Table.Briefing: Research

Katja Becker fordert Einsatz für die Demokratie + ERC Grants: Britische Forscher müssen umziehen + Peer Review: ChatGPT beeinflusst Gutachten

Liebe Leserin, lieber Leser,

in einem Standpunkt ruft DFG-Präsidentin Katja Becker zu einem entschiedenen und entschlossenen Handeln auf. Sowohl der in Europa neu entbrannte Krieg als auch das in Deutschland wieder erstarkte antidemokratische Denken und der Antisemitismus verlangten dies. Sie wirbt für “ein ernsthaftes Innehalten, eine intensive Reflexion und entschiedenes Entgegentreten – auch von der Wissenschaft und einer Organisation wie der DFG.” Im Einsatz für Demokratie und Weltoffenheit könnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei eine besondere Aufgabe übernehmen.

Gemeinsam mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaft, der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und der Hochschulrektorenkonferenz will die DFG in verschiedenen Städten das persönliche Gespräch mit Bürgern zu wissenschaftsbezogene Themen aus Politik und Gesellschaft suchen.

Der Ruf nach einer entschiedenen Verantwortung der Wissenschaft ist das eine, die Umsetzung nicht immer ganz so eindeutig. So fordert die CDU/CSU-Fraktion aktuell mehr Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus an Schulen, Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen. Jüdische Studierende erlebten täglich Hass und Hetze und trauten sich nicht mehr auf den Campus, erklärte CDU-Politikerin Gitta Connemann in der Bundestagsdebatte am vergangenen Freitag.

Die Oppositionspolitiker fordern die Regierung in einem Antrag etwa auf, dass Täter nach einer Verurteilung wegen einer Gewalttat oder wegen Drohung mit Gewalt gegenüber Kommilitonen exmatrikuliert werden können sollen. Als Reaktion auf solche Taten solle unverzüglich und wirksam mittels Strafanzeige und Hausverbot gegen die Störer vorgegangen werden können. Universitäten, die nicht konsequent gegen Antisemitismus vorgehen, sollten keine Bundesmittel mehr erhalten.

Aktuell wird aber bereits in Berlin die Wiedereinführung des Ordnungsrechts durch eine Änderung des Berliner Hochschulgesetzes diskutiert, wie mein Kollege Markus Weisskopf berichtet. Nachdem es hier scharfe Kritik an den mangelnden Handlungsmöglichkeiten der Hochschulen gegeben hatte, sollen nun stufenweise Reaktionen ermöglicht werden. Zunächst soll eine Rüge, später auch der Ausschluss von einzelnen Lehrveranstaltungen bis zur Exmatrikulation ermöglicht werden. 

Studierende sorgen sich längst vor Repressionen und auch Tobias Schulze (Die Linke) übt auf Anfrage von Table.Briefings Kritik: Gegen Antisemitismus helfe das Berliner Gesetz nicht. 

Ich wünsche Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre,

Ihre
Nicola Kuhrt
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  • DFG

Analyse

ERC Advanced Grants: Deutschland first, UK second – aber nur bei Ortswechsel in die EU

Während man sich in Deutschland freut, mit 50 von 255 Preisträgern wieder einmal den dicksten Batzen der aktuellen Advanced Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) errungen zu haben, stehen Forschende in Großbritannien vor einem Problem: Sie liegen mit 42 Advanced Grants an zweiter Stelle, vor Frankreich (37, siehe Grafik). Die jeweils rund 2,5 Millionen Euro Fördermittel können sie in den nächsten fünf Jahren jedoch nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie das Land verlassen.

Der Grund: Zwar gibt es seit September 2023 die Assoziierungsvereinbarung zu Horizont Europa. Sie gelte aber nur für Ausschreibungen des Haushaltsplans 2024 und darüber hinaus, teilte der ERC vergangenen Donnerstag bei der Bekanntgabe der Grants mit. Die aktuelle Förderrunde sei jedoch Teil des ERC-Arbeitsprogramms 2023.

Forschende müssen zu einer förderfähigen Gasteinrichtung wechseln

Die Liste der erfolgreichen Bewerber ist daher vorläufig. Nachrücker haben also noch Chancen. Forschende aus UK, müssten ihre Projekte auf eine förderfähige Gasteinrichtung übertragen, um die ERC-Gelder zu erhalten. Das bedeutet, dass die 42 Forscherinnen und Forscher aus Großbritannien nun vor der Entscheidung stehen, in die EU oder in ein anderes mit Horizon Europe assoziiertes Land zu ziehen. Die Alternative ist allerdings auch interessant: Wer im Land bleibt, erhält von der Förderagentur UK Research and Innovation (UKRI) einen in etwa gleichwertigen Zuschuss. Auf diese Möglichkeit für Fördermittel aus dem ERC-Haushaltsplan 2023 wies die UKRI hin, als die Reassoziierung zu Horizont Europa anstand.

Die Betroffenen überrascht die Situation dennoch. “Das ist natürlich frustrierend. Als es um die Reassoziierung ging, wurde nicht besonders hervorgehoben, dass die Gewinner der Advanced Grants von 2023 nicht berücksichtigt werden”, sagte Preisträgerin Lynda Boothroyd, Psychologieprofessorin an der Durham University im Gespräch mit Science Business. Offenbar überlegt sie noch, ob sie bleibt oder geht.

Ähnlich geht es anderen Befragten. Gegen den Umzug sprechen unter anderem die Kurzfristigkeit – und laufende andere Projekte in Großbritannien, die aufgegeben werden müssten. Der Blick zurück zeigt: Bei den ERC-Grants des Jahres 2021 in den Kategorien Starting, Consolidator und Advanced entschieden sich nur 23 der 174 Preisträger aus Großbritannien, ihre Forschung zu verlagern und die Förderung anzunehmen.

Max-Planck-Gesellschaft, German U15 und Baden-Württemberg vorne

Advanced Grants gehören zu den prestigeträchtigsten und besonders umkämpften Förderungen der EU. Sie sollen führenden Spitzenforschern ermöglichen, ambitionierte Projekte zu verfolgen. Für die in diesem Jahr von der EU insgesamt zu vergebenden 652 Millionen Euro hatten sich mehr als 1.800 Forschende beworben, die Erfolgsquote beträgt demnach knapp 14 Prozent.

Nach Deutschland gehen 50 Advanced Grants. Diese Universitätsverbünde, Forschungsorganisationen und Bundesländer waren besonders erfolgreich:

  • German U15: 16 Advanced Grants (davon fünf an Forschende der Universität Heidelberg)
  • Max-Planck-Gesellschaft: elf Advanced Grants
  • Helmholtz-Gemeinschaft: neun Advanced Grants (davon zwei an Forschende des Deutschen Krebsforschungszentrums)
  • In Baden-Württemberg forschen 14 Advanced-Grant-Preisträger.

Bayern sieht sich dennoch als “Bundesprimus”

Damit schneidet Baden-Württemberg wie auch in Vorjahren erneut gut ab. Die “überragende Erfolgsquote” belege erneut “die große Forschungsstärke BWs”, teilte Forschungsministerin Petra Olschowski auf der Plattform X mit. In diesem Zusammenhang verwundert, dass auch Bayern in einer Pressemitteilung verkündete, erneut Bundesprimus zu sein.

Von “Titelverteidigung in der Königsklasse der europäischen Forschungsförderung” sprach Wissenschaftsminister Markus Blume und gratulierte den erfolgreichen acht Spitzenforscherinnen und -forschern bayerischer Universitäten. Diese Lesart der Statistik stimmt allenfalls dann, wenn man nur die Grants berücksichtigt, die an Universitäten gehen: Da sind es acht in Bayern. In Baden-Württemberg forschen sechs Preisträger an Universitäten, die anderen acht sind an außeruniversitären Forschungsinstituten wie DKFZ, KIT, EMBL oder einem Max-Planck-Institut beschäftigt. In Bayern gibt es außeruniversitär nur einen Preisträger – vom MPI für Quantenoptik in Garching.

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KI im Peer Review-Prozess: Plagiatsforscherin “schockiert” über Nutzung von Sprachmodellen 

Nicht nur das wissenschaftliche Arbeiten selbst, sondern auch dessen Begutachtung könnte stark durch KI-Sprachmodelle beeinflusst werden. Darauf deutet eine Studie einer Forschergruppe der Stanford-University hin. Die Wissenschaftler um Weixin Liang hatten die Peer Review-Berichte von vier großen Wissenschaftskonferenzen im Bereich der Informatik und KI-Forschung untersucht.  

