wegen des sehr zögerlichen Verhaltens während der deutsch-chinesischen Konsultationen zog Deutschland gerade noch scharfe Kritik auf sich. Dennis J. Snower sieht hier ein Problem Deutschlands: Das Land stehe stark da und sei im Zentrum Europas. Andererseits würden viele Länder sehen, dass Deutschland faktisch Schwächen habe.
Die mangelhafte Aufarbeitung des Dieselskandals habe viel Vertrauen gekostet. Und “Deutschland ist noch immer von China und anderen Staaten abhängig, denen man zunehmend misstraut”, sagt uns der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler im Gespräch. Langfristig empfiehlt der langjährige Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel und Gründer der Global Solutions Initiative, Europa solle sich – angetrieben von Deutschland – ein neues digitales Grundsystem geben. Auch die Wissenschaft müsse sich umstellen.
Seit dreieinhalb Jahren gibt es die Agentur für Sprunginnovationen, Sprind. Nach zähem Ringen wird es bald auch das Gesetz geben, das ihr ein freieres Agieren ermöglicht. Zeit für eine erste Zwischenbilanz, finden wir. Meine Kollegin Anne Brüning berichtet über laufende Projekte und neue Pläne. Uwe Cantner, Vorsitzender der Expertenkommission für Forschung und Innovation (EFI) hat sich den Entwurf für das Freiheitsgesetz genau angesehen – und macht einige Verbesserungsvorschläge.
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Deutschland steht sehr stark da, sagt Dennis Snower – noch. Es sei im Zentrum Europas und “Europa ein ganz wichtiger Baustein der zukünftigen Weltordnung, wenn man sich auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verlassen will”. Andererseits würden viele Länder sehen, dass Deutschland faktisch Schwächen habe. “Deutschland ist noch immer von China und anderen Staaten abhängig, denen man zunehmend misstraut. Deutschland betreibt weiterhin eine Exportwirtschaft für hergestellte Waren in einer Zeit, in der Roboter, Daten und Künstliche Intelligenz immer stärker das wirklich lukrative Geschäft bestimmen.”
Im Ergebnis stehe Deutschland vor einer großen Herausforderung. Es müsse mit seinen Schwächen umgehen, um seine Bedeutung zu behalten und in der Welt eine nützliche Rolle zu spielen.
Der Wirtschaftswissenschaftler, der sich spät – und wie er selbst erklärte – unter dem Einfluss seiner Psychotherapie studierenden Frau zu einem entscheidenden Vordenker seines Fachs entwickelt hat, sieht die Marke “Made in Germany” gefährdet: Der Dieselskandal habe zu einem deutlichen Vertrauensbruch geführt, der nicht adäquat aufgearbeitet wurde. Dies hätte sehr schnell und mit großer Härte erfolgen müssen, um klarzustellen, dass so etwas einfach komplett inakzeptabel ist.
“Und wenn Sie Wirecard nehmen, einen vergleichbaren Skandal in der Finanzbranche, dann ist das ein weiterer Beleg dafür, dass das Land, das sich so sehr auf vertrauenswürdige Reputation stützt, mit dieser Reputation schlecht umgeht.”
Der Makroökonom rät, digitalen Technologien unter den jetzigen Bedingungen nicht nachzulaufen. Die Vereinigten Staaten und China hätten einen so großen Vorsprung, dass das Nachahmen zu nichts führen würde. Deutschland sollte sich auf seine eigenen Stärken besinnen – und schauen, wie neue Technologien diese Stärken noch ausbauen könnten.
Ein weiter Schritt, den Deutschland bislang regelrecht vernachlässigt habe: “Europa, angetrieben von Deutschland, muss sich ein neues digitales Grundsystem geben.” Deutschland habe großen Einfluss in Europa, und der europäische Raum sei für die digitale Welt sehr wichtig, weil es so viele Menschen in diesem Raum gibt.
Trotz der beschriebenen Schwächen sei man in der Lage, global eine Rolle zu spielen, etwa in der Klimaaußenpolitik. “Der Grund dafür ist die Nachkriegszeit. Deutschland ist eines der sehr wenigen Länder, die der eigenen Vergangenheit ins Auge geschaut haben und heute sagen: Das darf nie wieder geschehen”, sagt Snower. Wenn Deutschland sich innerhalb Europas für einen globalen Klimaschutz oder auch einen Umbau der digitalen Welt einsetze, könne es viel bewirken.
Wichtig wäre, das aktuell geltende System zu ändern: Die großen digitalen Monopole lebten davon, dass sie möglichst viele Daten in andere Bereiche verkaufen können. “Und das tut man, indem man Aufmerksamkeit maximiert. Und wie maximiert man Aufmerksamkeit? Indem man Streit fördert, um uns daraufhin Bedrohungen vor Augen zu halten. Streit bedeutet Bedrohung. Daher haben wir ein System, das von sich aus natürlich die Gesellschaft spaltet.”
Das jetzige System untergrabe so die Demokratie. “Aufmerksamkeit wird maximiert durch Streit und Zwist. In einer Demokratie braucht man genau das Gegenteil.” Man müsse Verständnis haben für Meinungen anderer, auch wenn diese stark divergieren von den eigenen. Man müsse auf gemeinsame Lösungen hinarbeiten können. Und sich als Gesellschaft verstehen. Auch müsse verhindert werden, dass “unser ganzes soziales und wirtschaftliches Leben Daten generiert, über die wir keine Herrschaft mehr haben. Mindestens muss die Politik das versuchen.”
Snower bleibt optimistisch. “Nehmen Sie die jungen Leute, die sagen: Okay, Klimawandel ist etwas Globales, daher muss das eine globale Bewegung sein. Wir denken über Ländergrenzen hinaus. Das ist ein guter Instinkt.” Wenn man das besser verstehen würde, könnten Politiker viel freier handeln: “Bislang sind Politiker, die mit gutem Gewissen global handeln, sehr auf sich allein gestellt. Aber genau dafür müssen wir kämpfen: Diese Freiheit möglich zu machen.”
Dabei sei auch die Wissenschaft gefragt. Sie kann helfen – aber nicht so, wie die meisten Experten sich das denken würden. Diese würden “einfach unterschwellig sagen: Ich verstehe viel mehr als du. Und deshalb kann ich dir sagen, wie du dein Leben zu managen hast.” Das funktioniere so nicht. Die Gründe dafür würde man sofort verstehen, wenn man sich auf die Grundbedürfnisse des Menschen besinnen würde, etwa Solidarität, Freiheit und Gemeinschaft. “Daher sollten Wissenschaftler sagen: Okay, ich habe meine Einsicht hier, aber ich kann nicht automatisch erwarten, dass diese Einsicht von der Bevölkerung angenommen wird, einfach weil jemand anderer mir trauen soll.”
Das sei keine Resignation, erklärt Snower entschieden. Wahrheit sei ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Wohlergehens, aber Solidarität, Befähigung und Nachhaltigkeit seien es auch. “Und in der Demokratie muss alles ausgehandelt werden. Sie verträgt niemanden, der von vornherein sagt: Ich weiß es besser als du.” Die Suche nach Stabilität, die Suche nach Geborgenheit und Liebe, die Suche nach materiellen Gütern sei viel stärker als die Suche nach Wahrheit. “Wir als Experten sollten uns nicht einbilden, dass wir etwas haben, das Priorität haben muss.” Stefan Braun / Nicola Kuhrt
Das ausführliche Interview mit Dennis Snower lesen Sie hier.
Die Zahlen klingen gut: Sprind hat in den vergangenen drei Jahren mehr als 1.200 Projektvorschläge begutachtet, in rund 60 davon sah man Sprunginnovationspotenzial, inzwischen sind 13 in Tochter-GmbHs umgesetzt. Noch dazu laufen zu vorgegebenen Themen vier große Innovationswettbewerbe (Challenges), bei denen 33 Teams finanziert werden. Mit Verwaltungsausgaben von sieben Millionen Euro bei einem Gesamtbudget von etwa 150 Millionen Euro pro Jahr ist die rund 50 Mitarbeiter umfassende Agentur effizient organisiert.
“Die Sprind sollte einen völlig neuen Weg in der deutschen Innovationspolitik gehen. Sie kann die Finanzierungslücke schließen, die zwischen Grundlagenforschung und Anwendung besteht. Nach drei Jahren ist klar, dass dieser neue Weg zum Erfolg führen wird”, sagt Gründungsdirektor Rafael Laguna. Im internationalen Vergleich sei die Agentur aber eher klein. Sie stoße schon jetzt an budgetäre Grenzen, die die Finanzierung zahlreicher Projekte verhindern und dazu führen, dass Chancen ausgelassen werden müssen. “Um uns eine mit US-Agenturen wie der Darpa vergleichbare finanzielle Schlagkraft zu verleihen, müsste das jährliche Budget von derzeit 150 Millionen Euro auf 1,2 Milliarden Euro pro Jahr anwachsen.”
Das BMBF hebt die bisherige Aufstockung des Budgets hervor: Seit Gründung habe sich die Sprind erfolgreich entwickelt, sagt eine Ministeriumssprecherin. “Um dem Bedarf der Sprind gerecht zu werden, wurde ihr Budget von rund 50 Millionen Euro in 2021 auf rund 150 Millionen Euro in 2023 erhöht.”

