vor mehr als einem Jahr verwies der Parlamentarische Staatssekretär Mario Brandenburg auf die Frage, wann es mit der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation, kurz Dati, endlich richtig losgehe, auf den Wechsel der Zuständigkeiten im Bundesforschungsministerium. “Es wäre doch komisch, wenn eine vollständig andere Leitung mit einer anderen politischen Farbe in einer bisher nicht dagewesenen Gesamtkoalition einfach alles übernehmen und nahtlos weitermachen würde.”
Es sei eine “Herausforderung, die wir übernommen haben, […] dass Deutschland mehr Transfer braucht. Neues Wissen aus der Forschung und innovative Ideen müssen schneller in die Anwendung kommen. Die Dati setzt als ein Projekt hier an.”
14 Monate später hat nun immerhin die Dati-Gründungskommission ihre Empfehlungen an Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger übergeben. Doch die Mitglieder sind gefrustet und üben gegenüber Table.Briefings deutliche Kritik: Als man im September 2023 die Arbeit aufnahm, waren die Experten davon ausgegangen, dass alles bald beginnen könne. Man erwartete, dass das BMBF den parallel notwendigen politischen Prozess mit dazugehörigem Konzept Anfang 2024 abgeschlossen habe. Dann hätte die Position der Geschäftsführung am Standort in Erfurt bereits ausgeschrieben werden können.
Doch aktuell hakt der politische Prozess. Das BMBF-Konzept liegt im Finanzministerium und kommt frühestens nach der Sommerpause ins Kabinett. Was das für den Fortgang der Dati bedeutet, berichten wir in unserem heutigen Dati-Spezial.
Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre,
Die Gründungskommission hat heute Morgen ihre Empfehlungen für die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (Dati) an Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger übergeben. Mit im Gepäck: Eine ordentliche Portion Frust. Als die Kommission im September 2023 ihre Arbeit aufnahm, ging man davon aus, dass man zumindest zeitgleich mit dem BMBF das Ziel erreiche, dass vielleicht sogar bereits eine frisch ausgewählte Geschäftsführung der Dati den Bericht entgegennehmen könne.
Doch bevor das Dati-Konzeptpapier, das parallel zur Arbeit der Gründungskommission Sache des BMBF ist, nicht durch das Kabinett ist, kann keine Ausschreibung der Geschäftsführung stattfinden. Und damit geht auch die Gründung einer eigenen Organisation nicht voran. Die Folge: Bei einer weiteren Verzögerung klappt es mit der Dati-Gründung nicht mehr vor der Bundestagswahl. Was das bedeutet, ist ebenso unsicher wie die politischen Konstellationen ab Herbst 2025.
“Wir warten seit über zwei Jahren auf ein Konzept für die Dati und werden weiter vertröstet”, sagt Dieter Bathen von der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft. Dass immer noch keine klaren Pläne umgesetzt wurden, sei weder nachvollziehbar noch hinnehmbar und damit ein Armutszeugnis für das BMBF. Und auch Mitglieder der Gründungskommission sind sichtlich frustriert: “Wir in der Gründungskommission waren auch nicht glücklich mit den Verzögerungen. Wir hatten einen Zeitplan. Die Idee war, dass Anfang des Jahres vonseiten des BMBF alles abgeklärt ist. Als sich dann herausstellte, dass noch nichts fix ist, waren wir schon irritiert”, sagt Birgitt Riegraf, Präsidentin der Universität Paderborn.
Deshalb dann auch der Weckruf der SPD-Fraktion im Bundestag vom Montag. Man habe hier relativ vorsichtig formuliert, sagt die Abgeordnete Ye-One Rhie (SPD) im Gespräch mit Table.Briefings. Verärgerung besteht vor allem darüber, dass die Empfehlungen der Kommission und die Konzepterstellung des BMBF zeitlich nicht ineinanderlaufen. “Wir dachten, die Ressortabstimmung läuft schon längst“, sagt Rhie. Durch die Unklarheiten bezüglich des Konzepts konnte man der Gründungskommission keine klaren Leitplanken benennen, innerhalb derer diese ihre Empfehlungen ausarbeiten konnte.
