Table.Briefing: Research

Förderatlas: DFG kritisiert „politische“ Förderung + Ukraine: Der Krieg zerstört auch Wissenschaft + Wahlkampf: US-Experte warnt vor Einmischung

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Forschungsförderung an Universitäten durch Projektmittel des Bundes hat erstmals einen höheren Anteil als die der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Das geht aus dem “Förderatlas 2024” hervor, der am gestrigen Montag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach kommen vom Bund inzwischen rund 31 Prozent der Drittmittel, im Jahr 2013 waren es noch 26 Prozent. Diese Entwicklung sollte genau beobachtet werde, sagte DFG-Präsidentin Katja Becker. Vonseiten der Politik nehme das Bedürfnis nach politischer Steuerung der Forschungsförderung offenbar zu. Meine Kollegin Anne Brüning berichtet. Welche Universitäten in Deutschland besonders viele Drittmittel eingeworben haben, lesen Sie in diesem Briefing.

Im US-Wahlkampf hatten sich viele Wissenschaftler und sogar zahlreiche Nobelpreisträger öffentlich positioniert. Parteipolitische Unterstützungsbekundungen im Wahlkampf könnten allerdings langfristig das Vertrauen in die Wissenschaft untergraben, sagt Dietram Scheufele Kommunikationswissenschaftler von der University of Wisconsin-Madison. Er rät Forschern für den anstehenden Wahlkampf zur Zurückhaltung und empfiehlt andere Wege des Engagements, berichtet mein Kollege Markus Weisskopf.

CDU und SPD. BSW, CDU und SPD. SPD und BSW? Damit Sie nicht den Überblick verlieren, haben wir einmal zusammengestellt, was nach den Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg forschungspolitisch passiert. Nur so viel: In Thüringen wird bald das erste Forschungsministerium unter einer Brombeer-Regierung besetzt, in Brandenburg wird derzeit an den Zuschnitten für die Ministerien gearbeitet. Nur in Sachsen, da braucht es noch ein wenig. Die Details lesen Sie in unserer Analyse.

Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre,

Ihre
Nicola Kuhrt
Bild von Nicola  Kuhrt

Analyse

DFG-Förderatlas 2024: Bund erstmals größter Drittmittelgeber der Hochschulen

Wie entwickelt sich die öffentliche Forschungsförderung? Welche Hochschulen sind besonders erfolgreich beim Einwerben von Drittmitteln? Wie wettbewerbsfähig ist das deutsche System im internationalen Vergleich? Auf diese Fragen und viele mehr bietet alle drei Jahre der Förderatlas der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) aktuelle Antworten.

Die am Montag in Berlin vorgestellte zehnte Ausgabe des Kompendiums zeigt vor allem drei Entwicklungen auf, die aufmerken lassen: Aus der Wirtschaft erhalten Hochschulen immer weniger Drittmittel, der Bund dagegen mischt immer stärker mit, und die Grundmittel steigen weniger stark an als die Drittmittel.

Becker: Wachsendes Bedürfnis nach politischer Steuerung der Forschungsförderung

Der Förderatlas 2024 zeigt: Im Jahr 2022 wurde der Bund mit seiner Projektförderung erstmals zum größten Drittmittelgeber der Hochschulen. Über Jahre stellte die DFG den größten Drittmittelanteil, in den Jahren 2020 und 2021 lagen Bund und DFG gleichauf. Obwohl der Förderhaushalt der DFG seit 2013 von 2,6 Milliarden Euro auf 3,6 Milliarden Euro (2023) angestiegen ist, geht ihr Anteil also leicht zurück.

Dass der Bund zum größten Drittmittelgeber der Hochschulen geworden ist, nennt DFG-Präsidentin Katja Becker “eine Entwicklung, die durchaus genau beobachtet werden sollte, wie nicht nur, aber vielleicht zusätzlich im Lichte der aktuellen politischen Gesamtsituation deutlich wird”. Vonseiten der Politik nehme das Bedürfnis nach politischer Steuerung der Forschungsförderung offenbar zu.

Solange auch in Ministerien Förderentscheidungen rein wissenschaftsbasiert getroffen werden, sei alles in Ordnung, sagte Becker. “Bedenklich würde es jedoch, wenn wissenschaftsfeindliche Tendenzen auch in der Politik zunähmen.” In diesem Zusammenhang verwies sie auf die bewährten wissenschaftsgeleiteten Entscheidungsprozesse der DFG.

Wirtschaft: Drittmittelanteil schrumpft seit Jahren

Kontinuierlich und deutlich gesunken ist der Anteil der Wirtschaft an der Finanzierung der Hochschulen. Im Jahr 2006 stellte sie noch 26 Prozent der Drittmittel, 2013 waren es 19,2 Prozent, 2022 sind es nur noch 14,7 Prozent.

Eine “sehr bedenkliche Entwicklung” nannte Katja Becker diesen Rückgang. “Wirtschaft und Industrie sind für den Transfer von Forschungsergebnissen aus der erkenntnisgeleiteten Forschung in die Anwendung von zentraler Bedeutung und profitieren zugleich selbst in hohem Maße davon.”

Warum eine steigende Drittmittelquote kein gutes Zeichen ist

Allerdings betonte Becker auch die Bedeutung der Grundfinanzierung. In dieser Hinsicht ist es keine gute Entwicklung, dass die Drittmittelquote der Hochschulen sich von 26,9 Prozent im Jahr 2021 auf 28 Prozent (2022) erhöht hat. Denn es ist ein Zeichen dafür, dass die Grundmittel weniger stark angestiegen sind als die Drittmittel.

Zwar seien Drittmittel für die Hochschulen als zusätzliche Finanzierungsquelle und vor allem für ihre Profilbildung auf lokaler, regionaler, nationaler und auch internationaler Ebene von großer Bedeutung, sagte Becker. “Für ihre Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit und auch für die Entwicklung von Wissenschaft und Forschung insgesamt sind die Hochschulen aber in hohem Maße auf eine auskömmliche Grundfinanzierung angewiesen.”

Außeruniversitäre Forschung: Kaum DFG-Mittel für Fraunhofer

Dass die großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen (AuF) unterschiedliche Schwerpunkte setzen, spiegelt sich auch in der Zusammensetzung ihrer Drittmittel wider. Während der DFG-Anteil im Jahr 2022 bei der Fraunhofer-Gesellschaft mit 0,4 Prozent verschwindend gering ist (im Jahr zuvor waren es 0,3 Prozent), hat die Wirtschaft immerhin 32,5 Prozent. Auch hier dominiert jedoch der Bund – ebenso wie bei Helmholtz- und Leibniz-Gemeinschaft.

Nur bei der besonders auf Grundlagenforschung ausgerichteten Max-Planck-Gesellschaft ist die Situation anders. Bei ihr kommen mit 27,5 beziehungsweise 26,8 Prozent die beiden dicksten Batzen von DFG und aus der EU. Die Projektförderung des Bundes (berücksichtigt werden Förderlinien aller Bundesministerien, nicht nur des BMBF) hat einen Anteil von 22,9 Prozent.

Hochschulen: LMU und TU München im Gesamtranking erneut vorn

Die Rangreihen, in denen der Förderatlas auflistet, welche Hochschulen besonders hohe Summen an DFG-Mitteln erhalten, sind für Hochschulen besonders wichtig. Dabei geht es jedoch nicht nur darum, wer es unter die Top 10 oder Top 40 geschafft hat. “Die Kennzahlen dienen auch als Grundlage für die strategische Entwicklung”, sagte Anja Steinbeck, die als Vizepräsidentin der Hochschulrektorenkonferenz den Förderatlas mit vorstellte.

Sie regte an, dabei nicht nur die absoluten Zahlen hinsichtlich der Fördermittelbewilligungen zu betrachten, sondern auch auf die Analysen zu schauen, bei denen die Fördermittel ins Verhältnis zur Größe der jeweiligen Hochschulen gesetzt werden. Dann finden sich auf den Plätzen eins bis drei: Freiburg, Konstanz und Hannover.

Beim Vergleich der absoluten Zahlen der DFG-Bewilligungen (siehe Grafik) sind vor allem die Universitäten erfolgreich, die auch in internationalen Rankings vorne liegen, allen voran die beiden Münchener Unis TU und LMU. Im Gesamtranking liegt die RWTH Aachen auf Platz drei, gefolgt von Heidelberg und FU Berlin. Eine bemerkenswerte Verbesserung gab es bei der Universität Bonn, sie hat sich von Rang 15 (Förderatlas 2021) auf Rang 6 verbessert.

Die Auswertung nach Wissenschaftsbereichen zeigt, dass in den Geistes- und Sozialwissenschaften FU und HU Berlin vorne liegen, in den Naturwissenschaften Heidelberg und Karlsruhe, in den Ingenieurwissenschaften Aachen und Stuttgart.

Besonderheiten: In den Ingenieurwissenschaften konnte Karlsruhe erstmals in die Top 5 aufrücken, in den Naturwissenschaften ist Bochum neu in den Top 10 und in den Geistes- und Sozialwissenschaften ist die Universität Bayreuth von Platz 43 auf Platz 22 vorgerückt.

Zum Jubiläum: Förderatlas online mit erweiterten Funktionen

DFG-Generalsekretärin Heide Ahrens hob das für die zehnte Ausgabe grundlegend überarbeitete Online-Angebot zum Förderatlas hervor. Damit seien Detaildarstellungen und Kennzahlen für einzelne Hochschulen oder Forschungseinrichtungen nun noch individueller auffindbar. Zusätzliche und verbesserte Suchfunktionen ermöglichten es zudem, nach Schlagworten alle relevanten Daten auf einen Blick zu erhalten, Tabellen und Abbildungen sind interaktiv.

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Dietram Scheufele: Warum parteipolitische Positionierung der Wissenschaft schadet 

Dietram Scheufele: Parteipolitische Positionierung schadet der Wissenschaft. 
Dietram Scheufele ist Professor für Wissenschaftskommunikation an der University of Wisconsin-Madison.

Die Positionierung gegen Trump, wie sie im Wahlkampf teilweise wieder stattgefunden habe, schade der Wissenschaft, meint Dietram Scheufele von der University of Wisconsin-Madison in den USA. Endorsements, also Unterstützungsbekundungen, für Harris von Magazinen wie Nature oder Scientific American könnten kurzfristig wenig bewirken, langfristig aber dem Vertrauen in die Wissenschaft schaden. “Sie haben erst zweimal so ein Endorsement gemacht – jedes Mal gegen Trump. Das ist problematisch, gerade, wenn die Journale dann teilweise auch noch zu europäischen Verlagen gehören”, sagt Scheufele im Gespräch mit Table.Briefings. 

Schon vor der Wahl 2016 und insbesondere auch danach hätten sich viele Wissenschaftler dazu hinreißen lassen, sich persönlich gegen Trump zu positionieren, sagt der Experte für politische Kommunikation. Kritik fand sich etwa auf den Plakaten der March for Science ab 2017. Wissenschaftler sollten sich aber nicht von ihrem Bauchgefühl leiten lassen. Die Frage sei: “Was würden wir tun, wenn Mitt Romney Präsident wäre und auch aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen würde? Würden wir bei ihm, der den Klimawandel anerkennt, auch diese Statements abgeben?” 

Vertrauen bei Republikanern und Unabhängigen geht zurück 

Langfristig bleibe dadurch in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass Wissenschaft politisch sei. “Noch genießt die Wissenschaft in den USA generell ein hohes Vertrauen, während die Werte für alle anderen Akteure in den Keller gegangen sind.” Aber gerade bei den Anhängern der Republikaner und auch bei den Unabhängigen seien die Werte für das Vertrauen in Wissenschaft in den vergangenen Jahren, gerade nach Corona, deutlich zurückgegangen. 

