der Deutsche Hochschulverband steht vor einer Zerreißprobe: Nachdem der DHV den Referentenentwurf des BMBF zum WissZeitVG begrüßt hat, äußern zahlreiche Mitglieder deutliche Kritik und drohen mit ihrem Austritt. Gegenüber Table.Media begründet Präsident Lambert T. Koch nun die Entscheidung pro 4+2-Modell. “Es muss auch für die kleine Schwester und den kleinen Bruder von Hanna noch Stellen im Wissenschaftssystem geben”, sagte Koch meinem Kollegen Tim Gabel.
Die EU ist in der Lage, ihre Treibhausgasemissionen bis 2040 um bis zu 95 Prozent zu senken – im Vergleich zu 1990. Das ist das Ergebnis eines Berichts des wissenschaftlichen Beirats für den Klimawandel, der im Zuge des europäischen Klimagesetzes eingesetzt wurde. Dafür “sollte die EU ihre Emissionen bis 2040 um 90 bis 95 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 senken”, sagte Klimaforscher Ottmar Edenhofer, Vorsitzender des Gremiums, unserem Kollegen Lukas Scheid.
Auch wenn das Verhältnis zwischen Polen und Deutschland auf höchster politischer Ebene spürbar abgekühlt ist, bleibt das Land an einer wissenschaftlichen Kooperation mit Deutschland interessiert, berichtet Manfred Ronzheimer. In einer Studie, die Table.Media exklusiv vorliegt, benennt das DLR mögliche Kooperationsprojekte für die weitere Zusammenarbeit.
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In der Diskussion über die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) hat sich am Wochenende und am gestrigen Montag der Frust von Wissenschaftlern an der Position des Deutschen Hochschulverbands (DHV) entladen. Zahlreiche Professoren und Nachwuchswissenschaftler drohten dem DHV mit einem Austritt, sollte er seine Position nicht überdenken. In einer Stellungnahme hatte der neue DHV-Präsident Lambert T. Koch zuvor den kürzlich erschienenen Referentenentwurf des BMBF zur Reform WissZeitVG grundsätzlich begrüßt.
“Die Anpassung der Höchstbefristungsdauer von Post-Docs auf vier plus zwei Jahre geht in die richtige Richtung”, wird Koch dort zitiert. Der Pluralität von Fächerkulturen und Karrierepfaden zur Professur müsse angemessen Rechnung getragen werden. Im Gespräch mit Table.Media sagte Koch, dass schlichtweg nicht genügend Geld im System sei. “Ansonsten würde man denen, die mit einer Dauerstelle ins Wissenschaftssystem hinein möchten, viel mehr entgegenkommen”, sagte der neue Präsident des DHV. In seinem aktuellen Newsletter probt der DHV in Sachen WissZeitVG zudem den Schulterschluss mit der HRK.
Als “Berufsvertretung der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in Deutschland” vertritt der DHV neben Hochschullehrern auch Juniorprofessoren, Habilitanden, Nachwuchsgruppenleiter oder Postdocs und bietet unter anderem Berufungsberatung an. Gerade letztere Gruppen waren nicht mit dem WissZeitVG-Referentenentwurf des BMBF einverstanden. Auf die Stellungnahme des DHV hin postete die Initiatorin der Initiative #IchbinHanna, Amrei Bahr, ihre DHV-Austrittserklärung bei Twitter. Darin äußert sie Unverständnis an der Zustimmung des Verbands: “Mir erscheint es sehr voreilig und deswegen auch fahrlässig, dem Referentenentwurf in der gegenwärtigen Form zuzustimmen.”
Bahr wies darauf hin, dass der DHV Professoren und wissenschaftlichen Nachwuchs auf allen Ebenen vertrete und nicht nur die Hochschulleitungen. Und auch diese, so Bahr weiter, würden nur zu Teilen die Möglichkeit begrüßen, “ihr wissenschaftliches Personal ausgiebig zu befristen”. Zuletzt hatten sich auch über 800 Professoren mit #IchbinHanna und Gewerkschaften solidarisiert, die die Vier-plus-zwei-Lösung ablehnen und für eine deutlich kürzere Postdoc-Phase und ein Anschlusszusage-Modell eintreten. Auch aus diesen Reihen gab es heute Kritik am DHV.
Lambert T. Koch bedauert gegenüber Table.Media die Austrittsankündigungen und gab an, dass der DHV die Diskussion auf Twitter eingehend verfolge. “Wir sind überhaupt nicht auf einen Dissens aus und der DHV ist ein sehr demokratischer Verband, aber bei über 33.000 Mitgliedern kann es nie den absoluten Konsens geben“, sagte Koch. Er wehrte sich gegen den Vorwurf, die Stellungnahme sei ein unüberlegter Schnellschuss oder gar die Kopie der HRK-Position: “Wir haben bereits 2015 auf dem DHV-Tag mit den Delegierten Grundsatzbeschlüsse zum Thema WissZeitVG getroffen.”
Die Position des DHV zum WissZeitVG sei in einem demokratischen Prozess entwickelt worden und nicht aus dem Augenblick geboren, sagte Koch. Der Deutsche Hochschulverband hatte in der Debatte um die WissZeitVG ein “Y-Modell” für die Beschäftigung im akademischen Mittelbau gefordert. Diene eine Stelle alleine zur Eigenqualifikation auf eine Professur, sollte sie befristet werden, ansonsten sei dies abzulehnen. “Wir unterscheiden uns darüber hinaus auch bei der Differenzierung der Fächerkulturen”, sagte Lambert T. Koch.
Neben unterschiedlichen Wegen zu einer Professur wie Habilitation oder Juniorprofessur sollten auch neue Stellenangebote für den Mittelbau geschaffen werden: “Wir sprechen auch über neue Kategorien. Man könnte etwa die Position des Lecturer einführen, um den Bedarfen an den Universitäten gerecht zu werden”, sagte Koch. Einen Bias seiner Organisation mit Blick auf eine stärkere Berücksichtigung der Interessen von Hochschulleitungen kann der neue Präsident nicht erkennen.
Die Initiative #ProfsfuerHanna, bei der sich Professoren mit den Nachwuchswissenschaftlern solidarisch zeigen, betrachtet Koch wohlwollend: “Ich denke, dass die Kolleginnen und Kollegen sehr verantwortungsvoll agieren, weil sie eben die Nöte derjenigen sehen, die noch keine Dauerstelle im System haben.” Auch der Verband sehe diese Nöte. Deshalb würde man an vielen Stellen mehr Ressourcen für das Wissenschaftssystem und mehr Dauerstellen fordern.
“Unter den gegebenen Bedingungen und mit den vorhandenen Ressourcen müssen wir aber auch umgehen. Es muss auch für die kleine Schwester und den kleinen Bruder von Hanna noch Stellen im Wissenschaftssystem geben“, sagte Koch. Daher könne man nicht ad hoc alle zur Verfügung stehenden Stellen in Dauerstellen umwidmen.
Zur Zahl der Austritte aufgrund der aktuellen Diskussion machte der DHV keine Angabe, belastbare Zahlen lägen bislang nicht vor. Man verwies darauf, dass Austrittserklärungen zum Ende des Kalenderjahres wirksam werden. Laut eigener Homepage hatte der Verband am gestrigen Montag 33.448 Mitglieder.
Am Donnerstag, 22. Juni, diskutiert auch der Bundestag um 19.30 Uhr über die Reform des WissZeitVG. Hintergrund ist eine Große Anfrage der Unionsfraktion und die Antwort der Bundesregierung. Die Beratung ist für eine halbe Stunde angesetzt und wird live übertragen.
Die EU ist in der Lage, ihre Treibhausgasemissionen bis 2040 um bis zu 95 Prozent zu senken – im Vergleich zu 1990. Das ist das Ergebnis eines Berichts des wissenschaftlichen Beirats für den Klimawandel, der im Zuge des europäischen Klimagesetzes eingesetzt wurde. Die 15 Forscherinnen und Forscher des Gremiums veröffentlichen vergangene Woche ihre Empfehlungen für das 2040er-Klimaziel der EU und wie es erreicht werden kann.
Um die Klimarisiken zu minimieren und die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, stehe Europa für den Zeitraum 2030 bis 2050 ein kumuliertes Treibhausgas-Budget von 11 bis 14 Gigatonnen CO₂-Äquivalenten (CO₂e) zu. “Um das zu erreichen, sollte die EU ihre Emissionen bis 2040 um 90-95 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 senken”, erklärt Klimaforscher Ottmar Edenhofer, Vorsitzender des Gremiums. Grundlage dafür sei jedoch das Erreichen des 55-Prozent-Reduktionsziels für 2030, heißt es in dem Bericht.