Noch warten alle auf das Gesetz, das zu starre Vorgaben der Bürokratie lösen und rechtliche sowie finanzielle Spielräume eröffnen soll. Der im Mai vorgelegte Referentenentwurf wird voraussichtlich im September im Parlament beraten. “Die Ressorts sowie die Länder und Verbände konnten in den letzten Wochen zum Entwurf des Sprind-Freiheitsgesetzes Stellung nehmen”, heißt es aus dem BMBF. Die Rückmeldungen würden gegenwärtig geprüft. “Ziel ist es, dass das Gesetz zum Ende des Jahres in Kraft tritt.”
Dass das Freiheitsgesetz noch dieses Jahr kommt, hofft auch Birgitta Wolff, stellvertretende Vorsitzende des Sprind-Aufsichtsrats und Rektorin der Universität Wuppertal. Die Geschäftsleitung kämpfe “im Großen wie im Kleinen immer wieder mit den Limitierungen durch die Bundeshaushaltsordnung, nicht übertragbaren Haushaltsmitteln, dem Besserstellungsverbot und vielem mehr, wodurch ein unternehmerisches Handeln für Sprind und seine Projekte nahezu unmöglich gemacht wird”. Das Freiheitsgesetz erlaube flexiblere Finanzierungsmöglichkeiten.
Bei der Agentur sieht man durchaus Bedarf für Präzisierungen im Gesetzestext, etwa hinsichtlich direkter Beteiligungen an Unternehmen. Es müsse klargestellt werden, dass sich das Zuwendungsrecht nicht auf die Beteiligungen bezieht, sagte die kaufmännische Geschäftsführerin Berit Dannenberg dem Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI.
Auch Uwe Cantner, Vorsitzender der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), bereiten einige Details des Gesetzentwurfs Sorgen. Das BMBF sollte der Versuchung widerstehen, die Fachaufsicht über die Agentur zu übernehmen, schreibt er in einem Gastbeitrag für Table.Media.
Die ersten Schritte der Agentur werden allseits gelobt. Cantner findet es beeindruckend, was die Sprind in nur drei Jahren auf die Beine gestellt hat. Aufsichtsrätin Wolff hebt den “angesichts der Rahmenbedingungen der öffentlichen Hand zügig und erfolgreich” erfolgten Aufbau hervor. In Summe sei ein agiles neues Werkzeug für die staatliche Innovationsfinanzierung geschaffen worden, das “schon jetzt wesentlich schneller und agiler ist als andere Finanzierungsformen”.
Auch Hendrik Berghäuser vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe, der die Evaluation der Pilotinnovationswettbewerbe während der Gründungsphase der Sprind geleitet hat, sieht die Agentur auf dem richtigen Weg. Der Förderansatz sei zielführend und vielversprechend. Eher skeptisch verfolgt er den komplett themenoffenen Ansatz. “Auch Fördereinrichtungen benötigen eine gewisse Themenkompetenz, die man sich durch Spezialisierung, jahrelange Kontakte in die jeweilige Community aufbaut.”
Risiken sieht der Innovationsforscher woanders: “Das viele Hin und Her auf politischer Seite lässt mich manchmal zweifeln, ob der politische Konsens, die Förderung von Sprunginnovationen durch die Sprind mit erheblichen Steuergeldern auch langfristig zu unterstützen, wirklich so groß ist.” Auch Haushaltspolitiker hierzulande müssten verstehen, dass Sprunginnovationen viel Zeit und viel Geld brauchen – auch über Legislaturperioden hinweg, sagt Berghäuser.
Fest steht: Um etwas über den Erfolg der Projekte zu sagen, ist es noch zu früh. Zehn vielleicht sogar 20 Jahre werde man abwarten müssen, sagt EFI-Chef Cantner. Vor vorschneller Euphorie und zu kurzfristigen Erwartungen warnt auch der freie Innovationsberater Dietrich Nelle, der bis vor einem Jahr als Ministerialdirigent im BMBF tätig war. “Es ist gut möglich, dass Sprind auch nach zehn Jahren noch ohne den angestrebten globalen Durchbruch dasteht. Schließlich besteht die Mission von Sprind in Vorhaben, die sich im Erfolgsfall als bahnbrechend erweisen können, die aber auch ein hohes Risiko des Scheiterns haben.” Das müssten alle Beteiligten bereit sein, auszuhalten.
Aufschlussreich dürfte die Evaluation der Agentur sein. Ein Auftrag wurde im laufenden Quartal ausgeschrieben. Derzeit wertet das Ministerium die eingegangenen Angebote aus. “Im Ergebnis soll die Evaluation noch in der laufenden Legislaturperiode durchgeführt werden”, sagt eine Sprecherin.
Sprind-Gründungsdirektor Laguna weiß, dass die Erwartungen hoch sind. “Es entscheidet sich heute, ob Deutschland in zehn Jahren Technologieführer in zentralen Zukunftsfeldern vorweisen kann oder ob erneut Chancen ausgelassen werden und Sprunginnovationen aus den USA und Asien kommen”, sagt Laguna. Die Innovatoren, Technologien und Industrien seien prinzipiell vorhanden. “Wir müssen – so wie es uns USA und China vormachen – staatlich helfen, das ,Tal des Todes’ von Grundlagenforschung in die Anwendung und Produkte und die skalierende Produktion zu überbrücken.”

Sprind fördert die Entwicklung von Sprunginnovationen auf zwei Wegen. Zum einen gibt es den Bottom-up-Ansatz, bei dem einzelne Personen oder Teams Projektideen einreichen. Nach erfolgreicher Begutachtung entstehen Projekt-Tochter-Gesellschaften, die mit vier bis 15 Millionen Euro pro Jahr finanziert werden. 13 sind es bisher. Zum anderen – beim Top-Down-Ansatz – werden Wettbewerbe ausgeschrieben.
Die Challenges verlaufen in zwei Stufen, die Förderung pro Stufe liegt zwischen 500.000 und drei Millionen Euro. Die Finanzierung erfolgt als vorkommerzieller Auftrag für Forschungs- und Entwicklungsleistungen. Die vier Themen bisher, die derzeit 33 Teams finanzieren: New Computing Concepts, Energy Storage, Carbon-to-Value und Broad-Spectrum-Antivirals. Ende Juni startet voraussichtlich die Challenge Circular Biomanufacturing.
Bei der Challenge Carbon-to-Value wird nach Verfahren gesucht, mit denen sich CO₂ langfristig aus der Atmosphäre entfernen lässt. Ende April 2022 entschied sich die externe Jury für fünf Teams aus 66 Einreichungen. Im April 2023 wurden die Teilnehmer für die zweite Stufe der Challenge ausgewählt. Drei Teams kamen weiter, sie erhalten bis zu 2,3 Millionen Euro.
Eines der drei Teams ist enaDyne. Das im sächsischen Freiberg ansässige Unternehmen arbeitet an Reaktoren, die CO₂ in nachhaltige Chemikalien und E-Fuels umwandeln. “Wir haben einen Keramikwerkstoff entwickelt, mit dem sich ein sehr effizientes Niedrigtemperaturplasma aufbauen lässt. Damit kann man aus CO₂ und einem Wasserstoffträger industriell wertvolle Stoffe wie Methanol, Ethylen und Formaldehyd herstellen”, sagt Geschäftsführer Philipp Hahn. Aus Ethylen lassen sich zum Beispiel langlebige Kunststoffe herstellen. Bislang wird die Chemikalie auf Basis fossiler Rohstoffe produziert.
Die Sprind-Challenge kam für das Team gerade richtig. Denn bei der Ausschreibung standen die Wissenschaftler noch vor der Ausgründung und hatten nicht viel mehr als ein Patent und hier und da Drittmittel über Lehrstühle. “Die Entwicklung von Hardwaretechnologie braucht Zeit und ist vergleichsweise teuer. Sie zu finanzieren, ist in Deutschland eher schwierig.” Der Erfolg in der ersten Stufe brachte dem Unternehmen 600.000 Euro, mit denen erste Prototypen entwickelt werden konnten. “Das hat es uns erleichtert, weiteres Funding zu bekommen”, sagt Hahn.
Mittlerweile hat das Unternehmen neben den insgesamt 2,4 Millionen Euro von Sprind weitere 1,4 Millionen von Angel-Investoren eingeworben. “Dass wir positiv von Sprind begutachtet wurden, hat dabei wie ein Türöffner gewirkt. Jetzt haben wir ein ansehnliches Finanzierungspaket zusammen, sind ein Team von 13 Leuten und können den nächsten Meilenstein, einen ersten Industriedemonstrator, vielleicht auch schon vor dem angepeilten Zeitpunkt im Oktober 2024 erreichen”, sagt Hahn.