Wissenschaft habe einen einzigartigen Anspruch, sagt Scheufele. Wenn man diesen verliere, habe man ein Problem. Optimistisch betrachtet, sei jedoch noch Zeit, das zu retten. “Aber wir dürfen eben nicht unseren niederen Instinkten folgen. Wir müssen unsere Rollen hier klar definieren. Einmal als Bürger und dann als Wissenschaftler”, sagt der Professor für Wissenschaftskommunikation. 

Trumps erste Amtszeit: Auch Republikaner halfen der Wissenschaft 

Auf die Frage, ob sich diese Perspektive ändere, wenn denn ein Präsident Trump gegen die Wissenschaft an sich und gegen wissenschaftliche Methoden vorgehen will, verweist Scheufele darauf, dass bei derartigen Versuchen unter Trump I eine breitere Koalition möglich war. Auch Republikaner hätten gegen die Besteuerung von Studierenden oder Kürzungen bei den Universitäten im Allgemeinen opponiert. 

Es sei”total in Ordnung”, sich für die Wissenschaft im Allgemeinen einzusetzen. “Aber in dem Moment, wo wir uns für bestimmte Lösungen in einzelnen Politikfeldern aussprechen, da wird es problematisch”. 

Mit Wissenschaft Wähler überzeugen, nicht als Politiker 

Scheufele rät, sich den Bürgern, den Wählern, zuzuwenden. Und verweist auf ein Statement eines US-Politikers: Wenn man ihn überzeugen wolle, dann müsse man seine Wähler gewinnen! Das bedeutet, “Wissenschaft muss effektiv mit allen Teilen der Bevölkerung sprechen. Warum ist Wissenschaft relevant?” Man müsse gerade auch mit den skeptischen Gruppen sprechen und deutlich machen: “Wissenschaft arbeitet in deinem Interesse”.  

Und auf Deutschland übertragen heißt das: “Wenn wir es nicht schaffen, auch die Fragen und Ängste der AfD-Wähler anzusprechen, haben wir ein Problem. Das konnten wir uns lange Zeit leisten.” Doch nun sei ein Punkt erreicht, an dem die Gruppe der Skeptiker größer und vor allem hörbarer und mächtiger werde. “Jetzt wird die Wissenschaft durch Fake News und gezielte Kampagnen im parteipolitischen Interesse vor allem in den sozialen Medien an die Wand gedrückt.” 

Civic Science als Ansatz 

Die Frage für die Wissenschaft müsse demnach sein: “Wie können wir die nächste Generation von gesellschaftsverbundenen Wissenschaftlern fördern?” Solche, die den Kontakt zu allen Teilen der Gesellschaft halten, die sich fragen, was kann ich zum gesellschaftlichen Fortkommen beitragen? Scheufele nennt das Civic Science.

Wissenschaftler seien in dem, was sie tun und wer sie sind, akuter bedroht als in den vergangenen Jahrzehnten. Gleichzeitig erhebe die Wissenschaft weiterhin einen hohen Anspruch auf Autonomie. Man wolle weiterhin viel Geld von der Gesellschaft und dieses frei verteilen. Da müsse man sich entsprechend an eine “komplexere Informationsumgebung anpassen” und auf die Menschen zugehen, wenn man das erhalten wolle. 

“Stellung der Wissenschaft erhalten – egal wer die Wahlen gewinnt” 

Dabei sei es wichtig, langfristig zu denken und auch im Wahlkampf nicht auf kurzfristige Gewinne zu schauen. Das gelte auch für die deutsche Wissenschaft. Man dürfe nicht den Instinkten vertrauen, sondern müsse langfristig, strategisch denken. Es brauche eine kollektive Anstrengung in Akademien, Stiftungen und communities of practice, um Handeln und Kommunikation zu koordinieren. Die wichtigste Frage laute: “Wie können wir die einzigartige Stellung erhalten, egal, wer Wahlen gewinnt.”

Dietram Scheufele ist Professor für Wissenschaftskommunikation an der University of Wisconsin-Madison. Er gilt als Experte auf den Gebieten der politischen Kommunikation, der Wissenschaftskommunikation sowie der Wissenschafts- und Technologiepolitik. Scheufele ist Mitglied bei der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften – acatech und der American Academy for Arts and Sciences.

  • Fake News
  • Forschungspolitik
  • Pariser Klimaabkommen
  • Universitäten
  • USA
  • Vertrauen
  • Wissenschaftskommunikation
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Brombeer-Koalitionen: Was die Regierungsbeteiligung des BSW für die Wissenschaft bedeutet 

Steffen Schütz (l), Tilo Kummer und Katja Wolf (alle BSW) kommen zu Koalitionsverhandlungen in den Thüringer Landtag. Die Spitzen von CDU, BSW und SPD wollen sich die Ergebnisse der Arbeitsgruppen ansehen und noch strittige Themen besprechen.
Steffen Schütz (l.), Tilo Kummer und Katja Wolf (alle BSW) kommen zu Koalitionsverhandlungen in den Thüringer Landtag. Die Spitzen von CDU, BSW und SPD wollen sich die Ergebnisse der Arbeitsgruppen ansehen und noch strittige Themen besprechen.

Es wird wohl die erste sogenannte Brombeer-Koalition in Deutschland – und somit auch das erste Brombeer-Forschungsministerium: Nach harten Verhandlungen gibt es in Thüringen seit Freitag einen Regierungsvertrag von CDU, SPD und BSW. Bei der Landtagswahl in Thüringen wurde das Bündnis Sahra Wagenknecht drittstärkste Kraft und erhielt 15 von 88 Sitzen im Thüringer Landtag. Nun müssen die Gremien und Mitglieder der drei Parteien dem Vertrag noch zustimmen. 

Fast drei Monate nach der Landtagswahl haben die Parteichefs in Erfurt am Freitag ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Zu den lange umstrittenen Themen Frieden und Mittelstreckenraketen fanden sie – anders als in Sachsen – einen Kompromiss: Die Präambel zu dem Regierungsprogramm wurde nicht verändert, vorgenommen wurden jedoch Ergänzungen im Vertragstext. Auch zu Wissenschaft und Forschung finden sich erste Schwerpunkte in der Regierungserklärung.

Plan für Thüringens Hochschulen liest sich ambitioniert

Die forschungspolitischen Pläne für Thüringen, an denen auch erfahrenen Akteure wie der aktuelle Staatssekretär für Wirtschaft, Hochschulen, Tourismus und Digital des Hauses, Carsten Feller (SPD), und der Hochschulprofessor Ulrich Schubert aus Jena (CDU) mitgearbeitet haben, lesen sich ambitioniert. Das Land soll gleichsam zum Innovationsmotor werden. Thüringer Hochschulen haben dabei “eine herausragende Bedeutung bei der Anwerbung und Ausbildung zukünftiger Arbeitskräfte, der Schaffung von Wissen und Innovationen sowie als kreative und weltoffene Orte.”  

Wer in Thüringen unter dem möglichen kommenden Ministerpräsidenten, CDU-Chef Mario Voigt, das Wissenschaftsministerium führen wird, ist noch offen. In früheren Runden hieß es, dass das BSW bald für die Hochschul- und Wissenschaftspolitik zuständig sein könnte. Im Parteiprogramm der jungen Partei spielt das Thema Forschung und Wissenschaft allerdings bisher eine untergeordnete Rolle.  

BSW ohne forschungspolitisches Personal und Programm

Es findet sich etwa das Bekenntnis, die “breite Forschungslandschaft” in Thüringen erhalten und erweitern zu wollen. Ein geeigneter Kandidat für ein Ministeramt mit Forschungsbezug ist unter den aktuellen BSW-Parlamentariern ebenfalls nicht offensichtlich. Der Unternehmer Steffen Schütz, Co-Landesvorsitzender des BSW, wurde zwischenzeitlich als ein möglicher Amtsträger genannt. Weder seine Partei noch er selbst haben sich dazu bisher erklärt. 

Aus Kreisen wird derweil für Thüringen meist Ulrich Schubert (CDU) als möglicher Wissenschaftsminister favorisiert. Der Chemiker bringe als Hochschulprofessor in Jena ausreichend Expertise mit und gilt als äußerst zupackend.  

Ein “Chief Innovation Office” für Thüringen 

Tatsächlich könnte sich aber beim Zuschnitt der Ministerien etwas ändern.  Derzeit sind die Ressorts Wissenschaft und Wirtschaft noch gemeinsam in einem Haus. Wie Insider berichten, wird in Thüringen mit der Einsetzung eines “Chief Innovation Office” geliebäugelt, das an der Staatskanzlei angedockt werden würde. Wissenschaft wie Wirtschaft würden in diesem Modell mit dem Bereich “Digitalisierung” verwoben. Die Hochschulen allerdings würden im Bildungsministerium landen.  

Schwerpunkte der Regierungserklärung zu Forschung und Wissenschaft 

  • Die Parteien bekennen sich zu allen Thüringer Hochschulstandorten.  
  • Der Transfer von Erfindungen und Technologie in die Wirtschaft und die Gründung von Start-ups soll durch eine Zukunfts-Investitions-Offensive gefördert werden. 
  • Das bisherige System der Hochschulfinanzierung mit festen Steigerungsraten und einem Strategiebudget habe sich bewährt und soll fortgeführt werden. 
  • In der Rahmenvereinbarung soll die weitere Steigerung des Frauenanteils in der Professorenschaft und in den Hochschulleitungen verbindlich festgelegt und die Graduiertenausbildung sowie die Wissenschaftskommunikation entwickelt werden. 
  • Die anwendungsbezogene Forschung an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (Fachhochschulen) soll gestärkt werden, ohne “diese zu kleinen Universitäten zu entwickeln”.  
  • Forschungsstarke Bereiche oder hochschulübergreifende Verbünde sollen das Promotionsrecht erhalten. Angestrebt wird die Schaffung von Lehr- und Forschungskapazitäten für die Friedens- und Konfliktforschung

Brandenburg: Bleibt Manja Schüle Forschungsministerin?  

In Brandenburg steuern SPD und BSW derweil auf das Ende der Koalitionsverhandlungen zu. Beide Parteien haben sich bereits auf einige Ziele geeinigt. Die aktuelle Forschungsministerin Manja Schüle sitzt in einer der AGs, die aktuell über die zukünftige politische Aufstellung des Landes tagen. Das BSW strebt nach Berichten das Innen- oder das Finanzministerium an und zeigt sich auch offen für das Bildungsressort. Ausgewiesene Bildungsexperten sind beim BSW in Brandenburg allerdings nicht gewählt worden. Gleiches gelte für den Bereich Forschung. 

Noch sind diese Fragen nicht gestellt, bei einer Einigung auf einen Koalitionsvertrag könnten Parteitage von SPD und BSW Ende der kommenden Woche entscheiden. Dietmar Woidke (SPD) könnte am 11. Dezember im Landtag gewählt und vereidigt werden. Die Verfassung lässt bis Mitte Januar Zeit für die Wahl. 

Sachsen: Kretschmer favorisiert die Minderheitenregierung 

In Sachsen strebt derweil Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) keinen Wechsel nach Berlin an. Er würde sich vielmehr freuen, wenn die Koalitionsverhandlungen im Dezember zum Abschluss gebracht und eine neue Regierung gebildet wurde, sagte er der Süddeutschen Zeitung.  

CDU und SPD bilden wohl eine Minderheitsregierung, dabei soll es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben – obwohl Schwarz-Rot im Landtag in Zukunft auf Stimmen der Oppositionsparteien angewiesen sein würde. Noch sind die Politikerinnen und Politiker nicht so weit wie die in Brandenburg und Thüringen. Schwierig soll auch die Frage eines möglichen Zuschnitts des Wissenschaftsministeriums gewesen sein.   

