Table.Briefing: Europe

Xi warnt vor Tech-Konfrontation + Agrarzölle + Plattformrichtlinie

Liebe Leserin, lieber Leser,

am Karfreitag ist der 72. Tag vor der Europawahl. Laut Europawahlgesetz entscheidet an diesem Tag der Bundeswahlausschuss, welche Listen für die Wahl am 9. Juni zugelassen werden. 40 Parteien und “sonstige politische Vereinigungen” hatten fristgerecht zum 18. März ihre Wahlvorschläge beim Bundeswahlleiter eingereicht.

Es gibt Parteien, die gemeinsame Listen für alle Bundesländer einreichen. Darunter sind Parteien, die bereits im Europaparlament vertreten sind wie SPD, Grüne, FDP, AfD, Linke, Freie Wähler, ÖDP, Piraten, Familienpartei, Volt sowie Die Partei. Weitere Gruppierungen versuchen, erstmals Kandidaten durchzubringen, wofür wegen fehlender Sperrklausel bereits ein Prozent der abgegebenen Stimmen reichen könnte: Dazu zählt die Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung, die Klimaliste, BSW, sowie die dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und seiner AKP-Partei nahestehende DAVA (Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch).  

Dann gibt es fünf Parteien, die Listen für einzelne Bundesländer eingereicht haben. Darunter sind die CDU, die in 15 von 16 Bundesländern antritt, sowie die CSU, die nur in Bayern antreten will. Außerdem wollen die Haie -Partei mit Biss, die GFA (Grundeinkommen für Alle) sowie Wir für Euch Bürgerforum antreten. Nach der Entscheidung des Bundeswahlausschusses am Freitag steht fest, wie der Wahlzettel aussehen wird. Wählen dürfen Deutsche ab 16, in Deutschland lebende Bürger anderer Mitgliedstaaten sowie Deutsche im Ausland, die sich allerdings dafür zuvor ins Wählerverzeichnis eintragen lassen müssen.

Ein schönes Osterwochenende!

Ihr
Markus Grabitz
Bild von Markus  Grabitz

Analyse

Scheinselbstständigkeit: Plattformrichtlinie ändert wenig an Lage in Deutschland

Die EU-Richtlinie zur Plattformarbeit wird kaum Änderungen für die Beschäftigten in Deutschland haben. Dieses Fazit ziehen Arbeitsrechtler und Branchenexperten gegenüber Table.Briefings, nachdem der Rat den politischen Kompromiss nun auch ohne die Stimmen von Frankreich und Deutschland beschlossen hat. Bis zum Schluss blockierte die FDP die Zustimmung Deutschlands zu dem Gesetzvorhaben. FDP-Vize Johannes Vogel hatte die vorgesehenen Plattformregeln als “Angriff auf alle Selbstständigen in Europa” bezeichnet.

Arbeitsrechtlerin Eva Kocher von der Europauniversität Frankfurt/Oder kann nicht nachvollziehen, warum die Bundesregierung nicht zugestimmt hat: “Die bestehende Praxis in Deutschland geht ohnehin schon sehr weit. Ich erwarte keine umfassenden Änderungen, was die Praxis angeht.” Essens- und Lieferdienstkuriere etwa seien hierzulande – anders als in anderen EU-Staaten – bereits überwiegend angestellt.

Der Präsident des Bundesverbands Taxi Deutschland, Herwig Kollar, sieht es ähnlich: “Wir haben in Deutschland eine sehr umfangreiche Regelung zur Scheinselbstständigkeit. Ich erwarte durch das Gesetz keine wesentlichen Änderungen.”

Uber erwartet wenig Auswirkungen

Selbst die Plattformökonomie äußert sich ähnlich. “Die Gesetzgeber haben für die Beibehaltung des Status quo gestimmt. Das heißt, der Status von Plattformarbeitern wird weiterhin von Land zu Land und von Gericht zu Gericht anders entschieden”, sagt eine Uber-Sprecherin. Uber verweist stets darauf, dass man in Deutschland ausschließlich mit Liefer- und Flottenpartnern zusammenarbeite, “bei denen die Kuriere und Fahrer angestellt sind.”

Dabei haben die Verbände wie etwa MoveEU, in dem unter anderem Uber, Bolt und Free Now vertreten sind, ursprünglich hart gegen die Richtlinie lobbyiert. Der Verband hatte wiederholt gewarnt: “Die Einführung einer widerlegbaren Beschäftigungsvermutung wird dazu führen, dass die Fahrer umklassifiziert werden und zwar gegen ihren Willen, unabhängig zu bleiben und ihre Arbeitszeit, ihren Zeitplan und ihre Einnahmen zu kontrollieren.

Zentraler Mechanismus ist die Beweislastumkehr

Die Richtlinie sieht eine widerlegbare Beschäftigungsvermutung vor. Diese wird ausgelöst, wenn nationale Behörden Anhaltspunkte haben, dass Selbstständige Angestellte sind. Was diese Anhaltspunkte sind, ist mit der neuen EU-Gesetzgebung weiter nationale Angelegenheit. Ursprünglich waren einheitliche Kriterien vorgesehen. Diese wurden in den Trilogverhandlungen auf Druck des Rats fallen gelassen. Das Gesetz muss noch vom Europaparlament bestätigt werden.

Steht erst einmal eine Beschäftigungsvermutung im Raum, kommt laut der Richtlinie die Beweislastumkehr ins Spiel. Es soll künftig also Sache der Plattformen sein zu belegen, dass es sich bei ihren Auftragnehmern um Selbstständige und nicht um Angestellte handelt. Ziel der Richtlinie ist, die Statusfeststellung zu erleichtern.

Allerdings sieht der Vorschlag nicht vor, alle Plattformarbeiter zu Angestellten zu machen – auch wenn dies von Kritikern der Richtlinie immer wieder so dargestellt wurde. Laut Einschätzung der Kommission müsste nur eine Minderheit der selbstständigen Plattformarbeiter tatsächlich ein festes Beschäftigungsverhältnis haben – umgerechnet rund ein Sechstel. Da es EU-weit allerdings aktuell rund 28 Millionen Plattformarbeiter gibt, umfasst diese Personengruppe der potenziell Scheinselbstständigen bei den Digitalplattformen immerhin fünf Millionen Menschen.

Rentenversicherung: Verfahren könnte sich beschleunigen

Konkrete Auswirkungen auf die Lage der Beschäftigten in Deutschland hänge nach Einschätzung der Deutschen Rentenversicherung Bund und anderen Sozialversicherungsträgern von der Umsetzung in nationales Recht ab. “Die Vermutungsregelung finde zwar grundsätzlich keine Anwendung in Sozialversicherungsfragen“, erklärt Volker Schmitt vom Brüsseler Büro der Deutschen Sozialversicherung. Selbst bei einer Ausklammerung der Sozialversicherung ließe sich aber nicht ausschließen, dass eine größere Rechtssicherheit im Arbeitsrecht und verbesserte Durchsetzungsmöglichkeiten von Arbeitnehmerrechten positive Effekte auf die Sozialversicherung haben.

Die Richtlinie wird dafür sorgen, dass Plattformen teils ihre Algorithmen offenlegen müssen. Das hält Schmitt für einen Fortschritt. Ein Beispiel: Ein Paketbote bündelt mehrere Aufträge auf der letzten Meile. Das führt dazu, dass er von der vorgegebenen Routenplanung in der App abweicht. Wird er künftig dann weniger mit Aufträgen bedacht, kann das mit einer Strafe durch den Algorithmus zu tun haben. Das nachzuweisen, war bisher kaum möglich.

Wie viel bringt die Beweislastumkehr in der Praxis?

Arbeitsrechtlerin Kocher hat verhaltene Erwartungen an die Beweislastumkehr: “Meiner Beobachtung nach ist es auch gar nicht so sehr das Vorlegen von Beweisen. Der Streit dreht sich meistens darum, wie die Fakten und Beweise rechtlich gewürdigt werden, das ist das Komplizierte daran.” Dies müsse bei der Umsetzung der Beweislastumkehr in deutsches Recht berücksichtigt werden.

