Table.Briefing: Research

Antisemitismus: Kritik an Bundestags-Resolution + Kernfusion: zu spät für Klimaziele in Europa + BMBF-Fördermittelaffäre: Ausschuss, die Zweite

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Ministerin hat zugesagt. Am Dienstag, 10. September wird sich Bettina Stark-Watzinger in einer Sondersitzung des Forschungsausschusses erneut den Fragen der Abgeordneten zur Fördermittelaffäre stellen. Der Termin geht auf eine Initiative der Union zurück, die nach den Auftritten Stark-Watzingers in Ausschuss und Parlament im Juni weitere erhebliche Zweifel an der Richtigkeit ihrer Darstellung hat.

Die CDU-Abgeordneten Stephan Albani und Thomas Jarzombek wollten bei der Gelegenheit auch den Leiter der BMBF-Abteilung 4, Jochen Zachgo, und die ehemalige Staatssekretärin Sabine Döring befragen. Warum sie nicht dabei sein werden, schreibt mein Kollege Markus Weisskopf in den News.

Um den Stand der Kernfusion geht es in der Analyse meines Kollegen Tim Gabel. Er hat für Sie das frisch erschienene Impulspapier von Leopoldina, Acatech und der Akademien-Union gelesen, das Chancen, aber auch Unsicherheiten der Fusionsforschung offenbart, mit denen die heutige Forschungs- und Energiepolitik mit Blick auf die Kernfusion umgehen muss.

Wichtiger Punkt darin: Zum Erreichen der deutschen und europäischen Klimaziele 2045/50 wird Kernfusion “aller Voraussicht nach nicht beitragen”. Wegen der noch erforderlichen Entwicklungsarbeiten wird ein erstes Fusionskraftwerk frühestens 2045 bis 2050 für realistisch gehalten. Bis zur kommerziellen Nutzung dürfte es noch länger dauern, wenn diese überhaupt gelingt.

Anderweitige Bemühungen für ein klimaneutrales Energiesystem sollten daher nicht ins Hintertreffen geraten, raten die Akademien. Wir setzen also erstmal auf Sonne und Wind – das passt auch besser zu diesen Augusttagen – und wünschen Ihnen gute Lektüre. 

Ihre
Anne Brüning
Bild von Anne  Brüning

Analyse

Bundestagsresolution: Irritationen über mögliche Antisemitismusklausel in der Forschungsförderung

Wissenschaftsorganisationen, Rechtsexperten und Forschende verfolgen mit wachsender Besorgnis die Erarbeitung eines Entschließungsantrags des Bundestags zum Schutz jüdischen Lebens. Der Antrag soll von den Fraktionen von SPD, Grünen und FDP gemeinsam mit der CDU/CSU eingebracht werden. Nach Informationen von Table.Briefings konnten sich die Berichterstatter nicht auf einen gemeinsamen Text einigen. Daraufhin wurde die Aufgabe in die Hände der Vize-Fraktionsvorsitzenden gegeben.

Doch die Kritik häufte sich. Sie betrifft zum einen die Antisemitismusdefinition, zum anderen förderrechtliche Konsequenzen für den Wissenschafts- und Kulturbetrieb. Seit der vergangenen Woche ist das Thema dem Vernehmen nach nun auf höherer Ebene: bei den Fraktionsspitzen.

Thomas Jarzombek: “Mit den Grünen war wohl kein Konsens möglich”

Entrüstet über den zähen Verlauf der Verhandlungen ist CDU-Forschungspolitiker Thomas Jarzombek. Es sei verabredet gewesen, einen Antrag noch vor der Sommerpause interfraktionell einzubringen. “Wie ich höre, war mit den Grünen aber wohl kein Konsens möglich. Ich finde es wirklich unfassbar, dass es bei dieser so zentralen Frage bis heute nicht möglich ist, einen gemeinsamen Nenner zu finden.”

Woran es hakt, ist nicht direkt zu erfahren. Aufseiten der Verhandlungsführer herrscht Stillschweigen. Deshalb müssen sich Öffentlichkeit und viele Stakeholder mit einem geleakten Entwurf der Resolution begnügen.

Kritik am Prozess: lange Dauer und fehlende Beteiligung

Der Entwurf werde “hinter verschlossenen Türen, intransparent und undemokratisch zwischen den Fraktionsspitzen ver- und ausgehandelt, sodass eine öffentliche Diskussion de facto ausgeschlossen wird”, moniert eine Gruppe von Wissenschaftlern in einem nicht namentlich unterzeichneten Papier, das unter anderem an die Verhandler und die Fraktionsspitzen im Bundestag verschickt wurde. Es gebe keine Fraktionsbeteiligung, keine Ausschussbeteiligung, keine Expertenanhörungen, keinen Austausch mit Interessenverbänden und Betroffenen.

Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit

Aus forschungspolitischer Sicht betrifft die Kritik vor allem das Förderrecht. Der Entwurf sieht vor, dass die Unterstützung von Antisemitismus ein Ausschlussgrund für die öffentliche Förderung sein soll. Das halten mehrere Rechtsexperten für derart weitreichend und unbestimmt, dass es auch verfassungsrechtlich vermutlich nicht haltbar ist.

Er habe große Zweifel, ob man Förderprojekte “auf eine Unterstützung oder Reproduktion von antisemitischen Narrativen” hin überprüfen kann, ohne in die Wissenschaftsfreiheit einzugreifen, hatte etwa Ralf Michaels, Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg, auf Anfrage von Table.Briefings gesagt.

Jerzy Montag warnt vor “Gängelung und Zensierung”

Danach meldete auch der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Jerzy Montag, Richter am Bayerischen Verfassungsgerichtshof, Bedenken an. In einem Brief an die Spitze seiner Partei und in einem Ende Juli veröffentlichten Gastbeitrag für die Zeit warnt er, dass die Resolution die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährde und mahnte Änderungen an.

Besonders problematisch sei das Plädoyer für neue haushaltsrechtliche Regelungen, um zu verhindern, dass staatliche Mittel für Antisemitismus ausgegeben werden. Anträge für öffentliche Förderung auf Unterstützung oder Reproduktion antisemitischer Narrative zu überprüfen, werde “auf eine Gängelung und Zensierung von Kunst, Kultur, Wissenschaft und jeglicher Meinungsäußerung im öffentlichen Raum hinauslaufen”, warnt er.

Walter Rosenthal: “‘Antisemitismusklausel’ weder erforderlich noch zielführend”

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat dazu eine klare Haltung: “Forschungsförderung erfolgt hierzulande wissenschaftsgeleitet. Bewilligungsentscheidungen berücksichtigen daher die wissenschaftliche Exzellenz und Qualität des vorgeschlagenen Vorhabens”, sagt HRK-Präsident Walter Rosenthal. Antisemitismus in einem Forschungsantrag/-projekt widerspreche zudem der guten wissenschaftlichen Praxis. “Eine ‘Antisemitismusklausel’ ist daher weder erforderlich noch zielführend”, betont er. 

Eine ähnliche Position vertritt der Deutsche Akademische Austauschdienst. “Der DAAD vertraut darauf, dass der in Erarbeitung befindliche Entschließungsantrag des Deutschen Bundestags rechtssichere, konkrete und wissenschaftlich fundierte Anforderungen formuliert”, teilt ein Sprecher mit. Diese sollten sicherstellen, dass Auswahl- und Bewerbungsverfahren sowie die wissenschaftliche Arbeit selbst weiterhin nach wissenschaftlichen Qualitätskriterien gestaltet werden können.

Uneinigkeit über die IHRA-Arbeitsdefinition

Kritik entzündet sich auch an der Wahl der Antisemitismusdefinition. Der Resolutionsentwurf will die International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) Arbeitsdefinition zugrunde legen. Mehrere Juristen betrachten sie jedoch als zu unbestimmt. Als ein Regulierungsinstrument eigne sie sich nicht.

Dieser Ansicht ist auch Jerzy Montag. “Diese Definition wurde 2005 entwickelt und sodann als eine ausdrücklich nicht rechtsverbindliche Arbeitsdefinition von der IHRA für ihre eigene Aufklärungsarbeit über den Holocaust übernommen.” Inzwischen habe auch der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages der Definition jeglichen rechtsverbindlichen Charakter abgesprochen.

Die Hochschulrektorenkonferenz dagegen betont: “Die HRK hat sich 2019 grundsätzlich zur IHRA-Arbeitsdefinition bekannt. Diese weist in besonderer Weise produktiv auf (un-)bewusste Unschärfen, Doppelstandards, Wahrnehmungsdefizite und blinde Flecken im Diskurs über Antisemitismus hin.” Sie biete insgesamt eine klare Grundlage zum Erkennen von Judenhass und sei damit ein wichtiges Werkzeug bei seiner Bekämpfung, erhebe selbst aber explizit keinen Anspruch auf Rechtsverbindlichkeit, teilt ein Sprecher mit. Zugleich weist er darauf hin, dass einer Bundestagsresolution allein noch keine Rechtsverbindlichkeit zukomme.

Politische Auslegung von Antisemitismus und Selbstzensur befürchtet

Doch auch ohne Rechtsverbindlichkeit gibt es Bedenken. “Wenn fortan nur noch anhand der IHRA-Definition entschieden wird, was Antisemitismus ist und das ein Ausschlussgrund für die öffentliche Förderung wird, würde das einer Politisierung von Förderentscheidungen und damit von wissenschaftlicher Forschung Tür und Tor öffnen”, sagt Jannis Julien Grimm, Politikwissenschaftler am Zentrum für interdisziplinäre Friedens- und Konfliktforschung der FU Berlin.

Die IHRA-Definition könne sehr weit gefasst werden. Das berge die Gefahr, dass Forschende oder Kunstschaffende, die berechtigte Kritik zum Beispiel an der vom IGH als völkerrechtswidrig eingeschätzten israelischen Besatzungspolitik in Gaza und der Westbank äußern, als antisemitisch gelabelt oder diskreditiert werden. “Letztendlich wird das zu Selbstzensur führen und den Diskurs verengen.”

