Table.Briefing: Research

Cem Özdemir: Was er der Community verspricht + Teuken: Das kann das deutsche KI-Sprachmodell + Zukunftspreis: Wen Steinmeier ausgezeichnet hat

Liebe Leserin, lieber Leser,

Cem Özdemirs erste Mission als neuer Forschungsminister ist nach eigener Aussage, “verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen”. Dazu hat in dieser Woche sicher die Ernennung des BMBF-Urgesteins Karl-Eugen Huthmacher zum neuen beamteten Staatssekretär beigetragen. Auch bei seinem Auftritt vor der Community auf der 30. Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft im Museum für Kommunikation Berlin konnte der Minister weitere Pluspunkte sammeln. Er versprach, sich um die weitere Aufarbeitung der Fördermittelaffäre im BMBF zu kümmern. Meine Kolleginnen Nicola Kuhrt und Anne Brüning berichten.

Gute Nachrichten gab es aus dem Forschungsbereich auch in Sachen Künstlicher Intelligenz. Von allen Seiten wird gefordert, dass Deutschland Schritt halten muss bei der Entwicklung, um den Anschluss an die USA und China nicht zu verlieren. Jetzt gab es zumindest mal einen viel beachteten Schritt: Das Forschungsprojekt OpenGPT-X hat ein eigenes großes Sprachmodell für Anwendungen Künstlicher Intelligenz veröffentlicht. Die Entwicklung fand vornehmlich in Deutschland statt, zahlreiche Akteure aus der Community waren beteiligt. Was das neue Modell kann und für wen “Teuken-7B” bestimmt ist, berichtet Anne Brüning.

Der Nano-Physiker Dieter Bimberg ist mit über 80 Jahren nach China gegangen, um seine Forschungsarbeit im Bereich “Grüne Photonik” weiterzuführen. Ein außergewöhnlicher Schritt, den Bimberg damit begründet, dass weder in Deutschland noch den USA das Arbeiten im Labor in diesem Alter möglich sei. Seine Perspektive von außen: Wenn Deutschland im globalen Wettbewerb wieder mithalten wolle, müssen sich Wissenschaft und Wirtschaft mehr füreinander öffnen. Bimberg kritisiert, dass deutsche Unternehmen zu wenig heimische Patente erwerben. Andererseits fordert er die Einführung einer Patentquote bei Helmholtz und Leibniz. Mein Kollege Marcel Grzanna hat ihn in Changchun erreicht.

Ihr
Tim Gabel
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Analyse

BMBF: Wie Cem Özdemir verlorenes Vertrauen wieder aufbauen möchte

Cem Özdemir holte Karl-Eugen Huthmacher wieder ins BMBF und  kündigt eine
Cem Özdemir (re.) holte Karl-Eugen Huthmacher (Mitte) wieder zurück ins BMBF und kündigte bei der Leibniz-Jahrestagung eine “transparente und umfassende Aufklärung” der Fördermittelaffäre an.

Im BMBF geht es in diesen Tagen plötzlich ganz schnell. Am Montag erhielt Cem Özdemir, Landwirtschaftsminister der Grünen, seine zusätzliche Ernennungsurkunde zum Bildungs- und Forschungsminister, Dienstagmittag gab er bekannt, wer die freigewordenen Stellen an der Spitze des Hauses besetzen wird: Stephan Ertner und Karl-Eugen Huthmacher folgen auf Judith Pirscher und Roland Philippi. Dienstagabend sprach Özdemir auf der 30. Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft im Museum für Kommunikation Berlin zur Wissenschafts-Community die Worte, auf die viele gehofft hatten.

Für Sätze wie “Ohne Wissenschaftsfreiheit ist Wissenschaft schlicht nicht denkbar” oder “Politische Weltanschauungen dürfen keine Rolle bei Förderentscheidungen spielen” gab es natürlich Applaus. Die Erklärung, dass er den Wunsch, die Fördermittelaffäre aufzuklären, als berechtigt erachtet, sorgte für Erleichterung. “Ich weiß, dass Vertrauen verloren gegangen ist”, sagte Özdemir und kündigte eine “transparente und umfassende Aufklärung” an, wies aber auch darauf hin, dass diese Zeit brauche. Er werde unter den gegebenen zeitlichen Bedingungen alles tun, um das Vertrauen wiederherzustellen, damit die nachfolgende Regierung daran anknüpfen kann.

Fördermittelaffäre: Kaczmarek fordert weiter ungeschwärzte Kommunikation aus dem BMBF

Die Ankündigung, die Aufklärung der Fördermittelaffäre anzugehen, dürfte auch beim politischen Partner gut ankommen. So will Oliver Kaczmarek (SPD) weiter fordern, die “ungeschwärzte Kommunikation aus dem BMBF sowie die Wire-Chats” einzusehen. Auch nach Rücktritt von Ministerin Bettina Stark-Watzinger blieben in der sogenannten Fördermittelaffäre Fragen offen, erklärt der Obmann für Forschung auf Anfrage. Für die SPD sei auch in Zukunft klar: “Die Wissenschaftsfreiheit ist nicht verhandelbar. Und eine politische Einflussnahme auf die Wissenschaft darf nicht mal ansatzweise infrage gestellt werden.”

Auch die Opposition hat hinsichtlich Özdemirs Ankündigung große Erwartungen: “Dann erwarten wir von ihm nun endlich richtige Antworten auf die von uns gestellten Fragen, aktuell 200 in zwei parlamentarischen Anfragen”, sagt CDU-Forschungspolitiker Thomas Jarzombek.

Mit Özdemir und Leibniz-Präsidentin Martina Brockmeier saß Dienstagabend passenderweise auch Karl-Eugen Huthmacher, der neue beamtete Staatssekretär im BMBF, in der ersten Reihe im Berliner Museum. Er wurde von Wissenschaftsmanagern erfreut begrüßt und es war erkennbar, dass man ihn schätzt. Huthmacher bis zum Ende der Legislatur zurückzuholen, sei eine sehr gute Entscheidung, hieß es in den Gesprächen am Rande. 

Özdemir: Neues Personaltableau sei seine “absolute Wunschbesetzung”

Sein neuer Kollege Stephan Ertner ist bisher Dienststellenleiter der Landesvertretung Baden-Württemberg und wird von dort abgeordnet, bis eine neue Regierung steht. Özdemir hatte sich Mitte November von den von Stark-Watzinger ausgesuchten beamteten Staatssekretären Philippi und Pirscher getrennt.

Die Aufgaben der Parlamentarischen Staatssekretäre wird die Parlamentarische Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium Claudia Müller (Grüne) mit übernehmen. Özdemir schreibt in einer Mail an die Mitarbeitenden des BMBF, das Personaltableau sei seine “absolute Wunschbesetzung”. Er habe es dem Kanzleramt bereits kurz nach seiner Ernennung präsentiert. “Leider dauerten die formalen Prozesse länger als gehofft.” Er dankte den Mitarbeitern des BMBF für ihre Geduld.

Auch die Aufgabenverteilung hat Özdemir bereits skizziert: Ertner wird für die Abteilungen Z (Zentralabteilung), 1 (Grundsatzfragen, Strategie), 2 (Europäische Zusammenarbeit) und 3 (Bildung) zuständig sein. Huthmacher für die Abteilungen 4 (Hochschulen), 5 (Forschung), 6 (Lebenswissenschaft) und 7 (Grundlagenforschung).

Persönlicher Referent Brandenburgs bleibt

Die beiden Parlamentarischen Staatssekretäre Jens Brandenburg und Mario Brandenburg hatten das Haus bereits mit der im Zuge des Ampel-Aus zurückgetretenen Ministerin Bettina Stark-Watzinger verlassen. Bleiben kann hingegen Nicolas Leibold, bis dato persönlicher Referent von Jens Brandenburg im BMBF. Er wird in gleicher Funktion jetzt Claudia Müller zur Seite stehen.

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Großes Sprachmodell aus Deutschland: Was das Besondere an “Teuken” von OpenGPT-X ist

Das deutsche Forschungsprojekt OpenGPT-X hat ein großes Sprachmodell für Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt. Das Modell mit dem Namen Teuken-7B steht seit Dienstag auf der Plattform Hugging Face zum Herunterladen bereit. OpenGPT-X ist Anfang 2022 gestartet – also vor dem Hype um ChatGPT. Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines großen KI-Sprachmodells, das den Anforderungen europäischer Werte, Datenschutzstandards und sprachlicher Vielfalt gerecht wird.  

Es sei aktuell “eines der wenigen KI-Sprachmodelle, die von Grund auf multilingual entwickelt wurden”, teilte die mit der Projektleitung betraute Fraunhofer-Gesellschaft mit. “Es enthält circa 50 Prozent nicht-englische Pretraining-Daten und wurde in allen 24 europäischen Amtssprachen trainiert.”  

Die Sprachmodelle der US-Firmen sind viel größer 

Teuken-7B umfasst sieben Milliarden Parameter. Das ist wenig im Vergleich zu GPT-4 von OpenAI, Claude vom KI-Start-up Anthropic, Grok von Elon Musks xAI sowie Llama von Meta und Gemini von Google. Nach Schätzungen von Experten verfügt allein die GPT-Variante GPT-4o von OpenAI über rund 200 Milliarden Parameter, das Llama3 8B hat sogar 405 Milliarden Parameter.  

Allerdings ist es auch nicht das Ziel des Projekts, auf Augenhöhe mit den großen US-Modellen zu kommen. Davon abgesehen: Die Parametergröße sagt nicht alles, es kommt auch auf die Qualität an. So wurden für Teuken kuratierte Datensätze verwendet. Ein weiterer Vorteil: Als Open-Source-Modell ist es frei verwendbar und auch kommerziell einsetzbar. Akteure aus Forschung und Unternehmen können es für eigene KI-Anwendungen nutzen. Die Bereitstellung als Open-Source-Modell erlaubt es Unternehmen und Organisationen, eigene angepasste Modelle in realen Anwendungen zu betreiben, sensible Daten können im Unternehmen verbleiben. Ein Chatbot für die breite Öffentlichkeit ist nicht geplant. 

Vom Bundeswirtschaftsministerium mit 14 Millionen Euro gefördert 

Das Konsortialprojekt OpenGPT-X wurde vom Bundeswirtschaftsministerium mit rund 14 Millionen Euro gefördert und ist auch über die Gaia-X-Infrastruktur zugänglich. Die Projektleitung lag bei den Fraunhofer-Instituten für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS und für Integrierte Schaltungen IIS. Für das Training wurde der Supercomputer Juwels am Forschungszentrum Jülich genutzt. Mitgearbeitet haben außerdem der KI-Bundesverband, die TU Dresden, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), IONOS, Aleph Alpha, ControlExpert sowie der Westdeutsche Rundfunk (WDR).  

So lässt sich Teuken-7B nutzen 

“Teuken-7B” steht nun weltweit frei zur Verfügung. Stefan Wrobel, Institutsleiter am Fraunhofer IAIS, spricht von einer aus der öffentlichen Forschung stammenden Alternative für Wissenschaft und Unternehmen. Interessierte Entwickler können das Sprachmodell bei Hugging Face kostenfrei herunterladen und in der eigenen Entwicklungsumgebung damit arbeiten, Fraunhofer bietet entsprechende Demo-Termine an.  

“Unser Modell hat seine Leistungsfähigkeit über eine große Bandbreite an Sprachen gezeigt, und wir hoffen, dass möglichst viele das Modell für eigene Arbeiten und Anwendungen adaptieren oder weiterentwickeln werden”, sagt Wrobel. Es gehe darum, sowohl innerhalb der wissenschaftlichen Community als auch gemeinsam mit Unternehmen einen Beitrag zu leisten, um den steigenden Bedarf nach transparenten und individuell anpassbaren Lösungen der generativen KI zu bedienen. 

Forschungserkenntnisse für effizientes Modelltraining  

In die Modellentwicklung sind wichtige Forschungsergebnisse aus dem OpenGPT-X-Projekt eingeflossen, beispielsweise Tools und Technologien, um sehr große Datenmengen aufzubereiten, leistungsfähige europäische Hochleistungsrechen-Infrastrukturen zu nutzen und ein effizientes Training durchzuführen. 

Das Anfang 2022 gestartete Forschungsprojekt steht nun kurz vor dem Abschluss. Es läuft noch bis Ende März 2025. Bis dahin sollen weitere Optimierungen und Evaluierungen der Modelle erfolgen. Im nächsten Schritt soll es auf EU-Ebene gehen. 

Vorgesehen ist, das Sprachmodell gemeinsam mit der schwedischen Initiative AI Sweden am europäischen Supercomputer MareNostrum 5 des Barcelona Supercomputing Center zu trainieren. Er hat eine Rechenkapazität von 314 Petaflops, dies entspricht 314 Billiarden Berechnungen pro Sekunde. Die Rechenkapazität von Juwels in Jülich liegt bei 85 Petaflops. 

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Interview

Leopoldina-Mitglied Bimberg: “In China ist die Industrie viel offener gegenüber der Forschung”

Nanophysiker und Leopoldina-Mitglied Dieter Bimberg.