Die Forscherinnern und Forscher haben nach eigenen Angaben über 1000 machbare Emissionssenkungspfade analysiert und dabei 36 Szenarien identifiziert, die mit dem 1,5-Grad-Ziel und dem Klimaneutralitätsziel 2050 der EU vereinbar sind. Anschließend wurden diese Szenarien auf ihre Durchführbarkeit, auf Umweltrisiken und Herausforderungen im Zusammenhang mit dem kurzfristigen Hochlauf von Technologien wie Fotovoltaik, Windkraft und Wasserstoff überprüft. Szenarien mit aus wissenschaftlicher Sicht unrealistisch hoher Abhängigkeit von Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung (CCUS) oder von naturbasierten Entfernungsmethoden wie Carbon Farming, seien nicht berücksichtigt worden, bestätigt Edenhofer.
Somit haben sich drei “ikonische” Pfade zum Erreichen des empfohlenen Klimaziels für 2040 herauskristallisiert. Sie weisen unterschiedliche kumulierte Emissionsmengen auf und beinhalten eine Reihe möglicher politischer Entscheidungsoptionen.
Die meisten der untersuchten Szenarien weisen jedoch gemeinsame Merkmale auf:
Im Energiesektor rechnen die Wissenschaftler ähnlich wie die Grünen in Deutschland und viele Emissionshandelsexperten mit einem Kohleausstieg deutlich vor 2038. Die untersuchten Szenarien ermöglichten es, dass “die Kohleverstromung bis 2030 ausläuft“, heißt es in dem Bericht. Der verbliebene Anteil der Kohle am Strommix liege je nach Szenario bei unter einem bis vier Prozent.
Erdgas würde zur Stromerzeugung in Kraftwerken nur noch bis 2040 genutzt (unter ein bis sechs Prozent) – außer in den Szenarien, die auf CO₂-Abscheidung auch aus Kraftwerken setzen. Der Bericht weist unterschiedliche Szenarien für die CCS-Kapazitäten aus. Beim Pfad mit gemischtem Ansatz liegt sie 2050 bei mehr als 200 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr.
Bei der europäischen Wasserstoff-Produktion fällt auf, dass die meisten Szenarien langfristig mit einer eher niedrigen Produktion innerhalb der EU rechnen. Zwar sei das Ziel der Kommission von 10 Millionen Tonnen bis 2030 aus Repower-EU zu erreichen. Doch für 2050 geht der optimistische gemischte Ansatz nur von einer Steigerung auf etwa 25 Millionen Tonnen aus. Nur einzelne Szenarien gehen davon aus, dass sich die Produktion bis zur Mitte des Jahrhunderts auf 70 Millionen Tonnen steigern lässt.
Die konservativen Aussichten für Wasserstoff dürften ein Grund sein, warum dieser Energieträger aus Sicht der Forschung keine Rolle für den Gebäudesektor spielt. Hier rechnen die Wissenschaftler bis 2040 mit einer Elektrifizierungsquote von 53 bis 71 Prozent. Allerdings spielt Erdgas weiter eine erhebliche Rolle mit fünf bis 20 Prozent. Der ebenfalls umstrittene Brennstoff Holz kommt auf sechs bis neun Prozent.
Der Bericht lasse Raum für politische Entscheidungen, kommentierte Edenhofer die Veröffentlichung. Die untersuchten Szenarien führten alle zum Erreichen des Ziels der Klimaneutralität 2050. Zwar fehlten ökonomische Daten zu allen betrachteten Szenarien, heißt es in dem Bericht. Wo man welche habe, heißt es jedoch, dass die jährlichen Investitionen in die Energieversorgung in diesem Jahrzehnt ein bis zwei Prozent des BIP ausmachten würden. Anfang der 2030er Jahre werde ein Höchststand von 1,1 bis 2,1 Prozent des BIP erreicht, bis 2050 würden die Ausgaben demnach auf etwa 1 Prozent zurückgehen. Mit Manuel Berkel
Zwischen Deutschland und Polen sollte die Forschungszusammenarbeit in den nächsten Jahren vor allem in den Bereichen Digitalisierung, Gesundheit und Energie/Klimaschutz ausgebaut werden. Zu dieser Empfehlung kommt eine Studie des BMBF-Projektträgers DLR-PT nach Auswertung der aktuellen Regierungsprogramme und der gemeinsamen Forschungsprojekte in den letzten Jahren. Die noch unveröffentlichte Untersuchung “Analysis of German-Polish cooperation potentials in research and science” liegt Table.Media vor.
Vor allem die im Jahr 2021 verabschiedete polnische Wasserstoffstrategie bis 2030 “bietet einen hervorragenden Ausgangspunkt für die Entwicklung und Ausweitung eines gemeinsamen Aktionsplans in diesem Bereich”, heißt es in der Analyse. Derzeit gibt es weltweit mehr als 30 “Wasserstoff-Valleys”, in denen Wissenschaft und Industrie an der künftigen Nutzung des klimanneutralen Energieträgers arbeiten. 20 davon befinden sich in Europa.
Polen liege derzeit auf Platz 3 der europäischen Wasserstoffproduzenten, knapp hinter Deutschland und den Niederlanden. “Es besteht ein hohes Kooperationspotenzial im Bereich grüner und intelligenter Mobilität mit vielversprechenden Ausbauperspektiven auf europäischer Ebene”, heben die DLR-Experten mit Verweis auf den “Green Deal” der EU hervor.
Auch die wachsende Bedeutung der Weltraumforschung auf europäischer Ebene könnte in einem ersten Schritt zu “kleinräumigen Kooperationsprogrammen in diesem Bereich” führen, die später auf andere in diesem Bereich aktive EU-Länder ausgeweitet werden könnten. Hier bietet sich besonders die Raumfahrtnation Frankreich an, mit der Polen und Deutschland durch das politische Kooperationsformat des “Weimarer Dreiecks” schon länger kooperieren.
Da es bei der öffentlich-privaten Zusammenarbeit “noch Raum für Verbesserungen gibt”, so der Report, müsse Polen insbesondere die Anwendungsorientierung von Forschung und Innovation stärken. “In diesem Bereich wäre ein Erfahrungsaustausch zwischen deutschen Universitäten, insbesondere Fachhochschulen, und ihren polnischen Pendants von Vorteil”, heißt es in der DLR-Analyse.
Die Ausgangsbedingungen sind allerdings unterschiedlich, denn gegenüber dem Wissenschafts-Großgewicht Deutschland kann Polen mit weniger Ressourcen aufwarten:
Polen ist an einer wissenschaftlichen Kooperation mit Deutschland interessiert – auch wenn auf höchster politischer Ebene das Verhältnis zwischen beiden Ländern spürbar abgekühlt ist: In Polen stehen im Oktober Parlamentswahlen an.
Gleichwohl hat die Zusammenarbeit im Wissenschaftsbereich dazu geführt, dass in den letzten zehn Jahren nach DLR-Ermittlungen 32.679 gemeinsame Publikationen entstanden sind, insgesamt 7,2 Prozent aller Forschungs-Paper in Polen. Gemeinsam wurden 617 Patente eingereicht, deren Lizenzen mehr als 10 Millionen Euro einbrachten. Darunter ein gemeinsames Patent des Mainzer Impfstoff-Produzenten Biontech und der Universität Warschau.
Im Bereich der Hochschullehre gibt es insgesamt 1.417 offizielle Vereinbarungen zwischen 236 deutschen und 170 polnischen Hochschulen und Akademien. Die Beziehungen wurden im Oktober 2022 bei einem Treffen der Wissenschaftsorganisationen bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Berlin vertieft.
“Deutsche und polnische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben in den letzten Jahrzehnten eine sehr enge und fruchtbare Zusammenarbeit aufgebaut”, sagte dort der Präsident der Foundation for Polish Science (FNP), Maciej Żylicz. “Unsere kontinuierlichen bilateralen Aktivitäten wirken sich auch positiv auf das akademische Umfeld in den Nachbarländern aus, von denen insbesondere die Ukraine derzeit unsere Hilfe dringend benötigt.”
Die Fraunhofer-Gesellschaft ist mit Ablegern, etwa in der Technischen Universität Wroclaw, seit 15 Jahren in Polen vertreten. Seit 2017 baut die Max-Planck-Gesellschaft die so genannten “Dioscuri”- Zentren in Polen und neuerdings auch Tschechien auf. In ihnen sollen Nachwuchstalente an die internationale Spitzenforschung herangeführt werden.
Ein weiteres Bindeglied ist die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung mit Sitz in Frankfurt/Oder, die 2008 vom Land Brandenburg und der Bundesregierung gegründet wurde. Seitdem wurden 420 deutsch-polnische Projekte mit einem Wert von rund zwölf Millionen Euro unterstützt.
Für die weitere Zusammenarbeit schlägt die DLR-Analyse zudem eine Konzentration auf den Sektor der Informations- und Kommunikationstechnik vor. In diesem Bereich wurden in den letzten Jahren viele Start-ups in Polen gegründet. IKT-Studiengänge an den polnischen Universitäten “erfreuen sich bei Studierenden großer Beliebtheit und es wurden mehrere Förderprogramme der polnischen Regierung ins Leben gerufen”, wird konstatiert.