Eine architektonische Sprunginnovation ist das Höhenwindrad der Firma Beventum. Es ist das erste Projekt, das vom Aufsichtsrat der Sprind genehmigt wurde. Die Idee: Windenergie in großer Höhe gewinnen – also in mindestens 300 Metern, wo die mittlere Windstärke aufgrund abnehmender Reibung größer ist. Das Kalkül: Das Mehr an Ertrag macht die höheren Baukosten mehr als wett. Höhenwindanlagen könnten entweder als zweite Ebene über bestehenden Windparks errichtet werden oder als Solitäre, beispielsweise in ehemaligen Braunkohlerevieren.
Der Erfinder ist Horst Bendix, 92, einst Technik- und Forschungschef beim Leipziger Schwermaschinenbauer Kirow. “Das Konzept, das er eingereicht hat, war mit der Schreibmaschine erstellt. Aber es hat unsere Analysten und die gesamte Sprind überzeugt”, berichtet Martin Chaumet, Innovationsmanager bei Sprind. Als die Projekt-Tochter-Gesellschaft Beventum gegründet wurde, hat Chaumet die Geschäftsführung übernommen, weil Horst Bendix das aufgrund seines hohen Alters nicht mehr konnte. “Er verfolgt die Fortschritte seines Herzensprojekts aber weiterhin aufmerksam”, sagt Chaumet.
Beventum hat inzwischen zehn Mitarbeiter und Bauanträge für zwei mehr als 350 Meter hohe Prototypen gestellt. “Vielleicht werden noch dieses Jahr die Grundsteine für die weltweit ersten Höhenwindräder gelegt”, sagt Chaumet. Der Physiker, der auf diverse berufliche Stationen als Unternehmensberater, Investmentbanker und Projektmanager zurückblicken kann, ist begeistert von Sprind. “Ein ganz großes Plus ist die Themenfreiheit – und dass es so eine Agentur überhaupt in Deutschland gibt.”
27.-29. Juni 2023, Kiel
Konferenz Open Science Conference Mehr
30. Juni 2023, Göttingen
Konferenz Responsible Innovation Summit Mehr
3.-5. Juli 2023, Warschau/Polen
THE Europe Universities Summit Beyond resilience: How European higher education is preparing for the future Mehr
7. Juli 2023, 21:00 Uhr, Vortragssaal der Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale)
Unterhausdebatte Alles Wasserstoff! Oder was? Mehr
11.-13. September 2023
18. Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung Das Zusammenspiel von Hochschulforschung und Hochschulentwicklung: Empirie, Transfer und Wirkungen Mehr
Die Festversammlung der Max-Planck-Gesellschaft in Göttingen endet heute Abend mit einem Neuanfang: Patrick Cramer tritt sein Amt als Präsident an. Er folgt auf Martin Stratmann, der neun Jahre an der Spitze der MPG stand. Cramer ist für die Amtsdauer 2023 bis 2029 gewählt.
Dass der Amtswechsel in Göttingen stattfindet, passt doppelt gut: Cramer ist dort bislang Direktor am Max-Planck-Institut für multidisziplinäre Naturwissenschaften, und dort wurde die Forschungsorganisation im Februar 1948 auch einst gegründet. Die MPG, damals die erste Einrichtung in Deutschland zur Förderung außeruniversitärer Forschung in eigenen Instituten, feiert also in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen.
Für den weiteren Erfolg der MPG benennt Cramer drei zentrale Handlungsfelder: Menschen gewinnen und fördern, Prozesse und Strategien erneuern, gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen. In Zeiten des demografischen Wandels, der Debatte über Machtmissbrauch in der Wissenschaft und globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel dürfte es für die MPG entscheidend sein, wie er in den nächsten Jahren in diesen Feldern agiert.
Zur Festversammlung wird Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger erwartet. Sie vertritt Bundeskanzler Olaf Scholz, der aufgrund dringender internationaler Termine kurzfristig absagen musste. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und Wissenschaftsminister Falko Mohrs werden dabei sein. abg
Rund zwei Milliarden Pfund vergibt die britische Regierung pro Jahr auf Basis des Research Excellence Framework (REF) an ihre Hochschulen. Die jeweiligen Fördersummen für die Einrichtungen orientieren sich an deren Abschneiden in der Forschung und im Bereich des gesellschaftlichen Impacts. Ziel ist die Förderung von Forschungsexzellenz im Vereinigten Königreich sowie die Rechenschaftslegung über öffentliche Forschungsinvestitionen, heißt es in einer Mitteilung von UK Research and Innovation (UKRI).
In der nächsten Runde des REF werden Forschung und deren Wirkung zwischen 2021 und 2027 bewertet – der Abschluss wird für 2028 erwartet. Nun haben die britischen Hochschulfinanzierungsgremien erste Entscheidungen über die Grundzüge des nächsten Research Excellence Framework (REF) getroffen. Diese sollen den Schwerpunkt der nationalen Bewertung “von der Leistung einzelner Personen auf den Beitrag von Einrichtungen und Disziplinen zu einem gesunden, dynamischen und integrativen Forschungsumfeld verlagern“. Die Bewertung soll demnach auch umfassendere Beiträge zur Forschung und zum Forschungsprozess einbeziehen.
Für den REF 2028 werden folgende Elemente der Bewertung umbenannt und inhaltlich angepasst:
Die stärkere Anerkennung des öffentlichen und gesellschaftlichen Engagements im neuen Konzept hob auch Carlos Frenck von der Royal Society hervor: “Forschung ist nur ein erster Schritt, denn Wissen allein bewirkt noch keinen Wandel. Nur durch die Einbindung breiterer Bevölkerungsschichten können wir dieses Wissen zum Wohle der Menschheit einsetzen.”
Im Vorfeld der aktuellen Entscheidungen durch die vier Förderorganisationen fanden Konsultationen mit den Hochschulen statt. Auch eine internationale Beratergruppe wirkte an der Neuentwicklung mit. Deren Vorsitzer, Peter Gluckman, sagte: “Das Vereinigte Königreich ist traditionell ein Vorreiter in Fragen der Forschungsbewertung gewesen. Weltweit vollzieht sich ein bedeutender Wandel, um die unbeabsichtigten Folgen der traditionellen Output-gewichteten Bewertung zu beseitigen.” Inwieweit sich derartige Veränderungen dann beispielsweise auch in der Ausschreibung für die deutschen Exzellenzuniversitäten widerspiegeln, bleibt abzuwarten. mw
Der Senat der Helmholtz-Gemeinschaft hat den Aufbau von zwei neuen Instituten in Heidelberg und Jena beschlossen. In Jena wird in Zukunft an Polymeren für nachhaltige Energie geforscht und in Heidelberg an einem Frühwarnsystem für Herz-Kreislauf-Krankheiten.
Gemeinsam mit der Universität Jena gründet das Helmholtz-Zentrum Berlin das Helmholtz-Institut für Polymere in Energieanwendungen (HIPOLE). Dort sollen nachhaltige Materialien für skalierbare Anwendungen entwickelt werden, mit denen Energie gespeichert und umgewandelt werden kann. Prototypisch werden diese Materialien dann in Batterien oder Photovoltaikmodulen eingesetzt.
Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) und die Universität Heidelberg wollen im Helmholtz-Institut für translationale AngioCardioScience (HI-TAC) das körpereigene Frühwarnsystem für Herz-Kreislauf-Krankheiten erforschen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen hier gemeinsam, wie sie die Kommunikation des Herz-Kreislauf-Systems mit dem Nerven- und Immunsystem sowie dem Metabolismus nutzen können. Damit könnten Krankheiten bereits vor Symptombeginn erkannt und mit Therapien bekämpft werden.
Beide Institute werden in der Aufbauphase bis 2027 durch die jeweiligen Helmholtz-Zentren mit 1,375 Millionen Euro sowie über die Sitz-Länder finanziert. Ab 2028 erhalten die Institute dann je 5,5 Millionen Euro jährlich seitens der Helmholtz-Gemeinschaft. mw
Time. Confidence in Science Fell in 2022 – Especially Along Political Lines. Das Vertrauen in die Wissenschaft ist bei US-Amerikanern gesunken. Der General Social Survey, eine Umfrage, die seit 1972 an der University of Chicago durchgeführt wird, zeigt, dass im Jahr 2022 nur noch 39 Prozent (2021: 48 Prozent) der US-amerikanischen Erwachsenen “sehr großes Vertrauen” in die Scientific Community hatten. Über die Hälfte der Befragten gab an, “nur etwas” oder “kaum” Vertrauen zu haben. Besonders unter Republikanern sank das Vertrauen. Mehr
Nature. Global ‘pandemic treaty’: nations wrestle with how to fairly share virus data. Derzeit wird international über einen “Pandemie-Vertrag” verhandelt. Es soll sich dabei um eine Vereinbarung handeln, die regelt, wie global auf eine neue Pandemie reagiert wird. Ein Streitpunkt ist die faire Entschädigung von Ländern, die virale Genomsequenzen von infizierten Patienten teilen. Brasilien, Südafrika und Indien hatten dies getan und damit die Entwicklung von Impfstoffen ermöglicht. Gleichzeitig erhielten die Länder nur langsam Impfstoffe. Mehr
Spektrum.de. Wann kommen uns die besten Ideen? Dusche, Zug, Spaziergang: Die besten Ideen kommen im gedanklichen Leerlauf. Teile des Gehirns sind dabei sogar reger als in Momenten, in denen wir zielgerichtet nachdenken. Sie helfen dabei, altes Wissen, neu zu verknüpfen. Doch von nichts, kommt nichts: Studien legen nah, dass wir am ehesten einen kreativen Durchbruch erzielen, wenn wir lange gründlich über einem Problem brüten und es dann bewusst beiseitelegen. Mehr
RiffReporter. Nachhaltigkeitsdebatte: Kann Künstliche Intelligenz das Klima noch retten? EU-Kommission und WBGU haben in ihren jüngsten Veröffentlichungen auf den positiven Nutzen von KI für die Klima-Transformation hingewiesen. Experten befürchten allerdings, dass im Fokus der KI-Entwicklung nicht das Klima, sondern die Effizienzsteigerung für Unternehmen stehen wird. Sie warnen davor, dass KI nur die Verzögerungsdebatte befeuert, auch weil der Einsatz von KI selbst bislang nicht nachhaltig ist. Mehr

Die Sprind hat es seit ihrer Gründung vor drei Jahren geschafft, sich als eine national und international viel beachtete “Marke” zu etablieren. Ihrer Bekanntheit ist es zu verdanken, dass sich innerhalb dieser drei Jahre bereits mehr als 1.200 Erfinderinnen und Erfinder mit ihren Projekten an die Sprind gewendet haben. 13 Projekte sind nach umfangreichen Prüfungs- und Validierungsdurchgängen ausgewählt worden. Als neu gegründete Unternehmen erhalten sie von der Sprind nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch umfangreiche Beratung.