Herr Bimberg, die Chinesische Akademie der Wissenschaften hat das nach Ihnen benannte “Bimberg Chinese-German Center for Green Photonics” am Institut für Optik, Feinmechanik und Physik in Changchun (CIOMP) geschaffen. Was machen Sie dort?

Ich habe mich schon vor mehr als zwölf Jahren an der TU Berlin als einer der weltweit Ersten mit meiner Gruppe auf “Grüne” Photonik spezialisiert, also Energieeffizienz, vor allem bei der optischen Datenübertragung und in Datenzentren. In Changchun betreiben wir Grundlagenforschung mit Studierenden. Wir patentieren unsere Ideen auch in der EU und in den USA. Alle unsere Ergebnisse werden – vor allem in US-Zeitschriften – publiziert. 

Warum forschen Sie nicht für deutsche Einrichtungen?

In Deutschland dürfen sie ab einem bestimmten Alter die von Ihnen aufgebauten Labore nicht mehr nutzen – selbst wenn sie das Personal, zum Beispiel über EU-Kontrakte, selbst finanzieren – also nicht mehr so forschen, wie ich es tue. In den USA verstößt das gegen die Verfassung. Und in China hält man meine Erfahrung offenbar noch für nützlich. Das Land ermöglicht mir, meine Ideen umzusetzen.

Und profitiert davon, indem es seine Innovationskraft dank Ihrer Hilfe gegenüber dem Standort Deutschland stärkt?

Deutschland profitiert in gleicher Weise von unserer Grundlagenforschung. Alle Patente, die wir entwickeln, stehen international zum Kauf zur Verfügung. Ich spreche auch seit geraumer Zeit mit einer führenden deutschen Laserfirma. Wer zuerst kauft, kommt in den Besitz der Innovationen.

Bimberg: Dax-Unternehmen kaufen zu wenig Forschungspatente

Ist denn der Eindruck richtig, dass wir technologisch den Anschluss an China verlieren? Oder wird uns das von China suggeriert, um ein De-Coupling zu verhindern?

Beides trifft in Teilen zu. China hat natürlich ein Interesse daran, enge Beziehungen zu uns aufzubauen. Unsere Wirtschaft erscheint mir jedoch zögerlich, was den Erwerb von Patenten angeht, die von deutschen Universitäten kommen. Die TU Berlin hat schon vor Jahren einige unsere Patente für einen siebenstelligen Betrag nach Asien verkauft, aber nicht an deutsche Dax-Unternehmen.

Heißt das, die deutsche Wirtschaft ignoriert Resultate deutscher Forschung?

Sicherlich nicht kategorisch, jedoch bin ich bei meinen Gesprächen mit großen Firmen kaum einmal auf intern unabhängige Innovationsmanager gestoßen, wie ich sie während meiner Tätigkeit für Hewlett-Packard in Palo Alto hatte. Während meiner Zeit dort sind wir regelmäßig mit dem Flugzeug aus Palo Alto zu Seminaren an die Uni in Santa Barbara geflogen, um deren neuesten Forschungsstand auf für uns wichtigen Gebieten kennenzulernen.

Und hierzulande?

Wir betreiben in Deutschland sehr viel Grundlagenforschung, sowohl an Hochschulen wie an den Instituten der Leibniz- und Helmholtz-Gemeinschaften. Das hat wenig mit aktuellem gesellschaftlichen Bedarf oder neuen Produkten in den Unternehmen zu tun. Aber selbst wenn die Grundlagenforschung Patente entwickelt, steht ein Unternehmen immer noch vor dem Problem, dass die Implementierung nicht selbst entwickelter Verfahren Investitionen bedeuten würden, die sie scheuen.

“Es fehlt an Geld und potenten industriellen Kooperationen”

Welche Brücken zwischen Forschung und Wirtschaft sollte man schlagen, damit der Standort Deutschland profitiert?

Ausgründungen, also die Ausgliederung des Patents und dessen Weiterentwicklung in einer eigenen Gesellschaft. Mir haben Industrievertreter gesagt, dass sie alternativ in den Kauf ausgereifter Ausgründungen mit ausreichend ausgebildeten Mitarbeitern investieren würden, statt die eigene Produktion nur auf Basis eines Patents auf ein neues Verfahren umzustellen.

Der mangelnde Unternehmergeist an deutschen Universitäten führt dazu, dass wir an Innovationskraft einbüßen?

Nicht nur, sowohl das Geld an den Hochschulen sowie potente industrielle Kooperationspartner fehlen. Die TU Berlin kann nur knapp die vorhandenen Mitarbeiter bezahlen, trotz Exzellenzstatus und hat unzureichend Geld zur Reparatur maroder Gebäude. Wir sollten die dem Staat zur Verfügung stehenden Gelder besser organisieren.

“Darüber nachdenken- AuF-Institute an Universitäten zu integrieren”

Wie das?

Der Erfolg von Helmholtz- und Leibniz-Instituten müsste auch daran gemessen werden, eine gewisse Zahl an Patenten zu erzielen, diese zu validieren und Ausgründungen aktiv zu betreiben. Außerdem muss man darüber nachdenken, manche der Institute oder Teile davon mit ihren Mitteln an Universitäten zu integrieren. Dann kann man sich dort wieder mehr auf die Forschung konzentrieren, statt mit der Akquise von Drittmitteln. Wir verpassen es an vielen Stellen, der anwendungsnahen Forschung eine höhere Wertigkeit zu geben.

Weshalb ausgerechnet Helmholtz und Leibniz?

Weil diese dauerhaft sehr viel Geld bekommen. Dort wird vorwiegend Grundlagenforschung betrieben, von der man hofft, dass diese sich irgendwann einmal auszahlt. Das ist zu wenig, jedoch sind sie gute Lobbyisten ihrer Strukturen. Anders ist es vor allem bei der Fraunhofer-Gesellschaft, wo man zu etwa 80 Prozent Mittel aus Projekten einwerben muss.

“Mehr in die Integration von Gastwissenschaftlern investieren”

Glauben Sie, mit Umwidmungen kann man den Innovationsstandort Deutschland dauerhaft in die Top 3 der Welt zurückführen?

Es wäre zumindest ein wichtiger Ausgangspunkt. Darüber hinaus müsste man in die Integration internationaler Studierender und Gastwissenschaftler investieren – beispielsweise durch Sprachausbildung. Wir müssen versuchen, ihnen das Leben hier leichter zu machen. Dann bleiben sie auch. Auch die Unternehmen können mehr tun. In China ist die Industrie viel offener gegenüber der Forschung. Da wird Geld auf den Tisch gelegt und zu den Unis oder Forschungseinrichtungen wie unserer gesagt: In einem bis zwei Jahren benötigen wir diese Lösung für ein aktuelles Problem, ihr könnt das.

Es ist also nicht in Stein gemeißelt, dass Deutschland in Sachen Innovationen hoffnungslos hinter China zurückfällt? 

Natürlich nicht. Es gibt ja immer neue Herausforderungen, in denen wieder alle bei null anfangen. Ein gutes Beispiel ist die Impfstoffentwicklung. Wir müssen verhindern, dass wir uns gegenüber China oder den USA einigeln, weil wir Angst haben, dass uns jemand etwas wegnimmt. Wir müssen uns dem Wettbewerb stellen. Wir können das. Es muss aber auch in die Köpfe rein, dass wir mit der Work-Life-Balance als zentralem Aspekt einer Organisationskultur nicht weit kommen werden. Wir alle müssen mehr Arbeitskraft und Intelligenz investieren. Das Potenzial haben wir. Ein ‘weiter so’ lässt uns zurückfallen.

Der Nanophysiker und Festkörperforscher Dieter Bimberg ist Mitglied der Leopoldina, Ehrenmitglied des Ioffe-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften, Fellow der American Physical Society, Life Fellow des Institute of Electronic and Electrical Engineers, Foreign Member der US National Academy of Engineering. 2012 verlieh ihm die TU Berlin die Goldene Ehrennadel für herausragende Verdienste in Forschung und Lehre. Seit 2018 leitet er das nach ihm benannte Bimberg chinesisch-deutsche Zentrum für Grüne Photonik am Institut für Optik, Feinmechanik und Physik in Changchun.

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Termine

29. November 2024, 19:00 Uhr, Nikolaisaal Potsdam, Wilhelm-Staab-Straße 10-11, 14467 Potsdam
Einsteintag der BBAW “Konflikte lösen!” Mehr

4.-6. Dezember, silent green Kulturquartier, Gerichtsstraße 35, Berlin
PartWiss 24 “Leitlinien für Partizipation in der Forschung” Mehr

4. Dezember 2024, Wissenschaftsetage im Bildungsforum Potsdam, Am Kanal 47, 14467 Potsdam
Podiumsdiskussion Standortfaktor Weltoffenheit. Erfahrungen und Perspektiven für eine global ausgerichtete Forschungslandschaft. Mehr

4. Dezember 2024, Alte Universität, Aula, Grabengasse 1, 69117 Heidelberg
Symposium Lost in discourse – Reichweite von Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit an Universitäten Mehr

11.-12. Dezember, Berlin
Forum Wissenschaftskommunikation Wissenschaftskommunikation für eine starke Demokratie und offene Gesellschaft Mehr

12. Dezember 2024, 10:30 bis 18:00 Uhr. Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund, Luisenstraße 18, 10117 Berlin
Symposium der Leopoldina 10 Jahre Politikevaluierung in der Bundesregierung – Wo stehen wir heute? Ein Blick aus Wissenschaft und Politik Mehr

14. Januar 2025, Deutsche Physikalische Gesellschaft, Humboldt-Universität zu Berlin, Invalidenstraße 42, 10115 Berlin
Festveranstaltung Eröffnung des Quantenjahres 2025 Mehr

News

Zukunftspreis: Bundespräsident ehrt Forscher aus Regensburg und Berlin für “digitales und smartes” Licht

Zukunftspreis: Das siegreiche Forscherteam bestehend aus Stefan Grötsch (v.l.n.r.) und Norwin von Malm (ams Osram International) und Hermann Oppermann (Fraunhofer IZM).

Für die Entwicklung eines digitalen Lichts, das intelligente Autoscheinwerfer ermöglichen soll, ist ein Forscherteam mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet worden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ehrte in Berlin zwei Forscher des Unternehmens ams OSRAM International in Regensburg, Norwin von Malm und Stefan Grötsch, sowie Hermann Oppermann vom Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration in Berlin für ihre Forschung.

Das Team entwickelte ein “digitales Licht” in Form winziger, einzeln bedienbarer LED-Pixel, das neue, ressourcenschonende Anwendungen ermöglichen soll. Eine Anwendung ist ein Autoscheinwerfer, der durch intelligente Lichtverteilung auf der Fahrbahn “ein deutliches Plus an Sicherheit” biete, wie das Team mitteilte. So werde der Gegenverkehr nicht mehr geblendet. Bereiche, die hell sein sollen, werden ausgeleuchtet, andere Bereiche, wie ein entgegenkommendes Fahrzeug, bleiben dunkel.

Scheinwerfer und Brille können Augmented Reality erzeugen

Zudem projiziert der Scheinwerfer auch Piktogramme auf die Straße, etwa eine Schneeflocke bei Frostgefahr. Mit einer Augmented-Reality-Brille, die neben der realen Umgebung zusätzlich digitale Informationen ins Gesichtsfeld einspielt, könne die Lichtmatrix zum virtuellen Monitor werden, erklärte das Forscherteam.

Der Bundespräsident würdigt mit dem Preis jedes Jahr Wissenschaftler und Ingenieure, “die mit exzellenter Grundlagen- und Spitzenforschung Lösungen für drängende gesellschaftliche Herausforderungen entwickeln, die das Potenzial haben, wirtschaftlich erfolgreich zu sein und neue Wachstumsfelder zu erschließen”, teilte das Bundespräsidialamt mit. Der Preis wurde zum 28. Mal verliehen und ist mit 250.000 Euro dotiert.

Blume freut sich: Alle nominierten Projekte hatten Bezug zu Bayern

Neben dem Gewinner-Projekt waren zwei weitere Forschungsarbeiten nominiert. Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München haben eine bildgebende KI, mit dem Titel “Stable Diffusion” entwickelt. Sie verwandelt Sprache in Bilder. Besonders wichtig war es den Forschern, die Anwendung zu demokratisieren. Die Modelle sind auch für herkömmliche Nutzer-Hardware kompakt genug und einfach bedienbar, erläuterte Team-Sprecher Björn Ommer von der LMU. Außerdem ist die Software Open-Source und nicht patentiert.

Die Infineon Technologies AG aus München erarbeitete mit der Technischen Universität Chemnitz ein hocheffizientes Leistungshalbleiter-Modul, das zuverlässiger, schneller und leistungsstärker als bisher Strom in hohen Spannungsklassen schalten und so zur Energiewende beitragen soll. Der 3.300-Volt-Energiesparchip aus Siliziumkarbid mit neuartiger Kupferkontaktierung könne etwa in Zügen, Windkraftanlagen und überall dort zum Einsatz kommen, wo in Sekundenbruchteilen viel Strom geregelt werden müsse, so die Entwickler. 