Die Studie, die als Preprint auf ArXiv veröffentlicht wurde, weist zwischen sieben und 17 Prozent der rund 146.000 Peer Reviews als “substanziell” mit KI-Tools wie ChatGPT erstellt oder bearbeitet aus. Die Forschenden machten sich für die Analyse der Gutachten eine Eigenart von großen Sprachmodellen zunutze. Sie suchten nach bestimmten positiven Adjektiven wie “commendable” (lobenswert), “meticulous” (akribisch) oder “intricate” (kompliziert), die KI-Modelle signifikant häufiger benutzen als menschliche Autoren. 

Anteil von KI-Nutzung bei Gutachtern mit Zeitdruck höher 

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die KI vor allem dann zum Einsatz kommt, wenn die Gutachten kurz vor Fristende abgegeben wurden. “Es scheint, als würden Menschen, die Zeitmangel haben, dazu neigen, ChatGPT zu nutzen”, sagte Studienleiter Liang der Nachrichtenredaktion von Nature. Ob die Gutachten mit ChatGPT erstellt wurden oder ob das KI-Tool nur zur Übersetzung oder Überarbeitung eingesetzt wurde, können die Forschenden mit ihrer Methodik nicht erkennen. Die Nutzung gehe aber über reine Rechtschreibprüfungen oder stilistische Inspiration hinaus.  

Eine in derselben Studie durchgeführte Analyse von 25.000 Gutachten zu Manuskripten, die bei der Fachzeitschrift Nature eingereicht wurden, ergab dagegen keinen Anstieg bei der Verwendung der einschlägigen Adjektive. Die Gutachter werden nach Angaben der Fachzeitschrift allerdings auch explizit darauf hingewiesen, keine KI-Sprachmodelle zu nutzen, da diese noch “erheblichen Einschränkungen” unterliegen. 

Plagiatsforscherin: Einsatz von KI-Tools “sehr schockierend” 

Die deutsche Informatikerin und Plagiatsforscherin Debora Weber-Wulff von der HTW Berlin hält die Vorstellung, dass Chatbots Gutachterberichte für unveröffentlichte Arbeiten schreiben, für “sehr schockierend”, da die Tools oft irreführende oder gefälschte Informationen generieren. Auf Anfrage von Table.Briefings erklärt die Wissenschaftlerin ihre Reaktion mit der besonderen Erwartungshaltung an einen Peer Review-Prozess. 

“Die Erwartung an ein Gutachten ist, dass ein anderer Mensch sich mit dem auseinandersetzt, was ich geschrieben und wozu ich geforscht habe.” Man erwarte Feedback darüber, ob man seine Überlegungen und Ergebnisse klar dargestellt hat oder ob methodische Fehler erkennbar seien. All das könne ein KI-Sprachmodell nicht leisten. “Die KI halluziniert, das heißt wir können nicht sagen, wann die Maschine tatsächlich etwas weiß oder versteht und wann sie nur so tut.” 

Keine Möglichkeit, zuverlässig KI-generierte Texte zu erkennen 

Die Gefahr, dass dadurch die Qualität des Peer Review-Prozesses leidet und es zu Fehleinschätzungen kommt oder Fehler in Studien nicht entdeckt werden, ist für Weber-Wulff nicht das einzige Problem: “Der Gutachter hat zudem überhaupt nicht das Copyright an den unveröffentlichten Texten. Wenn ich den Text von Kollegen hochlade, habe ich keine Kontrolle darüber, was OpenAI damit anstellt.” Das sei auch gegen die “Terms of use”, die OpenAI für ChatGPT festgelegt habe. Demnach müsse derjenige, der einen Text hochlädt, auch das Copyright besitzen. 

Auch wenn sie die Herangehensweise der Kollegen aus Stanford für “vernünftig” hält, ist Weber-Wulff grundsätzlich der Meinung, dass es keine dauerhaft verlässliche Methode geben wird, KI-generierte Gutachten oder wissenschaftliche Arbeiten insgesamt zu identifizieren. “OpenAI und andere Unternehmen können wie bei einem Wettrüsten immer wieder Filter vor ihre Sprachmodelle setzen, die dazu führen, dass bestimmte Adjektive eben nicht mehr so häufig vorkommen. Es gibt keine Zauber-Software, die trennscharf unterscheiden kann.” 

Zuletzt hätten das auch zwei Studien unabhängig voneinander gezeigt, in denen Wissenschaftler KI-Detektoren auf ihre Erfolgsquote überprüften. Bei der ersten, die Debora Weber-Wulff selbst mit einem internationalen Forscherteam bereits im Sommer 2023 veröffentlicht hat, ordneten Erkennungstools KI-generierte Texte immer wieder menschlichen Autoren zu. Eine Ende März als Preprint erschienene zweite Studie der British University Vietnam bestätigte ihr Ergebnis. 

Regeln für KI-Nutzung bei der Erstellung von Artikeln und Gutachten 

Auf die Frage, ob es nicht auch legitime Arten gebe, KI-Sprachmodelle wie ChatGPT im Review-Prozess einzusetzen, antwortet Debora Weber-Wulff mit einem entschiedenen “Nein”. Es sei möglich, Rechtschreib- oder Grammatikprüfungen mittels KI zu vollziehen, aber “eine Maschine kann kein Peer sein”. Das bedeute zwar nicht, dass man KI in der Wissenschaft verteufeln sollte, sagt die HTW-Forscherin, allerdings würden die Anwendungsmöglichkeiten auch überschätzt.  

Für den Umgang mit KI beim wissenschaftlichen Arbeiten, das Weber-Wulff in einigen Fällen mit ihren Studierenden bewusst einsetzt, hat sie Regeln aufgestellt, die von den Autoren vor allem maximale Transparenz und Verantwortung einfordern. KI solle demnach nur dort eingesetzt werden, wo das explizit verabredet und transparent gemacht wird. Zudem müssten Autoren die volle Verantwortung für ihren Text übernehmen, auch wenn sich später herausstellt, dass die KI Fehler produziert hat. 

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Termine

18. /19. April 2024, Berlin
Konferenz Unterstützung gefährdeter Forschender: Philipp Schwartz und Inspireurope Stakeholder Forum Mehr

19. April 2024, Südwerk Bürgerzentrum Südstadt, Karlsruhe (und Livestream)
NaWik-Konferenz für kommunizierende Forschende WissKon24 Mehr

22. April 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Hannover Messe und im Livestream
Gipfel für Forschung und Innovation 2024 “Innovationen in Europa – Katalysatoren, Kompetenzen und Kooperationen am Beispiel von KI” Mehr

24. April 2024 , 19 Uhr, Berliner Sparkasse Alexanderplatz 2, Berlin
Gespräch Junge Akademie: Irritieren Sie mich – Geld aus dem Nichts Mehr

29. April 2024, 18 Uhr, Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Leibniz-Saal, Markgrafenstraße 38, 10117 Berlin
Podiumsdiskussion “Zum Stand der Wissenschaftsfreiheit in Europa” Mehr

6. Mai 2024, 11:30 – 19:30 Uhr, Säälchen, Holzmarktstraße 25, 10243 Berlin
RWTH: Next Generation University: Knowledge Sharing Event “Transformation – Transfer – Impact” Mehr

15./16. Mai 2024, Katholische Akademie in Bayern, Mandlstraße 23, 80802 München
XVII. Hochschulsymposium der Schleyer-Stiftung in Kooperation mit Heinz Nixdorf Stiftung und TU München “Nachhaltigkeit in der Wissenschaft: Notwendigkeiten neuer Formen der Zusammenarbeit” Mehr

27./28. Mai 2024, Dresden/International Congress Center Conference
Konferenz “Building Bridges for a Net Zero Future” Mehr

News

KI, Gesundheit, kulturelles Erbe: Akademien der G7-Staaten rufen zur Zusammenarbeit auf

Die Wissenschaftsakademien der G7-Staaten haben ihre Regierungen dazu aufgerufen, sich im Juni beim Gipfeltreffen in Italien mit sechs Themenfeldern zu befassen, in denen drängende globale Herausforderungen bestehen. Es geht um die Bereiche Landwirtschaft, Künstliche Intelligenz, Kulturelles Erbe, Gesundheit, nukleare Rüstungskontrolle und soziale Ungleichheit. Entsprechende Stellungnahmen zu den Themen wurden unter Federführung der italienischen Accademia Nazionale dei Lincei und unter Beteiligung der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina erarbeitet und am Montag veröffentlicht.

