Table.Briefing: Research

Wissenschaftsspionage für China + Ampeldifferenzen beim Fusionsgesetz + Günther Hasingers Astrophysik-Pläne in der Lausitz

Liebe Leserin, lieber Leser,

Spionage für China ist das Thema der Woche. Von Verbindungen zu Hochschulen sprach die Generalbundesanwaltschaft am Montag nach der Verhaftung von drei Verdächtigen. Wir haben diese Verbindungen recherchiert und mit den betroffenen Hochschulen gesprochen. In einem Fall gab es eine konkrete Zusammenarbeit mit der Firma der verdächtigen Personen. An anderer Stelle führte man jahrelang zum Thema Autonomes Fahren Gespräche, die Firma unterstützte finanziell eine Konferenz der Universität.

Insider berichten, dass derartige Kontakte für Hochschulen oft schwierig zu erkennen sind, weil sie über Vermittlerfirmen laufen. Hinzu kommt, dass Nebentätigkeiten von Professoren häufig nicht im Detail angezeigt werden müssen, wenn diese im Rahmen einer eigenen, externen GmbH ablaufen. Das BMBF fordert und fördert als Reaktion mehr China-Kompetenz an den Hochschulen. Eine China-Expertin sagt hingegen, dass nur klare Regeln und übergeordnete Beratungsinstitutionen helfen

Widerspruch erntet Bettina Stark-Watzinger auch für ihr geplantes Fusionsgesetz. Aus dem Umweltministerium heißt es: Man habe dem BMBF “mehrfach erläutert“, dass es bereits eine gesetzliche Grundlage gebe, das Strahlenschutzgesetz. Darüber hinaus sieht man die Regulierung von Kernfusionskraftwerken in ferner Zukunft und weiterhin in seinem Geltungsbereich, wie Tim Gabel berichtet. 

Eine spannende Lektüre wünscht,

Ihr
Markus Weisskopf
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Analyse

Chinesischer Geheimdienst: Wissenschaftsspione hatten Austausch mit mehreren deutschen Hochschulen

Am Montag informierte die Bundesanwaltschaft über die Festnahme von drei Verdächtigen, gegen die der Vorwurf erhoben wird, für den chinesischen Geheimdienst tätig zu sein. Thomas R. soll mithilfe von Herwig F. und Ina F. über deren Firma unter anderem Informationen zu militärisch nutzbaren Technologien beschafft haben.  

Es gibt mittlerweile Hinweise, dass es sich bei dem Unternehmen um die in Düsseldorf und London ansässige Innovative Dragon Ltd. handelt. Laut Bundesanwaltschaft wurden diese Firma Kontakte und Zusammenarbeit zu “Personen aus der deutschen Wissenschaft und Forschung” geknüpft. Und es soll ein Kooperationsabkommen mit einer deutschen Universität gegeben haben. 

Erstellung einer Studie für den chinesischen Geheimdienst 

Gegenstand einer ersten Phase dieser Kooperation war wohl die Erstellung einer Studie für einen chinesischen Vertragspartner zum Stand der Technik von Maschinenteilen, die auch für den Betrieb leistungsstarker Schiffsmotoren, etwa in Kampfschiffen, von Bedeutung sind. Hinter dem chinesischen Vertragspartner habe ein Mitarbeiter des chinesischen Geheimdienstes MSS gestanden, von dem Thomas R. seine Aufträge erhielt. Die Finanzierung des Projekts sei durch staatliche chinesische Stellen erfolgt. 

Die Homepage der Innovative Dragon Ltd. ist aktuell nicht mehr zu erreichen. Auf archivierten Internetseiten des Unternehmens findet sich jedoch unter anderem eine Referenzliste, auf der auch einige deutsche Hochschulen genannt werden. Table.Briefings hat die Hochschulen kontaktiert und zu ihren Beziehungen zu Innovative Dragons befragt. 

Kontakte zur TU Chemnitz und zur Uni Duisburg-Essen 

Seitens der TU Chemnitz bestätigt man eine Zusammenarbeit mit Innovative Dragon Ltd. im Zeitraum von Juli 2022 bis März 2023. Ein Lehrstuhl habe für Innovative Dragon einen Auftrag zur Aufbereitung des vorhandenen und allgemein zugänglichen Stands der Technik von Gleitlagern durchgeführt. 

Dieser sei “nach obligatorischer verwaltungsseitiger Prüfung als außenwirtschaftsrechtlich unbedenklich eingestuft” worden. Der Auftrag wurde durch einen Professor der TU Chemnitz durchgeführt und von Innovative Dragon mit 16.000 Euro honoriert. Den Namen des Professors nennt das Rektorat nicht. 

Im Anschluss gab es laut TU Chemnitz Sondierungsgespräche direkt mit chinesischen Interessenten zu einer möglichen weiteren Zusammenarbeit. Auch diese wurde im Vorfeld auf außenwirtschaftsrechtliche Unbedenklichkeit geprüft. Zu dieser Zusammenarbeit sei es dann aber nicht gekommen, teilte das Rektorat mit. Gründe dafür wurden nicht genannt.

Innovative Dragon war Sponsor einer Tagung 

Keinen Auftrag, aber Kontakte zu Innovative Dragon gab es an der Universität Duisburg-Essen. Auf der Firmen-Homepage war der dortige Lehrstuhl für Mechatronik als Referenz genannt. Herwig F., Technischer Direktor bei Innovative Dragon, trat in der Vergangenheit unter anderem als Redner auf dem Wissenschaftsforum “Mobilität” der Universität Duisburg-Essen auf, wie die Universität auf Anfrage von Table.Briefings bestätigte. Darüber hinaus habe Innovative Dragon Limited das Mobilitätsforum mit 1.000 Euro unterstützt. Herwig F. stand mit der Uni “im wissenschaftlichen Austausch zu Fragen des Autonomen Fahrens“.  

Zu einem vertraglich vereinbarten gemeinsamen Projekt sei es jedoch nicht gekommen. Beim Austausch ging es wohl vor allem um das autonome Testfahrzeug Flait der Innovative Dragon Ltd. Über dieses wurden auch einige Abschlussarbeiten an der Universität angefertigt. Die Universität betont, dass der Austausch ausschließlich zu zivilen Projekten im Bereich autonomes Fahren stattgefunden habe. 

Es gibt jedoch noch eine Verbindung: Wie die Universität mitteilt, sei seit diesem Frühjahr einer der Lehrstuhlinhaber als stiller Teilhaber mit fünf Prozent an einer neu gegründeten Firma beteiligt. Das Unternehmen sei gemeinsam mit Personen aus dem Umfeld der Innovative Dragon Limited angemeldet worden. Unternehmensgegenstand seien ausschließlich zivile Anwendungen des Autonomen Fahrens. 

Damit könnte nach Recherchen von Table.Briefings die Flait GmbH gemeint sein, die in diesem Jahr gegründet wurde und deren Geschäftsführer wohl ein ehemaliger Mitarbeiter der Innovative Dragon Ltd. ist. 

Bei den anderen Unis keine Hinweise auf konkrete Kooperationen  

An der RWTH Aachen, von der fünf Institute auf der Webseite von Innovative Dragon als Referenz angegeben waren, konnte man keine konkreten Verbindungen der Institute zu der Firma der Verdächtigen bestätigen. Lediglich bei einem Institut habe es 2009 eine Kooperationsanfrage gegeben, die jedoch nicht weiterverfolgt wurde.  

Seitens der TU Dresden teilte man Table.Briefings mit, dass sowohl eine “zentrale Abfrage als auch die Abfrage in der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik keinen Hinweis auf eine Forschungskooperation mit dem genannten Unternehmen ergeben” habe. Der Ruhr-Uni Bochum ist auf Anfrage ebenfalls kein “Vertrag mit der Firma bekannt”. Der auf der Homepage genannte Lehrstuhl sei bereits 2012 umbenannt worden, der damalige Inhaber verstorben. 

Die weitere in der Referenzliste benannte Universität Stuttgart wollte sich aufgrund der noch andauernden Klärung des Sachverhalts bislang nicht äußern. 

Komplexe Konstrukte erschweren Erkennen und Bewertung 

Was der aktuelle Fall zeigt: Die Klärung sicherheitsrelevanter Verbindungen kann unter Umständen für die Hochschulen schwierig werden. Firmen wie die Innovative Dragon Ltd. würden häufiger Vermittlungsdienste zwischen ihren chinesischen Kunden und deutschen Hochschulen übernehmen, berichten Insider. Auf der chinesischen Seite seien dann teilweise nochmals Mittlerfirmen dazwischengeschaltet, um den tatsächlichen Auftraggeber nicht preiszugeben.  

Auf der deutschen Seite wiederum wickelten Professoren diese Kooperationen teilweise über eigene, ausgegliederte, kleinere GmbHs ab. Verträge mit den Hochschulen werden dann nur noch geschlossen, wenn Ressourcen der Einrichtung genutzt werden. Ob eine solche Kooperation über eine eigene GmbH als Nebentätigkeit angegeben werden muss, ist unklar. Gesetzlich geregelt ist das anscheinend nicht.  

Wichtige Informationen fließen an den Hochschulen nicht zusammen 

Offenbar fließen Meldungen über Nebentätigkeiten an vielen Hochschulen auch nicht mit anderen relevanten Informationen zusammen, zum Beispiel aus der Exportkontrolle. Daran wird deutlich, dass es hier eine weitere Professionalisierung der Prozesse an den Hochschulen, aber auch eine übergeordnete Unterstützung braucht. 

BMBF setzt auf mehr China-Kompetenz 

Auf die Anfrage von Table.Briefings, ob nun konkreter Handlungsbedarf bestehe, antwortet man beim BMBF mit der Forderung nach mehr China-Kompetenz. Eine “fundierte und unabhängige China-Kompetenz ist essenziell, um deutsche Interessen wahrnehmen und durchsetzen zu können”, schreibt das Ministerium. Dazu werde man in Kürze eine weitere Förderrichtlinie veröffentlichen. Es gehe darum, “die Information und Sensibilisierung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen gemeinsam mit den zuständigen Behörden weiter zu verstärken“. 

Ob das reicht, bezweifelte die Wirtschaftsethikerin und China-Expertin Alicia Hennig schon im vergangenen Jahr. Sie forderte “verbindliche Regeln und zentrale Einrichtungen zur Unterstützung, sonst laufen wir Gefahr, dass der Wissens- und Technologietransfer einfach ungeregelt weitergeht”.

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Fusionsgesetz: Umweltministerium erteilt Stark-Watzinger Absage für Regulierungspläne

Das Bundesumweltministerium reagiert ungehalten auf die Pläne von Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, nach denen sie am liebsten noch in dieser Legislaturperiode ein Fusionsgesetz durch den Bundestag bringen will. “Die Debatte wird derzeit losgelöst von der Sach- und Rechtslage geführt”, antwortete ein Sprecher des Umweltministeriums auf Anfrage von Table.Briefings. Und weiter: Man habe dem BMBF “mehrfach erläutert“, dass es bereits eine gesetzliche Grundlage gebe, das Strahlenschutzgesetz.

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hatte zu Beginn der Woche angekündigt, die mögliche Energiegewinnung aus Kernfusion in einem eigenen Gesetz zu regeln. Deutschland solle nach dem Willen der Ministerin schon heute die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Stromerzeugung aus der Technologie schaffen: “Unternehmen und Investoren benötigen Rechts- und Planungssicherheit“, sagte die FDP-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Pilotprojekt des BMBF noch für dieses Jahr angekündigt

Noch in diesem Jahr solle demnach ein entsprechendes Pilotprojekt für einen Rechtsrahmen in engem Austausch mit der Wissenschaft gestartet werden. Die Forschungsministerin gab an, das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode “entschieden vorantreiben” zu wollen, räumte aber ein, dass die Zeit bis zum Ende der Wahlperiode knapp sei. Dabei reklamierte sie den Verantwortungsbereich eines möglichen Fusionsgesetzes für ihr Ressort, “da wir als Forschungsministerium bereits seit vielen Jahren bestens mit der Fusion vertraut sind”.

Das bestehende Atomgesetz passe für die Regulierung nicht, meinte Stark-Watzinger, denn es handele sich um “unterschiedliche Technologien mit unterschiedlichen Risiken“. Parallel soll nach dem Willen der FDP geprüft werden, “in welcher Form gegebenenfalls das Strahlenschutzrecht angepasst werden müsse”, um dem geringeren Risiko der Kernfusion sowie einer praxistauglichen Regulierung gerecht zu werden, heißt es in einem Präsidiumsbeschluss der Liberalen aus dem März. “Die FDP fordert die Bundesregierung auf, zügig alle Maßnahmen zu ergreifen, um einen entsprechenden Entwurf für ein Fusionsgesetz auf den Weg zu bringen”, heißt es dort.

