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„Renewable Energy Master Plan“: Ghana als Vorbild für nachhaltige Entwicklung

von Patrick Peters

Neue Arbeitsplätze, Gesundheitsschutz, Förderung der ländlichen Bevölkerung: Mit dem „Renewable Energy Master Plan“ zeigt Ghana, welche Vorteile eine gut geplante Nachhaltigkeitsstrategie im Globalen Süden bringen kann. 

Das Beispiel Ghanas zeigt, dass Energiepolitik zur Industrie-, Beschäftigungs- und Gesundheitspolitik werden kann: Denn gemäß dem 2019 verabschiedeten „Renewable Energy Master Plan“ (REMP) sollen bis 2030 rund 5,6 Milliarden US-Dollar (wovon mehr als 80 Prozent aus dem Privatsektor stammen) mit dem Ziel investiert werden, das Land als Standort für Forschung, Produktion und Dienstleistungen im Bereich Erneuerbare Energien zu etablieren. Dadurch sollen unter anderem 220.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Ist REMP also eine sozioökonomische Vorzeigestrategie und wegweisendes Modell für nachhaltige Entwicklung des Globalen Südens? 

Ambitionierte Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energiekapazität 

Dieser Plan verfängt: Internationale Organisationen wie UNDP, Weltbank und IRENA haben Ghana als eines von nur fünf afrikanischen Ländern mit „transformationalem Potenzial“ ausgewählt, und im „Energy Transition and Investment Plan“ (ETIP) von 2023 als Weiterentwicklung zum REMP identifiziert das westafrikanische Land bis 2060 Investitionsmöglichkeiten von 550 Milliarden US-Dollar und projiziert netto 400.000 zusätzliche Jobs. Damilola Ogunbiyi von der internationalen Organisation „Sustainable Energy for All“ würdigt genau diesen Ansatz als „Fall für Veränderungen in Ghanas gesamten Energiesystem“. 

REMP setzt das ambitionierte Ziel, bis 2030 insgesamt 1.363,63 Megawatt (MW) erneuerbare Energiekapazität zu installieren, davon 1.094,63 MW netzgebunden. Die Implementierung erfolgt in drei strategischen Zyklen: Übergangsphase (2019 bis 2020), Expansionsphase (2021 bis 2025) und die Konsolidierungsphase (2026 bis 2030). Technologiespezifisch plant Ghana bis 2030 die Aufteilung in 647,5 MW Solar-, 325 MW Wind-, 150 MW Wasserkraft-, 122 MW Biomasse/Abfall-zu-Energie und 50 MW Wellenenergie. Energieminister John Abdulai Jinapor betonte erst vor wenigen Wochen die Vision, bis 2030 zehn Prozent des ghanaischen Energiemixes aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. 

Positive wirtschaftliche Auswirkungen der ländlichen Elektrifizierung 

Dass die Strategie in der Fläche ankommt, belegt die Stromzugangsrate: 2024 wurden 276 ländliche Gemeinden neu angeschlossen, die Elektrifizierungsrate stieg auf 89,03 Prozent. Parallel skaliert Ghana dezentrale Lösungen über das „Scaling-Up Renewable Energy Programme“ (SREP) mit 35 Mini-Grids und 12.000 Net-Metering-Dachanlagen, flankiert von rund 70 Millionen US-Dollar an Zuschüssen und Kofinanzierungen. So entsteht ein diversifiziertes System, das zentrale Netze stabilisiert und ländliche Räume in vielen Bereichen produktiv macht. Die direkten wirtschaftlichen Auswirkungen der ländlichen Elektrifizierung sind weitreichend: Haushalte mit Solar-Mikronetzen verzeichnen einem Aufsatz von Artem Korzhenevych und Charles Kofi Owusu zufolge Einkommenssteigerungen von 28.137 Cedi (etwa 6.100 US-Dollar) über 20 Jahre hinweg. Ländliche Haushalte zeigen demnach auch Bereitschaft, durchschnittlich 30 Cedi pro Monat (etwa fünf US-Dollar) für hochwertige erneuerbare Elektrizität zu zahlen. 

Wirtschaftliche Entwicklung im Einklang mit Klimazielen und sozialer Verbesserung 

Ebenso wichtig ist der Einfluss auf die öffentliche Gesundheit. Luftverschmutzung verursacht in Ghana jährlich zehntausende vorzeitige Todesfälle. Studien zeigen: Allein in Accra könnten Maßnahmen zur Luftreinhaltung 3.800 Todesfälle vermeiden und Gesundheitskosten von rund 216 Millionen US-Dollar einsparen; landesweit kalkuliert die WHO für moderne Kochlösungen hunderte verhinderte Todesfälle pro Jahr bis 2030. Die Energiewende wird damit zur Investition in Produktivität und Entlastung öffentlicher Budgets, denn laut Artem Korzhenevych und Charles Kofi Owusu entsprechen Gesundheitsverbesserungen einem Wert von 5.912 Cedi pro Haushalt. 

Ghanas Ansatz, wirtschaftliche Entwicklung systematisch mit Klimazielen und sozialer Verbesserung in Einklang zu bringen, ist also ein treffendes Beispiel für eine tragfähige Nachhaltigkeitsstrategie in Afrika und darüber hinaus. Der Plan zeigt, wie Entwicklungsländer durch eigene zukunftsorientierte Planung, einen innovativen Finanzierungsmix und internationale Kooperation den Übergang zu nachhaltiger Energie als Motor für umfassende sozioökonomische Transformation nutzen können. 

Autor: Dr. Patrick Peters ist Professor für Kommunikation und Nachhaltigkeit sowie Prorektor für Forschung und Lehrmittelentwicklung an der Allensbach Hochschule in Konstanz. Als Journalist, Berater und Trainer verbindet er Wissenschaft und Praxis in den Bereichen Ethik und Kommunikation; ebenso tritt er regelmäßig mit wissenschaftlichen Publikationen zu kulturellen und ökonomischen Themen in Erscheinung. 

Der Globale Süden umfasst 85 Prozent der Weltbevölkerung, ist in der Berichterstattung deutschsprachiger Medien jedoch vergleichsweise selten vertreten. Häufig stehen dann Krisen im Vordergrund, während andere Entwicklungen weniger Beachtung finden. Das Table.Forum Global South richtet den Scheinwerfer auf solchen Perspektiven und Erkenntnisse und lässt Expertenstimmen aus dieser Weltregion zu Wort kommen.  

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