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Berlin.Table
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Das Late-Night-Briefing aus der Hauptstadt
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#532
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25. März 2025
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Talk of the Town
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Die AfD-Fraktion ist doppelt so groß wie vorher
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Konstituierende Sitzung: Die AfD macht sich breit – und die neue Präsidentin kündigt einen strengen Blick an
von
Stefan Braun und Franziska Klemenz
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Die konstituierende Sitzung hatte gerade erst begonnen und schon zeigte die AfD, dass nicht nur ihre Fraktion doppelt so groß geworden ist, sondern auch ihr Wille, in dieser Legislatur jede Gelegenheit für Attacken gegen alle anderen zu nutzen. Eigentlich sollte ihr PGF Bernd Baumann zur Geschäftsordnung reden, tatsächlich nutzte er diesen allerersten Auftritt eines Redners in der neuen Legislaturperiode, um gegen das “Parteienkartell” zu wettern und die CDU frontal anzugreifen mit der falschen Behauptung, sie wolle “Massenmigration, 72 Geschlechter und die rot-grüne Regenbogenflagge ganz oben auf dem Reichstag”.
Es kam nicht überraschend und zeigte doch die ganze Aggression, mit der die neue, statt 77 nun 152 Mitglieder starke Fraktion zu agieren vorhat. Ungleich lauter hallte der Applaus durch den Saal, als Baumann die Union als “erbärmlich” und “perfide” beschimpfte. Prompt zu weit ging wenig später Stephan Brandner, Mitglied im Bundesvorstand. Er behauptete, die CDU habe “vor den politischen Schrumpfgermanen von Rot-Grün” kapituliert. Brüllendes Lachen bei einigen. Mit Brandners Stil können allerdings selbst manche AfD-Kollegen wenig anfangen. Gegenüber Table.Briefings bezeichnete ein einflussreicher Funktionär Brandner als “geschmacklos” und “plump”. Nicht alle applaudierten ihm. Schon jetzt zeichnet sich Gerangel darüber ab, wer welche Ausschüsse besetzen, wer wofür sprechen darf. Und doch – schon an Tag eins hat die AfD ihren Ton gesetzt.
Das dürfte der Grund dafür sein, warum Julia Klöckner als frisch gewählte Bundestagspräsidentin ihr Amt mit einer eindringlichen Mahnung antrat. Sie werde als Präsidentin nicht nur über die Redezeit wachen. “Ich werde hinhören, zum Rednerpult und in den Saal hinein”, so Klöckner. Und dabei gebe es für sie einen klaren Gradmesser: den Anstand. Einen kontroversen Diskurs müsse man führen, aushalten, ertragen können. Aber: “Ich werde darauf achten, dass wir ein zivilisiertes Miteinander pflegen – und wenn wir dies nicht tun, dann erlernen.” Es komme beim Streiten auf den Stil und den Respekt an. “Die Art, wie wir hier miteinander umgehen und Argumente austauschen, hat – da bin ich mir ganz sicher – großen Einfluss auf gesellschaftliche Debatten.” So heftig die AfD auftrat, so deutlich formulierte Klöckner ihren Anspruch an sich selbst, dem angemessen zu begegnen.