BMUV: Kraftwerksdesign derzeit noch nicht regulierungsreif

Das Umweltministerium kontert in der Antwort an Table.Briefings: “Die Frage nach dem geltenden Gesetz stellt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Die Technologie hat das wissenschaftliche Labor noch nicht verlassen, für ein etwaiges Kraftwerk liegen keine Planungen vor. Sollte die konkrete Anwendung der Kernfusion eines Tages anstehen, wird sie selbstverständlich auch aus Sicht der nuklearen Sicherheit zu bewerten und zu regulieren sein“.

Klartext: Das Umweltministerium sieht eine Regulierung von Kernfusionskraftwerken in ferner Zukunft und weiterhin in seinem Geltungsbereich. Strahlenschutzrechtliche Sicherheitsvorschriften müssten zudem immer von Förderungsmaßnahmen von Technologien getrennt sichergestellt werden, begründet der Sprecher den fachlichen Hoheitsanspruch des BMUV: “Die auch international geforderte Trennung von Überwachungsbehörden von für Energie zuständigen Institutionen gilt auch für die Kernfusion.”

Fusionsforschungsanlagen unterliegen dem Strahlenschutzgesetz

Die konkrete Ausgestaltung der sicherheitstechnischen Anforderungen an technischen Einrichtungen und Maßnahmen würde sachgerechterweise in hohem Maße von dem grundsätzlichen Kraftwerksdesign abhängen müssen, teilt das BMUV mit. Dieses würde aber erst im Fall von Fortschritten in Forschung und Entwicklung bei den großen Herausforderungen auf dem Weg zu einem konkreten Fusionskraftwerk deutlicher hervortreten. Bis dahin sei es noch ein “weiter Weg”.

Da für derzeitige betriebene oder genehmigte deutsche Experimentieranlagen das Strahlenschutzrecht bereits entsprechende gesetzliche Vorschriften enthalte, bestehe aktuell kein regulatorischer Handlungsbedarf. Denn sinnvolle Regulierungen bezögen sich auf eine entwickelte Technik und die damit verbundenen Risiken und sollten die Entwicklung nicht vorwegnehmen und einschränken. Und noch einmal Klartext an die Forschungsministerin: “Das BMUV wird als zuständiges Ressort zum richtigen Zeitpunkt eine gegebenenfalls notwendige Fortentwicklung des Strahlenschutzrechts in Angriff nehmen”.

Einschätzungen des Regulierungsbedarfs liegen weit auseinander

Auch inhaltlich liegen die Einschätzungen der Ministerien hinsichtlich der Art und des Umfangs der Regulierung von Kernfusion weit auseinander. Während Stark-Watzinger im Interview mit dem RND betonte, dass bei der Kernfusion im Unterschied zur Kernspaltung kein langlebiger Atommüll entstehe und ein nuklearer Unfall physikalisch unmöglich sei, schätzt das BMUV potenzielle zukünftige Gefahren größer ein. Auch bei der Kernfusion werde mit radioaktiven Stoffen und Abfällen umgegangen werden müssen. Derzeit sei noch nicht absehbar, welche sehr lange strahlenden mittelradioaktive Abfälle in welchen Mengen anfallen werden.

Wie bei der Kernspaltung auch, gehe auch die Fusionstechnologie – international betrachtet – mit einem Proliferationsrisiko einher, teilte das BMUV mit. In Hinblick auf die Verhinderung der Verbreitung von Kernwaffen könnte dies zu neuen Herausforderungen führen. Tritium sei eine wesentliche Komponente bestimmter Kernwaffen. Außerdem sei nicht ausgeschlossen, dass ein Fusionskraftwerk missbräuchlich für das Erbrüten von spaltbaren Materialien für den Kernwaffenbau eingesetzt werden könnte.

Stark-Watzinger dagegen hatte die Bedenken, Kernfusion lasse sich auch militärisch verwenden, angezweifelt: Eine potenzielle Dual-Use-Verwendung gelte für fast alle Technologien. “Gerade deshalb sollte unser Anspruch sein, sie zu beherrschen und mit unseren hohen ethischen Standards zum Wohle der Menschen einzusetzen”, sagte Stark-Watzinger dem RND. “Unser Ziel muss dabei sein, Risiken zu minimieren.”

Grüne und FDP bewerten Potenzial der Kernfusion unterschiedlich

Dass das Umweltministerium die Forschungsministerin in ihren Plänen blockiert, ist auch vor dem Hintergrund des parteipolitischen Dissens bei der Einschätzung des Potenzials der Kernfusion zu sehen. Während die FDP sich nicht auf die Erneuerbaren Energien verlassen möchte und die Fusion als innovative Antwort auf den Energiehunger der Zukunft einordnet, sehen die Grünen in der Fusion keinen verlässlichen Lösungsbeitrag durch die Kernfusionsforschung zur Energie- und Klimawende bis 2050.

Die künftige Regulierung von Fusion ist derweil nicht nur Thema in Deutschland: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte vor kurzem ebenfalls angeregt, einen besseren rechtlichen Rahmen für die Kernfusionsforschung in Europa zu schaffen. Im vergangenen Jahr hatte auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) einen Austausch zu dem Thema gestartet. Unternehmen aus der Fusionsbranche fordern schon länger eine vom Atomgesetz unabhängige Regulierung, vor allem mit Blick auf Investoren, die durch rechtliche Unwägbarkeiten abgeschreckt werden könnten.

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Termine

29. April 2024, 13:00 Uhr, online
Veranstaltungsreihe “Wissenschaft als Arbeitgeberin” des WZB “Der akademische Arbeitsmarkt: allgemeines Ideal, einschränkende Realität? Online-Diskussion mit Geraldine Rauch” Mehr

29. April 2024, 18 Uhr, Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Leibniz-Saal, Markgrafenstraße 38, 10117 Berlin
Podiumsdiskussion “Zum Stand der Wissenschaftsfreiheit in Europa” Mehr

29. April 2024, 18:30 bis 20:00 Uhr, TU Dresden, Schönfeld-Hörsaal und im Livestream
Vorlesungsreihe “Frontiers in Science der TU Dresden” mit KI-Pionier Richard Socher (you.com) “The Eureka Machine – How AI Will Accelerate Scientific Discovery” Mehr

15./16. Mai 2024, Katholische Akademie in Bayern, Mandlstraße 23, 80802 München
XVII. Hochschulsymposium der Schleyer-Stiftung in Kooperation mit Heinz Nixdorf Stiftung und TU München “Nachhaltigkeit in der Wissenschaft: Notwendigkeiten neuer Formen der Zusammenarbeit” Mehr

27./28. Mai 2024, Dresden/International Congress Center Conference
Konferenz “Building Bridges for a Net Zero Future” Mehr

28. Mai 2024, 18:00-20:00 Uhr, TU Berlin, Hauptgebäude, Straße des 17. Juni 135, Hörsaal 0107 (EG) und online
Veranstaltungsreihe über Grundfinanzierung statt Projektwettbewerb, u.a. von GEW und NGAWiss “Projektfinanzierung und/oder Wissenschaftsfreiheit?” Mehr

4. Juni 2024, 18:00 bis 20:00 Uhr, online
Veranstaltungsreihe u.a. von GEW und NGAWiss über Grundfinanzierung statt Projektwettbewerb “Nachhaltige Finanzierung akademischer Lehre” Mehr

News

EU-Wissenschaftsberater befürworten Forderung nach einem “Cern für KI”  

Von David Matthews und Martin Greenacre 

Die Chief Science Advisers der EU-Kommission haben die Schaffung eines “Cern für KI” gefordert, um Forscher bei der Entwicklung von KI-Tools zu unterstützen und ihre Forschung zu beschleunigen. Die Gruppe von sieben Beratern äußerte Besorgnis darüber, dass die KI-Forschung von privaten Tech-Multis dominiert wird und dass Europa in diesem Bereich gegenüber den USA und China immer weiter zurückfällt. Daher solle die EU-Kommission eine “hochmoderne Entrichtung für die akademische Forschung in Europa” finanzieren. 

Diese Einrichtung, genannt “European Distributed Institute for AI in Science” (EDIRAS), verfolgt die Idee eines “Cern für KI”, nach dem Vorbild des Kernforschungszentrums in Genf. EDIRAS würde eine “massive” Hochleistungsrechenleistung, eine nachhaltige Cloud-Infrastruktur, qualitativ hochwertige Daten, Fachkräfte und Ausbildung zur Verfügung stellen, erklärt die Beratergruppe des SAM (Scientific Advice Mechanism) in einem Bericht, der der EU-Kommission am 15. April vorgelegt wurde. 

Das wohl bekannteste Beispiel für die Anwendung Künstlicher Intelligenz in der Wissenschaft ist Alphafold, ein von der Google-Tochter DeepMind entwickeltes System, das in der Lage ist, die Struktur von Proteinen vorherzusagen. Die Hoffnung ist, damit die Entwicklung von Medikamenten zu beschleunigen. Eine gewisse Skepsis besteht in dieser Hinsicht jedoch noch. 

Hohes Tempo bei der Erarbeitung

Angesichts der rasanten Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz wurde die Empfehlung des Gremiums in einem ungewöhnlich schnellen Tempo erarbeitet. Das sei ein Zeichen für die politische Relevanz, sagt Nicole Grobert, Professorin für Nanomaterialien an der Universität Oxford und Vorsitzende der wissenschaftlichen Beratergruppe. 

Doch der vorliegende Vorschlag ist deutlich enger gefasst, als es die Befürworter eines “Cern für KI” gerne hätten. Holger Hoos, Professor für Künstliche Intelligenz an der RWTH Aachen und Gründer der Confederation of Laboratories for AI Research in Europe (Claire), will einen breiteren Einsatz von KI auch außerhalb der Wissenschaft ermöglichen. Das sei in den Plänen eines Cern für KI, die Claire in den letzten sechs Jahren vorangetrieben habe, dargelegt. 

Innerhalb der Kommission möchte man sich jedoch bewusst auf erfolgversprechende Nischen konzentrieren. Werkzeuge für die KI-Wissenschaft seien solch ein Bereich, in dem die EU relativ zukunftsorientiert sei. 

Das vorgeschlagene EDIRAS-Institut soll sich über Europa verteilen. Auch da es angesichts der Sensibilität des Themas KI schwierig wäre, die EU-Staaten dazu zu bringen, einem zentralen Standort für eine neue, Cern-ähnliche Einrichtung zuzustimmen. Ein Budget wollten die Berater noch nicht nennen. 

Es liegt nun an der Kommission, zu entscheiden, inwieweit sie die Empfehlungen umsetzen wird. Zuvor hatte die Kommission ihre eigenen Leitlinien für den Einsatz generativer KI in der Forschung veröffentlicht

Dieser Beitrag ist eine übersetzte Version eines Artikels von Science|Business. Mit einem Redaktionsteam, das in Brüssel und in der gesamten EU arbeitet, ist Science|Business Europas wichtigste englischsprachige Quelle für fundierte Berichterstattung über Forschungs- und Innovationspolitik.

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Protestcamps, Demos, Festnahmen: US-Unis wegen Gaza-Krieg im Ausnahmezustand

Mehrere Elite-Universitäten in den USA ringen seit Tagen damit, aufgeheizte Proteste rund um den Gaza-Krieg unter Kontrolle zu bringen. Am Montag wurden an der New York University (NYU) sowie an der Yale University nach Angaben der beiden Hochschulen Dutzende Demonstranten festgenommen, die sich geweigert hatten, nicht genehmigte Proteste zu beenden.

Die Demonstrierenden fordern Solidarität mit den Palästinensern und verlangen von ihren Hochschulen, finanzielle Beziehungen mit Israel zu beenden. Im Rahmen der Proteste seien einschüchternde Sprechchöre und mehrere antisemitische Vorfälle gemeldet worden, berichteten US-Medien. Jüdische Studierende äußerten Sorge um ihre Sicherheit.

Präsenzunterricht an der Columbia bis Semesterende ausgesetzt

Begonnen hatte die Protestwelle an der Columbia University in New York City. Dort hatte die Polizei am vergangenen Donnerstag ein Zeltlager auf dem Campus geräumt und gut 100 Teilnehmer festgenommen. Doch die Proteste gingen weiter, weiteten sich auch auf andere Universitäten aus. Demonstranten errichteten den Berichten zufolge Zeltlager, störten Campus-Veranstaltungen.  