Darüber hinaus hat die Sprind bereits vier Innovationswettbewerbe durchgeführt. Bei den sogenannten Sprind-Challenges handelt es sich um ein neues Instrument der Innovationsförderung: Zu einem vorab definierten, gesellschaftlich relevanten Thema werden von mehreren Teams gleichzeitig Lösungsansätze erarbeitet. Derzeit arbeiten 33 Teams an Themen wie antivirale Wirkstoffe, Energiespeicherung, dauerhafte CO2-Speicherung sowie neue Computing-Konzepte.
In Anbetracht der Themen- und Projektvielfalt sowie der zu lösenden administrativen Herausforderungen – vieles davon verwaltungstechnisches Neuland – ist es schon beeindruckend, was die Sprind in nur drei Jahren auf die Beine gestellt hat.
Wie erfolgreich die von der Sprind geförderten Projekte sind und inwieweit sie zur Schaffung gänzlich neuer Märkte beitragen werden, ist aktuell nicht seriös abschätzbar. Auch wenn es schwerfällt, werden wir für die Beantwortung dieser Fragen sicherlich noch zehn, vielleicht sogar 20 Jahre abwarten müssen.
Eines können wir allerdings schon jetzt sagen: Um ihre spezielle Aufgabe bewältigen und agil handeln zu können, braucht die Sprind umfassende Spielräume. Die Regierungsparteien hatten im Koalitionsvertrag angekündigt, die rechtlichen Rahmenbedingungen der Sprind substanziell verbessern zu wollen. Die Expertenkommission ist daher erleichtert, dass das angekündigte Sprind-Freiheitsgesetz zumindest als Entwurf vorliegt.
Ein erster Blick zeigt, dass vieles in die richtige Richtung läuft. Allerdings gibt es im Detail weiterhin Anlass zur Sorge. Der Gesetzentwurf sieht beispielsweise vor, dass das BMBF die Fachaufsicht über die Agentur übernimmt. Dieser Versuchung sollte die Bundesregierung widerstehen. Dies würde die Entscheidungshoheit der Sprind massiv einschränken und somit dem Grundgedanken einer unabhängig agierenden Agentur zuwiderlaufen. Die Fachaufsicht sollte Aufgabe des Aufsichtsrats und nicht des BMBF sein.
Der Sprind hohe finanzielle Flexibilität und rasches Handeln zu ermöglichen, sollte im Freiheitsgesetz höchste Priorität haben. Selbstbewirtschaftungsmittel in Höhe von 30 Prozent, wie derzeit vorgesehen, sind ein guter Schritt in diese Richtung, wobei hier sicherlich noch Luft nach oben besteht. Auch bei einschränkend langen Genehmigungsfristen, wie etwa die drei Monate des Zustimmungsvorbehalts des Bundesministeriums der Finanzen bei Beteiligungen über 25 Prozent, sollte unbedingt nachgebessert werden – das kann sicherlich schneller geleistet werden.
Auch sollte das Freiheitsgesetz die Möglichkeit schaffen, die Sprind finanziell stärker auf eigene Beine zu stellen. Die aktuelle Regelung, wonach die Einnahmen der Sprind zur Hälfte in den Bundeshaushalt einzuzahlen sind, schränken dies noch zu sehr ein. Würden die Rückflüsse vollständig in der Sprind verbleiben, würde ein starker Anreiz für nachhaltig erfolgreiches Wirtschaften gesetzt.
Ganz wichtig ist auch die Aufhebung oder Einschränkung des sogenannten Besserstellungsverbots. Für die Sprind ist es essenziell, gute Leute zu gewinnen. Sie muss daher in die Lage versetzt werden, Gehälter zu zahlen, die mit denen in der Wirtschaft vergleichbar sind. Die Bindung an das Tarifsystem des öffentlichen Dienstes ist dafür nicht geeignet. Sie muss aufgehoben werden – und zwar zeitlich unbefristet.
David DiVincenzo wurde in die Nationale Akademie der Wissenschaften der Vereinigten Staaten gewählt. Die Mitgliedschaft wird für hervorragende Leistungen in der Wissenschaft verliehen. Der Quantenphysiker DiVincenzo leitet das Jülicher Institut für Theoretische Nanoelektronik.
Hannes Raffaseder ist neuer Vorstand von EURASHE, der European Association of Institutions in Higher Education. EURASHE vereint rund 600 Hochschulen und vergleichbare Institutionen, die vor allem berufsorientierte Hochschulausbildungen und angewandte Forschung betreiben.
Anita Traninger, Professorin für Romanische Philologie und Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin mit dem Schwerpunkt Rhetorik, ist als ordentliches Mitglied in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) berufen wurden.
Sabine Weck und Maarit Thiem (Stellvertretung) übernehmen den Vorsitz der Ethikkommission bei der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft (JRF). Die Kommission hat sich im Juni konstituiert. Weck und Thiem leiten jeweils ein JRF-Institut.
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Bildung.Table. Startchancen: Länder klammern sich nicht am Königsteiner Schlüssel fest. Drei Tage Klausur sollten den Durchbruch in den schwierigen Verhandlungen zum Startchancen-Programm bringen. Zwar haben Bund und Länder sich bewegt. Doch von einer unterschriftsreifen Einigung sind sie noch weit entfernt, vor allem bei zentralen Finanzfragen. Mehr
Bildung.Table. Lernplattformen: 1,5 Milliarden für Doubletten. Rund 1,5 Milliarden Euro fließen in den Versuch von Bund und Ländern, funktionierende digitale Lernplattformen für Schulen einzuführen. Die Projekte sind nicht nur teuer und unübersichtlich – es gibt Dopplungen und weitere Probleme. Mehr
Security.Table. Rüstungsindustrie und Forschung fordern “nationale militärische KI-Strategie”. Zum ersten Mal fordern Vertreter von Rüstungsindustrie und Forschung in Deutschland gemeinsam, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Waffensystemen zu regeln. Es geht um ethische Richtlinien. Mehr
China.Table. AstraZeneca erwägt Abspaltung seines China-Geschäfts. Die Börsennotierung einer separaten Einheit in Hongkong wird offenbar erwogen. So könnte sich der Pharmakonzern vor den wachsenden Spannungen zwischen der Volksrepublik und anderen Ländern schützen, während das Unternehmen die Kontrolle über das Geschäft behält. Mehr

Manchmal vertragen hitzige Debatten eine Prise Humor. In der #WissZeitVG-Debatte hat DHV-Präsident Lambert T. Koch jetzt die Vorlage für einige Twitter-Memes geliefert, über die auch die ernsthaftesten Debattanden kurz lächeln können. “Es muss auch für die kleine Schwester und den kleinen Bruder von Hanna noch Stellen im Wissenschaftssystem geben”, begründete Koch seine positive Haltung zum BMBF-Referentenentwurf auf Anfrage von Table.Media.
Daraufhin ließ sich die #IchbinHanna-Community nicht lumpen: Mal ertrinkt Hanna im Pool, während ihre kleine Schwester freudig in den Armen der Mutter namens DHV lacht. Mal muss Hannas sehr kleiner Bruder Forschungsaufgaben lösen, weil es für Hanna keine Stelle im System mehr gibt. Und mal freut sich die kleine Schwester über die Arbeitslosigkeit der größeren – Motto: bleibt ja in der Familie. Wir wollen an dieser Stelle unparteiisch bleiben und bedanken uns einfach bei beiden Seiten für den Anlass zum Schmunzeln. Tim Gabel
wegen des sehr zögerlichen Verhaltens während der deutsch-chinesischen Konsultationen zog Deutschland gerade noch scharfe Kritik auf sich. Dennis J. Snower sieht hier ein Problem Deutschlands: Das Land stehe stark da und sei im Zentrum Europas. Andererseits würden viele Länder sehen, dass Deutschland faktisch Schwächen habe.