Dass alle Projekte einschließlich des Gewinner-Teams über beteiligte Universitäten oder Unternehmen einen Bezug zum Freistaat Bayern haben, nahm Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) mit Genugtuung auf. Es sei ein Ausdruck von “Pioniergeist, Forschungsexzellenz, Entwicklungsstärke” und “Innovationspower” in Bayern, nachdem schon im Vorjahr ein Team aus Bayern den Preis erhalten hatte. tg mit dpa

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Brandenburg: SPD führt Forschungspolitik in BSW-Koalition fort 

Nach rund drei Wochen sind sich die Unterhändler von SPD und BSW einig: Sie wollen gemeinsame Sache machen. Auch eine letzte Unklarheit scheint beseitigt, die SPD von Regierungschef Dietmar Woidke und das BSW des Landesvorsitzenden Robert Crumbach räumten zuvor die letzten Streitpunkte aus. 

Für Wissenschaft und Forschung bedeutet der Koalitionsvertrag eine solide Fortsetzung der bisherigen Linie: “Für uns ist klar: Wissenschaft und Forschung bilden ein Fundament für den Wohlstand von morgen, weshalb wir ihre Entwicklung nachhaltig fördern und unterstützen”, heißt es darin. 

Mehr Dauerstellen: Bündnis will Entfristungs-Quote einführen 

Die SPD-BSW-Koalition will: 

  • Hochschulen gezielt bei der Verfolgung strategischer Entwicklungsziele unterstützen, der jährliche Aufwuchs der Hochschulfinanzierung soll fortgesetzt werden;
  • auch in Zukunft auf Studiengebühren für Studierende verzichten;
  • für gute Wissenschaft auf verlässliche Arbeitsbedingungen und transparente Karrierewege setzen;
  • landesweit einen Anteil von 40 Prozent unbefristeten haushaltsfinanzierten akademischen Mitarbeitenden anstreben, sich für einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte einsetzen und für Daueraufgaben Dauerstellen schaffen;
  • die mit der Novelle des Brandenburgischen Hochschulgesetzes neu verankerten Karrierewege in Forschung und Lehre weiter stärken und Anreize für die Einführung von Departmentstrukturen setzen;
  • die Medizinische Universität Lausitz – Carl Thiem (MUL) als “zukunftsweisend gewürdigten Forschungsschwerpunkt für Gesundheitssystemforschung und Digitalisierung” weiterentwickeln;
  • die außeruniversitären Forschungseinrichtungen weiter unterstützen und Ressourcen für ihre strategische Weiterentwicklung zur Verfügung stellen;
  • Science Parks wie in Potsdam und der Lausitz ressortübergreifend stärken, die Voraussetzung für die Einrichtung weiterer Standorte – allen voran in Schwedt und der Dahme-Spreewald-Region – prüfen;
  • die Brückenfunktion der Stadt Frankfurt (Oder) und der Europa-Universität Viadrina sowie den “Kompetenzverbund Interdisziplinäre Ukrainestudien Frankfurt (Oder) – Berlin (KIU)” durch den Aufbau eines Ukraine-Zentrums und Dialogforum Osteuropa stärken. 

Forschungsministerin Schüle an Koalitionsverhandlungen beteiligt 

SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht haben bereits angekündigt, dass Bürokratieabbau und Digitalisierung Schwerpunkte einer gemeinsamen Koalition sein sollen. Die aktuelle Forschungsministerin Manja Schüle saß in einer der AGs, die über die zukünftige politische Aufstellung des Landes tagten. Ob sie erneut dieses Amt bekleiden wird, wird sich in Kürze entscheiden. Das BSW strebt nach Berichten das Innen- oder das Finanzministerium an und zeigt sich auch offen für das Bildungsressort. 

Dietmar Woidke könnte am 11. Dezember im Landtag erneut zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Die Verfassung lässt bis Mitte Januar Zeit für die Wahl.

In Thüringen präsentierten CDU, BSW und SPD am Freitag einen Koalitionsvertrag, es wird wohl die erste sogenannte Brombeer-Koalition in Deutschland – und somit auch das erste Forschungsministerium unter einem solchen Dreierbündnis. In Sachsen wird aktuell weiterhin verhandelt. nik 

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Open Transfer Index:  Was der Wissenstransfer für Innovationsprozesse bedeuten kann

Wissenstransfer ist in den letzten Jahren deutlich vielfältiger geworden: Unternehmen nutzen zunehmend externe Expertise, um neue Ideen zu generieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Das sind zentrale Ergebnisse des Open Transfer Index des Stifterverbands. Fast 20 Prozent der F&E-Budgets fließen dabei in offene Innovation. Demnach verwenden Unternehmen im Durchschnitt knapp ein Fünftel (18,5 Prozent) ihrer Ausgaben für Forschung und Entwicklung dafür. Den Beitrag von offenen Innovationspraktiken zum finanziellen Erfolg des Unternehmens schätzen 30 Prozent der Befragten hoch bis sehr hoch ein. 

In offenen Innovationsprozessen tauschen Unternehmen ihr Wissen, ihre Ideen und Daten flexibler und auf informelleren Wegen mit externen Partnern aus als in klassischen Innovationsprozessen, wie im Rahmen einer Auftragsforschung. Die Partner können dabei aus verschiedenen Bereichen, wie Wissenschaft, Wirtschaft oder Zivilgesellschaft, stammen. 

Frank: Basis für Weiterentwicklung politischer Maßnahmen 

Gerade kleinere und mittelgroße Unternehmen (KMU) profitieren von den informellen Innovationsaktivitäten. Jedes zweite Unternehmen insgesamt setzt dabei auf vielfältige Vernetzung und kooperiert mit mindestens drei Partnern. Die wichtigsten Austauschpartner sind dabei vor allem Kunden der Firmen oder Nutzer ihrer Produkte und Dienstleistungen. 

“Mit dem Open Transfer Index haben wir nun die Möglichkeit, auch offene Innovationsprozesse zu erfassen. Mit der Methodik ergänzen wir die Innovationsforschung und liefern eine zusätzliche Grundlage für die Weiterentwicklung politischer Maßnahmen”, sagt Andrea Frank, stellvertretende Generalsekretärin des Stifterverbandes. Damit Open Innovation gelingt, müssten solche Partnerschaften aktiv gefördert und alle Partner dazu ermutigt und befähigt werden, sich in diese Prozesse einzubringen, sagt Frank. 

Fehlende Ressourcen und unklarer Nutzen hemmen Open Innovation 

Hemmend wirken laut der Studie immer wieder die Sorgen vor unkontrolliertem Wissensabfluss, fehlende Ressourcen oder ein teils unklarer Nutzen der Methoden. Umso wichtiger sei es, eine entsprechende Kultur durch Informations- und Beratungsangebote und notwendige Kompetenzen zu entwickeln. red 

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BMEL: Prozess zur Reduktion von Tierversuchen geht wie vorgesehen weiter 

Seit September läuft im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) von Cem Özdemir ein Prozess zur Erarbeitung eines Konzeptes für eine Reduktionsstrategie für Tierversuche. Dies war im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien vereinbart worden. An dem Prozess beteiligt sind Vertreter der Wissenschaft, aber auch der Industrie und von Tierschutzorganisationen. Auf Anfrage von Table.Briefings teilte das Ministerium nun mit, dass der Prozess trotz des Koalitions-Aus “wie vorgesehen” weitergehe. Eingebunden seien die betroffenen Bundesministerien, also auch das BMBF, das jetzt vom gleichen Minister geleitet wird. 

Bis zum Frühjahr 2025 soll eine abgestimmte Strategie zur Reduktion von Tierversuchen vorliegen. Federführend in diesem Prozess ist neben dem BMEL anscheinend das Bf3R (Deutsches Zentrum zum Schutz von Versuchstieren am Bundesamt für Risikobewertung). Derzeit werde intensiv an der Fertigstellung der Konzeptpapiere der jeweiligen Arbeitsgruppen gearbeitet, schreibt ein Sprecher des Ministeriums.  

Schon im Februar soll ein Strategieentwurf fertig sein 

Ziel sei es, Methoden, Technologien und Ansätze zur Reduktion von Tierversuchen in den Schwerpunktbereichen biomedizinische Grundlagenforschung, regulatorische Pharmakologie und Toxikologie sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung zu skizzieren. Die Konzeptentwürfe sollen anschließend vom BMEL in Zusammenarbeit mit dem Bf3R bewertet und gebündelt werden. Anschließend soll bis Ende Februar 2025 eine erneute Abstimmung des Strategieentwurfs mit den Stakeholdern erfolgen.  

Von einzelnen Vertretern der Wissenschaftsorganisationen wird der sehr ambitionierte Zeitplan für die Erarbeitung der Strategie kritisiert. Auch die Zusammensetzung der Akteure stößt teilweise auf Skepsis. Die Wissenschaft sei in der Minderheit.  

Neufassung des Tierschutzgesetzes unwahrscheinlich 

Während der Prozess zur Reduktionsstrategie weitergeht, scheint die Novellierung des Tierschutzgesetzes keine Chance mehr auf Umsetzung zu haben. Die Forschungsorganisationen hatten die darin enthaltene Verschärfung des Strafrahmens für das leichtfertige Töten eines Wirbeltieres ohne vernünftigen Grund kritisiert. Insbesondere im Umgang mit überzähligen Tieren und der bisher nur in losen Absprachen verankerten Kaskadenregelung stellte dies ein Risiko für Tierversuchsverantwortliche dar. 

Mit der Novellierung des Tierschutzgesetzes sollte auch eine Änderung der Tierschutz-Versuchstierverordnung kommen. Die Kaskadenregelung sollte dort verankert und damit das Verfahren rechtssicherer gemacht werden. Ob diese Änderung auch ohne die Novellierung des Tierschutzgesetzes umgesetzt wird, ist fraglich. Immerhin müsste diese nach einem Kabinettsbeschluss lediglich vom Bundesrat verabschiedet werden.

Um den derzeit in der Ressortabstimmung befindlichen Prozess voranzubringen, hat sich die DFG mit einem Schreiben an das bisher blockierende Justizministerium und seinen neuen Minister, Volker Wissing, gewendet. Das bestätigte die DFG gegenüber Table.Briefings. Doch während DFG-Präsidentin Katja Becker sich bei der Vorstellung des DFG-Förderatlas kürzlich noch Hoffnung bezüglich einer Umsetzung zeigte, ist man anderen Stellen der Forschungscommunity skeptischer. mw

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Sparkurs im Land Berlin: Warum die Hochschulverträge voraussichtlich modifiziert werden

Die Berliner Hochschul- und Wissenschaftslandschaft muss im nächsten Jahr Kürzungen in Höhe von 250 Millionen Euro verkraften, allein 100 Millionen Euro sollen bei den Hochschulen gestrichen werden. Am heutigen Donnerstag beginnen die Gespräche zwischen der Senatsverwaltung und den Berliner Hochschulen.

Dabei geht es zum einen darum, wie die Sparsumme bei den Hochschulen erzielt werden soll. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die Anfang des Jahres geschlossenen Hochschulverträge modifiziert werden müssen. “Die Hochschulverträge sind ein zweiseitiger Vertrag. Wenn es weniger Leistungen vom Land gibt – finanzieller und anderer Art -, können wir als Hochschulen weniger liefern. Das betrifft beispielsweise den zweistufigen Plan für den Lehrkräfteausbau”, hatte Julia von Blumenthal, Präsidentin der Humboldt-Universität und Sprecherin der Landesrektorenkonferenz im Interview mit dem Tagesspiegel gesagt.

Förderung für die Berlin Quantum Alliance muss bleiben

Doch auch die von der schwarz-roten Regierungskoalition vorgelegte weitere Streichliste dürfte noch Änderungen erfahren. Dass zum Beispiel die mit rund sechs Millionen Euro veranschlagte Förderung der Berlin Quantum Alliance ganz entfallen soll, will man in der Wissenschaftscommunity keinesfalls hinnehmen. “Das kann und wird so nicht stehenbleiben”, sagte Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität Berlin am Dienstag bei einem Parlamentarischen Abend der Berlin University Alliance (BUA), an dem auch Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) und Staatssekretär Henry Marx teilnahmen.

Sie werde intensiv daran arbeiten, dass kein struktureller Schaden in der Berliner Wissenschaft entstehe, sagte Czyborra. Ihr sei bewusst, dass Hochschulen und Wissenschaft verlässliche Finanzierung benötigen – auch in angespannten Haushaltslagen. Sie sprach davon, Synergien besser zu nutzen. Brachte aber auch ins Spiel, auf die Rahmenbedingungen zu schauen und beispielsweise zu prüfen, ob sich “Bremsen lösen” ließen, um agiler zu werden.

