700) der Beschäftigten arbeiteten in Vollzeit, während 39 Prozent (110.900) in Teilzeit tätig waren. (“Mehrheit des wissenschaftlichen Hochschulpersonals arbeitet befristet”)
Standard: Quantenforschung in Österreich. Zwei bedeutende Entwicklungslinien, die zur Gründung des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation und zum Erfolg der Quantenphysik in Österreich führten, begannen in den 1990er Jahren in Innsbruck. (“Wie Österreich zum Zentrum für revolutionäre Quantenforschung wurde”)
Das Parlament: Streit um Forschungsetat. Im nächsten Jahr sollen 22,3 Milliarden Euro für Bildung und Forschung bereitgestellt werden. Die Opposition hält dies für unzureichend, während die Ministerin ihren Haushalt verteidigt. (“Ampel und Opposition streiten um Zukunftsinvestitionen”)
Kurier: Innovation für Oberfranken. Oberfrankens Wirtschaft setzt auf Innovationen. In Bayreuth gibt es nun einen Ort, an dem Unternehmer mit Forschern der Fachrichtungen Digitales und Materialien ins Gespräch kommen und an Lösungen für die Zukunft arbeiten können. (“Wissenschaftler und Unternehmen rücken zusammen”)
Der Draghi-Report legt den Finger in die Wunde. Die Wettbewerbsfähigkeit Europas verblasst. Die Produktivitätslücke zu den USA wächst weiter. Der technologische Wandel beschleunigt sich und Europa hinkt bei neuen digitalen Technologien hinterher. Die geopolitische Stabilität schwindet. Die Abhängigkeiten werden zu Schwachstellen, die Herausforderungen in den Bereichen Energieversorgung und Sicherheit nehmen zu.
Nach der Lektüre des Draghi-Reports bleibt ein wesentlicher Eindruck: Wir beobachten in Europa – und auch bei uns in Deutschland – nicht bloß konjunkturelle Schwankungen, sondern wir erleben strukturelle Umbrüche, die Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft grundlegend verändern werden. Denn für Deutschland, die größte Volkswirtschaft in der EU, sind die Entwicklungen auf europäischer Ebene hochrelevant.
Schauen wir auf die Innovationslücke und mögliche Handlungsoptionen für die Politik. Drei ausgewählte Beobachtungen des Berichts, die auch in Deutschland interessieren müssen.
Alle drei Ergebnisse illustrieren: Mit kleineren Konjunkturmaßnahmen, mit Aufstockung von Förderbudgets oder der Entwicklung einzelner Fördermaßnahmen werden wir keinen Unterschied machen. Es braucht mindestens eine kleine Revolution. Denn die strukturellen Herausforderungen erfordern ein Neudenken der Forschungs- und Innovationspolitik und damit neue Prioritäten. Von BDI bis zum Start-up Verband – aktuell werden viele Analysen und Empfehlungen öffentlich. Die Ergebnisse spiegeln diesen grundsätzlichen Eindruck in unterschiedlichen Facetten wider.
Wie können wir also Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit von Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft wieder stärken – in Deutschland und Europa? Diese Frage gilt es jetzt zu lösen. Ich glaube, wir müssen stärker gemeinsam wirken, in Bildung, Wissenschaft und Innovation. Wir müssen unsere Kräfte bündeln und das auf allen Ebenen.
Drei Gedanken dazu:
Draghis Analyse gibt wichtige Impulse, sie sind ein Weckruf. Wir müssen unsere Prioritätensetzung in der Forschungs- und Innovationspolitik neu denken. Ein Weiter so scheint weder für den Deutschland noch für Europa eine Option.
Die Quantentechnologie verspricht einen völlig neuen Umgang mit Daten. Dazu gehört unter anderem, dass sehr komplexe Berechnungen möglich werden, die beispielsweise in der Material- und Pharmaindustrie oder beim Management in Stromnetzen der Zukunft hilfreich sind. Und sie ermöglicht es, sensible Daten wirklich abhörsicher zu übertragen. Entscheidend dafür ist es, eine Verknüpfung zwischen Quantenobjekten über große Entfernungen herzustellen.
Simon Storz, Jahrgang 1991, von der ETH Zürich ist einer der Pioniere auf diesem Gebiet. Seine Forschungen ebnen den Weg für mächtige Quantencomputersysteme und sicheren Datentransfer. Beim Falling Walls Science Summit 2024 gehört er zu den Finalisten der Kategorie Physical Science für den Breakthrough of the Year.
Während seiner Promotion befasste sich Storz damit, die sogenannte Verschränkung von Quantenobjekten über größere Distanzen zu bewerkstelligen. Das Phänomen ist aus der Sicht klassischer Physik schwer zu verstehen: Zwei Objekte sind hier auf “rätselhafte” Weise miteinander verbunden. Werden die Eigenschaften des einen gemessen, zeigt das jeweils andere umgehend die korrespondierenden Eigenschaften; man könnte meinen, zwischen beiden würden Informationen ausgetauscht. Das geschieht nicht, denn sie müssten dafür – gemessen an der Entfernung der beiden Objekte – schneller als das Licht sein.
Ein Team um Storz und seinen Doktorvater Andreas Wallraff hat das gezeigt. Sie bauten zwischen zwei Kryostaten – Superkühlschränke mit Temperaturen knapp über dem absoluten Nullpunkt bei minus 273 Grad Celsius – eine 30 Meter lange Röhre mit mehreren Wänden, die innen ein Vakuum hatte und ebenfalls extrem heruntergekühlt war. In beiden Kryostaten befindet sich ein supraleitender Schaltkreis, der auch als makroskopisches Quantenobjekt angesehen werden kann. Mithilfe eines Mikrowellen-Photons, das die Forscher eingangs durch die Röhre schickten, wollten sie die beiden Schaltkreise miteinander verschränken. Mehr als eine Million Messungen belegten, dass ihnen das tatsächlich gelungen war. Und zwar über eine Distanz, die in der Quantenwelt als gewaltig gilt.
Das eröffnet vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, etwa für verteiltes Quantencomputing. “Je nach Aufgabe dürfte es nützlich sein, mehrere Prozessoren miteinander zu verbinden, wie bei herkömmlichen Computern”, sagt Storz in einem Erklärvideo zu seiner Arbeit. Aber: Je leistungsfähiger die Chips werden, umso größer werden sie. Mit all den Kabeln steigt der Platzbedarf, sodass es in einzelnen Kryostaten – die essenziell sind fürs Quantencomputing – immer enger wird. “Es erscheint sinnvoller, für ein Quanten-Rechennetzwerk Prozessoren in mehreren Kryostaten zu verknüpfen.” Die Grundlagen dafür haben er und sein Team gelegt.