Traditionell sind die polnischen Universitäten in der mathematischen Forschung besonders stark, was sich auch das Zwei-Länder-Zentrum “CASUS” zunutze macht, das mit Sitz im sächsischen Görlitz an neuen Modellen der KI-Anwendung arbeitet. Manfred Ronzheimer
27.-29. Juni 2023, Kiel
Konferenz Open Science Conference Mehr
30. Juni 2023, Göttingen
Konferenz Responsible Innovation Summit Mehr
3.-5. Juli 2023, Warschau/Polen
THE Europe Universities Summit Beyond resilience: How European higher education is preparing for the future Mehr
7. Juli 2023, 21:00 Uhr, Vortragssaal der Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale)
Unterhausdebatte Alles Wasserstoff! Oder was? Mehr
11.-13. September 2023
18. Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung Das Zusammenspiel von Hochschulforschung und Hochschulentwicklung: Empirie, Transfer und Wirkungen Mehr
Eine aktuelle kleine Anfrage der AfD verdeutlicht deren Verständnis von Wissenschaftsfreiheit. In dem Schreiben spricht die AfD nicht nur erneut den Genderwissenschaften ihre Wissenschaftlichkeit ab. Die in Teilen rechtsextremistische Partei fragt in der Anfrage die Bundesregierung nach Studien, die die politischen Einstellungen der Professorenschaft beleuchten.
Im Weiteren wird dann ein Zusammenhang zwischen der politischen Einstellung von Forschenden und der Qualität der wissenschaftlichen Arbeit unterstellt. Bereits im Einführungstext wird deutlich, von welchen Voraussetzungen die Partei ausgeht. Als politisch “links” wird bereits definiert, wer beispielsweise sich selbst nicht als homophob bezeichnet oder gegen die Diskriminierung von Minderheiten ist.
“Sagt nicht, ihr habt es nicht gewusst” schrieb Paula-Irene Villa Braslavsky dazu auf Twitter. Gegenüber Table.Media bestätigt die Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, dass diese Andeutung einer “Gesinnungsprüfung” von Professorinnen und Professoren aus ihrer Sicht eine neue Qualität in der Politik der AfD bedeute.
Der Wissenschaft rät sie in dieser Situation, weiter durch gute Forschung ihren Beitrag zu leisten. Es gebe “eine Menge hochwertige Forschung zu populistischen Mobilisierungen, rechtskonservativen Parteien, auch zur AfD”. Die wissenschaftlichen Ergebnisse gelte es dann an die Politik zu kommunizieren. Man müsse gesellschaftlich aufklären, wie der Rechtspopulismus funktioniert.
Ansonsten müsse man “gelassen bleiben”, beispielsweise in den Debatten um Cancel Culture an den Hochschulen. “Wir sollten uns mit allem auseinandersetzen. Aber wir müssen nicht die Personen, die beispielsweise antisemitische, rassistische oder sexistische Positionen vertreten, auch noch unterstützen, indem wir sie einladen. Diese Unterscheidung geht in Deutschland oft verloren. Wenn man eine Person nicht einlädt, heißt das nicht, dass wir uns nicht mit der Position auseinandersetzen.” mw
Photovoltaik und Solarthermie gewinnen seit den Preissteigerungen im Energiesektor an Bedeutung. Das spiegelt auch das TechnikRadar 2023 wider, das acatech, die Körber-Stiftung und das Zentrum für interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung (Zirius) am heutigen Dienstag veröffentlichen. Die repräsentative Bevölkerungsumfrage, die ergründet, was die Deutschen über Technik denken, hat in diesem Jahr den Schwerpunkt nachhaltiges Bauen und Wohnen.
Den Ergebnissen zufolge beabsichtigen 79 Prozent der befragten Hauseigentümer in der nächsten Zeit Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Etwa 46 Prozent haben vor, eine Photovoltaikanlage zu installieren, knapp ein Drittel will das Haus mit einer Solarthermieanlage ausrüsten und etwa ein Viertel will die Heizung austauschen. Hauseigentümer hatten unter den 1.090 Befragten einen Anteil von knapp 41 Prozent.
In der Gesamtheit der Befragten gibt es eine relativ hohe Offenheit für digitale Technologien im Bereich Bauen und Wohnen. So hat sich im Vergleich zum Technikradar 2018 die Nutzung von Smart Home-Technologien mehr als verdoppelt und liegt inzwischen bei 21 Prozent, vor fünf Jahren waren es noch acht Prozent. Vor allem der Anteil der Nutzerinnen hat sich seither in allen Altersgruppen ungefähr verdreifacht.
Knapp 60 Prozent der Befragten sind bereit, Daten über den eigenen Energieverbrauch in anonymisierter Form weiterzugeben, um zur Idee der Smart City beizutragen. Beispiele sind “City-Dashboards”, die einen kontinuierlichen Einblick in Informationen der Stadtentwicklung, der Energienachfrage oder der Nutzung von Transportangeboten geben können.
Seit 2018 erhebt das TechnikRadar die wichtigsten Zukunftsthemen der Deutschen. Die Sicherung von Arbeitsplätzen wird von den Befragten seitdem unverändert als wichtigste gesellschaftliche Aufgabe wahrgenommen. Der Klimaschutz kommt aktuell auf Rang vier, er wurde knapp von innerer Sicherheit und Datenschutz vom zweiten Rang verdrängt.
Auch bei der Zustimmung zu der Aussage “Alle Probleme lassen sich durch den Einsatz von Technik lösen” ändern sich die Einschätzungen. Die Ablehnung dieser Aussage ist so hoch wie nie zuvor: Aktuell wird die Aussage von knapp 33 Prozent abgelehnt, 2018 waren es etwa 27 Prozent. Rund 11 Prozent stimmen dieser Aussage sehr stark oder eher zu, im Jahr 2018 waren es noch fast 14 Prozent. abg
In der vergangenen Woche haben gleich zwei Forschungsteams mithilfe von humanen pluripotenten Stammzellen synthetische menschliche Embryonen geschaffen. Zuerst berichtete der britische “Guardian” über die Veröffentlichung des Teams um die Entwicklungsbiologin Magdalena Zernicka-Goetz, die an der University of Cambridge in Großbritannien und am California Institute of Technology in den USA forscht. Eine direkt konkurrierende Forschungsgruppe aus Israel hat zwei Tage nach dem Vortrag in Boston ebenfalls vorläufige Daten als Preprint veröffentlicht.
Die synthetischen Embryonen, die den Embryonen in den frühesten Stadien der menschlichen Entwicklung ähneln sollen, könnten nach Ansicht der Forschenden einen entscheidenden Einblick in die Auswirkungen genetischer Störungen und die biologischen Ursachen wiederholter Fehlgeburten geben, heißt es. Allerdings gibt es bisher keine von unabhängigen Forschenden begutachteten Ergebnisse.
Die israelische Forschungsgruppe kommt nach Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass die von ihnen aus einem einzelnen menschlichen pluripotenten Zelltyp hergestellten Embryonen in Schlüsselelementen durch natürliche Befruchtung entstandenen Embryonen an Tag 13 bis 14 ähneln. Wie schon bei den viel beachteten Ergebnissen an synthetischen Mausembryonen beider Arbeitsgruppen im vergangenen Jahr, liefern sich die Arbeitsgruppen aus UK/USA und Israel einen wissenschaftlichen Wettlauf.
Der Schritt zu experimentell erzeugten menschlichen Embryonen, die im Labor frühe Phasen der Entwicklung wie erste Schritte der Organbildung (Gastrulation) rekapituliert, rückt damit näher, wie den beiden Vorabpublikationen zu entnehmen ist. Beide Arbeiten haben die unabhängige wissenschaftliche Begutachtung der komplexen Experimente bislang nicht durchlaufen, sollten also mit Umsicht interpretiert werden.
Die Arbeiten werfen trotzdem bereits ernste ethische und rechtliche Fragen auf, da die im Labor gezüchteten Embryonen nicht in jedem Fall unter die geltenden Rechtsvorschriften vieler Länder fallen. Erst seit 2021 hat die Internationale Gesellschaft für Stammzellforschung (ISSCR) ihre Leitlinie angepasst. Demnach dürfen nun auch menschliche Embryos über 14 Tage hinaus im Labor kultiviert werden. Und zwar so lange, wie es dem jeweiligen Forschungszweck dient – allerdings nur nach strenger Prüfung.
Unter ethischen Gesichtspunkten ist aber die Frage zu diskutieren, inwiefern die aus Stammzellen erzeugten Embryonen als entwicklungsfähige Embryonen oder Modelle dieser zu betrachten sind – und vor allem, wie diese begrifflich rechtlich zu benennen sind. An unterschiedliche Begriffe sind auch verschiedene politische Regulierungen, gesellschaftliche Wahrnehmung sowie juristische Einordnung gekoppelt. Renommierte Forschende aus dem Bereich der Ethik schlagen den Begriff der embryoähnlichen Strukturen vor. tg
Offiziell sind alle Beteiligten glücklich mit der Entscheidung von Intel, am geplanten Bau der Chip-Fabrik in Magdeburg festzuhalten. Sachsen-Anhalt freut sich über neue Arbeitsplätze und Olaf Scholz über einen wirtschaftspolitischen Erfolg. Selbst Unions-Fraktionsvize Jens Spahn hat nichts zu meckern, sondern lobt gegenüber Table.Media, die Investition sei wichtig “für die Region und unsere technologische Souveränität”.