Einige Plattformen sprechen sich explizit für die Richtlinie aus. Sie erhoffen sich Verbesserungen im Kampf gegen Scheinselbstständigkeit. So etwa Just Eat Takeaway, dessen Fahrer im markanten Orange unter dem Label Lieferando Essen vom Restaurant nach Hause liefern. “Wir stellen unsere Fahrer bereits alle an, sogar in einer unbefristeten Direktanstellung mit allen entsprechenden Rechten. Somit erwarten wir auch keine direkten Auswirkungen auf unser Geschäft, jedoch eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen“, so das Unternehmen.

Verhalten optimistisch zeigt sich der Weltverband der Straßentransportwirtschaft, die International Road Transport Union (IRU). Ein Sprecher sagte, die gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission “erheblich geänderte Richtlinie” biete “einen gewissen Schutz vor Scheinselbstständigkeit”. Wie groß der Effekt sei, lasse sich erst abschätzen, wenn sie in nationales Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt sei.

Taxiverband fordert weiterreichende Maßnahmen

Um Scheinselbstständigkeit in der Plattformökonomie wirksamer zu unterbinden, wünscht sich der Bundesverband Taxi Deutschland weiterreichende Maßnahmen. “Dadurch, dass die Unternehmen mit zahlreichen Sub- und Sub-Sub-Unternehmen zusammenarbeiten, ist eine effektive Kontrolle schwer möglich“, sagt Präsident Kollar. Der Gesetzgeber müsse daher schon früher ansetzen. “Man muss wie bei den Paketboten über ein Verbot von Subunternehmern nachdenken. Nur so wird man dem Dickicht Herr.”

Zuletzt war etwa durch den RBB im Falle Berlins thematisiert worden, dass es bei Uber, Bolt und Co. zahlreiche Vorkommnisse von Schwarzarbeit und zudem hunderte Wagen ohne Konzession geben soll. Die Kontrollbehörde, das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), sprach im Berliner Fall gar von “organisierter Kriminalität”.

Uber sagte auf Table.Briefings-Anfrage dazu, dass “gesetzeskonformes Handeln für Uber oberste Priorität” habe. “Sofern sich unsere Partner nicht an die Regeln halten und wir davon Kenntnis erlangen, ziehen wir entsprechende Konsequenzen, bis zu einer Sperrung auf unserer Plattform.” Man wolle die Zusammenarbeit mit dem LABO weiter intensivieren, um so sicherzustellen, dass nur konzessionierte Unternehmen und Fahrzeuge Aufträge vermittelt bekommen. Bolt äußerte sich auf Anfrage nicht.

Der Taxiverband verfolgt eigene Interessen. Er sieht die teils günstigere Konkurrenz durch die neuen Fahrdienstleister wie Uber und Bolt als Gefahr für das eigene Gewerbe.

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Streit um Ausfuhrbeschränkungen: Xi warnt bei Treffen mit Rutte vor Tech-Konfrontation

Im Streit um westliche Ausfuhrbeschränkungen für Hochtechnologie hat Staatschef Xi Jinping bei seinem Treffen mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte deutliche Worte gefunden: “Keine Macht kann das Tempo der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklung und des Fortschritts in China aufhalten”, sagte Xi laut einem Bericht des Staatsfernsehens. Das chinesische Volk habe ein Recht auf Entwicklung. Xi kritisierte Rutte scharf dafür, den Zugang zu westlicher Hochtechnologie zu behindern. “Entkopplung und Abbruch der Verbindungen” führten ins Nichts, und Zusammenarbeit sei die einzige Option, sagte Xi.

Die Niederlande befinden sich im Kreuzfeuer der Handelsspannungen zwischen China und den USA. Auf Betreiben Washingtons hat die niederländische Regierung den Verkauf von Maschinen zur Produktion hoch entwickelter Prozessorchips eingeschränkt. Das niederländische Unternehmen ASML ist der weltweit einzige Hersteller von Maschinen, die mithilfe der Extrem-Ultraviolett-Lithografie modernste Halbleiter der Spitzenklasse produzieren können. China war bis vor Beginn der Lizenzprobleme der zweitgrößte Markt von ASML, nach Taiwan. Rund 26 Prozent des Unternehmensumsatzes wurden in China 2023 laut Unternehmensbericht erwirtschaftet.

Anfang des Jahres hat die niederländische Regierung damit begonnen, ASML die Genehmigung für die Ausfuhr einiger Maschinen nach China zu entziehen. Doch das reicht den USA offenbar nicht. Medienberichten zufolge drängt die Regierung in Washington darauf, auch die Wartung von Maschinen zu verbieten, die vor dem aktuellen Verkaufsverbot geliefert wurden. China befürchtet, Den Haag könnte dieser Bitte Folge leisten. Der Verlust für die chinesischen Chip-Hersteller wäre gigantisch. Die Maschinen von ASML kosten weit über Hundert Millionen Euro. Werden sie nicht regelmäßig gewartet, müssen sie abgeschrieben werden.

ASML droht Regierung mit Abzug aus den Niederlanden

Rutte versuchte in Peking zu beschwichtigen: Die Niederlande achteten darauf, dass Exportbeschränkungen, die “unseren Halbleitersektor und Unternehmen wie ASML” betreffen, “niemals speziell auf ein Land abzielen”.

Aber auch ASML dürfte wenig begeistert sein, in den Mittelpunkt des US-chinesischen Handelskonflikts geraten zu sein. Das Unternehmen hat kürzlich damit gedroht, die Niederlande verlassen zu wollen – offiziell mit der Begründung, eine zuwanderungsfeindliche Politik würde seine Möglichkeiten einschränken, talentierte Spezialisten einzustellen. Der eigentliche Grund dürfte aber sein, dass die Regierung Rutte dem Druck der USA nachgegeben hat.

Exporte aus Niederlanden nach China gestiegen

Der niederländische Handelsminister hatte am Dienstag in einem Interview mit der niederländischen Wirtschaftszeitung FD betont, die Verteidigung der Interessen von ASML habe für ihn “oberste” Priorität. ASML “ist das wichtigste Unternehmen, das wir haben”, sagte Geoffrey van Leeuwen. Zugleich betonte er: “Wir sagen auch, dass die nationale Sicherheit von uns und unseren Partnern Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen hat.” Am Mittwoch traf er in Peking seinen Amtskollegen Wang Wentao.

Die niederländischen Exporte nach China sind zu Beginn des Jahres erneut gestiegen – und zwar gegen den allgemeinen Trend der Ausfuhren aus der EU. Im Januar und Februar wuchsen sie um 26,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie aus Zahlen des chinesischen Zolls hervorgeht. Ob das nur an EUV (extreme ultraviolet light)- und DUV (deep ultraviolet light )-Lithografiemaschinen liegt, ist nicht klar. Die Zahlen legen aber die Vermutung nahe, dass chinesische Kunden die ASML-Maschinen gekauft haben, bevor noch mehr Exportbeschränkungen greifen.

SMEE liegt technisch noch zurück

China ist um raschen Ersatz bemüht. Der vielversprechendste heimische Hersteller Shanghai Micro Electronics Equipment (SMEE) bleibt trotz bemerkenswerter Fortschritte derzeit noch hinter ASML zurück. Wie Li Jinxiang, stellvertretender Generalsekretär der China Electronic Production Equipment Industry Association, im vergangenen Jahr feststellte: “Keine einzige Produktionslinie zur Chipherstellung in China ist mit einem in China hergestellten Lithografiesystem ausgestattet – die meisten davon werden nur in der akademischen Forschung eingesetzt.”

SMEE war lange Zeit ausschließlich in der Chip-Verpackungsindustrie erfolgreich. Für die Montage und Verpackung von Chips in ihre endgültigen Strukturen sind Lithografiemaschinen der unteren Preisklasse erforderlich. Laut Daten des Center for Security and Emerging Technology (CSET) der Georgetown University verkaufte SMEE zwischen 2011 und 2014 eine Handvoll KrF-Maschinen, zwischen 2015 und 2019 jedoch keine. SMEE bewirbt zwar immer noch eine ArF-Maschine auf seiner Website. The Wire China zitiert jedoch mehrere Quellen, die sich skeptisch äußerten und sagten, bei diesen Maschinen handele es sich wahrscheinlich um Prototypen und nicht um kommerzielle Produkte.