An der Columbia University in New York blieben daraufhin die Unterrichtsräume geschlossen. Wegen der Proteste wurden bis Semesterende auf Online-Unterricht umgestellt. Am Mittwoch verlängerte die Universitätsleitung ihr Ultimatum zur Räumung des Camps um weitere 48 Stunden. Es habe Fortschritte in den Verhandlungen mit den Studierenden gegeben, hieß es in einer Mitteilung.

US-Präsident Joe Biden hatte am Montag Stellung zu den Ereignissen an den Unis genommen. “Ich verurteile die antisemitischen Proteste”, sagte er und fügte hinzu: “Ich verurteile auch diejenigen, die nicht verstehen, was mit den Palästinensern los ist.” dpa

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Bafög-Reform: Länder kritisieren Gesetzentwurf

Aus den Ländern gibt es Kritik an der geplanten Bafög-Reform der Bundesregierung. Das geht aus den Ausschussempfehlungen des Bundesrats hervor, der sich an diesem Freitag mit dem Gesetzentwurf befasst. Darin fordern die Länder unter anderem, die Bedarfssätze um zwölf Prozent und damit auf Bürgergeld-Niveau anzuheben. Der derzeitige Bafög-Bedarf für Studierende liege mit 452 Euro deutlich unter dem Grundbedarf beim Bürgergeld. “Eine derartige Ungleichberechtigung ist nicht zu rechtfertigen”, heißt es in den Empfehlungen des federführenden Ausschusses für Kulturfragen und des Ausschusses für Arbeit, Integration und Sozialpolitik.

Außerdem sprechen sich die Länder dafür aus, die im Bafög enthaltene Wohnpauschale von derzeit 360 Euro im weiteren Gesetzgebungsverfahren an das örtliche Mietniveau entsprechend der bereits vorhandenen Mietstufen im Wohngeldgesetz vorzunehmen. Zudem befürchten sie, dass der Aufwand für die Verwaltungen durch die Reform steigen könnte. “Insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels kann ein Mehraufwand, dem weder akut noch perspektivisch Arbeitskapazitäten gegenüberstehen, zu weiteren Verzögerungen in der Bearbeitung von Bafög-Anträgen führen“, schreiben die Länder.

Sie kritisieren, dass die Rechnung des BMBF zum erwarteten Verwaltungsaufwand nicht schlüssig sei. So werde mit einer Zeitersparnis von vier Stunden pro Antrag kalkuliert, weil die Einkommen der Geschwister nicht mehr angerechnet werden. Dies sei jedoch “unter keinem Gesichtspunkt nachvollziehbar”. Realistisch seien “maximal drei Stunden, im Durchschnitt eher eineinhalb bis zwei Stunden”.

Länder wollen zwei zusätzliche Fördersemester

Auch die geplante Einführung eines Flexibilitätssemesters, mit dem die Förderhöchstdauer um ein Semester über die Regelstudienzeit hinaus verlängert werden kann, sorge laut den Ländern für “unnötigen Verwaltungsaufwand“. Sie sprechen sich daher dafür aus, die Förderhöchstdauer grundsätzlich um zwei Semester zu verlängern.

Die Empfehlungen der Ausschüsse sind für den Bundesrat nicht bindend. Ob und welche Empfehlungen in die offizielle Stellungnahme einfließen, entscheidet sich erst in der Sitzung am Freitag. Da es sich außerdem um ein nicht zustimmungspflichtiges Gesetz handelt, kann die Länderkammer das Vorhaben ohnehin nicht blockieren, sondern nur Stellung dazu nehmen. Maximilian Stascheit

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Wissenschaftskommunikation: Ideen zur Überwindung der Stagnation

Mit einem gemeinsamen Antrag möchten die Ampel-Koalitionäre die Wissenschaftskommunikation stärken. Kernforderungen des Antrags sind die strukturelle Verankerung von Wissenschaftskommunikation, die Förderung von Citizen Science und auch des Wissenschaftsjournalismus. Nach der erstmaligen Beratung im Bundestag im März fand am gestrigen Mittwoch eine Expertenanhörung im Forschungsausschuss statt.  

Grundlegendes Ziel der Fraktionen sei es, das Vertrauen in Wissenschaft hochzuhalten, sagte der Ausschussvorsitzende Kai Gehring in seiner Begrüßung. Wissenschaft sei Grundlage für politische Entscheidungen, aber auch Faktenbasis für die Gesellschaft. Sie müsse breit in die Bevölkerung getragen werden. 

Bessere finanzielle Ausstattung gefordert 

Tanja Brühl, Präsidentin der TU Darmstadt, und Fernsehmoderator Harald Lesch forderten eine bessere und strukturelle finanzielle Ausstattung der Wissenschaftskommunikation. Dieser Punkt war auch dem Wissenschafts-Youtuber Jacob Beautemps wichtig. Er beobachte derzeit eine gewisse Stagnation in der Wissenschaftskommunikation, nachdem es zuvor einen deutlichen Aufwärtstrend gegeben habe. 

Lesch verwies auf den Umfang der Investitionen in Wissenschaft und Forschung und den relativ geringen Anteil an Ressourcen für die Wissenschaftskommunikation. Er frage sich, warum man erst jetzt beginne, darüber nachzudenken, wie man die Kommunikation stärken könne. In den Hochschulen finde Wissenschaftskommunikation bisher lediglich punktuell statt, da diese kaum honoriert werde, sagte Brühl.

Zuhören und miteinander reden, statt zu senden 

Johannes Vogel, Direktor des Naturkundemuseums Berlin, bedauerte, dass die Wissenschaft die Zeichen der Zeit nicht erkannt habe. Das jüngste Wissenschaftsbarometer zeige, dass das Vertrauen in die Wissenschaft gesunken sei. Dieses sei aber zentral für eine wissensbasierte Gesellschaft. Er forderte daher die Wissenschaft auf, einen Tag in der Woche für die Kommunikation zu reservieren. Dabei sei es wichtig, aktiv in die Communities zu gehen, zuzuhören und den wissenschaftlichen Prozess in den Mittelpunkt eines Dialogs zu stellen. 

Längerfristige Unterstützung für den Wissenschaftsjournalismus 

Nicola Kuhrt berichtete hier für die Wissenschaftspressekonferenz (WPK) von den derzeit schwierigen Bedingungen im Feld. Gleichzeitig habe man gerade während der Corona-Pandemie gesehen, wie wichtig eine journalistische Einordnung sei. Auch aktuell gebe es viele Themen mit Erklärungs- und Einordnungsbedarf. Damit Wissenschaftsjournalisten auch in Zukunft qualitativ hochwertig berichten können, schlägt die WPK eine Verbrauchsstiftung zur Förderung des Wissenschaftsjournalismus vor. 

Abwesend: Die Forschung zu Wissenschaftskommunikation 

Auffällig war, dass niemand aus der Wissenschaftskommunikationsforschung eingeladen war. Die Fachgruppe Wissenschaftskommunikation der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft bemängelt auf Anfrage von Table.Briefings, dass “das Forschungsfeld Wissenschaftskommunikation im Antrag und in den vorab veröffentlichten Stellungnahmen der Gutachter nicht ausreichend berücksichtigt wurde”. Forschung könne die notwendige Evidenz für die geforderte Professionalisierung der Wissenschaftskommunikation liefern. Für eine evidenzbasierte Wissenschaftskommunikation sei eine “systematische und nachhaltige Förderung der interdisziplinären Forschung zur Wissenschaftskommunikation” notwendig. Die derzeitige Förderung sei wichtig, aber zeitlich begrenzt, sagen Niels Mede und Friederike Hendricks, die für die Fachgruppe sprechen. mw

Transparenzhinweis: Markus Weisskopf war bis 2022 Geschäftsführer von Wissenschaft im Dialog, Research-Redaktionsleiterin Nicola Kuhrt ist aktuell Vorsitzende der Wissenschaftspressekonferenz (WPK).

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Presseschau

The Economist. Large language models are getting bigger and better – can they keep improving forever. Der rasante Fortschritt im Bereich großer Sprachmodelle (LLMs) verlangsamt sich. Zwar veröffentlichen Firmen wie OpenAI und Google regelmäßig neue und verbesserte Versionen, doch fundamentalere Durchbrüche scheinen nötig, um die Fähigkeiten von ChatGPT zu übertreffen. Neue Architekturen und Algorithmen, die sich am menschlichen Gehirn orientieren, könnten der Schlüssel zum nächsten Quantensprung in der KI-Entwicklung sein. Mehr

Süddeutsche Zeitung. Wie China in Deutschland Spione anwirbt. China fokussiert sich bei der Spionage auf strategische Industrien wie künstliche Intelligenz, Quantentechnologie und Biotechnologie, die sowohl zivile als auch militärische Anwendungen haben. Dabei operieren die chinesischen Geheimdienste anders als die russischen: Sie werben ihre Quellen häufig in China an und nutzen Messenger-Dienste wie Wechat zur Kommunikation. Die westlichen Geheimdienste müssen ihre Zusammenarbeit intensivieren und effektivere Methoden zur Gegenspionage entwickeln. Mehr

taz. Von Laien zu Profis. Citizen Science professionalisiert und institutionalisiert sich zunehmend. Es gibt Bestrebungen, Citizen Science stärker in Universitäten und Bildungseinrichtungen zu integrieren sowie Qualitätsstandards und Infrastrukturen für Citizen-Science-Projekte zu schaffen. Gleichzeitig wird diskutiert, wie die Beteiligung von Bürgern an der Forschung gefördert und Citizen Scientists angemessen eingebunden werden können. Die Ampelfraktionen wollen Citizen Science per Antrag als gleichberechtigten Teil des Wissenschaftssystems anerkennen. Mehr

Heads

Günther Hasinger – Forschungsmanager mit Milliardenbudget für Astrophysik in der Lausitz

Porträtfoto von Günther Hasinger
Günther Gustav Hasinger ist seit April 2023 Gründungsdirektor des Deutschen Zentrums für Astrophysik.

Um ein Haar wäre er Rockmusiker geworden. Nach ersten Erfolgen mit der bayerischen Band “Saffran” und einem Foto auf dem “Bravo”-Titel entschied er sich dann doch “für was Gscheit´s”  und begann ein Physikstudium an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Das war 1975. Fast ein halbes Jahrhundert später und im besten Rentenalter legt Günther Hasinger erneut eine rasante Kehrtwende hin: Er verlässt seinen Posten als Wissenschaftsdirektor der Europäischen Raumfahrtagentur in Madrid und zieht an die polnische Grenze, nach Görlitz.

In der 57.000-Einwohner-Stadt und ihrer Umgebung entsteht das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA), ein weltweit einzigartiges Großforschungsprojekt mit einem Etat von 1,2 Milliarden Euro. “Eine Riesenchance, so etwas gibt es nur einmal im Leben”, sagt Hasinger, der den DZA-Aufbau als Gründungsdirektor leitet.  

Schwerpunkte des DZA: Grundlagenforschung, Digitalisierung und Transfer

Auf dem erfahrenen Wissenschaftsmanager – am Sonntag, 28. April, feiert er seinen 70. Geburtstag – ruhen hohe Erwartungen. Bis Mitte des nächsten Jahrzehnts sollen zentrale Forschungsbauten fertig und ein Masterstudiengang Astrophysik an der TU Dresden mit fünf Professuren etabliert sein. Die Verwaltung des neuen Zentrums soll funktionieren und ein Großteil der tausend neuen Arbeitsplätze sollen besetzt sein. “Es ist wie beim Urknall”, sagt Hasinger, “vorher war nichts da, jetzt entsteht alles Schritt für Schritt.”

Mitten in Görlitz, im ehemaligen Postamt, arbeiten bereits mehr als zwanzig Pioniere für das DZA; in diesem Jahr kommen, so der Plan, noch einmal so viele dazu. Gemeinsam sollen sie die Strukturen für ein Zentrum mit drei Schwerpunkten schaffen. “Zum einen werden wir astrophysikalische Grundlagenforschung betreiben, um die Entwicklung des Universums besser zu verstehen, und dazu auch die Forschungsdaten von weltweit verteilten Observatorien auswerten”, sagt Hasinger. Durch die riesigen Radioobservatorien des Square Kilometer Arrays in Südafrika und Australien werde der größte zivile Datensatz der Welt entstehen – weit größer als das heutige Internet.