Seit dem Frühjahr forscht Storz an hybriden Quantensystemen bei Yiwen Chu, ebenfalls an der ETH Zürich. Es gehe um fundamentale Fragen der Physik. Etwa: Wie groß können Quantensysteme gemacht werden; können wir mit ihnen Aspekte der Gravitation testen? Das Interesse an dem Fach sei schon immer da gewesen. “Ich wollte wissen, wie alles funktioniert, im ganz Kleinen wie im ganz Großen”, hatte er einer Schülerreporterin für ein Video über MINT-Fächer erzählt.
Storz betreibt aber nicht nur Forschung und Wissenschaftskommunikation, er ist auch journalistisch tätig. So berichtete er kürzlich für das öffentlich-rechtliche Schweizer Radio SRF, wie es Forscher mittels Drohnen gelingt, Dinosaurierspuren schneller zu finden und zu kartieren. Ralf Nestler
Beim Falling Walls Science Summit 2024 ist Simon Storz unter den Finalisten für den Breakthrough of the Year in der Kategorie Physik. Weitere Porträts der Table.Briefings-Serie “Breakthrough-Minds” finden Sie hier.
Thomas Hirth vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Roland Ulber von der RPTU Kaiserslautern-Landau sind für ihre Verdienste um die Belange der DECHEMA mit der DECHEMA-Medaille ausgezeichnet worden. Als Vorsitzender von ProcessNet, der deutschen Plattform für Verfahrenstechnik, setzt sich Hirth seit Jahren für eine enge Zusammenarbeit mit der DECHEMA-Fachgemeinschaft Biotechnologie sowie anderen relevanten Gremien ein. Ulber wurde für sein langjähriges Engagement in den Biotechnologie-Gremien der DECHEMA geehrt. Er war sechs Jahre lang Vorsitzender des Lenkungskreises der DECHEMA-Fachgemeinschaft Biotechnologie.
Eva-Maria Neher hat in diesem Jahr die Alexander-von-Humboldt-Medaille bekommen. Die Verleihung fand im Rahmen der 133. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ) in Potsdam statt. Geehrt wurde die Göttinger Professorin für ihre naturwissenschaftliche Bildungsarbeit und ihr besonderes Engagement als Präsidentin und Vorstandsmitglied der GDNÄ. Nehler gründete im Jahr 2000 das XLAB – Göttinger Experimentallabor für junge Leute e.V., das sie bis 2018 leitete.
Ferdi Schüth ist neuer Vizepräsident der Naturforschergesellschaft GDNÄ. Der Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung wird die GDNÄ in den Jahren 2027 und 2028 als Präsident leiten und dann auf Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, folgen. Schüth war von 2014 bis 2020 Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft.
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ESG.Table. Kamala Harris: Das könnte ihre Präsidentschaft für den Inflation Reduction Act bedeuten. Mit klaren Forderungen zur Nachhaltigkeitspolitik hält sich Kamala Harris bislang zurück. Zumindest ihre politische Vergangenheit gibt aber Hinweise darauf, was die USA unter einer Harris-Präsidentschaft erwarten dürften. Mehr
Bildung.Table. Landtagswahlen: Was die Parteien in Brandenburg in der Bildung fordern. Die Landtagswahl am 22. September könnte die brandenburgische Bildungspolitik entscheidend verändern. Mit Blick auf Schulformen, Inklusion, Leistungsbewertung, Lehrermangel, Digitalisierung sowie frühkindliche und berufliche Bildung gibt es unterschiedliche Forderungen, aber auch Schnittmengen. Mehr
China.Table. Visa-Vergabe: Was 300 deutsche Unternehmen vom Außenministerium fordern. Seit Ende der Corona-Beschränkungen ist die Vergabe von Visa an chinesische Mitarbeiter nur schleppend wieder angelaufen. Deutsche Unternehmen haben nun einen Brandbrief an das Außenministerium geschickt. Mehr
Europe.Table. AI Pact: Fast 100 Organisationen sind dabei. Fast 100 Organisationen sind bereit, die Regeln des AI Act früher als gefordert umzusetzen. Um sich dem AI Pact anzuschließen, geben sie eine entsprechende Erklärung ab. Die Auftaktveranstaltung ist für den 25. September geplant. Mehr
Natürlich kommen wir in dieser Ausgabe nicht an den Ig-Nobelpreisen (ignoble = unwürdig) vorbei. Bevor vom 7. bis 14. Oktober die Nobelpreisträger bekannt gegeben werden, hat es Tradition, dass kurz zuvor auch die wissenschaftlichen Ideen prämiert werden, die erst zum Lachen und dann zum Nachdenken anregen. Ende der vergangenen Woche war es am MIT wieder so weit. Ein gravierender Unterschied zur Nobel-Forschung ist oft der praktische Nutzen der untersuchten Phänomene. In diesem Jahr zum Beispiel die Forschung von US-Wissenschaftler Jacob White und seinem an der Universität Bonn arbeitenden brasilianischen Kollegen Felipe Yamashita.
In der Kategorie Botanik wurden sie für den Beweis ausgezeichnet, dass einige echte Pflanzen die Formen von benachbarten Plastikpflanzen imitieren. “Wie sie das machen, wissen wir noch nicht”, sagte Yamashita nach der Preisübergabe. “Ich habe gerade meinen Doktor gemacht und brauche jetzt eine Anstellung, um diese Forschung fortzuführen.” Dieses Stellengesuch leiten wir hiermit gerne weiter in die Führungsetagen deutscher Hochschulen. Bedenken Sie, dass sich damit auch die Campus-Gestaltung auf ein neues Level bringen ließe.
Spannend auch die ausgezeichnete Forschung in der Kategorie Wahrscheinlichkeit. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus den Niederlanden, der Schweiz, Belgien, Frankreich, Deutschland, Ungarn und der Tschechischen Republik erhielten diesen Preis. Und zwar für die Demonstration – in der Theorie und durch 350.757 Experimente -, dass bei einem Münzwurf die Münze dazu tendiert, auf derselben Seite zu landen, auf der sie vor dem Wurf lag. Vielleicht hilft das bei der nächsten Entscheidungsfindung ja weiter, die man leicht in die eigene Richtung schnipsen möchte.