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Fusionsforschung: Akademien-Papier offenbart politisches Dilemma

Über den Zeitpunkt der Veröffentlichung des neuen Akademien-Papiers zur Kernfusion lässt sich streiten. Die Qualität des Impulses “Kernfusion als Baustein einer klimaneutralen Energieversorgung? Chancen, Herausforderungen, Zeithorizonte” hätte es verdient gehabt, mehr Aufmerksamkeit zu generieren als im Sommerloch mutmaßlich möglich ist. Denn die fundierte Bestandsaufnahme von Leopoldina, Acatech und der Akademien-Union fasst das Dilemma und die Unsicherheiten, mit denen die heutige Forschungs- und Energiepolitik mit Blick auf die Kernfusion umgehen muss, analytisch und fundiert zusammen.

Die Technologie, so das Fazit des Papiers, kommt für den akuten Kampf gegen den Klimawandel zu spät, braucht aber in naher Zukunft gewaltige finanzielle Mittel. Nur so könnten Forschung und Entwicklung zügig weiter vorangebracht werden, damit Kernfusion überhaupt noch in diesem Jahrhundert – zum Beispiel als Ersatz bisheriger Grundlastkraftwerke – eingesetzt werden kann. “Eine Notwendigkeit für eine sichere und verlässliche Energieversorgung der Zukunft stellen sie nach heutigem Kenntnisstand laut Systemstudien jedoch nicht dar”, schreiben die Autoren.

Kernfusion kann zur Erreichung der Klimaziele nicht beitragen

Wegen der noch erforderlichen Entwicklungsarbeiten halten Experten ein erstes Fusionskraftwerk frühestens 2045 bis 2050 für realistisch, heißt es in dem Papier, “wobei keine Gewähr für eine erfolgreiche Umsetzung besteht”. Zum Erreichen der deutschen und europäischen Klimaziele 2045/50 wird Kernfusion “aller Voraussicht nach nicht beitragen”. Gleichzeitig handele es sich um eine komplexe und forschungsintensive Technologie, die über die bereits erfolgte umfangreiche Förderung hinaus nur mit weiteren “erheblichen Forschungsmitteln aus dem staatlichen wie privaten Bereich realisiert werden kann”.

Am wahrscheinlichsten sei der Einsatz von Kernfusions-Kraftwerken in Regionen mit einer hohen und stetigen Nachfrage, beispielsweise in dicht besiedelten Gegenden und Industriezentren. Auch ein Beitrag zur Herstellung von grünem Wasserstoff und seiner Derivate in Deutschland beziehungsweise innerhalb Europas sei möglich. In Ländern, die in ihrem Energiesystem weiterhin verstärkt auf Großkraftwerke setzen werden, “könnten Fusionskraftwerke insbesondere die Kernkraftwerke sukzessive ersetzen” – mit dem Vorteil, dass keine Endlager benötigt würden und der Betrieb von Fusionskraftwerken weniger riskant sei.

Große Potenziale, noch größere Unwägbarkeiten

Das Ziel der Kernfusionsforschung “ist eine klimafreundliche und kontinuierlich verfügbare Energiequelle mit geringem Flächenbedarf”, schreiben die Autoren. Voraussetzung dafür sei aber auch, dass sich die Kernfusion “gegenüber erneuerbaren Energien und anderen emissionsarmen Technologien am Strommarkt durchsetzen könnte“. Das wiederum hänge von den Kosten ab, zu denen Fusionskraftwerke Strom bereitstellen würden. Die Akademien zitieren aktuelle Systemstudien, die davon ausgehen, Fusionsstrom lohnt sich nur dann, wenn die Kosten im unteren Bereich des derzeitigen Prognosekorridors liegen. Alle Abschätzungen seien aktuell aber mit hohen Unsicherheiten verbunden.

Geht man – trotz aller Unwägbarkeiten – optimistisch davon aus, dass Fusion Teil des klimaneutralen Energiesystems der Zukunft sein kann, sehen die Akademien durchaus große Chancen für Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit in dem Bereich. Brennstoffe könnten vor Ort hergestellt werden, was die Abhängigkeit von energieexportierenden Ländern reduzieren würde. Mit dem generierten Wissen und den entwickelten Bauteilen könnten deutsche Start-ups neue Exportmärkte erschließen. Darüber hinaus lägen “einnahmenrelevante Potenziale” auch in anderen Anwendungsfeldern wie der Medizin, Optik, Diagnostik, Robotik und Raumfahrt.

Entwicklung: Zahlreiche praktische Herausforderungen

Mit Blick auf die Entwicklung der Technologie sei es bis zu einem ersten regulären Kraftwerk noch ein weiter Weg. Die physikalischen Grundlagen der Kernfusion seien verstanden. Bisher gebe es für keines der bestehenden Fusionskonzepte einen Prototyp und vor einem Kraftwerksbetrieb seien noch zahlreiche praktische Herausforderungen zu lösen: Dazu zählen die Steigerung der Energieausbeute, die Herstellung des Brennstoffs Tritium sowie die Entwicklung besonders widerstandsfähiger Materialien für die sogenannte “First Wall” und hochleistungsfähige Laser.

Zu einer finalen Bewertung, ob die Magnet- oder die Trägheitsfusion im Wettbewerb der technologischen Ansätze die Nase vorn haben, lassen sich die Akademien in ihrem Papier nicht hinreißen. Vor allem die Leopoldina hatte in der Vergangenheit für eine Konzentration auf die Magnetfusion geworben und war für eine Schieflage bei der Auswahl der Experten kritisiert worden. Acatech-Präsident Jan Wörner hingegen hatte Anfang des Jahres im Gespräch mit Table.Briefings gesagt, dass es für eine Entscheidung zu früh sei.

Technologischer Reifegrad bei der Magnetfusion höher

Im aktuellen Papier gehen die Akademien analytischer vor: Eine Bestandsaufnahme unterschiedlicher Technologiereifegrade (TLR 1 bis 9; 9 = Qualifiziertes System mit Nachweis des erfolgreichen Einsatzes) zeichnet ein differenziertes Bild. Im Bereich der Magnetfusion wird aktuell dem Tokamak ein etwas höherer Stand der Technik zugeordnet (TLR 4 bis 5 = Versuchsaufbau im Labormaßstab oder in einer relevanten Einsatzumgebung) als dem Stellarator, weil mit ihm “bisher im Vergleich zum Stellarator höhere Werte des Tripelprodukts und eine höhere technologische Reife erreicht wurde”.

Die Ansätze in der Laserfusion seien unterschiedlich weit fortgeschritten: Mit TRL 3 (Nachweis der Funktionsfähigkeit des Konzepts) am weitesten ist demnach das Indirect-drive-Verfahren. Während die Trägheitsfusion bei der technologischen Reife also hinterherhinkt, hat sie die Nase in Sachen Lawson-Kriterium vorn. Beim viel zitierten Laserfusionsexperiment an der National Ignition Facility (NIF) in den USA wurde erstmals mehr Wärmeenergie frei, als in eine Fusionsreaktion hineingesteckt wurde. Allerdings ist hier die Energie, die für den Laserbetrieb benötigt wird, nicht einkalkuliert (siehe Grafik).

Fazit: Forschung fortsetzen, bei Erneuerbaren nicht nachlassen

Nach Abwägung aller Chancen und Herausforderungen kommen die Experten zu dem Schluss, dass es sinnvoll sei, die Forschung an der Kernfusion fortzusetzen, ohne bei der Entwicklung und dem Aufbau eines klimafreundlichen Energiesystems, insbesondere unter Nutzung erneuerbarer Energien, nachzulassen. Man dürfe nicht auf die Kernfusion warten: “Das Engagement für die Kernfusion darf also die anderweitigen Bemühungen für ein klimaneutrales Energiesystem nicht einschränken, sondern sollte diese ergänzen.”

Angesichts der prognostizierten Mittelkürzungen für Energieforschung im Haushalt keine leichte Aufgabe für die Politik, die in der aktuellen Regierungskonstellation auch unterschiedliche Interessen und Ansätze im Forschungs- und Energieressort aushandeln muss. Einige konkrete Aufgabenstellungen liefern die Akademien als wissenschaftliche Beratungsleistung an die Politik mit: Eine “möglichst frühzeitige und vorausschauende Etablierung der regulatorischen Grundlagen” könne Investitionsrisiken senken und so private Investoren anlocken. Zudem sei es unerlässlich, die Kernfusion in die öffentliche Debatte zu bringen, um eine “aktive Teilhabe an den zukünftigen Entwicklungs- und Entscheidungsprozessen zu ermöglichen”.

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Termine

12./13. September 2024, FU Berlin
Jah­res­ta­gung des Netz­werks Wis­sen­schafts­ma­nage­ment Für Frei­heit in Kri­sen­zei­ten. Per­spek­ti­ven aus dem Wissenschaftsmanagement Mehr

12. – 15. September 2024, Potsdam
133. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte Wissenschaft für unser Leben von morgen Mehr

18. September 2024, Alte Münze, Berlin
InnoNation Festival Scaling Solutions Mehr

19. September 2024, ab 11 Uhr, Körber-Stiftung, Hamburg
Hamburg Science Summit 2024 “Europe’s Path Towards Tech Sovereignty” Mehr

24. September 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Haus der Commerzbank, Pariser Platz 1, 10117 Berlin
Forum Hochschulräte Starke Marken, klarer Kern: Strategische Schwerpunktsetzung und Markenbildung bei Hochschulen Mehr

25. September 2024, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU)
Jahreskolloquium des Bayerischen Wissenschaftsforums Transformationskompetenz in Wissenschaft und Hochschule Mehr

26. September 2024, 12:00 bis 13:00 Uhr, Webinar
CHE talk feat. DAAD KIWi Connect Transfer und Internationalisierung – Warum ist es sinnvoll, beides gemeinsam zu denken und was braucht es hierzu? Mehr

26./27. September 2024, Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale) und Online
Jahresversammlung 2024 der Leopoldina Ursprung und Beginn des Lebens Mehr

News

KMK-Reform: Was Bayern zur Frage der Einstimmigkeit sagt

Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume.