Der Lausitzer Granit ist perfekt für Gravitationswellen-Detektoren

Im zweiten Schwerpunkt entwickle das DZA daher Lösungen für eine ressourcenschonende Digitalisierung. Und drittens sei ein Technologiezentrum zur Entwicklung neuer Instrumente für die Astrophysik geplant. Über Ausgründungen und andere Transfereffekte soll das Zentrum der Region 2.000 weitere Arbeitsplätze bringen. Finanziert wird das Großvorhaben DZA zu 90 Prozent aus dem Strukturwandel-Fonds der Bundesregierung für Braunkohlegebiete, zehn Prozent kommen vom Land Sachsen.

Ein Kernstück der Anlage ist das Low Seismic Lab im Granitstock der sächsischen Lausitz. Dafür wird demnächst im Kreis Bautzen ein 200 Meter tiefer Schacht von der Größe einer U-Bahn-Station ausgehoben. In ein paar Jahren sollen dort Gravitationswellen-Detektoren entwickelt werden, die nach Signalen aus der Urzeit des Universums fahnden.

Der Lausitzer Granit sei perfekt für solche Messungen, weil hier eine besondere seismische Ruhe fast ohne Störfaktoren herrsche, sagt Hasinger. Das unterirdische Labor eigne sich auch für die Entwicklung von Quantencomputern und anderen Hightech-Anwendungen. “Und wenn wir Glück mit unserer Bewerbung haben, können wir uns auch am Einstein-Teleskop beteiligen.” Das milliardenschwere europäische Projekt soll Gravitationswellen längst vergangener kosmischer Ereignisse aufspüren.

Governance-Struktur zwischen MPG und Helmholtz

Die Lausitz greift nach den Sternen – und das begeistert viele in der strukturschwachen Region. Ministerpräsident Michael Kretschmer sei oft zu Gast und auch der Görlitzer Oberbürgermeister unterstütze das Projekt nach Kräften, sagt der DZA-Chef. Der anfängliche Widerstand, angeführt durch eine kleine Bürgerinitiative, habe sich gelegt. Befürchtet wurde eine Grundwasserabsenkung durch die Bauarbeiten und die Errichtung eines Endlagers für radioaktive Abfälle. Hasinger: “Wir haben dann ein Grillfest für die Bevölkerung veranstaltet und konnten die Bedenken im Gespräch ausräumen.”

Irgendwann an diesem Grillnachmittag griff Hasinger zu seiner Gitarre und begleitete sich zu einer musikalischen Reise durch sein Leben. Die führte ihn von Oberammergau über München, Potsdam, Hawaii und Spanien schließlich nach Görlitz. “Wir machen das Grillfest jetzt jedes Jahr und vielleicht werde ich im Sommer ein Lied auf Sorbisch singen.”

Jetzt wolle er das DZA erst einmal zum Laufen bringen und dabei eine neue Governance-Struktur entwickeln – “etwas zwischen MPG und Helmholtz”, sagt Hasinger. An Ruhestand sei vielleicht in fünf Jahren zu denken, dann wolle er ein weiteres Sachbuch über das Schicksal des Universums schreiben und Kontrabass lernen. Lilo Berg

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Personalien

Marion Halfmann wird Präsidentin der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Die Wirtschaftswissenschaftlerin folgt auf Hartmut Ihne, der Ende Oktober dieses Jahres in den Ruhestand gehen wird. Die 55-jährige Professorin wechselt von der Hochschule Niederrhein und tritt ihr Amt zum 1. November 2024 an.

Gerd Hasenfuß, Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie und Vorsitzender des Herzzentrums der Universitätsmedizin Göttingen, wurde mit der Leopold-Lichtwitz-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin ausgezeichnet. Die Fachgesellschaft würdigt damit seine großen Verdienste um die Innere Medizin.

Christoph M. Schmidt, Präsident des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und Professor an der Ruhr-Universität Bochum, wurde vom Bundeskabinett in die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) berufen. Er wird ab Mai den Platz von Till Requate einnehmen, der mit Ablauf seiner Berufungsperiode auf eigenen Wunsch aus der Kommission ausscheiden wird. Die EFI besteht aus sechs Mitgliedern. Sie werden für vier Jahre berufen.

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Rigorosum

Warum die missionsbasierte Forschung in Deutschland immer wieder den Märtyrertod stirbt

In Deutschland wird peinlich genau mit Nomenklatur in Schubladen eingeordnet: Hier die Grundlagenforschung, da die angewandte Forschung, dort der Transfer – und schließlich der Exot, die Bundesagentur für Sprunginnovationen (Sprind), die im Forschungssystem mit magerstem Budget eine sogenannte Lücke an ‘disruptiver Innovation’ füllen soll.

Und dann kommt so ein Koalitionsvertrag daher mit sechs Missionen zur Forschungs- und Innovationspolitik. In der herrschenden Logik nirgends einordbar, da querschnittlich und damit auch nicht traditionell organisier- und steuerbar. Aber es geht um dringende und drängende Herausforderungen für die Zukunft von Wirtschaft, Gesellschaft und Planet.

Da hat im Übrigen schon das Evangelium nach Matthäus mit einer der am häufigsten zitierten Missionen gezeigt, welche Kraft in Missionen steckt, wenn gut umgesetzt: …geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe” (Mt 28,18-20). Eine äußerst präzise gehaltene Mission, nur ohne Zeitangabe für die Erreichung. Aber sie trug zumindest 2.000 Jahre.

Missionsbasierte Strategien sind ein alter Hut!

Missionen sind auch nichts Neues in der Moderne: in vielen OECD-Staaten Usus und auch schon in der Hightech-Strategie 2025 der Vorgängerregierung unter Forschungsministerin Anja Karliczek enthalten. Nur blieben schon die damaligen zwölf Missionen der Hightech-Strategie Papiertiger, so wie es die sechs Missionen der Ampel-Regierung bleiben werden. Symptomatisch ist, dass der vom damaligen BMBF beauftragte, allerdings erst jüngst erschienene Abschlussbericht des Fraunhofer ISI, mehr Allgemeinheiten zu Missionen als praktische Evaluierung realiter enthält

Das Forschungsministerium hat es auch bis heute nicht geschafft, seine eigenen Missionen aus der Zukunftsstrategie im Pakt für Forschung & Innovation (PFI) in Vorgaben für die steuerfinanzierten “Fetten Katzen” à la Fraunhofer oder in einer der Pilot-Förderlinien der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (Dati) zu verankern, was am naheliegendsten gewesen wäre.

Struktur- und Steuerungsdebatten ohne Resultat und Impact

Und deshalb debattieren Beratergremien, von Bertelsmann Stiftung bis Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), seit eineinhalb Jahren, wie man mit diesen sechs – zwischen zuständigen Ministerien und Bundeskanzleramt schräg im Stall stehenden – Missionen umgeht, damit sie steuerbar werden. Wette gilt, außer papiernen Lösungen wird es in dieser Legislatur nichts mehr geben:

  • Weil es keine akzeptierte politische Leadership gibt.
  • Weil nicht interdisziplinär, sondern in ministeriellen Silos und parteipolitisch gehandelt wird. Berater denken eben sachlogisch, die Welt der Politik dagegen macht-logisch.
  • Weil Kompetenz in intra- und interministeriellem Projektmanagement fehlt.

Übrigens werden auch die Missionen der EU-Kommission ein Papiertiger bleiben. Abgesehen davon, dass in beiden missionsbasierten Strategien trotz russischem Überfall auf die Ukraine die Mission Verteidigungsfähigkeit keine Rolle spielt, benennt die EU-Kommission auf ihrer Homepage zumindest quantifizierbare Zwischenresultate wie beispielsweise Mission 2 oder Mission 4. Wenn wir erfolgreiche Missionen der jüngeren Vergangenheit betrachten, dann mit Blick in die USA, wo Pioniergeist seit den Pioniertagen lebt.

Der berühmte JFK-Moment  

Nach dem Sputnik-Schock, als die Sowjetunion die USA beim Wettrennen in den Weltraum plötzlich überholt hatte, konnte man einen Missions-Moment beobachten. Mit aufgekrempelten Ärmeln hat US-Präsident John F. Kennedy 1962 gerufen: “We choose to go to the moon in this decade”. Bis zu Neil Armstrongs erstem Fußabdruck auf dem Mond vergingen knapp sieben Jahre. Profis nennen so etwas “mission driven”. Egal ob durch Gegner, durch Not oder durch Vision getrieben, das Mission Driven-Muster ist immer wieder gleich: Auftrag, Erledigungszeitraum/-zeitpunkt, Koordinationszwang und Umsetzung.

Übersetzt in deutsche Missionspolitik würde JFK beispielsweise bei der Mission Mobilität und Verkehr aus Koalitionsvertrag und Zukunftsstrategie ausrufen: “We choose to hyperloop from Frankfurt/Oder via Berlin to Magdeburg”. Eine 250 Kilometer lange Strecke der Anbindung strukturschwächerer deutscher Regionen mit der dahinterliegenden Vision, später die Metropolen Berlin und Paris in einer knappen Stunde anzubinden: Energieneutraler Transport von Personen und Gütern, 1.200 Kilometer pro Stunde schnell in einer Vakuumröhre, Kapselfolge und Fahrplandichte: quasi unbegrenzt. Utopie?

In den USA: Mission “Hyperloop”

Das “Hyperloop”-Transportsystem des Virgin-Gründers und Milliardärs Richard Branson hat nach über 400 unbemannten Tests die weltweit erste Passagier-Testfahrt in der Wüste von Nevada bestanden. Das ambitionierte Ziel: Ausbau und Kommerzialisierung der in Luftlinie rund 350 Kilometer langen Strecke zwischen New York und Washington D.C. Sie würde damit nur etwa 30 Minuten dauern: doppelt so schnell wie ein kommerzieller Jet-Flug (ohne An- beziehungsweise Abreise zum und vom Flughafen) und viermal schneller als ein Hochgeschwindigkeitszug. Elon Musk hatte die Idee, Richard Branson will sie zu Geld machen.

In der Schweiz: Mission “Güterverkehr unterirdisch”

In der Schweiz wird ab 2031 das digitale Gesamtlogistiksystem Cargo sous terrain (CST) die großen Zentren der Schweiz unterirdisch verbinden. CST entlastet oberirdisch Schienen und Straßen, reduziert die Umweltbelastung, sorgt für die pünktliche Lieferung von Waren für alle und … hält die wunderschöne Schweizer Natur intakt.

Wegweisende Entwicklungen werden meist ideell und finanziell initiiert von mutigen, hartnäckigen Persönlichkeiten voller Zukunftsaspiration. Von Politikern wie JFK oder – so scheint es – Macron, der Frankreich zur Startup-Republik machen will. Und Unternehmern wie Richard Branson oder Dieter Schwarz, Lidl-Gründer, der Deutschland nicht nur bei KI auf die Beine helfen will, sondern auch bei der German Cloud. Da könnte das Forschungsministerium doch zumindest die Mission ausrufen, bis 2030 mindestens zehn deutsche Universitäten unter den Top 100 der weltweiten Spitzen-Universitäten zählen zu können.

Leadership ist das Nadelöhr, nicht Budgets!

Doch wer solche Missionen realisieren will, muss sowohl Schmähungen in der Öffentlichkeit ertragen, als auch über Legislaturperioden und kurzfristige, populistische Wahlkampfversprechen hinweg hinausdenken können. Und er muss bereit sein, zu scheitern oder Wahlen zu verlieren.

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Research.Table Redaktion

RESEARCH.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Spionage für China ist das Thema der Woche. Von Verbindungen zu Hochschulen sprach die Generalbundesanwaltschaft am Montag nach der Verhaftung von drei Verdächtigen. Wir haben diese Verbindungen recherchiert und mit den betroffenen Hochschulen gesprochen. In einem Fall gab es eine konkrete Zusammenarbeit mit der Firma der verdächtigen Personen. An anderer Stelle führte man jahrelang zum Thema Autonomes Fahren Gespräche, die Firma unterstützte finanziell eine Konferenz der Universität.