Eher nicht zum Nachmachen gedacht waren hingegen die Ergebnisse anderer Laureaten: Etwa, dass wirkungslose Medizin mit starken Nebenwirkungen teils besser wirkt als wirksame Medizin ohne Nebenwirkungen. Oder die Tatsache, dass viele Säugetiere in der Lage sind, durch ihren Anus zu atmen. Wenn Ihnen das noch nicht ausreicht, und Sie wissen möchten, wie man betrunkene und nüchterne Würmer auseinanderhält und warum tote Forellen fast so gut schwimmen wie lebendige, dann sollten Sie vielleicht doch nochmal die gesamte Zeremonie anschauen. Das können Sie hier tun. Ich wünsche viel Spaß! Tim Gabel
bereits im Mai, ganz zu Beginn der Fördermittel-Affäre im BMBF, gab es Rücktrittsforderungen. Hochschullehrende und Studierende kritisierten Bettina Stark-Watzinger (FDP) und verlangten ihre Ablösung. Wenig später kam, wir erinnern uns, die Kritik führender Köpfe aus der Wissenschafts-Community dazu. Die Ministerin antwortete damals zwar auf den betreffenden Brief, um den Wissenschaftlern und Hochschullehrenden dann ausführlich zu erklären, was diese im Umgang mit den propalästinensischen Protesten an Hochschulen zu tun und zu lassen haben.
Stand heute musste sich die Forschungsministerin 1x im Bundestag und 2x in Sondersitzungen im Forschungsausschuss zu den Vorgängen in ihrem Haus erklären. 3x wurden sensible Interna aus dem Führungskreis des BMBF an die Presse durchgestochen, zuletzt am vergangenen Freitag. Diese wecken erneut Zweifel an den Aussagen Stark-Watzingers, etwa erst später von den Vorgängen um die umstrittenen Prüfaufträge gewusst zu haben.
Aktuell laufen im Rahmen der Fördermittel-Affäre mehrere Gerichtsverfahren und IFG-Anträge gegen das BMBF. Viele sagen, der Schaden für das Ansehen des Hauses, der Ministerin und des Wissenschafts-Standorts Deutschland ist durch das Gebaren der Ministerin immens. Dennoch scheint all dies keine Folgen für die Spitze des Hauses zu haben.
Seitens der Koalitionspartner kommt nur leise Kritik. Politisch gedacht, vielleicht folgerichtig, käme doch mit der Ablösung Stark-Watzingers eine unglaubliche Unruhe in die sowieso schon auseinanderfallende Ampel. Die FDP würde bei einer Ablösung darauf beharren, eine Nachbesetzung nur im Rahmen einer allgemeinen Kabinettsumbildung durchzuführen. Das wiederum kann der Kanzler nicht wollen.
In der Regierungskonferenz am Montag antwortete seine Sprecherin auf die Frage, ob Stark-Watzinger noch das Vertrauen des Bundeskanzlers habe: “Ja.” Ein “Ja” auch bei der Nachfrage, ob sich Olaf Scholz denn über die sogenannte Fördergeld-Affäre und das, was am Wochenende bekannt wurde, informiert habe. Darauf antwortet die Sprecherin nur: “Natürlich nimmt der Bundeskanzler die Berichterstattung dazu wahr. Natürlich nimmt er das wahr.” Na, immerhin.
Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre,
Berichte über den Inhalt geleakter Chats, die hochrangige Mitglieder der Hausspitze des Bundesforschungsministeriums untereinander austauschten, setzen Ministerin Bettina Stark-Watzinger stark unter Druck. Die neuen Informationen, die zuerst durch das ARD-Hauptstadtstudio und später durch den Spiegel veröffentlicht wurden, zeigen, dass die Forschungsministerin offenbar sehr viel tiefer in die Ereignisse der Fördermittel-Affäre verstrickt ist, als sie bisher öffentlich zugegeben hat.
Zum einen ist den Chats zu entnehmen, berichtet tagesschau.de, dass die frühere Staatssekretärin Sabine Döring eine wichtige Mail, in der sie sich an die Mitarbeitenden des BMBF gewandt hatte – und die Verantwortung für die umstrittenen Fördermittel-Prüfungen auf sich nahm (“Ich wurde missverstanden”) – offenbar “weder freiwillig versandt noch komplett selbst formuliert hat”, schreibt der Spiegel. Vielmehr wurde diese Mail durch den Kommunikations-Chef begleitet – die Ministerin selbst erkundigte sich zudem mehrfach nach dem Inhalt der Mail und auch, ob das Schreiben denn nun pünktlich verschickt worden sei. Zwei Tage nach dem Versenden wurde Sabine Döring damals durch Stark-Watzinger gekündigt.
Eine Sprecherin des BMBF weist diese Darstellung gegenüber Table-Briefings zurück und verweist auf den Beschuss des Verwaltungsgerichts Minden vom 6. September. Darin werde bestätigt, dass Sabine Döring “einen entsprechenden Einfluss auf die Gestaltung der E-Mail hatte”.
Zweitens würden die jetzt bekannt gewordenen Chats zwischen den Mitgliedern der BMBF-Hausspitze bedeuten, dass deren Inhalte nicht immer als rein privat betrachtet werden können, wie die ARD berichtet. Noch am Dienstagmorgen hatte Stark-Watzinger in der zweiten Sondersitzung zur Fördermittel-Affäre erklärt, “alles, was entscheidungsrelevant in einem Ministerium ist, wird veraktet”. Und: Amtsträger hätten das Recht auf “eine politische, persönliche Kommunikation”. Diese habe aber keine “Entscheidungs- und Aktenrelevanz“. Private Kommunikation “kommentiere ich nicht”, ergänzt die FDP-Politikerin zudem.
Die Sitzung war ergebnislos zu Ende gegangen, selbst der Koalitionspartner zeigte sich unzufrieden. “Nach dieser Ausschusssitzung sind wir als Parlament eigentlich genauso schlau wie vorher”, hatte Oliver Kaczmarek (SPD) überraschend deutlich erklärt. Der Obmann im Forschungsausschuss monierte eine unzureichende Transparenz seitens der BMBF-Spitze.
Die frühzeitig in den Ruhestand versetze Staatssekretärin Sabine Döring, die die Sitzung an diesem Tag nur von der Besuchertribüne verfolgen konnte, scheint ebenfalls bestimmte Informationen in dieser Sitzung vermisst haben. Genauer: Solche, die sie selbst am 19. Juli per E-Mail an das Ministerium geschickt hatte. Sie wolle ihrer “Pflicht zur ordnungsgemäßen Aktenführung” nachkommen, schrieb Döring darin. Angehängt hatte sie einen Vermerk, der die Ereignisse in der Fördergeldaffäre detailliert auflistete.