  • Ausbildung
  • BSW
  • CDU/CSU
  • Forschung
  • Hochschulen
  • Innovation
  • Regierungsbildung
  • SPD
  • Technologie
  • Universitäten
  • Wissenschaft
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Termine

27.-29. November 2024, Leopoldina, Jägerberg 1/Emil-Abderhaldenstr. 36, Halle (Saale)
Symposium der Leopoldina Chancen und Herausforderungen von Flucht, Zuwanderung und Integration Mehr

29. November 2024, 19:00 Uhr, Nikolaisaal Potsdam, Wilhelm-Staab-Straße 10-11, 14467 Potsdam
Einsteintag der BBAW “Konflikte lösen!” Mehr

4.-6. Dezember, silent green Kulturquartier, Gerichtsstarße 35, Berlin
PartWiss 24 “Leitlinien für Partizipation in der Forschung” Mehr

11.-12. Dezember, Berlin
Forum Wissenschaftskommunikation Wissenschaftskommunikation für eine starke Demokratie und offene Gesellschaft Mehr

12. Dezember 2024, 10:30 bis 18:00 Uhr. Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund, Luisenstraße 18, 10117 Berlin
Symposium der Leopoldina 10 Jahre Politikevaluierung in der Bundesregierung – Wo stehen wir heute? Ein Blick aus Wissenschaft und Politik Mehr

News

Göttingen: Wie es nach der Abwahl Metin Tolans weitergeht

Der niedersächsische Wissenschaftsminister Falko Mohrs muss nach der Abwahl von Metin Tolan mit allen Beteiligten eine Interimslösung für die derzeit führungslose Universität Göttingen finden.

Vergangenen Mittwoch stimmte der Senat nach der gescheiterten Einigung mit dem Stiftungsausschuss für die endgültige Abwahl des Präsidenten Metin Tolan. In Reaktion darauf traten auch der Stiftungsausschussvorsitzende Peter Strohschneider sowie weitere Mitglieder des Ausschusses vom Amt zurück. Strohschneider hatte zuvor Tolan unterstützt und bezeichnete die Abwahl durch den Senat als “unverantwortbar”. 

Derweil versuchen die verbliebenen Verantwortlichen den Blick nach vorne zu richten. Auf Einladung von Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs kam es am gestrigen Montag zu einem Treffen im Ministerium, zu dem der Senat, die Dekane, der Stiftungsausschuss und das Präsidium der Universität Göttingen eingeladen waren. 

Arbeitsgruppe sucht Interims-Präsidenten

Mohrs berichtete am Nachmittag in der Sitzung des Wissenschaftsausschusses des niedersächsischen Landtags, dass nun “mit allen Beteiligten ein Weg nach vorne” gefunden werden solle. Es sei aus den verschiedenen Gruppen ein Ausschuss gebildet worden, der sich mit der Frage beschäftige, wer die Universität bis zu einer regulären Neuwahl des Präsidenten führt. Grundsätzlich gebe es drei Möglichkeiten:

  • Die verbliebenen Präsidiumsmitglieder überbrücken die Zeit, bis regulär eine Präsidentin oder ein Präsident gewählt ist.
  • Nach Paragraf 62 des niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) kann das Ministerium einen Beauftragten benennen, wenn ein Organ vorübergehend nicht handlungsfähig ist. Das wäre hier also möglich.
  • Anscheinend bevorzugen die Akteure jedoch eine gemeinsame Interimslösung an der Spitze der Universität. Diese müsste jedoch nach Paragraf 39, Absatz 9 des NHG vom Stiftungsrat auf Vorschlag des Senats bestellt werden. Der Stiftungsrat scheint nach den Rücktritten jedoch aktuell beschlussunfähig. Wie damit umzugehen ist, werde derzeit rechtlich geprüft, meinte Mohrs. 

Senat wünscht sich breite Unterstützung für Interimslösung

Hoffnung auf eine Interimslösung hat auch der Senat. Es bestehe große Einigkeit, gemeinsam nach Lösungen für eine Interims-Besetzung des Präsidentenamtes zu suchen, die letztlich möglichst breit in der Universität unterstützt werde, sagte der Sprecher des Gremiums, Ramin Yahyapour, auf Anfrage von Table.Briefings. mw

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Wissenschaft in der Ukraine: So verheerend sind die Auswirkungen des Kriegs 

Mehr als tausend Tage russischer Angriffskrieg haben auch dem Wissenschaftssystem der Ukraine zugesetzt: Bis September 2024 wurden mehr als 2.500 Bildungseinrichtungen zerstört oder stark beschädigt, 141 davon sind Hochschuleinrichtungen. Mehrere Hochschulen wurden verlegt, weil sie sich in besetzen Gebieten befanden. Etwa 1.500 Wissenschaftler sind an der Front. Insgesamt haben 18,5 Prozent der Akademikerinnen und Akademiker die Ukraine verlassen – vor allem Frauen.

Das sind die direkten Folgen für die Forschenden

Welchen enormen Tribut die Situation von den Wissenschaftlern des Landes fordert, zeigt eine Monitoring-Studie des Science at Risk Emergency Office, ein vom Auswärtigen Amt unterstütztes Projekt des Akademischen Netzwerks Osteuropa. Die Befragung von 1.720 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 12 Regionen zeigt:

  • Ortswechsel: 58 Prozent der befragten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mussten ihr gewohntes Umfeld verlassen und umziehen – meist um sich und ihre Familien in Sicherheit zu bringen. 38 Prozent berichteten von teilweiser oder größerer Zerstörung ihrer Hochschulgebäude
  • Traumatisierung: 44 Prozent fühlen sich depressiv. Jeder Vierte muss verkraften, dass ein Angehöriger entweder im Krieg zu Tode kam oder schwer verletzt wurde.
  • Berufliche Schwierigkeiten: Viele Wissenschaftler sind in ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit massiv eingeschränkt – weil sie fliehen mussten, vertrieben wurden und weil es ihnen zunehmend schwerfällt, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. 36 Prozent der Befragten geben an, finanzielle Unterstützung zu benötigen.

Vor diesen Problemen steht das Wissenschaftssystem

Das Hochschul- und Wissenschaftssystem in der Ukraine ist seit den 1990er Jahren im Umbruch, schreiben die Autorinnen des Reports, Maryna Rabinovych von der Kyiv School of Economics und Iuliia Iashchenko von der Sapienza University in Rom. Ein Erbe aus der Ära der Sowjetunion sei die strenge Trennung von Lehre und Forschung, ein anderes die ineffiziente Nutzung der überwiegend staatlichen Finanzierungsmittel. Der russische Angriffskrieg hat weitere Probleme gebracht:

  • Massive Kürzungen des Bildungsbudgets zugunsten der Finanzierung der Landesverteidigung;
  • Polarisierung der Gesellschaft hat zu Selbstzensur und Einschränkung des öffentlichen Diskurses geführt. Insgesamt ist die akademische Freiheit rückläufig.
  • Braindrain: Seit 2022 haben 18,5 Prozent der Wissenschaftler, zumeist Frauen, die Ukraine verlassen.

Diese Arten von Unterstützung werden gebraucht

Ohne gezielte und leicht zugängliche internationale Unterstützung wird der akademische Sektor der Ukraine es schwer haben, sich von den Auswirkungen des Krieges zu erholen, schreiben die Autorinnen des Reports. Es gehe zu einen darum, gut koordiniert und langfristig strukturelle Reformen zu unterstützen.

Darüber hinaus sei der Austausch innerhalb des europäischen Forschungsraumr zu intensivieren, um zu den akademischen Standards aufzuschließen und Fremdsprachenkenntnisse zu verbessern. Das Ziel müsse sein, Brain Circulation zu befördern, um den Braindrain zu stoppen. Durch Unterstützung für Forschende in der Ukraine, aber auch durch Auslandsstipendien könne dies gelingen.

DAAD startet Deutsch-Ukrainisches Hochschulnetzwerk

Wie gerufen kommt in diesem Zusammenhang das neue Programm “Deutsch-Ukrainisches Hochschulnetzwerk” des DAAD. Es fördert einerseits binationale Kooperationen zu Studium und Lehre, darüber hinaus geht es darum, den Austausch in Hochschulverwaltung und zur Internationalisierung zu intensivieren.

In der ersten Programmlinie stehen bis 2029 bis zu 800.000 Euro pro Projekt zur Verfügung, in Programmteil zwei rund 400.000 Euro, teilte der DAAD am Montag mit. Die Auswahl der Projekte werde bis Sommer kommenden Jahres erfolgen. Das BMBF unterstützt das Programm bis 2029 mit insgesamt 24 Millionen Euro. abg

  • BMBF
  • DAAD
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  • Ukraine-Krieg
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Industrieforschung: AIF fordert für die Zukunft eine Milliarde Euro für angewandte Forschung

Mit Blick auf die Neuwahlen und die Haushaltsverhandlungen der nächsten Legislaturperiode fordert die Allianz für Industrie und Forschung (AIF) eine Milliarde für die Programme der Angewandten Forschung in Deutschland. “Mit einer Mittelausstattung in Höhe von jährlich einer Milliarde Euro für die Forschungsförderprogramme – ZIM, 600 Millionen Euro, IGF, 300 Millionen Euro, und INNO-KOM, 100 Millionen Euro – würde die Politik ein industriepolitisch wichtiges Signal setzen”, sagte AIF-Vorstand Thomas Reiche anlässlich eines Treffens mit dem forschungspolitischen Sprecher der Unions-Fraktion, Thomas Jarzombek.

Die Weiterentwicklung des erfolgreichen Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) und der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF), in Zeiten von drastischen Insolvenzzahlen und wirtschaftlichen Einbrüchen in Deutschland, spiele eine existenzielle Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft national und weltweit, sagte Reiche. Im aktuellen Entwurf des Bundeshaushaltsgesetzes, der durch den Regierungsbruch hinfällig geworden ist, war eine Mittelkürzung bei ZIM um 20 Prozent vorgesehen. Demnach waren nur noch 502 Millionen Euro angesetzt, während im laufenden Jahr noch 628 Millionen Euro für ZIM bereitstehen.

Jarzombek verspricht “alte Stärke” und Freiheit bei Fachkräften

Thomas Jarzombek stellte bei dem Gespräch nach Angaben der AIF eine starke Innovationsförderung zugunsten forschungsaffiner Unternehmen in Deutschland in Aussicht: “Die erfolgreichen Forschungs- und Innovationsprogramme des Bundes müssen wir wieder zu alter Stärke führen. Mit der Zeit der Planungsunsicherheit unter der Ampel-Koalition muss Schluss sein. Den Zugang zu diesen Programmen müssen wir für KMU vereinfachen und bürokratische Hürden auf ein absolutes Minimum zurückführen”, sagte Jarzombek laut AIF-Mitteilung in dem Gespräch.

Nach Auffassung von Jarzombek brauchen die Einrichtungen der angewandten und industrienahen Forschung zudem mehr Freiheiten. “Das gilt besonders bei der Gewinnung von Fachkräften. Ich setze mich dafür ein, dass die aktuelle Benachteiligung von gemeinnützigen Forschungseinrichtungen durch das Besserstellungsverbot so schnell wie möglich beendet wird.” Eine Anpassung des aktuellen Haushaltsgesetzes durch die Ampel-Regierung – zugunsten gemeinnütziger Forschungsinstitute – hatte aus deren Sicht nicht den gewünschten Effekt erzielt. tg

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  • Thomas Jarzombek
  • Transfer
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GWK: Özdemir übernimmt Vorsitz der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz

Bei der ersten Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) mit dem neuen Bundesforschungsminister Cem Özdemir hat die Bund-Länder-Organisation zwei neue Personalien verkündet und weitere Haushaltsposten für das Jahr 2025 abgesegnet. Die erste Personalie liegt auf der Hand: Özdemir ist als neuer Forschungsminister jetzt auch neuer bundesseitiger Vorsitzender der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz und führt bis Ende des Jahres 2024 damit auch den GWK-Vorsitz.

Des Weiteren hat die GWK in ihrer Sitzung am Freitag Carsten Diehl zu ihrem neuen Stellvertretenden Generalsekretär gewählt. Diehl ist derzeit noch als Regierungsdirektor im Kanzleramt beschäftigt und im Kanzlerbüro für Termine und Besondere Aufgaben verantwortlich. Er wird zum 1. März 2025 Rebekka Kötting ablösen, die in den Ruhestand geht.