Ein Punkt dabei: Das Thema Akteursoffenheit. Die SPD hat hier anscheinend durchgesetzt, dass im Konzept für die DATI insbesondere HAWs als Konsortialführer festgeschrieben sind. Rhie betont: “Von diesem Punkt wollen wir ungern abrücken. Wir haben im Pilotprozess gesehen, dass aus den HAWs gute Ideen kommen.”
Die Gründungskommission stellt sich in ihren Empfehlungen dem entgegen und betont die Bedeutung der Akteursoffenheit. Mit Unterstützung der industrienahen Forschungsgemeinschaften: “Seit Beginn der Diskussionen um die Dati fordern wir einen gleichberechtigten Zugang zu transferorientierten Forschungsmitteln”, sagt Steffen Tobisch von der Sächsischen Industrieforschungsgemeinschaft. HAWs seien vielfach geschätzte Partner. Dass die Dati jedoch als das Instrument für die explizite Förderung von HAWs missbraucht werden solle, indem insbesondere diese von Fördermitteln profitieren, lehnten die Forschungsgemeinschaften ab.
“Dem Projekt fehlt die Aufmerksamkeit der Spitzenpersonen, der Ministerin und der Staatssekretäre”, sagt Thomas Jarzombek, Forschungspolitiker der CDU. Man habe sich in der Abteilung im Klein-Klein verloren, sagen auch andere. Möglich wurde dies, weil niemand nach dem Ausscheiden von Thomas Sattelberger als Parlamentarischer Staatssekretär die Führung des Prozesses übernommen hatte. Verantwortlich ist eigentlich der Nachfolger als Staatssekretär, Mario Brandenburg. Dieser wurde gelobt für die innovative Gestaltung der Datipilot-Förderlinien. Den politischen Prozess vorangebracht hat er nicht.
Vielleicht deutet eine Randnotiz im Pressestatement der Ministerin von vergangener Woche auf einen Wechsel der Zuständigkeiten hin. Bei der Verkündung der Nominierung von Roland Philippi als Nachfolger der entlassenen Staatssekretärin Sabine Döring lobte die Ministerin dessen “wesentliche Rolle” bei der Konzeption der Dati. Philippi leitet bisher die Grundsatzabteilung des BMBF.
Dass aber auch die Ministerin selbst ihren Anteil an der Entwicklung hat, macht ein weiteres Detail deutlich: Die Ressortabstimmung hakt gerade beim Finanzministerium. Hier wartet man auf Erläuterungen des BMBF. Gespräche finden jedoch lediglich auf Arbeitsebene statt. So hohe Priorität, dass sie hier das direkte Gespräch mit dem Finanzminister sucht, scheint die Dati für Stark-Watzinger nicht zu haben. Auf der heutigen Pressekonferenz wollte die Ministerin auf die Frage nach einem Termin für die Kabinettsbefassung nicht antworten. Dass die Verzögerungen auch bewusste Taktik sein könnten, um Einsparungen zu realisieren, sieht Thomas Jarzombek eher nicht. Es handle sich wohl vielmehr um “reines Unvermögen” beim BMBF.
Was passiert mit den gesperrten Mitteln für 2024, wenn die Dati nicht mehr in diesem Jahr gegründet werden sollte? Könnte man diese, wie die SPD das vorschlägt, für eine neuerliche Datipilot-Runde heranziehen? “Bevor das Geld verfällt, wäre es sinnvoll, es zu nutzen”, sagt Gründungskommissionsmitglied Jörg Bagdahn, Präsident der Hochschule Anhalt. Birgitt Riegraf, sieht das ähnlich: “Der Datipilot war ja sehr erfolgreich. Man müsste nun einen guten, glaubwürdigen Modus finden, wie man noch mehr Projekte fördern kann.” Mit der bisher geringen Förderquote habe man noch viele gute Projekte in der Pipeline. Darauf angesprochen sagte die Ministerin heute in der Pressekonferenz, dass es der beste Weg sei, “die Dati jetzt zu gründen”.