Sabine Döring hat daher am Donnerstag eine zweite E-Mail mit den Inhalten an Mitarbeiter im BMBF geschickt, wie sie Table.Briefings bestätigt. Sie sei “unsicher”, schrieb Döring in der Mail, ob ihr Ergebnisvermerk vom 19. Juli veraktet worden sei. Schließlich habe sie auf ihre erste E-Mail abgesehen von einer Abwesenheitsnotiz “nie eine Rückmeldung erhalten”. Diesmal habe Döring neben dem aktualisierten Ergebnisvermerk auch Screenshots der Wire-Kommunikation übersandt, schreibt der Spiegel.
Mit Durchsicht der Dokumente stellt sich erneut die Frage, ob die Forschungsministerin wirklich erst am 11. Juni über die beauftragte förderrechtliche Prüfung Bescheid wusste, heißt es im ARD-Bericht. So wird in den Wire-Chats zum Beispiel der offene Brief diskutiert, den Lehrende der Berliner Hochschulen unterzeichnet hatten. Wie die ARD berichtet, schrieb der Leiter der Kommunikation im Forschungsministerium dazu, es gehe “denen nicht um ‘Wissenschaftsfreiheit’, sondern um eine politische bis radikale Haltung, die wir bekämpfen.” Zuvor hatte sich laut dem Bericht Bettina Stark-Watzinger geäußert, unter anderem mit dem Satz: “Man kann nicht erwarten, dass man alles sagen kann und dann keinen Gegenwind ertragen.”
Sabine Döring schrieb laut den Dokumenten: “Meine Vermutung ist, dass mit Blick auf Wissenschaftsfreiheit rechtlich eine Lücke besteht. Ich gehe dem mal nach.” Das sei sicherlich als Prüfauftrag zu verstehen, allerdings nicht im Sinne einer förderrechtlichen Prüfung, kommentiert die ARD. In der obigen Unterhaltung sei die Ministerin anwesend gewesen. Wurde über diesen Prüfauftrag und wie genau er aussehen sollte dann nicht mehr gesprochen? Das erscheint angesichts der Welle, die dieser Vorgang schon im Mai im Ministerium ausgelöst hat, zumindest zweifelhaft, heißt es im ARD-Bericht.
Eine Sprecherin des Forschungsministeriums hat dazu am Sonntag kommentiert: Es gebe für diesen Verdacht “keinen Mindestbestand an Beweistatsachen”. Die Verdachtsäußerung sei “unzulässig”. An anderer Stelle weist die Sprecherin darauf hin, dass es “keine Chat-Kommunikation vor dem 11. Juni 2024 zu einem Auftrag zur Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen (gibt), an der die Ministerin beteiligt war”.
Dass nun bereits zum dritten Mal sensible Daten aus dem BMBF an Journalisten gegeben wurden, lässt jedenfalls vermuten, dass eine gewisse Unzufriedenheit an der bisherigen Aufklärung der Fördermittel-Affäre durch Bettina Stark-Watzinger besteht. Das Handeln der Ministerin kann natürlich nicht folgenlos bleiben, sagt der forschungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Thomas Jarzombek Table.Briefings. “Wir müssen nun wohl weiter an der Aufklärung arbeiten und dabei vor allem die Governance des Hauses in den Blick nehmen.”
Der Bundesrechnungshof (BRH) kritisiert die Organisationsstruktur der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), die jährlich über zwei Milliarden Euro von Bund und Ländern erhält. Es fehle an einer klaren Trennung zwischen beschlussfassenden und aufsichtführenden Organen. Der Präsident der MPG habe zu viel Einfluss und beaufsichtige sein eigenes Handeln, schreibt der BRH in seinem Bericht.
“Der Präsident ist omnipräsent in allen Organen, kann allein sogenannte Eilentscheidungen treffen und hat bei Stimmenparität das letzte Votum.” Diese Konstellation erfordere eine separate, unabhängige Aufsicht. Gleichwohl werden die Aufsichtsfunktionen von verschiedenen Organen, in denen auch der Präsident vertreten sei, “mit wahrgenommen”, schreibt der BRH.
Der Bundesrechnungshof hatte schon nach früheren Hinweisen erwartet, dass das BMBF bei der MPG auf eine entsprechende Satzungsänderung hinwirkt. Eine klare Trennung von Geschäftsführung und interner Aufsicht sei unabdingbar. Der Bund habe überdies, anders als bei anderen Außeruniversitären Forschungseinrichtungen (AuF), keinen seiner Zuwendungshöhe angemessen Einfluss und keine angemessene Vertretung in den Organen der MPG. Auch dies müsse durch eine Satzungsänderung sichergestellt werden. Diese solle sich an den Vorgaben des Public Corporate Governance Kodex des Bundes (PCGK) orientieren.
Doch der BRH nimmt nicht nur die Governance-Strukturen der MPG und die übergeordnete Aufsichtspflicht des Bundes in den Blick. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist, dass das BMBF seine Vertretung im Senat der MPG nicht ausreichend wahrnimmt.
Zur Untermauerung dieser Kritik benennt der BRH einige Beispiele:
Mangelnde Präsenz des BMBF im Senat der MPG: Die damals noch allein stimmberechtigte Bundesministerin Anja Karliczek (CDU) versäumte beispielsweise die Wiederwahl des Präsidenten der MPG und die Wahl eines Senatsmitglieds in den Prüfungsausschuss. Des Weiteren versäumte sie die Beschlüsse über den Wirtschaftsplan 2020 der MPG sowie des ersten handelsrechtlichen Abschlusses und dessen Ergebnisse. Auch bei wesentlichen Sitzungen des Senats im Zuge einer Institutsneugründung war sie nicht präsent. Insgesamt seien im Zeitraum von 2016 bis 2020 nur bei 15 Prozent der Sitzungen stimmberechtigte BMBF-Vertreter anwesend gewesen. Seit 2021 können nun auch Staatssekretäre und nicht nur die Ministerin das BMBF im Senat vertreten. Der BRH hält dies nicht für ausreichend, fordert eine Vertretungsmöglichkeit auf Abteilungsleiterebene. Dem BMBF wirft er vor, dass dieses die Rolle des Senats herunterspiele und lediglich auf eine übergeordnete Kontrolle der GWK verweise.
Fehlende Konsequenzen aus Prüfungsausschussbericht: Der BRH weist auch darauf hin, dass einige Handlungsbedarfe durch den Prüfungsausschuss der MPG thematisiert wurden. Diese wurden jedoch vom Senat – und damit auch vom BMBF – nicht aufgegriffen. Beispiele seien die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung oder die Wirksamkeit des Risiko- und Compliance-Managements gewesen.