Inhaltlich hat die GWK, entsprechend dem Pakt für Forschung und Innovation, bei dieser Sitzung den Haushaltsposten für die Leibniz-Gemeinschaft beschlossen. Auch das (vornehmlich geisteswissenschaftliche) Akademienprogramm soll im kommenden Jahr analog zum PFI einen Aufwuchs von drei Prozent erfahren. Mit den Entscheidungen aus den vorangegangenen Sitzungen ergibt sich damit bislang folgendes Bild für die GWK-Förderentscheidungen für das Jahr 2025:

  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): 3,75 Milliarden Euro inklusive Projektförderungen
  • Max-Planck-Gesellschaft (MPG): 2,24 Milliarden Euro
  • Leibniz-Gemeinschaft (WGL): 1,45 Milliarden Euro
  • Stiftung Innovation in der Hochschullehre: 150 Millionen Euro
  • Akademienprogramm (Union der deutschen Akademien der Wissenschaften): 79,71 Millionen Euro
  • Nationales Hochleistungsrechnen an Hochschulen (NHR): bis zu 62,5 Millionen Euro
  • Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW): 11,26 Millionen Euro. tg
  • BMBF
  • Bund
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  • Cem Özdemir
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  • Innovation
  • Leibniz-Gemeinschaft
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Must Reads

Spiegel: RCDS für Studiengebühren. Der CDU-nahe Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) fordert die Einführung von Studiengebühren und drängt die Union, diesen Vorschlag in ihr Programm für die Bundestagswahl 2025 aufzunehmen. Bereits zuvor hatte sich die Wirtschaftsweise Veronika Grimm für Studiengebühren ausgesprochen. (“CDU-naher Verbund fordert Wiedereinführung von Studiengebühren”)

Tagesspiegel: Klage gegen FU-Kanzlerin. Die zuständige Senatsverwaltung hat beim Verwaltungsgericht Berlin eine Disziplinarklage eingereicht und beabsichtigt, die zwangsbeurlaubte Kanzlerin Andrea Bör aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen. (“Weil sie Zerwürfnis vertieft habe: Beurlaubte Kanzlerin der FU Berlin wird von Senatsverwaltung verklagt”)

Forschung & Lehre: Döring verliert vor dem OVG Münster. Das Oberverwaltungsgericht Münster sieht Sabine Döring, die ehemalige Staatssekretärin des Bundesbildungsministeriums, durch die Entlassungs-Pressemitteilung des Ministeriums nicht zu Unrecht beschuldigt. Entgegen der Kritik von Professorin Döring impliziert die Mitteilung des Ministeriums nicht, dass die vorzeitig in den Ruhestand versetzte Staatssekretärin für den umstrittenen Prüfauftrag verantwortlich sei. (“Entlassene Staatssekretärin Döring verliert Prozess”)

FAZ: Rechtsruck erreicht Hochschulen. Der gesellschaftliche Rechtsruck macht sich auch an den Hochschulen bemerkbar. Das bekommen in erster Linie Studenten mit Migrationshintergrund zu spüren. Auch in den Gesellschaftswissenschaften, die lange Zeit von Linken dominiert wurden, werden rechte Ansichten immer öfter offen geäußert. (“Der Campus ist kein Schutzraum mehr”)

Frankfurter Rundschau: Sorge wegen Drittmitteln. Peter Benz, der Präsident der Bauhaus-Universität Weimar, fürchtet, dass in Zukunft in Thüringen Drittmittel nach politischen Vorgaben vergeben werden könnten. Vor allem Initiativen der AfD hätten die Schwächung der Freiheit der Hochschulen zum Ziel. (“Präsident der Bauhaus-Uni sieht ‘besorgniserregendes’ Warnzeichen in Thüringen”)

Financial Times: US-Unis wappnen sich vor Trump. Die US-Universitäten bereiten sich auf die von Donald Trump angekündigten Angriffe vor. Trump und sein Team sehen viele der Hochschulen als Hochburgen linksradikaler Ideologien. Sie wollen gegen ihre finanzielle Basis vorgehen. (“US universities brace for ‘perfect storm’ of pressures under Trump”)

Standpunkt

Zeit für eine Neuaufstellung: Wir brauchen eine echte Strategie für Spitzentechnologien

Von Thomas Lange
Thomas Lange, Managing Director bei Achleitner Ventures.
Thomas Lange, Managing Director bei Achleitner Ventures, formuliert sechs Leitlinien, um aus der “Middle Technology Trap” herauszukommen.

Mario Draghi hat recht: Ein “weiter so” in der Wirtschaftspolitik kann keine Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit sein. Das gilt auch für Deutschland. Wir müssen endlich ausbrechen aus dem Teufelskreis geringer industrieller Dynamik, inkrementeller Innovation, geringer Investitionen und geringem Produktivitätswachstum.  

Um uns aus der “Middle Technology Trap” zu befreien, müssen wir konsequent auf neue Industrien und Spitzentechnologien setzen. Völlig neu gedacht werden muss dafür aber auch der Strategieprozess selbst, mit dem die Bundesregierung in Zukunft Innovationen fördert. Sechs Leitlinien scheinen mir dabei entscheidend.

Trennung von Forschungs- und Wirtschaftsministerium ist nicht mehr zeitgemäß

Erstens: Der nächste Bundeskanzler muss Wettbewerbsfähigkeit und Innovation glaubhaft zur obersten politischen Priorität erklären. Zur Untermauerung dieser Ambition braucht es einen neuen Zuschnitt der Ministerien: Die Trennung von Forschungs- und Wirtschaftsministerium ist in Zeiten von Deep Tech nicht mehr zeitgemäß. Was wir brauchen, ist ein echtes Zukunftsministerium, das die Innovationskette von der Grundlagenforschung über die Gründerszene bis hin zu guter Standortpolitik unter einem Dach abdeckt – mit einer starken Ministerin oder einem starken Minister an der Spitze, der das Innovationsprinzip innerhalb der Regierung auch durchsetzen kann.  

Zweitens: Der Strategieprozess muss dreidimensional angelegt sein. Zum einen muss er sich mit den allgemeinen Rahmenbedingungen für Innovation beschäftigen. Hier kann vor allem die Wissenschaft beratend einen Beitrag leisten, allen voran die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI). Zum anderen mit den spezifischen Rahmenbedingungen für die einzelnen Vertikalen, also zum Beispiel Quantencomputing, Robotik oder Biotech. Hier müssen vor allem Unternehmer und international versierte Investoren an den Tisch. Darüber hinaus muss er verschiedene Reifegrade berücksichtigen: Start-ups und neu entstehende Sektoren wie New Space oder Fusion benötigen andere Formen der Unterstützung als etablierte Industrieunternehmen. Der Strategieprozess muss das thematisch und in der personellen Besetzung der Beratungsstrukturen widerspiegeln. 

Die Studien, die wir brauchen, sind längst geschrieben

Drittens: Geschwindigkeit ist alles. Angesichts der hohen Dynamik bei der Entwicklung und Skalierung von Spitzentechnologien und des harten internationalen Wettbewerbs darf sich der Strategieprozess nicht in länglichen und immer wiederkehrenden Analyseprozessen verlieren, bevor die Regierung handelt. Die Studien und Papiere, die wir brauchen, sind längst geschrieben. Die Aufgabe ist jetzt, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen und geeignete Maßnahmen anzustoßen. Dazu gehören vor allem die Fokussierung und Priorisierung von Handlungsfeldern. Dabei sollten nicht nur Überlegungen zur technologischen Souveränität eine Rolle spielen, sondern auch zu komparativen Vorteilen und strategischen Assets: Wir müssen – und können – nicht alle Spitzentechnologien beherrschen. Aber wir sollten gerade auch vor dem Hintergrund der neuen geopolitischen Realität über eigene technologische Stärken verfügen, die uns gegenüber Ländern wie China weniger erpressbar machen. Im Sinne eines Faustpfands.  

Viertens: Wir brauchen einen integrierten Strategieprozess, der die Analyse, die Ableitung ambitionierter Ziele, die konkrete Umsetzung von Maßnahmen und das kontinuierliche Monitoring des Fortschritts zusammenführt. Hier erleben wir in der Praxis bislang zu viele Strömungsabrisse: Wir kommen von der Analyse nicht ins Tun. Oder evaluieren unsere eingesetzten Instrumente nicht hart und konsequent genug. Zu selten und zu spät enden daher auch erfolglose Maßnahmen, Projekte und Institutionen. So gelingt keine Erneuerung. 

Alle Handlungsfelder brauchen persönliche Verantwortlichkeiten

Fünftens: Alle strategischen Handlungsfelder brauchen einen konkreten Umsetzungsplan, in dem nicht nur Ziele, Maßnahmen und Budgets festgelegt sind, sondern auch persönliche Verantwortlichkeiten. Eine gute erste Gelegenheit wäre die Raumfahrtstrategie, die in der kommenden Legislatur jetzt noch einmal neu zu beschließen ist. Wenn nicht Kopf und Karriere mindestens eines Staatssekretärs oder einer Staatssekretärin an deren Erfolg hängen, darf die Ernsthaftigkeit der Strategie wohl bezweifelt werden.  

Sechstens: Der Strategieprozess selbst muss innovativ sein. Wieso sehen wir etwa keine neuen Technologien wie Künstliche Intelligenz zur Unterstützung von Analysen und Entscheidungen in den üblichen Gremien? Aber auch neue Formen der Interaktion von Regierung, Wissenschaft und Wirtschaft wären wünschenswert – zum Beispiel um vorausschauend Bürokratie für Zukunftsindustrien abzubauen und Regulatorik für die einzelnen Deep-Tech-Sektoren innovationsförderlich zu gestalten. Dafür sollte der Bund eine gemeinsame Task Force mit Praktikerinnen und Praktikern einrichten, die eine ähnliche Stellung wie der Normenkontrollrat hat, aber aktivistischer und zukunftsorientierter agiert. Die Beratungen könnten dann beispielsweise auch in Verabredungen zu Freiheitszonen und Sandboxes münden, die eine Erprobung innovativer Regulatorik erlauben.  

Die Zeit, sich für die Zukunft neu aufzustellen, ist jetzt. Nutzen wir sie!  

Thomas Lange ist Managing Director bei Achleitner Ventures und war lange Zeit als innovationspolitischer Berater tätig.

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Heads

Robert Arlinghaus vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei und Lena Hipp vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung bekommen den Wissenschaftspreis “Forschung in Verantwortung” des Stifterverbandes. Dieser würdigt Forschung, die innovative Ansätze für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft entwickelt. 

Klaus-Uwe Gollmer hat den Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz bekommen. Der Professor für Informatik am Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier wurde für sein langjähriges Engagement zur Förderung der MINT-Fächer und Digitalisierung ausgezeichnet. 

Cem Özdemir, Bundesminister für Bildung und Forschung, ist neuer bundesseitiger Vorsitzender der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK). Er wird im Januar 2025 turnusgemäß vom länderseitigen Vorsitzenden Markus Blume, Staatsminister für Wissenschaft und Forschung des Freistaats Bayern, abgelöst. Die GWK hat in ihrer heutigen Sitzung außerdem Carsten Diehl zu ihrem neuen stellvertretenden Generalsekretär gewählt.

Julia Siegmüller ist zur zukünftigen Präsidentin der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften gewählt worden. Die Sprachwissenschaftlerin und ehemalige Geschäftsführerin der privaten Fachhochschule EUFH folgt im Frühjahr 2025 auf Rosemarie Karger.

Peter Strohschneider, bisheriger Vorsitzende des Stiftungsausschusses der Uni Göttingen, ist mit sofortiger Wirkung von seinem Amt zurückgetreten. Er zieht damit die Konsequenz aus der Abwahl des Universitätspräsidenten Metin Tolan, die er als “unverantwortbar” bezeichnete.