    Insider berichten, dass derartige Kontakte für Hochschulen oft schwierig zu erkennen sind, weil sie über Vermittlerfirmen laufen. Hinzu kommt, dass Nebentätigkeiten von Professoren häufig nicht im Detail angezeigt werden müssen, wenn diese im Rahmen einer eigenen, externen GmbH ablaufen. Das BMBF fordert und fördert als Reaktion mehr China-Kompetenz an den Hochschulen. Eine China-Expertin sagt hingegen, dass nur klare Regeln und übergeordnete Beratungsinstitutionen helfen

    Widerspruch erntet Bettina Stark-Watzinger auch für ihr geplantes Fusionsgesetz. Aus dem Umweltministerium heißt es: Man habe dem BMBF “mehrfach erläutert“, dass es bereits eine gesetzliche Grundlage gebe, das Strahlenschutzgesetz. Darüber hinaus sieht man die Regulierung von Kernfusionskraftwerken in ferner Zukunft und weiterhin in seinem Geltungsbereich, wie Tim Gabel berichtet. 

    Eine spannende Lektüre wünscht,

    Ihr
    Markus Weisskopf
    Bild von Markus  Weisskopf

    Analyse

    Chinesischer Geheimdienst: Wissenschaftsspione hatten Austausch mit mehreren deutschen Hochschulen

    Am Montag informierte die Bundesanwaltschaft über die Festnahme von drei Verdächtigen, gegen die der Vorwurf erhoben wird, für den chinesischen Geheimdienst tätig zu sein. Thomas R. soll mithilfe von Herwig F. und Ina F. über deren Firma unter anderem Informationen zu militärisch nutzbaren Technologien beschafft haben.  

    Es gibt mittlerweile Hinweise, dass es sich bei dem Unternehmen um die in Düsseldorf und London ansässige Innovative Dragon Ltd. handelt. Laut Bundesanwaltschaft wurden diese Firma Kontakte und Zusammenarbeit zu “Personen aus der deutschen Wissenschaft und Forschung” geknüpft. Und es soll ein Kooperationsabkommen mit einer deutschen Universität gegeben haben. 

    Erstellung einer Studie für den chinesischen Geheimdienst 

    Gegenstand einer ersten Phase dieser Kooperation war wohl die Erstellung einer Studie für einen chinesischen Vertragspartner zum Stand der Technik von Maschinenteilen, die auch für den Betrieb leistungsstarker Schiffsmotoren, etwa in Kampfschiffen, von Bedeutung sind. Hinter dem chinesischen Vertragspartner habe ein Mitarbeiter des chinesischen Geheimdienstes MSS gestanden, von dem Thomas R. seine Aufträge erhielt. Die Finanzierung des Projekts sei durch staatliche chinesische Stellen erfolgt. 

    Die Homepage der Innovative Dragon Ltd. ist aktuell nicht mehr zu erreichen. Auf archivierten Internetseiten des Unternehmens findet sich jedoch unter anderem eine Referenzliste, auf der auch einige deutsche Hochschulen genannt werden. Table.Briefings hat die Hochschulen kontaktiert und zu ihren Beziehungen zu Innovative Dragons befragt. 

    Kontakte zur TU Chemnitz und zur Uni Duisburg-Essen 

    Seitens der TU Chemnitz bestätigt man eine Zusammenarbeit mit Innovative Dragon Ltd. im Zeitraum von Juli 2022 bis März 2023. Ein Lehrstuhl habe für Innovative Dragon einen Auftrag zur Aufbereitung des vorhandenen und allgemein zugänglichen Stands der Technik von Gleitlagern durchgeführt. 

    Dieser sei “nach obligatorischer verwaltungsseitiger Prüfung als außenwirtschaftsrechtlich unbedenklich eingestuft” worden. Der Auftrag wurde durch einen Professor der TU Chemnitz durchgeführt und von Innovative Dragon mit 16.000 Euro honoriert. Den Namen des Professors nennt das Rektorat nicht. 

    Im Anschluss gab es laut TU Chemnitz Sondierungsgespräche direkt mit chinesischen Interessenten zu einer möglichen weiteren Zusammenarbeit. Auch diese wurde im Vorfeld auf außenwirtschaftsrechtliche Unbedenklichkeit geprüft. Zu dieser Zusammenarbeit sei es dann aber nicht gekommen, teilte das Rektorat mit. Gründe dafür wurden nicht genannt.

    Innovative Dragon war Sponsor einer Tagung 

    Keinen Auftrag, aber Kontakte zu Innovative Dragon gab es an der Universität Duisburg-Essen. Auf der Firmen-Homepage war der dortige Lehrstuhl für Mechatronik als Referenz genannt. Herwig F., Technischer Direktor bei Innovative Dragon, trat in der Vergangenheit unter anderem als Redner auf dem Wissenschaftsforum “Mobilität” der Universität Duisburg-Essen auf, wie die Universität auf Anfrage von Table.Briefings bestätigte. Darüber hinaus habe Innovative Dragon Limited das Mobilitätsforum mit 1.000 Euro unterstützt. Herwig F. stand mit der Uni “im wissenschaftlichen Austausch zu Fragen des Autonomen Fahrens“.  

    Zu einem vertraglich vereinbarten gemeinsamen Projekt sei es jedoch nicht gekommen. Beim Austausch ging es wohl vor allem um das autonome Testfahrzeug Flait der Innovative Dragon Ltd. Über dieses wurden auch einige Abschlussarbeiten an der Universität angefertigt. Die Universität betont, dass der Austausch ausschließlich zu zivilen Projekten im Bereich autonomes Fahren stattgefunden habe. 

    Es gibt jedoch noch eine Verbindung: Wie die Universität mitteilt, sei seit diesem Frühjahr einer der Lehrstuhlinhaber als stiller Teilhaber mit fünf Prozent an einer neu gegründeten Firma beteiligt. Das Unternehmen sei gemeinsam mit Personen aus dem Umfeld der Innovative Dragon Limited angemeldet worden. Unternehmensgegenstand seien ausschließlich zivile Anwendungen des Autonomen Fahrens. 

    Damit könnte nach Recherchen von Table.Briefings die Flait GmbH gemeint sein, die in diesem Jahr gegründet wurde und deren Geschäftsführer wohl ein ehemaliger Mitarbeiter der Innovative Dragon Ltd. ist. 

    Bei den anderen Unis keine Hinweise auf konkrete Kooperationen  

    An der RWTH Aachen, von der fünf Institute auf der Webseite von Innovative Dragon als Referenz angegeben waren, konnte man keine konkreten Verbindungen der Institute zu der Firma der Verdächtigen bestätigen. Lediglich bei einem Institut habe es 2009 eine Kooperationsanfrage gegeben, die jedoch nicht weiterverfolgt wurde.  

    Seitens der TU Dresden teilte man Table.Briefings mit, dass sowohl eine “zentrale Abfrage als auch die Abfrage in der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik keinen Hinweis auf eine Forschungskooperation mit dem genannten Unternehmen ergeben” habe. Der Ruhr-Uni Bochum ist auf Anfrage ebenfalls kein “Vertrag mit der Firma bekannt”. Der auf der Homepage genannte Lehrstuhl sei bereits 2012 umbenannt worden, der damalige Inhaber verstorben. 

    Die weitere in der Referenzliste benannte Universität Stuttgart wollte sich aufgrund der noch andauernden Klärung des Sachverhalts bislang nicht äußern. 

    Komplexe Konstrukte erschweren Erkennen und Bewertung 

    Was der aktuelle Fall zeigt: Die Klärung sicherheitsrelevanter Verbindungen kann unter Umständen für die Hochschulen schwierig werden. Firmen wie die Innovative Dragon Ltd. würden häufiger Vermittlungsdienste zwischen ihren chinesischen Kunden und deutschen Hochschulen übernehmen, berichten Insider. Auf der chinesischen Seite seien dann teilweise nochmals Mittlerfirmen dazwischengeschaltet, um den tatsächlichen Auftraggeber nicht preiszugeben.  

    Auf der deutschen Seite wiederum wickelten Professoren diese Kooperationen teilweise über eigene, ausgegliederte, kleinere GmbHs ab. Verträge mit den Hochschulen werden dann nur noch geschlossen, wenn Ressourcen der Einrichtung genutzt werden. Ob eine solche Kooperation über eine eigene GmbH als Nebentätigkeit angegeben werden muss, ist unklar. Gesetzlich geregelt ist das anscheinend nicht.  

    Wichtige Informationen fließen an den Hochschulen nicht zusammen 

    Offenbar fließen Meldungen über Nebentätigkeiten an vielen Hochschulen auch nicht mit anderen relevanten Informationen zusammen, zum Beispiel aus der Exportkontrolle. Daran wird deutlich, dass es hier eine weitere Professionalisierung der Prozesse an den Hochschulen, aber auch eine übergeordnete Unterstützung braucht. 

    BMBF setzt auf mehr China-Kompetenz 

    Auf die Anfrage von Table.Briefings, ob nun konkreter Handlungsbedarf bestehe, antwortet man beim BMBF mit der Forderung nach mehr China-Kompetenz. Eine “fundierte und unabhängige China-Kompetenz ist essenziell, um deutsche Interessen wahrnehmen und durchsetzen zu können”, schreibt das Ministerium. Dazu werde man in Kürze eine weitere Förderrichtlinie veröffentlichen. Es gehe darum, “die Information und Sensibilisierung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen gemeinsam mit den zuständigen Behörden weiter zu verstärken“. 

    Ob das reicht, bezweifelte die Wirtschaftsethikerin und China-Expertin Alicia Hennig schon im vergangenen Jahr. Sie forderte “verbindliche Regeln und zentrale Einrichtungen zur Unterstützung, sonst laufen wir Gefahr, dass der Wissens- und Technologietransfer einfach ungeregelt weitergeht”.

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    Fusionsgesetz: Umweltministerium erteilt Stark-Watzinger Absage für Regulierungspläne

    Das Bundesumweltministerium reagiert ungehalten auf die Pläne von Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, nach denen sie am liebsten noch in dieser Legislaturperiode ein Fusionsgesetz durch den Bundestag bringen will. “Die Debatte wird derzeit losgelöst von der Sach- und Rechtslage geführt”, antwortete ein Sprecher des Umweltministeriums auf Anfrage von Table.Briefings. Und weiter: Man habe dem BMBF “mehrfach erläutert“, dass es bereits eine gesetzliche Grundlage gebe, das Strahlenschutzgesetz.

    Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hatte zu Beginn der Woche angekündigt, die mögliche Energiegewinnung aus Kernfusion in einem eigenen Gesetz zu regeln. Deutschland solle nach dem Willen der Ministerin schon heute die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Stromerzeugung aus der Technologie schaffen: “Unternehmen und Investoren benötigen Rechts- und Planungssicherheit“, sagte die FDP-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

    Pilotprojekt des BMBF noch für dieses Jahr angekündigt

    Noch in diesem Jahr solle demnach ein entsprechendes Pilotprojekt für einen Rechtsrahmen in engem Austausch mit der Wissenschaft gestartet werden. Die Forschungsministerin gab an, das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode “entschieden vorantreiben” zu wollen, räumte aber ein, dass die Zeit bis zum Ende der Wahlperiode knapp sei. Dabei reklamierte sie den Verantwortungsbereich eines möglichen Fusionsgesetzes für ihr Ressort, “da wir als Forschungsministerium bereits seit vielen Jahren bestens mit der Fusion vertraut sind”.

    Das bestehende Atomgesetz passe für die Regulierung nicht, meinte Stark-Watzinger, denn es handele sich um “unterschiedliche Technologien mit unterschiedlichen Risiken“. Parallel soll nach dem Willen der FDP geprüft werden, “in welcher Form gegebenenfalls das Strahlenschutzrecht angepasst werden müsse”, um dem geringeren Risiko der Kernfusion sowie einer praxistauglichen Regulierung gerecht zu werden, heißt es in einem Präsidiumsbeschluss der Liberalen aus dem März. “Die FDP fordert die Bundesregierung auf, zügig alle Maßnahmen zu ergreifen, um einen entsprechenden Entwurf für ein Fusionsgesetz auf den Weg zu bringen”, heißt es dort.

    BMUV: Kraftwerksdesign derzeit noch nicht regulierungsreif

    Das Umweltministerium kontert in der Antwort an Table.Briefings: “Die Frage nach dem geltenden Gesetz stellt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Die Technologie hat das wissenschaftliche Labor noch nicht verlassen, für ein etwaiges Kraftwerk liegen keine Planungen vor. Sollte die konkrete Anwendung der Kernfusion eines Tages anstehen, wird sie selbstverständlich auch aus Sicht der nuklearen Sicherheit zu bewerten und zu regulieren sein“.