Ex-Wissenschaftssenator Michael Müller: Wissenschaft kein “Schnuckedönschen”

Der Berliner Senat muss im Haushalt 2025 drei Milliarden Euro einsparen und hat die Summe auf fast alle Bereiche verteilt. Der frühere Regierende Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller (SPD), der bei dem parlamentarischen Abend über die Anfänge der BUA sprach, stärkte seiner Parteikollegin Czyborra den Rücken. Sie habe gekämpft und erreicht, dass in der Wissenschaft weniger gekürzt werde als in anderen Bereichen. Zu den Kürzungen sagte Müller: “Eine Sparrunde geht immer. Aber drei oder vier darf es nicht geben.” Auf Landes- wie auf Bundesebene brauche es die Erkenntnis, dass Wissenschaft nicht irgendein “Schnuckedönschen” sei, sondern die Grundlagen dafür lege, wovon wir in fünf oder zehn Jahren profitieren. abg

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Tagesspiegel: RKI-Reform auf Eis gelegt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant seit Langem zentrale Abteilungen des RKI in ein neues Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit (BIÖG) zu überführen. In der neuen Behörde soll auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aufgehen. Das Ampel-Aus sorgt nun aber dafür, dass der Bundestag das nötige Public-Health-Gesetz nicht mehr beschließen wird. Und das, obwohl der Umbau schon begonnen hat. Wie es 2025 weitergehen wird, bleibt unklar. (“Reform liegt auf Eis: Wie das Ampel-Aus das Robert Koch-Institut lahmlegt“)

NTV: Niedersachsen investiert in Forschung. 618,7 Millionen Euro aus dem Förderprogramm “zukunft.niedersachsen” werden in die Forschung des Landes fließen. Im Zentrum der Forschungsarbeit werden Wasserstoff und Künstliche Intelligenz stehen. Die Gelder kommen vom Land und der Volkswagen Stiftung. (“Niedersachsen investiert 145 Millionen Euro in Wissenschaft”)

Ärzte Zeitung: Hausärztliche Forschung etabliert. Nach fast fünf Jahren Förderung hat sich das hausärztliche Forschungspraxennetz DESAM-ForNet etabliert. Die Universitätsmedizin strebt an, die forschenden Praxen als langfristige Partner zu gewinnen. Auch das Forschungsministerium schätzt die dezentrale, patientennahe Struktur. (“Gute Chancen für die hausärztliche Forschung”)

FAZ: Kolonialismus und Wissenschaft. Deutsche Hochschulen und andere Wissenschaftseinrichtungen wurden stark durch den Kolonialismus geprägt. Diese Vergangenheit soll nun auch mit der Hilfe von Forschern aus Afrika aufgearbeitet werden. Deren Interesse daran mitzuwirken ist aus unterschiedlichen Gründen jedoch eher gering. (“Rückgabeplanung als Forschungsdesign”)

Zeit: Im Norden fehlen Professoren. Zu Beginn des Wintersemesters blieben an allen Universitäten in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Stellen unbesetzt. In Flensburg, Greifswald, Rostock und an der TU Hamburg waren zwischen zwei und 14 Professuren vakant. Die Universitäten Hamburg, Lübeck und Kiel nannten keine Zahlen. (“Universitätsstellen sind unbesetzt geblieben”)

Zeit: Mecklenburg-Vorpommern reformiert Lehramtsstudium. Ziel ist es, die hohe Abbrecherquote zu senken. Dabei soll der Anteil an Fachwissenschaften, der im Bundesvergleich bislang sehr hoch ist, reduziert werden. (“Reform von Lehrerstudium: Mehr Praxis und weniger Fachwissen”)

Standpunkt

Bildungslücke Nachrichtendienste: Warum Deutschland Intelligence Studies braucht

Von Ali Dogan
Ali Dogan hat zur Arbeit des Bundesnachrichtendienstes promoviert.

Nachrichtendienste sind wichtige Akteure der Sicherheitspolitik. In Deutschland unterliegen sie strenger politischer Kontrolle sowie kritischer öffentlicher Beobachtung. Doch im krassen Kontrast zu Bedeutung und Öffentlichkeitsanspruch gibt es an deutschen Hochschulen im Unterschied zu anderen europäischen Ländern kaum systematische Forschung und Lehre über Nachrichtendienste. Dabei zeichnet sich nicht erst seit der Zeitenwende ab, dass ein breites Spektrum von Akteuren – von politischen Entscheidungsträgern über Behörden und Medien, von der Wirtschaft bis hin zu NGOs – Zugang zu unabhängiger wissenschaftlicher Expertise benötigt. Innerhalb wie außerhalb Europas sind solche Intelligence Studies an Universitäten und Thinktanks seit langem etabliert.

Deutschland muss seine akademischen Ressourcen im Bereich der Intelligence Studies stärken, um eine kritische und sachkundige Analyse der deutschen Nachrichtendienste und der nachrichtendienstlichen Mittel aus einer unabhängigen wissenschaftlichen Sicht zu gewährleisten. Zuvorderst brauchen wir in Deutschland einen öffentlich zugänglichen Studiengang. Angesichts knapper Mittel und kompetitiver Forschungsförderung könnten dazu auch mehrere Universitäten gemeinsam einen interdisziplinären Studiengang in Intelligence Studies einrichten, der sich aus Lehrteilen der Politikwissenschaft, der Soziologie, der Geschichts- und der Rechtswissenschaft sowie der Psychologie zusammensetzt.

Europäische Nachbarn bieten umfangreiche Forschungsprogramme

In Großbritannien und den USA bieten renommierte Universitäten wie das King’s College und die Georgetown University im Bereich der Intelligence Studies spezialisierte Studiengänge an. Aber auch europäische Nachbarn wie Frankreich, Österreich, die Niederlande, Spanien und Italien stellen umfangreiche Programme und Forschungseinrichtungen. Diese Forschungseinrichtungen und Studiengänge beschäftigen sich sowohl mit funktionalen Ansätzen, die direkt die Arbeit der Dienste unterstützen, als auch mit kritischen Perspektiven, die Nachrichtendienste aus einer unabhängigen wissenschaftlichen Sicht analysieren.

Intelligence Studies in Deutschland könnten die Tätigkeit der Kontrollinstanzen – der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, der Mitarbeitenden der Abgeordnetenbüros und der Fraktionen, der Medien und auch der behördlichen Fachaufsicht – weiter professionalisieren. Darüber hinaus könnten aber auch deutsche Unternehmen, die immer mehr mit Wirtschaftsspionage, Desinformation, Verschwörungstheorien wie auch Methoden wie Open Source Intelligence konfrontiert sind, von den Intelligence Studies profitieren.

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Nachrichtendiensten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Drittmittelgeber wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die Volkswagen Stiftung wie auch politische Stiftungen sollten Forschende gezielt im Bereich der Intelligence Studies unterstützen. Auch internationale Kooperationen im Bereich der Intelligence Studies sollten den Austausch fördern und die Qualität der Forschung verbessern.

Stiftungen, Thinktanks und andere Akademien und Institute sollten sich dem Thema Nachrichtendienste nähern und eigene Stellen zu diesem Thema schaffen und eine Diskussion im öffentlichen Raum anregen. Schließlich sollte auch eine halbjährig erscheinende, deutschsprachige Fachzeitschrift mit Fokus auf Intelligence Studies gegründet werden und bestehende Fachjournale Sonderhefte zu dem Thema herausbringen.

Entscheidend ist, dass Deutschland die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Nachrichtendiensten als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift und entsprechende Handlungsempfehlungen umsetzt. Nur so kann eine fundierte, kritische und öffentliche Debatte über die Rolle und die Tätigkeiten der Nachrichtendienste geführt werden, die für eine lebendige Demokratie und eine effektive Sicherheitspolitik unerlässlich ist.

Ali Dogan arbeitet bei Ernst & Young im Bereich Forensic & Integrity Services. Er hat zur Arbeit des Bundesnachrichtendienstes und der irakischen Nachrichtendienste an der Freien Universität Berlin promoviert. Sein Arbeitspapier für die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Baks) zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Nachrichtendiensten finden Sie hier.

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Heads

Kathrin Brockmann, Neurowissenschaftlerin und Genetik-Expertin aus Tübingen, ist neue Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen e.V. (DPG). Sie tritt die Nachfolge von Joseph Claßen (Leipzig) an, der den zweiten Vorsitz übernimmt. Als dritte Vorsitzende wurde Brit Mollenhauer (Kassel) neu in den Vorstand gewählt. 

Ekaterina Sachariewa ist nun offiziell als EU-Kommissarin für Kommissarin für Start-ups, Forschung und Innovation im Amt. Sie ist Teil der zweiten Von-der-Leyen-Kommission, die am gestrigen Mittwoch mit 370 von 688 abgegebenen Stimmen gewählt worden ist. 

Karl Schlögel, Osteuropa-Historiker, ist mit dem Gerda Henkel Preis ausgezeichnet worden. Die Gerda Henkel Stiftung verleiht die mit 100.000 Euro dotierte Auszeichnung in einem Turnus von zwei Jahren für herausragende Forschungsleistungen in den von der Stiftung geförderten Disziplinen. 

Andreas Zeller, Faculty am CISPA Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit und Professor für Software Engineering an der Universität des Saarlandes, ist als Mitglied in die Academia Europaea, die europäische Akademie der Wissenschaften mit Sitz in London, aufgenommen worden.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an research@table.media!

  • Innovation

Best of Table.Media

Bildung.Table. Digitalpakt II: Neuer Anlauf mit neuem Minister. Wie eine Übergangs-Regierung ohne Mehrheit neuen Schwung in die festgefahrenen Verhandlungen bringen könnte. Heute treffen sich die Vertreter der Länder aller Voraussicht nach mit dem neuen BMBF-Staatssekretär. Mehr

Africa.Table. Nigeria: Virtuelle Sonderwirtschaftszone für die Digitalwirtschaft. Mit einem innovativen Projekt will sich Lagos als virtueller Standort für digitale Dienstleistungen etablieren. Die AFC unterstützt mit 100 Millionen US-Dollar Phase 1 des Projekts Itana. Vorbild sind das Silicon Valley und e-Estonia. Mehr

ESG.Table. Biografie der Kanzlerin: Angela Merkel zieht Bilanz zu ihrer Klimaschutzpolitik. In ihren Memoiren blickt Merkel durchaus kritisch auf ihre Umwelt- und Klimapolitik. Auch rät die einstige Atomkraft-Befürworterin Deutschland davon ab, erneut in die Kernenergie einzusteigen. Mehr

Africa.Table. Erneuerbare Energie: Geringer Fortschritt verschärft soziale Ungleichheit. Der afrikanische Kontinent profitiert nicht vom Potenzial, das erneuerbare Energie bietet. Das schafft soziale Ungleichheit und verschärft den Konflikt zwischen Stadt und Land. Dabei gibt es Lösungsansätze. Mehr

Dessert

Der Virologe Hendrik Streeck tritt für die Bonner CDU im Bundestagswahlkampf an. Unterstützt wird er vom Investor Frank Thelen, dessen Vorbild Elon Musk ist.

Der Gründer und Tech-Investor Frank Thelen will sich bei der anstehenden Bundestagswahl politisch engagieren. Wie er auf der Plattform X ankündigte, wird er im kommenden Wahlkampf den Virologen Hendrik Streeck unterstützen, der für die CDU antritt. 

Er freue sich, dass sich “Hendrik als erfolgreicher Virologe und Professor entschieden hat, in die Politik zu gehen. Die Ministerien für Bildung & Forschung und Gesundheit würden mit seinem Wissen und seiner Passion besser laufen.”

Musk einer der “größten Denker und Macher der Geschichte”

Auch wenn Thelen von sich selbst sagt, er sei “nicht der deutsche Elon Musk”, so scheint er ihm doch nacheifern zu wollen. Er sieht Musk immerhin als einen “der größten Denker und Macher der Geschichte”. Und wie sein Vorbild hat auch Fernsehjuror Thelen bisweilen einen Hang zu autoritären Gedanken und wünscht sich schon mal eine vorübergehende Diktatur.

Ob ihm mit ‘seinem’ Kandidaten gelingt, was Elon Musk mit Donald Trump gelungen ist, bleibt abzuwarten. Und natürlich auch, ob er erfolgreicher ist, als Dieter Bohlen. Dieser will laut Bild-Zeitung “für Merz sein, was Musk für Trump war”. Und bekennt: “Eigentlich wollte ich in die Wirtschaft.” Minister wolle er nicht werden – eine Beraterrolle könne er sich aber vorstellen.

Streeck freut sich, Merz hat Bohlen noch nicht berufen

Viele kleine deutsche Elons also, die sich weder an Großmannssucht noch an autoritärer Haltung ihres Vorbilds stoßen. Bleibt die Frage, wie sich die Kandidaten zu den Unterstützern verhalten: Streeck dankt Thelen für seine Unterstützung. Ob Dieter Bohlen dann nach der Wahl für Friedrich Merz die Bürokratie abbauen darf, bleibt noch offen. Markus Weisskopf

  • Bundestagswahl

Research.Table Redaktion

RESEARCH.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Cem Özdemirs erste Mission als neuer Forschungsminister ist nach eigener Aussage, “verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen”. Dazu hat in dieser Woche sicher die Ernennung des BMBF-Urgesteins Karl-Eugen Huthmacher zum neuen beamteten Staatssekretär beigetragen. Auch bei seinem Auftritt vor der Community auf der 30. Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft im Museum für Kommunikation Berlin konnte der Minister weitere Pluspunkte sammeln. Er versprach, sich um die weitere Aufarbeitung der Fördermittelaffäre im BMBF zu kümmern. Meine Kolleginnen Nicola Kuhrt und Anne Brüning berichten.