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Research.Table Redaktion

RESEARCH.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die Forschungsförderung an Universitäten durch Projektmittel des Bundes hat erstmals einen höheren Anteil als die der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Das geht aus dem “Förderatlas 2024” hervor, der am gestrigen Montag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach kommen vom Bund inzwischen rund 31 Prozent der Drittmittel, im Jahr 2013 waren es noch 26 Prozent. Diese Entwicklung sollte genau beobachtet werde, sagte DFG-Präsidentin Katja Becker. Vonseiten der Politik nehme das Bedürfnis nach politischer Steuerung der Forschungsförderung offenbar zu. Meine Kollegin Anne Brüning berichtet. Welche Universitäten in Deutschland besonders viele Drittmittel eingeworben haben, lesen Sie in diesem Briefing.

    Im US-Wahlkampf hatten sich viele Wissenschaftler und sogar zahlreiche Nobelpreisträger öffentlich positioniert. Parteipolitische Unterstützungsbekundungen im Wahlkampf könnten allerdings langfristig das Vertrauen in die Wissenschaft untergraben, sagt Dietram Scheufele Kommunikationswissenschaftler von der University of Wisconsin-Madison. Er rät Forschern für den anstehenden Wahlkampf zur Zurückhaltung und empfiehlt andere Wege des Engagements, berichtet mein Kollege Markus Weisskopf.

    CDU und SPD. BSW, CDU und SPD. SPD und BSW? Damit Sie nicht den Überblick verlieren, haben wir einmal zusammengestellt, was nach den Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg forschungspolitisch passiert. Nur so viel: In Thüringen wird bald das erste Forschungsministerium unter einer Brombeer-Regierung besetzt, in Brandenburg wird derzeit an den Zuschnitten für die Ministerien gearbeitet. Nur in Sachsen, da braucht es noch ein wenig. Die Details lesen Sie in unserer Analyse.

    Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre,

    Ihre
    Nicola Kuhrt
    Bild von Nicola  Kuhrt

    Analyse

    DFG-Förderatlas 2024: Bund erstmals größter Drittmittelgeber der Hochschulen

    Wie entwickelt sich die öffentliche Forschungsförderung? Welche Hochschulen sind besonders erfolgreich beim Einwerben von Drittmitteln? Wie wettbewerbsfähig ist das deutsche System im internationalen Vergleich? Auf diese Fragen und viele mehr bietet alle drei Jahre der Förderatlas der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) aktuelle Antworten.

    Die am Montag in Berlin vorgestellte zehnte Ausgabe des Kompendiums zeigt vor allem drei Entwicklungen auf, die aufmerken lassen: Aus der Wirtschaft erhalten Hochschulen immer weniger Drittmittel, der Bund dagegen mischt immer stärker mit, und die Grundmittel steigen weniger stark an als die Drittmittel.

    Becker: Wachsendes Bedürfnis nach politischer Steuerung der Forschungsförderung

    Der Förderatlas 2024 zeigt: Im Jahr 2022 wurde der Bund mit seiner Projektförderung erstmals zum größten Drittmittelgeber der Hochschulen. Über Jahre stellte die DFG den größten Drittmittelanteil, in den Jahren 2020 und 2021 lagen Bund und DFG gleichauf. Obwohl der Förderhaushalt der DFG seit 2013 von 2,6 Milliarden Euro auf 3,6 Milliarden Euro (2023) angestiegen ist, geht ihr Anteil also leicht zurück.

    Dass der Bund zum größten Drittmittelgeber der Hochschulen geworden ist, nennt DFG-Präsidentin Katja Becker “eine Entwicklung, die durchaus genau beobachtet werden sollte, wie nicht nur, aber vielleicht zusätzlich im Lichte der aktuellen politischen Gesamtsituation deutlich wird”. Vonseiten der Politik nehme das Bedürfnis nach politischer Steuerung der Forschungsförderung offenbar zu.

    Solange auch in Ministerien Förderentscheidungen rein wissenschaftsbasiert getroffen werden, sei alles in Ordnung, sagte Becker. “Bedenklich würde es jedoch, wenn wissenschaftsfeindliche Tendenzen auch in der Politik zunähmen.” In diesem Zusammenhang verwies sie auf die bewährten wissenschaftsgeleiteten Entscheidungsprozesse der DFG.

    Wirtschaft: Drittmittelanteil schrumpft seit Jahren

    Kontinuierlich und deutlich gesunken ist der Anteil der Wirtschaft an der Finanzierung der Hochschulen. Im Jahr 2006 stellte sie noch 26 Prozent der Drittmittel, 2013 waren es 19,2 Prozent, 2022 sind es nur noch 14,7 Prozent.

    Eine “sehr bedenkliche Entwicklung” nannte Katja Becker diesen Rückgang. “Wirtschaft und Industrie sind für den Transfer von Forschungsergebnissen aus der erkenntnisgeleiteten Forschung in die Anwendung von zentraler Bedeutung und profitieren zugleich selbst in hohem Maße davon.”

    Warum eine steigende Drittmittelquote kein gutes Zeichen ist

    Allerdings betonte Becker auch die Bedeutung der Grundfinanzierung. In dieser Hinsicht ist es keine gute Entwicklung, dass die Drittmittelquote der Hochschulen sich von 26,9 Prozent im Jahr 2021 auf 28 Prozent (2022) erhöht hat. Denn es ist ein Zeichen dafür, dass die Grundmittel weniger stark angestiegen sind als die Drittmittel.

    Zwar seien Drittmittel für die Hochschulen als zusätzliche Finanzierungsquelle und vor allem für ihre Profilbildung auf lokaler, regionaler, nationaler und auch internationaler Ebene von großer Bedeutung, sagte Becker. “Für ihre Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit und auch für die Entwicklung von Wissenschaft und Forschung insgesamt sind die Hochschulen aber in hohem Maße auf eine auskömmliche Grundfinanzierung angewiesen.”

    Außeruniversitäre Forschung: Kaum DFG-Mittel für Fraunhofer

    Dass die großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen (AuF) unterschiedliche Schwerpunkte setzen, spiegelt sich auch in der Zusammensetzung ihrer Drittmittel wider. Während der DFG-Anteil im Jahr 2022 bei der Fraunhofer-Gesellschaft mit 0,4 Prozent verschwindend gering ist (im Jahr zuvor waren es 0,3 Prozent), hat die Wirtschaft immerhin 32,5 Prozent. Auch hier dominiert jedoch der Bund – ebenso wie bei Helmholtz- und Leibniz-Gemeinschaft.

    Nur bei der besonders auf Grundlagenforschung ausgerichteten Max-Planck-Gesellschaft ist die Situation anders. Bei ihr kommen mit 27,5 beziehungsweise 26,8 Prozent die beiden dicksten Batzen von DFG und aus der EU. Die Projektförderung des Bundes (berücksichtigt werden Förderlinien aller Bundesministerien, nicht nur des BMBF) hat einen Anteil von 22,9 Prozent.

    Hochschulen: LMU und TU München im Gesamtranking erneut vorn

    Die Rangreihen, in denen der Förderatlas auflistet, welche Hochschulen besonders hohe Summen an DFG-Mitteln erhalten, sind für Hochschulen besonders wichtig. Dabei geht es jedoch nicht nur darum, wer es unter die Top 10 oder Top 40 geschafft hat. “Die Kennzahlen dienen auch als Grundlage für die strategische Entwicklung”, sagte Anja Steinbeck, die als Vizepräsidentin der Hochschulrektorenkonferenz den Förderatlas mit vorstellte.

    Sie regte an, dabei nicht nur die absoluten Zahlen hinsichtlich der Fördermittelbewilligungen zu betrachten, sondern auch auf die Analysen zu schauen, bei denen die Fördermittel ins Verhältnis zur Größe der jeweiligen Hochschulen gesetzt werden. Dann finden sich auf den Plätzen eins bis drei: Freiburg, Konstanz und Hannover.

    Beim Vergleich der absoluten Zahlen der DFG-Bewilligungen (siehe Grafik) sind vor allem die Universitäten erfolgreich, die auch in internationalen Rankings vorne liegen, allen voran die beiden Münchener Unis TU und LMU. Im Gesamtranking liegt die RWTH Aachen auf Platz drei, gefolgt von Heidelberg und FU Berlin. Eine bemerkenswerte Verbesserung gab es bei der Universität Bonn, sie hat sich von Rang 15 (Förderatlas 2021) auf Rang 6 verbessert.

    Die Auswertung nach Wissenschaftsbereichen zeigt, dass in den Geistes- und Sozialwissenschaften FU und HU Berlin vorne liegen, in den Naturwissenschaften Heidelberg und Karlsruhe, in den Ingenieurwissenschaften Aachen und Stuttgart.

    Besonderheiten: In den Ingenieurwissenschaften konnte Karlsruhe erstmals in die Top 5 aufrücken, in den Naturwissenschaften ist Bochum neu in den Top 10 und in den Geistes- und Sozialwissenschaften ist die Universität Bayreuth von Platz 43 auf Platz 22 vorgerückt.

    Zum Jubiläum: Förderatlas online mit erweiterten Funktionen

    DFG-Generalsekretärin Heide Ahrens hob das für die zehnte Ausgabe grundlegend überarbeitete Online-Angebot zum Förderatlas hervor. Damit seien Detaildarstellungen und Kennzahlen für einzelne Hochschulen oder Forschungseinrichtungen nun noch individueller auffindbar. Zusätzliche und verbesserte Suchfunktionen ermöglichten es zudem, nach Schlagworten alle relevanten Daten auf einen Blick zu erhalten, Tabellen und Abbildungen sind interaktiv.

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    Dietram Scheufele: Warum parteipolitische Positionierung der Wissenschaft schadet 

    Dietram Scheufele: Parteipolitische Positionierung schadet der Wissenschaft. 
    Dietram Scheufele ist Professor für Wissenschaftskommunikation an der University of Wisconsin-Madison.

    Die Positionierung gegen Trump, wie sie im Wahlkampf teilweise wieder stattgefunden habe, schade der Wissenschaft, meint Dietram Scheufele von der University of Wisconsin-Madison in den USA. Endorsements, also Unterstützungsbekundungen, für Harris von Magazinen wie Nature oder Scientific American könnten kurzfristig wenig bewirken, langfristig aber dem Vertrauen in die Wissenschaft schaden. “Sie haben erst zweimal so ein Endorsement gemacht – jedes Mal gegen Trump. Das ist problematisch, gerade, wenn die Journale dann teilweise auch noch zu europäischen Verlagen gehören”, sagt Scheufele im Gespräch mit Table.Briefings. 

    Schon vor der Wahl 2016 und insbesondere auch danach hätten sich viele Wissenschaftler dazu hinreißen lassen, sich persönlich gegen Trump zu positionieren, sagt der Experte für politische Kommunikation. Kritik fand sich etwa auf den Plakaten der March for Science ab 2017. Wissenschaftler sollten sich aber nicht von ihrem Bauchgefühl leiten lassen. Die Frage sei: “Was würden wir tun, wenn Mitt Romney Präsident wäre und auch aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen würde? Würden wir bei ihm, der den Klimawandel anerkennt, auch diese Statements abgeben?” 

    Vertrauen bei Republikanern und Unabhängigen geht zurück 

    Langfristig bleibe dadurch in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass Wissenschaft politisch sei. “Noch genießt die Wissenschaft in den USA generell ein hohes Vertrauen, während die Werte für alle anderen Akteure in den Keller gegangen sind.” Aber gerade bei den Anhängern der Republikaner und auch bei den Unabhängigen seien die Werte für das Vertrauen in Wissenschaft in den vergangenen Jahren, gerade nach Corona, deutlich zurückgegangen. 