“Die Zusammenarbeit zwischen Staaten, zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen, aber auch mit lokalen Akteuren sind ein Schlüssel, um Lösungen für eine nachhaltige Landwirtschaft, den Kampf gegen extreme Armut, die Vorbereitung auf neue Pandemien, beim Schutz des Kulturerbes und für den Umgang mit KI zu finden”, sagte Leopoldina-Präsident Gerald Haug.

KI mit nachvollziehbaren Daten und fürs Gemeinwohl

Die Stellungnahme Artificial Intelligence and Society bezieht Position zu den technischen und gesellschaftlichen Herausforderungen im Bereich KI. Zu den Empfehlungen gehört, die Nachvollziehbarkeit der Daten, auf denen KI-Modelle basieren, zu gewährleisten und ethische Grundsätze in der Entwicklung und Überwachung von KI-Systemen einzuhalten.

Die Akademien sprechen sich dafür aus, die Entwicklung von KI-Systemen, die dem Gemeinwohl dienen, besonders fördern. Die Regierungen sollten Anreize für gesellschaftlich nützliche KI-Systeme erwägen. Die Politik sollte der Entwicklung von KI-Systemen Vorrang einräumen, die sich mit den wichtigsten globalen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen befassen.

Kulturelles Erbe nicht als ideologische Waffe missbrauchen

Kulturelles Erbe sei die Grundlage der Identität der Menschheit, heißt es in der Stellungnahme zum Thema Cultural Heritage. Es zu bewahren und zu verstehen, könne dazu beitragen, Herausforderungen in der Gegenwart und Zukunft und zu bewältigen. Zu verhindern sei, dass kulturelles Erbe und historische Quellen als ideologische Waffe missbraucht werden. Es sei wichtig, sich der Gefahr einer unwissenschaftlichen Umdeutung zu ideologischen Zwecken bewusst zu sein und solchen Verzerrungen wachsam entgegenzutreten.

Gesundheit: Pandemievorsorge und Antibiotika-Forschung

Um zukünftigen Pandemien besser zu begegnen, empfehlen die Akademien in der Stellungnahme Health Issues Strukturen, um neue potenzielle Krankheitserreger zu erkennen, Daten auszutauschen und Biomonitoring, etwa beim Abwasser, zu etablieren. Außerdem sprechen sie sich gegen den übermäßigen Einsatz von Antibiotika aus und mahnen Förderung für die Entwicklung neuer Antibiotika an sowie Alternativen zur Antibiotikabehandlung.

Die Wissenschaftsakademien befassen sich im Vorfeld der G7-Gipfel mit wissenschaftsbezogenen Fragen, die im Zusammenhang mit der Agenda stehen und multilateral angegangen werden müssen. Der diesjährige G7-Gipfel findet vom 13. bis 15. Juni in Italien statt. abg

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CDU/CSU zu Antisemitismus an Hochschulen: “Rektoren ducken sich weg”  

In einem Antrag fordert die CDU/CSU-Fraktion seitens der Bundesregierung Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus an Schulen, Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen. Jüdische Studierende erlebten täglich Hass und Hetze und trauten sich nicht mehr auf den Campus, sagte die CDU-Politikerin Gitta Connemann in der Bundestagsdebatte am vergangenen Freitag. Die Asten, die Wissenschaft und die Medien würden dazu schweigen, “Rektoren ducken sich weg”. 

Strafanzeige und Hausverbot als Mittel gegen Störer 

Die Unionsfraktion fordert die Regierung auf, im Rahmen der Kultusministerkonferenz (KMK) oder der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) ein gemeinsames Verständnis zu einer Anpassung der Hochschulgesetze zu erreichen. Täter sollten nach einer Verurteilung wegen einer Gewalttat oder wegen Drohung mit Gewalt gegenüber Kommilitonen exmatrikuliert werden können. Regelmäßig müsse damit eine vorläufige Suspendierung vom Studium einhergehen. Als Reaktion auf solche Taten oder auf Störungen von Vorlesungen, Vorträgen oder sonstigen Veranstaltungen will die Union, dass Hochschulen unverzüglich und wirksam mittels Strafanzeige und Hausverbot gegen die Störer vorgehen.

Universitäten, die nicht konsequent gegen Antisemitismus vorgehen, sollen nach dem Willen der Fraktion keine Bundesmittel mehr erhalten. Das würde unter anderem bedeuten, dass ein konsequentes Vorgehen gegen Antisemitismus künftig eine Rolle bei der Bewertung von Universitäten im Rahmen der Exzellenzstrategie spielen könnte.   

Kein Platz für BDS-Unterstützer an Hochschulen 

Darüber hinaus plädiert die Union für die Einrichtung eines Runden Tisches zur Bekämpfung von Antisemitismus in Bildung, Wissenschaft und Forschung. Auch die Aktivitäten der “Boycott, Divestment and Sanctions”-Bewegung (abgekürzt BDS) in Bildung, Wissenschaft und Forschung müssten wirksam unterbunden werden. Unterstützer der BDS-Bewegung sollen in deutschen Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen keinen Platz haben. 

In Berlin ist die Änderung des Hochschulgesetzes bereits in Gang 

Parallel dazu wird derzeit in Berlin bereits die Wiedereinführung des Ordnungsrechts durch eine Änderung des Berliner Hochschulgesetzes diskutiert. Nachdem es hier scharfe Kritik an den mangelnden Handlungsmöglichkeiten der Hochschulen gegeben hatte, sollen nun stufenweise Reaktionen ermöglicht werden. Dies beginnen mit einer Rüge, gehen über den Ausschluss von einzelnen Lehrveranstaltungen, bis hin zu einer Exmatrikulation. 

Studierende haben Sorge vor Repression 

Die Landesastenkonferenz Berlin äußerte am Montag in der Sitzung des Berliner Wissenschaftsausschusses die Sorge, dass durch die Änderungen auch legitime studentische Protestaktionen zu Strafmaßnahmen führen könnten. Staatssekretär Henry Marx betonte, dass man diese Bedenken ernst nehme. Man wolle auf keinen Fall missliebige Studierende aus den Hochschulen drängen. Ziel sei der “Opferschutz und keine Repression”.  

Doch auch der Berliner Linkenpolitiker Tobias Schulze übt auf Anfrage von Table.Briefings Kritik: “Der Gesetzentwurf strotzt vor unklaren Rechtsbegriffen, Missbrauchspotenzial und nicht definierten Prozessen.” Die Ziele seien “vollkommen unklar”, gegen Antisemitismus helfe das Gesetz nicht. Für Schulze bietet “das Hausrecht und auch das allgemeine Strafrecht inklusive der gerichtlichen Annäherungsverbote genügend Handhabe, um Opfer zu schützen und den Hochschulbetrieb zu sichern.” mw 

  • Antisemitismus
  • Berlin
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  • Opferschutz

Communicator-Preis geht nach Tübingen

Der Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Stifterverbandes geht in diesem Jahr an das Team
Tim Schaffarczik, Ulrike von Luxburg, Thomas Thiemeyer (v.l.n.r): Die Communicator-Preisträger des Jahres 2024.

Der Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Stifterverbandes geht in diesem Jahr an das Team “Cyber and the City” der Universität Tübingen. Ulrike von Luxburg, Tim Schaffarczik und Thomas Thiemeyer erhalten die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung für die Entwicklung und Umsetzung der Ausstellung “Cyber and the City: Künstliche Intelligenz bewegt Tübingen”. Diese sei modellhaft auch für den Dialog zu anderen kontrovers diskutierten Wissenschafts- und Technologiethemen, teilte die DFG mit.