Im Juni 2020 berichteten chinesische Medien, dass eine neue 28-Nanometer-Maschine von SMEE Ende 2021 verfügbar sein würde. Die Staatszeitung Global Times nannte den Schritt einen “bahnbrechenden Durchbruch für Chinas Halbleiterindustrie”. Bisher hat sich in der Sache aber nichts getan.

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EU-Monitoring

03.04.-04.04.2024
Informelle Ministertagung Verkehr
Themen: Die Verkehrsminister kommen zu Beratungen zusammen. Infos

03.04.2024 – 09:00-12:15 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
Themen: Bericht von den laufenden Trilogverhandlungen zum Europäischen Gesundheitsdatenraum, Gedankenaustausch zur Umsetzung des Gesetzes über digitale Märkte (Einhaltung der Vorschriften, mit Schwerpunkt auf Selbstreferenzierung und App-Stores), Vorstellung der Festlegung harmonisierter Anforderungen im Binnenmarkt an die Transparenz der Interessenvertretung im Auftrag von Drittländern. Vorläufige Tagesordnung

03.04.2024 – 09:00-11:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Bericht zur Einsetzung und der Arbeitsweise Europäischer Betriebsräte und zur wirksamen Durchsetzung der Rechte auf länderübergreifende Unterrichtung und Anhörung, Gedankenaustausch mit Alexej Buzu (Minister für Arbeit und Sozialschutz der Republik Moldau) und Marina Morozova (Mitglied des Parlaments der Republik Moldau, Vizepräsidentin des parlamentarischen Ausschusses für Sozialschutz, Gesundheit und Familie), Vorstellung zu Arbeitskräfte- und Qualifikationsdefiziten (Aktionsplan). Vorläufige Tagesordnung

07.04.-09.04.2024
Informelle Ministertagung Landwirtschaft
Themen: Die Landwirtschaftsminister kommen zu Beratungen zusammen. Infos

News

Tschechien setzt Webseite wegen Russland-Bezug auf Sanktionsliste

Oligarch Wiktor Medwedtschuk ist in der Ukraine wegen Hochverrats angeklagt.

Die tschechische Regierung hat die Betreiber der Internetseite “Voice of Europe” auf ihre gegen Russland gerichtete nationale Sanktionsliste gesetzt. Das teilte das Außenministerium in Prag am Mittwoch mit. Die Internetseite sei Teil einer russischen Einflussoperation, deren Ziel es sei, die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Freiheit der Ukraine infrage zu stellen. Dahinter stehe der Oligarch Wiktor Medwedtschuk, der in der Ukraine wegen Hochverrats angeklagt wurde, aber im Zuge eines Gefangenenaustauschs nach Russland gelangte. Medwedtschuk, der als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt, wurde nach Ministeriumsangaben auch persönlich auf die Sanktionsliste gesetzt.

Die Entscheidung trage zum Schutz der demokratischen Prozesse vor den Wahlen zum Europaparlament im Juni bei, betonte das Außenministerium in Prag. Die Zeitung “Denik N” berichtete unter Berufung auf Geheimdienstkreise, über das Einfluss-Netzwerk seien auch Gelder in bar an Politiker übergeben worden – darunter auch an Politiker aus Deutschland. Offiziell gab es dazu keine näheren Angaben. Das Nachrichtenportal “Voice of Europe” ist unter anderem auf Englisch und Deutsch verfügbar. dpa

  • Europäisches Parlament

Ukraine: EU-Staaten wollen strengere Zoll-Vorgaben

Unter dem Druck von Bauern will eine Mehrheit der EU-Staaten strengere Zollvorgaben für bestimmte Lebensmittel aus der Ukraine. Die Botschafter der EU-Staaten einigten sich am Mittwochabend auf einen neuen Kompromiss zu Zollvorgaben für ukrainische Agrarprodukte, wie die belgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Er sieht nach Angaben von Diplomaten vor, dass weniger Waren als ursprünglich vorgesehen zollfrei in die EU verkauft werden dürfen. Das dürfte zum Nachteil der ukrainischen Landwirtschaft werden. Betroffen sind unter anderem Eier, Geflügel, Zucker und Mais.

Eigentlich hatten sich bereits vergangene Woche Unterhändler der Mitgliedsstaaten und des Europaparlaments auf neue Zoll-Vorgaben für ukrainische Waren geeinigt. Konkret sollen von den Regeln betroffene Waren nur noch bis zu einer bestimmten Menge zollfrei in die EU importiert werden dürfen. Der zwischen Parlament und EU-Staaten vergangene Woche erzielte Kompromiss sah vor, dass sich diese Menge nach dem Schnitt der Importe in den Jahren 2022 und 2023 richtet. Diese Referenzperiode soll nach Angaben aus Diplomatenkreisen nun auch das zweite Halbjahr 2021 umfassen, als noch weniger der betroffenen ukrainischen Waren in die EU verkauft wurden.

Die Verschärfung der Vorgaben braucht auch im Europaparlament eine Mehrheit. Von dort kommt vehemente Kritik. “Diese Maßnahme ist rein emotional begründet, um die Diskussion mit Landwirten zu Hause zu befrieden”, sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses des Europaparlaments, Bernd Lange (SPD). Dafür zusätzliche Last den Ukrainern aufzuerlegen, sei inakzeptabel. dpa

  • Agrar
  • Handelspolitik
  • Ukraine

Kohäsionsbericht warnt vor “Entwicklungsfalle” in Ostdeutschland

Am Mittwoch hat die EU-Kommission den neunten Kohäsionsbericht veröffentlicht. Darin bewertet sie die Wirkung der Kohäsionspolitik insgesamt positiv, identifiziert aber auch hartnäckige Entwicklungsprobleme in den weniger entwickelten Regionen.

Auf Ebene der Mitgliedstaaten hat sich das durchschnittliche BIP pro Kopf zwischen alten und neuen Mitgliedstaaten seit 2004 stark angeglichen. Lag das BIP pro Kopf der neuen Mitglieder 2004 bei 52 Prozent des EU-Durchschnitts, hat sich der Durchschnittswert der neuen Mitglieder zwanzig Jahre später auf 80 Prozent angeglichen.

Auch bei der Krisenpolitik gibt sich die Kommission im Kohäsionsbericht gute Noten. Dank des flexiblen Einsatzes des Kohäsionsbudgets konnte man das BIP innerhalb von zwei Jahren wieder auf das Vorkrisenniveau heben, während dies nach der Finanzkrise 2008 in manchen Ländern bis zu zehn Jahre dauerte, so die Kommission. In dieser Argumentation wird ersichtlich, wie schwierig es ist, die Effekte der Kohäsionspolitik isoliert von anderen fiskalpolitischen und wirtschaftspolitischen Entwicklungen zu betrachten, die gerade bei der Reaktion auf die Krise einflussreicher gewesen sein dürften.

Süd- und Südosteuropa besonders betroffen

Insgesamt bewertet der Bericht die Effekte der Kohäsionspolitik in Zentral- und Osteuropa positiv, während er die Entwicklungen in Süd- und Südosteuropa kritischer sieht. Zudem gibt es nach wie vor Probleme bei den innerstaatlichen Unterschieden zwischen den Regionen, dem eigentlichen Kerngeschäft der Kohäsionspolitik. Große Entwicklungsunterschiede zwischen ländlichen und Metropolregionen bleiben bestehen.

Zudem identifiziert der Bericht weiterhin höhere Jugendarbeitslosigkeitsraten in wirtschaftlich weniger entwickelten Regionen. Dies bedeutet auch, dass viele Arbeitskräfte aus diesen Regionen abwandern, die wirtschaftliche Entwicklung der Region beeinträchtigen kann. Regionen, aus denen gut ausgebildete, junge Arbeitskräfte abwandern, könnten in einer “Entwicklungsfalle” landen, warnt der Bericht. Von dieser Entwicklungsfalle gefährdet sind laut Kommission vor allem Regionen in Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Kroatien, Italien, Südportugal, Ostfrankreich und Ostdeutschland.