Mittelfristige Finanzplanung: Kritisiert wird ebenfalls, dass Mittelaufwüchse im Rahmen des Paktes für Forschung und Innovation von drei Prozent wiederholt noch vor deren Beschluss in die Finanzplanung übernommen wurden. Anlass für eine Diskussion dazu sah im Senat niemand, obwohl das BMBF auf diesen Punkt hingewiesen hatte. “Trotz ihrer eigenen Einwände und Bedenken hat die BMBF-Vertretung zugelassen, dass der Senat eine mittelfristige Finanzplanung zustimmend zur Kenntnis nimmt, die nicht der Beschlusslage von Bund und Ländern zum PFI entspricht”, vermerkt der BRH.
Finanzierung des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung (EIFO): Ein Kritikpunkt bezieht sich auf die Entwicklung des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung (EIFO) – heute Max-Planck-Institut für nachhaltige Materialien. Aus diesem wollte sich in den 2010er Jahren die Stahlindustrie nach und nach zurückziehen. Bis dahin hatte die Industrie 50 Prozent an dem als GmbH organisierten Institut gehalten und auch hälftig zur Grundfinanzierung beigetragen.
In seiner Sitzung im November 2017 nahm der Senat Kenntnis vom neuen Finanzierungsvertrag des EIFO. Bund und Länder sagten im Gegenzug zu, ihre Anteile nicht zu kürzen. Die wegfallenden Mittel der Industrie sollten durch Einsparungen und (zeitlich begrenzte) Sonderfinanzierungen des Sitzlandes ausgeglichen werden.
Doch im Juni 2019 führte der Generalsekretär zur Jahresrechnung 2018 aus, dass das EIFO mehr Mittel seitens der MPG erhalten habe als ursprünglich geplant. In der folgenden Sitzung informierte der Präsident dann den Senat darüber, dass die MPG die 50 Prozent Gesellschafteranteile der Industrie am EIFO erwerben wolle. Eine Diskussion oder Erörterung des Senats darüber sei im Sitzungsprotokoll nicht vermerkt, hält der BRH fest.
Im Zusammenhang mit der Entscheidung bemängelt der BRH nicht nur die mangelnde Diskussionskultur des Senats. Auch die Intransparenz bezüglich möglicher Folgen der Entscheidung stößt auf Kritik. Eine Planung mit “möglichen Szenarien und Optionen einschließlich des geschätzten Finanzierungsbedarfs und der möglichen Finanzierungsquellen” war dem Anschein nach im Vorfeld der Sitzungen nicht verfügbar.
Anscheinend hat also der Senat der MPG – zumindest, wenn man der Darstellung des BRH folgt – ohne tiefergehende Kenntnisse, ohne Planungen und Szenarien über die Zukunft des EIFO entschieden. Mittlerweile übernehmen die Zuwendungsgeber 100 Prozent der nun 19,3 Millionen Euro Grundfinanzierung des EIFO, wie die MPG Table.Briefings bestätigte. Das bedeutet, dass nun 10 Millionen Euro jährlich mehr von Bund und Ländern getragen werden müssen.
Martin Stratmann, zur betreffenden Zeit Präsident der MPG, war zuvor Direktor des EIFO. Um etwaige Vorwürfe der Befangenheit von vorneherein auszuräumen, hat er die Gestaltung des neuen Finanzierungsvertrags des EIFO und die Entscheidung zur Übernahme der Gesellschafteranteile an den zuständigen Vizepräsidenten delegiert. Das bestätigte eine Sprecherin der MPG auf Anfrage von Table.Briefings.
Auch wenn an diesem Fall deutlich wird, dass eine kritische Kontrolle insbesondere des Senats kaum stattfand, sieht die MPG insgesamt keine Notwendigkeit, ihre Satzung zu verändern, wie sie auf Anfrage von Table.Briefings bestätigte. Es gebe “keine zwingende Aufgabentrennung zwischen beschlussfassenden und aufsichtführenden Gremien”. Die MPG habe sich dafür entschieden, in ihrer Governance exekutive und beaufsichtigende Elemente zu vereinigen. Ein eigenständiges Aufsichtsgremium nach dem Muster eines aktienrechtlichen Aufsichtsrats oder eines Hochschulrats sei zudem keine zwingende Voraussetzung für ein funktionsfähiges Governance- oder Compliance-Konzept.
Weiterhin verweist die MPG darauf, dass “Bund und Länder als Zuwendungsgeber über mehrere Senatssitze und Gastrechte in angemessener Weise in die Arbeit des Senats und seiner Ausschüsse eingebunden” seien. “Dass Bund und Länder hier ggf. nicht immer präsent sind, ist ein anderes Thema”. Über die Abwesenheit von Hubert Aiwanger, der von der KMK in den Senat entsandt worden war, wurde vielfach berichtet.
Zuletzt verweist eine Sprecherin der MPG auf den unter Martin Stratmann 2015 neu eingeführten Prüfungsausschuss. Aufgabe des Prüfungsausschusses sei es, die Rechtmäßigkeit des Haushaltsvollzugs und die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung der Gesellschaft sowie die Wirksamkeit ihres Risiko- und Compliance-Managements zu prüfen. Derzeitige Mitglieder sind: Tanja Brühl, Präsidentin der TU Darmstadt, Hagen Duenbostel, ehemaliger CEO und designierter Aufsichtsratsvorsitzender der KWS SAAT SE & Co. KGaA, Einbeck und Sabine Nikolaus, Vorsitzende der Geschäftsführung der Boehringer Ingelheim Deutschland GmbH.
Über dieses Gremium urteilt der BRH recht deutlich: “Der Prüfungsausschuss ist als Aufsichtsorgan nicht geeignet.” Für eine wirksame Aufsicht fehle es an den nötigen personellen Kapazitäten. Angesichts eines Budgets von knapp drei Milliarden Euro jährlich und nur drei Mitgliedern des Ausschusses ist diese Einschätzung nachvollziehbar.
Das BMBF stimme den Empfehlungen des Bundesrechnungshofes im Wesentlichen zu, schreibt der BRH. Es verstecke sich jedoch hinter der Autonomie der Forschungseinrichtung und ihrer historisch gewachsenen Struktur. Auch wenn es keinen direkten Einfluss auf die innere Verfassung der MPG habe, könne und solle das BMBF auf eine Änderung der Governance der MPG hinwirken.