    Wissenschaft habe einen einzigartigen Anspruch, sagt Scheufele. Wenn man diesen verliere, habe man ein Problem. Optimistisch betrachtet, sei jedoch noch Zeit, das zu retten. “Aber wir dürfen eben nicht unseren niederen Instinkten folgen. Wir müssen unsere Rollen hier klar definieren. Einmal als Bürger und dann als Wissenschaftler”, sagt der Professor für Wissenschaftskommunikation. 

    Trumps erste Amtszeit: Auch Republikaner halfen der Wissenschaft 

    Auf die Frage, ob sich diese Perspektive ändere, wenn denn ein Präsident Trump gegen die Wissenschaft an sich und gegen wissenschaftliche Methoden vorgehen will, verweist Scheufele darauf, dass bei derartigen Versuchen unter Trump I eine breitere Koalition möglich war. Auch Republikaner hätten gegen die Besteuerung von Studierenden oder Kürzungen bei den Universitäten im Allgemeinen opponiert. 

    Es sei”total in Ordnung”, sich für die Wissenschaft im Allgemeinen einzusetzen. “Aber in dem Moment, wo wir uns für bestimmte Lösungen in einzelnen Politikfeldern aussprechen, da wird es problematisch”. 

    Mit Wissenschaft Wähler überzeugen, nicht als Politiker 

    Scheufele rät, sich den Bürgern, den Wählern, zuzuwenden. Und verweist auf ein Statement eines US-Politikers: Wenn man ihn überzeugen wolle, dann müsse man seine Wähler gewinnen! Das bedeutet, “Wissenschaft muss effektiv mit allen Teilen der Bevölkerung sprechen. Warum ist Wissenschaft relevant?” Man müsse gerade auch mit den skeptischen Gruppen sprechen und deutlich machen: “Wissenschaft arbeitet in deinem Interesse”.  

    Und auf Deutschland übertragen heißt das: “Wenn wir es nicht schaffen, auch die Fragen und Ängste der AfD-Wähler anzusprechen, haben wir ein Problem. Das konnten wir uns lange Zeit leisten.” Doch nun sei ein Punkt erreicht, an dem die Gruppe der Skeptiker größer und vor allem hörbarer und mächtiger werde. “Jetzt wird die Wissenschaft durch Fake News und gezielte Kampagnen im parteipolitischen Interesse vor allem in den sozialen Medien an die Wand gedrückt.” 

    Civic Science als Ansatz 

    Die Frage für die Wissenschaft müsse demnach sein: “Wie können wir die nächste Generation von gesellschaftsverbundenen Wissenschaftlern fördern?” Solche, die den Kontakt zu allen Teilen der Gesellschaft halten, die sich fragen, was kann ich zum gesellschaftlichen Fortkommen beitragen? Scheufele nennt das Civic Science.

    Wissenschaftler seien in dem, was sie tun und wer sie sind, akuter bedroht als in den vergangenen Jahrzehnten. Gleichzeitig erhebe die Wissenschaft weiterhin einen hohen Anspruch auf Autonomie. Man wolle weiterhin viel Geld von der Gesellschaft und dieses frei verteilen. Da müsse man sich entsprechend an eine “komplexere Informationsumgebung anpassen” und auf die Menschen zugehen, wenn man das erhalten wolle. 

    “Stellung der Wissenschaft erhalten – egal wer die Wahlen gewinnt” 

    Dabei sei es wichtig, langfristig zu denken und auch im Wahlkampf nicht auf kurzfristige Gewinne zu schauen. Das gelte auch für die deutsche Wissenschaft. Man dürfe nicht den Instinkten vertrauen, sondern müsse langfristig, strategisch denken. Es brauche eine kollektive Anstrengung in Akademien, Stiftungen und communities of practice, um Handeln und Kommunikation zu koordinieren. Die wichtigste Frage laute: “Wie können wir die einzigartige Stellung erhalten, egal, wer Wahlen gewinnt.”

    Dietram Scheufele ist Professor für Wissenschaftskommunikation an der University of Wisconsin-Madison. Er gilt als Experte auf den Gebieten der politischen Kommunikation, der Wissenschaftskommunikation sowie der Wissenschafts- und Technologiepolitik. Scheufele ist Mitglied bei der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften – acatech und der American Academy for Arts and Sciences.

    • Fake News
    • Forschungspolitik
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    • Vertrauen
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    Brombeer-Koalitionen: Was die Regierungsbeteiligung des BSW für die Wissenschaft bedeutet 

    Steffen Schütz (l), Tilo Kummer und Katja Wolf (alle BSW) kommen zu Koalitionsverhandlungen in den Thüringer Landtag. Die Spitzen von CDU, BSW und SPD wollen sich die Ergebnisse der Arbeitsgruppen ansehen und noch strittige Themen besprechen.
    Steffen Schütz (l.), Tilo Kummer und Katja Wolf (alle BSW) kommen zu Koalitionsverhandlungen in den Thüringer Landtag. Die Spitzen von CDU, BSW und SPD wollen sich die Ergebnisse der Arbeitsgruppen ansehen und noch strittige Themen besprechen.

    Es wird wohl die erste sogenannte Brombeer-Koalition in Deutschland – und somit auch das erste Brombeer-Forschungsministerium: Nach harten Verhandlungen gibt es in Thüringen seit Freitag einen Regierungsvertrag von CDU, SPD und BSW. Bei der Landtagswahl in Thüringen wurde das Bündnis Sahra Wagenknecht drittstärkste Kraft und erhielt 15 von 88 Sitzen im Thüringer Landtag. Nun müssen die Gremien und Mitglieder der drei Parteien dem Vertrag noch zustimmen. 

    Fast drei Monate nach der Landtagswahl haben die Parteichefs in Erfurt am Freitag ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Zu den lange umstrittenen Themen Frieden und Mittelstreckenraketen fanden sie – anders als in Sachsen – einen Kompromiss: Die Präambel zu dem Regierungsprogramm wurde nicht verändert, vorgenommen wurden jedoch Ergänzungen im Vertragstext. Auch zu Wissenschaft und Forschung finden sich erste Schwerpunkte in der Regierungserklärung.

    Plan für Thüringens Hochschulen liest sich ambitioniert

    Die forschungspolitischen Pläne für Thüringen, an denen auch erfahrenen Akteure wie der aktuelle Staatssekretär für Wirtschaft, Hochschulen, Tourismus und Digital des Hauses, Carsten Feller (SPD), und der Hochschulprofessor Ulrich Schubert aus Jena (CDU) mitgearbeitet haben, lesen sich ambitioniert. Das Land soll gleichsam zum Innovationsmotor werden. Thüringer Hochschulen haben dabei “eine herausragende Bedeutung bei der Anwerbung und Ausbildung zukünftiger Arbeitskräfte, der Schaffung von Wissen und Innovationen sowie als kreative und weltoffene Orte.”  

    Wer in Thüringen unter dem möglichen kommenden Ministerpräsidenten, CDU-Chef Mario Voigt, das Wissenschaftsministerium führen wird, ist noch offen. In früheren Runden hieß es, dass das BSW bald für die Hochschul- und Wissenschaftspolitik zuständig sein könnte. Im Parteiprogramm der jungen Partei spielt das Thema Forschung und Wissenschaft allerdings bisher eine untergeordnete Rolle.  

    BSW ohne forschungspolitisches Personal und Programm

    Es findet sich etwa das Bekenntnis, die “breite Forschungslandschaft” in Thüringen erhalten und erweitern zu wollen. Ein geeigneter Kandidat für ein Ministeramt mit Forschungsbezug ist unter den aktuellen BSW-Parlamentariern ebenfalls nicht offensichtlich. Der Unternehmer Steffen Schütz, Co-Landesvorsitzender des BSW, wurde zwischenzeitlich als ein möglicher Amtsträger genannt. Weder seine Partei noch er selbst haben sich dazu bisher erklärt. 

    Aus Kreisen wird derweil für Thüringen meist Ulrich Schubert (CDU) als möglicher Wissenschaftsminister favorisiert. Der Chemiker bringe als Hochschulprofessor in Jena ausreichend Expertise mit und gilt als äußerst zupackend.  

    Ein “Chief Innovation Office” für Thüringen 

    Tatsächlich könnte sich aber beim Zuschnitt der Ministerien etwas ändern.  Derzeit sind die Ressorts Wissenschaft und Wirtschaft noch gemeinsam in einem Haus. Wie Insider berichten, wird in Thüringen mit der Einsetzung eines “Chief Innovation Office” geliebäugelt, das an der Staatskanzlei angedockt werden würde. Wissenschaft wie Wirtschaft würden in diesem Modell mit dem Bereich “Digitalisierung” verwoben. Die Hochschulen allerdings würden im Bildungsministerium landen.  

    Schwerpunkte der Regierungserklärung zu Forschung und Wissenschaft 

    • Die Parteien bekennen sich zu allen Thüringer Hochschulstandorten.  
    • Der Transfer von Erfindungen und Technologie in die Wirtschaft und die Gründung von Start-ups soll durch eine Zukunfts-Investitions-Offensive gefördert werden. 
    • Das bisherige System der Hochschulfinanzierung mit festen Steigerungsraten und einem Strategiebudget habe sich bewährt und soll fortgeführt werden. 
    • In der Rahmenvereinbarung soll die weitere Steigerung des Frauenanteils in der Professorenschaft und in den Hochschulleitungen verbindlich festgelegt und die Graduiertenausbildung sowie die Wissenschaftskommunikation entwickelt werden. 
    • Die anwendungsbezogene Forschung an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (Fachhochschulen) soll gestärkt werden, ohne “diese zu kleinen Universitäten zu entwickeln”.  
    • Forschungsstarke Bereiche oder hochschulübergreifende Verbünde sollen das Promotionsrecht erhalten. Angestrebt wird die Schaffung von Lehr- und Forschungskapazitäten für die Friedens- und Konfliktforschung

    Brandenburg: Bleibt Manja Schüle Forschungsministerin?  

    In Brandenburg steuern SPD und BSW derweil auf das Ende der Koalitionsverhandlungen zu. Beide Parteien haben sich bereits auf einige Ziele geeinigt. Die aktuelle Forschungsministerin Manja Schüle sitzt in einer der AGs, die aktuell über die zukünftige politische Aufstellung des Landes tagen. Das BSW strebt nach Berichten das Innen- oder das Finanzministerium an und zeigt sich auch offen für das Bildungsressort. Ausgewiesene Bildungsexperten sind beim BSW in Brandenburg allerdings nicht gewählt worden. Gleiches gelte für den Bereich Forschung. 

    Noch sind diese Fragen nicht gestellt, bei einer Einigung auf einen Koalitionsvertrag könnten Parteitage von SPD und BSW Ende der kommenden Woche entscheiden. Dietmar Woidke (SPD) könnte am 11. Dezember im Landtag gewählt und vereidigt werden. Die Verfassung lässt bis Mitte Januar Zeit für die Wahl. 

    Sachsen: Kretschmer favorisiert die Minderheitenregierung 

    In Sachsen strebt derweil Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) keinen Wechsel nach Berlin an. Er würde sich vielmehr freuen, wenn die Koalitionsverhandlungen im Dezember zum Abschluss gebracht und eine neue Regierung gebildet wurde, sagte er der Süddeutschen Zeitung.  

    CDU und SPD bilden wohl eine Minderheitsregierung, dabei soll es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben – obwohl Schwarz-Rot im Landtag in Zukunft auf Stimmen der Oppositionsparteien angewiesen sein würde. Noch sind die Politikerinnen und Politiker nicht so weit wie die in Brandenburg und Thüringen. Schwierig soll auch die Frage eines möglichen Zuschnitts des Wissenschaftsministeriums gewesen sein.   