Im April wird Enrico Letta der belgischen EU-Ratspräsidentschaft einen Bericht zur Zukunft des Binnenmarkts präsentieren. Darin werden auch Vorschläge zur Zukunft der Kohäsionspolitik erwartet. jaa

  • Wirtschaftspolitik

Kommission stellt Plan zur Schaffung eines europäischen Studiengangs vor

Die EU-Kommission hat am Mittwoch Pläne zur Schaffung neuartiger Bachelor-, Master- und Doktorandenprogramme vorgelegt. “Unsere Vision ist es, die europäische Hochschulbildung noch wettbewerbsfähiger und vernetzter zu machen”, erklärte EU-Forschungskommissarin Iliana Ivanova.

Bei dem Europäischen Abschluss soll es sich um eine neue Art von Diplomen handeln, die nach transnationalen Programmen auf nationaler, regionaler oder institutioneller Ebene verliehen werden – und zwar auf freiwilliger Basis. Profitieren würden in erster Linie Studierende, erklärte Kommissions-Vizepräsident Margaritis Schinas. “Sie könnten in verschiedenen Ländern in verschiedenen Sprachen mit automatischer Anerkennung studieren. Sie könnten die beste Ausbildung erhalten, die mehrere Universitäten zu bieten haben, und mit neuen zukunftssicheren Fähigkeiten würden sie sich auf dem weltweiten Arbeitsmarkt einen Vorteil verschaffen.”

Pläne berücksichtigen die institutionelle Autonomie der Hochschulen

Der Fahrplan der Kommission basiere auf den Ergebnissen von sechs Erasmus+-Pilotprojekten, an denen mehr als 140 Hochschuleinrichtungen aus der gesamten EU beteiligt sind, sagte Ivanova. Die Vorschläge bauten auf der institutionellen Autonomie und der akademischen Freiheit der Universitäten auf. Sie respektieren uneingeschränkt die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und Regionalregierungen im Bereich der Hochschulbildung.

Das, was die EU-Kommission vorschlage, ersetze in keiner Weise erprobte Strukturen, es sei eine neue Option, die so attraktiv sein soll, dass die Menschen danach fragen werden und die Mitgliedsstaaten und Hochschulen es anbieten wollen. “Es ergänzt das, was bereits existiert.”

Mindestens zwei Universitäten aus verschiedenen Mitgliedstaaten müssten an einem gemeinsamen Programm zur Ausstellung des Diploms teilnehmen. Was sowohl für private als auch für staatliche Universitäten optional sei – da es kein spezifisches Budget oder eine zusätzliche Haushaltslinie für die Einbindung geben werde, erklärte Ivanova.

In mehreren Schritten zum European Degreee

Angesichts der Vielfalt der europäischen Hochschulsysteme schlägt die Kommission einen schrittweisen Ansatz mit zwei möglichen Einstiegspunkten vor. Dabei sollen rechtliche und administrative Hindernisse, vor denen Partneruniversitäten bei der Einrichtung wettbewerbsfähiger gemeinsamer Studiengänge auf Bachelor-, Master- oder Doktorandenebene stehen, behoben werden:

  • Ein Europäisches Label: Das Label soll für ein starkes Branding sorgen. Es würde an Joint-Degree-Programme vergeben, die die vorgeschlagenen europäischen Kriterien erfüllen: Studierende erhalten ein Zertifikat mit dem Label “Europäischer Abschluss”.
  • Europäischer Abschluss: Die neue Qualifikation würde auf gemeinsam erarbeiteten Kriterien basieren und in der nationalen Gesetzgebung verankert werden. Er würde entweder gemeinsam von mehreren Universitäten aus verschiedenen Ländern oder möglicherweise von einer von diesen Universitäten gegründeten europäischen juristischen Person verliehen: Studierende erhielten einen “europäischen Abschluss”, der automatisch anerkannt wird.

Die Kommission will die Mitgliedstaaten bei der Arbeit an einem europäischen Abschluss durch eine Reihe konkreter Maßnahmen unterstützen, darunter ein vom Erasmus+-Programm unterstütztes Labor für europäische Abschlusspolitik, das ab 2025 seine Arbeit aufnimmt. EU-Mitgliedstaaten und die Hochschulgemeinschaft sollen gemeinsam Leitlinien für einen europäischen Abschluss entwickeln. nik

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Paris will zweite CETA-Abstimmung erst nach EU-Wahlen

In einem Interview mit der französischen Zeitung Le Figaro, sagte der französische Handelsminister Franck Riester, dass die Nationalversammlung erst nach den europäischen Wahlen über die CETA-Ratifizierung abstimmen werde. Die Nationalversammlung hatte der Ratifizierung des Abkommens zwischen Kanada und der EU 2019 schon einmal knapp zugestimmt. Nun ist aber eine weitere Abstimmung nötig, da der französische Senat die Ratifizierung in der vergangenen Woche mit einer großen Mehrheit ablehnte. Im Gegensatz zu 2019 hat Macrons Partei keine Mehrheit mehr in der Nationalversammlung.

“Der Gesetzesentwurf wird [der Nationalversammlung] zum gegebenen Zeitpunkt vorgelegt werden, aber nicht vor den Europawahlen, da dieses Thema Zeit für eine ruhige Debatte benötigt”, sagte Riester im Interview. Er wolle nicht, dass die Debatte für die Wahlkampagne instrumentalisiert werde.

Kommunisten wollen dennoch schnelle Entscheidung

Die kommunistische Partei, welche die Abstimmung im Senat ursprünglich angetrieben hatte, reagierte empört und nannte das Vorgehen eine “schwerwiegende und beispiellose Verweigerung der Demokratie“. Sie will die CETA-Ratifizierung am 30. Mai in die Nationalversammlung bringen.

Neben Riester sorgte auch Renaissance-Spitzenkandidatin Valérie Hayer für Aufregung, weil sie in einem Interview sagte, dass auch eine Ablehnung durch die Nationalversammlung nicht zwingend das Ende der provisorischen Anwendung des CETA-Abkommens bedeute. Wie Table.Briefings berichtete, müsste die französische Regierung entscheiden, ob sie Brüssel nach einem Scheitern in der Nationalversammlung die definitive Nicht-Ratifikation offiziell übermitteln will. jaa

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Frankreichs grüne Industrie im Aufschwung

Laut dem ersten Industriebarometer, das am Mittwoch vom französischen Industrieministerium veröffentlicht wurde, waren 29 der 201 Neueröffnungen von Industriestandorten, die 2023 in Frankreich gezählt wurden, mit dem Sektor der grünen Industrie und der Kreislaufwirtschaft verbunden. Der Sektor umfasst Recycling, erneuerbare Energien und die Herstellung von wasserstoffbetriebenen Batterien, so das Ministerium. Es handle sich neben der Lebensmittelindustrie um einen der dynamischsten Sektoren, was “zeigt, dass jenseits der Rhetorik die Transformation in der französischen Industrielandschaft bereits im Gange ist”, freut sich die Generaldirektion für Unternehmen.

Das gestern von Paris veröffentlichte Barometer zeigt die Nettozahl neuer Industriestandorte und signifikanter Erweiterungen von Industriestandorten in Frankreich für die vergangenen beiden Jahre. Von den 201 neuen Standorten waren die Lebensmittelindustrie (+ 47), die grünen Industrien und die Kreislaufwirtschaft des industriellen Recyclings (+ 29), der Transportsektor (+ 22), der Gesundheitssektor (+ 20) und die Textilindustrie (+ 19) die Sektoren, die 2023 die meisten Fabriken eröffneten.

Europäische Industriestrategie weiter nötig

Für Neil Makaroff, Direktor des Brüsseler Think Tanks Strategic Perspectives, ist diese Ankündigung “eher eine gute Nachricht”, da sie bedeutet, dass Frankreich in der Lage ist, Investitionen für diese Standorte im Zusammenhang mit der grünen Industrie anzuziehen. Angesichts des starken Wettbewerbs mit China und den USA sei es jedoch nicht sicher, dass Frankreich diesen Wettbewerb allein aushalten könne, betonte er. “China nimmt 60 Prozent der industriellen Wertschöpfungskette im Zusammenhang mit der grünen Wende ein”, erklärt er. “Die Frage ist also, wie wir auf europäischer Ebene reagieren.”