Die Jury lobte insbesondere die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Informatik und Empirischer Kulturwissenschaft. Dabei sei eine Kommunikationsplattform entstanden, die eine gemeinsame Sprache zu Herausforderungen und Chancen von Künstlicher Intelligenz findet und sowohl Befürworter als auch Skeptiker von KI zu Wort kommen lässt. Studierende beider Disziplinen bezogen Interessengruppen, Bürger, Aktivisten oder auch Entscheidungsträger in die Konzeption und Umsetzung ein. mw

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  • Stifterverband
  • Wissenschaftskommunikation

Personalien

Monika Daseking wird neue Vizepräsidentin für Lehre und Studium der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg. Christina Schaefer übernimmt das Amt der Vizepräsidentin für Internationales. Margarete Schuler-Harms wurde in ihrem Amt als Vizepräsidentin für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs bestätigt. Die Wahl bedarf noch der Bestätigung durch das Bundesministerium der Verteidigung.

Stephan Meyering ist neuer Vorsitzender des Senats der Fernuniversität Hagen. Der Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaft folgt damit auf den Informatiker Friedrich Steimann, der das Amt in der vergangenen Periode von 2022 bis 2024 innehatte. Neuer stellvertretender Vorsitzender ist der Soziologe Uwe Vormbusch.

Judith Miggelbrink ist neue Direktorin des Leibniz-Instituts für Länderkunde (IfL). Miggelbrink hatte zuletzt an der TU Dresden die Professur für Humangeographie inne. Sie tritt die Nachfolge von Sebastian Lentz an, der nach 21 Jahren an der Spitze des IfL in den Ruhestand geht. 

Michael Platten erhält den Paul-Martini-Preis für die Entwicklung therapeutischer Impfstoffe gegen maligne Hirntumore. Platten ist Direktor der Neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim und Leiter der klinischen Kooperationseinheit Hirntumorimmunologie am Deutschen Krebsforschungszentrum. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis wird jährlich von der Paul-Martini-Stiftung, Berlin, für herausragende Leistungen in der klinisch-therapeutischen Arzneimittelforschung verliehen.

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Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft: Erstarktes antidemokratisches Denken verlangt entschiedenes Entgegentreten – auch von der Wissenschaft

Von Katja Becker
DFG-Präsidentin Katja Becker: Wichtige Frage Preparedness: Was und wie lässt sich aus diesen Krisen für die Zukunft lernen?  
DFG-Präsidentin Katja Becker: Wissen als wirkungsvollstes Gegenmittel gegen Fake News und Verschwörungstheorien.

Als unlängst die Interdisziplinäre Kommission für Pandemieforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) nach mehr als dreieinhalbjähriger Tätigkeit ihren Abschlussbericht vorlegte, richtete sich der Blick noch einmal ganz gezielt auf eine Frage. Diese Frage ist die nach der Preparedness: Was lässt sich aus dieser Krise lernen, um noch besser auf die nächsten Krisen vorbereitet zu sein? 

Die nächste Pandemie steht vorerst zumindest weiter aus, was niemanden in falscher Sicherheit wiegen sollte. Die nächsten “anderen Krisen” sind hingegen längst da. Ihnen ist nicht zuletzt eines gemeinsam: Sie waren und sind uns, gerade in Deutschland, als historische Phänomene sehr wohl bekannt – doch hielten wir sie für überwunden, unter Kontrolle gebracht oder selbst dann im Zaum gehalten, wenn sie unter der Oberfläche schlummern mochten. Umso größer war und ist nun unser Erstaunen, unser Befremden und unser Entsetzen über ihre erneuten und ungezügelten Ausbrüche. 

Drängende Frage: Was lässt sich für die Zukunft lernen?

Dies war schon beim russischen Angriff auf die Ukraine so. Militärische Aggressionen hatte es in den vergangenen Jahrzehnten auch mitten in Europa gegeben. Aber ein mit solcher Brutalität geführter Krieg, dem Zehntausende zum Opfer fallen und der auch nach zwei Jahren lange nicht an sein Ende gelangt zu sein scheint? 

Genauso ist es auch mit den krisenhaften Entwicklungen, die sich mitten in Deutschland abspielen. Antidemokratisches Denken und Antisemitismus waren in unserer Nachkriegsgeschichte nie vollständig verschwunden. Aber dass das eine zunehmend größere Bevölkerungsteile erfasst, auch politisch zu reüssieren droht und sich bis hin zu Remigrations-Phantasien niederschlägt, derweil das andere in Angriffen auf jüdische Mitbürger*innen auf der Straße, aber nicht zuletzt auch in den Hörsälen ganz ungeniert sein Gesicht zeigt?    

Ob und inwieweit wir auf diese Krisen besser vorbereitet hätten sein können, ja müssen, ist in jüngster Zeit bereits zu Recht gefragt worden. Die Diskussion hierüber ist erst am Anfang, und zu ihr kann und muss auch die Wissenschaft ihren durchaus auch mit selbstkritischer Reflexion verbundenen Beitrag leisten. 

Drängender jedoch ist aktuell eine andere Frage – nämlich auch hier die der Preparedness: Was und wie lässt sich aus diesen Krisen für die Zukunft lernen?  

Völkerrecht und die internationale Friedensordnung als Pfeiler internationaler Verständigung

Eine Antwort zumindest ist klar: So wie bereits der in Europa neu entbrannte Krieg verlangen auch das in Deutschland wieder erstarkte antidemokratische Denken und der Antisemitismus ein ernsthaftes Innehalten, eine intensive Reflexion und: entschiedenes Entgegentreten – auch von der Wissenschaft und einer Organisation wie der DFG

Dieser Maxime folgend haben wir bereits vor nun fast genau zwei Jahren unsere institutionellen deutsch-russischen Forschungskooperationen ausgesetzt. Die Richtschnur war dabei klar: Der russische Überfall auf die Ukraine verletzte – und verletzt weiterhin – sowohl das Völkerrecht und die internationale Friedensordnung als auch die Werte und Grundlagen der Wissenschaft und der wissenschaftlichen Zusammenarbeit, die ihrerseits Pfeiler internationaler Verständigung sein wollen und sind.  

Mit derselben Entschlossenheit müssen wir auch jetzt Flagge zeigen. Die Richtschnur ist erneut klar: Antidemokratische und antisemitische Parolen und Taten sind Angriffe auf die Grundlagen unserer Demokratie und auf unsere moderne Gesellschaft und deren Weltoffenheit. Und sie sind Angriffe auf die Grundlagen der Wissenschaft, die einerseits in Deutschland in weltweit beispielhafter Weise durch die im Grundgesetz garantierte Wissenschaftsfreiheit geschützt und gefördert wird und die anderseits selbst viel zum demokratischen Diskurs und zur Weltoffenheit unserer Gesellschaft beitragen will und beiträgt.   

Absage allen antidemokratischen und antisemitischen Tendenzen

Zu dieser Rolle in der demokratischen Gesellschaft kommt unsere historische Verantwortung hinzu: Als Organisation, deren Vorgängerin auf verhängnisvolle Weise in das nationalsozialistische Terror-Regime verstrickt war, ist es uns heute ein besonderes Anliegen, uns zu Wort zu melden. 

Auf dieser Grundlage erteilen wir allen antidemokratischen und antisemitischen Tendenzen in der Gesellschaft und auch in der Wissenschaft und ihren Einrichtungen eine klare Absage und treten ihnen energisch entgegen. Auf dieser Grundlage haben wir uns ebenso in den vergangenen Wochen und Monaten in vielfacher Weise und etwa bei öffentlichen Auftritten für Demokratie und Weltoffenheit und gegen Antisemitismus, Rassismus und menschenverachtende Parolen und Taten positioniert. Dieses Engagement werden wir auch in Zukunft entschieden fortsetzen. 

Auf derselben Grundlage schließlich wollen wir – gemeinsam mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaft, der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und der Hochschulrektorenkonferenz – in den kommenden Wochen und Monaten unseren Dialog mit der Gesellschaft erweitern. In einer Reihe von Städten wollen dabei Wissenschaftler*innen das persönliche Gespräch mit Bürger*innen zu wissenschaftsbezogene Themen aus Politik und Gesellschaft suchen.  