Bei nicht wenigen Akteuren besteht die Sorge, dass man nicht mehr entscheidend vorankommt und die ganze Arbeit umsonst war. Empfehlungen, die ein Geschäftsführer ein Jahr nach ihrem Erscheinen in der Hand hält, würden sicher nicht so angenommen, als hätte man sie sich direkt unter den Arm geklemmt und wäre damit nach Erfurt gefahren, sagen einige aus der Gründungskommission. “Ich bin sehr unglücklich, dass das jetzt zeitlich so auseinander geht”, meint Riegraf. Andere äußern sogar die Befürchtung, dass die Dati ganz der Sparpolitik zum Opfer fallen könnte und nur noch einzelne Förderlinien im BMBF übrigbleiben. Dieser Sorge muss die Ministerin nun entgegentreten.
Die Gründungskommission der Dati hat am heutigen Donnerstag ihre Empfehlungen für den Aufbau und die Prozesse der neuen Organisation vorgelegt. Vier Prinzipien der Arbeit der Agentur, darunter das Prinzip der angestrebten Transferexzellenz, stellte die Kommission vor. Und sie beleuchtet in ihrem Papier die fünf strategischen Handlungsfelder der Dati.
Die Gründungskommission wurde im September 2023 vom BMBF eingesetzt. 16 Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verbänden, Start-ups, dem internationalen Bereich sowie dem Parlament gehörten dem Gremium an. Sie sollten Vorschläge für das BMBF zum Standort und zur Besetzung der Geschäftsführung der Dati unterbreiten. Darüber hinaus sollten Handlungsempfehlungen zu organisatorischen und prozessualen Aspekten des Auf- und Ausbaus der Agentur erarbeitet werden.
Den Empfehlungen ging eine gemeinsame Analyse der Stärken und Schwächen des deutschen Transfer- und Innovationssystems sowie des internationalen Umfelds voraus. Die wichtigsten Ergebnisse: Deutschland ist ein starker Forschungs- und Entwicklungsstandort, verfügt über einen innovativen Mittelstand und bestehende Transfer- und Innovationsnetzwerke. Gleichzeitig bestehen hohe bürokratische Hürden, eine unzureichende Verwertung und Umsetzung von Forschungsergebnissen sowie suboptimale oder fehlende Förderprogramme.
Mit Blick auf internationale Vorbilder hebt die Kommission eine konsequente Ausrichtung des Transfers an gesellschaftlichen Bedürfnissen hervor, wie sie beispielsweise in Schweden und Großbritannien praktiziert wird. Dort werde auch ein aktives Matching der Akteure betrieben. Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft würden gezielt vernetzt und wichtige Akteure in Innovationscommunities integriert.
Aber nicht nur international wird nach Vorbildern gesucht: Von der deutschen Sprind will man die unternehmerisch orientierte Führung, die in den Gremien dokumentierte Unabhängigkeit und die Agilität übernehmen.
Vier Prinzipien sollen die Arbeit der Dati in Zukunft leiten:
Die Empfehlungen beziehen sich auf fünf Handlungsfelder, die die Gründungskommission als erfolgskritisch für die Dati erachtet.
Mit der Übergabe der Empfehlungen endet ein großer Teil des Auftrags der Gründungskommission. Einige Mitglieder werden noch beim Auswahlprozess für die Geschäftsführung beteiligt sein, wie eine Sprecherin des BMBF Table.Briefings bestätigt. Von allen Seiten werden das große Engagement und die konstruktive Zusammenarbeit in der Kommission hervorgehoben. Neben monatlichen Meetings hatte man sieben Arbeitsgruppen etabliert, die zwischen den Terminen tätig waren. Es macht den Eindruck, dass die Mitglieder die Dati gerne noch weiter begleiten würden.