Zugleich hob sie die Rolle einer anständig agierenden Opposition als Beleg für eine funktionierende Demokratie hervor. Und um das möglich zu machen, sei es wichtig, die Argumente des anderen nicht als Unsinn vorschnell zu disqualifizieren, sondern ihm gerade auch dann, wenn er andere Positionen vertrete, ernsthaft zuzuhören. Deutschlands freiheitliche Demokratie sei keine Selbstverständlichkeit; mehr als 70 Prozent der Weltbevölkerung lebten in Staaten mit autokratischen und teil-autokratischen Staatsformen. “Gerade deshalb müssen wir unsere Staatsform mit ganzer Kraft verteidigen – gegen alle, die sie in ihren Grundfesten erschüttern wollen, ganz gleich aus welcher Richtung diese Angriffe kommen.” | |
Gestärkte AfD: Welches Störpotenzial die Fraktion hat. Mit Geschäftsordnungsanträgen und -debatten kann die AfD-Fraktion den Ablauf von Bundestags-, Ausschuss- und Ältestenratssitzungen beeinflussen und bremsen – auch wenn die Anträge mangels Mehrheit folgenlos bleiben. Vor allem kann die AfD aber in den zugehörigen Redebeiträgen immer wieder ihre Darstellung zu Protokoll geben, sie werde benachteiligt und demokratischer Rechte beraubt. Vom wichtigen 25-Prozent-Quorum, das der Minderheit besondere Rechte verleiht, ist die Fraktion aber sechs Sitze entfernt. Mit 158 Stimmen ließen sich Untersuchungsausschüsse und Enquête-Kommissionen einsetzen und bestimmte Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht erzwingen. Ein Viertel der Abgeordneten kann außerdem ein konstruktives Misstrauensvotum beantragen. Das alles kann die AfD im 21. Deutschen Bundestag allein jedoch nicht. Sven Siebert
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Vizepräsidenten des Parlaments: SPD-Kandidatin erhält die meisten Stimmen. Josephine Ortleb wurde im ersten Wahlgang mit 434 Stimmen zur Stellvertreterin von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) gewählt. Omid Nouripour (Grüne) erhielt 432 Ja-Stimmen, Andrea Lindholz (CSU) 425 und Bodo Ramelow (Linke) 318. AfD-Kandidat Gerold Otten kam im ersten, zweiten und dritten Wahlgang auf 185, 190 beziehungsweise 184 Ja-Stimmen. Er erreichte damit zwar stets 32 bis 38 Stimmen mehr als seine Fraktion Sitze hat, verfehlte aber dennoch den Einzug ins Bundestagspräsidium klar. Damir Fras
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Alterspräsidentenrede: Wieso Gysi nicht alle überzeugte. Nachdem Gregor Gysi die Latte für seine Rede selbst hoch gehängt hatte, musste er sie im Anschluss gegen Kritik verteidigen. Mit knapp 38 Minuten überzog er zwar nicht, wie er angedeutet hatte, behandelte aber trotzdem ein kleinteiliges Potpourri von Themen wie dem Nahostkonflikt oder der Wiedervereinigung bis hin zu spezifischeren Themen wie der unterschiedlichen Besteuerung von Weihnachtsbäumen. Der CSU-Abgeordnete Sepp Müller las derweil demonstrativ das SED-Buch “Die Täter sind unter uns”. Zur Themenvielfalt seiner Rede sagte Gysi dem Stern: “Ich bin ja auch nur einmal Alterspräsident.” Leonard Schulz
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News
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Arbeit und Soziales: Bürgergeld bleibt strittig, SPD wollte Peer Steinbrück nicht. In der Koalitionsarbeitsgruppe bleiben auch nach zehntägigen Verhandlungen die großen Konfliktthemen Rente und Bürgergeld strittig. Außerdem kam es zu einem kleinen Scharmützel zwischen Union und SPD. Der CDU-Chefverhandler Carsten Linnemann, der als möglicher Wirtschafts- oder Arbeitsminister gilt, wollte den früheren Finanzminister Peer Steinbrück als Gast einladen, um über notwendige Reformen am Arbeitsmarkt zu sprechen. Doch die SPD lehnte den Auftritt ihres Ex-Kanzlerkandidaten ab, wie Teilnehmer der Gruppe berichten. Steinbrück ist Mitglied der überparteilichen Initiative für einen handlungsfähigen Staat, die auch Vorschläge für eine umfassende Strukturreform des Sozialstaats gemacht hat.
Bei den Themen Bürgergeld und Rente bleiben die Fronten verhärtet. Im Abschlusspapier der Arbeitsgruppe bleiben einige Themen strittig. Das Bürgergeld soll einen neuen Namen (“Neue Grundsicherung”) bekommen, aber auf eine Pauschalierung der Leistungen, Veränderungen bei der Karenzzeit oder ein neues Sanktionsregime konnten sich Union und SPD nicht einigen. Immerhin: Eine neue Kommission soll eine grundlegende Reform des Sozialstaats vorantreiben. Auch beim Reha-Geld und beim Vorbeschäftigungsverbot gab es Konsens. Beim Mindestlohn und beim Rentenniveau bleiben die Verhandler Konkretisierungen schuldig. Die “Chefrunde” muss also noch einiges lösen. Michael Bröcker
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Deutschland verdient eine bessere Behandlung. Jedes Jahr sind knapp 18 Millionen Menschen von einer psychischen Erkrankung betroffen. Psychische Erkrankungen sind die zweithäufigste Ursache für Krankmeldungen. Psychiaterinnen und Psychiater helfen mit ihrem ärztlichen Blick auf den ganzen Menschen.