Dieser Dialog ist allen Beteiligten und auch mir ganz persönlich ein großes Anliegen. Denn in diesen Gesprächen kann sich die besondere Stärke von Wissenschaft zeigen, mit der sie zugleich eine besondere Aufgabe hat: Begründet auf Evidenz und offenen Diskurs liefert sie das Wissen, das das wirkungsvollste Gegenmittel gegen Fake News und Verschwörungstheorien ist und die Grundlagen dafür schafft, dass unsere Gesellschaft sich den vielfältigen Krisen der Gegenwart und Zukunft besser vorbereitet stellen kann.  

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Research.Table Redaktion

RESEARCH.TABLE REDAKTION

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    Gemeinsam mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaft, der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und der Hochschulrektorenkonferenz will die DFG in verschiedenen Städten das persönliche Gespräch mit Bürgern zu wissenschaftsbezogene Themen aus Politik und Gesellschaft suchen.

    Der Ruf nach einer entschiedenen Verantwortung der Wissenschaft ist das eine, die Umsetzung nicht immer ganz so eindeutig. So fordert die CDU/CSU-Fraktion aktuell mehr Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus an Schulen, Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen. Jüdische Studierende erlebten täglich Hass und Hetze und trauten sich nicht mehr auf den Campus, erklärte CDU-Politikerin Gitta Connemann in der Bundestagsdebatte am vergangenen Freitag.

    Die Oppositionspolitiker fordern die Regierung in einem Antrag etwa auf, dass Täter nach einer Verurteilung wegen einer Gewalttat oder wegen Drohung mit Gewalt gegenüber Kommilitonen exmatrikuliert werden können sollen. Als Reaktion auf solche Taten solle unverzüglich und wirksam mittels Strafanzeige und Hausverbot gegen die Störer vorgegangen werden können. Universitäten, die nicht konsequent gegen Antisemitismus vorgehen, sollten keine Bundesmittel mehr erhalten.

    Aktuell wird aber bereits in Berlin die Wiedereinführung des Ordnungsrechts durch eine Änderung des Berliner Hochschulgesetzes diskutiert, wie mein Kollege Markus Weisskopf berichtet. Nachdem es hier scharfe Kritik an den mangelnden Handlungsmöglichkeiten der Hochschulen gegeben hatte, sollen nun stufenweise Reaktionen ermöglicht werden. Zunächst soll eine Rüge, später auch der Ausschluss von einzelnen Lehrveranstaltungen bis zur Exmatrikulation ermöglicht werden. 

    Studierende sorgen sich längst vor Repressionen und auch Tobias Schulze (Die Linke) übt auf Anfrage von Table.Briefings Kritik: Gegen Antisemitismus helfe das Berliner Gesetz nicht. 

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    Ihre
    Nicola Kuhrt
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    Während man sich in Deutschland freut, mit 50 von 255 Preisträgern wieder einmal den dicksten Batzen der aktuellen Advanced Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) errungen zu haben, stehen Forschende in Großbritannien vor einem Problem: Sie liegen mit 42 Advanced Grants an zweiter Stelle, vor Frankreich (37, siehe Grafik). Die jeweils rund 2,5 Millionen Euro Fördermittel können sie in den nächsten fünf Jahren jedoch nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie das Land verlassen.

    Der Grund: Zwar gibt es seit September 2023 die Assoziierungsvereinbarung zu Horizont Europa. Sie gelte aber nur für Ausschreibungen des Haushaltsplans 2024 und darüber hinaus, teilte der ERC vergangenen Donnerstag bei der Bekanntgabe der Grants mit. Die aktuelle Förderrunde sei jedoch Teil des ERC-Arbeitsprogramms 2023.

    Forschende müssen zu einer förderfähigen Gasteinrichtung wechseln

    Die Liste der erfolgreichen Bewerber ist daher vorläufig. Nachrücker haben also noch Chancen. Forschende aus UK, müssten ihre Projekte auf eine förderfähige Gasteinrichtung übertragen, um die ERC-Gelder zu erhalten. Das bedeutet, dass die 42 Forscherinnen und Forscher aus Großbritannien nun vor der Entscheidung stehen, in die EU oder in ein anderes mit Horizon Europe assoziiertes Land zu ziehen. Die Alternative ist allerdings auch interessant: Wer im Land bleibt, erhält von der Förderagentur UK Research and Innovation (UKRI) einen in etwa gleichwertigen Zuschuss. Auf diese Möglichkeit für Fördermittel aus dem ERC-Haushaltsplan 2023 wies die UKRI hin, als die Reassoziierung zu Horizont Europa anstand.

    Die Betroffenen überrascht die Situation dennoch. “Das ist natürlich frustrierend. Als es um die Reassoziierung ging, wurde nicht besonders hervorgehoben, dass die Gewinner der Advanced Grants von 2023 nicht berücksichtigt werden”, sagte Preisträgerin Lynda Boothroyd, Psychologieprofessorin an der Durham University im Gespräch mit Science Business. Offenbar überlegt sie noch, ob sie bleibt oder geht.

    Ähnlich geht es anderen Befragten. Gegen den Umzug sprechen unter anderem die Kurzfristigkeit – und laufende andere Projekte in Großbritannien, die aufgegeben werden müssten. Der Blick zurück zeigt: Bei den ERC-Grants des Jahres 2021 in den Kategorien Starting, Consolidator und Advanced entschieden sich nur 23 der 174 Preisträger aus Großbritannien, ihre Forschung zu verlagern und die Förderung anzunehmen.

    Max-Planck-Gesellschaft, German U15 und Baden-Württemberg vorne

    Advanced Grants gehören zu den prestigeträchtigsten und besonders umkämpften Förderungen der EU. Sie sollen führenden Spitzenforschern ermöglichen, ambitionierte Projekte zu verfolgen. Für die in diesem Jahr von der EU insgesamt zu vergebenden 652 Millionen Euro hatten sich mehr als 1.800 Forschende beworben, die Erfolgsquote beträgt demnach knapp 14 Prozent.

    Nach Deutschland gehen 50 Advanced Grants. Diese Universitätsverbünde, Forschungsorganisationen und Bundesländer waren besonders erfolgreich:

    • German U15: 16 Advanced Grants (davon fünf an Forschende der Universität Heidelberg)
    • Max-Planck-Gesellschaft: elf Advanced Grants
    • Helmholtz-Gemeinschaft: neun Advanced Grants (davon zwei an Forschende des Deutschen Krebsforschungszentrums)
    • In Baden-Württemberg forschen 14 Advanced-Grant-Preisträger.

    Bayern sieht sich dennoch als “Bundesprimus”

    Damit schneidet Baden-Württemberg wie auch in Vorjahren erneut gut ab. Die “überragende Erfolgsquote” belege erneut “die große Forschungsstärke BWs”, teilte Forschungsministerin Petra Olschowski auf der Plattform X mit. In diesem Zusammenhang verwundert, dass auch Bayern in einer Pressemitteilung verkündete, erneut Bundesprimus zu sein.

    Von “Titelverteidigung in der Königsklasse der europäischen Forschungsförderung” sprach Wissenschaftsminister Markus Blume und gratulierte den erfolgreichen acht Spitzenforscherinnen und -forschern bayerischer Universitäten. Diese Lesart der Statistik stimmt allenfalls dann, wenn man nur die Grants berücksichtigt, die an Universitäten gehen: Da sind es acht in Bayern. In Baden-Württemberg forschen sechs Preisträger an Universitäten, die anderen acht sind an außeruniversitären Forschungsinstituten wie DKFZ, KIT, EMBL oder einem Max-Planck-Institut beschäftigt. In Bayern gibt es außeruniversitär nur einen Preisträger – vom MPI für Quantenoptik in Garching.

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    KI im Peer Review-Prozess: Plagiatsforscherin “schockiert” über Nutzung von Sprachmodellen 

    Nicht nur das wissenschaftliche Arbeiten selbst, sondern auch dessen Begutachtung könnte stark durch KI-Sprachmodelle beeinflusst werden. Darauf deutet eine Studie einer Forschergruppe der Stanford-University hin. Die Wissenschaftler um Weixin Liang hatten die Peer Review-Berichte von vier großen Wissenschaftskonferenzen im Bereich der Informatik und KI-Forschung untersucht.  