Die mangelhafte Aufarbeitung des Dieselskandals habe viel Vertrauen gekostet. Und “Deutschland ist noch immer von China und anderen Staaten abhängig, denen man zunehmend misstraut”, sagt uns der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler im Gespräch. Langfristig empfiehlt der langjährige Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel und Gründer der Global Solutions Initiative, Europa solle sich – angetrieben von Deutschland – ein neues digitales Grundsystem geben. Auch die Wissenschaft müsse sich umstellen.
Seit dreieinhalb Jahren gibt es die Agentur für Sprunginnovationen, Sprind. Nach zähem Ringen wird es bald auch das Gesetz geben, das ihr ein freieres Agieren ermöglicht. Zeit für eine erste Zwischenbilanz, finden wir. Meine Kollegin Anne Brüning berichtet über laufende Projekte und neue Pläne. Uwe Cantner, Vorsitzender der Expertenkommission für Forschung und Innovation (EFI) hat sich den Entwurf für das Freiheitsgesetz genau angesehen – und macht einige Verbesserungsvorschläge.
Wir wünschen eine inspirierende Lektüre,
Wenn Ihnen der Research.Table gefällt, leiten Sie uns bitte weiter. Wenn Ihnen diese Mail weitergeleitet wurde: Hier können Sie sich für den Research.Table kostenlos anmelden.

Deutschland steht sehr stark da, sagt Dennis Snower – noch. Es sei im Zentrum Europas und “Europa ein ganz wichtiger Baustein der zukünftigen Weltordnung, wenn man sich auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verlassen will”. Andererseits würden viele Länder sehen, dass Deutschland faktisch Schwächen habe. “Deutschland ist noch immer von China und anderen Staaten abhängig, denen man zunehmend misstraut. Deutschland betreibt weiterhin eine Exportwirtschaft für hergestellte Waren in einer Zeit, in der Roboter, Daten und Künstliche Intelligenz immer stärker das wirklich lukrative Geschäft bestimmen.”
Im Ergebnis stehe Deutschland vor einer großen Herausforderung. Es müsse mit seinen Schwächen umgehen, um seine Bedeutung zu behalten und in der Welt eine nützliche Rolle zu spielen.
Der Wirtschaftswissenschaftler, der sich spät – und wie er selbst erklärte – unter dem Einfluss seiner Psychotherapie studierenden Frau zu einem entscheidenden Vordenker seines Fachs entwickelt hat, sieht die Marke “Made in Germany” gefährdet: Der Dieselskandal habe zu einem deutlichen Vertrauensbruch geführt, der nicht adäquat aufgearbeitet wurde. Dies hätte sehr schnell und mit großer Härte erfolgen müssen, um klarzustellen, dass so etwas einfach komplett inakzeptabel ist.
“Und wenn Sie Wirecard nehmen, einen vergleichbaren Skandal in der Finanzbranche, dann ist das ein weiterer Beleg dafür, dass das Land, das sich so sehr auf vertrauenswürdige Reputation stützt, mit dieser Reputation schlecht umgeht.”
Der Makroökonom rät, digitalen Technologien unter den jetzigen Bedingungen nicht nachzulaufen. Die Vereinigten Staaten und China hätten einen so großen Vorsprung, dass das Nachahmen zu nichts führen würde. Deutschland sollte sich auf seine eigenen Stärken besinnen – und schauen, wie neue Technologien diese Stärken noch ausbauen könnten.
Ein weiter Schritt, den Deutschland bislang regelrecht vernachlässigt habe: “Europa, angetrieben von Deutschland, muss sich ein neues digitales Grundsystem geben.” Deutschland habe großen Einfluss in Europa, und der europäische Raum sei für die digitale Welt sehr wichtig, weil es so viele Menschen in diesem Raum gibt.
Trotz der beschriebenen Schwächen sei man in der Lage, global eine Rolle zu spielen, etwa in der Klimaaußenpolitik. “Der Grund dafür ist die Nachkriegszeit. Deutschland ist eines der sehr wenigen Länder, die der eigenen Vergangenheit ins Auge geschaut haben und heute sagen: Das darf nie wieder geschehen”, sagt Snower. Wenn Deutschland sich innerhalb Europas für einen globalen Klimaschutz oder auch einen Umbau der digitalen Welt einsetze, könne es viel bewirken.
Wichtig wäre, das aktuell geltende System zu ändern: Die großen digitalen Monopole lebten davon, dass sie möglichst viele Daten in andere Bereiche verkaufen können. “Und das tut man, indem man Aufmerksamkeit maximiert. Und wie maximiert man Aufmerksamkeit? Indem man Streit fördert, um uns daraufhin Bedrohungen vor Augen zu halten. Streit bedeutet Bedrohung. Daher haben wir ein System, das von sich aus natürlich die Gesellschaft spaltet.”
Das jetzige System untergrabe so die Demokratie. “Aufmerksamkeit wird maximiert durch Streit und Zwist. In einer Demokratie braucht man genau das Gegenteil.” Man müsse Verständnis haben für Meinungen anderer, auch wenn diese stark divergieren von den eigenen. Man müsse auf gemeinsame Lösungen hinarbeiten können. Und sich als Gesellschaft verstehen. Auch müsse verhindert werden, dass “unser ganzes soziales und wirtschaftliches Leben Daten generiert, über die wir keine Herrschaft mehr haben. Mindestens muss die Politik das versuchen.”
Snower bleibt optimistisch. “Nehmen Sie die jungen Leute, die sagen: Okay, Klimawandel ist etwas Globales, daher muss das eine globale Bewegung sein. Wir denken über Ländergrenzen hinaus. Das ist ein guter Instinkt.” Wenn man das besser verstehen würde, könnten Politiker viel freier handeln: “Bislang sind Politiker, die mit gutem Gewissen global handeln, sehr auf sich allein gestellt. Aber genau dafür müssen wir kämpfen: Diese Freiheit möglich zu machen.”
Dabei sei auch die Wissenschaft gefragt. Sie kann helfen – aber nicht so, wie die meisten Experten sich das denken würden. Diese würden “einfach unterschwellig sagen: Ich verstehe viel mehr als du. Und deshalb kann ich dir sagen, wie du dein Leben zu managen hast.” Das funktioniere so nicht. Die Gründe dafür würde man sofort verstehen, wenn man sich auf die Grundbedürfnisse des Menschen besinnen würde, etwa Solidarität, Freiheit und Gemeinschaft. “Daher sollten Wissenschaftler sagen: Okay, ich habe meine Einsicht hier, aber ich kann nicht automatisch erwarten, dass diese Einsicht von der Bevölkerung angenommen wird, einfach weil jemand anderer mir trauen soll.”
Das sei keine Resignation, erklärt Snower entschieden. Wahrheit sei ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Wohlergehens, aber Solidarität, Befähigung und Nachhaltigkeit seien es auch. “Und in der Demokratie muss alles ausgehandelt werden. Sie verträgt niemanden, der von vornherein sagt: Ich weiß es besser als du.” Die Suche nach Stabilität, die Suche nach Geborgenheit und Liebe, die Suche nach materiellen Gütern sei viel stärker als die Suche nach Wahrheit. “Wir als Experten sollten uns nicht einbilden, dass wir etwas haben, das Priorität haben muss.” Stefan Braun / Nicola Kuhrt
Das ausführliche Interview mit Dennis Snower lesen Sie hier.
Die Zahlen klingen gut: Sprind hat in den vergangenen drei Jahren mehr als 1.200 Projektvorschläge begutachtet, in rund 60 davon sah man Sprunginnovationspotenzial, inzwischen sind 13 in Tochter-GmbHs umgesetzt. Noch dazu laufen zu vorgegebenen Themen vier große Innovationswettbewerbe (Challenges), bei denen 33 Teams finanziert werden. Mit Verwaltungsausgaben von sieben Millionen Euro bei einem Gesamtbudget von etwa 150 Millionen Euro pro Jahr ist die rund 50 Mitarbeiter umfassende Agentur effizient organisiert.
“Die Sprind sollte einen völlig neuen Weg in der deutschen Innovationspolitik gehen. Sie kann die Finanzierungslücke schließen, die zwischen Grundlagenforschung und Anwendung besteht. Nach drei Jahren ist klar, dass dieser neue Weg zum Erfolg führen wird”, sagt Gründungsdirektor Rafael Laguna. Im internationalen Vergleich sei die Agentur aber eher klein. Sie stoße schon jetzt an budgetäre Grenzen, die die Finanzierung zahlreicher Projekte verhindern und dazu führen, dass Chancen ausgelassen werden müssen. “Um uns eine mit US-Agenturen wie der Darpa vergleichbare finanzielle Schlagkraft zu verleihen, müsste das jährliche Budget von derzeit 150 Millionen Euro auf 1,2 Milliarden Euro pro Jahr anwachsen.”