Groß dürfte auch die Freude beim Unternehmen selbst sein – denn im Gegenzug für die höheren Gesamtinvestitionen, die laut Intel von 17 auf über 30 Milliarden steigen, werden dem Vernehmen nach auch die staatlichen Subventionen erhöht – von 6,8 auf 9,9 Milliarden Euro. Erreicht hat Intel dies offenbar mit der Drohung, das Projekt sonst in ein anderes Land zu verlagern.
Nicht nur Intel hat hart verhandelt. Sondern auch Christian Lindner: Der Finanzminister hatte schon vor Tagen angekündigt, im Haushalt sei kein Geld für zusätzliche Subventionen vorhanden. Wirtschaftsminister Robert Habeck muss deshalb nach Informationen aus Regierungskreisen auf Mittel außerhalb des Haushalts zugreifen, über die er relativ frei verfügen kann: Den Klima- und Transformationsfonds, der sich vor allem aus Einnahmen des CO₂-Handels speist.
Das ist nicht nur deshalb problematisch, weil die Chip-Fabrik mit dem Klima wenig zu tun hat, sondern auch, weil die Gelder bei anderen Projekten fehlen werden – zumindest mittel- bis langfristig. Verplant sind sie unter anderem zur Unterstützung von Hauseigentümern beim Umstieg auf klimafreundliche Heizungen und der Industrie bei der Umstellung auf Wasserstoff. Malte Kreutzfeldt
“Ich bin es gewohnt, unterschätzt zu werden”, sagt Zarah Bruhn – und ihr Gegenüber fühlt sich ertappt. Auf den allerersten Blick wirkt sie wie das Klischee eines Gutmenschen, diese junge Frau, die sich für geflüchtete Menschen einsetzt und die Welt ein bisschen besser machen möchte. Doch schnell erweist sich die Innovationsbeauftragte des Bundesforschungsministeriums als eine engagierte Frau, die beim Thema Sozialunternehmen sehr genau weiß, wovon sie spricht.
Die Arbeitszeit in ihrer eigenen Firma hat die 32-Jährige auf die Hälfte reduziert, um sich in der restlichen Zeit als Beauftragte des BMBF für die Stärkung ihrer Branche einzusetzen. Aktuell ist sie viel auf Kongressen unterwegs. Beim European Entrepreneurs Forum hat sie zum Beispiel gerade erst neue Einblicke in die US-amerikanische Welt der Sozialinnovationen bekommen. “Dort stellen die ganz großen Firmen kurz vor ihrem Börsengang ein Prozent ihres Unternehmenswerts quasi philanthropisch zur Verfügung – ein Modell, das hier in Deutschland gerade erst am Kommen ist”, erklärt Zarah Bruhn. Sie spricht sich dafür aus, dass auch große deutsche Unternehmen und Investoren konsequenter und mutiger für gesellschaftliche Belange investieren. Bisher sei Deutschland eher geprägt von einer traditionellen Stiftungswelt, in der modernes, disruptives Impact-Risikokapital noch eher unüblich ist.
Zarah Bruhn möchte Organisationen zur Zusammenarbeit anregen und dabei das Potential der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation nutzen: “Die Dati wird ein wirkungsvoller Hebel sein, um Impact-Communities aus der Taufe zu heben und Projekte zu skalieren.” Sie möchte eine zentrale Anlaufstelle schaffen, Soziale Innovationen fest in den Förderlinien und -mechanismen des BMBF verankern und weitere Finanzierungsinstrumente entwickeln.
Darüber hinaus organisiert sie Innovations-Challenges an Hochschulen, um schon Studierende für das Sozialunternehmertum zu begeistern. Eins ihrer Ziele ist es, Social Entrepreneurship rauszuholen aus der klassischen Wohltäter-Ecke: “Der Gedanke ist noch zu häufig, dass man 40 Stunden fürs Geldverdienen arbeitet und dann noch ein bisschen für das Soziale spendet. Stattdessen kann man seine komplette Arbeitszeit nutzen, um in der Gesellschaft etwas zu verändern, und genau damit sein Geld verdienen.”
Ihr eigenes Unternehmen ist von den staatlichen Förderungen ausgeschlossen, für die sie sich im BMBF stark macht. Dafür sorgen die Compliance-Regeln. Ihr Mitgründer und das Team von ihrem Unternehmen Social-Bee hätten sie trotzdem ermutigt, die Aufgabe im Ministerium anzunehmen, erzählt Zarah Bruhn. Hier wie auch im Ministerium gebe sie aktuell vor allem ihren strategischen Input und setzte dann auf die Mitarbeiterschaft. Sonst wäre das Arbeitspensum kaum zu bewältigen – zumal sie zuhause mehr oder weniger zeitgleich mit der Stelle im Ministerium einen dritten Job als Vollzeit-Stiefmutter angenommen hat.
“Für mich ist es die größte Herausforderung, dass ich jetzt an den Wochenenden und Abenden nicht mehr so viel arbeiten kann und morgens noch das Kind zur Kita bringe”, erzählt sie. Etwas Freizeit bleibt ihr trotzdem noch. Und die nutzt sie, um gemeinsam mit ihrem Partner zu surfen, zu klettern oder sich selbst mithilfe von Yoga und Meditation einen Ausgleich zu schaffen. Janna Degener-Storr
Sabine Doering-Manteuffel wurde mit der Christoph Mendel von Steinfels Medaille ausgezeichnet, der höchsten Auszeichnung der Bayerischen Universitätenkonferenz Universität Bayern. Gewürdigt wird besonderes Engagement für das bayerische Wissenschaftssystem. Doering-Manteuffel ist seit 2011 Präsidentin der Universität Augsburg.
Ottmar Edenhofer ist in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) berufen worden. Edenhofer ist Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung sowie des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change.
Doris Fuchs wird zum 1. Oktober 2023 Direktorin am Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz Zentrum Potsdam. Die Politikwissenschaftlerin wird mit dem Atmosphärenwissenschaftler und langjährigen Direktor Mark Lawrence eine personelle Doppelspitze bilden.
Thomas Gruber übernimmt ab September 2023 die Leitung der Geschäftsstelle des Kuratoriums für die Tagung der Nobelpreisträgerin Lindau. Er folgt auf Wolfgang Huang, der diese Position seit 2010 innehatte und sich nach der 72. Lindauer Nobelpreisträgertagung im Juni 2023 beruflich neu orientieren wird.
Christine Selhuber-Unkel erhält den mit 250.000 Euro dotierten Lautenschläger-Forschungspreis 2023. Die Physikerin von der Universität Heidelberg forscht an der Schnittstelle von Materialwissenschaften und Biophysik an biohybriden lebensinspirierten Mikrosystemen. Die Preisverleihung ist am 22. Juni 2023 in Heidelberg.
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Berlin.Table. Neue Gentechnik: EU-Vorschlag sieht keine Kennzeichnungspflicht vor. Der Vorschlag der EU-Kommission für die neue genomische Pflanznzüchtungsverfahren liegt vor. Die Kommission will die Zulassungshürden senken, sodass bestimmte NGT-Pflanzen nicht die Zulassungsprozeduren durchlaufen müssen wie für herkömmliche genveränderte Pflanzen. Mehr
Climate.Table. Darauf könnte sich die COP28 einigen. Nach dem Ende der SB58 in Bonn zeichnen sich “Landezonen” für Kompromisse auf der COP28 in Dubai ab. Etwa die Einigung auf ein Auslaufen der fossilen Brennstoffe und ein globales Ziel für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Mehr
Der Ausbau erneuerbarer Energie ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern hat auch positive Effekte auf die Krisenreaktionsfähigkeit von Volkswirtschaften. Forscher vom Trinity College in Dublin untersuchten in ihrer Studie 133 Wirtschaftskrisen, die 98 Länder in 40 Jahren betrafen. Das Hauptergebnis: Volkswirtschaften erholen sich schneller, wenn die Länder mit erneuerbaren Energien versorgt werden.
Robert Costanza, Professor für ökologische Ökonomie am University College London und Mitverfasser der Studie, sagte: “Obwohl die Mechanismen, die unseren Ergebnissen zugrunde liegen, unklar sind, ist eine wahrscheinliche Erklärung, dass erneuerbare Energien den Aufschwung beschleunigen, weil sie lokal produziert werden und nicht der hohen Volatilität von Verfügbarkeit und Preisen unterliegen, die mit fossilen Brennstoffen verbunden ist.”