    Klartext: Das Umweltministerium sieht eine Regulierung von Kernfusionskraftwerken in ferner Zukunft und weiterhin in seinem Geltungsbereich. Strahlenschutzrechtliche Sicherheitsvorschriften müssten zudem immer von Förderungsmaßnahmen von Technologien getrennt sichergestellt werden, begründet der Sprecher den fachlichen Hoheitsanspruch des BMUV: “Die auch international geforderte Trennung von Überwachungsbehörden von für Energie zuständigen Institutionen gilt auch für die Kernfusion.”

    Fusionsforschungsanlagen unterliegen dem Strahlenschutzgesetz

    Die konkrete Ausgestaltung der sicherheitstechnischen Anforderungen an technischen Einrichtungen und Maßnahmen würde sachgerechterweise in hohem Maße von dem grundsätzlichen Kraftwerksdesign abhängen müssen, teilt das BMUV mit. Dieses würde aber erst im Fall von Fortschritten in Forschung und Entwicklung bei den großen Herausforderungen auf dem Weg zu einem konkreten Fusionskraftwerk deutlicher hervortreten. Bis dahin sei es noch ein “weiter Weg”.

    Da für derzeitige betriebene oder genehmigte deutsche Experimentieranlagen das Strahlenschutzrecht bereits entsprechende gesetzliche Vorschriften enthalte, bestehe aktuell kein regulatorischer Handlungsbedarf. Denn sinnvolle Regulierungen bezögen sich auf eine entwickelte Technik und die damit verbundenen Risiken und sollten die Entwicklung nicht vorwegnehmen und einschränken. Und noch einmal Klartext an die Forschungsministerin: “Das BMUV wird als zuständiges Ressort zum richtigen Zeitpunkt eine gegebenenfalls notwendige Fortentwicklung des Strahlenschutzrechts in Angriff nehmen”.

    Einschätzungen des Regulierungsbedarfs liegen weit auseinander

    Auch inhaltlich liegen die Einschätzungen der Ministerien hinsichtlich der Art und des Umfangs der Regulierung von Kernfusion weit auseinander. Während Stark-Watzinger im Interview mit dem RND betonte, dass bei der Kernfusion im Unterschied zur Kernspaltung kein langlebiger Atommüll entstehe und ein nuklearer Unfall physikalisch unmöglich sei, schätzt das BMUV potenzielle zukünftige Gefahren größer ein. Auch bei der Kernfusion werde mit radioaktiven Stoffen und Abfällen umgegangen werden müssen. Derzeit sei noch nicht absehbar, welche sehr lange strahlenden mittelradioaktive Abfälle in welchen Mengen anfallen werden.

    Wie bei der Kernspaltung auch, gehe auch die Fusionstechnologie – international betrachtet – mit einem Proliferationsrisiko einher, teilte das BMUV mit. In Hinblick auf die Verhinderung der Verbreitung von Kernwaffen könnte dies zu neuen Herausforderungen führen. Tritium sei eine wesentliche Komponente bestimmter Kernwaffen. Außerdem sei nicht ausgeschlossen, dass ein Fusionskraftwerk missbräuchlich für das Erbrüten von spaltbaren Materialien für den Kernwaffenbau eingesetzt werden könnte.

    Stark-Watzinger dagegen hatte die Bedenken, Kernfusion lasse sich auch militärisch verwenden, angezweifelt: Eine potenzielle Dual-Use-Verwendung gelte für fast alle Technologien. “Gerade deshalb sollte unser Anspruch sein, sie zu beherrschen und mit unseren hohen ethischen Standards zum Wohle der Menschen einzusetzen”, sagte Stark-Watzinger dem RND. “Unser Ziel muss dabei sein, Risiken zu minimieren.”

    Grüne und FDP bewerten Potenzial der Kernfusion unterschiedlich

    Dass das Umweltministerium die Forschungsministerin in ihren Plänen blockiert, ist auch vor dem Hintergrund des parteipolitischen Dissens bei der Einschätzung des Potenzials der Kernfusion zu sehen. Während die FDP sich nicht auf die Erneuerbaren Energien verlassen möchte und die Fusion als innovative Antwort auf den Energiehunger der Zukunft einordnet, sehen die Grünen in der Fusion keinen verlässlichen Lösungsbeitrag durch die Kernfusionsforschung zur Energie- und Klimawende bis 2050.

    Die künftige Regulierung von Fusion ist derweil nicht nur Thema in Deutschland: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte vor kurzem ebenfalls angeregt, einen besseren rechtlichen Rahmen für die Kernfusionsforschung in Europa zu schaffen. Im vergangenen Jahr hatte auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) einen Austausch zu dem Thema gestartet. Unternehmen aus der Fusionsbranche fordern schon länger eine vom Atomgesetz unabhängige Regulierung, vor allem mit Blick auf Investoren, die durch rechtliche Unwägbarkeiten abgeschreckt werden könnten.

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    • Forschungspolitik
    • Kernfusion
    • Steffi Lemke
    Translation missing.

    Termine

    29. April 2024, 13:00 Uhr, online
    Veranstaltungsreihe “Wissenschaft als Arbeitgeberin” des WZB “Der akademische Arbeitsmarkt: allgemeines Ideal, einschränkende Realität? Online-Diskussion mit Geraldine Rauch” Mehr

    29. April 2024, 18 Uhr, Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Leibniz-Saal, Markgrafenstraße 38, 10117 Berlin
    Podiumsdiskussion “Zum Stand der Wissenschaftsfreiheit in Europa” Mehr

    29. April 2024, 18:30 bis 20:00 Uhr, TU Dresden, Schönfeld-Hörsaal und im Livestream
    Vorlesungsreihe “Frontiers in Science der TU Dresden” mit KI-Pionier Richard Socher (you.com) “The Eureka Machine – How AI Will Accelerate Scientific Discovery” Mehr

    15./16. Mai 2024, Katholische Akademie in Bayern, Mandlstraße 23, 80802 München
    XVII. Hochschulsymposium der Schleyer-Stiftung in Kooperation mit Heinz Nixdorf Stiftung und TU München “Nachhaltigkeit in der Wissenschaft: Notwendigkeiten neuer Formen der Zusammenarbeit” Mehr

    27./28. Mai 2024, Dresden/International Congress Center Conference
    Konferenz “Building Bridges for a Net Zero Future” Mehr

    28. Mai 2024, 18:00-20:00 Uhr, TU Berlin, Hauptgebäude, Straße des 17. Juni 135, Hörsaal 0107 (EG) und online
    Veranstaltungsreihe über Grundfinanzierung statt Projektwettbewerb, u.a. von GEW und NGAWiss “Projektfinanzierung und/oder Wissenschaftsfreiheit?” Mehr

    4. Juni 2024, 18:00 bis 20:00 Uhr, online
    Veranstaltungsreihe u.a. von GEW und NGAWiss über Grundfinanzierung statt Projektwettbewerb “Nachhaltige Finanzierung akademischer Lehre” Mehr

    News

    EU-Wissenschaftsberater befürworten Forderung nach einem “Cern für KI”  

    Von David Matthews und Martin Greenacre 

    Die Chief Science Advisers der EU-Kommission haben die Schaffung eines “Cern für KI” gefordert, um Forscher bei der Entwicklung von KI-Tools zu unterstützen und ihre Forschung zu beschleunigen. Die Gruppe von sieben Beratern äußerte Besorgnis darüber, dass die KI-Forschung von privaten Tech-Multis dominiert wird und dass Europa in diesem Bereich gegenüber den USA und China immer weiter zurückfällt. Daher solle die EU-Kommission eine “hochmoderne Entrichtung für die akademische Forschung in Europa” finanzieren. 

    Diese Einrichtung, genannt “European Distributed Institute for AI in Science” (EDIRAS), verfolgt die Idee eines “Cern für KI”, nach dem Vorbild des Kernforschungszentrums in Genf. EDIRAS würde eine “massive” Hochleistungsrechenleistung, eine nachhaltige Cloud-Infrastruktur, qualitativ hochwertige Daten, Fachkräfte und Ausbildung zur Verfügung stellen, erklärt die Beratergruppe des SAM (Scientific Advice Mechanism) in einem Bericht, der der EU-Kommission am 15. April vorgelegt wurde. 

    Das wohl bekannteste Beispiel für die Anwendung Künstlicher Intelligenz in der Wissenschaft ist Alphafold, ein von der Google-Tochter DeepMind entwickeltes System, das in der Lage ist, die Struktur von Proteinen vorherzusagen. Die Hoffnung ist, damit die Entwicklung von Medikamenten zu beschleunigen. Eine gewisse Skepsis besteht in dieser Hinsicht jedoch noch. 

    Hohes Tempo bei der Erarbeitung

    Angesichts der rasanten Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz wurde die Empfehlung des Gremiums in einem ungewöhnlich schnellen Tempo erarbeitet. Das sei ein Zeichen für die politische Relevanz, sagt Nicole Grobert, Professorin für Nanomaterialien an der Universität Oxford und Vorsitzende der wissenschaftlichen Beratergruppe. 

    Doch der vorliegende Vorschlag ist deutlich enger gefasst, als es die Befürworter eines “Cern für KI” gerne hätten. Holger Hoos, Professor für Künstliche Intelligenz an der RWTH Aachen und Gründer der Confederation of Laboratories for AI Research in Europe (Claire), will einen breiteren Einsatz von KI auch außerhalb der Wissenschaft ermöglichen. Das sei in den Plänen eines Cern für KI, die Claire in den letzten sechs Jahren vorangetrieben habe, dargelegt. 

    Innerhalb der Kommission möchte man sich jedoch bewusst auf erfolgversprechende Nischen konzentrieren. Werkzeuge für die KI-Wissenschaft seien solch ein Bereich, in dem die EU relativ zukunftsorientiert sei. 

    Das vorgeschlagene EDIRAS-Institut soll sich über Europa verteilen. Auch da es angesichts der Sensibilität des Themas KI schwierig wäre, die EU-Staaten dazu zu bringen, einem zentralen Standort für eine neue, Cern-ähnliche Einrichtung zuzustimmen. Ein Budget wollten die Berater noch nicht nennen. 

    Es liegt nun an der Kommission, zu entscheiden, inwieweit sie die Empfehlungen umsetzen wird. Zuvor hatte die Kommission ihre eigenen Leitlinien für den Einsatz generativer KI in der Forschung veröffentlicht

    Dieser Beitrag ist eine übersetzte Version eines Artikels von Science|Business. Mit einem Redaktionsteam, das in Brüssel und in der gesamten EU arbeitet, ist Science|Business Europas wichtigste englischsprachige Quelle für fundierte Berichterstattung über Forschungs- und Innovationspolitik.

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    Protestcamps, Demos, Festnahmen: US-Unis wegen Gaza-Krieg im Ausnahmezustand

    Mehrere Elite-Universitäten in den USA ringen seit Tagen damit, aufgeheizte Proteste rund um den Gaza-Krieg unter Kontrolle zu bringen. Am Montag wurden an der New York University (NYU) sowie an der Yale University nach Angaben der beiden Hochschulen Dutzende Demonstranten festgenommen, die sich geweigert hatten, nicht genehmigte Proteste zu beenden.

    Die Demonstrierenden fordern Solidarität mit den Palästinensern und verlangen von ihren Hochschulen, finanzielle Beziehungen mit Israel zu beenden. Im Rahmen der Proteste seien einschüchternde Sprechchöre und mehrere antisemitische Vorfälle gemeldet worden, berichteten US-Medien. Jüdische Studierende äußerten Sorge um ihre Sicherheit.

    Präsenzunterricht an der Columbia bis Semesterende ausgesetzt

    Begonnen hatte die Protestwelle an der Columbia University in New York City. Dort hatte die Polizei am vergangenen Donnerstag ein Zeltlager auf dem Campus geräumt und gut 100 Teilnehmer festgenommen. Doch die Proteste gingen weiter, weiteten sich auch auf andere Universitäten aus. Demonstranten errichteten den Berichten zufolge Zeltlager, störten Campus-Veranstaltungen.  

    An der Columbia University in New York blieben daraufhin die Unterrichtsräume geschlossen. Wegen der Proteste wurden bis Semesterende auf Online-Unterricht umgestellt. Am Mittwoch verlängerte die Universitätsleitung ihr Ultimatum zur Räumung des Camps um weitere 48 Stunden. Es habe Fortschritte in den Verhandlungen mit den Studierenden gegeben, hieß es in einer Mitteilung.