Das BMBF hebt die bisherige Aufstockung des Budgets hervor: Seit Gründung habe sich die Sprind erfolgreich entwickelt, sagt eine Ministeriumssprecherin. “Um dem Bedarf der Sprind gerecht zu werden, wurde ihr Budget von rund 50 Millionen Euro in 2021 auf rund 150 Millionen Euro in 2023 erhöht.”

Noch warten alle auf das Gesetz, das zu starre Vorgaben der Bürokratie lösen und rechtliche sowie finanzielle Spielräume eröffnen soll. Der im Mai vorgelegte Referentenentwurf wird voraussichtlich im September im Parlament beraten. “Die Ressorts sowie die Länder und Verbände konnten in den letzten Wochen zum Entwurf des Sprind-Freiheitsgesetzes Stellung nehmen”, heißt es aus dem BMBF. Die Rückmeldungen würden gegenwärtig geprüft. “Ziel ist es, dass das Gesetz zum Ende des Jahres in Kraft tritt.”
Dass das Freiheitsgesetz noch dieses Jahr kommt, hofft auch Birgitta Wolff, stellvertretende Vorsitzende des Sprind-Aufsichtsrats und Rektorin der Universität Wuppertal. Die Geschäftsleitung kämpfe “im Großen wie im Kleinen immer wieder mit den Limitierungen durch die Bundeshaushaltsordnung, nicht übertragbaren Haushaltsmitteln, dem Besserstellungsverbot und vielem mehr, wodurch ein unternehmerisches Handeln für Sprind und seine Projekte nahezu unmöglich gemacht wird”. Das Freiheitsgesetz erlaube flexiblere Finanzierungsmöglichkeiten.
Bei der Agentur sieht man durchaus Bedarf für Präzisierungen im Gesetzestext, etwa hinsichtlich direkter Beteiligungen an Unternehmen. Es müsse klargestellt werden, dass sich das Zuwendungsrecht nicht auf die Beteiligungen bezieht, sagte die kaufmännische Geschäftsführerin Berit Dannenberg dem Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI.
Auch Uwe Cantner, Vorsitzender der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), bereiten einige Details des Gesetzentwurfs Sorgen. Das BMBF sollte der Versuchung widerstehen, die Fachaufsicht über die Agentur zu übernehmen, schreibt er in einem Gastbeitrag für Table.Media.
Die ersten Schritte der Agentur werden allseits gelobt. Cantner findet es beeindruckend, was die Sprind in nur drei Jahren auf die Beine gestellt hat. Aufsichtsrätin Wolff hebt den “angesichts der Rahmenbedingungen der öffentlichen Hand zügig und erfolgreich” erfolgten Aufbau hervor. In Summe sei ein agiles neues Werkzeug für die staatliche Innovationsfinanzierung geschaffen worden, das “schon jetzt wesentlich schneller und agiler ist als andere Finanzierungsformen”.
Auch Hendrik Berghäuser vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe, der die Evaluation der Pilotinnovationswettbewerbe während der Gründungsphase der Sprind geleitet hat, sieht die Agentur auf dem richtigen Weg. Der Förderansatz sei zielführend und vielversprechend. Eher skeptisch verfolgt er den komplett themenoffenen Ansatz. “Auch Fördereinrichtungen benötigen eine gewisse Themenkompetenz, die man sich durch Spezialisierung, jahrelange Kontakte in die jeweilige Community aufbaut.”
Risiken sieht der Innovationsforscher woanders: “Das viele Hin und Her auf politischer Seite lässt mich manchmal zweifeln, ob der politische Konsens, die Förderung von Sprunginnovationen durch die Sprind mit erheblichen Steuergeldern auch langfristig zu unterstützen, wirklich so groß ist.” Auch Haushaltspolitiker hierzulande müssten verstehen, dass Sprunginnovationen viel Zeit und viel Geld brauchen – auch über Legislaturperioden hinweg, sagt Berghäuser.
Fest steht: Um etwas über den Erfolg der Projekte zu sagen, ist es noch zu früh. Zehn vielleicht sogar 20 Jahre werde man abwarten müssen, sagt EFI-Chef Cantner. Vor vorschneller Euphorie und zu kurzfristigen Erwartungen warnt auch der freie Innovationsberater Dietrich Nelle, der bis vor einem Jahr als Ministerialdirigent im BMBF tätig war. “Es ist gut möglich, dass Sprind auch nach zehn Jahren noch ohne den angestrebten globalen Durchbruch dasteht. Schließlich besteht die Mission von Sprind in Vorhaben, die sich im Erfolgsfall als bahnbrechend erweisen können, die aber auch ein hohes Risiko des Scheiterns haben.” Das müssten alle Beteiligten bereit sein, auszuhalten.
Aufschlussreich dürfte die Evaluation der Agentur sein. Ein Auftrag wurde im laufenden Quartal ausgeschrieben. Derzeit wertet das Ministerium die eingegangenen Angebote aus. “Im Ergebnis soll die Evaluation noch in der laufenden Legislaturperiode durchgeführt werden”, sagt eine Sprecherin.
Sprind-Gründungsdirektor Laguna weiß, dass die Erwartungen hoch sind. “Es entscheidet sich heute, ob Deutschland in zehn Jahren Technologieführer in zentralen Zukunftsfeldern vorweisen kann oder ob erneut Chancen ausgelassen werden und Sprunginnovationen aus den USA und Asien kommen”, sagt Laguna. Die Innovatoren, Technologien und Industrien seien prinzipiell vorhanden. “Wir müssen – so wie es uns USA und China vormachen – staatlich helfen, das ,Tal des Todes’ von Grundlagenforschung in die Anwendung und Produkte und die skalierende Produktion zu überbrücken.”

Sprind fördert die Entwicklung von Sprunginnovationen auf zwei Wegen. Zum einen gibt es den Bottom-up-Ansatz, bei dem einzelne Personen oder Teams Projektideen einreichen. Nach erfolgreicher Begutachtung entstehen Projekt-Tochter-Gesellschaften, die mit vier bis 15 Millionen Euro pro Jahr finanziert werden. 13 sind es bisher. Zum anderen – beim Top-Down-Ansatz – werden Wettbewerbe ausgeschrieben.
Die Challenges verlaufen in zwei Stufen, die Förderung pro Stufe liegt zwischen 500.000 und drei Millionen Euro. Die Finanzierung erfolgt als vorkommerzieller Auftrag für Forschungs- und Entwicklungsleistungen. Die vier Themen bisher, die derzeit 33 Teams finanzieren: New Computing Concepts, Energy Storage, Carbon-to-Value und Broad-Spectrum-Antivirals. Ende Juni startet voraussichtlich die Challenge Circular Biomanufacturing.
Bei der Challenge Carbon-to-Value wird nach Verfahren gesucht, mit denen sich CO₂ langfristig aus der Atmosphäre entfernen lässt. Ende April 2022 entschied sich die externe Jury für fünf Teams aus 66 Einreichungen. Im April 2023 wurden die Teilnehmer für die zweite Stufe der Challenge ausgewählt. Drei Teams kamen weiter, sie erhalten bis zu 2,3 Millionen Euro.
Eines der drei Teams ist enaDyne. Das im sächsischen Freiberg ansässige Unternehmen arbeitet an Reaktoren, die CO₂ in nachhaltige Chemikalien und E-Fuels umwandeln. “Wir haben einen Keramikwerkstoff entwickelt, mit dem sich ein sehr effizientes Niedrigtemperaturplasma aufbauen lässt. Damit kann man aus CO₂ und einem Wasserstoffträger industriell wertvolle Stoffe wie Methanol, Ethylen und Formaldehyd herstellen”, sagt Geschäftsführer Philipp Hahn. Aus Ethylen lassen sich zum Beispiel langlebige Kunststoffe herstellen. Bislang wird die Chemikalie auf Basis fossiler Rohstoffe produziert.
Die Sprind-Challenge kam für das Team gerade richtig. Denn bei der Ausschreibung standen die Wissenschaftler noch vor der Ausgründung und hatten nicht viel mehr als ein Patent und hier und da Drittmittel über Lehrstühle. “Die Entwicklung von Hardwaretechnologie braucht Zeit und ist vergleichsweise teuer. Sie zu finanzieren, ist in Deutschland eher schwierig.” Der Erfolg in der ersten Stufe brachte dem Unternehmen 600.000 Euro, mit denen erste Prototypen entwickelt werden konnten. “Das hat es uns erleichtert, weiteres Funding zu bekommen”, sagt Hahn.
Mittlerweile hat das Unternehmen neben den insgesamt 2,4 Millionen Euro von Sprind weitere 1,4 Millionen von Angel-Investoren eingeworben. “Dass wir positiv von Sprind begutachtet wurden, hat dabei wie ein Türöffner gewirkt. Jetzt haben wir ein ansehnliches Finanzierungspaket zusammen, sind ein Team von 13 Leuten und können den nächsten Meilenstein, einen ersten Industriedemonstrator, vielleicht auch schon vor dem angepeilten Zeitpunkt im Oktober 2024 erreichen”, sagt Hahn.