Oder, um es im Bild von Spatz und Taube einfacher auszudrücken: Lieber das Solarpanel auf dem Dach und das Windrad vor der Tür, als die Pipeline in der Ostsee. Markus Weisskopf
der Deutsche Hochschulverband steht vor einer Zerreißprobe: Nachdem der DHV den Referentenentwurf des BMBF zum WissZeitVG begrüßt hat, äußern zahlreiche Mitglieder deutliche Kritik und drohen mit ihrem Austritt. Gegenüber Table.Media begründet Präsident Lambert T. Koch nun die Entscheidung pro 4+2-Modell. “Es muss auch für die kleine Schwester und den kleinen Bruder von Hanna noch Stellen im Wissenschaftssystem geben”, sagte Koch meinem Kollegen Tim Gabel.
Die EU ist in der Lage, ihre Treibhausgasemissionen bis 2040 um bis zu 95 Prozent zu senken – im Vergleich zu 1990. Das ist das Ergebnis eines Berichts des wissenschaftlichen Beirats für den Klimawandel, der im Zuge des europäischen Klimagesetzes eingesetzt wurde. Dafür “sollte die EU ihre Emissionen bis 2040 um 90 bis 95 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 senken”, sagte Klimaforscher Ottmar Edenhofer, Vorsitzender des Gremiums, unserem Kollegen Lukas Scheid.
Auch wenn das Verhältnis zwischen Polen und Deutschland auf höchster politischer Ebene spürbar abgekühlt ist, bleibt das Land an einer wissenschaftlichen Kooperation mit Deutschland interessiert, berichtet Manfred Ronzheimer. In einer Studie, die Table.Media exklusiv vorliegt, benennt das DLR mögliche Kooperationsprojekte für die weitere Zusammenarbeit.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre,
Wenn Ihnen der Research.Table gefällt, leiten Sie uns bitte weiter. Wenn Ihnen diese Mail weitergeleitet wurde: Hier können Sie sich für den Research.Table kostenlos anmelden.
In der Diskussion über die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) hat sich am Wochenende und am gestrigen Montag der Frust von Wissenschaftlern an der Position des Deutschen Hochschulverbands (DHV) entladen. Zahlreiche Professoren und Nachwuchswissenschaftler drohten dem DHV mit einem Austritt, sollte er seine Position nicht überdenken. In einer Stellungnahme hatte der neue DHV-Präsident Lambert T. Koch zuvor den kürzlich erschienenen Referentenentwurf des BMBF zur Reform WissZeitVG grundsätzlich begrüßt.
“Die Anpassung der Höchstbefristungsdauer von Post-Docs auf vier plus zwei Jahre geht in die richtige Richtung”, wird Koch dort zitiert. Der Pluralität von Fächerkulturen und Karrierepfaden zur Professur müsse angemessen Rechnung getragen werden. Im Gespräch mit Table.Media sagte Koch, dass schlichtweg nicht genügend Geld im System sei. “Ansonsten würde man denen, die mit einer Dauerstelle ins Wissenschaftssystem hinein möchten, viel mehr entgegenkommen”, sagte der neue Präsident des DHV. In seinem aktuellen Newsletter probt der DHV in Sachen WissZeitVG zudem den Schulterschluss mit der HRK.
Als “Berufsvertretung der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in Deutschland” vertritt der DHV neben Hochschullehrern auch Juniorprofessoren, Habilitanden, Nachwuchsgruppenleiter oder Postdocs und bietet unter anderem Berufungsberatung an. Gerade letztere Gruppen waren nicht mit dem WissZeitVG-Referentenentwurf des BMBF einverstanden. Auf die Stellungnahme des DHV hin postete die Initiatorin der Initiative #IchbinHanna, Amrei Bahr, ihre DHV-Austrittserklärung bei Twitter. Darin äußert sie Unverständnis an der Zustimmung des Verbands: “Mir erscheint es sehr voreilig und deswegen auch fahrlässig, dem Referentenentwurf in der gegenwärtigen Form zuzustimmen.”
Bahr wies darauf hin, dass der DHV Professoren und wissenschaftlichen Nachwuchs auf allen Ebenen vertrete und nicht nur die Hochschulleitungen. Und auch diese, so Bahr weiter, würden nur zu Teilen die Möglichkeit begrüßen, “ihr wissenschaftliches Personal ausgiebig zu befristen”. Zuletzt hatten sich auch über 800 Professoren mit #IchbinHanna und Gewerkschaften solidarisiert, die die Vier-plus-zwei-Lösung ablehnen und für eine deutlich kürzere Postdoc-Phase und ein Anschlusszusage-Modell eintreten. Auch aus diesen Reihen gab es heute Kritik am DHV.
Lambert T. Koch bedauert gegenüber Table.Media die Austrittsankündigungen und gab an, dass der DHV die Diskussion auf Twitter eingehend verfolge. “Wir sind überhaupt nicht auf einen Dissens aus und der DHV ist ein sehr demokratischer Verband, aber bei über 33.000 Mitgliedern kann es nie den absoluten Konsens geben“, sagte Koch. Er wehrte sich gegen den Vorwurf, die Stellungnahme sei ein unüberlegter Schnellschuss oder gar die Kopie der HRK-Position: “Wir haben bereits 2015 auf dem DHV-Tag mit den Delegierten Grundsatzbeschlüsse zum Thema WissZeitVG getroffen.”
Die Position des DHV zum WissZeitVG sei in einem demokratischen Prozess entwickelt worden und nicht aus dem Augenblick geboren, sagte Koch. Der Deutsche Hochschulverband hatte in der Debatte um die WissZeitVG ein “Y-Modell” für die Beschäftigung im akademischen Mittelbau gefordert. Diene eine Stelle alleine zur Eigenqualifikation auf eine Professur, sollte sie befristet werden, ansonsten sei dies abzulehnen. “Wir unterscheiden uns darüber hinaus auch bei der Differenzierung der Fächerkulturen”, sagte Lambert T. Koch.
Neben unterschiedlichen Wegen zu einer Professur wie Habilitation oder Juniorprofessur sollten auch neue Stellenangebote für den Mittelbau geschaffen werden: “Wir sprechen auch über neue Kategorien. Man könnte etwa die Position des Lecturer einführen, um den Bedarfen an den Universitäten gerecht zu werden”, sagte Koch. Einen Bias seiner Organisation mit Blick auf eine stärkere Berücksichtigung der Interessen von Hochschulleitungen kann der neue Präsident nicht erkennen.
Die Initiative #ProfsfuerHanna, bei der sich Professoren mit den Nachwuchswissenschaftlern solidarisch zeigen, betrachtet Koch wohlwollend: “Ich denke, dass die Kolleginnen und Kollegen sehr verantwortungsvoll agieren, weil sie eben die Nöte derjenigen sehen, die noch keine Dauerstelle im System haben.” Auch der Verband sehe diese Nöte. Deshalb würde man an vielen Stellen mehr Ressourcen für das Wissenschaftssystem und mehr Dauerstellen fordern.
“Unter den gegebenen Bedingungen und mit den vorhandenen Ressourcen müssen wir aber auch umgehen. Es muss auch für die kleine Schwester und den kleinen Bruder von Hanna noch Stellen im Wissenschaftssystem geben“, sagte Koch. Daher könne man nicht ad hoc alle zur Verfügung stehenden Stellen in Dauerstellen umwidmen.
Zur Zahl der Austritte aufgrund der aktuellen Diskussion machte der DHV keine Angabe, belastbare Zahlen lägen bislang nicht vor. Man verwies darauf, dass Austrittserklärungen zum Ende des Kalenderjahres wirksam werden. Laut eigener Homepage hatte der Verband am gestrigen Montag 33.448 Mitglieder.
Am Donnerstag, 22. Juni, diskutiert auch der Bundestag um 19.30 Uhr über die Reform des WissZeitVG. Hintergrund ist eine Große Anfrage der Unionsfraktion und die Antwort der Bundesregierung. Die Beratung ist für eine halbe Stunde angesetzt und wird live übertragen.
Die EU ist in der Lage, ihre Treibhausgasemissionen bis 2040 um bis zu 95 Prozent zu senken – im Vergleich zu 1990. Das ist das Ergebnis eines Berichts des wissenschaftlichen Beirats für den Klimawandel, der im Zuge des europäischen Klimagesetzes eingesetzt wurde. Die 15 Forscherinnen und Forscher des Gremiums veröffentlichen vergangene Woche ihre Empfehlungen für das 2040er-Klimaziel der EU und wie es erreicht werden kann.
Um die Klimarisiken zu minimieren und die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, stehe Europa für den Zeitraum 2030 bis 2050 ein kumuliertes Treibhausgas-Budget von 11 bis 14 Gigatonnen CO₂-Äquivalenten (CO₂e) zu. “Um das zu erreichen, sollte die EU ihre Emissionen bis 2040 um 90-95 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 senken”, erklärt Klimaforscher Ottmar Edenhofer, Vorsitzender des Gremiums. Grundlage dafür sei jedoch das Erreichen des 55-Prozent-Reduktionsziels für 2030, heißt es in dem Bericht.