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10. Oktober 2024 an der TUM School of Management, München
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11. Oktober 2024 an der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste, Düsseldorf
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23. bis 25. Oktober 2024 am ETH AI Center in Zürich, Schweiz
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4. November 2024, 17 Uhr, Allgemeiner Fakultätentag e.V., Karlsruhe
Online-Podiumsdiskussion “Denken, Sprechen, Schreiben. Wie wichtig ist die Sprachkompetenz für das wissenschaftliche Arbeiten?” Mehr
7.-9. November 2024, Berlin
Konferenz Falling Walls Science Summit 2024 Mehr
107 Nobelpreisträger aus verschiedenen Disziplinen haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem der Angriff Russlands auf das Nationale Kinderkrankenhaus Okhmatdyt in Kiew und weitere russische Angriffe, speziell auf medizinische und wissenschaftliche Einrichtungen, verurteilt werden. Bei dem Angriff am 8.Juli, bei dem mit der Okhmatdyt-Klinik das größte Kinderkrankenhaus der Ukraine getroffen wurde, waren nach ukrainischen Angaben sieben Menschen gestorben.
Neben Friedensnobelpreisträgerin Jody Williams (USA) ist der in Deutschland tätige Physik-Nobelpreisträger von 2023 Ferenc Krausz einer der beiden Initiatoren des Briefs. Dieser richte sich gegen die schweren Kriegsverbrechen, die im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine begangen wurden, schrieb Krausz in einer Mitteilung. “Besonders entsetzt waren wir über den Angriff am 8. Juli 2024, der auf tragische Weise das unsägliche Leid der Zivilbevölkerung, vor allem der jüngsten und schwächsten, verdeutlichte.”
Dass nach den Anschlägen eine UN-Krisensitzung unter russischem Vorsitz stattgefunden habe, sei eine “Farce” und verdeutliche, dass es eine Reform der Vereinten Nationen brauche, heißt es in dem Brief. Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden, Straflosigkeit schüre Gewalt. Leider hätten diese Gräueltaten mit den jüngsten Angriffen auf die zentralukrainische Stadt Poltawa Anfang September, bei denen auch ein Krankenhaus und eine Universität getroffen wurden, eine weitere grausame Fortsetzung gefunden, die nicht hinnehmbar sei, kommentierte Krausz.
Der österreichisch-ungarische Physiker hatte zusammen mit Unterstützern kurz nach Beginn des Invasionskriegs Russlands die Hilfsorganisation Science4People gegründet, die sich in der Ukraine nachhaltig mit Hilfsmaßnahmen und Bildungsinitiativen um die Menschen vor Ort kümmert und diese materiell unterstützt. So sollen vor allem Kinder und Jugendliche in den Kriegswirren weiterhin den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Krausz rief dazu auf, sich der Petition anzuschließen. tg
Am vergangenen Donnerstag debattierte der Bundestag über den Haushaltsentwurf des BMBF für das Jahr 2025. 833 Millionen mehr soll das Forschungsministerium im kommenden Jahr verausgaben dürfen. Gleichzeitig ist für das BMBF jedoch eine Globale Minderausgabe von ungefähr 800 Millionen vorgesehen. Während die Koalition auf Aufwüchse, Kontinuität und Investitionen in Innovationen verweist, bemängelt die Opposition die zähe Umsetzung vieler Projekte durch das BMBF.
Politiker der Ampelkoalition wie Wiebke Esdar, Oliver Kaczmarek (beide SPD) oder Bruno Hönel (Grüne) betonten das steigende BMBF-Budget in schwierigen Zeiten. Die Entfesselung der Sprind, der Start der Dati-Piloten und die steigende Forschungszulage wurden als Errungenschaften der Ampel dargestellt, genauso das Startchancen-Programm.
Allerdings gab es auch innerhalb der Ampel-Koalition Kritik an einigen Haushaltsplanungen sowie an der schleppenden Umsetzung einiger Vorhaben durch das BMBF. Esdar kritisierte ebenso wie ihr Parteikollege Holger Mann den absehbaren Stopp der BMBF-Förderung für die Batterieforschung.
Mann nahm ebenfalls die vorgesehene 17-prozentige Kürzung bei der Wissenschaftskommunikation in den Blick. Diese sei ein falsches Signal. Es brauche im Gegenteil mehr Er- und Aufklärung. Mit Blick auf den Antrag der Koalitionsfraktionen zur Wissenschaftskommunikation mahnte er, man müsse seine eigenen Aufträge ernst nehmen.
Opposition und Ampel-Politiker befanden: Dati und das Wissenschaftszeitvertragsgesetz kommen zu langsam voran. Nadine Schön (CDU) benannte weitere Baustellen aus Sicht der Unionsfraktion. So engagiere sich das BMBF beim Tierschutzgesetz zu wenig für eine forschungsfreundliche Lösung, es gebe keine Regulierung zur Kernfusion und die Entbürokratisierung komme ebenfalls nicht voran.
Zu viel Bürokratie beklagte auch ihr Kollege Thomas Jarzombek. Mit Blick auf den Pakt für Forschung und Innovation (PFI) schlug er vor, die kleinteiligen Zielvereinbarungen abzuschaffen. Das Monitoring des Paktes müsse dringend vereinfacht werden, sagte der CDU-Forschungspolitiker.
Jarzombek kritisierte darüber hinaus, dass es nicht gelinge, neue Finanzierungsquellen für Forschung und Innovation zu erschließen. Durch entsprechende Kofinanzierungsmodelle könnten beispielsweise mehr private Mittel generiert werden. Auch das Sondervermögen der Bundeswehr hätte zumindest zum Teil für Innovation genutzt werden können. mw
FAZ: Merkel setzt sich für Wissenschaftlerinnen ein. Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fordert mehr Hilfe für junge Wissenschaftlerinnen. Ein Mittel dazu sei der Ausbau der Kinderbetreuung. Diese sei in der DDR besser ausgebaut gewesen als im Westen und deswegen diskreditiert worden. (“Die Altkanzlerin will mehr Hilfe für Wissenschaftlerinnen”)
Spiegel: Immer mehr werden gefördert. Die Zahl der vom Bund geförderten Institutionen ist in den vergangenen 20 Jahren von 190 auf 231 gestiegen. Nicht nur wissenschaftliche Einrichtungen, sondern auch politische Organisationen wie das “Progressive Zentrum” erhalten Staatsgeld. Institutionen aus den Bereichen Politik, Kultur, Kunst oder Wissenschaft schätzen Förderungen besonders, da diese oft über viele Jahre hinweg gewährt werden. (” “Steuergeld munter verteilt””)
Spektrum: Wissenschaftlerschreck AfD. Noch sind ostdeutsche Hochschulen bei Studenten und Wissenschaftlern aus dem Ausland beliebt. Die Ausstattung ist gut und die Lebenshaltungskosten im Osten sind niedriger als im Westen. Doch die aktuelle Entwicklung könnte diese Erfolgsgeschichte beenden. (“Bedroht der Rechtsruck die Internationalität ostdeutscher Hochschulen?”)