    Die Studie, die als Preprint auf ArXiv veröffentlicht wurde, weist zwischen sieben und 17 Prozent der rund 146.000 Peer Reviews als “substanziell” mit KI-Tools wie ChatGPT erstellt oder bearbeitet aus. Die Forschenden machten sich für die Analyse der Gutachten eine Eigenart von großen Sprachmodellen zunutze. Sie suchten nach bestimmten positiven Adjektiven wie “commendable” (lobenswert), “meticulous” (akribisch) oder “intricate” (kompliziert), die KI-Modelle signifikant häufiger benutzen als menschliche Autoren. 

    Anteil von KI-Nutzung bei Gutachtern mit Zeitdruck höher 

    Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die KI vor allem dann zum Einsatz kommt, wenn die Gutachten kurz vor Fristende abgegeben wurden. “Es scheint, als würden Menschen, die Zeitmangel haben, dazu neigen, ChatGPT zu nutzen”, sagte Studienleiter Liang der Nachrichtenredaktion von Nature. Ob die Gutachten mit ChatGPT erstellt wurden oder ob das KI-Tool nur zur Übersetzung oder Überarbeitung eingesetzt wurde, können die Forschenden mit ihrer Methodik nicht erkennen. Die Nutzung gehe aber über reine Rechtschreibprüfungen oder stilistische Inspiration hinaus.  

    Eine in derselben Studie durchgeführte Analyse von 25.000 Gutachten zu Manuskripten, die bei der Fachzeitschrift Nature eingereicht wurden, ergab dagegen keinen Anstieg bei der Verwendung der einschlägigen Adjektive. Die Gutachter werden nach Angaben der Fachzeitschrift allerdings auch explizit darauf hingewiesen, keine KI-Sprachmodelle zu nutzen, da diese noch “erheblichen Einschränkungen” unterliegen. 

    Plagiatsforscherin: Einsatz von KI-Tools “sehr schockierend” 

    Die deutsche Informatikerin und Plagiatsforscherin Debora Weber-Wulff von der HTW Berlin hält die Vorstellung, dass Chatbots Gutachterberichte für unveröffentlichte Arbeiten schreiben, für “sehr schockierend”, da die Tools oft irreführende oder gefälschte Informationen generieren. Auf Anfrage von Table.Briefings erklärt die Wissenschaftlerin ihre Reaktion mit der besonderen Erwartungshaltung an einen Peer Review-Prozess. 

    “Die Erwartung an ein Gutachten ist, dass ein anderer Mensch sich mit dem auseinandersetzt, was ich geschrieben und wozu ich geforscht habe.” Man erwarte Feedback darüber, ob man seine Überlegungen und Ergebnisse klar dargestellt hat oder ob methodische Fehler erkennbar seien. All das könne ein KI-Sprachmodell nicht leisten. “Die KI halluziniert, das heißt wir können nicht sagen, wann die Maschine tatsächlich etwas weiß oder versteht und wann sie nur so tut.” 

    Keine Möglichkeit, zuverlässig KI-generierte Texte zu erkennen 

    Die Gefahr, dass dadurch die Qualität des Peer Review-Prozesses leidet und es zu Fehleinschätzungen kommt oder Fehler in Studien nicht entdeckt werden, ist für Weber-Wulff nicht das einzige Problem: “Der Gutachter hat zudem überhaupt nicht das Copyright an den unveröffentlichten Texten. Wenn ich den Text von Kollegen hochlade, habe ich keine Kontrolle darüber, was OpenAI damit anstellt.” Das sei auch gegen die “Terms of use”, die OpenAI für ChatGPT festgelegt habe. Demnach müsse derjenige, der einen Text hochlädt, auch das Copyright besitzen. 

    Auch wenn sie die Herangehensweise der Kollegen aus Stanford für “vernünftig” hält, ist Weber-Wulff grundsätzlich der Meinung, dass es keine dauerhaft verlässliche Methode geben wird, KI-generierte Gutachten oder wissenschaftliche Arbeiten insgesamt zu identifizieren. “OpenAI und andere Unternehmen können wie bei einem Wettrüsten immer wieder Filter vor ihre Sprachmodelle setzen, die dazu führen, dass bestimmte Adjektive eben nicht mehr so häufig vorkommen. Es gibt keine Zauber-Software, die trennscharf unterscheiden kann.” 

    Zuletzt hätten das auch zwei Studien unabhängig voneinander gezeigt, in denen Wissenschaftler KI-Detektoren auf ihre Erfolgsquote überprüften. Bei der ersten, die Debora Weber-Wulff selbst mit einem internationalen Forscherteam bereits im Sommer 2023 veröffentlicht hat, ordneten Erkennungstools KI-generierte Texte immer wieder menschlichen Autoren zu. Eine Ende März als Preprint erschienene zweite Studie der British University Vietnam bestätigte ihr Ergebnis. 

    Regeln für KI-Nutzung bei der Erstellung von Artikeln und Gutachten 

    Auf die Frage, ob es nicht auch legitime Arten gebe, KI-Sprachmodelle wie ChatGPT im Review-Prozess einzusetzen, antwortet Debora Weber-Wulff mit einem entschiedenen “Nein”. Es sei möglich, Rechtschreib- oder Grammatikprüfungen mittels KI zu vollziehen, aber “eine Maschine kann kein Peer sein”. Das bedeute zwar nicht, dass man KI in der Wissenschaft verteufeln sollte, sagt die HTW-Forscherin, allerdings würden die Anwendungsmöglichkeiten auch überschätzt.  

    Für den Umgang mit KI beim wissenschaftlichen Arbeiten, das Weber-Wulff in einigen Fällen mit ihren Studierenden bewusst einsetzt, hat sie Regeln aufgestellt, die von den Autoren vor allem maximale Transparenz und Verantwortung einfordern. KI solle demnach nur dort eingesetzt werden, wo das explizit verabredet und transparent gemacht wird. Zudem müssten Autoren die volle Verantwortung für ihren Text übernehmen, auch wenn sich später herausstellt, dass die KI Fehler produziert hat. 

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    Termine

    18. /19. April 2024, Berlin
    Konferenz Unterstützung gefährdeter Forschender: Philipp Schwartz und Inspireurope Stakeholder Forum Mehr

    19. April 2024, Südwerk Bürgerzentrum Südstadt, Karlsruhe (und Livestream)
    NaWik-Konferenz für kommunizierende Forschende WissKon24 Mehr

    22. April 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Hannover Messe und im Livestream
    Gipfel für Forschung und Innovation 2024 “Innovationen in Europa – Katalysatoren, Kompetenzen und Kooperationen am Beispiel von KI” Mehr

    24. April 2024 , 19 Uhr, Berliner Sparkasse Alexanderplatz 2, Berlin
    Gespräch Junge Akademie: Irritieren Sie mich – Geld aus dem Nichts Mehr

    29. April 2024, 18 Uhr, Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Leibniz-Saal, Markgrafenstraße 38, 10117 Berlin
    Podiumsdiskussion “Zum Stand der Wissenschaftsfreiheit in Europa” Mehr

    6. Mai 2024, 11:30 – 19:30 Uhr, Säälchen, Holzmarktstraße 25, 10243 Berlin
    RWTH: Next Generation University: Knowledge Sharing Event “Transformation – Transfer – Impact” Mehr

    15./16. Mai 2024, Katholische Akademie in Bayern, Mandlstraße 23, 80802 München
    XVII. Hochschulsymposium der Schleyer-Stiftung in Kooperation mit Heinz Nixdorf Stiftung und TU München “Nachhaltigkeit in der Wissenschaft: Notwendigkeiten neuer Formen der Zusammenarbeit” Mehr

    27./28. Mai 2024, Dresden/International Congress Center Conference
    Konferenz “Building Bridges for a Net Zero Future” Mehr

    News

    KI, Gesundheit, kulturelles Erbe: Akademien der G7-Staaten rufen zur Zusammenarbeit auf

    Die Wissenschaftsakademien der G7-Staaten haben ihre Regierungen dazu aufgerufen, sich im Juni beim Gipfeltreffen in Italien mit sechs Themenfeldern zu befassen, in denen drängende globale Herausforderungen bestehen. Es geht um die Bereiche Landwirtschaft, Künstliche Intelligenz, Kulturelles Erbe, Gesundheit, nukleare Rüstungskontrolle und soziale Ungleichheit. Entsprechende Stellungnahmen zu den Themen wurden unter Federführung der italienischen Accademia Nazionale dei Lincei und unter Beteiligung der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina erarbeitet und am Montag veröffentlicht.