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    • Wissenschaft
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    Termine

    27.-29. November 2024, Leopoldina, Jägerberg 1/Emil-Abderhaldenstr. 36, Halle (Saale)
    Symposium der Leopoldina Chancen und Herausforderungen von Flucht, Zuwanderung und Integration Mehr

    29. November 2024, 19:00 Uhr, Nikolaisaal Potsdam, Wilhelm-Staab-Straße 10-11, 14467 Potsdam
    Einsteintag der BBAW “Konflikte lösen!” Mehr

    4.-6. Dezember, silent green Kulturquartier, Gerichtsstarße 35, Berlin
    PartWiss 24 “Leitlinien für Partizipation in der Forschung” Mehr

    11.-12. Dezember, Berlin
    Forum Wissenschaftskommunikation Wissenschaftskommunikation für eine starke Demokratie und offene Gesellschaft Mehr

    12. Dezember 2024, 10:30 bis 18:00 Uhr. Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund, Luisenstraße 18, 10117 Berlin
    Symposium der Leopoldina 10 Jahre Politikevaluierung in der Bundesregierung – Wo stehen wir heute? Ein Blick aus Wissenschaft und Politik Mehr

    News

    Göttingen: Wie es nach der Abwahl Metin Tolans weitergeht

    Der niedersächsische Wissenschaftsminister Falko Mohrs muss nach der Abwahl von Metin Tolan mit allen Beteiligten eine Interimslösung für die derzeit führungslose Universität Göttingen finden.

    Vergangenen Mittwoch stimmte der Senat nach der gescheiterten Einigung mit dem Stiftungsausschuss für die endgültige Abwahl des Präsidenten Metin Tolan. In Reaktion darauf traten auch der Stiftungsausschussvorsitzende Peter Strohschneider sowie weitere Mitglieder des Ausschusses vom Amt zurück. Strohschneider hatte zuvor Tolan unterstützt und bezeichnete die Abwahl durch den Senat als “unverantwortbar”. 

    Derweil versuchen die verbliebenen Verantwortlichen den Blick nach vorne zu richten. Auf Einladung von Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs kam es am gestrigen Montag zu einem Treffen im Ministerium, zu dem der Senat, die Dekane, der Stiftungsausschuss und das Präsidium der Universität Göttingen eingeladen waren. 

    Arbeitsgruppe sucht Interims-Präsidenten

    Mohrs berichtete am Nachmittag in der Sitzung des Wissenschaftsausschusses des niedersächsischen Landtags, dass nun “mit allen Beteiligten ein Weg nach vorne” gefunden werden solle. Es sei aus den verschiedenen Gruppen ein Ausschuss gebildet worden, der sich mit der Frage beschäftige, wer die Universität bis zu einer regulären Neuwahl des Präsidenten führt. Grundsätzlich gebe es drei Möglichkeiten:

    • Die verbliebenen Präsidiumsmitglieder überbrücken die Zeit, bis regulär eine Präsidentin oder ein Präsident gewählt ist.
    • Nach Paragraf 62 des niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) kann das Ministerium einen Beauftragten benennen, wenn ein Organ vorübergehend nicht handlungsfähig ist. Das wäre hier also möglich.
    • Anscheinend bevorzugen die Akteure jedoch eine gemeinsame Interimslösung an der Spitze der Universität. Diese müsste jedoch nach Paragraf 39, Absatz 9 des NHG vom Stiftungsrat auf Vorschlag des Senats bestellt werden. Der Stiftungsrat scheint nach den Rücktritten jedoch aktuell beschlussunfähig. Wie damit umzugehen ist, werde derzeit rechtlich geprüft, meinte Mohrs. 

    Senat wünscht sich breite Unterstützung für Interimslösung

    Hoffnung auf eine Interimslösung hat auch der Senat. Es bestehe große Einigkeit, gemeinsam nach Lösungen für eine Interims-Besetzung des Präsidentenamtes zu suchen, die letztlich möglichst breit in der Universität unterstützt werde, sagte der Sprecher des Gremiums, Ramin Yahyapour, auf Anfrage von Table.Briefings. mw

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    Wissenschaft in der Ukraine: So verheerend sind die Auswirkungen des Kriegs 

    Mehr als tausend Tage russischer Angriffskrieg haben auch dem Wissenschaftssystem der Ukraine zugesetzt: Bis September 2024 wurden mehr als 2.500 Bildungseinrichtungen zerstört oder stark beschädigt, 141 davon sind Hochschuleinrichtungen. Mehrere Hochschulen wurden verlegt, weil sie sich in besetzen Gebieten befanden. Etwa 1.500 Wissenschaftler sind an der Front. Insgesamt haben 18,5 Prozent der Akademikerinnen und Akademiker die Ukraine verlassen – vor allem Frauen.

    Das sind die direkten Folgen für die Forschenden

    Welchen enormen Tribut die Situation von den Wissenschaftlern des Landes fordert, zeigt eine Monitoring-Studie des Science at Risk Emergency Office, ein vom Auswärtigen Amt unterstütztes Projekt des Akademischen Netzwerks Osteuropa. Die Befragung von 1.720 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 12 Regionen zeigt:

    • Ortswechsel: 58 Prozent der befragten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mussten ihr gewohntes Umfeld verlassen und umziehen – meist um sich und ihre Familien in Sicherheit zu bringen. 38 Prozent berichteten von teilweiser oder größerer Zerstörung ihrer Hochschulgebäude
    • Traumatisierung: 44 Prozent fühlen sich depressiv. Jeder Vierte muss verkraften, dass ein Angehöriger entweder im Krieg zu Tode kam oder schwer verletzt wurde.
    • Berufliche Schwierigkeiten: Viele Wissenschaftler sind in ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit massiv eingeschränkt – weil sie fliehen mussten, vertrieben wurden und weil es ihnen zunehmend schwerfällt, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. 36 Prozent der Befragten geben an, finanzielle Unterstützung zu benötigen.

    Vor diesen Problemen steht das Wissenschaftssystem

    Das Hochschul- und Wissenschaftssystem in der Ukraine ist seit den 1990er Jahren im Umbruch, schreiben die Autorinnen des Reports, Maryna Rabinovych von der Kyiv School of Economics und Iuliia Iashchenko von der Sapienza University in Rom. Ein Erbe aus der Ära der Sowjetunion sei die strenge Trennung von Lehre und Forschung, ein anderes die ineffiziente Nutzung der überwiegend staatlichen Finanzierungsmittel. Der russische Angriffskrieg hat weitere Probleme gebracht:

    • Massive Kürzungen des Bildungsbudgets zugunsten der Finanzierung der Landesverteidigung;
    • Polarisierung der Gesellschaft hat zu Selbstzensur und Einschränkung des öffentlichen Diskurses geführt. Insgesamt ist die akademische Freiheit rückläufig.
    • Braindrain: Seit 2022 haben 18,5 Prozent der Wissenschaftler, zumeist Frauen, die Ukraine verlassen.

    Diese Arten von Unterstützung werden gebraucht

    Ohne gezielte und leicht zugängliche internationale Unterstützung wird der akademische Sektor der Ukraine es schwer haben, sich von den Auswirkungen des Krieges zu erholen, schreiben die Autorinnen des Reports. Es gehe zu einen darum, gut koordiniert und langfristig strukturelle Reformen zu unterstützen.

    Darüber hinaus sei der Austausch innerhalb des europäischen Forschungsraumr zu intensivieren, um zu den akademischen Standards aufzuschließen und Fremdsprachenkenntnisse zu verbessern. Das Ziel müsse sein, Brain Circulation zu befördern, um den Braindrain zu stoppen. Durch Unterstützung für Forschende in der Ukraine, aber auch durch Auslandsstipendien könne dies gelingen.

    DAAD startet Deutsch-Ukrainisches Hochschulnetzwerk

    Wie gerufen kommt in diesem Zusammenhang das neue Programm “Deutsch-Ukrainisches Hochschulnetzwerk” des DAAD. Es fördert einerseits binationale Kooperationen zu Studium und Lehre, darüber hinaus geht es darum, den Austausch in Hochschulverwaltung und zur Internationalisierung zu intensivieren.

    In der ersten Programmlinie stehen bis 2029 bis zu 800.000 Euro pro Projekt zur Verfügung, in Programmteil zwei rund 400.000 Euro, teilte der DAAD am Montag mit. Die Auswahl der Projekte werde bis Sommer kommenden Jahres erfolgen. Das BMBF unterstützt das Programm bis 2029 mit insgesamt 24 Millionen Euro. abg

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    Industrieforschung: AIF fordert für die Zukunft eine Milliarde Euro für angewandte Forschung

    Mit Blick auf die Neuwahlen und die Haushaltsverhandlungen der nächsten Legislaturperiode fordert die Allianz für Industrie und Forschung (AIF) eine Milliarde für die Programme der Angewandten Forschung in Deutschland. “Mit einer Mittelausstattung in Höhe von jährlich einer Milliarde Euro für die Forschungsförderprogramme – ZIM, 600 Millionen Euro, IGF, 300 Millionen Euro, und INNO-KOM, 100 Millionen Euro – würde die Politik ein industriepolitisch wichtiges Signal setzen”, sagte AIF-Vorstand Thomas Reiche anlässlich eines Treffens mit dem forschungspolitischen Sprecher der Unions-Fraktion, Thomas Jarzombek.

    Die Weiterentwicklung des erfolgreichen Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) und der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF), in Zeiten von drastischen Insolvenzzahlen und wirtschaftlichen Einbrüchen in Deutschland, spiele eine existenzielle Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft national und weltweit, sagte Reiche. Im aktuellen Entwurf des Bundeshaushaltsgesetzes, der durch den Regierungsbruch hinfällig geworden ist, war eine Mittelkürzung bei ZIM um 20 Prozent vorgesehen. Demnach waren nur noch 502 Millionen Euro angesetzt, während im laufenden Jahr noch 628 Millionen Euro für ZIM bereitstehen.

    Jarzombek verspricht “alte Stärke” und Freiheit bei Fachkräften

    Thomas Jarzombek stellte bei dem Gespräch nach Angaben der AIF eine starke Innovationsförderung zugunsten forschungsaffiner Unternehmen in Deutschland in Aussicht: “Die erfolgreichen Forschungs- und Innovationsprogramme des Bundes müssen wir wieder zu alter Stärke führen. Mit der Zeit der Planungsunsicherheit unter der Ampel-Koalition muss Schluss sein. Den Zugang zu diesen Programmen müssen wir für KMU vereinfachen und bürokratische Hürden auf ein absolutes Minimum zurückführen”, sagte Jarzombek laut AIF-Mitteilung in dem Gespräch.

    Nach Auffassung von Jarzombek brauchen die Einrichtungen der angewandten und industrienahen Forschung zudem mehr Freiheiten. “Das gilt besonders bei der Gewinnung von Fachkräften. Ich setze mich dafür ein, dass die aktuelle Benachteiligung von gemeinnützigen Forschungseinrichtungen durch das Besserstellungsverbot so schnell wie möglich beendet wird.” Eine Anpassung des aktuellen Haushaltsgesetzes durch die Ampel-Regierung – zugunsten gemeinnütziger Forschungsinstitute – hatte aus deren Sicht nicht den gewünschten Effekt erzielt. tg

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    GWK: Özdemir übernimmt Vorsitz der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz

    Bei der ersten Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) mit dem neuen Bundesforschungsminister Cem Özdemir hat die Bund-Länder-Organisation zwei neue Personalien verkündet und weitere Haushaltsposten für das Jahr 2025 abgesegnet. Die erste Personalie liegt auf der Hand: Özdemir ist als neuer Forschungsminister jetzt auch neuer bundesseitiger Vorsitzender der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz und führt bis Ende des Jahres 2024 damit auch den GWK-Vorsitz.

    Des Weiteren hat die GWK in ihrer Sitzung am Freitag Carsten Diehl zu ihrem neuen Stellvertretenden Generalsekretär gewählt. Diehl ist derzeit noch als Regierungsdirektor im Kanzleramt beschäftigt und im Kanzlerbüro für Termine und Besondere Aufgaben verantwortlich. Er wird zum 1. März 2025 Rebekka Kötting ablösen, die in den Ruhestand geht.