Die mögliche Reform der Abstimmungsmodalitäten in der KMK steht vor entscheidenden Wochen. “Der KMK muss die Reform ihrer selbst jetzt gelingen”, sagte Kai Gehring (Grüne), Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Bildung und Forschung, im Wiarda-Blog. Es gelte, sich für den Fall zu wappnen, dass AfD oder BSW eine Schulministerin oder einen Schulminister stellen würden, und zu verhindern, dass ein Bundesland alle anderen als Geiseln nehmen und beispielsweise Demokratieförderprogramme blockieren könne. “Auch aus diesem Grund fordere ich die bayerische Staatsregierung auf, ihre Bedenken gegen die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der Kultusministerkonferenz aufzugeben.”

In der KMK-Sondersitzung am 2. September stehen die Abstimmungsmodalitäten auf der Tagesordnung. Bei der jüngsten Konferenz im Juni wurde über diese weitreichende Frage nicht entschieden. “Ich finde es richtig und wichtig, dass man sich auf dieser KMK-Sitzung nicht leichtfertig vom Einstimmigkeitsprinzip verabschiedet hat. Ich würde das auch ablehnen”, sagte Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume.

Bis Mitte August soll Vorschlag der Strukturkommission vorliegen

Die explizite Forderung Gehrings, die Bedenken aufzugeben, kommentieren das bayerische Kultus- und Wissenschaftsministerium in einer untereinander abgestimmten Antwort an Table.Briefings betont zurückhaltend. “Inwieweit zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung der Agilität und Handlungsfähigkeit der Kultusministerkonferenz beitragen können, ist derzeit Gegenstand länderübergreifender Beratungen.” Die Achtung der im Grundgesetz verankerten Bildungshoheit als Kernbereich der jeweiligen Länderkompetenz sei dabei notwendigerweise ein wesentliches Gestaltungsmerkmal.

Lesen Sie auch: Wie die Minister zur Frage der Einstimmigkeit entschieden haben

Bis Mitte August, so heißt es, soll ein Vorschlag der Strukturkommission II vorliegen, wie künftige Abstimmungsmodalitäten der KMK aussehen könnten. Diese würden dann wohl entsprechend auch für die neue Wissenschaftsministerkonferenz gelten. An der Spitze der Strukturkommission stehen der Hamburger Staatsrat Rainer Schulz und Rolf-Dieter Jungk, Amtschef im bayerischen Wissenschaftsministerium. hsc

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Fördermittelaffäre: Warum Stark-Watzinger allein zur Sondersitzung geht 

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger wird sich am 10. September um 8 Uhr im Forschungsausschuss erneut den Fragen der Abgeordneten zur Fördermittelaffäre stellen. Das geht aus einem Antwortschreiben der Ministerin an den Ausschussvorsitzenden Kai Gehring hervor, das Table.Briefings vorliegt. 

Gehring hatte Stark-Watzinger auf Bitte der Union zu der Sondersitzung eingeladen. Die CDU-Abgeordneten Stephan Albani und Thomas Jarzombek sehen “weitere erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung von Bundesministerin Stark-Watzinger” nach deren Auftritten in Ausschuss und Parlament im Juni.  

Die beiden Unions-Forschungspolitiker hatten in ihrem Schreiben ebenfalls den Wunsch geäußert, den Leiter der Abteilung 4 “Hochschul- und Wissenschaftssystem; Bildungsfinanzierung”, Jochen Zachgo, einzuladen. Ferner baten sie darum, dass die ehemalige Staatssekretärin Sabine Döring “an der Sonderausschusssitzung teilnimmt und ihre persönliche Stellungnahme ungehindert vortragen kann”.  

Sabine Döring wird nicht teilnehmen 

In ihrer Antwort an Gehring verweist die Forschungsministerin nun auf die Verschwiegenheitspflicht von Beamten, die auch über das Ende des aktiven Dienstverhältnisses hinaus gelte. “Eine Entbindung von Frau Staatssekretärin a.D. Prof. Dr. Döring, die nach meinem Kenntnisstand nicht zu der Sondersitzung eingeladen worden ist, von dieser Verschwiegenheitspflicht entfällt allein schon deswegen, da Frau Prof. Dr. Döring ein noch nicht abgeschlossenes verwaltungsgerichtliches Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland führt, bei dem das BMBF Verfahrensbeteiligte ist.” 

Das BMBF werde im Ausschuss allein von dessen politischer Leitung vertreten, schreibt Stark-Watzinger weiter. Das bedeutet, dass auch Zachgo nicht zur Sondersitzung kommen wird. In einem parallel übermittelten Schreiben direkt an die beiden CDU-Abgeordneten, das Table.Media vorliegt, lehnt Staatssekretär Jens Brandenburg im Namen des BMBF die ebenfalls eingeforderte Akteneinsicht ab. mw 

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Zukunftsfonds: Welche Entwicklungen die Union kritisiert

Der Zukunftsfonds (Beteiligungsfonds für Zukunftstechnologien) mit einem Volumen von rund zehn Milliarden Euro wurde 2021 von der CDU-geführten Regierung ins Leben gerufen. Damit sollen der schwache deutsche Venture-Capital-Markt und die Finanzierungsbedingungen für innovative, technologieorientierte Start-ups gestärkt werden. 

Ausweitung des Zukunftsfonds durch die Ampel 

Der Fonds wurde seitens der Ampel-Koalition nicht nur fortgeführt, sondern sogar erweitert. BMF und BMWK kündigten Anfang des Jahres eine Ausweitung des bereitgestellten Kapitals für junge, innovative Technologie-Unternehmen um 1,75 Mrd. Euro an. Dabei wurden unter anderem 200 Millionen Euro für Investitionen von KfW Capital in sogenannte Impact Venture-Capital-Fonds vorgesehen. Diese zielen zusätzlich zur finanziellen Rendite auf eine messbare positive, soziale oder ökologische Wirkung ab.  

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner, beklagte auf Anfrage von Table.Briefings, dass die Kriterien für diese sozialen und ökologischen Wirkungen nicht klar seien. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion, die Table.Briefings vorliegt, verweist das BMWK auf die noch laufende Abstimmung der Kriterien zwischen Bundesregierung und der KfW.  

Kritik an Förderung weiblicher Management-Teams 

Weiterhin kritisiert Klöckner die Ende 2023 neu geschaffene “Emerging Manager Facility”. Damit sollen insbesondere jüngere, weiblich und divers aufgestellte Managementteams von Venture-Capital-Fonds gestärkt und finanziert werden, die mit einem Fondsvolumen von bis zu 50 Millionen Euro investieren. Hierfür werden durch den Zukunftsfonds 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damit “verzettelt” sich die Bundesregierung, meint Klöckner. Wie aus der Antwort der Bundesregierung ersichtlich werde, sei damit bisher lediglich ein Fonds erreicht worden. Die Förderung von Frauen in der Start-up-Szene sei richtig. “Es ist aber überflüssiger Aufwand, wenn die Bundesregierung ein sachfremdes Kriterium in die Auswahlentscheidung integriert.” mw

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Kampf gegen Antisemitismus: Union findet Stark-Watzingers Aktivitäten nicht ausreichend

41 Fragen hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 25. Juli im Rahmen einer Kleinen Anfrage eingereicht, um die Aktivitäten von Bettina Stark-Watzinger mit Blick auf den Kampf gegen Antisemitismus. Darin geht es unter anderem darum, ob die Forschungsförderung im Bereich der Antisemitismusforschung ausgebaut werden sollte. Auch die Fortsetzung und finanzielle Ausgestaltung der Förderrichtlinie “Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus” ist Thema.

25 Seiten umfassen die Antworten des Ministeriums, die Table.Briefings exklusiv vorliegen. Die Union sieht darin vor allem Belege für mangelndes Engagement. “Angesichts der vielfältigen Erklärungen von Ministerin Stark-Watzinger rund um die Fördermittelaffäre ist der Eindruck entstanden, dass sie sich den Kampf gegen den Antisemitismus zum Ziel gesetzt hat. Es ist erstaunlich, dass dem aber offenbar nicht so ist. Ganz offensichtlich wurde nur geredet und nicht gehandelt”, sagt der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Thomas Jarzombek.

Kurze Schlagzeile statt solider und gründlicher Arbeit

Trotz der verschärften Situation würden seit dem 7. Oktober letzten Jahres bis heute nur Programme der Vorgängerregierung fortgeführt, es gebe keine neue Initiative. “Zudem enden die meisten Maßnahmen des Bundesforschungsministeriums im Kampf gegen Antisemitismus bereits im Sommer nächsten Jahres und es herrscht Unklarheit, wie es weitergehen soll.”

Es dränge sich leider der Eindruck auf, dass Ministerin Stark-Watzinger statt solider und gründlicher Arbeit zur Bekämpfung von Antisemitismus dieses so wichtige Thema für eine kurze Schlagzeile missbraucht hat. “Es darf aber insbesondere nicht der Eindruck entstehen, dass sie das Thema Antisemitismus ausschließlich benutzt, um ihr Amt zu retten in der nach wie vor unaufgeklärten Fördermittelaffäre”, sagt Jarzombek.

Förderlinie “Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus” wird fortgesetzt

Tatsächlich sind die Antworten des Ministeriums teils sehr vage. Auf Frage 9 nach Weiterentwicklung und Ausbau der Antisemitismusforschung ist lediglich zu erfahren, dass man dazu bereits Einschätzungen von Expertinnen und Experten aus dem Fachgebiet eingeholt habe und dass auf der Grundlage dieser Gespräche die nächste Förderlinie aufgesetzt werde.