    “Die Zusammenarbeit zwischen Staaten, zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen, aber auch mit lokalen Akteuren sind ein Schlüssel, um Lösungen für eine nachhaltige Landwirtschaft, den Kampf gegen extreme Armut, die Vorbereitung auf neue Pandemien, beim Schutz des Kulturerbes und für den Umgang mit KI zu finden”, sagte Leopoldina-Präsident Gerald Haug.

    KI mit nachvollziehbaren Daten und fürs Gemeinwohl

    Die Stellungnahme Artificial Intelligence and Society bezieht Position zu den technischen und gesellschaftlichen Herausforderungen im Bereich KI. Zu den Empfehlungen gehört, die Nachvollziehbarkeit der Daten, auf denen KI-Modelle basieren, zu gewährleisten und ethische Grundsätze in der Entwicklung und Überwachung von KI-Systemen einzuhalten.

    Die Akademien sprechen sich dafür aus, die Entwicklung von KI-Systemen, die dem Gemeinwohl dienen, besonders fördern. Die Regierungen sollten Anreize für gesellschaftlich nützliche KI-Systeme erwägen. Die Politik sollte der Entwicklung von KI-Systemen Vorrang einräumen, die sich mit den wichtigsten globalen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen befassen.

    Kulturelles Erbe nicht als ideologische Waffe missbrauchen

    Kulturelles Erbe sei die Grundlage der Identität der Menschheit, heißt es in der Stellungnahme zum Thema Cultural Heritage. Es zu bewahren und zu verstehen, könne dazu beitragen, Herausforderungen in der Gegenwart und Zukunft und zu bewältigen. Zu verhindern sei, dass kulturelles Erbe und historische Quellen als ideologische Waffe missbraucht werden. Es sei wichtig, sich der Gefahr einer unwissenschaftlichen Umdeutung zu ideologischen Zwecken bewusst zu sein und solchen Verzerrungen wachsam entgegenzutreten.

    Gesundheit: Pandemievorsorge und Antibiotika-Forschung

    Um zukünftigen Pandemien besser zu begegnen, empfehlen die Akademien in der Stellungnahme Health Issues Strukturen, um neue potenzielle Krankheitserreger zu erkennen, Daten auszutauschen und Biomonitoring, etwa beim Abwasser, zu etablieren. Außerdem sprechen sie sich gegen den übermäßigen Einsatz von Antibiotika aus und mahnen Förderung für die Entwicklung neuer Antibiotika an sowie Alternativen zur Antibiotikabehandlung.

    Die Wissenschaftsakademien befassen sich im Vorfeld der G7-Gipfel mit wissenschaftsbezogenen Fragen, die im Zusammenhang mit der Agenda stehen und multilateral angegangen werden müssen. Der diesjährige G7-Gipfel findet vom 13. bis 15. Juni in Italien statt. abg

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    • Wissenschaft

    CDU/CSU zu Antisemitismus an Hochschulen: “Rektoren ducken sich weg”  

    In einem Antrag fordert die CDU/CSU-Fraktion seitens der Bundesregierung Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus an Schulen, Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen. Jüdische Studierende erlebten täglich Hass und Hetze und trauten sich nicht mehr auf den Campus, sagte die CDU-Politikerin Gitta Connemann in der Bundestagsdebatte am vergangenen Freitag. Die Asten, die Wissenschaft und die Medien würden dazu schweigen, “Rektoren ducken sich weg”. 

    Strafanzeige und Hausverbot als Mittel gegen Störer 

    Die Unionsfraktion fordert die Regierung auf, im Rahmen der Kultusministerkonferenz (KMK) oder der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) ein gemeinsames Verständnis zu einer Anpassung der Hochschulgesetze zu erreichen. Täter sollten nach einer Verurteilung wegen einer Gewalttat oder wegen Drohung mit Gewalt gegenüber Kommilitonen exmatrikuliert werden können. Regelmäßig müsse damit eine vorläufige Suspendierung vom Studium einhergehen. Als Reaktion auf solche Taten oder auf Störungen von Vorlesungen, Vorträgen oder sonstigen Veranstaltungen will die Union, dass Hochschulen unverzüglich und wirksam mittels Strafanzeige und Hausverbot gegen die Störer vorgehen.

    Universitäten, die nicht konsequent gegen Antisemitismus vorgehen, sollen nach dem Willen der Fraktion keine Bundesmittel mehr erhalten. Das würde unter anderem bedeuten, dass ein konsequentes Vorgehen gegen Antisemitismus künftig eine Rolle bei der Bewertung von Universitäten im Rahmen der Exzellenzstrategie spielen könnte.   

    Kein Platz für BDS-Unterstützer an Hochschulen 

    Darüber hinaus plädiert die Union für die Einrichtung eines Runden Tisches zur Bekämpfung von Antisemitismus in Bildung, Wissenschaft und Forschung. Auch die Aktivitäten der “Boycott, Divestment and Sanctions”-Bewegung (abgekürzt BDS) in Bildung, Wissenschaft und Forschung müssten wirksam unterbunden werden. Unterstützer der BDS-Bewegung sollen in deutschen Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen keinen Platz haben. 

    In Berlin ist die Änderung des Hochschulgesetzes bereits in Gang 

    Parallel dazu wird derzeit in Berlin bereits die Wiedereinführung des Ordnungsrechts durch eine Änderung des Berliner Hochschulgesetzes diskutiert. Nachdem es hier scharfe Kritik an den mangelnden Handlungsmöglichkeiten der Hochschulen gegeben hatte, sollen nun stufenweise Reaktionen ermöglicht werden. Dies beginnen mit einer Rüge, gehen über den Ausschluss von einzelnen Lehrveranstaltungen, bis hin zu einer Exmatrikulation. 

    Studierende haben Sorge vor Repression 

    Die Landesastenkonferenz Berlin äußerte am Montag in der Sitzung des Berliner Wissenschaftsausschusses die Sorge, dass durch die Änderungen auch legitime studentische Protestaktionen zu Strafmaßnahmen führen könnten. Staatssekretär Henry Marx betonte, dass man diese Bedenken ernst nehme. Man wolle auf keinen Fall missliebige Studierende aus den Hochschulen drängen. Ziel sei der “Opferschutz und keine Repression”.  

    Doch auch der Berliner Linkenpolitiker Tobias Schulze übt auf Anfrage von Table.Briefings Kritik: “Der Gesetzentwurf strotzt vor unklaren Rechtsbegriffen, Missbrauchspotenzial und nicht definierten Prozessen.” Die Ziele seien “vollkommen unklar”, gegen Antisemitismus helfe das Gesetz nicht. Für Schulze bietet “das Hausrecht und auch das allgemeine Strafrecht inklusive der gerichtlichen Annäherungsverbote genügend Handhabe, um Opfer zu schützen und den Hochschulbetrieb zu sichern.” mw 

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    Communicator-Preis geht nach Tübingen

    Der Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Stifterverbandes geht in diesem Jahr an das Team
    Tim Schaffarczik, Ulrike von Luxburg, Thomas Thiemeyer (v.l.n.r): Die Communicator-Preisträger des Jahres 2024.

    Der Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Stifterverbandes geht in diesem Jahr an das Team “Cyber and the City” der Universität Tübingen. Ulrike von Luxburg, Tim Schaffarczik und Thomas Thiemeyer erhalten die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung für die Entwicklung und Umsetzung der Ausstellung “Cyber and the City: Künstliche Intelligenz bewegt Tübingen”. Diese sei modellhaft auch für den Dialog zu anderen kontrovers diskutierten Wissenschafts- und Technologiethemen, teilte die DFG mit.

    Die Jury lobte insbesondere die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Informatik und Empirischer Kulturwissenschaft. Dabei sei eine Kommunikationsplattform entstanden, die eine gemeinsame Sprache zu Herausforderungen und Chancen von Künstlicher Intelligenz findet und sowohl Befürworter als auch Skeptiker von KI zu Wort kommen lässt. Studierende beider Disziplinen bezogen Interessengruppen, Bürger, Aktivisten oder auch Entscheidungsträger in die Konzeption und Umsetzung ein. mw

    • DFG
    • Stifterverband
    • Wissenschaftskommunikation

    Personalien

    Monika Daseking wird neue Vizepräsidentin für Lehre und Studium der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg. Christina Schaefer übernimmt das Amt der Vizepräsidentin für Internationales. Margarete Schuler-Harms wurde in ihrem Amt als Vizepräsidentin für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs bestätigt. Die Wahl bedarf noch der Bestätigung durch das Bundesministerium der Verteidigung.