    US-Präsident Joe Biden hatte am Montag Stellung zu den Ereignissen an den Unis genommen. “Ich verurteile die antisemitischen Proteste”, sagte er und fügte hinzu: “Ich verurteile auch diejenigen, die nicht verstehen, was mit den Palästinensern los ist.” dpa

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    Bafög-Reform: Länder kritisieren Gesetzentwurf

    Aus den Ländern gibt es Kritik an der geplanten Bafög-Reform der Bundesregierung. Das geht aus den Ausschussempfehlungen des Bundesrats hervor, der sich an diesem Freitag mit dem Gesetzentwurf befasst. Darin fordern die Länder unter anderem, die Bedarfssätze um zwölf Prozent und damit auf Bürgergeld-Niveau anzuheben. Der derzeitige Bafög-Bedarf für Studierende liege mit 452 Euro deutlich unter dem Grundbedarf beim Bürgergeld. “Eine derartige Ungleichberechtigung ist nicht zu rechtfertigen”, heißt es in den Empfehlungen des federführenden Ausschusses für Kulturfragen und des Ausschusses für Arbeit, Integration und Sozialpolitik.

    Außerdem sprechen sich die Länder dafür aus, die im Bafög enthaltene Wohnpauschale von derzeit 360 Euro im weiteren Gesetzgebungsverfahren an das örtliche Mietniveau entsprechend der bereits vorhandenen Mietstufen im Wohngeldgesetz vorzunehmen. Zudem befürchten sie, dass der Aufwand für die Verwaltungen durch die Reform steigen könnte. “Insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels kann ein Mehraufwand, dem weder akut noch perspektivisch Arbeitskapazitäten gegenüberstehen, zu weiteren Verzögerungen in der Bearbeitung von Bafög-Anträgen führen“, schreiben die Länder.

    Sie kritisieren, dass die Rechnung des BMBF zum erwarteten Verwaltungsaufwand nicht schlüssig sei. So werde mit einer Zeitersparnis von vier Stunden pro Antrag kalkuliert, weil die Einkommen der Geschwister nicht mehr angerechnet werden. Dies sei jedoch “unter keinem Gesichtspunkt nachvollziehbar”. Realistisch seien “maximal drei Stunden, im Durchschnitt eher eineinhalb bis zwei Stunden”.

    Länder wollen zwei zusätzliche Fördersemester

    Auch die geplante Einführung eines Flexibilitätssemesters, mit dem die Förderhöchstdauer um ein Semester über die Regelstudienzeit hinaus verlängert werden kann, sorge laut den Ländern für “unnötigen Verwaltungsaufwand“. Sie sprechen sich daher dafür aus, die Förderhöchstdauer grundsätzlich um zwei Semester zu verlängern.

    Die Empfehlungen der Ausschüsse sind für den Bundesrat nicht bindend. Ob und welche Empfehlungen in die offizielle Stellungnahme einfließen, entscheidet sich erst in der Sitzung am Freitag. Da es sich außerdem um ein nicht zustimmungspflichtiges Gesetz handelt, kann die Länderkammer das Vorhaben ohnehin nicht blockieren, sondern nur Stellung dazu nehmen. Maximilian Stascheit

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    Wissenschaftskommunikation: Ideen zur Überwindung der Stagnation

    Mit einem gemeinsamen Antrag möchten die Ampel-Koalitionäre die Wissenschaftskommunikation stärken. Kernforderungen des Antrags sind die strukturelle Verankerung von Wissenschaftskommunikation, die Förderung von Citizen Science und auch des Wissenschaftsjournalismus. Nach der erstmaligen Beratung im Bundestag im März fand am gestrigen Mittwoch eine Expertenanhörung im Forschungsausschuss statt.  

    Grundlegendes Ziel der Fraktionen sei es, das Vertrauen in Wissenschaft hochzuhalten, sagte der Ausschussvorsitzende Kai Gehring in seiner Begrüßung. Wissenschaft sei Grundlage für politische Entscheidungen, aber auch Faktenbasis für die Gesellschaft. Sie müsse breit in die Bevölkerung getragen werden. 

    Bessere finanzielle Ausstattung gefordert 

    Tanja Brühl, Präsidentin der TU Darmstadt, und Fernsehmoderator Harald Lesch forderten eine bessere und strukturelle finanzielle Ausstattung der Wissenschaftskommunikation. Dieser Punkt war auch dem Wissenschafts-Youtuber Jacob Beautemps wichtig. Er beobachte derzeit eine gewisse Stagnation in der Wissenschaftskommunikation, nachdem es zuvor einen deutlichen Aufwärtstrend gegeben habe. 

    Lesch verwies auf den Umfang der Investitionen in Wissenschaft und Forschung und den relativ geringen Anteil an Ressourcen für die Wissenschaftskommunikation. Er frage sich, warum man erst jetzt beginne, darüber nachzudenken, wie man die Kommunikation stärken könne. In den Hochschulen finde Wissenschaftskommunikation bisher lediglich punktuell statt, da diese kaum honoriert werde, sagte Brühl.

    Zuhören und miteinander reden, statt zu senden 

    Johannes Vogel, Direktor des Naturkundemuseums Berlin, bedauerte, dass die Wissenschaft die Zeichen der Zeit nicht erkannt habe. Das jüngste Wissenschaftsbarometer zeige, dass das Vertrauen in die Wissenschaft gesunken sei. Dieses sei aber zentral für eine wissensbasierte Gesellschaft. Er forderte daher die Wissenschaft auf, einen Tag in der Woche für die Kommunikation zu reservieren. Dabei sei es wichtig, aktiv in die Communities zu gehen, zuzuhören und den wissenschaftlichen Prozess in den Mittelpunkt eines Dialogs zu stellen. 

    Längerfristige Unterstützung für den Wissenschaftsjournalismus 

    Nicola Kuhrt berichtete hier für die Wissenschaftspressekonferenz (WPK) von den derzeit schwierigen Bedingungen im Feld. Gleichzeitig habe man gerade während der Corona-Pandemie gesehen, wie wichtig eine journalistische Einordnung sei. Auch aktuell gebe es viele Themen mit Erklärungs- und Einordnungsbedarf. Damit Wissenschaftsjournalisten auch in Zukunft qualitativ hochwertig berichten können, schlägt die WPK eine Verbrauchsstiftung zur Förderung des Wissenschaftsjournalismus vor. 

    Abwesend: Die Forschung zu Wissenschaftskommunikation 

    Auffällig war, dass niemand aus der Wissenschaftskommunikationsforschung eingeladen war. Die Fachgruppe Wissenschaftskommunikation der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft bemängelt auf Anfrage von Table.Briefings, dass “das Forschungsfeld Wissenschaftskommunikation im Antrag und in den vorab veröffentlichten Stellungnahmen der Gutachter nicht ausreichend berücksichtigt wurde”. Forschung könne die notwendige Evidenz für die geforderte Professionalisierung der Wissenschaftskommunikation liefern. Für eine evidenzbasierte Wissenschaftskommunikation sei eine “systematische und nachhaltige Förderung der interdisziplinären Forschung zur Wissenschaftskommunikation” notwendig. Die derzeitige Förderung sei wichtig, aber zeitlich begrenzt, sagen Niels Mede und Friederike Hendricks, die für die Fachgruppe sprechen. mw

    Transparenzhinweis: Markus Weisskopf war bis 2022 Geschäftsführer von Wissenschaft im Dialog, Research-Redaktionsleiterin Nicola Kuhrt ist aktuell Vorsitzende der Wissenschaftspressekonferenz (WPK).

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    Presseschau

    The Economist. Large language models are getting bigger and better – can they keep improving forever. Der rasante Fortschritt im Bereich großer Sprachmodelle (LLMs) verlangsamt sich. Zwar veröffentlichen Firmen wie OpenAI und Google regelmäßig neue und verbesserte Versionen, doch fundamentalere Durchbrüche scheinen nötig, um die Fähigkeiten von ChatGPT zu übertreffen. Neue Architekturen und Algorithmen, die sich am menschlichen Gehirn orientieren, könnten der Schlüssel zum nächsten Quantensprung in der KI-Entwicklung sein. Mehr

    Süddeutsche Zeitung. Wie China in Deutschland Spione anwirbt. China fokussiert sich bei der Spionage auf strategische Industrien wie künstliche Intelligenz, Quantentechnologie und Biotechnologie, die sowohl zivile als auch militärische Anwendungen haben. Dabei operieren die chinesischen Geheimdienste anders als die russischen: Sie werben ihre Quellen häufig in China an und nutzen Messenger-Dienste wie Wechat zur Kommunikation. Die westlichen Geheimdienste müssen ihre Zusammenarbeit intensivieren und effektivere Methoden zur Gegenspionage entwickeln. Mehr

    taz. Von Laien zu Profis. Citizen Science professionalisiert und institutionalisiert sich zunehmend. Es gibt Bestrebungen, Citizen Science stärker in Universitäten und Bildungseinrichtungen zu integrieren sowie Qualitätsstandards und Infrastrukturen für Citizen-Science-Projekte zu schaffen. Gleichzeitig wird diskutiert, wie die Beteiligung von Bürgern an der Forschung gefördert und Citizen Scientists angemessen eingebunden werden können. Die Ampelfraktionen wollen Citizen Science per Antrag als gleichberechtigten Teil des Wissenschaftssystems anerkennen. Mehr

    Heads

    Günther Hasinger – Forschungsmanager mit Milliardenbudget für Astrophysik in der Lausitz

    Porträtfoto von Günther Hasinger
    Günther Gustav Hasinger ist seit April 2023 Gründungsdirektor des Deutschen Zentrums für Astrophysik.

    Um ein Haar wäre er Rockmusiker geworden. Nach ersten Erfolgen mit der bayerischen Band “Saffran” und einem Foto auf dem “Bravo”-Titel entschied er sich dann doch “für was Gscheit´s”  und begann ein Physikstudium an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Das war 1975. Fast ein halbes Jahrhundert später und im besten Rentenalter legt Günther Hasinger erneut eine rasante Kehrtwende hin: Er verlässt seinen Posten als Wissenschaftsdirektor der Europäischen Raumfahrtagentur in Madrid und zieht an die polnische Grenze, nach Görlitz.

    In der 57.000-Einwohner-Stadt und ihrer Umgebung entsteht das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA), ein weltweit einzigartiges Großforschungsprojekt mit einem Etat von 1,2 Milliarden Euro. “Eine Riesenchance, so etwas gibt es nur einmal im Leben”, sagt Hasinger, der den DZA-Aufbau als Gründungsdirektor leitet.  

    Schwerpunkte des DZA: Grundlagenforschung, Digitalisierung und Transfer

    Auf dem erfahrenen Wissenschaftsmanager – am Sonntag, 28. April, feiert er seinen 70. Geburtstag – ruhen hohe Erwartungen. Bis Mitte des nächsten Jahrzehnts sollen zentrale Forschungsbauten fertig und ein Masterstudiengang Astrophysik an der TU Dresden mit fünf Professuren etabliert sein. Die Verwaltung des neuen Zentrums soll funktionieren und ein Großteil der tausend neuen Arbeitsplätze sollen besetzt sein. “Es ist wie beim Urknall”, sagt Hasinger, “vorher war nichts da, jetzt entsteht alles Schritt für Schritt.”

    Mitten in Görlitz, im ehemaligen Postamt, arbeiten bereits mehr als zwanzig Pioniere für das DZA; in diesem Jahr kommen, so der Plan, noch einmal so viele dazu. Gemeinsam sollen sie die Strukturen für ein Zentrum mit drei Schwerpunkten schaffen. “Zum einen werden wir astrophysikalische Grundlagenforschung betreiben, um die Entwicklung des Universums besser zu verstehen, und dazu auch die Forschungsdaten von weltweit verteilten Observatorien auswerten”, sagt Hasinger. Durch die riesigen Radioobservatorien des Square Kilometer Arrays in Südafrika und Australien werde der größte zivile Datensatz der Welt entstehen – weit größer als das heutige Internet.

    Der Lausitzer Granit ist perfekt für Gravitationswellen-Detektoren

    Im zweiten Schwerpunkt entwickle das DZA daher Lösungen für eine ressourcenschonende Digitalisierung. Und drittens sei ein Technologiezentrum zur Entwicklung neuer Instrumente für die Astrophysik geplant. Über Ausgründungen und andere Transfereffekte soll das Zentrum der Region 2.000 weitere Arbeitsplätze bringen. Finanziert wird das Großvorhaben DZA zu 90 Prozent aus dem Strukturwandel-Fonds der Bundesregierung für Braunkohlegebiete, zehn Prozent kommen vom Land Sachsen.