Zeit: Befristung ist an Unis normal. Ungefähr zwei Drittel der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an deutschen Hochschulen sind befristet angestellt. Laut dem Statistischen Bundesamt waren Ende 2023 etwa 66 Prozent (186.100) des hauptberuflichen wissenschaftlichen Hochschulpersonals befristet beschäftigt, während nur 34 Prozent (95.500) unbefristete Verträge hatten. Etwa 61 Prozent (170.700) der Beschäftigten arbeiteten in Vollzeit, während 39 Prozent (110.900) in Teilzeit tätig waren. (“Mehrheit des wissenschaftlichen Hochschulpersonals arbeitet befristet”)
Standard: Quantenforschung in Österreich. Zwei bedeutende Entwicklungslinien, die zur Gründung des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation und zum Erfolg der Quantenphysik in Österreich führten, begannen in den 1990er Jahren in Innsbruck. (“Wie Österreich zum Zentrum für revolutionäre Quantenforschung wurde”)
Das Parlament: Streit um Forschungsetat. Im nächsten Jahr sollen 22,3 Milliarden Euro für Bildung und Forschung bereitgestellt werden. Die Opposition hält dies für unzureichend, während die Ministerin ihren Haushalt verteidigt. (“Ampel und Opposition streiten um Zukunftsinvestitionen”)
Kurier: Innovation für Oberfranken. Oberfrankens Wirtschaft setzt auf Innovationen. In Bayreuth gibt es nun einen Ort, an dem Unternehmer mit Forschern der Fachrichtungen Digitales und Materialien ins Gespräch kommen und an Lösungen für die Zukunft arbeiten können. (“Wissenschaftler und Unternehmen rücken zusammen”)
Der Draghi-Report legt den Finger in die Wunde. Die Wettbewerbsfähigkeit Europas verblasst. Die Produktivitätslücke zu den USA wächst weiter. Der technologische Wandel beschleunigt sich und Europa hinkt bei neuen digitalen Technologien hinterher. Die geopolitische Stabilität schwindet. Die Abhängigkeiten werden zu Schwachstellen, die Herausforderungen in den Bereichen Energieversorgung und Sicherheit nehmen zu.
Nach der Lektüre des Draghi-Reports bleibt ein wesentlicher Eindruck: Wir beobachten in Europa – und auch bei uns in Deutschland – nicht bloß konjunkturelle Schwankungen, sondern wir erleben strukturelle Umbrüche, die Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft grundlegend verändern werden. Denn für Deutschland, die größte Volkswirtschaft in der EU, sind die Entwicklungen auf europäischer Ebene hochrelevant.
Schauen wir auf die Innovationslücke und mögliche Handlungsoptionen für die Politik. Drei ausgewählte Beobachtungen des Berichts, die auch in Deutschland interessieren müssen.
Alle drei Ergebnisse illustrieren: Mit kleineren Konjunkturmaßnahmen, mit Aufstockung von Förderbudgets oder der Entwicklung einzelner Fördermaßnahmen werden wir keinen Unterschied machen. Es braucht mindestens eine kleine Revolution. Denn die strukturellen Herausforderungen erfordern ein Neudenken der Forschungs- und Innovationspolitik und damit neue Prioritäten. Von BDI bis zum Start-up Verband – aktuell werden viele Analysen und Empfehlungen öffentlich. Die Ergebnisse spiegeln diesen grundsätzlichen Eindruck in unterschiedlichen Facetten wider.
Wie können wir also Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit von Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft wieder stärken – in Deutschland und Europa? Diese Frage gilt es jetzt zu lösen. Ich glaube, wir müssen stärker gemeinsam wirken, in Bildung, Wissenschaft und Innovation. Wir müssen unsere Kräfte bündeln und das auf allen Ebenen.
Drei Gedanken dazu:
Draghis Analyse gibt wichtige Impulse, sie sind ein Weckruf. Wir müssen unsere Prioritätensetzung in der Forschungs- und Innovationspolitik neu denken. Ein Weiter so scheint weder für den Deutschland noch für Europa eine Option.
Die Quantentechnologie verspricht einen völlig neuen Umgang mit Daten. Dazu gehört unter anderem, dass sehr komplexe Berechnungen möglich werden, die beispielsweise in der Material- und Pharmaindustrie oder beim Management in Stromnetzen der Zukunft hilfreich sind. Und sie ermöglicht es, sensible Daten wirklich abhörsicher zu übertragen. Entscheidend dafür ist es, eine Verknüpfung zwischen Quantenobjekten über große Entfernungen herzustellen.
Simon Storz, Jahrgang 1991, von der ETH Zürich ist einer der Pioniere auf diesem Gebiet. Seine Forschungen ebnen den Weg für mächtige Quantencomputersysteme und sicheren Datentransfer. Beim Falling Walls Science Summit 2024 gehört er zu den Finalisten der Kategorie Physical Science für den Breakthrough of the Year.
Während seiner Promotion befasste sich Storz damit, die sogenannte Verschränkung von Quantenobjekten über größere Distanzen zu bewerkstelligen. Das Phänomen ist aus der Sicht klassischer Physik schwer zu verstehen: Zwei Objekte sind hier auf “rätselhafte” Weise miteinander verbunden. Werden die Eigenschaften des einen gemessen, zeigt das jeweils andere umgehend die korrespondierenden Eigenschaften; man könnte meinen, zwischen beiden würden Informationen ausgetauscht. Das geschieht nicht, denn sie müssten dafür – gemessen an der Entfernung der beiden Objekte – schneller als das Licht sein.
Ein Team um Storz und seinen Doktorvater Andreas Wallraff hat das gezeigt. Sie bauten zwischen zwei Kryostaten – Superkühlschränke mit Temperaturen knapp über dem absoluten Nullpunkt bei minus 273 Grad Celsius – eine 30 Meter lange Röhre mit mehreren Wänden, die innen ein Vakuum hatte und ebenfalls extrem heruntergekühlt war. In beiden Kryostaten befindet sich ein supraleitender Schaltkreis, der auch als makroskopisches Quantenobjekt angesehen werden kann. Mithilfe eines Mikrowellen-Photons, das die Forscher eingangs durch die Röhre schickten, wollten sie die beiden Schaltkreise miteinander verschränken. Mehr als eine Million Messungen belegten, dass ihnen das tatsächlich gelungen war. Und zwar über eine Distanz, die in der Quantenwelt als gewaltig gilt.