(mehr auf die-psychiater.net)
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Außen und Sicherheit: Großer Graben bei Wehrpflicht und BMZ. Obwohl der Blick auf die Gefahren der Welt ähnlich ist und der persönliche Umgang freundlich gewesen sein soll, haben sich die AG-Mitglieder von Union und SPD bei zwei Fragen in ihrem Papier sehr verkeilt. Während die Sozialdemokraten trotz wachsender Bedrohungslage weiter auf ein freiwilliges Dienstjahr setzten, traten die Vertreter von CDU und CSU für eine Wiederaktivierung der Wehrpflicht ein. Die Union argumentierte in der AG, eine Rückkehr zur Wehrpflicht sei nicht nur gemessen am Personalbedarf dringend geboten. Sie sei auch nötig, weil sonst der Eindruck entstehe, man gebe mal eben Hunderte Milliarden für Rüstung aus – und alles andere könne man vernachlässigen. Jetzt muss die Steuerungsgruppe final entscheiden.
Das Gleiche gilt für die Zukunft des BMZ. Die SPD-Vertreter haben in der AG deutlich gemacht, dass sie jede Änderung im Selbstverständnis des Entwicklungsministeriums ablehnen. Die Unionsvertreter dagegen verweisen auf die Politik anderer Staaten wie der USA, Chinas oder auch Frankreichs, die Entwicklungshilfe längst direkt mit wirtschaftlichen oder sicherheitspolitischen Interessen verbinden würden. Die Union argumentiert, dass es deshalb sinnvoll sei, das BMZ mit dem AA zu fusionieren. Die SPD-Entwicklungspolitiker lehnen das bislang ebenso strikt ab wie die Forderung der Unionsseite, die Oda-Quote angesichts des Zwangs zur Haushaltskonsolidierung “moderat” abzusenken. Auch hier muss die Steuerungsgruppe entscheiden. Mehr über die Diskussion ums BMZ lesen Sie im Africa.Table.
In der Planung ist ein Bundeswehrinfrastrukturbeschleunigungsgesetz. Damit sollen für militärische Bauvorhaben die Genehmigungen und die sogenannten Bedarfsdefinitionen vereinfacht werden. Das Gleiche soll für das Genehmigungs-, Haushalts- und Vergaberecht sowie die Beschaffung, den Schutz und die Widmung militärischer Flächen gelten. Im Rahmen des Sondervermögens Infrastruktur wollen Union und SPD überdies ein Programm zur Kofinanzierung verteidigungsrelevanter Infrastruktur-Vorhaben Dritter schaffen, “insbesondere in den Bereichen Logistik, Mobilität und Verkehrswege zur Stärkung der Drehscheibe Deutschland, Energie, Daseinsvorsorge und kritischer Infrastruktur”. Im China.Table lesen Sie, worauf sich Schwarz-Rot zum künftigen Verhältnis zur Volksrepublik geeinigt hat. Zur internationalen Forschungspolitik mehr im Research.Table. Stefan Braun
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“Ärztebarometer” bestätigt die hohe Bedeutung von Privatpatienten für die Arztpraxen. Für 70 Prozent der Ärzte in Deutschland sind die Honorare von Privatpatienten wichtig für den Betrieb ihrer Praxis. Diese Erkenntnis aus dem aktuellen “Ärztebarometer” unterstreicht die wichtige Rolle der PKV beim Erhalt einer möglichst flächendeckenden ambulanten Versorgung. (mehr auf pkv.de)
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Energie und Klima: AG sieht keine Einigung beim “Heizungsgesetz”. Dass die Koalitionsarbeitsgruppe für Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen in ihrem Abschlusspapier ankündigt, das “Heizungsgesetz” abzuschaffen, hat in der Arbeitsgruppe Klima und Energie für Verärgerung gesorgt. Denn für das Thema sei nicht allein die Bau-AG, sondern federführend die Energie-AG zuständig, hieß es aus Verhandlungskreisen. Und dort gibt es keine Einigung: Im Papier, das die AG an die Chefrunde weitergeleitet hat und das Table.Briefings vorliegt, finden sich zum Thema zwei unterschiedliche Textvorschläge. Die Union hat die Formulierung der Bau-AG übernommen, man werde “das Heizungsgesetz abschaffen”- dem Vernehmen nach auf Druck der Parteiführung, die dies gern auch in den finalen Koalitionsvertrag übernehmen möchte. Im alternativen Textvorschlag der SPD heißt es dagegen, man wolle “das Gebäudeenergiegesetz (GEG) novellieren” und die geltenden Regelungen dabei “technologieoffener, flexibler und einfacher machen”.