Dati: SPD fordert zweite Pilotförderlinie (2. Juli 2024). Angesichts immer weiterer Verzögerungen bei der Gründung der Dati will die SPD gesperrte Mittel für eine zweite Pilotförderung verwenden. Mehr
Suche nach Dati-Chef wird von Ressortverhandlungen gebremst (26. März 2024). Die Dati-Gründungskommission hat sich auf ein Anforderungsprofil für die Leitung der Dati geeinigt, sagt ihr Chef, Stefan Groß-Selbeck. Eine Ausschreibung soll es erst geben, wenn es eine Einigung in den Ressortverhandlungen gibt. Dort wird über die Trennschärfe der Transferförderung diskutiert. Mehr
DATI: 60 Millionen Euro mehr für die Innovationssprints (27. November 2023). In einer Mitteilung jubelte das BMBF kürzlich über die hohe Beteiligung an den Datipilot-Calls. 3.000 Einreichungen gab es alleine für die sogenannten Innovationssprints. Nach der ursprünglichen Planung hätten mit den vorhandenen 30 Millionen Euro nur ungefähr 100 Projekte gefördert werden können – eine Quote von lediglich drei Prozent. Mehr
BMBF bei Umsetzung des Koalitionsvertrags unter dem Durchschnitt (12. September 2023). In einer gemeinsamen Studie der Bertelsmann Stiftung, der Universität Trier und der Berliner Denkfabrik Progressives Zentrum wurde der Stand des Koalitionsvertrags gecheckt. Interessant, dass die Autoren die Umsetzung der Dati als vollständig erfüllt erachten. Das dürften Kreise jenseits des BMBF deutlich anders sehen. Mehr
Mario Brandenburg: “Freue mich, dass es losgeht!” (6. Juli 2023). Seit 18 Monaten arbeitet das BMBF an einem Konzept für die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (Dati). Am Freitag stellt das BMBF nun die Pilotförderrichtlinie vor. Damit sollen – noch bevor es mit der richtigen Dati losgeht – wichtige Erkenntnisse für deren Ausgestaltung gewonnen werden. Im Interview mit Table.Briefings erläutert Mario Brandenburg die Details. Mehr
Mario Brandenburg: “Es fehlt nicht an Gremien, es mangelt an Umsetzung” (26. April 2023). Viele Bürger sehen Deutschland nicht als Forschungsnation. Staatssekretär Mario Brandenburg sieht hier eine von vielen Herausforderung für das BMBF. Aber schnelle Lösungen gebe es nicht, erklärt er im Gespräch mit Nicola Kuhrt und Markus Weißkopf. Dabei sprach er auch über die Dati. Mehr
vor mehr als einem Jahr verwies der Parlamentarische Staatssekretär Mario Brandenburg auf die Frage, wann es mit der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation, kurz Dati, endlich richtig losgehe, auf den Wechsel der Zuständigkeiten im Bundesforschungsministerium. “Es wäre doch komisch, wenn eine vollständig andere Leitung mit einer anderen politischen Farbe in einer bisher nicht dagewesenen Gesamtkoalition einfach alles übernehmen und nahtlos weitermachen würde.”
Es sei eine “Herausforderung, die wir übernommen haben, […] dass Deutschland mehr Transfer braucht. Neues Wissen aus der Forschung und innovative Ideen müssen schneller in die Anwendung kommen. Die Dati setzt als ein Projekt hier an.”
14 Monate später hat nun immerhin die Dati-Gründungskommission ihre Empfehlungen an Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger übergeben. Doch die Mitglieder sind gefrustet und üben gegenüber Table.Briefings deutliche Kritik: Als man im September 2023 die Arbeit aufnahm, waren die Experten davon ausgegangen, dass alles bald beginnen könne. Man erwartete, dass das BMBF den parallel notwendigen politischen Prozess mit dazugehörigem Konzept Anfang 2024 abgeschlossen habe. Dann hätte die Position der Geschäftsführung am Standort in Erfurt bereits ausgeschrieben werden können.
Doch aktuell hakt der politische Prozess. Das BMBF-Konzept liegt im Finanzministerium und kommt frühestens nach der Sommerpause ins Kabinett. Was das für den Fortgang der Dati bedeutet, berichten wir in unserem heutigen Dati-Spezial.
Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre,
Die Gründungskommission hat heute Morgen ihre Empfehlungen für die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (Dati) an Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger übergeben. Mit im Gepäck: Eine ordentliche Portion Frust. Als die Kommission im September 2023 ihre Arbeit aufnahm, ging man davon aus, dass man zumindest zeitgleich mit dem BMBF das Ziel erreiche, dass vielleicht sogar bereits eine frisch ausgewählte Geschäftsführung der Dati den Bericht entgegennehmen könne.