Etwas konkreter äußert sich das Ministerium dagegen zur Fortsetzung der Förderlinie “Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus”. Diese werde derzeit entwickelt, soll innerhalb der nächsten Monate veröffentlicht werden und Ende 2025 oder Anfang 2026 starten. Das Gesamtfördervolumen betrage 12 Millionen Euro. Diese stünden aber noch unter dem Vorbehalt der Bereitstellung der Mittel durch den Deutschen Bundestag. abg

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Must-Reads

FAZ: Plädoyer für eine Exzellenzpause. Angesichts des Drucks, der in der aktuellen Wettbewerbsphase um die Forschungsfinanzierung auf den deutschen Hochschulen lastet, spricht sich Thorsten Wilhelmy für ein Moratorium bei der Exzellenzstrategie nach der kommenden Förderphase aus. In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung schlägt der Geschäftsführer der Einstein-Stiftung anstelle einer erneuten Ausschreibung von Exzellenzformaten vor, dass Bund und Länder “das Geld der DFG zur Erhöhung ihrer Programmpauschalen in den regulären Programmen zur Verfügung” stellen. Unter anderem stützt sich Wilhelmy auf ein Positionspapier des Wissenschaftsrates aus dem Jahr 2023. Darin heißt es, dass “die Mittel, die große Förderinstitutionen wie die DFG erhalten bzw. Bund und Länder projektförmig ausschreiben, großenteils in die Grundfinanzierung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen zurückgelenkt werden müssen”. Nach Ansicht Wilhelmys wäre eine solche Lösung, bei der kein Euro verloren wäre, keineswegs wettbewerbsfeindlich und würde ­weiterhin diejenigen belohnen, die sich mit herausragenden Forschungsideen durchsetzen. Jedoch müsste die Politik “über den eigenen Schatten springen, den auch für sie prestigeträchtigen Wettbewerb zu überführen in eine unglamourösere, kräfteschonende und sachgerechtere Variante”. Mehr

The Geyser. Revisiting: Cats and Horses. A slightly edited re-issue of a 2021 column that still rings true. In seinem Blog plädiert Kent Anderson für die Beibehaltung bewährter Methoden zur Sicherung der Wissenschaftlichkeit. Er betont die Wichtigkeit von Peer-Review-Prozessen und redaktioneller Kontrolle, um die Qualität und Zuverlässigkeit wissenschaftlicher Publikationen zu sichern. Der Autor sieht es als unrealistisch und egoistisch an, zu erwarten, dass Laien die Fähigkeit oder das Interesse haben, wissenschaftliche Arbeiten selbst zu bewerten. Mehr

  • DFG

Heads

Ursula Staudinger – Wissenschaftsmanagerin mit internationalen Ambitionen und politischem Weitblick

Ursula Staudinger, Rektorin, TU Dresden.
Als Rektorin der TU Dresden legt Ursula Staudinger besonderen Wert auf internationales Ansehen und Konkurrenzfähigkeit der Hochschule.

Wenn man Ursula Staudinger, Rektorin der Technischen Universität Dresden, nach ihrem eigenen Anspruch fragt, sagt die Wissenschaftlerin, dass es ihr vor allem wichtig ist, einen institutionellen Rahmen zu schaffen, in dem über Fächergrenzen hinweg “alle Mitglieder der Universität sich entwickeln und ihre Aufgaben bestmöglich erfüllen können”.  

Als sie 2020 als neue Rektorin in die sächsische Hauptstadt kam, sei ihr bewusst gewesen, dass sie die eigene Forschung “an den Nagel hängen müsse”, erinnert sich Staudinger und erklärt ihren Wechsel in das Wissenschaftsmanagement so: “Ich bin damals an einem Punkt in meiner wissenschaftlichen Karriere gewesen, der mir das Gefühl gab, mit meiner Forschung einen Beitrag zum Feld geleistet zu haben und nun den Schritt in eine neue Rolle gehen zu können.” 

Schwerpunkte: Bildungsforschung und Alternswissenschaft 

Ihr Forschungsfeld Demographisches Altern sei aber nach wie vor eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Hier eine Brücke von der Wissenschaft in die Gesellschaft zu bauen, sei für sie nach wie vor essenziell. Die Psychologin gilt als renommierte Alternswissenschaftlerin. Ihr Karriereweg führte die gebürtige Nürnbergerin nach einem Psychologie-Studium an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und der Clark University in Massachusetts (USA) nach Berlin, wo sie an der Freien Universität promovierte und später als Gruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung habilitierte. 

1999 erhielt die Wissenschaftlerin ihren ersten Ruf als Professorin für Psychologie an die TU Dresden (TUD). Danach folgte eine Station an der Jacobs University Bremen, wo die Psychologin Anfang der Nullerjahre eine Professur bekam, Vizepräsidentin wurde und das Jacobs Center on Lifelong Learning and Institutional Development gründete. 2013 ging Staudinger an die Columbia University in New York (USA), wurde Professorin für Sozialmedizin und Gründungsdirektorin des Robert N. Butler Columbia Aging Center

Mission: Internationales Renommee und Konkurrenzfähigkeit 

Auch in ihrer jetzigen Rolle als Rektorin legt Staudinger Wert darauf, im nationalen und internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig und sichtbar zu sein. Sie verweist darauf, dass die TUD es laut DFG-Förderatlas bei der Einwerbung öffentlicher Forschungsgelder unter die fünf erfolgreichsten deutschen Universitäten gebracht hat und derzeit vom Institut der Deutschen Wirtschaft als patentstärkste deutsche Universität geführt wird. 

Auch auf die Erfolge im Exzellenzwettbewerb ist Staudinger stolz: Im Frühjahr dieses Jahres seien drei neue Exzellenzcluster-Initiativen der TUD – zwei selbstverantwortete und eine kooperative – zur Vollantragstellung aufgerufen worden. Die drei laufenden Exzellenzcluster gingen ebenfalls ins Rennen. Die TUD geht somit mit insgesamt sechs Exzellenzcluster-Anträgen in die finale Runde der Exzellenzstrategie, “das ist das zweitbeste Ergebnis in diesem Abschnitt des Wettbewerbs”. Weltweit habe sich die TUD laut THE World University Ranking 2024 von den Top 20 Prozent im Jahr 2019 in die Top 10 Prozent im Jahr 2024 verbessert.  

Verantwortung: Einsatz für demokratische Werte 

Verantwortung spürt die 65-Jährige aber nicht nur für wissenschaftlichen Erfolg, sondern auch für die gesellschaftliche und politische Dimension von Wissenschaft und Hochschulen: “Wir sind die größte Arbeitgeberin in Dresden und haben auch deshalb eine gesellschaftliche Rolle, zu der wir stehen: Wir schützen unsere Verfassung und ein weltoffenes Miteinander.”  

Im Frühjahr dieses Jahres hat sich die TUD mit rund 60 Organisationen aus Wissenschaft und Kultur zu dem Event “Gemeinsam für Demokratie” zusammengeschlossen. “Wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten gesehen, wie verfassungsfeindliche und antisemitische Bestrebungen immer offener zutage getreten sind – bis hin zu gewalttätigen Übergriffen. Zu dem darin zum Ausdruck gebrachten menschenverachtenden Reden und Handeln können und wollen wir nicht schweigen”, hatte Staudinger damals im Interview mit Table.Briefings gesagt. Mehrere tausend Menschen waren dem Aufruf gefolgt und hatten an einem Sternmarsch und einer Kundgebung in Dresden teilgenommen. 

Vision: Strukturwandel hin zu einem Hochtechnologie-Standort 

Staudinger möchte sich aber nicht nur auf die Stadt beschränken, sondern mit ihrem Engagement in die Region hineinwirken. Die Lausitz wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vom Braunkohlerevier zum Hochtechnologie-Standort entwickeln. Dort gestaltet die TU Dresden den Strukturwandel durch Spitzenforschungsprojekte maßgeblich mit. Dazu gehört die Übernahme der Projektträgerschaft für das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA) in Görlitz, eine Beteiligung am Aufbau des Forschungszentrums für treibhaugasneutrale Kreislaufwirtschaft (CircEcon) im Industriepark Schwarze Pumpe und die Umsetzung des Großforschungsvorhabens “Smart Mobility Lab” in Hoyerswerda.

“Für uns ist es eine Win-Win-Situation, die der Region neue Arbeitsplätze und eine dynamische Entwicklung eröffnet und die Forschung und Transfer Erkenntnisgewinne und neue Formen der Zusammenarbeit bringt”, so Staudinger. Gabriele Voßkühler, Tim Gabel 

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Holger Braunschweig von der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg bekommt den mit 200.000 Euro dotierten Eni-Preis. Ausgezeichnet wird der Chemiker für die Entwicklung von neuen Methoden zur nachhaltigen Entwicklung von Düngemitteln und anderen Stickstoffverbindungen. Das italienische Mineralöl- und Energieunternehmen Eni vergibt den Preis seit 2007 für weltweit herausragende Forschungsleistungen, die auf eine Verringerung des Energie- und Rohstoffverbrauchs abzielen und die Umweltbelastung reduzieren.

Tom Kinzel ist neuer Geschäftsführer der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh). Der ehemalige Allianzmanager tritt die Nachfolge von Wolfram Koch an, der nach 22 Jahren an der Spitze des GDCh in den Ruhestand geht. 

Christiane Werner, Ökosystemphysiologin an der Universität Freiburg, und Lena Maier-Hein, Leiterin der Abteilung Intelligente Medizinische Systeme am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), bekommen den Landesforschungspreis Baden-Württemberg 2024. Die mit jeweils 100.000 Euro dotierte Auszeichnung wird für Spitzenleistungen in der Grundlagenforschung und in der Angewandten Forschung verliehen. Der Preis für mutige Wissenschaft geht an Kira Rehfeld vom Geo- und Umweltforschungszentrum der Universität Tübingen für ihre interdisziplinäre Forschung in der experimentellen Paläoklimarekonstruktion und der numerischen Klimasimulation. 