Was genau die Union meint, ist unklar. Denn ein “Heizungsgesetz” gibt es gar nicht; gemeint ist damit meist die jüngste Novelle des GEG. Faktisch geht es also auch bei der Forderung der Union um eine erneute Novelle dieses Gesetzes; strittig ist primär, wie umfangreich diese ausfällt. Klar ist, dass Deutschland bei einer Aufweichung der Vorgaben für neue Heizungen in Konflikt mit den europäischen Klimaschutzvorgaben (Effort Sharing Regulation) geraten würde. Schon jetzt zeichnet sich im Gebäudesektor bis 2030 eine Verfehlung um 100 Millionen Tonnen CO₂ ab; diese Lücke könnte sich nach UBA-Berechnungen durch die Abschaffung der Vorgaben für neue Heizungen verdoppeln, was weitere Milliardenkosten zur Folge haben würde. Zudem macht auch die EU-Gebäuderichtlinie Vorgaben, an die sich Deutschland halten muss.
Auch bei weiteren Themen gab es keine Einigung. Die Union will festschreiben, dass zum Erreichen des deutschen Klimaziels auch Maßnahmen in Partnerländern angerechnet werden können, die SPD lehnt dies ab. Bei der Atomkraft hält die Union an ihrer Forderung fest, die Wiederinbetriebnahme der zuletzt stillgelegten AKWs zu prüfen, die SPD will das nicht. CCS, also die Abscheidung und Speicherung von CO₂, will die Union auch bei Gaskraftwerken ermöglichen, die SPD dagegen nur für “schwer vermeidbaren Emissionen”. Beim Ausbau der Windkraft fordert die Union, das verbindliche Flächenziel von zwei Prozent für die Bundesländer zu streichen, die SPD will daran festhalten. CDU und CSU wollen zudem “die Potenziale konventioneller Gasförderung im Inland nutzen”, die SPD lehnt diese Formulierung ab. Mehr Details lesen Sie in einem Alert des Climate.Table. Malte Kreutzfeldt
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Innen und Justiz: Keine Einigung bei Migration, Abtreibung, Cannabis. In der Innen- und Justizpolitik offenbart das Abschlusspapier der AG großen Dissens. Die Union fordert Asylverfahren in sicheren Drittstaaten, Bundesausreisezentren und strengere Bleiberechtsregelungen – etwa durch die Abschaffung des Chancenaufenthaltsrechts. Die SPD hält dagegen an einem humanitären Ansatz fest, will gut integrierten Geduldeten Perspektiven bieten und die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts fortführen. Übernommen wurde die bereits aus dem Sondierungspapier bekannte Formulierung, dass Grenzkontrollen in Abstimmung mit den europäischen Nachbarn durchgeführt werden sollen. Geeint ist außerdem, dass freiwillige Aufnahmeprogramme, etwa für Flüchtlinge aus Afghanistan, enden sollen und der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre befristet ausgesetzt wird.
Auch in anderen rechtspolitischen Fragen gibt es Dissens. Dazu gehören die Forderungen der Union, automatisierte Gesichtserkennung an Bahnhöfen, Flughäfen und Kriminalitäts-Hotspots einzuführen, die Bekämpfung von “Baden- und Clankriminalität” zu benennen, den Polizeibeauftragten des Bundestags abzuschaffen und die Cannabis-Legalisierung der Ampel-Koalition wieder rückgängig zu machen. Die SPD wiederum fordert, Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafrechts zu regeln und diese in der Frühphase der Schwangerschaft nach Beratung zu legalisieren. Auch die Streichung von “Schwarzfahren” aus dem Strafgesetzbuch, eine Reform des Abstammungsrechts sowie die Aufnahme von Kinderrechten und des Verbots von Diskriminierung gegen die sexuelle Orientierung gehören zu den nicht geeinten Forderungen der Sozialdemokraten. Maximilian Stascheit
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Forschung ist Deutschlands beste Medizin.
Denn Pharma als Schlüsselindustrie sorgt für Wachstum und krisenfeste Arbeitsplätze am Standort. Wie das künftig noch besser gelingen kann? Wenn Politik und Industrie in den gemeinsamen Dialog gehen! Die forschenden Pharma-Unternehmen stehen bereit. Mehr beim vfa erfahren.