Doch bevor das Dati-Konzeptpapier, das parallel zur Arbeit der Gründungskommission Sache des BMBF ist, nicht durch das Kabinett ist, kann keine Ausschreibung der Geschäftsführung stattfinden. Und damit geht auch die Gründung einer eigenen Organisation nicht voran. Die Folge: Bei einer weiteren Verzögerung klappt es mit der Dati-Gründung nicht mehr vor der Bundestagswahl. Was das bedeutet, ist ebenso unsicher wie die politischen Konstellationen ab Herbst 2025.
“Wir warten seit über zwei Jahren auf ein Konzept für die Dati und werden weiter vertröstet”, sagt Dieter Bathen von der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft. Dass immer noch keine klaren Pläne umgesetzt wurden, sei weder nachvollziehbar noch hinnehmbar und damit ein Armutszeugnis für das BMBF. Und auch Mitglieder der Gründungskommission sind sichtlich frustriert: “Wir in der Gründungskommission waren auch nicht glücklich mit den Verzögerungen. Wir hatten einen Zeitplan. Die Idee war, dass Anfang des Jahres vonseiten des BMBF alles abgeklärt ist. Als sich dann herausstellte, dass noch nichts fix ist, waren wir schon irritiert”, sagt Birgitt Riegraf, Präsidentin der Universität Paderborn.
Deshalb dann auch der Weckruf der SPD-Fraktion im Bundestag vom Montag. Man habe hier relativ vorsichtig formuliert, sagt die Abgeordnete Ye-One Rhie (SPD) im Gespräch mit Table.Briefings. Verärgerung besteht vor allem darüber, dass die Empfehlungen der Kommission und die Konzepterstellung des BMBF zeitlich nicht ineinanderlaufen. “Wir dachten, die Ressortabstimmung läuft schon längst“, sagt Rhie. Durch die Unklarheiten bezüglich des Konzepts konnte man der Gründungskommission keine klaren Leitplanken benennen, innerhalb derer diese ihre Empfehlungen ausarbeiten konnte.
Ein Punkt dabei: Das Thema Akteursoffenheit. Die SPD hat hier anscheinend durchgesetzt, dass im Konzept für die DATI insbesondere HAWs als Konsortialführer festgeschrieben sind. Rhie betont: “Von diesem Punkt wollen wir ungern abrücken. Wir haben im Pilotprozess gesehen, dass aus den HAWs gute Ideen kommen.”
Die Gründungskommission stellt sich in ihren Empfehlungen dem entgegen und betont die Bedeutung der Akteursoffenheit. Mit Unterstützung der industrienahen Forschungsgemeinschaften: “Seit Beginn der Diskussionen um die Dati fordern wir einen gleichberechtigten Zugang zu transferorientierten Forschungsmitteln”, sagt Steffen Tobisch von der Sächsischen Industrieforschungsgemeinschaft. HAWs seien vielfach geschätzte Partner. Dass die Dati jedoch als das Instrument für die explizite Förderung von HAWs missbraucht werden solle, indem insbesondere diese von Fördermitteln profitieren, lehnten die Forschungsgemeinschaften ab.
“Dem Projekt fehlt die Aufmerksamkeit der Spitzenpersonen, der Ministerin und der Staatssekretäre”, sagt Thomas Jarzombek, Forschungspolitiker der CDU. Man habe sich in der Abteilung im Klein-Klein verloren, sagen auch andere. Möglich wurde dies, weil niemand nach dem Ausscheiden von Thomas Sattelberger als Parlamentarischer Staatssekretär die Führung des Prozesses übernommen hatte. Verantwortlich ist eigentlich der Nachfolger als Staatssekretär, Mario Brandenburg. Dieser wurde gelobt für die innovative Gestaltung der Datipilot-Förderlinien. Den politischen Prozess vorangebracht hat er nicht.
Vielleicht deutet eine Randnotiz im Pressestatement der Ministerin von vergangener Woche auf einen Wechsel der Zuständigkeiten hin. Bei der Verkündung der Nominierung von Roland Philippi als Nachfolger der entlassenen Staatssekretärin Sabine Döring lobte die Ministerin dessen “wesentliche Rolle” bei der Konzeption der Dati. Philippi leitet bisher die Grundsatzabteilung des BMBF.