Die Forscherinnern und Forscher haben nach eigenen Angaben über 1000 machbare Emissionssenkungspfade analysiert und dabei 36 Szenarien identifiziert, die mit dem 1,5-Grad-Ziel und dem Klimaneutralitätsziel 2050 der EU vereinbar sind. Anschließend wurden diese Szenarien auf ihre Durchführbarkeit, auf Umweltrisiken und Herausforderungen im Zusammenhang mit dem kurzfristigen Hochlauf von Technologien wie Fotovoltaik, Windkraft und Wasserstoff überprüft. Szenarien mit aus wissenschaftlicher Sicht unrealistisch hoher Abhängigkeit von Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung (CCUS) oder von naturbasierten Entfernungsmethoden wie Carbon Farming, seien nicht berücksichtigt worden, bestätigt Edenhofer.
Somit haben sich drei “ikonische” Pfade zum Erreichen des empfohlenen Klimaziels für 2040 herauskristallisiert. Sie weisen unterschiedliche kumulierte Emissionsmengen auf und beinhalten eine Reihe möglicher politischer Entscheidungsoptionen.
Die meisten der untersuchten Szenarien weisen jedoch gemeinsame Merkmale auf:
Im Energiesektor rechnen die Wissenschaftler ähnlich wie die Grünen in Deutschland und viele Emissionshandelsexperten mit einem Kohleausstieg deutlich vor 2038. Die untersuchten Szenarien ermöglichten es, dass “die Kohleverstromung bis 2030 ausläuft“, heißt es in dem Bericht. Der verbliebene Anteil der Kohle am Strommix liege je nach Szenario bei unter einem bis vier Prozent.
Erdgas würde zur Stromerzeugung in Kraftwerken nur noch bis 2040 genutzt (unter ein bis sechs Prozent) – außer in den Szenarien, die auf CO₂-Abscheidung auch aus Kraftwerken setzen. Der Bericht weist unterschiedliche Szenarien für die CCS-Kapazitäten aus. Beim Pfad mit gemischtem Ansatz liegt sie 2050 bei mehr als 200 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr.
Bei der europäischen Wasserstoff-Produktion fällt auf, dass die meisten Szenarien langfristig mit einer eher niedrigen Produktion innerhalb der EU rechnen. Zwar sei das Ziel der Kommission von 10 Millionen Tonnen bis 2030 aus Repower-EU zu erreichen. Doch für 2050 geht der optimistische gemischte Ansatz nur von einer Steigerung auf etwa 25 Millionen Tonnen aus. Nur einzelne Szenarien gehen davon aus, dass sich die Produktion bis zur Mitte des Jahrhunderts auf 70 Millionen Tonnen steigern lässt.
Die konservativen Aussichten für Wasserstoff dürften ein Grund sein, warum dieser Energieträger aus Sicht der Forschung keine Rolle für den Gebäudesektor spielt. Hier rechnen die Wissenschaftler bis 2040 mit einer Elektrifizierungsquote von 53 bis 71 Prozent. Allerdings spielt Erdgas weiter eine erhebliche Rolle mit fünf bis 20 Prozent. Der ebenfalls umstrittene Brennstoff Holz kommt auf sechs bis neun Prozent.
Der Bericht lasse Raum für politische Entscheidungen, kommentierte Edenhofer die Veröffentlichung. Die untersuchten Szenarien führten alle zum Erreichen des Ziels der Klimaneutralität 2050. Zwar fehlten ökonomische Daten zu allen betrachteten Szenarien, heißt es in dem Bericht. Wo man welche habe, heißt es jedoch, dass die jährlichen Investitionen in die Energieversorgung in diesem Jahrzehnt ein bis zwei Prozent des BIP ausmachten würden. Anfang der 2030er Jahre werde ein Höchststand von 1,1 bis 2,1 Prozent des BIP erreicht, bis 2050 würden die Ausgaben demnach auf etwa 1 Prozent zurückgehen. Mit Manuel Berkel
Zwischen Deutschland und Polen sollte die Forschungszusammenarbeit in den nächsten Jahren vor allem in den Bereichen Digitalisierung, Gesundheit und Energie/Klimaschutz ausgebaut werden. Zu dieser Empfehlung kommt eine Studie des BMBF-Projektträgers DLR-PT nach Auswertung der aktuellen Regierungsprogramme und der gemeinsamen Forschungsprojekte in den letzten Jahren. Die noch unveröffentlichte Untersuchung “Analysis of German-Polish cooperation potentials in research and science” liegt Table.Media vor.
Vor allem die im Jahr 2021 verabschiedete polnische Wasserstoffstrategie bis 2030 “bietet einen hervorragenden Ausgangspunkt für die Entwicklung und Ausweitung eines gemeinsamen Aktionsplans in diesem Bereich”, heißt es in der Analyse. Derzeit gibt es weltweit mehr als 30 “Wasserstoff-Valleys”, in denen Wissenschaft und Industrie an der künftigen Nutzung des klimanneutralen Energieträgers arbeiten. 20 davon befinden sich in Europa.
Polen liege derzeit auf Platz 3 der europäischen Wasserstoffproduzenten, knapp hinter Deutschland und den Niederlanden. “Es besteht ein hohes Kooperationspotenzial im Bereich grüner und intelligenter Mobilität mit vielversprechenden Ausbauperspektiven auf europäischer Ebene”, heben die DLR-Experten mit Verweis auf den “Green Deal” der EU hervor.
Auch die wachsende Bedeutung der Weltraumforschung auf europäischer Ebene könnte in einem ersten Schritt zu “kleinräumigen Kooperationsprogrammen in diesem Bereich” führen, die später auf andere in diesem Bereich aktive EU-Länder ausgeweitet werden könnten. Hier bietet sich besonders die Raumfahrtnation Frankreich an, mit der Polen und Deutschland durch das politische Kooperationsformat des “Weimarer Dreiecks” schon länger kooperieren.
Da es bei der öffentlich-privaten Zusammenarbeit “noch Raum für Verbesserungen gibt”, so der Report, müsse Polen insbesondere die Anwendungsorientierung von Forschung und Innovation stärken. “In diesem Bereich wäre ein Erfahrungsaustausch zwischen deutschen Universitäten, insbesondere Fachhochschulen, und ihren polnischen Pendants von Vorteil”, heißt es in der DLR-Analyse.
Die Ausgangsbedingungen sind allerdings unterschiedlich, denn gegenüber dem Wissenschafts-Großgewicht Deutschland kann Polen mit weniger Ressourcen aufwarten:
Polen ist an einer wissenschaftlichen Kooperation mit Deutschland interessiert – auch wenn auf höchster politischer Ebene das Verhältnis zwischen beiden Ländern spürbar abgekühlt ist: In Polen stehen im Oktober Parlamentswahlen an.
Gleichwohl hat die Zusammenarbeit im Wissenschaftsbereich dazu geführt, dass in den letzten zehn Jahren nach DLR-Ermittlungen 32.679 gemeinsame Publikationen entstanden sind, insgesamt 7,2 Prozent aller Forschungs-Paper in Polen. Gemeinsam wurden 617 Patente eingereicht, deren Lizenzen mehr als 10 Millionen Euro einbrachten. Darunter ein gemeinsames Patent des Mainzer Impfstoff-Produzenten Biontech und der Universität Warschau.
Im Bereich der Hochschullehre gibt es insgesamt 1.417 offizielle Vereinbarungen zwischen 236 deutschen und 170 polnischen Hochschulen und Akademien. Die Beziehungen wurden im Oktober 2022 bei einem Treffen der Wissenschaftsorganisationen bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Berlin vertieft.
“Deutsche und polnische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben in den letzten Jahrzehnten eine sehr enge und fruchtbare Zusammenarbeit aufgebaut”, sagte dort der Präsident der Foundation for Polish Science (FNP), Maciej Żylicz. “Unsere kontinuierlichen bilateralen Aktivitäten wirken sich auch positiv auf das akademische Umfeld in den Nachbarländern aus, von denen insbesondere die Ukraine derzeit unsere Hilfe dringend benötigt.”
Die Fraunhofer-Gesellschaft ist mit Ablegern, etwa in der Technischen Universität Wroclaw, seit 15 Jahren in Polen vertreten. Seit 2017 baut die Max-Planck-Gesellschaft die so genannten “Dioscuri”- Zentren in Polen und neuerdings auch Tschechien auf. In ihnen sollen Nachwuchstalente an die internationale Spitzenforschung herangeführt werden.
Ein weiteres Bindeglied ist die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung mit Sitz in Frankfurt/Oder, die 2008 vom Land Brandenburg und der Bundesregierung gegründet wurde. Seitdem wurden 420 deutsch-polnische Projekte mit einem Wert von rund zwölf Millionen Euro unterstützt.
Für die weitere Zusammenarbeit schlägt die DLR-Analyse zudem eine Konzentration auf den Sektor der Informations- und Kommunikationstechnik vor. In diesem Bereich wurden in den letzten Jahren viele Start-ups in Polen gegründet. IKT-Studiengänge an den polnischen Universitäten “erfreuen sich bei Studierenden großer Beliebtheit und es wurden mehrere Förderprogramme der polnischen Regierung ins Leben gerufen”, wird konstatiert.