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Bürokratie und Verwaltung: Union und SPD vereinbaren “echte Staatsreform”. Die Arbeitsgruppe Bürokratierückbau und Staatsmodernisierung will Deutschlands Verwaltung digitaler und effizienter machen und schlägt dazu eine “echte Staatsreform” vor. Das geht aus dem Entwurf des Abschlusspapiers hervor, das Table.Briefings vorliegt. “Wir wollen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unseren Staat stärken.” Dafür müsse es eine “grundlegende Modernisierung” des Staates geben. Jeder Minister und jede Ministerin müsse sich im “Team Deutschland” für Reformen einbringen, die auch sie selbst betreffen. Der Passus, dass der Personalbedarf in der Bundesverwaltung und allen nachgeordneten Behörden bis 2029 um 15 Prozent sinken soll, wurde allerdings streitig gestellt.
“Digital Only” bei Verwaltungsleistungen. Konkret wird es in dem Papier bei den digitalen Verwaltungsleistungen. Nach der Geburt eines Kindes sollen Eltern automatisch einen Kindergeldbescheid bekommen, eine Online-Plattform soll alle Verwaltungsleistungen zentral anbieten. Dazu soll jeder Bürger eine eigene “digitale Identität” und ein “Bürgerkonto” bekommen. Das Leitbild der Verhandler unter der Leitung von Philipp Amthor (CDU), Daniela Ludwig (CSU) und Sonja Eichwede (SPD): “Unsere Verwaltung soll vernetzt, effizient und leistungsfähig sowie niedrigschwellig und nutzerfreundlich für alle erreichbar sein.” Michael Bröcker
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Verkehr und Bauen: Das Deutschlandticket wird teurer, Tempo 130 bleibt strittig. Im Verkehrsbereich hat die Koalition eine Menge vor: Der PKW-Führerschein soll günstiger werden, der LKW-Führerschein leichter erwerbbar, für die geplagten LKW-Fahrer soll es mehr Standplätze geben. Auch die Magnetschwebebahn ist wieder im Gespräch, ebenso wie eine Autobahnmaut. Strittig bleibt das Limit von Tempo 130. Ansonsten schöpft die Koalition aus dem Vollen, dank neuem Sondervermögen. Mehr Geld gibt es für die Hochleistungskorridore der Bahn, “mit einem Schwerpunkt auf Digitale Stellwerke und eine flächendeckende ETCS-Ausrüstung”, einen europäischen Steuerungsstandard, den die Bahn bisher eher zögerlich behandelt hat. Mehr Geld ist auch eingeplant für die Sanierung von Bahnhöfen, “Europa-Züge mit Fernverkehrsstandard” und ein Deutschlandtakt für Güterzüge. Allerdings: Das Deutschlandticket soll teurer werden – “ab 2027 schrittweise und sozialverträglich”. E-Ladesäulen sollen transparenter in der Preisgestaltung und technisch vereinheitlicht werden.
Die Mietpreisbremse wird um zwei Jahre verlängert. Ansonsten ist das Thema umstritten. In angespannten Wohnungsmärkten will die SPD ein vergleichsweise rigides Mietregime, bei der Union heißt es nur: “Eine Verschärfung der Kappungsgrenze wird abgelehnt.” Ansonsten viel Einigkeit. Kräftig entrümpelt wird das Baurecht. Die TA Luft, TA Lärm und das Bauplanungsrecht sollen überarbeitet und Baustandards vereinfacht werden. Für Familien (“Starthilfe Wohneigentum”), zur Neubauförderung und Sanierung soll es Steuervergünstigungen geben. Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau sollen “schrittweise deutlich erhöht”, das Wohngeld vereinfacht werden. Auch strittig: Die Union will den Bund beim Wohngeld vollständig in die Pflicht nehmen, die SPD es bei der hälftigen Aufteilung belassen. Horand Knaup
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Landwirtschaft: Was hinter Felßners Rückzug steckt. Der bayerische Bauernverbandspräsident Günther Felßner steht nach einem Angriff von Umweltaktivisten auf seinen Hof nicht mehr als künftiger Landwirtschaftsminister zur Verfügung. Er sei nicht bereit, eine Gefährdung seiner Familie hinzunehmen, so Felßner. Er bestritt, dass mangelnder Rückhalt in der CSU-Landesgruppe ein Grund für seinen Rückzug ist. Dass er ein Bundestagsmandat verfehlt hatte, habe ebenfalls keine Rolle gespielt. Markus Söder bedauerte die Entscheidung und verurteilte die Aktion der Aktivisten als “kriminelles Verhalten”.