Dass aber auch die Ministerin selbst ihren Anteil an der Entwicklung hat, macht ein weiteres Detail deutlich: Die Ressortabstimmung hakt gerade beim Finanzministerium. Hier wartet man auf Erläuterungen des BMBF. Gespräche finden jedoch lediglich auf Arbeitsebene statt. So hohe Priorität, dass sie hier das direkte Gespräch mit dem Finanzminister sucht, scheint die Dati für Stark-Watzinger nicht zu haben. Auf der heutigen Pressekonferenz wollte die Ministerin auf die Frage nach einem Termin für die Kabinettsbefassung nicht antworten. Dass die Verzögerungen auch bewusste Taktik sein könnten, um Einsparungen zu realisieren, sieht Thomas Jarzombek eher nicht. Es handle sich wohl vielmehr um “reines Unvermögen” beim BMBF.
Was passiert mit den gesperrten Mitteln für 2024, wenn die Dati nicht mehr in diesem Jahr gegründet werden sollte? Könnte man diese, wie die SPD das vorschlägt, für eine neuerliche Datipilot-Runde heranziehen? “Bevor das Geld verfällt, wäre es sinnvoll, es zu nutzen”, sagt Gründungskommissionsmitglied Jörg Bagdahn, Präsident der Hochschule Anhalt. Birgitt Riegraf, sieht das ähnlich: “Der Datipilot war ja sehr erfolgreich. Man müsste nun einen guten, glaubwürdigen Modus finden, wie man noch mehr Projekte fördern kann.” Mit der bisher geringen Förderquote habe man noch viele gute Projekte in der Pipeline. Darauf angesprochen sagte die Ministerin heute in der Pressekonferenz, dass es der beste Weg sei, “die Dati jetzt zu gründen”.
Bei nicht wenigen Akteuren besteht die Sorge, dass man nicht mehr entscheidend vorankommt und die ganze Arbeit umsonst war. Empfehlungen, die ein Geschäftsführer ein Jahr nach ihrem Erscheinen in der Hand hält, würden sicher nicht so angenommen, als hätte man sie sich direkt unter den Arm geklemmt und wäre damit nach Erfurt gefahren, sagen einige aus der Gründungskommission. “Ich bin sehr unglücklich, dass das jetzt zeitlich so auseinander geht”, meint Riegraf. Andere äußern sogar die Befürchtung, dass die Dati ganz der Sparpolitik zum Opfer fallen könnte und nur noch einzelne Förderlinien im BMBF übrigbleiben. Dieser Sorge muss die Ministerin nun entgegentreten.
Die Gründungskommission der Dati hat am heutigen Donnerstag ihre Empfehlungen für den Aufbau und die Prozesse der neuen Organisation vorgelegt. Vier Prinzipien der Arbeit der Agentur, darunter das Prinzip der angestrebten Transferexzellenz, stellte die Kommission vor. Und sie beleuchtet in ihrem Papier die fünf strategischen Handlungsfelder der Dati.
Die Gründungskommission wurde im September 2023 vom BMBF eingesetzt. 16 Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verbänden, Start-ups, dem internationalen Bereich sowie dem Parlament gehörten dem Gremium an. Sie sollten Vorschläge für das BMBF zum Standort und zur Besetzung der Geschäftsführung der Dati unterbreiten. Darüber hinaus sollten Handlungsempfehlungen zu organisatorischen und prozessualen Aspekten des Auf- und Ausbaus der Agentur erarbeitet werden.
Den Empfehlungen ging eine gemeinsame Analyse der Stärken und Schwächen des deutschen Transfer- und Innovationssystems sowie des internationalen Umfelds voraus. Die wichtigsten Ergebnisse: Deutschland ist ein starker Forschungs- und Entwicklungsstandort, verfügt über einen innovativen Mittelstand und bestehende Transfer- und Innovationsnetzwerke. Gleichzeitig bestehen hohe bürokratische Hürden, eine unzureichende Verwertung und Umsetzung von Forschungsergebnissen sowie suboptimale oder fehlende Förderprogramme.