Für Makaroff wird der nächste Schritt des Green Deal daher darin bestehen, eine richtige grüne Industriestrategie zu definieren, die in der Lage ist, Investitionen in grüne Technologien zu entfesseln. Er ist jedoch der Ansicht, dass der zunehmende Ruf nach einer Pause vom Green Deal zu einer starken Verunsicherung der Investoren, die bereits in der grünen Wende engagiert sind, führen kann. cst

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DSA: EuGH weist Anträge von Amazon ab

Im Streit mit der Kommission über eine schärfere Regulierung in der Europäischen Union hat Amazon eine juristische Niederlage erlitten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wies am Mittwoch Anträge des Unternehmens gegen bestimmte Auflagen des Digital Services Act (DSA) zurück.

Im April 2023 hatte die Kommission Amazon als sehr große Online-Plattform (VLOP) im Sinne des DSA bestimmt. Dies bedeutet unter anderem, dass Amazon ein Werbearchiv mit detaillierten Informationen über seine Online-Werbung öffentlich zugänglich machen muss. Amazon hatte daraufhin im September beim Gericht der Europäischen Union die Nichtigerklärung dieses Beschlusses und vorläufigen Rechtsschutz beantragt.

Amazon argumentierte, die vom Unionsgesetzgeber eingeführte Pflicht, ein Werbearchiv öffentlich zugänglich zu machen, schränke seine Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf unternehmerische Freiheit rechtswidrig ein. Das Gericht ordnete die Aussetzung des Beschlusses – das Werbearchiv betreffend – an. Gegen diesen Beschluss wiederum legte die Kommission beim Gerichtshof ein Rechtsmittel ein – und bekam jetzt recht.

Gerichtshof: Interessen des Gesetzgebers beim DSA gehen vor

Der Vizepräsident des Gerichtshofs räumte zwar ein, dass dem ersten Anschein nach die Argumente von Amazon nicht unerheblich und auch nicht völlig haltlos seien. Zudem würde Amazon bis zu einem eventuell ergehenden Urteil wahrscheinlich einen schwerwiegenden und nicht wiedergutzumachenden Schaden erleiden. Dies sei für sich genommen aber nicht entscheidend. Es stehe nicht die Existenz oder die langfristige Entwicklung von Amazon auf dem Spiel.

Die Aussetzung des Beschlusses würde jedoch bedeuten, “das vollständige Erreichen der Ziele der Verordnung über einen Binnenmarkt für digitale Dienste möglicherweise über mehrere Jahre hinauszuschieben”, argumentierte der Vizepräsident. So bestehe oder entwickle sich möglicherweise ein Online-Umfeld, “das eine Bedrohung für die Grundrechte darstellt“. Daher gingen in diesem Fall die vom Unionsgesetzgeber vertretenen Interessen den materiellen Interessen von Amazon vor.

Nach Angaben der Agentur Reuters äußerte sich Amazon enttäuscht über die Entscheidung. Außerdem bekräftigte es seine Einschätzung, dass es nicht unter die Definition einer VLOP falle.vis

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Chinesischer Eisenbahnkonzern zieht sich aus Ausschreibung in Bulgarien zurück

Der chinesische Eisenbahnhersteller CRRC Qingdao Sifang Locomotive hat sich aus einer Ausschreibung in Bulgarien zurückgezogen. Bei der Ausschreibung des Verkehrsministeriums in Sofia ging es um den Kauf von 20 elektrischen Zügen und deren Wartung für 15 Jahre. Der geschätzte Wert des Auftrags belief sich auf 610 Millionen Euro. Vorangegangen war eine Untersuchung der Europäischen Kommission gegen die Tochterfirma des chinesischen Staatskonzerns China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC).

Die EU-Prüfung war die erste im Rahmen der neuen EU-Verordnung gegen den Binnenmarkt verzerrende Subventionen aus dem Ausland. Das Angebot von CRRC Qingdao Sifang Locomotive für die 20 Züge war laut EU-Kommission nur etwa halb so hoch wie das des spanischen Anbieters Talgo. Brüssel behauptet, dies sei nur durch die Gewährung von Subventionen in Höhe von 1,75 Milliarden Euro durch Peking möglich. 

Die chinesische Handelskammer an die EU sah in dem Vorgang einen Beweis dafür, dass die EU ihre Verordnung “als neues Instrument einsetzt, um ausländische Unternehmen abzuschrecken und sie zum Rückzug und anschließenden Geschäftsausschluss zu zwingen.” Die chinesischen Unternehmen seien mit “nicht marktbasierter Ausgrenzung” konfrontiert, teilte die Handelskammer mit. ari

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Presseschau

Tschechien meldet Enthüllung von russischem Propaganda-Netzwerk in EU DER STANDARD
Chinesische Hacker sollen europäische Abgeordnete angegriffen haben SÜDDEUTSCHE
Europawahl 2024: Studie warnt vor fataler Taktik – Migration als Topthema könnte nach hinten losgehen RND
Strategie geht auf: Le-Pen-Partei in Umfragen zur EU-Wahl vorn DER STANDARD
Digital Services Act: EuGH weist Amazon-Klage gegen EU-Regulierung ab HANDELSBLATT
Ukraine: EU-Länder einigen sich auf Beschränkungen für zollfreie Agrarimporte STERN
Gemeinsame Waffenbeschaffung: EU-Rüstung mit Nebenwirkungen FAZ
Habeck spricht sich für einen EU-Verteidigungskommissar aus SPIEGEL
Warschau zieht General ab: Polnischer Eurokorps-Kommandeur unter Spionageverdacht N-TV
EU-Kommission arbeitet an Entwurf zu EU-weiten Uni-Abschlüssen ZEIT
Stromnetz: Niederlande erwägen Alternative zu Tennet-Verkauf an Deutschland HANDELSBLATT
Polen: Festnahmen und Durchsuchungen bei PiS-nahen Politikern FAZ
Schweizer Knöllchen werden bald auch in Deutschland vollstreckt BR
Frankreich und Brasilien mit Milliardeninvestition für Amazonas WEB.DE
Armut in Italien auf Rekordhoch FAZ
Apothekenkette in Schweden: Kein Verkauf von Anti-Faltencremes an Kinder TAGESSCHAU

Heads

Melanie Kühnemann-Grunow – Europa in Berlin sichtbar machen

Melanie Kühnemann-Grunow (SPD) ist Sprecherin für Europaangelegenheiten, Medien, Kultur und Städtepartnerschaften im Abgeordnetenhaus in Berlin.

Melanie Kühnemann-Grunows Herz schlägt für eine kulturell diverse Hauptstadt. Die 52-jährige Berlinerin aus Lichtenrade ist Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Dort ist sie Sprecherin für Europaangelegenheiten, Medien, Kultur und Städtepartnerschaften. Außerdem ist sie die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion und Mitglied im Ausschuss der Regionen sowie stellvertretendes Mitglied im Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates. Ihr Ziel: Die EU stärker in der Berliner Politik verankern. 

Sozialdemokratin durch und durch 

Sozialisiert wurde Kühnemann-Grunow in einem sozialdemokratischen Elternhaus. Geduldig erwartete sie ihren sechzehnten Geburtstag, um in die SPD eintreten zu können. Sie studierte Germanistik und Geschichtswissenschaft auf Lehramt und war anschließend fast zehn Jahre im Schuldienst tätig. “Anderen Menschen eine Richtschnur zu sein und den Start ins Leben zu ermöglichen, war eine große Motivation.”  

2014 wechselte sie in den Stab der damaligen Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen. “Das war eine Chance, mir die Verwaltung von innen anzuschauen und die Seite der Exekutive besser zu verstehen. Politik und Verwaltung sind eng miteinander verknüpft.”  Leicht fiel es ihr jedoch nicht, das Unterrichten an den Nagel zu hängen: “Ich denke noch oft daran zurück, manchmal fehlt mir das ein bisschen.” Für sie ist klar: “Ich bin auf Zeit gewählt, und der Schuldienst ist für mich immer eine gute Alternative.” 