    Gute Nachrichten gab es aus dem Forschungsbereich auch in Sachen Künstlicher Intelligenz. Von allen Seiten wird gefordert, dass Deutschland Schritt halten muss bei der Entwicklung, um den Anschluss an die USA und China nicht zu verlieren. Jetzt gab es zumindest mal einen viel beachteten Schritt: Das Forschungsprojekt OpenGPT-X hat ein eigenes großes Sprachmodell für Anwendungen Künstlicher Intelligenz veröffentlicht. Die Entwicklung fand vornehmlich in Deutschland statt, zahlreiche Akteure aus der Community waren beteiligt. Was das neue Modell kann und für wen “Teuken-7B” bestimmt ist, berichtet Anne Brüning.

    Der Nano-Physiker Dieter Bimberg ist mit über 80 Jahren nach China gegangen, um seine Forschungsarbeit im Bereich “Grüne Photonik” weiterzuführen. Ein außergewöhnlicher Schritt, den Bimberg damit begründet, dass weder in Deutschland noch den USA das Arbeiten im Labor in diesem Alter möglich sei. Seine Perspektive von außen: Wenn Deutschland im globalen Wettbewerb wieder mithalten wolle, müssen sich Wissenschaft und Wirtschaft mehr füreinander öffnen. Bimberg kritisiert, dass deutsche Unternehmen zu wenig heimische Patente erwerben. Andererseits fordert er die Einführung einer Patentquote bei Helmholtz und Leibniz. Mein Kollege Marcel Grzanna hat ihn in Changchun erreicht.

    Ihr
    Tim Gabel
    Bild von Tim  Gabel

    Analyse

    BMBF: Wie Cem Özdemir verlorenes Vertrauen wieder aufbauen möchte

    Cem Özdemir holte Karl-Eugen Huthmacher wieder ins BMBF und  kündigt eine
    Cem Özdemir (re.) holte Karl-Eugen Huthmacher (Mitte) wieder zurück ins BMBF und kündigte bei der Leibniz-Jahrestagung eine “transparente und umfassende Aufklärung” der Fördermittelaffäre an.

    Im BMBF geht es in diesen Tagen plötzlich ganz schnell. Am Montag erhielt Cem Özdemir, Landwirtschaftsminister der Grünen, seine zusätzliche Ernennungsurkunde zum Bildungs- und Forschungsminister, Dienstagmittag gab er bekannt, wer die freigewordenen Stellen an der Spitze des Hauses besetzen wird: Stephan Ertner und Karl-Eugen Huthmacher folgen auf Judith Pirscher und Roland Philippi. Dienstagabend sprach Özdemir auf der 30. Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft im Museum für Kommunikation Berlin zur Wissenschafts-Community die Worte, auf die viele gehofft hatten.

    Für Sätze wie “Ohne Wissenschaftsfreiheit ist Wissenschaft schlicht nicht denkbar” oder “Politische Weltanschauungen dürfen keine Rolle bei Förderentscheidungen spielen” gab es natürlich Applaus. Die Erklärung, dass er den Wunsch, die Fördermittelaffäre aufzuklären, als berechtigt erachtet, sorgte für Erleichterung. “Ich weiß, dass Vertrauen verloren gegangen ist”, sagte Özdemir und kündigte eine “transparente und umfassende Aufklärung” an, wies aber auch darauf hin, dass diese Zeit brauche. Er werde unter den gegebenen zeitlichen Bedingungen alles tun, um das Vertrauen wiederherzustellen, damit die nachfolgende Regierung daran anknüpfen kann.

    Fördermittelaffäre: Kaczmarek fordert weiter ungeschwärzte Kommunikation aus dem BMBF

    Die Ankündigung, die Aufklärung der Fördermittelaffäre anzugehen, dürfte auch beim politischen Partner gut ankommen. So will Oliver Kaczmarek (SPD) weiter fordern, die “ungeschwärzte Kommunikation aus dem BMBF sowie die Wire-Chats” einzusehen. Auch nach Rücktritt von Ministerin Bettina Stark-Watzinger blieben in der sogenannten Fördermittelaffäre Fragen offen, erklärt der Obmann für Forschung auf Anfrage. Für die SPD sei auch in Zukunft klar: “Die Wissenschaftsfreiheit ist nicht verhandelbar. Und eine politische Einflussnahme auf die Wissenschaft darf nicht mal ansatzweise infrage gestellt werden.”

    Auch die Opposition hat hinsichtlich Özdemirs Ankündigung große Erwartungen: “Dann erwarten wir von ihm nun endlich richtige Antworten auf die von uns gestellten Fragen, aktuell 200 in zwei parlamentarischen Anfragen”, sagt CDU-Forschungspolitiker Thomas Jarzombek.

    Mit Özdemir und Leibniz-Präsidentin Martina Brockmeier saß Dienstagabend passenderweise auch Karl-Eugen Huthmacher, der neue beamtete Staatssekretär im BMBF, in der ersten Reihe im Berliner Museum. Er wurde von Wissenschaftsmanagern erfreut begrüßt und es war erkennbar, dass man ihn schätzt. Huthmacher bis zum Ende der Legislatur zurückzuholen, sei eine sehr gute Entscheidung, hieß es in den Gesprächen am Rande. 

    Özdemir: Neues Personaltableau sei seine “absolute Wunschbesetzung”

    Sein neuer Kollege Stephan Ertner ist bisher Dienststellenleiter der Landesvertretung Baden-Württemberg und wird von dort abgeordnet, bis eine neue Regierung steht. Özdemir hatte sich Mitte November von den von Stark-Watzinger ausgesuchten beamteten Staatssekretären Philippi und Pirscher getrennt.

    Die Aufgaben der Parlamentarischen Staatssekretäre wird die Parlamentarische Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium Claudia Müller (Grüne) mit übernehmen. Özdemir schreibt in einer Mail an die Mitarbeitenden des BMBF, das Personaltableau sei seine “absolute Wunschbesetzung”. Er habe es dem Kanzleramt bereits kurz nach seiner Ernennung präsentiert. “Leider dauerten die formalen Prozesse länger als gehofft.” Er dankte den Mitarbeitern des BMBF für ihre Geduld.

    Auch die Aufgabenverteilung hat Özdemir bereits skizziert: Ertner wird für die Abteilungen Z (Zentralabteilung), 1 (Grundsatzfragen, Strategie), 2 (Europäische Zusammenarbeit) und 3 (Bildung) zuständig sein. Huthmacher für die Abteilungen 4 (Hochschulen), 5 (Forschung), 6 (Lebenswissenschaft) und 7 (Grundlagenforschung).

    Persönlicher Referent Brandenburgs bleibt

    Die beiden Parlamentarischen Staatssekretäre Jens Brandenburg und Mario Brandenburg hatten das Haus bereits mit der im Zuge des Ampel-Aus zurückgetretenen Ministerin Bettina Stark-Watzinger verlassen. Bleiben kann hingegen Nicolas Leibold, bis dato persönlicher Referent von Jens Brandenburg im BMBF. Er wird in gleicher Funktion jetzt Claudia Müller zur Seite stehen.

    • Bettina Stark-Watzinger
    • BMBF
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    • Leibniz-Gemeinschaft
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    Großes Sprachmodell aus Deutschland: Was das Besondere an “Teuken” von OpenGPT-X ist

    Das deutsche Forschungsprojekt OpenGPT-X hat ein großes Sprachmodell für Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt. Das Modell mit dem Namen Teuken-7B steht seit Dienstag auf der Plattform Hugging Face zum Herunterladen bereit. OpenGPT-X ist Anfang 2022 gestartet – also vor dem Hype um ChatGPT. Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines großen KI-Sprachmodells, das den Anforderungen europäischer Werte, Datenschutzstandards und sprachlicher Vielfalt gerecht wird.  

    Es sei aktuell “eines der wenigen KI-Sprachmodelle, die von Grund auf multilingual entwickelt wurden”, teilte die mit der Projektleitung betraute Fraunhofer-Gesellschaft mit. “Es enthält circa 50 Prozent nicht-englische Pretraining-Daten und wurde in allen 24 europäischen Amtssprachen trainiert.”  

    Die Sprachmodelle der US-Firmen sind viel größer 

    Teuken-7B umfasst sieben Milliarden Parameter. Das ist wenig im Vergleich zu GPT-4 von OpenAI, Claude vom KI-Start-up Anthropic, Grok von Elon Musks xAI sowie Llama von Meta und Gemini von Google. Nach Schätzungen von Experten verfügt allein die GPT-Variante GPT-4o von OpenAI über rund 200 Milliarden Parameter, das Llama3 8B hat sogar 405 Milliarden Parameter.  

    Allerdings ist es auch nicht das Ziel des Projekts, auf Augenhöhe mit den großen US-Modellen zu kommen. Davon abgesehen: Die Parametergröße sagt nicht alles, es kommt auch auf die Qualität an. So wurden für Teuken kuratierte Datensätze verwendet. Ein weiterer Vorteil: Als Open-Source-Modell ist es frei verwendbar und auch kommerziell einsetzbar. Akteure aus Forschung und Unternehmen können es für eigene KI-Anwendungen nutzen. Die Bereitstellung als Open-Source-Modell erlaubt es Unternehmen und Organisationen, eigene angepasste Modelle in realen Anwendungen zu betreiben, sensible Daten können im Unternehmen verbleiben. Ein Chatbot für die breite Öffentlichkeit ist nicht geplant. 

    Vom Bundeswirtschaftsministerium mit 14 Millionen Euro gefördert 

    Das Konsortialprojekt OpenGPT-X wurde vom Bundeswirtschaftsministerium mit rund 14 Millionen Euro gefördert und ist auch über die Gaia-X-Infrastruktur zugänglich. Die Projektleitung lag bei den Fraunhofer-Instituten für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS und für Integrierte Schaltungen IIS. Für das Training wurde der Supercomputer Juwels am Forschungszentrum Jülich genutzt. Mitgearbeitet haben außerdem der KI-Bundesverband, die TU Dresden, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), IONOS, Aleph Alpha, ControlExpert sowie der Westdeutsche Rundfunk (WDR).  

    So lässt sich Teuken-7B nutzen 

    “Teuken-7B” steht nun weltweit frei zur Verfügung. Stefan Wrobel, Institutsleiter am Fraunhofer IAIS, spricht von einer aus der öffentlichen Forschung stammenden Alternative für Wissenschaft und Unternehmen. Interessierte Entwickler können das Sprachmodell bei Hugging Face kostenfrei herunterladen und in der eigenen Entwicklungsumgebung damit arbeiten, Fraunhofer bietet entsprechende Demo-Termine an.  

    “Unser Modell hat seine Leistungsfähigkeit über eine große Bandbreite an Sprachen gezeigt, und wir hoffen, dass möglichst viele das Modell für eigene Arbeiten und Anwendungen adaptieren oder weiterentwickeln werden”, sagt Wrobel. Es gehe darum, sowohl innerhalb der wissenschaftlichen Community als auch gemeinsam mit Unternehmen einen Beitrag zu leisten, um den steigenden Bedarf nach transparenten und individuell anpassbaren Lösungen der generativen KI zu bedienen. 

    Forschungserkenntnisse für effizientes Modelltraining  

    In die Modellentwicklung sind wichtige Forschungsergebnisse aus dem OpenGPT-X-Projekt eingeflossen, beispielsweise Tools und Technologien, um sehr große Datenmengen aufzubereiten, leistungsfähige europäische Hochleistungsrechen-Infrastrukturen zu nutzen und ein effizientes Training durchzuführen. 

    Das Anfang 2022 gestartete Forschungsprojekt steht nun kurz vor dem Abschluss. Es läuft noch bis Ende März 2025. Bis dahin sollen weitere Optimierungen und Evaluierungen der Modelle erfolgen. Im nächsten Schritt soll es auf EU-Ebene gehen. 

    Vorgesehen ist, das Sprachmodell gemeinsam mit der schwedischen Initiative AI Sweden am europäischen Supercomputer MareNostrum 5 des Barcelona Supercomputing Center zu trainieren. Er hat eine Rechenkapazität von 314 Petaflops, dies entspricht 314 Billiarden Berechnungen pro Sekunde. Die Rechenkapazität von Juwels in Jülich liegt bei 85 Petaflops. 

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    Interview

    Leopoldina-Mitglied Bimberg: “In China ist die Industrie viel offener gegenüber der Forschung”

    Nanophysiker und Leopoldina-Mitglied Dieter Bimberg.