Für Söder kommt der Schritt trotzdem nicht ungelegen. Denn anders als von Felßner behauptet, bröckelte die Unterstützung in der Landesgruppe für ihn zuletzt sehr wohl. Er wurde als Fremdkörper wahrgenommen – zugleich wuchsen die Zweifel, ob das Ministerium der Partei politisch nutzen würde. Außerdem sind externe Berufungen in der CSU schon immer kritisch gesehen worden, weil sie den eigenen Leuten wichtige Posten wegnehmen. In der Union sind jetzt die CDU-Vizin Silvia Breher und der niedersächsische Landwirt und Bundestagsabgeordnete Albert Stegemann im Gespräch als mögliche Minister. Felßners Rückzug gibt dem CSU-Chef jetzt neuen Spielraum bei der Personalplanung. Mehr zu der Personalie lesen Sie im Agrifood.Table. Peter Fahrenholz
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Ukraine-Gespräche: Putin presst Trump Sanktionslockerung ab. Die US-Regierung will Russlands Landwirtschaftsexporte über das Schwarze Meer stärken und Moskau dabei helfen, die wichtige Russian Agriculture Bank wieder an das Zahlungssystem SWIFT zu koppeln. Die Sanktionen gegen die Bank waren wenige Tage nach Kriegsbeginn 2022 verhängt worden. Zwar haben US-Vertreter in Riad auch mit der ukrainischen Delegation eine Absicherung des zivilen Seehandels über das Schwarze Meer vereinbart, doch Russland ist in diesen Absprachen der klare Sieger. Die Ukraine hatte nach dem von Moskau gekippten Grain Deal im Sommer 2023 nämlich einen sicheren Handelskorridor für eigene Schiffe im Schwarzen Meer geschaffen – und dadurch die Exportmengen 2024 um 30 Prozent erhöht. Mehr zu den Ergebnissen der Verhandlungen lesen Sie im Security.Table. Viktor Funk
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Table.Documents
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Papier der Arbeitsgruppe Innen, Recht, Migration und Integration
Papier der Arbeitsgruppe Äußeres, Außen, Entwicklung, Menschenrechte
Papier der Arbeitsgruppe Klima und Energie
Papier der Arbeitsgruppe Verkehr/Infrastruktur/Bau/Wohnen
Übersicht der Beratungsgesellschaft The Partners zur Regierungsbildung
Appell des Bundesjugendkuratoriums an die nächste Bundesregierung
Übersicht von Kürschner zu den neuen Abgeordneten
Jahresbericht der Initiative Faire Landwirtschaft zu Ausbeutung bei der Saisonarbeit
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Heads
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Carsten Breuer ist Generalinspekteur der Bundeswehr und hat auf einer Sicherheitstagung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft seine Warnung bekräftigt: Russland sei in der Lage, in vier bis sieben Jahren Nato-Territorium anzugreifen. Bis 2029 brauche die Bundeswehr daher 100.000 Soldaten mehr. (Welt)
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Best of Table
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Europe.Table: Wie Macron wegen Trump und Putin wieder beliebter wird. Am Donnerstag lädt Emmanuel Macron die Unterstützer der Ukraine nach Paris zum Gipfel. Angesichts der Annäherung von Washington und Moskau schlüpft der Staatschef in eine Führungsrolle. Warum ihm die geopolitischen Spannungen in die Karten spielen, lesen Sie hier.
China.Table: Riskanter Hafenverkauf. Hongkongs reichster Mann stellt sich mit dem geplanten Verkauf zweier strategischer Häfen in Panama gegen Peking. Warum der Deal brisant ist und welche Konsequenzen drohen, lesen Sie hier.
Bildung.Table: Systematische Datenerhebung. Die Ziele des parteiübergreifenden Positionspapiers “Bessere Bildung 2035” können nach Ansicht von Politikern und Experten erreicht werden. Was neben der systematischen Erhebung von Daten dabei helfen kann, lesen Sie hier.
Bildung.Table: Ausgeschlafen in die Schule. Studien zeigen: Heranwachsende können ihren Schlafrhythmus nicht auf einen frühen Schulbeginn einstellen. In vielen europäischen Ländern gilt deshalb: Schulbeginn ist um 8:30 Uhr. Warum Deutschland dem folgen sollte, lesen Sie hier.
Security.Table: Anonyme Berichte aus OSZE-Missionen in der Ukraine. Bis Februar 2022 beobachteten OSZE-Kräfte den Waffenstillstand in der Ostukraine. Faktisch trat er nie ein. Mit welchen Problemen die Männer und Frauen vor Ort zu kämpfen hatten und welche Rolle ein ungarischer Diplomat spielte, lesen Sie hier.