Für die Kulturszene im Einsatz 

Seit 2016 vertritt sie für die SPD den Bezirk Tempelhof-Schöneberg im Berliner Abgeordnetenhaus. Dort setzt sie sich insbesondere für niedrigschwellige Bildungseinrichtungen ein und arbeitet derzeit an einem Bibliotheksgesetz. “Kulturelle Bildung ist mein Steckenpferd“. Zwei bis drei Mal im Monat ist die Berlinerin in Brüssel.

Im Ausschuss der Regionen ist sie Mitglied in der Fachkommission SEDEC für Sozialpolitik, Bildung, Beschäftigung, Forschung und Kultur. Der dortige Austausch mit Vertretern aus anderen Regionen Europas zeige auf, dass viele Probleme europaweit bestehen, beispielsweise der Mangel an Wohnraum in Großstädten. “Das legt nahe, europäische Initiativen anzustoßen, denn sonst konkurrieren wir miteinander um Rohstoffe für den Wohnungsbau”, findet Kühnemann-Grunow.  

Die Berliner Europa-Strategie

Gleichzeit räumt die Abgeordnete ein: “In der Berliner Politik ist die Perspektive auf unsere eigenen Bereiche gerichtet. Europa rutscht da ein bisschen weg.” Insbesondere die Sorge um den Aufstieg der AfD als “zunächst euroskeptische, mittlerweile rechtsextreme Partei” treibt sie an.

In Hinblick auf die anstehende Europawahl möchte sie sich dafür einsetzen, “dass das Europäische Parlament kein Parlament wird, in dem die Feinde von Europa die Mehrheit haben.” Ihren Beitrag dazu will sie leisten, indem sie “Europa in Berlin sichtbar” macht. Dazu gibt es eine Europastrategie, die das Abgeordnetenhaus derzeit auf den Weg bringt. “In jeder Senatsverwaltung, in jedem Bezirksamt hat eine Europabeauftragte zu sitzen.” Eine weitere Idee: ein “Europafest” in Berlin, an dem die Botschaften aller Mitgliedsstaaten mitwirken.  

Kühnemann-Grunow möchte die Bevölkerung davon überzeugen, “dass Europa nicht nur das gängelnde, verwaltungsaufgeblasene Monstrum ist, sondern dass wir alle davon profitieren.” Insbesondere durch Förderprogramme wie den Europäischen Sozialfonds, die auch Berlin immens zugutekämen: “Viele soziale Träger erhalten eine Kofinanzierung über die EU.” Um diese Möglichkeiten besser wahrnehmen zu können, hat die Abgeordnete einen ganz praktischen Wunsch: Eine “Berlin-Agentur”, die Antragsteller unterstützt, EU-Hilfen zu akquirieren.

Ob sie in Zukunft vom Berliner ins Brüsseler Parlament wechseln würde? “Man soll niemals nie sagen, ich würde es nicht ausschließen. Momentan sehe ich meinen Platz hier in Berlin.” Sie sehe aber auch, wie bereichernd der Austausch auf europäischer Ebene ist, da er den Blick weite.  Clara Baldus

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    am Karfreitag ist der 72. Tag vor der Europawahl. Laut Europawahlgesetz entscheidet an diesem Tag der Bundeswahlausschuss, welche Listen für die Wahl am 9. Juni zugelassen werden. 40 Parteien und “sonstige politische Vereinigungen” hatten fristgerecht zum 18. März ihre Wahlvorschläge beim Bundeswahlleiter eingereicht.

    Es gibt Parteien, die gemeinsame Listen für alle Bundesländer einreichen. Darunter sind Parteien, die bereits im Europaparlament vertreten sind wie SPD, Grüne, FDP, AfD, Linke, Freie Wähler, ÖDP, Piraten, Familienpartei, Volt sowie Die Partei. Weitere Gruppierungen versuchen, erstmals Kandidaten durchzubringen, wofür wegen fehlender Sperrklausel bereits ein Prozent der abgegebenen Stimmen reichen könnte: Dazu zählt die Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung, die Klimaliste, BSW, sowie die dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und seiner AKP-Partei nahestehende DAVA (Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch).  

    Dann gibt es fünf Parteien, die Listen für einzelne Bundesländer eingereicht haben. Darunter sind die CDU, die in 15 von 16 Bundesländern antritt, sowie die CSU, die nur in Bayern antreten will. Außerdem wollen die Haie -Partei mit Biss, die GFA (Grundeinkommen für Alle) sowie Wir für Euch Bürgerforum antreten. Nach der Entscheidung des Bundeswahlausschusses am Freitag steht fest, wie der Wahlzettel aussehen wird. Wählen dürfen Deutsche ab 16, in Deutschland lebende Bürger anderer Mitgliedstaaten sowie Deutsche im Ausland, die sich allerdings dafür zuvor ins Wählerverzeichnis eintragen lassen müssen.

    Ein schönes Osterwochenende!

    Ihr
    Markus Grabitz
    Bild von Markus  Grabitz

    Analyse

    Scheinselbstständigkeit: Plattformrichtlinie ändert wenig an Lage in Deutschland

    Die EU-Richtlinie zur Plattformarbeit wird kaum Änderungen für die Beschäftigten in Deutschland haben. Dieses Fazit ziehen Arbeitsrechtler und Branchenexperten gegenüber Table.Briefings, nachdem der Rat den politischen Kompromiss nun auch ohne die Stimmen von Frankreich und Deutschland beschlossen hat. Bis zum Schluss blockierte die FDP die Zustimmung Deutschlands zu dem Gesetzvorhaben. FDP-Vize Johannes Vogel hatte die vorgesehenen Plattformregeln als “Angriff auf alle Selbstständigen in Europa” bezeichnet.

    Arbeitsrechtlerin Eva Kocher von der Europauniversität Frankfurt/Oder kann nicht nachvollziehen, warum die Bundesregierung nicht zugestimmt hat: “Die bestehende Praxis in Deutschland geht ohnehin schon sehr weit. Ich erwarte keine umfassenden Änderungen, was die Praxis angeht.” Essens- und Lieferdienstkuriere etwa seien hierzulande – anders als in anderen EU-Staaten – bereits überwiegend angestellt.

    Der Präsident des Bundesverbands Taxi Deutschland, Herwig Kollar, sieht es ähnlich: “Wir haben in Deutschland eine sehr umfangreiche Regelung zur Scheinselbstständigkeit. Ich erwarte durch das Gesetz keine wesentlichen Änderungen.”

    Uber erwartet wenig Auswirkungen

    Selbst die Plattformökonomie äußert sich ähnlich. “Die Gesetzgeber haben für die Beibehaltung des Status quo gestimmt. Das heißt, der Status von Plattformarbeitern wird weiterhin von Land zu Land und von Gericht zu Gericht anders entschieden”, sagt eine Uber-Sprecherin. Uber verweist stets darauf, dass man in Deutschland ausschließlich mit Liefer- und Flottenpartnern zusammenarbeite, “bei denen die Kuriere und Fahrer angestellt sind.”

    Dabei haben die Verbände wie etwa MoveEU, in dem unter anderem Uber, Bolt und Free Now vertreten sind, ursprünglich hart gegen die Richtlinie lobbyiert. Der Verband hatte wiederholt gewarnt: “Die Einführung einer widerlegbaren Beschäftigungsvermutung wird dazu führen, dass die Fahrer umklassifiziert werden und zwar gegen ihren Willen, unabhängig zu bleiben und ihre Arbeitszeit, ihren Zeitplan und ihre Einnahmen zu kontrollieren.

    Zentraler Mechanismus ist die Beweislastumkehr

    Die Richtlinie sieht eine widerlegbare Beschäftigungsvermutung vor. Diese wird ausgelöst, wenn nationale Behörden Anhaltspunkte haben, dass Selbstständige Angestellte sind. Was diese Anhaltspunkte sind, ist mit der neuen EU-Gesetzgebung weiter nationale Angelegenheit. Ursprünglich waren einheitliche Kriterien vorgesehen. Diese wurden in den Trilogverhandlungen auf Druck des Rats fallen gelassen. Das Gesetz muss noch vom Europaparlament bestätigt werden.