    Herr Bimberg, die Chinesische Akademie der Wissenschaften hat das nach Ihnen benannte “Bimberg Chinese-German Center for Green Photonics” am Institut für Optik, Feinmechanik und Physik in Changchun (CIOMP) geschaffen. Was machen Sie dort?

    Ich habe mich schon vor mehr als zwölf Jahren an der TU Berlin als einer der weltweit Ersten mit meiner Gruppe auf “Grüne” Photonik spezialisiert, also Energieeffizienz, vor allem bei der optischen Datenübertragung und in Datenzentren. In Changchun betreiben wir Grundlagenforschung mit Studierenden. Wir patentieren unsere Ideen auch in der EU und in den USA. Alle unsere Ergebnisse werden – vor allem in US-Zeitschriften – publiziert. 

    Warum forschen Sie nicht für deutsche Einrichtungen?

    In Deutschland dürfen sie ab einem bestimmten Alter die von Ihnen aufgebauten Labore nicht mehr nutzen – selbst wenn sie das Personal, zum Beispiel über EU-Kontrakte, selbst finanzieren – also nicht mehr so forschen, wie ich es tue. In den USA verstößt das gegen die Verfassung. Und in China hält man meine Erfahrung offenbar noch für nützlich. Das Land ermöglicht mir, meine Ideen umzusetzen.

    Und profitiert davon, indem es seine Innovationskraft dank Ihrer Hilfe gegenüber dem Standort Deutschland stärkt?

    Deutschland profitiert in gleicher Weise von unserer Grundlagenforschung. Alle Patente, die wir entwickeln, stehen international zum Kauf zur Verfügung. Ich spreche auch seit geraumer Zeit mit einer führenden deutschen Laserfirma. Wer zuerst kauft, kommt in den Besitz der Innovationen.

    Bimberg: Dax-Unternehmen kaufen zu wenig Forschungspatente

    Ist denn der Eindruck richtig, dass wir technologisch den Anschluss an China verlieren? Oder wird uns das von China suggeriert, um ein De-Coupling zu verhindern?

    Beides trifft in Teilen zu. China hat natürlich ein Interesse daran, enge Beziehungen zu uns aufzubauen. Unsere Wirtschaft erscheint mir jedoch zögerlich, was den Erwerb von Patenten angeht, die von deutschen Universitäten kommen. Die TU Berlin hat schon vor Jahren einige unsere Patente für einen siebenstelligen Betrag nach Asien verkauft, aber nicht an deutsche Dax-Unternehmen.

    Heißt das, die deutsche Wirtschaft ignoriert Resultate deutscher Forschung?

    Sicherlich nicht kategorisch, jedoch bin ich bei meinen Gesprächen mit großen Firmen kaum einmal auf intern unabhängige Innovationsmanager gestoßen, wie ich sie während meiner Tätigkeit für Hewlett-Packard in Palo Alto hatte. Während meiner Zeit dort sind wir regelmäßig mit dem Flugzeug aus Palo Alto zu Seminaren an die Uni in Santa Barbara geflogen, um deren neuesten Forschungsstand auf für uns wichtigen Gebieten kennenzulernen.

    Und hierzulande?

    Wir betreiben in Deutschland sehr viel Grundlagenforschung, sowohl an Hochschulen wie an den Instituten der Leibniz- und Helmholtz-Gemeinschaften. Das hat wenig mit aktuellem gesellschaftlichen Bedarf oder neuen Produkten in den Unternehmen zu tun. Aber selbst wenn die Grundlagenforschung Patente entwickelt, steht ein Unternehmen immer noch vor dem Problem, dass die Implementierung nicht selbst entwickelter Verfahren Investitionen bedeuten würden, die sie scheuen.

    “Es fehlt an Geld und potenten industriellen Kooperationen”

    Welche Brücken zwischen Forschung und Wirtschaft sollte man schlagen, damit der Standort Deutschland profitiert?

    Ausgründungen, also die Ausgliederung des Patents und dessen Weiterentwicklung in einer eigenen Gesellschaft. Mir haben Industrievertreter gesagt, dass sie alternativ in den Kauf ausgereifter Ausgründungen mit ausreichend ausgebildeten Mitarbeitern investieren würden, statt die eigene Produktion nur auf Basis eines Patents auf ein neues Verfahren umzustellen.

    Der mangelnde Unternehmergeist an deutschen Universitäten führt dazu, dass wir an Innovationskraft einbüßen?

    Nicht nur, sowohl das Geld an den Hochschulen sowie potente industrielle Kooperationspartner fehlen. Die TU Berlin kann nur knapp die vorhandenen Mitarbeiter bezahlen, trotz Exzellenzstatus und hat unzureichend Geld zur Reparatur maroder Gebäude. Wir sollten die dem Staat zur Verfügung stehenden Gelder besser organisieren.

    “Darüber nachdenken- AuF-Institute an Universitäten zu integrieren”

    Wie das?

    Der Erfolg von Helmholtz- und Leibniz-Instituten müsste auch daran gemessen werden, eine gewisse Zahl an Patenten zu erzielen, diese zu validieren und Ausgründungen aktiv zu betreiben. Außerdem muss man darüber nachdenken, manche der Institute oder Teile davon mit ihren Mitteln an Universitäten zu integrieren. Dann kann man sich dort wieder mehr auf die Forschung konzentrieren, statt mit der Akquise von Drittmitteln. Wir verpassen es an vielen Stellen, der anwendungsnahen Forschung eine höhere Wertigkeit zu geben.

    Weshalb ausgerechnet Helmholtz und Leibniz?

    Weil diese dauerhaft sehr viel Geld bekommen. Dort wird vorwiegend Grundlagenforschung betrieben, von der man hofft, dass diese sich irgendwann einmal auszahlt. Das ist zu wenig, jedoch sind sie gute Lobbyisten ihrer Strukturen. Anders ist es vor allem bei der Fraunhofer-Gesellschaft, wo man zu etwa 80 Prozent Mittel aus Projekten einwerben muss.

    “Mehr in die Integration von Gastwissenschaftlern investieren”

    Glauben Sie, mit Umwidmungen kann man den Innovationsstandort Deutschland dauerhaft in die Top 3 der Welt zurückführen?

    Es wäre zumindest ein wichtiger Ausgangspunkt. Darüber hinaus müsste man in die Integration internationaler Studierender und Gastwissenschaftler investieren – beispielsweise durch Sprachausbildung. Wir müssen versuchen, ihnen das Leben hier leichter zu machen. Dann bleiben sie auch. Auch die Unternehmen können mehr tun. In China ist die Industrie viel offener gegenüber der Forschung. Da wird Geld auf den Tisch gelegt und zu den Unis oder Forschungseinrichtungen wie unserer gesagt: In einem bis zwei Jahren benötigen wir diese Lösung für ein aktuelles Problem, ihr könnt das.

    Es ist also nicht in Stein gemeißelt, dass Deutschland in Sachen Innovationen hoffnungslos hinter China zurückfällt? 

    Natürlich nicht. Es gibt ja immer neue Herausforderungen, in denen wieder alle bei null anfangen. Ein gutes Beispiel ist die Impfstoffentwicklung. Wir müssen verhindern, dass wir uns gegenüber China oder den USA einigeln, weil wir Angst haben, dass uns jemand etwas wegnimmt. Wir müssen uns dem Wettbewerb stellen. Wir können das. Es muss aber auch in die Köpfe rein, dass wir mit der Work-Life-Balance als zentralem Aspekt einer Organisationskultur nicht weit kommen werden. Wir alle müssen mehr Arbeitskraft und Intelligenz investieren. Das Potenzial haben wir. Ein ‘weiter so’ lässt uns zurückfallen.

    Der Nanophysiker und Festkörperforscher Dieter Bimberg ist Mitglied der Leopoldina, Ehrenmitglied des Ioffe-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften, Fellow der American Physical Society, Life Fellow des Institute of Electronic and Electrical Engineers, Foreign Member der US National Academy of Engineering. 2012 verlieh ihm die TU Berlin die Goldene Ehrennadel für herausragende Verdienste in Forschung und Lehre. Seit 2018 leitet er das nach ihm benannte Bimberg chinesisch-deutsche Zentrum für Grüne Photonik am Institut für Optik, Feinmechanik und Physik in Changchun.

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    Termine

    29. November 2024, 19:00 Uhr, Nikolaisaal Potsdam, Wilhelm-Staab-Straße 10-11, 14467 Potsdam
    Einsteintag der BBAW “Konflikte lösen!” Mehr

    4.-6. Dezember, silent green Kulturquartier, Gerichtsstraße 35, Berlin
    PartWiss 24 “Leitlinien für Partizipation in der Forschung” Mehr

    4. Dezember 2024, Wissenschaftsetage im Bildungsforum Potsdam, Am Kanal 47, 14467 Potsdam
    Podiumsdiskussion Standortfaktor Weltoffenheit. Erfahrungen und Perspektiven für eine global ausgerichtete Forschungslandschaft. Mehr

    4. Dezember 2024, Alte Universität, Aula, Grabengasse 1, 69117 Heidelberg
    Symposium Lost in discourse – Reichweite von Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit an Universitäten Mehr

    11.-12. Dezember, Berlin
    Forum Wissenschaftskommunikation Wissenschaftskommunikation für eine starke Demokratie und offene Gesellschaft Mehr

    12. Dezember 2024, 10:30 bis 18:00 Uhr. Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund, Luisenstraße 18, 10117 Berlin
    Symposium der Leopoldina 10 Jahre Politikevaluierung in der Bundesregierung – Wo stehen wir heute? Ein Blick aus Wissenschaft und Politik Mehr

    14. Januar 2025, Deutsche Physikalische Gesellschaft, Humboldt-Universität zu Berlin, Invalidenstraße 42, 10115 Berlin
    Festveranstaltung Eröffnung des Quantenjahres 2025 Mehr

    News

    Zukunftspreis: Bundespräsident ehrt Forscher aus Regensburg und Berlin für “digitales und smartes” Licht

    Zukunftspreis: Das siegreiche Forscherteam bestehend aus Stefan Grötsch (v.l.n.r.) und Norwin von Malm (ams Osram International) und Hermann Oppermann (Fraunhofer IZM).

    Für die Entwicklung eines digitalen Lichts, das intelligente Autoscheinwerfer ermöglichen soll, ist ein Forscherteam mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet worden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ehrte in Berlin zwei Forscher des Unternehmens ams OSRAM International in Regensburg, Norwin von Malm und Stefan Grötsch, sowie Hermann Oppermann vom Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration in Berlin für ihre Forschung.

    Das Team entwickelte ein “digitales Licht” in Form winziger, einzeln bedienbarer LED-Pixel, das neue, ressourcenschonende Anwendungen ermöglichen soll. Eine Anwendung ist ein Autoscheinwerfer, der durch intelligente Lichtverteilung auf der Fahrbahn “ein deutliches Plus an Sicherheit” biete, wie das Team mitteilte. So werde der Gegenverkehr nicht mehr geblendet. Bereiche, die hell sein sollen, werden ausgeleuchtet, andere Bereiche, wie ein entgegenkommendes Fahrzeug, bleiben dunkel.

    Scheinwerfer und Brille können Augmented Reality erzeugen

    Zudem projiziert der Scheinwerfer auch Piktogramme auf die Straße, etwa eine Schneeflocke bei Frostgefahr. Mit einer Augmented-Reality-Brille, die neben der realen Umgebung zusätzlich digitale Informationen ins Gesichtsfeld einspielt, könne die Lichtmatrix zum virtuellen Monitor werden, erklärte das Forscherteam.

    Der Bundespräsident würdigt mit dem Preis jedes Jahr Wissenschaftler und Ingenieure, “die mit exzellenter Grundlagen- und Spitzenforschung Lösungen für drängende gesellschaftliche Herausforderungen entwickeln, die das Potenzial haben, wirtschaftlich erfolgreich zu sein und neue Wachstumsfelder zu erschließen”, teilte das Bundespräsidialamt mit. Der Preis wurde zum 28. Mal verliehen und ist mit 250.000 Euro dotiert.

    Blume freut sich: Alle nominierten Projekte hatten Bezug zu Bayern

    Neben dem Gewinner-Projekt waren zwei weitere Forschungsarbeiten nominiert. Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München haben eine bildgebende KI, mit dem Titel “Stable Diffusion” entwickelt. Sie verwandelt Sprache in Bilder. Besonders wichtig war es den Forschern, die Anwendung zu demokratisieren. Die Modelle sind auch für herkömmliche Nutzer-Hardware kompakt genug und einfach bedienbar, erläuterte Team-Sprecher Björn Ommer von der LMU. Außerdem ist die Software Open-Source und nicht patentiert.

    Die Infineon Technologies AG aus München erarbeitete mit der Technischen Universität Chemnitz ein hocheffizientes Leistungshalbleiter-Modul, das zuverlässiger, schneller und leistungsstärker als bisher Strom in hohen Spannungsklassen schalten und so zur Energiewende beitragen soll. Der 3.300-Volt-Energiesparchip aus Siliziumkarbid mit neuartiger Kupferkontaktierung könne etwa in Zügen, Windkraftanlagen und überall dort zum Einsatz kommen, wo in Sekundenbruchteilen viel Strom geregelt werden müsse, so die Entwickler. 