Eine architektonische Sprunginnovation ist das Höhenwindrad der Firma Beventum. Es ist das erste Projekt, das vom Aufsichtsrat der Sprind genehmigt wurde. Die Idee: Windenergie in großer Höhe gewinnen – also in mindestens 300 Metern, wo die mittlere Windstärke aufgrund abnehmender Reibung größer ist. Das Kalkül: Das Mehr an Ertrag macht die höheren Baukosten mehr als wett. Höhenwindanlagen könnten entweder als zweite Ebene über bestehenden Windparks errichtet werden oder als Solitäre, beispielsweise in ehemaligen Braunkohlerevieren.
Der Erfinder ist Horst Bendix, 92, einst Technik- und Forschungschef beim Leipziger Schwermaschinenbauer Kirow. “Das Konzept, das er eingereicht hat, war mit der Schreibmaschine erstellt. Aber es hat unsere Analysten und die gesamte Sprind überzeugt”, berichtet Martin Chaumet, Innovationsmanager bei Sprind. Als die Projekt-Tochter-Gesellschaft Beventum gegründet wurde, hat Chaumet die Geschäftsführung übernommen, weil Horst Bendix das aufgrund seines hohen Alters nicht mehr konnte. “Er verfolgt die Fortschritte seines Herzensprojekts aber weiterhin aufmerksam”, sagt Chaumet.
Beventum hat inzwischen zehn Mitarbeiter und Bauanträge für zwei mehr als 350 Meter hohe Prototypen gestellt. “Vielleicht werden noch dieses Jahr die Grundsteine für die weltweit ersten Höhenwindräder gelegt”, sagt Chaumet. Der Physiker, der auf diverse berufliche Stationen als Unternehmensberater, Investmentbanker und Projektmanager zurückblicken kann, ist begeistert von Sprind. “Ein ganz großes Plus ist die Themenfreiheit – und dass es so eine Agentur überhaupt in Deutschland gibt.”
27.-29. Juni 2023, Kiel
Konferenz Open Science Conference Mehr
30. Juni 2023, Göttingen
Konferenz Responsible Innovation Summit Mehr
3.-5. Juli 2023, Warschau/Polen
THE Europe Universities Summit Beyond resilience: How European higher education is preparing for the future Mehr
7. Juli 2023, 21:00 Uhr, Vortragssaal der Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale)
Unterhausdebatte Alles Wasserstoff! Oder was? Mehr
11.-13. September 2023
18. Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung Das Zusammenspiel von Hochschulforschung und Hochschulentwicklung: Empirie, Transfer und Wirkungen Mehr
Die Festversammlung der Max-Planck-Gesellschaft in Göttingen endet heute Abend mit einem Neuanfang: Patrick Cramer tritt sein Amt als Präsident an. Er folgt auf Martin Stratmann, der neun Jahre an der Spitze der MPG stand. Cramer ist für die Amtsdauer 2023 bis 2029 gewählt.
Dass der Amtswechsel in Göttingen stattfindet, passt doppelt gut: Cramer ist dort bislang Direktor am Max-Planck-Institut für multidisziplinäre Naturwissenschaften, und dort wurde die Forschungsorganisation im Februar 1948 auch einst gegründet. Die MPG, damals die erste Einrichtung in Deutschland zur Förderung außeruniversitärer Forschung in eigenen Instituten, feiert also in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen.
Für den weiteren Erfolg der MPG benennt Cramer drei zentrale Handlungsfelder: Menschen gewinnen und fördern, Prozesse und Strategien erneuern, gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen. In Zeiten des demografischen Wandels, der Debatte über Machtmissbrauch in der Wissenschaft und globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel dürfte es für die MPG entscheidend sein, wie er in den nächsten Jahren in diesen Feldern agiert.
Zur Festversammlung wird Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger erwartet. Sie vertritt Bundeskanzler Olaf Scholz, der aufgrund dringender internationaler Termine kurzfristig absagen musste. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und Wissenschaftsminister Falko Mohrs werden dabei sein. abg
Rund zwei Milliarden Pfund vergibt die britische Regierung pro Jahr auf Basis des Research Excellence Framework (REF) an ihre Hochschulen. Die jeweiligen Fördersummen für die Einrichtungen orientieren sich an deren Abschneiden in der Forschung und im Bereich des gesellschaftlichen Impacts. Ziel ist die Förderung von Forschungsexzellenz im Vereinigten Königreich sowie die Rechenschaftslegung über öffentliche Forschungsinvestitionen, heißt es in einer Mitteilung von UK Research and Innovation (UKRI).
In der nächsten Runde des REF werden Forschung und deren Wirkung zwischen 2021 und 2027 bewertet – der Abschluss wird für 2028 erwartet. Nun haben die britischen Hochschulfinanzierungsgremien erste Entscheidungen über die Grundzüge des nächsten Research Excellence Framework (REF) getroffen. Diese sollen den Schwerpunkt der nationalen Bewertung “von der Leistung einzelner Personen auf den Beitrag von Einrichtungen und Disziplinen zu einem gesunden, dynamischen und integrativen Forschungsumfeld verlagern“. Die Bewertung soll demnach auch umfassendere Beiträge zur Forschung und zum Forschungsprozess einbeziehen.
Für den REF 2028 werden folgende Elemente der Bewertung umbenannt und inhaltlich angepasst:
Die stärkere Anerkennung des öffentlichen und gesellschaftlichen Engagements im neuen Konzept hob auch Carlos Frenck von der Royal Society hervor: “Forschung ist nur ein erster Schritt, denn Wissen allein bewirkt noch keinen Wandel. Nur durch die Einbindung breiterer Bevölkerungsschichten können wir dieses Wissen zum Wohle der Menschheit einsetzen.”
Im Vorfeld der aktuellen Entscheidungen durch die vier Förderorganisationen fanden Konsultationen mit den Hochschulen statt. Auch eine internationale Beratergruppe wirkte an der Neuentwicklung mit. Deren Vorsitzer, Peter Gluckman, sagte: “Das Vereinigte Königreich ist traditionell ein Vorreiter in Fragen der Forschungsbewertung gewesen. Weltweit vollzieht sich ein bedeutender Wandel, um die unbeabsichtigten Folgen der traditionellen Output-gewichteten Bewertung zu beseitigen.” Inwieweit sich derartige Veränderungen dann beispielsweise auch in der Ausschreibung für die deutschen Exzellenzuniversitäten widerspiegeln, bleibt abzuwarten. mw
Der Senat der Helmholtz-Gemeinschaft hat den Aufbau von zwei neuen Instituten in Heidelberg und Jena beschlossen. In Jena wird in Zukunft an Polymeren für nachhaltige Energie geforscht und in Heidelberg an einem Frühwarnsystem für Herz-Kreislauf-Krankheiten.
Gemeinsam mit der Universität Jena gründet das Helmholtz-Zentrum Berlin das Helmholtz-Institut für Polymere in Energieanwendungen (HIPOLE). Dort sollen nachhaltige Materialien für skalierbare Anwendungen entwickelt werden, mit denen Energie gespeichert und umgewandelt werden kann. Prototypisch werden diese Materialien dann in Batterien oder Photovoltaikmodulen eingesetzt.
Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) und die Universität Heidelberg wollen im Helmholtz-Institut für translationale AngioCardioScience (HI-TAC) das körpereigene Frühwarnsystem für Herz-Kreislauf-Krankheiten erforschen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen hier gemeinsam, wie sie die Kommunikation des Herz-Kreislauf-Systems mit dem Nerven- und Immunsystem sowie dem Metabolismus nutzen können. Damit könnten Krankheiten bereits vor Symptombeginn erkannt und mit Therapien bekämpft werden.