    Steht erst einmal eine Beschäftigungsvermutung im Raum, kommt laut der Richtlinie die Beweislastumkehr ins Spiel. Es soll künftig also Sache der Plattformen sein zu belegen, dass es sich bei ihren Auftragnehmern um Selbstständige und nicht um Angestellte handelt. Ziel der Richtlinie ist, die Statusfeststellung zu erleichtern.

    Allerdings sieht der Vorschlag nicht vor, alle Plattformarbeiter zu Angestellten zu machen – auch wenn dies von Kritikern der Richtlinie immer wieder so dargestellt wurde. Laut Einschätzung der Kommission müsste nur eine Minderheit der selbstständigen Plattformarbeiter tatsächlich ein festes Beschäftigungsverhältnis haben – umgerechnet rund ein Sechstel. Da es EU-weit allerdings aktuell rund 28 Millionen Plattformarbeiter gibt, umfasst diese Personengruppe der potenziell Scheinselbstständigen bei den Digitalplattformen immerhin fünf Millionen Menschen.

    Rentenversicherung: Verfahren könnte sich beschleunigen

    Konkrete Auswirkungen auf die Lage der Beschäftigten in Deutschland hänge nach Einschätzung der Deutschen Rentenversicherung Bund und anderen Sozialversicherungsträgern von der Umsetzung in nationales Recht ab. “Die Vermutungsregelung finde zwar grundsätzlich keine Anwendung in Sozialversicherungsfragen“, erklärt Volker Schmitt vom Brüsseler Büro der Deutschen Sozialversicherung. Selbst bei einer Ausklammerung der Sozialversicherung ließe sich aber nicht ausschließen, dass eine größere Rechtssicherheit im Arbeitsrecht und verbesserte Durchsetzungsmöglichkeiten von Arbeitnehmerrechten positive Effekte auf die Sozialversicherung haben.

    Die Richtlinie wird dafür sorgen, dass Plattformen teils ihre Algorithmen offenlegen müssen. Das hält Schmitt für einen Fortschritt. Ein Beispiel: Ein Paketbote bündelt mehrere Aufträge auf der letzten Meile. Das führt dazu, dass er von der vorgegebenen Routenplanung in der App abweicht. Wird er künftig dann weniger mit Aufträgen bedacht, kann das mit einer Strafe durch den Algorithmus zu tun haben. Das nachzuweisen, war bisher kaum möglich.

    Wie viel bringt die Beweislastumkehr in der Praxis?

    Arbeitsrechtlerin Kocher hat verhaltene Erwartungen an die Beweislastumkehr: “Meiner Beobachtung nach ist es auch gar nicht so sehr das Vorlegen von Beweisen. Der Streit dreht sich meistens darum, wie die Fakten und Beweise rechtlich gewürdigt werden, das ist das Komplizierte daran.” Dies müsse bei der Umsetzung der Beweislastumkehr in deutsches Recht berücksichtigt werden.

    Einige Plattformen sprechen sich explizit für die Richtlinie aus. Sie erhoffen sich Verbesserungen im Kampf gegen Scheinselbstständigkeit. So etwa Just Eat Takeaway, dessen Fahrer im markanten Orange unter dem Label Lieferando Essen vom Restaurant nach Hause liefern. “Wir stellen unsere Fahrer bereits alle an, sogar in einer unbefristeten Direktanstellung mit allen entsprechenden Rechten. Somit erwarten wir auch keine direkten Auswirkungen auf unser Geschäft, jedoch eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen“, so das Unternehmen.

    Verhalten optimistisch zeigt sich der Weltverband der Straßentransportwirtschaft, die International Road Transport Union (IRU). Ein Sprecher sagte, die gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission “erheblich geänderte Richtlinie” biete “einen gewissen Schutz vor Scheinselbstständigkeit”. Wie groß der Effekt sei, lasse sich erst abschätzen, wenn sie in nationales Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt sei.

    Taxiverband fordert weiterreichende Maßnahmen

    Um Scheinselbstständigkeit in der Plattformökonomie wirksamer zu unterbinden, wünscht sich der Bundesverband Taxi Deutschland weiterreichende Maßnahmen. “Dadurch, dass die Unternehmen mit zahlreichen Sub- und Sub-Sub-Unternehmen zusammenarbeiten, ist eine effektive Kontrolle schwer möglich“, sagt Präsident Kollar. Der Gesetzgeber müsse daher schon früher ansetzen. “Man muss wie bei den Paketboten über ein Verbot von Subunternehmern nachdenken. Nur so wird man dem Dickicht Herr.”

    Zuletzt war etwa durch den RBB im Falle Berlins thematisiert worden, dass es bei Uber, Bolt und Co. zahlreiche Vorkommnisse von Schwarzarbeit und zudem hunderte Wagen ohne Konzession geben soll. Die Kontrollbehörde, das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), sprach im Berliner Fall gar von “organisierter Kriminalität”.

    Uber sagte auf Table.Briefings-Anfrage dazu, dass “gesetzeskonformes Handeln für Uber oberste Priorität” habe. “Sofern sich unsere Partner nicht an die Regeln halten und wir davon Kenntnis erlangen, ziehen wir entsprechende Konsequenzen, bis zu einer Sperrung auf unserer Plattform.” Man wolle die Zusammenarbeit mit dem LABO weiter intensivieren, um so sicherzustellen, dass nur konzessionierte Unternehmen und Fahrzeuge Aufträge vermittelt bekommen. Bolt äußerte sich auf Anfrage nicht.

    Der Taxiverband verfolgt eigene Interessen. Er sieht die teils günstigere Konkurrenz durch die neuen Fahrdienstleister wie Uber und Bolt als Gefahr für das eigene Gewerbe.

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    Streit um Ausfuhrbeschränkungen: Xi warnt bei Treffen mit Rutte vor Tech-Konfrontation

    Im Streit um westliche Ausfuhrbeschränkungen für Hochtechnologie hat Staatschef Xi Jinping bei seinem Treffen mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte deutliche Worte gefunden: “Keine Macht kann das Tempo der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklung und des Fortschritts in China aufhalten”, sagte Xi laut einem Bericht des Staatsfernsehens. Das chinesische Volk habe ein Recht auf Entwicklung. Xi kritisierte Rutte scharf dafür, den Zugang zu westlicher Hochtechnologie zu behindern. “Entkopplung und Abbruch der Verbindungen” führten ins Nichts, und Zusammenarbeit sei die einzige Option, sagte Xi.

    Die Niederlande befinden sich im Kreuzfeuer der Handelsspannungen zwischen China und den USA. Auf Betreiben Washingtons hat die niederländische Regierung den Verkauf von Maschinen zur Produktion hoch entwickelter Prozessorchips eingeschränkt. Das niederländische Unternehmen ASML ist der weltweit einzige Hersteller von Maschinen, die mithilfe der Extrem-Ultraviolett-Lithografie modernste Halbleiter der Spitzenklasse produzieren können. China war bis vor Beginn der Lizenzprobleme der zweitgrößte Markt von ASML, nach Taiwan. Rund 26 Prozent des Unternehmensumsatzes wurden in China 2023 laut Unternehmensbericht erwirtschaftet.

    Anfang des Jahres hat die niederländische Regierung damit begonnen, ASML die Genehmigung für die Ausfuhr einiger Maschinen nach China zu entziehen. Doch das reicht den USA offenbar nicht. Medienberichten zufolge drängt die Regierung in Washington darauf, auch die Wartung von Maschinen zu verbieten, die vor dem aktuellen Verkaufsverbot geliefert wurden. China befürchtet, Den Haag könnte dieser Bitte Folge leisten. Der Verlust für die chinesischen Chip-Hersteller wäre gigantisch. Die Maschinen von ASML kosten weit über Hundert Millionen Euro. Werden sie nicht regelmäßig gewartet, müssen sie abgeschrieben werden.

    ASML droht Regierung mit Abzug aus den Niederlanden

    Rutte versuchte in Peking zu beschwichtigen: Die Niederlande achteten darauf, dass Exportbeschränkungen, die “unseren Halbleitersektor und Unternehmen wie ASML” betreffen, “niemals speziell auf ein Land abzielen”.