    Dass alle Projekte einschließlich des Gewinner-Teams über beteiligte Universitäten oder Unternehmen einen Bezug zum Freistaat Bayern haben, nahm Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) mit Genugtuung auf. Es sei ein Ausdruck von “Pioniergeist, Forschungsexzellenz, Entwicklungsstärke” und “Innovationspower” in Bayern, nachdem schon im Vorjahr ein Team aus Bayern den Preis erhalten hatte. tg mit dpa

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    Brandenburg: SPD führt Forschungspolitik in BSW-Koalition fort 

    Nach rund drei Wochen sind sich die Unterhändler von SPD und BSW einig: Sie wollen gemeinsame Sache machen. Auch eine letzte Unklarheit scheint beseitigt, die SPD von Regierungschef Dietmar Woidke und das BSW des Landesvorsitzenden Robert Crumbach räumten zuvor die letzten Streitpunkte aus. 

    Für Wissenschaft und Forschung bedeutet der Koalitionsvertrag eine solide Fortsetzung der bisherigen Linie: “Für uns ist klar: Wissenschaft und Forschung bilden ein Fundament für den Wohlstand von morgen, weshalb wir ihre Entwicklung nachhaltig fördern und unterstützen”, heißt es darin. 

    Mehr Dauerstellen: Bündnis will Entfristungs-Quote einführen 

    Die SPD-BSW-Koalition will: 

    • Hochschulen gezielt bei der Verfolgung strategischer Entwicklungsziele unterstützen, der jährliche Aufwuchs der Hochschulfinanzierung soll fortgesetzt werden;
    • auch in Zukunft auf Studiengebühren für Studierende verzichten;
    • für gute Wissenschaft auf verlässliche Arbeitsbedingungen und transparente Karrierewege setzen;
    • landesweit einen Anteil von 40 Prozent unbefristeten haushaltsfinanzierten akademischen Mitarbeitenden anstreben, sich für einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte einsetzen und für Daueraufgaben Dauerstellen schaffen;
    • die mit der Novelle des Brandenburgischen Hochschulgesetzes neu verankerten Karrierewege in Forschung und Lehre weiter stärken und Anreize für die Einführung von Departmentstrukturen setzen;
    • die Medizinische Universität Lausitz – Carl Thiem (MUL) als “zukunftsweisend gewürdigten Forschungsschwerpunkt für Gesundheitssystemforschung und Digitalisierung” weiterentwickeln;
    • die außeruniversitären Forschungseinrichtungen weiter unterstützen und Ressourcen für ihre strategische Weiterentwicklung zur Verfügung stellen;
    • Science Parks wie in Potsdam und der Lausitz ressortübergreifend stärken, die Voraussetzung für die Einrichtung weiterer Standorte – allen voran in Schwedt und der Dahme-Spreewald-Region – prüfen;
    • die Brückenfunktion der Stadt Frankfurt (Oder) und der Europa-Universität Viadrina sowie den “Kompetenzverbund Interdisziplinäre Ukrainestudien Frankfurt (Oder) – Berlin (KIU)” durch den Aufbau eines Ukraine-Zentrums und Dialogforum Osteuropa stärken. 

    Forschungsministerin Schüle an Koalitionsverhandlungen beteiligt 

    SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht haben bereits angekündigt, dass Bürokratieabbau und Digitalisierung Schwerpunkte einer gemeinsamen Koalition sein sollen. Die aktuelle Forschungsministerin Manja Schüle saß in einer der AGs, die über die zukünftige politische Aufstellung des Landes tagten. Ob sie erneut dieses Amt bekleiden wird, wird sich in Kürze entscheiden. Das BSW strebt nach Berichten das Innen- oder das Finanzministerium an und zeigt sich auch offen für das Bildungsressort. 

    Dietmar Woidke könnte am 11. Dezember im Landtag erneut zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Die Verfassung lässt bis Mitte Januar Zeit für die Wahl.

    In Thüringen präsentierten CDU, BSW und SPD am Freitag einen Koalitionsvertrag, es wird wohl die erste sogenannte Brombeer-Koalition in Deutschland – und somit auch das erste Forschungsministerium unter einem solchen Dreierbündnis. In Sachsen wird aktuell weiterhin verhandelt. nik 

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    Open Transfer Index:  Was der Wissenstransfer für Innovationsprozesse bedeuten kann

    Wissenstransfer ist in den letzten Jahren deutlich vielfältiger geworden: Unternehmen nutzen zunehmend externe Expertise, um neue Ideen zu generieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Das sind zentrale Ergebnisse des Open Transfer Index des Stifterverbands. Fast 20 Prozent der F&E-Budgets fließen dabei in offene Innovation. Demnach verwenden Unternehmen im Durchschnitt knapp ein Fünftel (18,5 Prozent) ihrer Ausgaben für Forschung und Entwicklung dafür. Den Beitrag von offenen Innovationspraktiken zum finanziellen Erfolg des Unternehmens schätzen 30 Prozent der Befragten hoch bis sehr hoch ein. 

    In offenen Innovationsprozessen tauschen Unternehmen ihr Wissen, ihre Ideen und Daten flexibler und auf informelleren Wegen mit externen Partnern aus als in klassischen Innovationsprozessen, wie im Rahmen einer Auftragsforschung. Die Partner können dabei aus verschiedenen Bereichen, wie Wissenschaft, Wirtschaft oder Zivilgesellschaft, stammen. 

    Frank: Basis für Weiterentwicklung politischer Maßnahmen 

    Gerade kleinere und mittelgroße Unternehmen (KMU) profitieren von den informellen Innovationsaktivitäten. Jedes zweite Unternehmen insgesamt setzt dabei auf vielfältige Vernetzung und kooperiert mit mindestens drei Partnern. Die wichtigsten Austauschpartner sind dabei vor allem Kunden der Firmen oder Nutzer ihrer Produkte und Dienstleistungen. 

    “Mit dem Open Transfer Index haben wir nun die Möglichkeit, auch offene Innovationsprozesse zu erfassen. Mit der Methodik ergänzen wir die Innovationsforschung und liefern eine zusätzliche Grundlage für die Weiterentwicklung politischer Maßnahmen”, sagt Andrea Frank, stellvertretende Generalsekretärin des Stifterverbandes. Damit Open Innovation gelingt, müssten solche Partnerschaften aktiv gefördert und alle Partner dazu ermutigt und befähigt werden, sich in diese Prozesse einzubringen, sagt Frank. 

    Fehlende Ressourcen und unklarer Nutzen hemmen Open Innovation 

    Hemmend wirken laut der Studie immer wieder die Sorgen vor unkontrolliertem Wissensabfluss, fehlende Ressourcen oder ein teils unklarer Nutzen der Methoden. Umso wichtiger sei es, eine entsprechende Kultur durch Informations- und Beratungsangebote und notwendige Kompetenzen zu entwickeln. red 

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    BMEL: Prozess zur Reduktion von Tierversuchen geht wie vorgesehen weiter 

    Seit September läuft im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) von Cem Özdemir ein Prozess zur Erarbeitung eines Konzeptes für eine Reduktionsstrategie für Tierversuche. Dies war im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien vereinbart worden. An dem Prozess beteiligt sind Vertreter der Wissenschaft, aber auch der Industrie und von Tierschutzorganisationen. Auf Anfrage von Table.Briefings teilte das Ministerium nun mit, dass der Prozess trotz des Koalitions-Aus “wie vorgesehen” weitergehe. Eingebunden seien die betroffenen Bundesministerien, also auch das BMBF, das jetzt vom gleichen Minister geleitet wird. 

    Bis zum Frühjahr 2025 soll eine abgestimmte Strategie zur Reduktion von Tierversuchen vorliegen. Federführend in diesem Prozess ist neben dem BMEL anscheinend das Bf3R (Deutsches Zentrum zum Schutz von Versuchstieren am Bundesamt für Risikobewertung). Derzeit werde intensiv an der Fertigstellung der Konzeptpapiere der jeweiligen Arbeitsgruppen gearbeitet, schreibt ein Sprecher des Ministeriums.  

    Schon im Februar soll ein Strategieentwurf fertig sein 

    Ziel sei es, Methoden, Technologien und Ansätze zur Reduktion von Tierversuchen in den Schwerpunktbereichen biomedizinische Grundlagenforschung, regulatorische Pharmakologie und Toxikologie sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung zu skizzieren. Die Konzeptentwürfe sollen anschließend vom BMEL in Zusammenarbeit mit dem Bf3R bewertet und gebündelt werden. Anschließend soll bis Ende Februar 2025 eine erneute Abstimmung des Strategieentwurfs mit den Stakeholdern erfolgen.  

    Von einzelnen Vertretern der Wissenschaftsorganisationen wird der sehr ambitionierte Zeitplan für die Erarbeitung der Strategie kritisiert. Auch die Zusammensetzung der Akteure stößt teilweise auf Skepsis. Die Wissenschaft sei in der Minderheit.  

    Neufassung des Tierschutzgesetzes unwahrscheinlich 

    Während der Prozess zur Reduktionsstrategie weitergeht, scheint die Novellierung des Tierschutzgesetzes keine Chance mehr auf Umsetzung zu haben. Die Forschungsorganisationen hatten die darin enthaltene Verschärfung des Strafrahmens für das leichtfertige Töten eines Wirbeltieres ohne vernünftigen Grund kritisiert. Insbesondere im Umgang mit überzähligen Tieren und der bisher nur in losen Absprachen verankerten Kaskadenregelung stellte dies ein Risiko für Tierversuchsverantwortliche dar. 

    Mit der Novellierung des Tierschutzgesetzes sollte auch eine Änderung der Tierschutz-Versuchstierverordnung kommen. Die Kaskadenregelung sollte dort verankert und damit das Verfahren rechtssicherer gemacht werden. Ob diese Änderung auch ohne die Novellierung des Tierschutzgesetzes umgesetzt wird, ist fraglich. Immerhin müsste diese nach einem Kabinettsbeschluss lediglich vom Bundesrat verabschiedet werden.

    Um den derzeit in der Ressortabstimmung befindlichen Prozess voranzubringen, hat sich die DFG mit einem Schreiben an das bisher blockierende Justizministerium und seinen neuen Minister, Volker Wissing, gewendet. Das bestätigte die DFG gegenüber Table.Briefings. Doch während DFG-Präsidentin Katja Becker sich bei der Vorstellung des DFG-Förderatlas kürzlich noch Hoffnung bezüglich einer Umsetzung zeigte, ist man anderen Stellen der Forschungscommunity skeptischer. mw

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    Sparkurs im Land Berlin: Warum die Hochschulverträge voraussichtlich modifiziert werden

    Die Berliner Hochschul- und Wissenschaftslandschaft muss im nächsten Jahr Kürzungen in Höhe von 250 Millionen Euro verkraften, allein 100 Millionen Euro sollen bei den Hochschulen gestrichen werden. Am heutigen Donnerstag beginnen die Gespräche zwischen der Senatsverwaltung und den Berliner Hochschulen.

    Dabei geht es zum einen darum, wie die Sparsumme bei den Hochschulen erzielt werden soll. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die Anfang des Jahres geschlossenen Hochschulverträge modifiziert werden müssen. “Die Hochschulverträge sind ein zweiseitiger Vertrag. Wenn es weniger Leistungen vom Land gibt – finanzieller und anderer Art -, können wir als Hochschulen weniger liefern. Das betrifft beispielsweise den zweistufigen Plan für den Lehrkräfteausbau”, hatte Julia von Blumenthal, Präsidentin der Humboldt-Universität und Sprecherin der Landesrektorenkonferenz im Interview mit dem Tagesspiegel gesagt.

    Förderung für die Berlin Quantum Alliance muss bleiben

    Doch auch die von der schwarz-roten Regierungskoalition vorgelegte weitere Streichliste dürfte noch Änderungen erfahren. Dass zum Beispiel die mit rund sechs Millionen Euro veranschlagte Förderung der Berlin Quantum Alliance ganz entfallen soll, will man in der Wissenschaftscommunity keinesfalls hinnehmen. “Das kann und wird so nicht stehenbleiben”, sagte Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität Berlin am Dienstag bei einem Parlamentarischen Abend der Berlin University Alliance (BUA), an dem auch Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) und Staatssekretär Henry Marx teilnahmen.

    Sie werde intensiv daran arbeiten, dass kein struktureller Schaden in der Berliner Wissenschaft entstehe, sagte Czyborra. Ihr sei bewusst, dass Hochschulen und Wissenschaft verlässliche Finanzierung benötigen – auch in angespannten Haushaltslagen. Sie sprach davon, Synergien besser zu nutzen. Brachte aber auch ins Spiel, auf die Rahmenbedingungen zu schauen und beispielsweise zu prüfen, ob sich “Bremsen lösen” ließen, um agiler zu werden.