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Research.Table Redaktion

RESEARCH.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die Ministerin hat zugesagt. Am Dienstag, 10. September wird sich Bettina Stark-Watzinger in einer Sondersitzung des Forschungsausschusses erneut den Fragen der Abgeordneten zur Fördermittelaffäre stellen. Der Termin geht auf eine Initiative der Union zurück, die nach den Auftritten Stark-Watzingers in Ausschuss und Parlament im Juni weitere erhebliche Zweifel an der Richtigkeit ihrer Darstellung hat.

    Die CDU-Abgeordneten Stephan Albani und Thomas Jarzombek wollten bei der Gelegenheit auch den Leiter der BMBF-Abteilung 4, Jochen Zachgo, und die ehemalige Staatssekretärin Sabine Döring befragen. Warum sie nicht dabei sein werden, schreibt mein Kollege Markus Weisskopf in den News.

    Um den Stand der Kernfusion geht es in der Analyse meines Kollegen Tim Gabel. Er hat für Sie das frisch erschienene Impulspapier von Leopoldina, Acatech und der Akademien-Union gelesen, das Chancen, aber auch Unsicherheiten der Fusionsforschung offenbart, mit denen die heutige Forschungs- und Energiepolitik mit Blick auf die Kernfusion umgehen muss.

    Wichtiger Punkt darin: Zum Erreichen der deutschen und europäischen Klimaziele 2045/50 wird Kernfusion “aller Voraussicht nach nicht beitragen”. Wegen der noch erforderlichen Entwicklungsarbeiten wird ein erstes Fusionskraftwerk frühestens 2045 bis 2050 für realistisch gehalten. Bis zur kommerziellen Nutzung dürfte es noch länger dauern, wenn diese überhaupt gelingt.

    Anderweitige Bemühungen für ein klimaneutrales Energiesystem sollten daher nicht ins Hintertreffen geraten, raten die Akademien. Wir setzen also erstmal auf Sonne und Wind – das passt auch besser zu diesen Augusttagen – und wünschen Ihnen gute Lektüre. 

    Ihre
    Anne Brüning
    Bild von Anne  Brüning

    Analyse

    Bundestagsresolution: Irritationen über mögliche Antisemitismusklausel in der Forschungsförderung

    Wissenschaftsorganisationen, Rechtsexperten und Forschende verfolgen mit wachsender Besorgnis die Erarbeitung eines Entschließungsantrags des Bundestags zum Schutz jüdischen Lebens. Der Antrag soll von den Fraktionen von SPD, Grünen und FDP gemeinsam mit der CDU/CSU eingebracht werden. Nach Informationen von Table.Briefings konnten sich die Berichterstatter nicht auf einen gemeinsamen Text einigen. Daraufhin wurde die Aufgabe in die Hände der Vize-Fraktionsvorsitzenden gegeben.

    Doch die Kritik häufte sich. Sie betrifft zum einen die Antisemitismusdefinition, zum anderen förderrechtliche Konsequenzen für den Wissenschafts- und Kulturbetrieb. Seit der vergangenen Woche ist das Thema dem Vernehmen nach nun auf höherer Ebene: bei den Fraktionsspitzen.

    Thomas Jarzombek: “Mit den Grünen war wohl kein Konsens möglich”

    Entrüstet über den zähen Verlauf der Verhandlungen ist CDU-Forschungspolitiker Thomas Jarzombek. Es sei verabredet gewesen, einen Antrag noch vor der Sommerpause interfraktionell einzubringen. “Wie ich höre, war mit den Grünen aber wohl kein Konsens möglich. Ich finde es wirklich unfassbar, dass es bei dieser so zentralen Frage bis heute nicht möglich ist, einen gemeinsamen Nenner zu finden.”

    Woran es hakt, ist nicht direkt zu erfahren. Aufseiten der Verhandlungsführer herrscht Stillschweigen. Deshalb müssen sich Öffentlichkeit und viele Stakeholder mit einem geleakten Entwurf der Resolution begnügen.

    Kritik am Prozess: lange Dauer und fehlende Beteiligung

    Der Entwurf werde “hinter verschlossenen Türen, intransparent und undemokratisch zwischen den Fraktionsspitzen ver- und ausgehandelt, sodass eine öffentliche Diskussion de facto ausgeschlossen wird”, moniert eine Gruppe von Wissenschaftlern in einem nicht namentlich unterzeichneten Papier, das unter anderem an die Verhandler und die Fraktionsspitzen im Bundestag verschickt wurde. Es gebe keine Fraktionsbeteiligung, keine Ausschussbeteiligung, keine Expertenanhörungen, keinen Austausch mit Interessenverbänden und Betroffenen.

    Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit

    Aus forschungspolitischer Sicht betrifft die Kritik vor allem das Förderrecht. Der Entwurf sieht vor, dass die Unterstützung von Antisemitismus ein Ausschlussgrund für die öffentliche Förderung sein soll. Das halten mehrere Rechtsexperten für derart weitreichend und unbestimmt, dass es auch verfassungsrechtlich vermutlich nicht haltbar ist.

    Er habe große Zweifel, ob man Förderprojekte “auf eine Unterstützung oder Reproduktion von antisemitischen Narrativen” hin überprüfen kann, ohne in die Wissenschaftsfreiheit einzugreifen, hatte etwa Ralf Michaels, Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg, auf Anfrage von Table.Briefings gesagt.

    Jerzy Montag warnt vor “Gängelung und Zensierung”

    Danach meldete auch der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Jerzy Montag, Richter am Bayerischen Verfassungsgerichtshof, Bedenken an. In einem Brief an die Spitze seiner Partei und in einem Ende Juli veröffentlichten Gastbeitrag für die Zeit warnt er, dass die Resolution die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährde und mahnte Änderungen an.

    Besonders problematisch sei das Plädoyer für neue haushaltsrechtliche Regelungen, um zu verhindern, dass staatliche Mittel für Antisemitismus ausgegeben werden. Anträge für öffentliche Förderung auf Unterstützung oder Reproduktion antisemitischer Narrative zu überprüfen, werde “auf eine Gängelung und Zensierung von Kunst, Kultur, Wissenschaft und jeglicher Meinungsäußerung im öffentlichen Raum hinauslaufen”, warnt er.

    Walter Rosenthal: “‘Antisemitismusklausel’ weder erforderlich noch zielführend”

    Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat dazu eine klare Haltung: “Forschungsförderung erfolgt hierzulande wissenschaftsgeleitet. Bewilligungsentscheidungen berücksichtigen daher die wissenschaftliche Exzellenz und Qualität des vorgeschlagenen Vorhabens”, sagt HRK-Präsident Walter Rosenthal. Antisemitismus in einem Forschungsantrag/-projekt widerspreche zudem der guten wissenschaftlichen Praxis. “Eine ‘Antisemitismusklausel’ ist daher weder erforderlich noch zielführend”, betont er. 

    Eine ähnliche Position vertritt der Deutsche Akademische Austauschdienst. “Der DAAD vertraut darauf, dass der in Erarbeitung befindliche Entschließungsantrag des Deutschen Bundestags rechtssichere, konkrete und wissenschaftlich fundierte Anforderungen formuliert”, teilt ein Sprecher mit. Diese sollten sicherstellen, dass Auswahl- und Bewerbungsverfahren sowie die wissenschaftliche Arbeit selbst weiterhin nach wissenschaftlichen Qualitätskriterien gestaltet werden können.

    Uneinigkeit über die IHRA-Arbeitsdefinition

    Kritik entzündet sich auch an der Wahl der Antisemitismusdefinition. Der Resolutionsentwurf will die International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) Arbeitsdefinition zugrunde legen. Mehrere Juristen betrachten sie jedoch als zu unbestimmt. Als ein Regulierungsinstrument eigne sie sich nicht.

    Dieser Ansicht ist auch Jerzy Montag. “Diese Definition wurde 2005 entwickelt und sodann als eine ausdrücklich nicht rechtsverbindliche Arbeitsdefinition von der IHRA für ihre eigene Aufklärungsarbeit über den Holocaust übernommen.” Inzwischen habe auch der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages der Definition jeglichen rechtsverbindlichen Charakter abgesprochen.

    Die Hochschulrektorenkonferenz dagegen betont: “Die HRK hat sich 2019 grundsätzlich zur IHRA-Arbeitsdefinition bekannt. Diese weist in besonderer Weise produktiv auf (un-)bewusste Unschärfen, Doppelstandards, Wahrnehmungsdefizite und blinde Flecken im Diskurs über Antisemitismus hin.” Sie biete insgesamt eine klare Grundlage zum Erkennen von Judenhass und sei damit ein wichtiges Werkzeug bei seiner Bekämpfung, erhebe selbst aber explizit keinen Anspruch auf Rechtsverbindlichkeit, teilt ein Sprecher mit. Zugleich weist er darauf hin, dass einer Bundestagsresolution allein noch keine Rechtsverbindlichkeit zukomme.

    Politische Auslegung von Antisemitismus und Selbstzensur befürchtet

    Doch auch ohne Rechtsverbindlichkeit gibt es Bedenken. “Wenn fortan nur noch anhand der IHRA-Definition entschieden wird, was Antisemitismus ist und das ein Ausschlussgrund für die öffentliche Förderung wird, würde das einer Politisierung von Förderentscheidungen und damit von wissenschaftlicher Forschung Tür und Tor öffnen”, sagt Jannis Julien Grimm, Politikwissenschaftler am Zentrum für interdisziplinäre Friedens- und Konfliktforschung der FU Berlin.

    Die IHRA-Definition könne sehr weit gefasst werden. Das berge die Gefahr, dass Forschende oder Kunstschaffende, die berechtigte Kritik zum Beispiel an der vom IGH als völkerrechtswidrig eingeschätzten israelischen Besatzungspolitik in Gaza und der Westbank äußern, als antisemitisch gelabelt oder diskreditiert werden. “Letztendlich wird das zu Selbstzensur führen und den Diskurs verengen.”

