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Digitale Souveränität durch ein digitales Wirtschaftswunder

Von Oliver Grün

Angesichts wachsender geopolitischer Spannungen, insbesondere ausgehend von den USA, sind die enormen Risiken durch Deutschlands und Europas einseitige digitale Abhängigkeit von internationalen Tech-Konzernen unübersehbar geworden. Das betrifft nicht nur unsere politische Handlungsfähigkeit und unsere Resilienz, sondern auch unsere wirtschaftliche Wertschöpfung. Digitale Souveränität ist inzwischen in aller Munde und auch als digitalpolitisches Leitmotiv im Koalitionsvertrag verankert. Das Warum steht uns also klar vor Augen, jetzt stellt sich die Frage nach dem Wie. Die Antwort: Ein digitales Wirtschaftswunder.

Digitale Souveränität bedeutet Resilienz und Wertschöpfung

Für das Wie gibt es angesichts der über Jahrzehnte zementierten Abhängigkeiten keine schnelle Lösung. Deutschland braucht eine langfristig ausgerichtete politische und wirtschaftliche Neuorientierung: weg von der reinen Anwendung der Digitalisierung und hin zu ihrer aktiven Mitgestaltung – nach Werten wie Europarechtstreue, Datensouveränität und ethischer KI. Dabei müssen wir aus zwei Perspektiven an die Thematik herangehen: Resilienz und Wertschöpfung.

Grundlage unserer digitalen Resilienz ist die Sicherstellung der Handlungsfähigkeit unserer Politik und Wirtschaft, sollte der Zugang zu großen digitalen Diensten und Plattformen eingeschränkt werden. Resilienz bedeutet also nicht, dass wir für alle amerikanischen und chinesischen Produkte eigene Alternativen entwickeln müssen. Das wäre unrealistisch. Vielmehr müssen wir einen strategischen Fokus auf hochsensible Bereiche wie die öffentliche Verwaltung oder KRITIS legen. Hier muss die Priorität auf unumstößlicher Datensicherheit und einer Funktionalität sein, die nicht von internationalen Tech-Konzernen und ausländischen Regierungen abhängt. Ergänzend sollte eine strategische Spezialisierung zur Förderung von digitalen Spezialkomponenten erfolgen, die integraler und unersetzlicher Bestandteil der weltweiten digitalen Wertschöpfungsketten sind, wodurch wir auch politische Verhandlungsstärke nachhaltig sichern.

Wir müssen in Deutschland und Europa unsere eigenen digitalen Produkte, Innovationen sowie Intellectual Property entwickeln und selbst Wertschöpfung schaffen. Gleichzeitig ist digitale Wertschöpfung der entscheidende Wohlstandsfaktor der Zukunft: Nur wenn wir uns hier Marktanteile sichern, können wir unsere Wirtschaft ankurbeln und unseren Wohlstand halten.

Digitales Wirtschaftswunder mit Meistern der Nische

Was in den letzten 70 Jahren spezialisierte Weltmarktführer in Industrienischen waren, müssen in den nächsten Jahrzehnten spezialisierte Weltmarktführer in Digitalnischen werden. So kann das digitale Wirtschaftswunder erneut aus dem Mittelstand, also unter Nutzung unserer Stärken gegenüber Übersee, gelingen, statt immer nur die Universalplattformen der Tech-Giganten kopieren zu wollen. Die gute Nachricht ist: Wir schaffen in unserer mittelständisch geprägten heimischen Digitalwirtschaft nicht nur die Mehrzahl der Arbeitsplätze der Digitalwirtschaft, sondern auch international wettbewerbsfähige Nischen-Produkte im Business-to-Business-Bereich – und das nach dem Vorbild des klassischen Mittelstands, der Deutschland schon einmal zu einer führenden Wirtschaftsmacht gemacht hat. Diese Software- und Hardwarelösungen gehen gezielt bestimmte Probleme an und haben einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber vermeintlichen Universalplattformen, sie bringen einen größeren Nutzen für die Kunden. Mit diesen Meistern der Nische ist das dringend notwendige neue Wirtschaftswunder möglich.

Rückenwind aus der Politik für die gesamte Digitalwirtschaft

Was der IT-Mittelstand dafür jetzt vor allem braucht, ist Rückenwind aus der Politik. Das heißt: Mut zu Innovation statt immer neuer Regulierungen, Förderung statt Bürokratie, Technologieoffenheit statt Lizenzdogmen. Eine Zukunftsgewandte Digitalpolitik muss insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen, auf deren Schulter die Digitale Souveränität stehen soll, bürokratische Hürden und belastende Regulierungen abbauen. Gleichzeitig braucht es Steuererleichterungen und verbesserten Zugang zu Wachstumskapital, um diese deutschen Innovationstreiber weiter zu beflügeln.

In der Debatte zur Umsetzung Digitaler Souveränität wird oft eine Umstellung der öffentlichen Verwaltung auf Open Source gefordert. Doch dieser Ansatz greift zu kurz. Denn der Lizenztyp allein garantiert keine Digitale Souveränität, entscheidend sind andere Faktoren: IT-Lösungen müssen funktional, steuerbar, nachvollziehbar, resilient und lokal betreibbar sein und dürfen sich nicht europäischem Recht entziehen. Eine pauschale Bevorzugung von Open-Source-Software würde entgegen jedem marktwirtschaftlichem Prinzip über 80 Prozent der eigenen Digitalwirtschaft ausschließen, die so wichtig für unsere digitale Wertschöpfung ist – und damit genau jene Vielfalt schwächen, die Europas digitale Stärke ausmacht. Was wir brauchen, ist ein technologie- und lizenzoffener Ansatz, der die gesamte Breite der heimischen Digitalwirtschaft stärkt.

Autor: Dr. Oliver Grün ist Präsident des Bundesverband IT-Mittelstand e.V. (BITMi)

Digitale Souveränität entscheidet über Deutschlands und Europas Handlungsfähigkeit im globalen Wettbewerb. Experten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft erläutern in diesem Table.Forum, warum und wie strategisch investiert, föderale Strukturen modernisiert und digitale Kompetenzen gestärkt werden müssen – technisch, politisch und gesellschaftlich.

Unser Partner: Schwarz Digits ist die IT- und Digitalsparte der Schwarz Gruppe, einer international führenden Handelsgruppe (Lidl, Kaufland). Schwarz Digits bietet digitale Produkte und Services an, die den hohen deutschen Datenschutzstandards entsprechen. Zu den souveränen Kernleistungen von Schwarz Digits gehören Cloud, Cybersicherheit, Künstliche Intelligenz, Kommunikation und Workplace

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