Traditionell sind die polnischen Universitäten in der mathematischen Forschung besonders stark, was sich auch das Zwei-Länder-Zentrum “CASUS” zunutze macht, das mit Sitz im sächsischen Görlitz an neuen Modellen der KI-Anwendung arbeitet. Manfred Ronzheimer
27.-29. Juni 2023, Kiel
Konferenz Open Science Conference Mehr
30. Juni 2023, Göttingen
Konferenz Responsible Innovation Summit Mehr
3.-5. Juli 2023, Warschau/Polen
THE Europe Universities Summit Beyond resilience: How European higher education is preparing for the future Mehr
7. Juli 2023, 21:00 Uhr, Vortragssaal der Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale)
Unterhausdebatte Alles Wasserstoff! Oder was? Mehr
11.-13. September 2023
18. Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung Das Zusammenspiel von Hochschulforschung und Hochschulentwicklung: Empirie, Transfer und Wirkungen Mehr
Eine aktuelle kleine Anfrage der AfD verdeutlicht deren Verständnis von Wissenschaftsfreiheit. In dem Schreiben spricht die AfD nicht nur erneut den Genderwissenschaften ihre Wissenschaftlichkeit ab. Die in Teilen rechtsextremistische Partei fragt in der Anfrage die Bundesregierung nach Studien, die die politischen Einstellungen der Professorenschaft beleuchten.
Im Weiteren wird dann ein Zusammenhang zwischen der politischen Einstellung von Forschenden und der Qualität der wissenschaftlichen Arbeit unterstellt. Bereits im Einführungstext wird deutlich, von welchen Voraussetzungen die Partei ausgeht. Als politisch “links” wird bereits definiert, wer beispielsweise sich selbst nicht als homophob bezeichnet oder gegen die Diskriminierung von Minderheiten ist.
“Sagt nicht, ihr habt es nicht gewusst” schrieb Paula-Irene Villa Braslavsky dazu auf Twitter. Gegenüber Table.Media bestätigt die Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, dass diese Andeutung einer “Gesinnungsprüfung” von Professorinnen und Professoren aus ihrer Sicht eine neue Qualität in der Politik der AfD bedeute.
Der Wissenschaft rät sie in dieser Situation, weiter durch gute Forschung ihren Beitrag zu leisten. Es gebe “eine Menge hochwertige Forschung zu populistischen Mobilisierungen, rechtskonservativen Parteien, auch zur AfD”. Die wissenschaftlichen Ergebnisse gelte es dann an die Politik zu kommunizieren. Man müsse gesellschaftlich aufklären, wie der Rechtspopulismus funktioniert.
Ansonsten müsse man “gelassen bleiben”, beispielsweise in den Debatten um Cancel Culture an den Hochschulen. “Wir sollten uns mit allem auseinandersetzen. Aber wir müssen nicht die Personen, die beispielsweise antisemitische, rassistische oder sexistische Positionen vertreten, auch noch unterstützen, indem wir sie einladen. Diese Unterscheidung geht in Deutschland oft verloren. Wenn man eine Person nicht einlädt, heißt das nicht, dass wir uns nicht mit der Position auseinandersetzen.” mw
Photovoltaik und Solarthermie gewinnen seit den Preissteigerungen im Energiesektor an Bedeutung. Das spiegelt auch das TechnikRadar 2023 wider, das acatech, die Körber-Stiftung und das Zentrum für interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung (Zirius) am heutigen Dienstag veröffentlichen. Die repräsentative Bevölkerungsumfrage, die ergründet, was die Deutschen über Technik denken, hat in diesem Jahr den Schwerpunkt nachhaltiges Bauen und Wohnen.
Den Ergebnissen zufolge beabsichtigen 79 Prozent der befragten Hauseigentümer in der nächsten Zeit Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Etwa 46 Prozent haben vor, eine Photovoltaikanlage zu installieren, knapp ein Drittel will das Haus mit einer Solarthermieanlage ausrüsten und etwa ein Viertel will die Heizung austauschen. Hauseigentümer hatten unter den 1.090 Befragten einen Anteil von knapp 41 Prozent.
In der Gesamtheit der Befragten gibt es eine relativ hohe Offenheit für digitale Technologien im Bereich Bauen und Wohnen. So hat sich im Vergleich zum Technikradar 2018 die Nutzung von Smart Home-Technologien mehr als verdoppelt und liegt inzwischen bei 21 Prozent, vor fünf Jahren waren es noch acht Prozent. Vor allem der Anteil der Nutzerinnen hat sich seither in allen Altersgruppen ungefähr verdreifacht.
Knapp 60 Prozent der Befragten sind bereit, Daten über den eigenen Energieverbrauch in anonymisierter Form weiterzugeben, um zur Idee der Smart City beizutragen. Beispiele sind “City-Dashboards”, die einen kontinuierlichen Einblick in Informationen der Stadtentwicklung, der Energienachfrage oder der Nutzung von Transportangeboten geben können.
Seit 2018 erhebt das TechnikRadar die wichtigsten Zukunftsthemen der Deutschen. Die Sicherung von Arbeitsplätzen wird von den Befragten seitdem unverändert als wichtigste gesellschaftliche Aufgabe wahrgenommen. Der Klimaschutz kommt aktuell auf Rang vier, er wurde knapp von innerer Sicherheit und Datenschutz vom zweiten Rang verdrängt.
Auch bei der Zustimmung zu der Aussage “Alle Probleme lassen sich durch den Einsatz von Technik lösen” ändern sich die Einschätzungen. Die Ablehnung dieser Aussage ist so hoch wie nie zuvor: Aktuell wird die Aussage von knapp 33 Prozent abgelehnt, 2018 waren es etwa 27 Prozent. Rund 11 Prozent stimmen dieser Aussage sehr stark oder eher zu, im Jahr 2018 waren es noch fast 14 Prozent. abg
In der vergangenen Woche haben gleich zwei Forschungsteams mithilfe von humanen pluripotenten Stammzellen synthetische menschliche Embryonen geschaffen. Zuerst berichtete der britische “Guardian” über die Veröffentlichung des Teams um die Entwicklungsbiologin Magdalena Zernicka-Goetz, die an der University of Cambridge in Großbritannien und am California Institute of Technology in den USA forscht. Eine direkt konkurrierende Forschungsgruppe aus Israel hat zwei Tage nach dem Vortrag in Boston ebenfalls vorläufige Daten als Preprint veröffentlicht.
Die synthetischen Embryonen, die den Embryonen in den frühesten Stadien der menschlichen Entwicklung ähneln sollen, könnten nach Ansicht der Forschenden einen entscheidenden Einblick in die Auswirkungen genetischer Störungen und die biologischen Ursachen wiederholter Fehlgeburten geben, heißt es. Allerdings gibt es bisher keine von unabhängigen Forschenden begutachteten Ergebnisse.
Die israelische Forschungsgruppe kommt nach Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass die von ihnen aus einem einzelnen menschlichen pluripotenten Zelltyp hergestellten Embryonen in Schlüsselelementen durch natürliche Befruchtung entstandenen Embryonen an Tag 13 bis 14 ähneln. Wie schon bei den viel beachteten Ergebnissen an synthetischen Mausembryonen beider Arbeitsgruppen im vergangenen Jahr, liefern sich die Arbeitsgruppen aus UK/USA und Israel einen wissenschaftlichen Wettlauf.
Der Schritt zu experimentell erzeugten menschlichen Embryonen, die im Labor frühe Phasen der Entwicklung wie erste Schritte der Organbildung (Gastrulation) rekapituliert, rückt damit näher, wie den beiden Vorabpublikationen zu entnehmen ist. Beide Arbeiten haben die unabhängige wissenschaftliche Begutachtung der komplexen Experimente bislang nicht durchlaufen, sollten also mit Umsicht interpretiert werden.
Die Arbeiten werfen trotzdem bereits ernste ethische und rechtliche Fragen auf, da die im Labor gezüchteten Embryonen nicht in jedem Fall unter die geltenden Rechtsvorschriften vieler Länder fallen. Erst seit 2021 hat die Internationale Gesellschaft für Stammzellforschung (ISSCR) ihre Leitlinie angepasst. Demnach dürfen nun auch menschliche Embryos über 14 Tage hinaus im Labor kultiviert werden. Und zwar so lange, wie es dem jeweiligen Forschungszweck dient – allerdings nur nach strenger Prüfung.
Unter ethischen Gesichtspunkten ist aber die Frage zu diskutieren, inwiefern die aus Stammzellen erzeugten Embryonen als entwicklungsfähige Embryonen oder Modelle dieser zu betrachten sind – und vor allem, wie diese begrifflich rechtlich zu benennen sind. An unterschiedliche Begriffe sind auch verschiedene politische Regulierungen, gesellschaftliche Wahrnehmung sowie juristische Einordnung gekoppelt. Renommierte Forschende aus dem Bereich der Ethik schlagen den Begriff der embryoähnlichen Strukturen vor. tg
Offiziell sind alle Beteiligten glücklich mit der Entscheidung von Intel, am geplanten Bau der Chip-Fabrik in Magdeburg festzuhalten. Sachsen-Anhalt freut sich über neue Arbeitsplätze und Olaf Scholz über einen wirtschaftspolitischen Erfolg. Selbst Unions-Fraktionsvize Jens Spahn hat nichts zu meckern, sondern lobt gegenüber Table.Media, die Investition sei wichtig “für die Region und unsere technologische Souveränität”.