    Ex-Wissenschaftssenator Michael Müller: Wissenschaft kein “Schnuckedönschen”

    Der Berliner Senat muss im Haushalt 2025 drei Milliarden Euro einsparen und hat die Summe auf fast alle Bereiche verteilt. Der frühere Regierende Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller (SPD), der bei dem parlamentarischen Abend über die Anfänge der BUA sprach, stärkte seiner Parteikollegin Czyborra den Rücken. Sie habe gekämpft und erreicht, dass in der Wissenschaft weniger gekürzt werde als in anderen Bereichen. Zu den Kürzungen sagte Müller: “Eine Sparrunde geht immer. Aber drei oder vier darf es nicht geben.” Auf Landes- wie auf Bundesebene brauche es die Erkenntnis, dass Wissenschaft nicht irgendein “Schnuckedönschen” sei, sondern die Grundlagen dafür lege, wovon wir in fünf oder zehn Jahren profitieren. abg

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    Must Reads

    Tagesspiegel: RKI-Reform auf Eis gelegt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant seit Langem zentrale Abteilungen des RKI in ein neues Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit (BIÖG) zu überführen. In der neuen Behörde soll auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aufgehen. Das Ampel-Aus sorgt nun aber dafür, dass der Bundestag das nötige Public-Health-Gesetz nicht mehr beschließen wird. Und das, obwohl der Umbau schon begonnen hat. Wie es 2025 weitergehen wird, bleibt unklar. (“Reform liegt auf Eis: Wie das Ampel-Aus das Robert Koch-Institut lahmlegt“)

    NTV: Niedersachsen investiert in Forschung. 618,7 Millionen Euro aus dem Förderprogramm “zukunft.niedersachsen” werden in die Forschung des Landes fließen. Im Zentrum der Forschungsarbeit werden Wasserstoff und Künstliche Intelligenz stehen. Die Gelder kommen vom Land und der Volkswagen Stiftung. (“Niedersachsen investiert 145 Millionen Euro in Wissenschaft”)

    Ärzte Zeitung: Hausärztliche Forschung etabliert. Nach fast fünf Jahren Förderung hat sich das hausärztliche Forschungspraxennetz DESAM-ForNet etabliert. Die Universitätsmedizin strebt an, die forschenden Praxen als langfristige Partner zu gewinnen. Auch das Forschungsministerium schätzt die dezentrale, patientennahe Struktur. (“Gute Chancen für die hausärztliche Forschung”)

    FAZ: Kolonialismus und Wissenschaft. Deutsche Hochschulen und andere Wissenschaftseinrichtungen wurden stark durch den Kolonialismus geprägt. Diese Vergangenheit soll nun auch mit der Hilfe von Forschern aus Afrika aufgearbeitet werden. Deren Interesse daran mitzuwirken ist aus unterschiedlichen Gründen jedoch eher gering. (“Rückgabeplanung als Forschungsdesign”)

    Zeit: Im Norden fehlen Professoren. Zu Beginn des Wintersemesters blieben an allen Universitäten in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Stellen unbesetzt. In Flensburg, Greifswald, Rostock und an der TU Hamburg waren zwischen zwei und 14 Professuren vakant. Die Universitäten Hamburg, Lübeck und Kiel nannten keine Zahlen. (“Universitätsstellen sind unbesetzt geblieben”)

    Zeit: Mecklenburg-Vorpommern reformiert Lehramtsstudium. Ziel ist es, die hohe Abbrecherquote zu senken. Dabei soll der Anteil an Fachwissenschaften, der im Bundesvergleich bislang sehr hoch ist, reduziert werden. (“Reform von Lehrerstudium: Mehr Praxis und weniger Fachwissen”)

    Standpunkt

    Bildungslücke Nachrichtendienste: Warum Deutschland Intelligence Studies braucht

    Von Ali Dogan
    Ali Dogan hat zur Arbeit des Bundesnachrichtendienstes promoviert.

    Nachrichtendienste sind wichtige Akteure der Sicherheitspolitik. In Deutschland unterliegen sie strenger politischer Kontrolle sowie kritischer öffentlicher Beobachtung. Doch im krassen Kontrast zu Bedeutung und Öffentlichkeitsanspruch gibt es an deutschen Hochschulen im Unterschied zu anderen europäischen Ländern kaum systematische Forschung und Lehre über Nachrichtendienste. Dabei zeichnet sich nicht erst seit der Zeitenwende ab, dass ein breites Spektrum von Akteuren – von politischen Entscheidungsträgern über Behörden und Medien, von der Wirtschaft bis hin zu NGOs – Zugang zu unabhängiger wissenschaftlicher Expertise benötigt. Innerhalb wie außerhalb Europas sind solche Intelligence Studies an Universitäten und Thinktanks seit langem etabliert.

    Deutschland muss seine akademischen Ressourcen im Bereich der Intelligence Studies stärken, um eine kritische und sachkundige Analyse der deutschen Nachrichtendienste und der nachrichtendienstlichen Mittel aus einer unabhängigen wissenschaftlichen Sicht zu gewährleisten. Zuvorderst brauchen wir in Deutschland einen öffentlich zugänglichen Studiengang. Angesichts knapper Mittel und kompetitiver Forschungsförderung könnten dazu auch mehrere Universitäten gemeinsam einen interdisziplinären Studiengang in Intelligence Studies einrichten, der sich aus Lehrteilen der Politikwissenschaft, der Soziologie, der Geschichts- und der Rechtswissenschaft sowie der Psychologie zusammensetzt.

    Europäische Nachbarn bieten umfangreiche Forschungsprogramme

    In Großbritannien und den USA bieten renommierte Universitäten wie das King’s College und die Georgetown University im Bereich der Intelligence Studies spezialisierte Studiengänge an. Aber auch europäische Nachbarn wie Frankreich, Österreich, die Niederlande, Spanien und Italien stellen umfangreiche Programme und Forschungseinrichtungen. Diese Forschungseinrichtungen und Studiengänge beschäftigen sich sowohl mit funktionalen Ansätzen, die direkt die Arbeit der Dienste unterstützen, als auch mit kritischen Perspektiven, die Nachrichtendienste aus einer unabhängigen wissenschaftlichen Sicht analysieren.

    Intelligence Studies in Deutschland könnten die Tätigkeit der Kontrollinstanzen – der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, der Mitarbeitenden der Abgeordnetenbüros und der Fraktionen, der Medien und auch der behördlichen Fachaufsicht – weiter professionalisieren. Darüber hinaus könnten aber auch deutsche Unternehmen, die immer mehr mit Wirtschaftsspionage, Desinformation, Verschwörungstheorien wie auch Methoden wie Open Source Intelligence konfrontiert sind, von den Intelligence Studies profitieren.

    Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Nachrichtendiensten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

    Drittmittelgeber wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die Volkswagen Stiftung wie auch politische Stiftungen sollten Forschende gezielt im Bereich der Intelligence Studies unterstützen. Auch internationale Kooperationen im Bereich der Intelligence Studies sollten den Austausch fördern und die Qualität der Forschung verbessern.

    Stiftungen, Thinktanks und andere Akademien und Institute sollten sich dem Thema Nachrichtendienste nähern und eigene Stellen zu diesem Thema schaffen und eine Diskussion im öffentlichen Raum anregen. Schließlich sollte auch eine halbjährig erscheinende, deutschsprachige Fachzeitschrift mit Fokus auf Intelligence Studies gegründet werden und bestehende Fachjournale Sonderhefte zu dem Thema herausbringen.

    Entscheidend ist, dass Deutschland die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Nachrichtendiensten als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift und entsprechende Handlungsempfehlungen umsetzt. Nur so kann eine fundierte, kritische und öffentliche Debatte über die Rolle und die Tätigkeiten der Nachrichtendienste geführt werden, die für eine lebendige Demokratie und eine effektive Sicherheitspolitik unerlässlich ist.

    Ali Dogan arbeitet bei Ernst & Young im Bereich Forensic & Integrity Services. Er hat zur Arbeit des Bundesnachrichtendienstes und der irakischen Nachrichtendienste an der Freien Universität Berlin promoviert. Sein Arbeitspapier für die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Baks) zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Nachrichtendiensten finden Sie hier.

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    Heads

    Kathrin Brockmann, Neurowissenschaftlerin und Genetik-Expertin aus Tübingen, ist neue Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen e.V. (DPG). Sie tritt die Nachfolge von Joseph Claßen (Leipzig) an, der den zweiten Vorsitz übernimmt. Als dritte Vorsitzende wurde Brit Mollenhauer (Kassel) neu in den Vorstand gewählt. 

    Ekaterina Sachariewa ist nun offiziell als EU-Kommissarin für Kommissarin für Start-ups, Forschung und Innovation im Amt. Sie ist Teil der zweiten Von-der-Leyen-Kommission, die am gestrigen Mittwoch mit 370 von 688 abgegebenen Stimmen gewählt worden ist. 

    Karl Schlögel, Osteuropa-Historiker, ist mit dem Gerda Henkel Preis ausgezeichnet worden. Die Gerda Henkel Stiftung verleiht die mit 100.000 Euro dotierte Auszeichnung in einem Turnus von zwei Jahren für herausragende Forschungsleistungen in den von der Stiftung geförderten Disziplinen. 

    Andreas Zeller, Faculty am CISPA Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit und Professor für Software Engineering an der Universität des Saarlandes, ist als Mitglied in die Academia Europaea, die europäische Akademie der Wissenschaften mit Sitz in London, aufgenommen worden.

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    • Innovation

    Best of Table.Media

    Bildung.Table. Digitalpakt II: Neuer Anlauf mit neuem Minister. Wie eine Übergangs-Regierung ohne Mehrheit neuen Schwung in die festgefahrenen Verhandlungen bringen könnte. Heute treffen sich die Vertreter der Länder aller Voraussicht nach mit dem neuen BMBF-Staatssekretär. Mehr

    Africa.Table. Nigeria: Virtuelle Sonderwirtschaftszone für die Digitalwirtschaft. Mit einem innovativen Projekt will sich Lagos als virtueller Standort für digitale Dienstleistungen etablieren. Die AFC unterstützt mit 100 Millionen US-Dollar Phase 1 des Projekts Itana. Vorbild sind das Silicon Valley und e-Estonia. Mehr

    ESG.Table. Biografie der Kanzlerin: Angela Merkel zieht Bilanz zu ihrer Klimaschutzpolitik. In ihren Memoiren blickt Merkel durchaus kritisch auf ihre Umwelt- und Klimapolitik. Auch rät die einstige Atomkraft-Befürworterin Deutschland davon ab, erneut in die Kernenergie einzusteigen. Mehr

    Africa.Table. Erneuerbare Energie: Geringer Fortschritt verschärft soziale Ungleichheit. Der afrikanische Kontinent profitiert nicht vom Potenzial, das erneuerbare Energie bietet. Das schafft soziale Ungleichheit und verschärft den Konflikt zwischen Stadt und Land. Dabei gibt es Lösungsansätze. Mehr

    Dessert

    Der Virologe Hendrik Streeck tritt für die Bonner CDU im Bundestagswahlkampf an. Unterstützt wird er vom Investor Frank Thelen, dessen Vorbild Elon Musk ist.

    Der Gründer und Tech-Investor Frank Thelen will sich bei der anstehenden Bundestagswahl politisch engagieren. Wie er auf der Plattform X ankündigte, wird er im kommenden Wahlkampf den Virologen Hendrik Streeck unterstützen, der für die CDU antritt. 

    Er freue sich, dass sich “Hendrik als erfolgreicher Virologe und Professor entschieden hat, in die Politik zu gehen. Die Ministerien für Bildung & Forschung und Gesundheit würden mit seinem Wissen und seiner Passion besser laufen.”

    Musk einer der “größten Denker und Macher der Geschichte”

    Auch wenn Thelen von sich selbst sagt, er sei “nicht der deutsche Elon Musk”, so scheint er ihm doch nacheifern zu wollen. Er sieht Musk immerhin als einen “der größten Denker und Macher der Geschichte”. Und wie sein Vorbild hat auch Fernsehjuror Thelen bisweilen einen Hang zu autoritären Gedanken und wünscht sich schon mal eine vorübergehende Diktatur.

    Ob ihm mit ‘seinem’ Kandidaten gelingt, was Elon Musk mit Donald Trump gelungen ist, bleibt abzuwarten. Und natürlich auch, ob er erfolgreicher ist, als Dieter Bohlen. Dieser will laut Bild-Zeitung “für Merz sein, was Musk für Trump war”. Und bekennt: “Eigentlich wollte ich in die Wirtschaft.” Minister wolle er nicht werden – eine Beraterrolle könne er sich aber vorstellen.

    Streeck freut sich, Merz hat Bohlen noch nicht berufen

    Viele kleine deutsche Elons also, die sich weder an Großmannssucht noch an autoritärer Haltung ihres Vorbilds stoßen. Bleibt die Frage, wie sich die Kandidaten zu den Unterstützern verhalten: Streeck dankt Thelen für seine Unterstützung. Ob Dieter Bohlen dann nach der Wahl für Friedrich Merz die Bürokratie abbauen darf, bleibt noch offen. Markus Weisskopf

    • Bundestagswahl

    Research.Table Redaktion

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