Das eröffnet vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, etwa für verteiltes Quantencomputing. “Je nach Aufgabe dürfte es nützlich sein, mehrere Prozessoren miteinander zu verbinden, wie bei herkömmlichen Computern”, sagt Storz in einem Erklärvideo zu seiner Arbeit. Aber: Je leistungsfähiger die Chips werden, umso größer werden sie. Mit all den Kabeln steigt der Platzbedarf, sodass es in einzelnen Kryostaten – die essenziell sind fürs Quantencomputing – immer enger wird. “Es erscheint sinnvoller, für ein Quanten-Rechennetzwerk Prozessoren in mehreren Kryostaten zu verknüpfen.” Die Grundlagen dafür haben er und sein Team gelegt.
Seit dem Frühjahr forscht Storz an hybriden Quantensystemen bei Yiwen Chu, ebenfalls an der ETH Zürich. Es gehe um fundamentale Fragen der Physik. Etwa: Wie groß können Quantensysteme gemacht werden; können wir mit ihnen Aspekte der Gravitation testen? Das Interesse an dem Fach sei schon immer da gewesen. “Ich wollte wissen, wie alles funktioniert, im ganz Kleinen wie im ganz Großen”, hatte er einer Schülerreporterin für ein Video über MINT-Fächer erzählt.
Storz betreibt aber nicht nur Forschung und Wissenschaftskommunikation, er ist auch journalistisch tätig. So berichtete er kürzlich für das öffentlich-rechtliche Schweizer Radio SRF, wie es Forscher mittels Drohnen gelingt, Dinosaurierspuren schneller zu finden und zu kartieren. Ralf Nestler
Beim Falling Walls Science Summit 2024 ist Simon Storz unter den Finalisten für den Breakthrough of the Year in der Kategorie Physik. Weitere Porträts der Table.Briefings-Serie “Breakthrough-Minds” finden Sie hier.
Thomas Hirth vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Roland Ulber von der RPTU Kaiserslautern-Landau sind für ihre Verdienste um die Belange der DECHEMA mit der DECHEMA-Medaille ausgezeichnet worden. Als Vorsitzender von ProcessNet, der deutschen Plattform für Verfahrenstechnik, setzt sich Hirth seit Jahren für eine enge Zusammenarbeit mit der DECHEMA-Fachgemeinschaft Biotechnologie sowie anderen relevanten Gremien ein. Ulber wurde für sein langjähriges Engagement in den Biotechnologie-Gremien der DECHEMA geehrt. Er war sechs Jahre lang Vorsitzender des Lenkungskreises der DECHEMA-Fachgemeinschaft Biotechnologie.
Eva-Maria Neher hat in diesem Jahr die Alexander-von-Humboldt-Medaille bekommen. Die Verleihung fand im Rahmen der 133. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ) in Potsdam statt. Geehrt wurde die Göttinger Professorin für ihre naturwissenschaftliche Bildungsarbeit und ihr besonderes Engagement als Präsidentin und Vorstandsmitglied der GDNÄ. Nehler gründete im Jahr 2000 das XLAB – Göttinger Experimentallabor für junge Leute e.V., das sie bis 2018 leitete.
Ferdi Schüth ist neuer Vizepräsident der Naturforschergesellschaft GDNÄ. Der Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung wird die GDNÄ in den Jahren 2027 und 2028 als Präsident leiten und dann auf Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, folgen. Schüth war von 2014 bis 2020 Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft.
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Natürlich kommen wir in dieser Ausgabe nicht an den Ig-Nobelpreisen (ignoble = unwürdig) vorbei. Bevor vom 7. bis 14. Oktober die Nobelpreisträger bekannt gegeben werden, hat es Tradition, dass kurz zuvor auch die wissenschaftlichen Ideen prämiert werden, die erst zum Lachen und dann zum Nachdenken anregen. Ende der vergangenen Woche war es am MIT wieder so weit. Ein gravierender Unterschied zur Nobel-Forschung ist oft der praktische Nutzen der untersuchten Phänomene. In diesem Jahr zum Beispiel die Forschung von US-Wissenschaftler Jacob White und seinem an der Universität Bonn arbeitenden brasilianischen Kollegen Felipe Yamashita.
In der Kategorie Botanik wurden sie für den Beweis ausgezeichnet, dass einige echte Pflanzen die Formen von benachbarten Plastikpflanzen imitieren. “Wie sie das machen, wissen wir noch nicht”, sagte Yamashita nach der Preisübergabe. “Ich habe gerade meinen Doktor gemacht und brauche jetzt eine Anstellung, um diese Forschung fortzuführen.” Dieses Stellengesuch leiten wir hiermit gerne weiter in die Führungsetagen deutscher Hochschulen. Bedenken Sie, dass sich damit auch die Campus-Gestaltung auf ein neues Level bringen ließe.
Spannend auch die ausgezeichnete Forschung in der Kategorie Wahrscheinlichkeit. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus den Niederlanden, der Schweiz, Belgien, Frankreich, Deutschland, Ungarn und der Tschechischen Republik erhielten diesen Preis. Und zwar für die Demonstration – in der Theorie und durch 350.757 Experimente -, dass bei einem Münzwurf die Münze dazu tendiert, auf derselben Seite zu landen, auf der sie vor dem Wurf lag. Vielleicht hilft das bei der nächsten Entscheidungsfindung ja weiter, die man leicht in die eigene Richtung schnipsen möchte.
Eher nicht zum Nachmachen gedacht waren hingegen die Ergebnisse anderer Laureaten: Etwa, dass wirkungslose Medizin mit starken Nebenwirkungen teils besser wirkt als wirksame Medizin ohne Nebenwirkungen. Oder die Tatsache, dass viele Säugetiere in der Lage sind, durch ihren Anus zu atmen. Wenn Ihnen das noch nicht ausreicht, und Sie wissen möchten, wie man betrunkene und nüchterne Würmer auseinanderhält und warum tote Forellen fast so gut schwimmen wie lebendige, dann sollten Sie vielleicht doch nochmal die gesamte Zeremonie anschauen. Das können Sie hier tun. Ich wünsche viel Spaß! Tim Gabel