Mit Blick auf internationale Vorbilder hebt die Kommission eine konsequente Ausrichtung des Transfers an gesellschaftlichen Bedürfnissen hervor, wie sie beispielsweise in Schweden und Großbritannien praktiziert wird. Dort werde auch ein aktives Matching der Akteure betrieben. Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft würden gezielt vernetzt und wichtige Akteure in Innovationscommunities integriert.
Aber nicht nur international wird nach Vorbildern gesucht: Von der deutschen Sprind will man die unternehmerisch orientierte Führung, die in den Gremien dokumentierte Unabhängigkeit und die Agilität übernehmen.
Vier Prinzipien sollen die Arbeit der Dati in Zukunft leiten:
Die Empfehlungen beziehen sich auf fünf Handlungsfelder, die die Gründungskommission als erfolgskritisch für die Dati erachtet.
Mit der Übergabe der Empfehlungen endet ein großer Teil des Auftrags der Gründungskommission. Einige Mitglieder werden noch beim Auswahlprozess für die Geschäftsführung beteiligt sein, wie eine Sprecherin des BMBF Table.Briefings bestätigt. Von allen Seiten werden das große Engagement und die konstruktive Zusammenarbeit in der Kommission hervorgehoben. Neben monatlichen Meetings hatte man sieben Arbeitsgruppen etabliert, die zwischen den Terminen tätig waren. Es macht den Eindruck, dass die Mitglieder die Dati gerne noch weiter begleiten würden.
Dati: SPD fordert zweite Pilotförderlinie (2. Juli 2024). Angesichts immer weiterer Verzögerungen bei der Gründung der Dati will die SPD gesperrte Mittel für eine zweite Pilotförderung verwenden. Mehr
Suche nach Dati-Chef wird von Ressortverhandlungen gebremst (26. März 2024). Die Dati-Gründungskommission hat sich auf ein Anforderungsprofil für die Leitung der Dati geeinigt, sagt ihr Chef, Stefan Groß-Selbeck. Eine Ausschreibung soll es erst geben, wenn es eine Einigung in den Ressortverhandlungen gibt. Dort wird über die Trennschärfe der Transferförderung diskutiert. Mehr
DATI: 60 Millionen Euro mehr für die Innovationssprints (27. November 2023). In einer Mitteilung jubelte das BMBF kürzlich über die hohe Beteiligung an den Datipilot-Calls. 3.000 Einreichungen gab es alleine für die sogenannten Innovationssprints. Nach der ursprünglichen Planung hätten mit den vorhandenen 30 Millionen Euro nur ungefähr 100 Projekte gefördert werden können – eine Quote von lediglich drei Prozent. Mehr
BMBF bei Umsetzung des Koalitionsvertrags unter dem Durchschnitt (12. September 2023). In einer gemeinsamen Studie der Bertelsmann Stiftung, der Universität Trier und der Berliner Denkfabrik Progressives Zentrum wurde der Stand des Koalitionsvertrags gecheckt. Interessant, dass die Autoren die Umsetzung der Dati als vollständig erfüllt erachten. Das dürften Kreise jenseits des BMBF deutlich anders sehen. Mehr
Mario Brandenburg: “Freue mich, dass es losgeht!” (6. Juli 2023). Seit 18 Monaten arbeitet das BMBF an einem Konzept für die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (Dati). Am Freitag stellt das BMBF nun die Pilotförderrichtlinie vor. Damit sollen – noch bevor es mit der richtigen Dati losgeht – wichtige Erkenntnisse für deren Ausgestaltung gewonnen werden. Im Interview mit Table.Briefings erläutert Mario Brandenburg die Details. Mehr
Mario Brandenburg: “Es fehlt nicht an Gremien, es mangelt an Umsetzung” (26. April 2023). Viele Bürger sehen Deutschland nicht als Forschungsnation. Staatssekretär Mario Brandenburg sieht hier eine von vielen Herausforderung für das BMBF. Aber schnelle Lösungen gebe es nicht, erklärt er im Gespräch mit Nicola Kuhrt und Markus Weißkopf. Dabei sprach er auch über die Dati. Mehr