Security.Table: Nach dem Chat-Skandal in den USA. Donald Trump sieht bisher keinen Bedarf, personelle Konsequenzen zu ziehen. Wer besonders unter Druck steht, lesen Sie hier.
ESG.Table: Wo Deutschland bei der Inklusion hinterherhinkt. Die Wirtschaft beklagt einen Mangel an Fachkräften – gleichzeitig ist das Land nicht in der Lage, Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Was jetzt geschehen müsste, lesen Sie hier.
ESG.Table: Wie das Mitteldeutsche Revier klimaneutral werden kann. Der Strukturwandel des Chemiedreiecks Halle, Merseburg und Bitterfeld stellt die Unternehmen vor große Herausforderungen. Was es für eine gelingende Transformation braucht, lesen Sie hier.
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Must-Reads
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SZ: VW drohen drei Milliarden Dollar Strafe. Der Konzern soll fast vollständige Autos auseinandergebaut und die Teile nach Indien importiert haben. Dort seien die Waren dann als Einzelteile deklariert worden, was Steuern sparte. Der Konzern weist die Vorwürfe zurück. (“VW kämpft in Indien gegen Milliarden-Strafe”)
FAZ: Neue Art von Gericht. Am 1. April tritt das Justizstandort-Stärkungsgesetz in Kraft. In Baden-Württemberg startet in dem Kontext am OLG Stuttgart ein neues Schwerpunkt-Gericht für internationale Wirtschaftsverfahren (Commercial Court). Es will mit privaten Schiedsverfahren mithalten, ähnliche Gerichte mit anderem Fokus soll es auch in anderen Städten geben (“Justiz mit Servicecharakter”)
Taz: Weniger Führerscheine für Ältere? Die EU hat sich auf Regeln für die Ausstellung neuer Papiere geeinigt: Künftig sollen alle Staaten vorher eine ärztliche Untersuchung verlangen oder ein “Screening” auf Grundlage einer Selbsteinschätzung vornehmen. Vor allem Deutschland war gegen einen schärferen Vorschlag, wonach sich Über-70-Jährige alle fünf Jahre hätten checken lassen müssen. (“Keine Tests für Ältere”)
Handelsblatt: Präzedenzfall im Kampf gegen Steuerbetrug. Zum ersten Mal sind Banker wegen sogenannter Cum-Cum-Geschäfte vor Gericht. Betroffen sind Ex-Manager der Deutschen Pfandbriefbank. Berechnungen von Fachleuten zufolge hat die Masche den Steuerzahler mit 28,5 Milliarden Euro rund viermal so viel gekostet wie Cum-Ex. (“Erstmals Banker wegen Cum-Cum angeklagt”)
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Schlagzeilen von morgen
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Meistgelesenes von heute
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Interviews von morgen
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Deutschlandfunk
6:50 Uhr: Norbert Walter-Borjans, Ex-NRW-Finanzminister (SPD): BVerfG-Urteil zur möglichen Abschaffung des Solidaritätszuschlags
7:15 Uhr: Julia Klöckner, Bundestagspräsidentin (CDU): Stil im Parlament
8:10 Uhr: Oleksii Makeiev, ukrainischer Botschafter: Ergebnisse der bisherigen Riad-Gespräche
Das Erste
7:15 Uhr: Macit Karaahmetoğlu, Präsident Deutsch-Türkische Gesellschaft (SPD): Deutschlands Umgang mit der Türkei
8:15 Uhr: Kay Gottschalk, finanzpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion: Klage gegen den Solidaritätszuschlag
rbb24-Inforadio
6:45 Uhr: Jeremy Arndt, Landesfachbereichsleiter bei ver.di Berlin-Brandenburg: BVG – Schlichtung oder Streik
6:55 Uhr: Astrid Böhmisch, Direktorin der Leipziger Buchmesse: Auftakt der Leipziger Buchmesse
7:25 Uhr: Cordelia Koch, Bezirksbürgermeisterin Pankow (Grüne): Vertrag Pankower Tor
9:05 Uhr: Katja Hessel, FDP-Landesvorsitzende in Bayern: Klage Solidaritätszuschlag
phoenix
9:05 Uhr: Achim Steiner: Leiter des UN-Entwicklungsprogrammes UNDP: Entwicklungspolitik für Krisenregionen
Table.Briefings im TV
Phoenix-Runde: Table.Briefings-Redakteur Maximilian Stascheit diskutiert am Mittwoch mit Karin Christmann (Tagesspiegel), Politikwissenschaftlerin Dorothée de Nève und Verhandlungsberater Thorsten Hofmann über das Thema “Machtkampf hinter den Kulissen – Wer setzt sich durch bei Schwarz-Rot?”. Phoenix, 22:15 Uhr
Markus Lanz: Table.Briefings-Chefredakteur Michael Bröcker diskutiert mit Grünen-Chefin Franziska Brantner und dem Journalisten Deniz Yücel die politischen Themen der Woche. ZDF, 23.15 Uhr.