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    Fusionsforschung: Akademien-Papier offenbart politisches Dilemma

    Über den Zeitpunkt der Veröffentlichung des neuen Akademien-Papiers zur Kernfusion lässt sich streiten. Die Qualität des Impulses “Kernfusion als Baustein einer klimaneutralen Energieversorgung? Chancen, Herausforderungen, Zeithorizonte” hätte es verdient gehabt, mehr Aufmerksamkeit zu generieren als im Sommerloch mutmaßlich möglich ist. Denn die fundierte Bestandsaufnahme von Leopoldina, Acatech und der Akademien-Union fasst das Dilemma und die Unsicherheiten, mit denen die heutige Forschungs- und Energiepolitik mit Blick auf die Kernfusion umgehen muss, analytisch und fundiert zusammen.

    Die Technologie, so das Fazit des Papiers, kommt für den akuten Kampf gegen den Klimawandel zu spät, braucht aber in naher Zukunft gewaltige finanzielle Mittel. Nur so könnten Forschung und Entwicklung zügig weiter vorangebracht werden, damit Kernfusion überhaupt noch in diesem Jahrhundert – zum Beispiel als Ersatz bisheriger Grundlastkraftwerke – eingesetzt werden kann. “Eine Notwendigkeit für eine sichere und verlässliche Energieversorgung der Zukunft stellen sie nach heutigem Kenntnisstand laut Systemstudien jedoch nicht dar”, schreiben die Autoren.

    Kernfusion kann zur Erreichung der Klimaziele nicht beitragen

    Wegen der noch erforderlichen Entwicklungsarbeiten halten Experten ein erstes Fusionskraftwerk frühestens 2045 bis 2050 für realistisch, heißt es in dem Papier, “wobei keine Gewähr für eine erfolgreiche Umsetzung besteht”. Zum Erreichen der deutschen und europäischen Klimaziele 2045/50 wird Kernfusion “aller Voraussicht nach nicht beitragen”. Gleichzeitig handele es sich um eine komplexe und forschungsintensive Technologie, die über die bereits erfolgte umfangreiche Förderung hinaus nur mit weiteren “erheblichen Forschungsmitteln aus dem staatlichen wie privaten Bereich realisiert werden kann”.

    Am wahrscheinlichsten sei der Einsatz von Kernfusions-Kraftwerken in Regionen mit einer hohen und stetigen Nachfrage, beispielsweise in dicht besiedelten Gegenden und Industriezentren. Auch ein Beitrag zur Herstellung von grünem Wasserstoff und seiner Derivate in Deutschland beziehungsweise innerhalb Europas sei möglich. In Ländern, die in ihrem Energiesystem weiterhin verstärkt auf Großkraftwerke setzen werden, “könnten Fusionskraftwerke insbesondere die Kernkraftwerke sukzessive ersetzen” – mit dem Vorteil, dass keine Endlager benötigt würden und der Betrieb von Fusionskraftwerken weniger riskant sei.

    Große Potenziale, noch größere Unwägbarkeiten

    Das Ziel der Kernfusionsforschung “ist eine klimafreundliche und kontinuierlich verfügbare Energiequelle mit geringem Flächenbedarf”, schreiben die Autoren. Voraussetzung dafür sei aber auch, dass sich die Kernfusion “gegenüber erneuerbaren Energien und anderen emissionsarmen Technologien am Strommarkt durchsetzen könnte“. Das wiederum hänge von den Kosten ab, zu denen Fusionskraftwerke Strom bereitstellen würden. Die Akademien zitieren aktuelle Systemstudien, die davon ausgehen, Fusionsstrom lohnt sich nur dann, wenn die Kosten im unteren Bereich des derzeitigen Prognosekorridors liegen. Alle Abschätzungen seien aktuell aber mit hohen Unsicherheiten verbunden.

    Geht man – trotz aller Unwägbarkeiten – optimistisch davon aus, dass Fusion Teil des klimaneutralen Energiesystems der Zukunft sein kann, sehen die Akademien durchaus große Chancen für Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit in dem Bereich. Brennstoffe könnten vor Ort hergestellt werden, was die Abhängigkeit von energieexportierenden Ländern reduzieren würde. Mit dem generierten Wissen und den entwickelten Bauteilen könnten deutsche Start-ups neue Exportmärkte erschließen. Darüber hinaus lägen “einnahmenrelevante Potenziale” auch in anderen Anwendungsfeldern wie der Medizin, Optik, Diagnostik, Robotik und Raumfahrt.

    Entwicklung: Zahlreiche praktische Herausforderungen

    Mit Blick auf die Entwicklung der Technologie sei es bis zu einem ersten regulären Kraftwerk noch ein weiter Weg. Die physikalischen Grundlagen der Kernfusion seien verstanden. Bisher gebe es für keines der bestehenden Fusionskonzepte einen Prototyp und vor einem Kraftwerksbetrieb seien noch zahlreiche praktische Herausforderungen zu lösen: Dazu zählen die Steigerung der Energieausbeute, die Herstellung des Brennstoffs Tritium sowie die Entwicklung besonders widerstandsfähiger Materialien für die sogenannte “First Wall” und hochleistungsfähige Laser.

    Zu einer finalen Bewertung, ob die Magnet- oder die Trägheitsfusion im Wettbewerb der technologischen Ansätze die Nase vorn haben, lassen sich die Akademien in ihrem Papier nicht hinreißen. Vor allem die Leopoldina hatte in der Vergangenheit für eine Konzentration auf die Magnetfusion geworben und war für eine Schieflage bei der Auswahl der Experten kritisiert worden. Acatech-Präsident Jan Wörner hingegen hatte Anfang des Jahres im Gespräch mit Table.Briefings gesagt, dass es für eine Entscheidung zu früh sei.

    Technologischer Reifegrad bei der Magnetfusion höher

    Im aktuellen Papier gehen die Akademien analytischer vor: Eine Bestandsaufnahme unterschiedlicher Technologiereifegrade (TLR 1 bis 9; 9 = Qualifiziertes System mit Nachweis des erfolgreichen Einsatzes) zeichnet ein differenziertes Bild. Im Bereich der Magnetfusion wird aktuell dem Tokamak ein etwas höherer Stand der Technik zugeordnet (TLR 4 bis 5 = Versuchsaufbau im Labormaßstab oder in einer relevanten Einsatzumgebung) als dem Stellarator, weil mit ihm “bisher im Vergleich zum Stellarator höhere Werte des Tripelprodukts und eine höhere technologische Reife erreicht wurde”.

    Die Ansätze in der Laserfusion seien unterschiedlich weit fortgeschritten: Mit TRL 3 (Nachweis der Funktionsfähigkeit des Konzepts) am weitesten ist demnach das Indirect-drive-Verfahren. Während die Trägheitsfusion bei der technologischen Reife also hinterherhinkt, hat sie die Nase in Sachen Lawson-Kriterium vorn. Beim viel zitierten Laserfusionsexperiment an der National Ignition Facility (NIF) in den USA wurde erstmals mehr Wärmeenergie frei, als in eine Fusionsreaktion hineingesteckt wurde. Allerdings ist hier die Energie, die für den Laserbetrieb benötigt wird, nicht einkalkuliert (siehe Grafik).

    Fazit: Forschung fortsetzen, bei Erneuerbaren nicht nachlassen

    Nach Abwägung aller Chancen und Herausforderungen kommen die Experten zu dem Schluss, dass es sinnvoll sei, die Forschung an der Kernfusion fortzusetzen, ohne bei der Entwicklung und dem Aufbau eines klimafreundlichen Energiesystems, insbesondere unter Nutzung erneuerbarer Energien, nachzulassen. Man dürfe nicht auf die Kernfusion warten: “Das Engagement für die Kernfusion darf also die anderweitigen Bemühungen für ein klimaneutrales Energiesystem nicht einschränken, sondern sollte diese ergänzen.”

    Angesichts der prognostizierten Mittelkürzungen für Energieforschung im Haushalt keine leichte Aufgabe für die Politik, die in der aktuellen Regierungskonstellation auch unterschiedliche Interessen und Ansätze im Forschungs- und Energieressort aushandeln muss. Einige konkrete Aufgabenstellungen liefern die Akademien als wissenschaftliche Beratungsleistung an die Politik mit: Eine “möglichst frühzeitige und vorausschauende Etablierung der regulatorischen Grundlagen” könne Investitionsrisiken senken und so private Investoren anlocken. Zudem sei es unerlässlich, die Kernfusion in die öffentliche Debatte zu bringen, um eine “aktive Teilhabe an den zukünftigen Entwicklungs- und Entscheidungsprozessen zu ermöglichen”.

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    Termine

    12./13. September 2024, FU Berlin
    Jah­res­ta­gung des Netz­werks Wis­sen­schafts­ma­nage­ment Für Frei­heit in Kri­sen­zei­ten. Per­spek­ti­ven aus dem Wissenschaftsmanagement Mehr

    12. – 15. September 2024, Potsdam
    133. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte Wissenschaft für unser Leben von morgen Mehr

    18. September 2024, Alte Münze, Berlin
    InnoNation Festival Scaling Solutions Mehr

    19. September 2024, ab 11 Uhr, Körber-Stiftung, Hamburg
    Hamburg Science Summit 2024 “Europe’s Path Towards Tech Sovereignty” Mehr

    24. September 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Haus der Commerzbank, Pariser Platz 1, 10117 Berlin
    Forum Hochschulräte Starke Marken, klarer Kern: Strategische Schwerpunktsetzung und Markenbildung bei Hochschulen Mehr

    25. September 2024, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU)
    Jahreskolloquium des Bayerischen Wissenschaftsforums Transformationskompetenz in Wissenschaft und Hochschule Mehr

    26. September 2024, 12:00 bis 13:00 Uhr, Webinar
    CHE talk feat. DAAD KIWi Connect Transfer und Internationalisierung – Warum ist es sinnvoll, beides gemeinsam zu denken und was braucht es hierzu? Mehr

    26./27. September 2024, Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale) und Online
    Jahresversammlung 2024 der Leopoldina Ursprung und Beginn des Lebens Mehr

    News

    KMK-Reform: Was Bayern zur Frage der Einstimmigkeit sagt

    Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume.