    Ein Kernstück der Anlage ist das Low Seismic Lab im Granitstock der sächsischen Lausitz. Dafür wird demnächst im Kreis Bautzen ein 200 Meter tiefer Schacht von der Größe einer U-Bahn-Station ausgehoben. In ein paar Jahren sollen dort Gravitationswellen-Detektoren entwickelt werden, die nach Signalen aus der Urzeit des Universums fahnden.

    Der Lausitzer Granit sei perfekt für solche Messungen, weil hier eine besondere seismische Ruhe fast ohne Störfaktoren herrsche, sagt Hasinger. Das unterirdische Labor eigne sich auch für die Entwicklung von Quantencomputern und anderen Hightech-Anwendungen. “Und wenn wir Glück mit unserer Bewerbung haben, können wir uns auch am Einstein-Teleskop beteiligen.” Das milliardenschwere europäische Projekt soll Gravitationswellen längst vergangener kosmischer Ereignisse aufspüren.

    Governance-Struktur zwischen MPG und Helmholtz

    Die Lausitz greift nach den Sternen – und das begeistert viele in der strukturschwachen Region. Ministerpräsident Michael Kretschmer sei oft zu Gast und auch der Görlitzer Oberbürgermeister unterstütze das Projekt nach Kräften, sagt der DZA-Chef. Der anfängliche Widerstand, angeführt durch eine kleine Bürgerinitiative, habe sich gelegt. Befürchtet wurde eine Grundwasserabsenkung durch die Bauarbeiten und die Errichtung eines Endlagers für radioaktive Abfälle. Hasinger: “Wir haben dann ein Grillfest für die Bevölkerung veranstaltet und konnten die Bedenken im Gespräch ausräumen.”

    Irgendwann an diesem Grillnachmittag griff Hasinger zu seiner Gitarre und begleitete sich zu einer musikalischen Reise durch sein Leben. Die führte ihn von Oberammergau über München, Potsdam, Hawaii und Spanien schließlich nach Görlitz. “Wir machen das Grillfest jetzt jedes Jahr und vielleicht werde ich im Sommer ein Lied auf Sorbisch singen.”

    Jetzt wolle er das DZA erst einmal zum Laufen bringen und dabei eine neue Governance-Struktur entwickeln – “etwas zwischen MPG und Helmholtz”, sagt Hasinger. An Ruhestand sei vielleicht in fünf Jahren zu denken, dann wolle er ein weiteres Sachbuch über das Schicksal des Universums schreiben und Kontrabass lernen. Lilo Berg

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    Personalien

    Marion Halfmann wird Präsidentin der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Die Wirtschaftswissenschaftlerin folgt auf Hartmut Ihne, der Ende Oktober dieses Jahres in den Ruhestand gehen wird. Die 55-jährige Professorin wechselt von der Hochschule Niederrhein und tritt ihr Amt zum 1. November 2024 an.

    Gerd Hasenfuß, Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie und Vorsitzender des Herzzentrums der Universitätsmedizin Göttingen, wurde mit der Leopold-Lichtwitz-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin ausgezeichnet. Die Fachgesellschaft würdigt damit seine großen Verdienste um die Innere Medizin.

    Christoph M. Schmidt, Präsident des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und Professor an der Ruhr-Universität Bochum, wurde vom Bundeskabinett in die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) berufen. Er wird ab Mai den Platz von Till Requate einnehmen, der mit Ablauf seiner Berufungsperiode auf eigenen Wunsch aus der Kommission ausscheiden wird. Die EFI besteht aus sechs Mitgliedern. Sie werden für vier Jahre berufen.

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    Mehr von Table.Media

    Bildung.Table. Digitalpakt II: BMBF hat den Ländern seine Pläne noch nicht vorgelegt. Mit einem viel beachteten Brief ans BMBF – inklusive Fristsetzung – hat die KMK den Druck auf das Ministerium erhöht, sich zur Zukunft des Digitalpakts zu positionieren. Noch ist das BMBF zurückhaltend. Aber die kommenden Tage werden Klarheit bringen. Mehr

    Berlin.Table. Klagen gegen Klimaschutzgesetz: Warum der Ampel die nächste Schlappe droht. Am Freitag soll der neue Entwurf des Klimaschutzgesetzes final vom Bundestag beschlossen werden. Thomas Heilmann (CDU) sieht im Verfahren Verfassungsverstöße. Auch inhaltlich hält er das Gesetz möglicherweise für verfassungswidrig. Mehr

    China.Table. China sichert sich hochmoderne KI-Chips durch die Hintertür. Trotz Exportverbot sollen Hochleistungsprozessoren aus den USA in die Volksrepublik gelangt sein. Zu diesem Zweck haben mehrere chinesische Handelsfirmen Server gekauft, die mit KI-Chips ausgestattet waren. Mehr

    Europe.Table. Rasante KI-Entwicklungen machen neue Art der Regulierung notwendig – was die Politiker fordern. Die neue Kommission wird in der Digitalpolitik neue Aufgaben angehen müssen. Parlamentarier fordern einen Fokus auf die Umsetzung und die Verbesserung bestehender Gesetze. Auch flexibler soll die Gesetzgebung werden. Mehr

    Rigorosum

    Warum die missionsbasierte Forschung in Deutschland immer wieder den Märtyrertod stirbt

    In Deutschland wird peinlich genau mit Nomenklatur in Schubladen eingeordnet: Hier die Grundlagenforschung, da die angewandte Forschung, dort der Transfer – und schließlich der Exot, die Bundesagentur für Sprunginnovationen (Sprind), die im Forschungssystem mit magerstem Budget eine sogenannte Lücke an ‘disruptiver Innovation’ füllen soll.

    Und dann kommt so ein Koalitionsvertrag daher mit sechs Missionen zur Forschungs- und Innovationspolitik. In der herrschenden Logik nirgends einordbar, da querschnittlich und damit auch nicht traditionell organisier- und steuerbar. Aber es geht um dringende und drängende Herausforderungen für die Zukunft von Wirtschaft, Gesellschaft und Planet.

    Da hat im Übrigen schon das Evangelium nach Matthäus mit einer der am häufigsten zitierten Missionen gezeigt, welche Kraft in Missionen steckt, wenn gut umgesetzt: …geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe” (Mt 28,18-20). Eine äußerst präzise gehaltene Mission, nur ohne Zeitangabe für die Erreichung. Aber sie trug zumindest 2.000 Jahre.

    Missionsbasierte Strategien sind ein alter Hut!

    Missionen sind auch nichts Neues in der Moderne: in vielen OECD-Staaten Usus und auch schon in der Hightech-Strategie 2025 der Vorgängerregierung unter Forschungsministerin Anja Karliczek enthalten. Nur blieben schon die damaligen zwölf Missionen der Hightech-Strategie Papiertiger, so wie es die sechs Missionen der Ampel-Regierung bleiben werden. Symptomatisch ist, dass der vom damaligen BMBF beauftragte, allerdings erst jüngst erschienene Abschlussbericht des Fraunhofer ISI, mehr Allgemeinheiten zu Missionen als praktische Evaluierung realiter enthält

    Das Forschungsministerium hat es auch bis heute nicht geschafft, seine eigenen Missionen aus der Zukunftsstrategie im Pakt für Forschung & Innovation (PFI) in Vorgaben für die steuerfinanzierten “Fetten Katzen” à la Fraunhofer oder in einer der Pilot-Förderlinien der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (Dati) zu verankern, was am naheliegendsten gewesen wäre.

    Struktur- und Steuerungsdebatten ohne Resultat und Impact

    Und deshalb debattieren Beratergremien, von Bertelsmann Stiftung bis Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), seit eineinhalb Jahren, wie man mit diesen sechs – zwischen zuständigen Ministerien und Bundeskanzleramt schräg im Stall stehenden – Missionen umgeht, damit sie steuerbar werden. Wette gilt, außer papiernen Lösungen wird es in dieser Legislatur nichts mehr geben:

    • Weil es keine akzeptierte politische Leadership gibt.
    • Weil nicht interdisziplinär, sondern in ministeriellen Silos und parteipolitisch gehandelt wird. Berater denken eben sachlogisch, die Welt der Politik dagegen macht-logisch.
    • Weil Kompetenz in intra- und interministeriellem Projektmanagement fehlt.

    Übrigens werden auch die Missionen der EU-Kommission ein Papiertiger bleiben. Abgesehen davon, dass in beiden missionsbasierten Strategien trotz russischem Überfall auf die Ukraine die Mission Verteidigungsfähigkeit keine Rolle spielt, benennt die EU-Kommission auf ihrer Homepage zumindest quantifizierbare Zwischenresultate wie beispielsweise Mission 2 oder Mission 4. Wenn wir erfolgreiche Missionen der jüngeren Vergangenheit betrachten, dann mit Blick in die USA, wo Pioniergeist seit den Pioniertagen lebt.

    Der berühmte JFK-Moment  

    Nach dem Sputnik-Schock, als die Sowjetunion die USA beim Wettrennen in den Weltraum plötzlich überholt hatte, konnte man einen Missions-Moment beobachten. Mit aufgekrempelten Ärmeln hat US-Präsident John F. Kennedy 1962 gerufen: “We choose to go to the moon in this decade”. Bis zu Neil Armstrongs erstem Fußabdruck auf dem Mond vergingen knapp sieben Jahre. Profis nennen so etwas “mission driven”. Egal ob durch Gegner, durch Not oder durch Vision getrieben, das Mission Driven-Muster ist immer wieder gleich: Auftrag, Erledigungszeitraum/-zeitpunkt, Koordinationszwang und Umsetzung.

    Übersetzt in deutsche Missionspolitik würde JFK beispielsweise bei der Mission Mobilität und Verkehr aus Koalitionsvertrag und Zukunftsstrategie ausrufen: “We choose to hyperloop from Frankfurt/Oder via Berlin to Magdeburg”. Eine 250 Kilometer lange Strecke der Anbindung strukturschwächerer deutscher Regionen mit der dahinterliegenden Vision, später die Metropolen Berlin und Paris in einer knappen Stunde anzubinden: Energieneutraler Transport von Personen und Gütern, 1.200 Kilometer pro Stunde schnell in einer Vakuumröhre, Kapselfolge und Fahrplandichte: quasi unbegrenzt. Utopie?

    In den USA: Mission “Hyperloop”

    Das “Hyperloop”-Transportsystem des Virgin-Gründers und Milliardärs Richard Branson hat nach über 400 unbemannten Tests die weltweit erste Passagier-Testfahrt in der Wüste von Nevada bestanden. Das ambitionierte Ziel: Ausbau und Kommerzialisierung der in Luftlinie rund 350 Kilometer langen Strecke zwischen New York und Washington D.C. Sie würde damit nur etwa 30 Minuten dauern: doppelt so schnell wie ein kommerzieller Jet-Flug (ohne An- beziehungsweise Abreise zum und vom Flughafen) und viermal schneller als ein Hochgeschwindigkeitszug. Elon Musk hatte die Idee, Richard Branson will sie zu Geld machen.

    In der Schweiz: Mission “Güterverkehr unterirdisch”

    In der Schweiz wird ab 2031 das digitale Gesamtlogistiksystem Cargo sous terrain (CST) die großen Zentren der Schweiz unterirdisch verbinden. CST entlastet oberirdisch Schienen und Straßen, reduziert die Umweltbelastung, sorgt für die pünktliche Lieferung von Waren für alle und … hält die wunderschöne Schweizer Natur intakt.

    Wegweisende Entwicklungen werden meist ideell und finanziell initiiert von mutigen, hartnäckigen Persönlichkeiten voller Zukunftsaspiration. Von Politikern wie JFK oder – so scheint es – Macron, der Frankreich zur Startup-Republik machen will. Und Unternehmern wie Richard Branson oder Dieter Schwarz, Lidl-Gründer, der Deutschland nicht nur bei KI auf die Beine helfen will, sondern auch bei der German Cloud. Da könnte das Forschungsministerium doch zumindest die Mission ausrufen, bis 2030 mindestens zehn deutsche Universitäten unter den Top 100 der weltweiten Spitzen-Universitäten zählen zu können.

    Leadership ist das Nadelöhr, nicht Budgets!

    Doch wer solche Missionen realisieren will, muss sowohl Schmähungen in der Öffentlichkeit ertragen, als auch über Legislaturperioden und kurzfristige, populistische Wahlkampfversprechen hinweg hinausdenken können. Und er muss bereit sein, zu scheitern oder Wahlen zu verlieren.

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