    Inhaltlich hat die GWK, entsprechend dem Pakt für Forschung und Innovation, bei dieser Sitzung den Haushaltsposten für die Leibniz-Gemeinschaft beschlossen. Auch das (vornehmlich geisteswissenschaftliche) Akademienprogramm soll im kommenden Jahr analog zum PFI einen Aufwuchs von drei Prozent erfahren. Mit den Entscheidungen aus den vorangegangenen Sitzungen ergibt sich damit bislang folgendes Bild für die GWK-Förderentscheidungen für das Jahr 2025:

    • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): 3,75 Milliarden Euro inklusive Projektförderungen
    • Max-Planck-Gesellschaft (MPG): 2,24 Milliarden Euro
    • Leibniz-Gemeinschaft (WGL): 1,45 Milliarden Euro
    • Stiftung Innovation in der Hochschullehre: 150 Millionen Euro
    • Akademienprogramm (Union der deutschen Akademien der Wissenschaften): 79,71 Millionen Euro
    • Nationales Hochleistungsrechnen an Hochschulen (NHR): bis zu 62,5 Millionen Euro
    • Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW): 11,26 Millionen Euro. tg
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    Must Reads

    Spiegel: RCDS für Studiengebühren. Der CDU-nahe Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) fordert die Einführung von Studiengebühren und drängt die Union, diesen Vorschlag in ihr Programm für die Bundestagswahl 2025 aufzunehmen. Bereits zuvor hatte sich die Wirtschaftsweise Veronika Grimm für Studiengebühren ausgesprochen. (“CDU-naher Verbund fordert Wiedereinführung von Studiengebühren”)

    Tagesspiegel: Klage gegen FU-Kanzlerin. Die zuständige Senatsverwaltung hat beim Verwaltungsgericht Berlin eine Disziplinarklage eingereicht und beabsichtigt, die zwangsbeurlaubte Kanzlerin Andrea Bör aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen. (“Weil sie Zerwürfnis vertieft habe: Beurlaubte Kanzlerin der FU Berlin wird von Senatsverwaltung verklagt”)

    Forschung & Lehre: Döring verliert vor dem OVG Münster. Das Oberverwaltungsgericht Münster sieht Sabine Döring, die ehemalige Staatssekretärin des Bundesbildungsministeriums, durch die Entlassungs-Pressemitteilung des Ministeriums nicht zu Unrecht beschuldigt. Entgegen der Kritik von Professorin Döring impliziert die Mitteilung des Ministeriums nicht, dass die vorzeitig in den Ruhestand versetzte Staatssekretärin für den umstrittenen Prüfauftrag verantwortlich sei. (“Entlassene Staatssekretärin Döring verliert Prozess”)

    FAZ: Rechtsruck erreicht Hochschulen. Der gesellschaftliche Rechtsruck macht sich auch an den Hochschulen bemerkbar. Das bekommen in erster Linie Studenten mit Migrationshintergrund zu spüren. Auch in den Gesellschaftswissenschaften, die lange Zeit von Linken dominiert wurden, werden rechte Ansichten immer öfter offen geäußert. (“Der Campus ist kein Schutzraum mehr”)

    Frankfurter Rundschau: Sorge wegen Drittmitteln. Peter Benz, der Präsident der Bauhaus-Universität Weimar, fürchtet, dass in Zukunft in Thüringen Drittmittel nach politischen Vorgaben vergeben werden könnten. Vor allem Initiativen der AfD hätten die Schwächung der Freiheit der Hochschulen zum Ziel. (“Präsident der Bauhaus-Uni sieht ‘besorgniserregendes’ Warnzeichen in Thüringen”)

    Financial Times: US-Unis wappnen sich vor Trump. Die US-Universitäten bereiten sich auf die von Donald Trump angekündigten Angriffe vor. Trump und sein Team sehen viele der Hochschulen als Hochburgen linksradikaler Ideologien. Sie wollen gegen ihre finanzielle Basis vorgehen. (“US universities brace for ‘perfect storm’ of pressures under Trump”)

    Standpunkt

    Zeit für eine Neuaufstellung: Wir brauchen eine echte Strategie für Spitzentechnologien

    Von Thomas Lange
    Thomas Lange, Managing Director bei Achleitner Ventures.
    Thomas Lange, Managing Director bei Achleitner Ventures, formuliert sechs Leitlinien, um aus der “Middle Technology Trap” herauszukommen.

    Mario Draghi hat recht: Ein “weiter so” in der Wirtschaftspolitik kann keine Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit sein. Das gilt auch für Deutschland. Wir müssen endlich ausbrechen aus dem Teufelskreis geringer industrieller Dynamik, inkrementeller Innovation, geringer Investitionen und geringem Produktivitätswachstum.  

    Um uns aus der “Middle Technology Trap” zu befreien, müssen wir konsequent auf neue Industrien und Spitzentechnologien setzen. Völlig neu gedacht werden muss dafür aber auch der Strategieprozess selbst, mit dem die Bundesregierung in Zukunft Innovationen fördert. Sechs Leitlinien scheinen mir dabei entscheidend.

    Trennung von Forschungs- und Wirtschaftsministerium ist nicht mehr zeitgemäß

    Erstens: Der nächste Bundeskanzler muss Wettbewerbsfähigkeit und Innovation glaubhaft zur obersten politischen Priorität erklären. Zur Untermauerung dieser Ambition braucht es einen neuen Zuschnitt der Ministerien: Die Trennung von Forschungs- und Wirtschaftsministerium ist in Zeiten von Deep Tech nicht mehr zeitgemäß. Was wir brauchen, ist ein echtes Zukunftsministerium, das die Innovationskette von der Grundlagenforschung über die Gründerszene bis hin zu guter Standortpolitik unter einem Dach abdeckt – mit einer starken Ministerin oder einem starken Minister an der Spitze, der das Innovationsprinzip innerhalb der Regierung auch durchsetzen kann.  

    Zweitens: Der Strategieprozess muss dreidimensional angelegt sein. Zum einen muss er sich mit den allgemeinen Rahmenbedingungen für Innovation beschäftigen. Hier kann vor allem die Wissenschaft beratend einen Beitrag leisten, allen voran die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI). Zum anderen mit den spezifischen Rahmenbedingungen für die einzelnen Vertikalen, also zum Beispiel Quantencomputing, Robotik oder Biotech. Hier müssen vor allem Unternehmer und international versierte Investoren an den Tisch. Darüber hinaus muss er verschiedene Reifegrade berücksichtigen: Start-ups und neu entstehende Sektoren wie New Space oder Fusion benötigen andere Formen der Unterstützung als etablierte Industrieunternehmen. Der Strategieprozess muss das thematisch und in der personellen Besetzung der Beratungsstrukturen widerspiegeln. 

    Die Studien, die wir brauchen, sind längst geschrieben

    Drittens: Geschwindigkeit ist alles. Angesichts der hohen Dynamik bei der Entwicklung und Skalierung von Spitzentechnologien und des harten internationalen Wettbewerbs darf sich der Strategieprozess nicht in länglichen und immer wiederkehrenden Analyseprozessen verlieren, bevor die Regierung handelt. Die Studien und Papiere, die wir brauchen, sind längst geschrieben. Die Aufgabe ist jetzt, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen und geeignete Maßnahmen anzustoßen. Dazu gehören vor allem die Fokussierung und Priorisierung von Handlungsfeldern. Dabei sollten nicht nur Überlegungen zur technologischen Souveränität eine Rolle spielen, sondern auch zu komparativen Vorteilen und strategischen Assets: Wir müssen – und können – nicht alle Spitzentechnologien beherrschen. Aber wir sollten gerade auch vor dem Hintergrund der neuen geopolitischen Realität über eigene technologische Stärken verfügen, die uns gegenüber Ländern wie China weniger erpressbar machen. Im Sinne eines Faustpfands.  

    Viertens: Wir brauchen einen integrierten Strategieprozess, der die Analyse, die Ableitung ambitionierter Ziele, die konkrete Umsetzung von Maßnahmen und das kontinuierliche Monitoring des Fortschritts zusammenführt. Hier erleben wir in der Praxis bislang zu viele Strömungsabrisse: Wir kommen von der Analyse nicht ins Tun. Oder evaluieren unsere eingesetzten Instrumente nicht hart und konsequent genug. Zu selten und zu spät enden daher auch erfolglose Maßnahmen, Projekte und Institutionen. So gelingt keine Erneuerung. 

    Alle Handlungsfelder brauchen persönliche Verantwortlichkeiten

    Fünftens: Alle strategischen Handlungsfelder brauchen einen konkreten Umsetzungsplan, in dem nicht nur Ziele, Maßnahmen und Budgets festgelegt sind, sondern auch persönliche Verantwortlichkeiten. Eine gute erste Gelegenheit wäre die Raumfahrtstrategie, die in der kommenden Legislatur jetzt noch einmal neu zu beschließen ist. Wenn nicht Kopf und Karriere mindestens eines Staatssekretärs oder einer Staatssekretärin an deren Erfolg hängen, darf die Ernsthaftigkeit der Strategie wohl bezweifelt werden.  

    Sechstens: Der Strategieprozess selbst muss innovativ sein. Wieso sehen wir etwa keine neuen Technologien wie Künstliche Intelligenz zur Unterstützung von Analysen und Entscheidungen in den üblichen Gremien? Aber auch neue Formen der Interaktion von Regierung, Wissenschaft und Wirtschaft wären wünschenswert – zum Beispiel um vorausschauend Bürokratie für Zukunftsindustrien abzubauen und Regulatorik für die einzelnen Deep-Tech-Sektoren innovationsförderlich zu gestalten. Dafür sollte der Bund eine gemeinsame Task Force mit Praktikerinnen und Praktikern einrichten, die eine ähnliche Stellung wie der Normenkontrollrat hat, aber aktivistischer und zukunftsorientierter agiert. Die Beratungen könnten dann beispielsweise auch in Verabredungen zu Freiheitszonen und Sandboxes münden, die eine Erprobung innovativer Regulatorik erlauben.  

    Die Zeit, sich für die Zukunft neu aufzustellen, ist jetzt. Nutzen wir sie!  

    Thomas Lange ist Managing Director bei Achleitner Ventures und war lange Zeit als innovationspolitischer Berater tätig.

    • Deep Tech
    • Innovation
    • Künstliche Intelligenz
    • Start-ups
    • Transfer
    • Wissenschaft

    Heads

    Robert Arlinghaus vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei und Lena Hipp vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung bekommen den Wissenschaftspreis “Forschung in Verantwortung” des Stifterverbandes. Dieser würdigt Forschung, die innovative Ansätze für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft entwickelt. 

    Klaus-Uwe Gollmer hat den Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz bekommen. Der Professor für Informatik am Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier wurde für sein langjähriges Engagement zur Förderung der MINT-Fächer und Digitalisierung ausgezeichnet. 

    Cem Özdemir, Bundesminister für Bildung und Forschung, ist neuer bundesseitiger Vorsitzender der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK). Er wird im Januar 2025 turnusgemäß vom länderseitigen Vorsitzenden Markus Blume, Staatsminister für Wissenschaft und Forschung des Freistaats Bayern, abgelöst. Die GWK hat in ihrer heutigen Sitzung außerdem Carsten Diehl zu ihrem neuen stellvertretenden Generalsekretär gewählt.

    Julia Siegmüller ist zur zukünftigen Präsidentin der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften gewählt worden. Die Sprachwissenschaftlerin und ehemalige Geschäftsführerin der privaten Fachhochschule EUFH folgt im Frühjahr 2025 auf Rosemarie Karger.

    Peter Strohschneider, bisheriger Vorsitzende des Stiftungsausschusses der Uni Göttingen, ist mit sofortiger Wirkung von seinem Amt zurückgetreten. Er zieht damit die Konsequenz aus der Abwahl des Universitätspräsidenten Metin Tolan, die er als “unverantwortbar” bezeichnete.

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    • MINT

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