Beide Institute werden in der Aufbauphase bis 2027 durch die jeweiligen Helmholtz-Zentren mit 1,375 Millionen Euro sowie über die Sitz-Länder finanziert. Ab 2028 erhalten die Institute dann je 5,5 Millionen Euro jährlich seitens der Helmholtz-Gemeinschaft. mw
Time. Confidence in Science Fell in 2022 – Especially Along Political Lines. Das Vertrauen in die Wissenschaft ist bei US-Amerikanern gesunken. Der General Social Survey, eine Umfrage, die seit 1972 an der University of Chicago durchgeführt wird, zeigt, dass im Jahr 2022 nur noch 39 Prozent (2021: 48 Prozent) der US-amerikanischen Erwachsenen “sehr großes Vertrauen” in die Scientific Community hatten. Über die Hälfte der Befragten gab an, “nur etwas” oder “kaum” Vertrauen zu haben. Besonders unter Republikanern sank das Vertrauen. Mehr
Nature. Global ‘pandemic treaty’: nations wrestle with how to fairly share virus data. Derzeit wird international über einen “Pandemie-Vertrag” verhandelt. Es soll sich dabei um eine Vereinbarung handeln, die regelt, wie global auf eine neue Pandemie reagiert wird. Ein Streitpunkt ist die faire Entschädigung von Ländern, die virale Genomsequenzen von infizierten Patienten teilen. Brasilien, Südafrika und Indien hatten dies getan und damit die Entwicklung von Impfstoffen ermöglicht. Gleichzeitig erhielten die Länder nur langsam Impfstoffe. Mehr
Spektrum.de. Wann kommen uns die besten Ideen? Dusche, Zug, Spaziergang: Die besten Ideen kommen im gedanklichen Leerlauf. Teile des Gehirns sind dabei sogar reger als in Momenten, in denen wir zielgerichtet nachdenken. Sie helfen dabei, altes Wissen, neu zu verknüpfen. Doch von nichts, kommt nichts: Studien legen nah, dass wir am ehesten einen kreativen Durchbruch erzielen, wenn wir lange gründlich über einem Problem brüten und es dann bewusst beiseitelegen. Mehr
RiffReporter. Nachhaltigkeitsdebatte: Kann Künstliche Intelligenz das Klima noch retten? EU-Kommission und WBGU haben in ihren jüngsten Veröffentlichungen auf den positiven Nutzen von KI für die Klima-Transformation hingewiesen. Experten befürchten allerdings, dass im Fokus der KI-Entwicklung nicht das Klima, sondern die Effizienzsteigerung für Unternehmen stehen wird. Sie warnen davor, dass KI nur die Verzögerungsdebatte befeuert, auch weil der Einsatz von KI selbst bislang nicht nachhaltig ist. Mehr

Die Sprind hat es seit ihrer Gründung vor drei Jahren geschafft, sich als eine national und international viel beachtete “Marke” zu etablieren. Ihrer Bekanntheit ist es zu verdanken, dass sich innerhalb dieser drei Jahre bereits mehr als 1.200 Erfinderinnen und Erfinder mit ihren Projekten an die Sprind gewendet haben. 13 Projekte sind nach umfangreichen Prüfungs- und Validierungsdurchgängen ausgewählt worden. Als neu gegründete Unternehmen erhalten sie von der Sprind nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch umfangreiche Beratung.
Darüber hinaus hat die Sprind bereits vier Innovationswettbewerbe durchgeführt. Bei den sogenannten Sprind-Challenges handelt es sich um ein neues Instrument der Innovationsförderung: Zu einem vorab definierten, gesellschaftlich relevanten Thema werden von mehreren Teams gleichzeitig Lösungsansätze erarbeitet. Derzeit arbeiten 33 Teams an Themen wie antivirale Wirkstoffe, Energiespeicherung, dauerhafte CO2-Speicherung sowie neue Computing-Konzepte.
In Anbetracht der Themen- und Projektvielfalt sowie der zu lösenden administrativen Herausforderungen – vieles davon verwaltungstechnisches Neuland – ist es schon beeindruckend, was die Sprind in nur drei Jahren auf die Beine gestellt hat.
Wie erfolgreich die von der Sprind geförderten Projekte sind und inwieweit sie zur Schaffung gänzlich neuer Märkte beitragen werden, ist aktuell nicht seriös abschätzbar. Auch wenn es schwerfällt, werden wir für die Beantwortung dieser Fragen sicherlich noch zehn, vielleicht sogar 20 Jahre abwarten müssen.
Eines können wir allerdings schon jetzt sagen: Um ihre spezielle Aufgabe bewältigen und agil handeln zu können, braucht die Sprind umfassende Spielräume. Die Regierungsparteien hatten im Koalitionsvertrag angekündigt, die rechtlichen Rahmenbedingungen der Sprind substanziell verbessern zu wollen. Die Expertenkommission ist daher erleichtert, dass das angekündigte Sprind-Freiheitsgesetz zumindest als Entwurf vorliegt.
Ein erster Blick zeigt, dass vieles in die richtige Richtung läuft. Allerdings gibt es im Detail weiterhin Anlass zur Sorge. Der Gesetzentwurf sieht beispielsweise vor, dass das BMBF die Fachaufsicht über die Agentur übernimmt. Dieser Versuchung sollte die Bundesregierung widerstehen. Dies würde die Entscheidungshoheit der Sprind massiv einschränken und somit dem Grundgedanken einer unabhängig agierenden Agentur zuwiderlaufen. Die Fachaufsicht sollte Aufgabe des Aufsichtsrats und nicht des BMBF sein.
Der Sprind hohe finanzielle Flexibilität und rasches Handeln zu ermöglichen, sollte im Freiheitsgesetz höchste Priorität haben. Selbstbewirtschaftungsmittel in Höhe von 30 Prozent, wie derzeit vorgesehen, sind ein guter Schritt in diese Richtung, wobei hier sicherlich noch Luft nach oben besteht. Auch bei einschränkend langen Genehmigungsfristen, wie etwa die drei Monate des Zustimmungsvorbehalts des Bundesministeriums der Finanzen bei Beteiligungen über 25 Prozent, sollte unbedingt nachgebessert werden – das kann sicherlich schneller geleistet werden.
Auch sollte das Freiheitsgesetz die Möglichkeit schaffen, die Sprind finanziell stärker auf eigene Beine zu stellen. Die aktuelle Regelung, wonach die Einnahmen der Sprind zur Hälfte in den Bundeshaushalt einzuzahlen sind, schränken dies noch zu sehr ein. Würden die Rückflüsse vollständig in der Sprind verbleiben, würde ein starker Anreiz für nachhaltig erfolgreiches Wirtschaften gesetzt.
Ganz wichtig ist auch die Aufhebung oder Einschränkung des sogenannten Besserstellungsverbots. Für die Sprind ist es essenziell, gute Leute zu gewinnen. Sie muss daher in die Lage versetzt werden, Gehälter zu zahlen, die mit denen in der Wirtschaft vergleichbar sind. Die Bindung an das Tarifsystem des öffentlichen Dienstes ist dafür nicht geeignet. Sie muss aufgehoben werden – und zwar zeitlich unbefristet.
David DiVincenzo wurde in die Nationale Akademie der Wissenschaften der Vereinigten Staaten gewählt. Die Mitgliedschaft wird für hervorragende Leistungen in der Wissenschaft verliehen. Der Quantenphysiker DiVincenzo leitet das Jülicher Institut für Theoretische Nanoelektronik.
Hannes Raffaseder ist neuer Vorstand von EURASHE, der European Association of Institutions in Higher Education. EURASHE vereint rund 600 Hochschulen und vergleichbare Institutionen, die vor allem berufsorientierte Hochschulausbildungen und angewandte Forschung betreiben.
Anita Traninger, Professorin für Romanische Philologie und Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin mit dem Schwerpunkt Rhetorik, ist als ordentliches Mitglied in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) berufen wurden.
Sabine Weck und Maarit Thiem (Stellvertretung) übernehmen den Vorsitz der Ethikkommission bei der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft (JRF). Die Kommission hat sich im Juni konstituiert. Weck und Thiem leiten jeweils ein JRF-Institut.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an research@table.media!
Bildung.Table. Startchancen: Länder klammern sich nicht am Königsteiner Schlüssel fest. Drei Tage Klausur sollten den Durchbruch in den schwierigen Verhandlungen zum Startchancen-Programm bringen. Zwar haben Bund und Länder sich bewegt. Doch von einer unterschriftsreifen Einigung sind sie noch weit entfernt, vor allem bei zentralen Finanzfragen. Mehr
Bildung.Table. Lernplattformen: 1,5 Milliarden für Doubletten. Rund 1,5 Milliarden Euro fließen in den Versuch von Bund und Ländern, funktionierende digitale Lernplattformen für Schulen einzuführen. Die Projekte sind nicht nur teuer und unübersichtlich – es gibt Dopplungen und weitere Probleme. Mehr
Security.Table. Rüstungsindustrie und Forschung fordern “nationale militärische KI-Strategie”. Zum ersten Mal fordern Vertreter von Rüstungsindustrie und Forschung in Deutschland gemeinsam, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Waffensystemen zu regeln. Es geht um ethische Richtlinien. Mehr
China.Table. AstraZeneca erwägt Abspaltung seines China-Geschäfts. Die Börsennotierung einer separaten Einheit in Hongkong wird offenbar erwogen. So könnte sich der Pharmakonzern vor den wachsenden Spannungen zwischen der Volksrepublik und anderen Ländern schützen, während das Unternehmen die Kontrolle über das Geschäft behält. Mehr

Manchmal vertragen hitzige Debatten eine Prise Humor. In der #WissZeitVG-Debatte hat DHV-Präsident Lambert T. Koch jetzt die Vorlage für einige Twitter-Memes geliefert, über die auch die ernsthaftesten Debattanden kurz lächeln können. “Es muss auch für die kleine Schwester und den kleinen Bruder von Hanna noch Stellen im Wissenschaftssystem geben”, begründete Koch seine positive Haltung zum BMBF-Referentenentwurf auf Anfrage von Table.Media.
Daraufhin ließ sich die #IchbinHanna-Community nicht lumpen: Mal ertrinkt Hanna im Pool, während ihre kleine Schwester freudig in den Armen der Mutter namens DHV lacht. Mal muss Hannas sehr kleiner Bruder Forschungsaufgaben lösen, weil es für Hanna keine Stelle im System mehr gibt. Und mal freut sich die kleine Schwester über die Arbeitslosigkeit der größeren – Motto: bleibt ja in der Familie. Wir wollen an dieser Stelle unparteiisch bleiben und bedanken uns einfach bei beiden Seiten für den Anlass zum Schmunzeln. Tim Gabel