    Die mögliche Reform der Abstimmungsmodalitäten in der KMK steht vor entscheidenden Wochen. “Der KMK muss die Reform ihrer selbst jetzt gelingen”, sagte Kai Gehring (Grüne), Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Bildung und Forschung, im Wiarda-Blog. Es gelte, sich für den Fall zu wappnen, dass AfD oder BSW eine Schulministerin oder einen Schulminister stellen würden, und zu verhindern, dass ein Bundesland alle anderen als Geiseln nehmen und beispielsweise Demokratieförderprogramme blockieren könne. “Auch aus diesem Grund fordere ich die bayerische Staatsregierung auf, ihre Bedenken gegen die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der Kultusministerkonferenz aufzugeben.”

    In der KMK-Sondersitzung am 2. September stehen die Abstimmungsmodalitäten auf der Tagesordnung. Bei der jüngsten Konferenz im Juni wurde über diese weitreichende Frage nicht entschieden. “Ich finde es richtig und wichtig, dass man sich auf dieser KMK-Sitzung nicht leichtfertig vom Einstimmigkeitsprinzip verabschiedet hat. Ich würde das auch ablehnen”, sagte Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume.

    Bis Mitte August soll Vorschlag der Strukturkommission vorliegen

    Die explizite Forderung Gehrings, die Bedenken aufzugeben, kommentieren das bayerische Kultus- und Wissenschaftsministerium in einer untereinander abgestimmten Antwort an Table.Briefings betont zurückhaltend. “Inwieweit zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung der Agilität und Handlungsfähigkeit der Kultusministerkonferenz beitragen können, ist derzeit Gegenstand länderübergreifender Beratungen.” Die Achtung der im Grundgesetz verankerten Bildungshoheit als Kernbereich der jeweiligen Länderkompetenz sei dabei notwendigerweise ein wesentliches Gestaltungsmerkmal.

    Lesen Sie auch: Wie die Minister zur Frage der Einstimmigkeit entschieden haben

    Bis Mitte August, so heißt es, soll ein Vorschlag der Strukturkommission II vorliegen, wie künftige Abstimmungsmodalitäten der KMK aussehen könnten. Diese würden dann wohl entsprechend auch für die neue Wissenschaftsministerkonferenz gelten. An der Spitze der Strukturkommission stehen der Hamburger Staatsrat Rainer Schulz und Rolf-Dieter Jungk, Amtschef im bayerischen Wissenschaftsministerium. hsc

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    Fördermittelaffäre: Warum Stark-Watzinger allein zur Sondersitzung geht 

    Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger wird sich am 10. September um 8 Uhr im Forschungsausschuss erneut den Fragen der Abgeordneten zur Fördermittelaffäre stellen. Das geht aus einem Antwortschreiben der Ministerin an den Ausschussvorsitzenden Kai Gehring hervor, das Table.Briefings vorliegt. 

    Gehring hatte Stark-Watzinger auf Bitte der Union zu der Sondersitzung eingeladen. Die CDU-Abgeordneten Stephan Albani und Thomas Jarzombek sehen “weitere erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung von Bundesministerin Stark-Watzinger” nach deren Auftritten in Ausschuss und Parlament im Juni.  

    Die beiden Unions-Forschungspolitiker hatten in ihrem Schreiben ebenfalls den Wunsch geäußert, den Leiter der Abteilung 4 “Hochschul- und Wissenschaftssystem; Bildungsfinanzierung”, Jochen Zachgo, einzuladen. Ferner baten sie darum, dass die ehemalige Staatssekretärin Sabine Döring “an der Sonderausschusssitzung teilnimmt und ihre persönliche Stellungnahme ungehindert vortragen kann”.  

    Sabine Döring wird nicht teilnehmen 

    In ihrer Antwort an Gehring verweist die Forschungsministerin nun auf die Verschwiegenheitspflicht von Beamten, die auch über das Ende des aktiven Dienstverhältnisses hinaus gelte. “Eine Entbindung von Frau Staatssekretärin a.D. Prof. Dr. Döring, die nach meinem Kenntnisstand nicht zu der Sondersitzung eingeladen worden ist, von dieser Verschwiegenheitspflicht entfällt allein schon deswegen, da Frau Prof. Dr. Döring ein noch nicht abgeschlossenes verwaltungsgerichtliches Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland führt, bei dem das BMBF Verfahrensbeteiligte ist.” 

    Das BMBF werde im Ausschuss allein von dessen politischer Leitung vertreten, schreibt Stark-Watzinger weiter. Das bedeutet, dass auch Zachgo nicht zur Sondersitzung kommen wird. In einem parallel übermittelten Schreiben direkt an die beiden CDU-Abgeordneten, das Table.Media vorliegt, lehnt Staatssekretär Jens Brandenburg im Namen des BMBF die ebenfalls eingeforderte Akteneinsicht ab. mw 

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    Zukunftsfonds: Welche Entwicklungen die Union kritisiert

    Der Zukunftsfonds (Beteiligungsfonds für Zukunftstechnologien) mit einem Volumen von rund zehn Milliarden Euro wurde 2021 von der CDU-geführten Regierung ins Leben gerufen. Damit sollen der schwache deutsche Venture-Capital-Markt und die Finanzierungsbedingungen für innovative, technologieorientierte Start-ups gestärkt werden. 

    Ausweitung des Zukunftsfonds durch die Ampel 

    Der Fonds wurde seitens der Ampel-Koalition nicht nur fortgeführt, sondern sogar erweitert. BMF und BMWK kündigten Anfang des Jahres eine Ausweitung des bereitgestellten Kapitals für junge, innovative Technologie-Unternehmen um 1,75 Mrd. Euro an. Dabei wurden unter anderem 200 Millionen Euro für Investitionen von KfW Capital in sogenannte Impact Venture-Capital-Fonds vorgesehen. Diese zielen zusätzlich zur finanziellen Rendite auf eine messbare positive, soziale oder ökologische Wirkung ab.  

    Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner, beklagte auf Anfrage von Table.Briefings, dass die Kriterien für diese sozialen und ökologischen Wirkungen nicht klar seien. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion, die Table.Briefings vorliegt, verweist das BMWK auf die noch laufende Abstimmung der Kriterien zwischen Bundesregierung und der KfW.  

    Kritik an Förderung weiblicher Management-Teams 

    Weiterhin kritisiert Klöckner die Ende 2023 neu geschaffene “Emerging Manager Facility”. Damit sollen insbesondere jüngere, weiblich und divers aufgestellte Managementteams von Venture-Capital-Fonds gestärkt und finanziert werden, die mit einem Fondsvolumen von bis zu 50 Millionen Euro investieren. Hierfür werden durch den Zukunftsfonds 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damit “verzettelt” sich die Bundesregierung, meint Klöckner. Wie aus der Antwort der Bundesregierung ersichtlich werde, sei damit bisher lediglich ein Fonds erreicht worden. Die Förderung von Frauen in der Start-up-Szene sei richtig. “Es ist aber überflüssiger Aufwand, wenn die Bundesregierung ein sachfremdes Kriterium in die Auswahlentscheidung integriert.” mw

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    Kampf gegen Antisemitismus: Union findet Stark-Watzingers Aktivitäten nicht ausreichend

    41 Fragen hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 25. Juli im Rahmen einer Kleinen Anfrage eingereicht, um die Aktivitäten von Bettina Stark-Watzinger mit Blick auf den Kampf gegen Antisemitismus. Darin geht es unter anderem darum, ob die Forschungsförderung im Bereich der Antisemitismusforschung ausgebaut werden sollte. Auch die Fortsetzung und finanzielle Ausgestaltung der Förderrichtlinie “Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus” ist Thema.

    25 Seiten umfassen die Antworten des Ministeriums, die Table.Briefings exklusiv vorliegen. Die Union sieht darin vor allem Belege für mangelndes Engagement. “Angesichts der vielfältigen Erklärungen von Ministerin Stark-Watzinger rund um die Fördermittelaffäre ist der Eindruck entstanden, dass sie sich den Kampf gegen den Antisemitismus zum Ziel gesetzt hat. Es ist erstaunlich, dass dem aber offenbar nicht so ist. Ganz offensichtlich wurde nur geredet und nicht gehandelt”, sagt der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Thomas Jarzombek.

    Kurze Schlagzeile statt solider und gründlicher Arbeit

    Trotz der verschärften Situation würden seit dem 7. Oktober letzten Jahres bis heute nur Programme der Vorgängerregierung fortgeführt, es gebe keine neue Initiative. “Zudem enden die meisten Maßnahmen des Bundesforschungsministeriums im Kampf gegen Antisemitismus bereits im Sommer nächsten Jahres und es herrscht Unklarheit, wie es weitergehen soll.”

    Es dränge sich leider der Eindruck auf, dass Ministerin Stark-Watzinger statt solider und gründlicher Arbeit zur Bekämpfung von Antisemitismus dieses so wichtige Thema für eine kurze Schlagzeile missbraucht hat. “Es darf aber insbesondere nicht der Eindruck entstehen, dass sie das Thema Antisemitismus ausschließlich benutzt, um ihr Amt zu retten in der nach wie vor unaufgeklärten Fördermittelaffäre”, sagt Jarzombek.

    Förderlinie “Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus” wird fortgesetzt

    Tatsächlich sind die Antworten des Ministeriums teils sehr vage. Auf Frage 9 nach Weiterentwicklung und Ausbau der Antisemitismusforschung ist lediglich zu erfahren, dass man dazu bereits Einschätzungen von Expertinnen und Experten aus dem Fachgebiet eingeholt habe und dass auf der Grundlage dieser Gespräche die nächste Förderlinie aufgesetzt werde.