Groß dürfte auch die Freude beim Unternehmen selbst sein – denn im Gegenzug für die höheren Gesamtinvestitionen, die laut Intel von 17 auf über 30 Milliarden steigen, werden dem Vernehmen nach auch die staatlichen Subventionen erhöht – von 6,8 auf 9,9 Milliarden Euro. Erreicht hat Intel dies offenbar mit der Drohung, das Projekt sonst in ein anderes Land zu verlagern.
Nicht nur Intel hat hart verhandelt. Sondern auch Christian Lindner: Der Finanzminister hatte schon vor Tagen angekündigt, im Haushalt sei kein Geld für zusätzliche Subventionen vorhanden. Wirtschaftsminister Robert Habeck muss deshalb nach Informationen aus Regierungskreisen auf Mittel außerhalb des Haushalts zugreifen, über die er relativ frei verfügen kann: Den Klima- und Transformationsfonds, der sich vor allem aus Einnahmen des CO₂-Handels speist.
Das ist nicht nur deshalb problematisch, weil die Chip-Fabrik mit dem Klima wenig zu tun hat, sondern auch, weil die Gelder bei anderen Projekten fehlen werden – zumindest mittel- bis langfristig. Verplant sind sie unter anderem zur Unterstützung von Hauseigentümern beim Umstieg auf klimafreundliche Heizungen und der Industrie bei der Umstellung auf Wasserstoff. Malte Kreutzfeldt
“Ich bin es gewohnt, unterschätzt zu werden”, sagt Zarah Bruhn – und ihr Gegenüber fühlt sich ertappt. Auf den allerersten Blick wirkt sie wie das Klischee eines Gutmenschen, diese junge Frau, die sich für geflüchtete Menschen einsetzt und die Welt ein bisschen besser machen möchte. Doch schnell erweist sich die Innovationsbeauftragte des Bundesforschungsministeriums als eine engagierte Frau, die beim Thema Sozialunternehmen sehr genau weiß, wovon sie spricht.
Die Arbeitszeit in ihrer eigenen Firma hat die 32-Jährige auf die Hälfte reduziert, um sich in der restlichen Zeit als Beauftragte des BMBF für die Stärkung ihrer Branche einzusetzen. Aktuell ist sie viel auf Kongressen unterwegs. Beim European Entrepreneurs Forum hat sie zum Beispiel gerade erst neue Einblicke in die US-amerikanische Welt der Sozialinnovationen bekommen. “Dort stellen die ganz großen Firmen kurz vor ihrem Börsengang ein Prozent ihres Unternehmenswerts quasi philanthropisch zur Verfügung – ein Modell, das hier in Deutschland gerade erst am Kommen ist”, erklärt Zarah Bruhn. Sie spricht sich dafür aus, dass auch große deutsche Unternehmen und Investoren konsequenter und mutiger für gesellschaftliche Belange investieren. Bisher sei Deutschland eher geprägt von einer traditionellen Stiftungswelt, in der modernes, disruptives Impact-Risikokapital noch eher unüblich ist.
Zarah Bruhn möchte Organisationen zur Zusammenarbeit anregen und dabei das Potential der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation nutzen: “Die Dati wird ein wirkungsvoller Hebel sein, um Impact-Communities aus der Taufe zu heben und Projekte zu skalieren.” Sie möchte eine zentrale Anlaufstelle schaffen, Soziale Innovationen fest in den Förderlinien und -mechanismen des BMBF verankern und weitere Finanzierungsinstrumente entwickeln.
Darüber hinaus organisiert sie Innovations-Challenges an Hochschulen, um schon Studierende für das Sozialunternehmertum zu begeistern. Eins ihrer Ziele ist es, Social Entrepreneurship rauszuholen aus der klassischen Wohltäter-Ecke: “Der Gedanke ist noch zu häufig, dass man 40 Stunden fürs Geldverdienen arbeitet und dann noch ein bisschen für das Soziale spendet. Stattdessen kann man seine komplette Arbeitszeit nutzen, um in der Gesellschaft etwas zu verändern, und genau damit sein Geld verdienen.”
Ihr eigenes Unternehmen ist von den staatlichen Förderungen ausgeschlossen, für die sie sich im BMBF stark macht. Dafür sorgen die Compliance-Regeln. Ihr Mitgründer und das Team von ihrem Unternehmen Social-Bee hätten sie trotzdem ermutigt, die Aufgabe im Ministerium anzunehmen, erzählt Zarah Bruhn. Hier wie auch im Ministerium gebe sie aktuell vor allem ihren strategischen Input und setzte dann auf die Mitarbeiterschaft. Sonst wäre das Arbeitspensum kaum zu bewältigen – zumal sie zuhause mehr oder weniger zeitgleich mit der Stelle im Ministerium einen dritten Job als Vollzeit-Stiefmutter angenommen hat.
“Für mich ist es die größte Herausforderung, dass ich jetzt an den Wochenenden und Abenden nicht mehr so viel arbeiten kann und morgens noch das Kind zur Kita bringe”, erzählt sie. Etwas Freizeit bleibt ihr trotzdem noch. Und die nutzt sie, um gemeinsam mit ihrem Partner zu surfen, zu klettern oder sich selbst mithilfe von Yoga und Meditation einen Ausgleich zu schaffen. Janna Degener-Storr
Sabine Doering-Manteuffel wurde mit der Christoph Mendel von Steinfels Medaille ausgezeichnet, der höchsten Auszeichnung der Bayerischen Universitätenkonferenz Universität Bayern. Gewürdigt wird besonderes Engagement für das bayerische Wissenschaftssystem. Doering-Manteuffel ist seit 2011 Präsidentin der Universität Augsburg.
Ottmar Edenhofer ist in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) berufen worden. Edenhofer ist Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung sowie des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change.
Doris Fuchs wird zum 1. Oktober 2023 Direktorin am Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz Zentrum Potsdam. Die Politikwissenschaftlerin wird mit dem Atmosphärenwissenschaftler und langjährigen Direktor Mark Lawrence eine personelle Doppelspitze bilden.
Thomas Gruber übernimmt ab September 2023 die Leitung der Geschäftsstelle des Kuratoriums für die Tagung der Nobelpreisträgerin Lindau. Er folgt auf Wolfgang Huang, der diese Position seit 2010 innehatte und sich nach der 72. Lindauer Nobelpreisträgertagung im Juni 2023 beruflich neu orientieren wird.
Christine Selhuber-Unkel erhält den mit 250.000 Euro dotierten Lautenschläger-Forschungspreis 2023. Die Physikerin von der Universität Heidelberg forscht an der Schnittstelle von Materialwissenschaften und Biophysik an biohybriden lebensinspirierten Mikrosystemen. Die Preisverleihung ist am 22. Juni 2023 in Heidelberg.
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Berlin.Table. Neue Gentechnik: EU-Vorschlag sieht keine Kennzeichnungspflicht vor. Der Vorschlag der EU-Kommission für die neue genomische Pflanznzüchtungsverfahren liegt vor. Die Kommission will die Zulassungshürden senken, sodass bestimmte NGT-Pflanzen nicht die Zulassungsprozeduren durchlaufen müssen wie für herkömmliche genveränderte Pflanzen. Mehr
Climate.Table. Darauf könnte sich die COP28 einigen. Nach dem Ende der SB58 in Bonn zeichnen sich “Landezonen” für Kompromisse auf der COP28 in Dubai ab. Etwa die Einigung auf ein Auslaufen der fossilen Brennstoffe und ein globales Ziel für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Mehr
Der Ausbau erneuerbarer Energie ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern hat auch positive Effekte auf die Krisenreaktionsfähigkeit von Volkswirtschaften. Forscher vom Trinity College in Dublin untersuchten in ihrer Studie 133 Wirtschaftskrisen, die 98 Länder in 40 Jahren betrafen. Das Hauptergebnis: Volkswirtschaften erholen sich schneller, wenn die Länder mit erneuerbaren Energien versorgt werden.
Robert Costanza, Professor für ökologische Ökonomie am University College London und Mitverfasser der Studie, sagte: “Obwohl die Mechanismen, die unseren Ergebnissen zugrunde liegen, unklar sind, ist eine wahrscheinliche Erklärung, dass erneuerbare Energien den Aufschwung beschleunigen, weil sie lokal produziert werden und nicht der hohen Volatilität von Verfügbarkeit und Preisen unterliegen, die mit fossilen Brennstoffen verbunden ist.”
Oder, um es im Bild von Spatz und Taube einfacher auszudrücken: Lieber das Solarpanel auf dem Dach und das Windrad vor der Tür, als die Pipeline in der Ostsee. Markus Weisskopf