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Time.Table
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Bundespressekonferenz I: Vorstellung des Tätigkeitsberichts des Bundesbeauftragten gegen Antiziganismus. Mit Mehmet Daimagüler und Romani Rose. 10 Uhr
Bundespressekonferenz II: Vorstellung eines Entwurfs für ein Gesetz zur Schlichtung von Tarifkonflikten. Mit Richard Giesen, Clemens Höpfner, Hagen Lesch und Stefan Wolf. 12:30 Uhr
Bundesverfassungsgericht: Urteil zur Verfassungsbeschwerde von FDP-Politikern gegen den Solidaritätszuschlag. Karlsruhe, 10 Uhr
Linke: Klausurtreffen der Bundestagsfraktion. 26.-28. März, Potsdam
KMK: Kulturministerkonferenz in Berlin. Sekretariat der Kultusministerkonferenz. Weitere Informationen
Nahost-Konflikt: Frank-Walter Steinmeier im Gespräch mit Angehörigen von in den Gazastreifen verschleppten Geiseln. Schloss Bellevue, 13 Uhr
Wohnungslosigkeit: Bettina Jarasch und Taylan Kurt präsentieren das Positionspapier Obdachlosigkeit bis 2030 überwinden – Was jetzt zu tun ist der Berliner Grünen. Abgeordnetenhaus, 10 Uhr
EUROPE 2025: Konferenz von Die Zeit, Handelsblatt, Tagesspiegel und Wirtschaftswoche. Mit Boris Pistorius und Hanno Pevkur. 26.- 27. März, Berlin. Weitere Informationen
Forschung: Austausch von Cem Özdemir mit der Allianz der Wissenschaften zur Stärkung der weltweiten Wissenschaftsfreiheit. BMBF, 12:45 Uhr
Industrie: Diskussion zum Thema Ein Clean Industrial Deal für Europa. Europäisches Haus, 15-17 Uhr. Weitere Informationen und Anmeldung
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Geburtstage von morgen
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Andreas Görgen, Amtschef bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, 58
Hermann Färber, MdB (CDU), 62
Heiko Hain, MdB (CSU), 44
Lydia Hüskens, stellvertretende Ministerpräsidentin von Sachsen-Anhalt (FDP), 61
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Nachttisch
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Unser Tipp führt Sie heute in die Geopolitik. Genauer gesagt: in die Gedankenwelt des Joschka Fischer. Der ehemalige Außenminister beschäftigt sich in seinem neuen Buch mit der Frage, ob die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, der Isolationismus von Donald Trump und die Aggression eines Wladimir Putin bereits den Beginn einer neuen Weltordnung markieren. Oder ist das gegenwärtige Chaos in der Geopolitik eine Vorstufe dazu? Die Frage bleibt, wie könnte es anders sein, ohne Antwort. Gleichwohl liefert Fischer eine breite, bisweilen weitschweifige Analyse des gegenwärtigen Krisenclusters und leitet daraus Zukunftsszenarien ab. Allesamt lassen sie nur eine Schlussfolgerung zu: Zu Optimismus gibt es wenig Anlass. Damir Fras
Joschka Fischer: Die Kriege der Gegenwart und der Beginn einer neuen Weltordnung | Kiepenheuer & Witsch
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Das war’s für heute. Good night and good luck!
Heute haben Okan Bellikli, Stefan Braun, Michael Bröcker, Peter Fahrenholz, Damir Fras, Viktor Funk, Franziska Klemenz, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt, Carli Bess Kutschera, Marit Niederhausen, Leonard Schulz, Sven Siebert und Maximilian Stascheit mitgewirkt.
Der Berlin.Table ist das Late-Night-Briefing für die Table.Media-Community. Wenn Ihnen der Berlin.Table gefällt, empfehlen Sie uns bitte weiter. Wenn Ihnen diese Mail weitergeleitet wurde: Hier können Sie sich kostenlos anmelden.
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Berlin.Table Redaktion
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