    Etwas konkreter äußert sich das Ministerium dagegen zur Fortsetzung der Förderlinie “Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus”. Diese werde derzeit entwickelt, soll innerhalb der nächsten Monate veröffentlicht werden und Ende 2025 oder Anfang 2026 starten. Das Gesamtfördervolumen betrage 12 Millionen Euro. Diese stünden aber noch unter dem Vorbehalt der Bereitstellung der Mittel durch den Deutschen Bundestag. abg

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    Must-Reads

    FAZ: Plädoyer für eine Exzellenzpause. Angesichts des Drucks, der in der aktuellen Wettbewerbsphase um die Forschungsfinanzierung auf den deutschen Hochschulen lastet, spricht sich Thorsten Wilhelmy für ein Moratorium bei der Exzellenzstrategie nach der kommenden Förderphase aus. In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung schlägt der Geschäftsführer der Einstein-Stiftung anstelle einer erneuten Ausschreibung von Exzellenzformaten vor, dass Bund und Länder “das Geld der DFG zur Erhöhung ihrer Programmpauschalen in den regulären Programmen zur Verfügung” stellen. Unter anderem stützt sich Wilhelmy auf ein Positionspapier des Wissenschaftsrates aus dem Jahr 2023. Darin heißt es, dass “die Mittel, die große Förderinstitutionen wie die DFG erhalten bzw. Bund und Länder projektförmig ausschreiben, großenteils in die Grundfinanzierung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen zurückgelenkt werden müssen”. Nach Ansicht Wilhelmys wäre eine solche Lösung, bei der kein Euro verloren wäre, keineswegs wettbewerbsfeindlich und würde ­weiterhin diejenigen belohnen, die sich mit herausragenden Forschungsideen durchsetzen. Jedoch müsste die Politik “über den eigenen Schatten springen, den auch für sie prestigeträchtigen Wettbewerb zu überführen in eine unglamourösere, kräfteschonende und sachgerechtere Variante”. Mehr

    The Geyser. Revisiting: Cats and Horses. A slightly edited re-issue of a 2021 column that still rings true. In seinem Blog plädiert Kent Anderson für die Beibehaltung bewährter Methoden zur Sicherung der Wissenschaftlichkeit. Er betont die Wichtigkeit von Peer-Review-Prozessen und redaktioneller Kontrolle, um die Qualität und Zuverlässigkeit wissenschaftlicher Publikationen zu sichern. Der Autor sieht es als unrealistisch und egoistisch an, zu erwarten, dass Laien die Fähigkeit oder das Interesse haben, wissenschaftliche Arbeiten selbst zu bewerten. Mehr

    • DFG

    Heads

    Ursula Staudinger – Wissenschaftsmanagerin mit internationalen Ambitionen und politischem Weitblick

    Ursula Staudinger, Rektorin, TU Dresden.
    Als Rektorin der TU Dresden legt Ursula Staudinger besonderen Wert auf internationales Ansehen und Konkurrenzfähigkeit der Hochschule.

    Wenn man Ursula Staudinger, Rektorin der Technischen Universität Dresden, nach ihrem eigenen Anspruch fragt, sagt die Wissenschaftlerin, dass es ihr vor allem wichtig ist, einen institutionellen Rahmen zu schaffen, in dem über Fächergrenzen hinweg “alle Mitglieder der Universität sich entwickeln und ihre Aufgaben bestmöglich erfüllen können”.  

    Als sie 2020 als neue Rektorin in die sächsische Hauptstadt kam, sei ihr bewusst gewesen, dass sie die eigene Forschung “an den Nagel hängen müsse”, erinnert sich Staudinger und erklärt ihren Wechsel in das Wissenschaftsmanagement so: “Ich bin damals an einem Punkt in meiner wissenschaftlichen Karriere gewesen, der mir das Gefühl gab, mit meiner Forschung einen Beitrag zum Feld geleistet zu haben und nun den Schritt in eine neue Rolle gehen zu können.” 

    Schwerpunkte: Bildungsforschung und Alternswissenschaft 

    Ihr Forschungsfeld Demographisches Altern sei aber nach wie vor eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Hier eine Brücke von der Wissenschaft in die Gesellschaft zu bauen, sei für sie nach wie vor essenziell. Die Psychologin gilt als renommierte Alternswissenschaftlerin. Ihr Karriereweg führte die gebürtige Nürnbergerin nach einem Psychologie-Studium an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und der Clark University in Massachusetts (USA) nach Berlin, wo sie an der Freien Universität promovierte und später als Gruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung habilitierte. 

    1999 erhielt die Wissenschaftlerin ihren ersten Ruf als Professorin für Psychologie an die TU Dresden (TUD). Danach folgte eine Station an der Jacobs University Bremen, wo die Psychologin Anfang der Nullerjahre eine Professur bekam, Vizepräsidentin wurde und das Jacobs Center on Lifelong Learning and Institutional Development gründete. 2013 ging Staudinger an die Columbia University in New York (USA), wurde Professorin für Sozialmedizin und Gründungsdirektorin des Robert N. Butler Columbia Aging Center

    Mission: Internationales Renommee und Konkurrenzfähigkeit 

    Auch in ihrer jetzigen Rolle als Rektorin legt Staudinger Wert darauf, im nationalen und internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig und sichtbar zu sein. Sie verweist darauf, dass die TUD es laut DFG-Förderatlas bei der Einwerbung öffentlicher Forschungsgelder unter die fünf erfolgreichsten deutschen Universitäten gebracht hat und derzeit vom Institut der Deutschen Wirtschaft als patentstärkste deutsche Universität geführt wird. 

    Auch auf die Erfolge im Exzellenzwettbewerb ist Staudinger stolz: Im Frühjahr dieses Jahres seien drei neue Exzellenzcluster-Initiativen der TUD – zwei selbstverantwortete und eine kooperative – zur Vollantragstellung aufgerufen worden. Die drei laufenden Exzellenzcluster gingen ebenfalls ins Rennen. Die TUD geht somit mit insgesamt sechs Exzellenzcluster-Anträgen in die finale Runde der Exzellenzstrategie, “das ist das zweitbeste Ergebnis in diesem Abschnitt des Wettbewerbs”. Weltweit habe sich die TUD laut THE World University Ranking 2024 von den Top 20 Prozent im Jahr 2019 in die Top 10 Prozent im Jahr 2024 verbessert.  

    Verantwortung: Einsatz für demokratische Werte 

    Verantwortung spürt die 65-Jährige aber nicht nur für wissenschaftlichen Erfolg, sondern auch für die gesellschaftliche und politische Dimension von Wissenschaft und Hochschulen: “Wir sind die größte Arbeitgeberin in Dresden und haben auch deshalb eine gesellschaftliche Rolle, zu der wir stehen: Wir schützen unsere Verfassung und ein weltoffenes Miteinander.”  

    Im Frühjahr dieses Jahres hat sich die TUD mit rund 60 Organisationen aus Wissenschaft und Kultur zu dem Event “Gemeinsam für Demokratie” zusammengeschlossen. “Wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten gesehen, wie verfassungsfeindliche und antisemitische Bestrebungen immer offener zutage getreten sind – bis hin zu gewalttätigen Übergriffen. Zu dem darin zum Ausdruck gebrachten menschenverachtenden Reden und Handeln können und wollen wir nicht schweigen”, hatte Staudinger damals im Interview mit Table.Briefings gesagt. Mehrere tausend Menschen waren dem Aufruf gefolgt und hatten an einem Sternmarsch und einer Kundgebung in Dresden teilgenommen. 

    Vision: Strukturwandel hin zu einem Hochtechnologie-Standort 

    Staudinger möchte sich aber nicht nur auf die Stadt beschränken, sondern mit ihrem Engagement in die Region hineinwirken. Die Lausitz wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vom Braunkohlerevier zum Hochtechnologie-Standort entwickeln. Dort gestaltet die TU Dresden den Strukturwandel durch Spitzenforschungsprojekte maßgeblich mit. Dazu gehört die Übernahme der Projektträgerschaft für das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA) in Görlitz, eine Beteiligung am Aufbau des Forschungszentrums für treibhaugasneutrale Kreislaufwirtschaft (CircEcon) im Industriepark Schwarze Pumpe und die Umsetzung des Großforschungsvorhabens “Smart Mobility Lab” in Hoyerswerda.

    “Für uns ist es eine Win-Win-Situation, die der Region neue Arbeitsplätze und eine dynamische Entwicklung eröffnet und die Forschung und Transfer Erkenntnisgewinne und neue Formen der Zusammenarbeit bringt”, so Staudinger. Gabriele Voßkühler, Tim Gabel 

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    Heads

    Holger Braunschweig von der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg bekommt den mit 200.000 Euro dotierten Eni-Preis. Ausgezeichnet wird der Chemiker für die Entwicklung von neuen Methoden zur nachhaltigen Entwicklung von Düngemitteln und anderen Stickstoffverbindungen. Das italienische Mineralöl- und Energieunternehmen Eni vergibt den Preis seit 2007 für weltweit herausragende Forschungsleistungen, die auf eine Verringerung des Energie- und Rohstoffverbrauchs abzielen und die Umweltbelastung reduzieren.

    Tom Kinzel ist neuer Geschäftsführer der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh). Der ehemalige Allianzmanager tritt die Nachfolge von Wolfram Koch an, der nach 22 Jahren an der Spitze des GDCh in den Ruhestand geht. 

    Christiane Werner, Ökosystemphysiologin an der Universität Freiburg, und Lena Maier-Hein, Leiterin der Abteilung Intelligente Medizinische Systeme am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), bekommen den Landesforschungspreis Baden-Württemberg 2024. Die mit jeweils 100.000 Euro dotierte Auszeichnung wird für Spitzenleistungen in der Grundlagenforschung und in der Angewandten Forschung verliehen. Der Preis für mutige Wissenschaft geht an Kira Rehfeld vom Geo- und Umweltforschungszentrum der Universität Tübingen für ihre interdisziplinäre Forschung in der experimentellen Paläoklimarekonstruktion und der numerischen Klimasimulation. 

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