    Stephan Meyering ist neuer Vorsitzender des Senats der Fernuniversität Hagen. Der Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaft folgt damit auf den Informatiker Friedrich Steimann, der das Amt in der vergangenen Periode von 2022 bis 2024 innehatte. Neuer stellvertretender Vorsitzender ist der Soziologe Uwe Vormbusch.

    Judith Miggelbrink ist neue Direktorin des Leibniz-Instituts für Länderkunde (IfL). Miggelbrink hatte zuletzt an der TU Dresden die Professur für Humangeographie inne. Sie tritt die Nachfolge von Sebastian Lentz an, der nach 21 Jahren an der Spitze des IfL in den Ruhestand geht. 

    Michael Platten erhält den Paul-Martini-Preis für die Entwicklung therapeutischer Impfstoffe gegen maligne Hirntumore. Platten ist Direktor der Neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim und Leiter der klinischen Kooperationseinheit Hirntumorimmunologie am Deutschen Krebsforschungszentrum. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis wird jährlich von der Paul-Martini-Stiftung, Berlin, für herausragende Leistungen in der klinisch-therapeutischen Arzneimittelforschung verliehen.

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    Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft: Erstarktes antidemokratisches Denken verlangt entschiedenes Entgegentreten – auch von der Wissenschaft

    Von Katja Becker
    DFG-Präsidentin Katja Becker: Wichtige Frage Preparedness: Was und wie lässt sich aus diesen Krisen für die Zukunft lernen?  
    DFG-Präsidentin Katja Becker: Wissen als wirkungsvollstes Gegenmittel gegen Fake News und Verschwörungstheorien.

    Als unlängst die Interdisziplinäre Kommission für Pandemieforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) nach mehr als dreieinhalbjähriger Tätigkeit ihren Abschlussbericht vorlegte, richtete sich der Blick noch einmal ganz gezielt auf eine Frage. Diese Frage ist die nach der Preparedness: Was lässt sich aus dieser Krise lernen, um noch besser auf die nächsten Krisen vorbereitet zu sein? 

    Die nächste Pandemie steht vorerst zumindest weiter aus, was niemanden in falscher Sicherheit wiegen sollte. Die nächsten “anderen Krisen” sind hingegen längst da. Ihnen ist nicht zuletzt eines gemeinsam: Sie waren und sind uns, gerade in Deutschland, als historische Phänomene sehr wohl bekannt – doch hielten wir sie für überwunden, unter Kontrolle gebracht oder selbst dann im Zaum gehalten, wenn sie unter der Oberfläche schlummern mochten. Umso größer war und ist nun unser Erstaunen, unser Befremden und unser Entsetzen über ihre erneuten und ungezügelten Ausbrüche. 

    Drängende Frage: Was lässt sich für die Zukunft lernen?

    Dies war schon beim russischen Angriff auf die Ukraine so. Militärische Aggressionen hatte es in den vergangenen Jahrzehnten auch mitten in Europa gegeben. Aber ein mit solcher Brutalität geführter Krieg, dem Zehntausende zum Opfer fallen und der auch nach zwei Jahren lange nicht an sein Ende gelangt zu sein scheint? 

    Genauso ist es auch mit den krisenhaften Entwicklungen, die sich mitten in Deutschland abspielen. Antidemokratisches Denken und Antisemitismus waren in unserer Nachkriegsgeschichte nie vollständig verschwunden. Aber dass das eine zunehmend größere Bevölkerungsteile erfasst, auch politisch zu reüssieren droht und sich bis hin zu Remigrations-Phantasien niederschlägt, derweil das andere in Angriffen auf jüdische Mitbürger*innen auf der Straße, aber nicht zuletzt auch in den Hörsälen ganz ungeniert sein Gesicht zeigt?    

    Ob und inwieweit wir auf diese Krisen besser vorbereitet hätten sein können, ja müssen, ist in jüngster Zeit bereits zu Recht gefragt worden. Die Diskussion hierüber ist erst am Anfang, und zu ihr kann und muss auch die Wissenschaft ihren durchaus auch mit selbstkritischer Reflexion verbundenen Beitrag leisten. 

    Drängender jedoch ist aktuell eine andere Frage – nämlich auch hier die der Preparedness: Was und wie lässt sich aus diesen Krisen für die Zukunft lernen?  

    Völkerrecht und die internationale Friedensordnung als Pfeiler internationaler Verständigung

    Eine Antwort zumindest ist klar: So wie bereits der in Europa neu entbrannte Krieg verlangen auch das in Deutschland wieder erstarkte antidemokratische Denken und der Antisemitismus ein ernsthaftes Innehalten, eine intensive Reflexion und: entschiedenes Entgegentreten – auch von der Wissenschaft und einer Organisation wie der DFG

    Dieser Maxime folgend haben wir bereits vor nun fast genau zwei Jahren unsere institutionellen deutsch-russischen Forschungskooperationen ausgesetzt. Die Richtschnur war dabei klar: Der russische Überfall auf die Ukraine verletzte – und verletzt weiterhin – sowohl das Völkerrecht und die internationale Friedensordnung als auch die Werte und Grundlagen der Wissenschaft und der wissenschaftlichen Zusammenarbeit, die ihrerseits Pfeiler internationaler Verständigung sein wollen und sind.  

    Mit derselben Entschlossenheit müssen wir auch jetzt Flagge zeigen. Die Richtschnur ist erneut klar: Antidemokratische und antisemitische Parolen und Taten sind Angriffe auf die Grundlagen unserer Demokratie und auf unsere moderne Gesellschaft und deren Weltoffenheit. Und sie sind Angriffe auf die Grundlagen der Wissenschaft, die einerseits in Deutschland in weltweit beispielhafter Weise durch die im Grundgesetz garantierte Wissenschaftsfreiheit geschützt und gefördert wird und die anderseits selbst viel zum demokratischen Diskurs und zur Weltoffenheit unserer Gesellschaft beitragen will und beiträgt.   

    Absage allen antidemokratischen und antisemitischen Tendenzen

    Zu dieser Rolle in der demokratischen Gesellschaft kommt unsere historische Verantwortung hinzu: Als Organisation, deren Vorgängerin auf verhängnisvolle Weise in das nationalsozialistische Terror-Regime verstrickt war, ist es uns heute ein besonderes Anliegen, uns zu Wort zu melden. 

    Auf dieser Grundlage erteilen wir allen antidemokratischen und antisemitischen Tendenzen in der Gesellschaft und auch in der Wissenschaft und ihren Einrichtungen eine klare Absage und treten ihnen energisch entgegen. Auf dieser Grundlage haben wir uns ebenso in den vergangenen Wochen und Monaten in vielfacher Weise und etwa bei öffentlichen Auftritten für Demokratie und Weltoffenheit und gegen Antisemitismus, Rassismus und menschenverachtende Parolen und Taten positioniert. Dieses Engagement werden wir auch in Zukunft entschieden fortsetzen. 

    Auf derselben Grundlage schließlich wollen wir – gemeinsam mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaft, der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und der Hochschulrektorenkonferenz – in den kommenden Wochen und Monaten unseren Dialog mit der Gesellschaft erweitern. In einer Reihe von Städten wollen dabei Wissenschaftler*innen das persönliche Gespräch mit Bürger*innen zu wissenschaftsbezogene Themen aus Politik und Gesellschaft suchen.  

    Dieser Dialog ist allen Beteiligten und auch mir ganz persönlich ein großes Anliegen. Denn in diesen Gesprächen kann sich die besondere Stärke von Wissenschaft zeigen, mit der sie zugleich eine besondere Aufgabe hat: Begründet auf Evidenz und offenen Diskurs liefert sie das Wissen, das das wirkungsvollste Gegenmittel gegen Fake News und Verschwörungstheorien ist und die Grundlagen dafür schafft, dass unsere Gesellschaft sich den vielfältigen Krisen der Gegenwart und Zukunft besser vorbereitet stellen kann.  

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