    Aber auch ASML dürfte wenig begeistert sein, in den Mittelpunkt des US-chinesischen Handelskonflikts geraten zu sein. Das Unternehmen hat kürzlich damit gedroht, die Niederlande verlassen zu wollen – offiziell mit der Begründung, eine zuwanderungsfeindliche Politik würde seine Möglichkeiten einschränken, talentierte Spezialisten einzustellen. Der eigentliche Grund dürfte aber sein, dass die Regierung Rutte dem Druck der USA nachgegeben hat.

    Exporte aus Niederlanden nach China gestiegen

    Der niederländische Handelsminister hatte am Dienstag in einem Interview mit der niederländischen Wirtschaftszeitung FD betont, die Verteidigung der Interessen von ASML habe für ihn “oberste” Priorität. ASML “ist das wichtigste Unternehmen, das wir haben”, sagte Geoffrey van Leeuwen. Zugleich betonte er: “Wir sagen auch, dass die nationale Sicherheit von uns und unseren Partnern Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen hat.” Am Mittwoch traf er in Peking seinen Amtskollegen Wang Wentao.

    Die niederländischen Exporte nach China sind zu Beginn des Jahres erneut gestiegen – und zwar gegen den allgemeinen Trend der Ausfuhren aus der EU. Im Januar und Februar wuchsen sie um 26,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie aus Zahlen des chinesischen Zolls hervorgeht. Ob das nur an EUV (extreme ultraviolet light)- und DUV (deep ultraviolet light )-Lithografiemaschinen liegt, ist nicht klar. Die Zahlen legen aber die Vermutung nahe, dass chinesische Kunden die ASML-Maschinen gekauft haben, bevor noch mehr Exportbeschränkungen greifen.

    SMEE liegt technisch noch zurück

    China ist um raschen Ersatz bemüht. Der vielversprechendste heimische Hersteller Shanghai Micro Electronics Equipment (SMEE) bleibt trotz bemerkenswerter Fortschritte derzeit noch hinter ASML zurück. Wie Li Jinxiang, stellvertretender Generalsekretär der China Electronic Production Equipment Industry Association, im vergangenen Jahr feststellte: “Keine einzige Produktionslinie zur Chipherstellung in China ist mit einem in China hergestellten Lithografiesystem ausgestattet – die meisten davon werden nur in der akademischen Forschung eingesetzt.”

    SMEE war lange Zeit ausschließlich in der Chip-Verpackungsindustrie erfolgreich. Für die Montage und Verpackung von Chips in ihre endgültigen Strukturen sind Lithografiemaschinen der unteren Preisklasse erforderlich. Laut Daten des Center for Security and Emerging Technology (CSET) der Georgetown University verkaufte SMEE zwischen 2011 und 2014 eine Handvoll KrF-Maschinen, zwischen 2015 und 2019 jedoch keine. SMEE bewirbt zwar immer noch eine ArF-Maschine auf seiner Website. The Wire China zitiert jedoch mehrere Quellen, die sich skeptisch äußerten und sagten, bei diesen Maschinen handele es sich wahrscheinlich um Prototypen und nicht um kommerzielle Produkte.

    Im Juni 2020 berichteten chinesische Medien, dass eine neue 28-Nanometer-Maschine von SMEE Ende 2021 verfügbar sein würde. Die Staatszeitung Global Times nannte den Schritt einen “bahnbrechenden Durchbruch für Chinas Halbleiterindustrie”. Bisher hat sich in der Sache aber nichts getan.

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    EU-Monitoring

    03.04.-04.04.2024
    Informelle Ministertagung Verkehr
    Themen: Die Verkehrsminister kommen zu Beratungen zusammen. Infos

    03.04.2024 – 09:00-12:15 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
    Themen: Bericht von den laufenden Trilogverhandlungen zum Europäischen Gesundheitsdatenraum, Gedankenaustausch zur Umsetzung des Gesetzes über digitale Märkte (Einhaltung der Vorschriften, mit Schwerpunkt auf Selbstreferenzierung und App-Stores), Vorstellung der Festlegung harmonisierter Anforderungen im Binnenmarkt an die Transparenz der Interessenvertretung im Auftrag von Drittländern. Vorläufige Tagesordnung

    03.04.2024 – 09:00-11:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
    Themen: Bericht zur Einsetzung und der Arbeitsweise Europäischer Betriebsräte und zur wirksamen Durchsetzung der Rechte auf länderübergreifende Unterrichtung und Anhörung, Gedankenaustausch mit Alexej Buzu (Minister für Arbeit und Sozialschutz der Republik Moldau) und Marina Morozova (Mitglied des Parlaments der Republik Moldau, Vizepräsidentin des parlamentarischen Ausschusses für Sozialschutz, Gesundheit und Familie), Vorstellung zu Arbeitskräfte- und Qualifikationsdefiziten (Aktionsplan). Vorläufige Tagesordnung

    07.04.-09.04.2024
    Informelle Ministertagung Landwirtschaft
    Themen: Die Landwirtschaftsminister kommen zu Beratungen zusammen. Infos

    News

    Tschechien setzt Webseite wegen Russland-Bezug auf Sanktionsliste

    Oligarch Wiktor Medwedtschuk ist in der Ukraine wegen Hochverrats angeklagt.

    Die tschechische Regierung hat die Betreiber der Internetseite “Voice of Europe” auf ihre gegen Russland gerichtete nationale Sanktionsliste gesetzt. Das teilte das Außenministerium in Prag am Mittwoch mit. Die Internetseite sei Teil einer russischen Einflussoperation, deren Ziel es sei, die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Freiheit der Ukraine infrage zu stellen. Dahinter stehe der Oligarch Wiktor Medwedtschuk, der in der Ukraine wegen Hochverrats angeklagt wurde, aber im Zuge eines Gefangenenaustauschs nach Russland gelangte. Medwedtschuk, der als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt, wurde nach Ministeriumsangaben auch persönlich auf die Sanktionsliste gesetzt.

    Die Entscheidung trage zum Schutz der demokratischen Prozesse vor den Wahlen zum Europaparlament im Juni bei, betonte das Außenministerium in Prag. Die Zeitung “Denik N” berichtete unter Berufung auf Geheimdienstkreise, über das Einfluss-Netzwerk seien auch Gelder in bar an Politiker übergeben worden – darunter auch an Politiker aus Deutschland. Offiziell gab es dazu keine näheren Angaben. Das Nachrichtenportal “Voice of Europe” ist unter anderem auf Englisch und Deutsch verfügbar. dpa

    • Europäisches Parlament

    Ukraine: EU-Staaten wollen strengere Zoll-Vorgaben

    Unter dem Druck von Bauern will eine Mehrheit der EU-Staaten strengere Zollvorgaben für bestimmte Lebensmittel aus der Ukraine. Die Botschafter der EU-Staaten einigten sich am Mittwochabend auf einen neuen Kompromiss zu Zollvorgaben für ukrainische Agrarprodukte, wie die belgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Er sieht nach Angaben von Diplomaten vor, dass weniger Waren als ursprünglich vorgesehen zollfrei in die EU verkauft werden dürfen. Das dürfte zum Nachteil der ukrainischen Landwirtschaft werden. Betroffen sind unter anderem Eier, Geflügel, Zucker und Mais.

    Eigentlich hatten sich bereits vergangene Woche Unterhändler der Mitgliedsstaaten und des Europaparlaments auf neue Zoll-Vorgaben für ukrainische Waren geeinigt. Konkret sollen von den Regeln betroffene Waren nur noch bis zu einer bestimmten Menge zollfrei in die EU importiert werden dürfen. Der zwischen Parlament und EU-Staaten vergangene Woche erzielte Kompromiss sah vor, dass sich diese Menge nach dem Schnitt der Importe in den Jahren 2022 und 2023 richtet. Diese Referenzperiode soll nach Angaben aus Diplomatenkreisen nun auch das zweite Halbjahr 2021 umfassen, als noch weniger der betroffenen ukrainischen Waren in die EU verkauft wurden.

    Die Verschärfung der Vorgaben braucht auch im Europaparlament eine Mehrheit. Von dort kommt vehemente Kritik. “Diese Maßnahme ist rein emotional begründet, um die Diskussion mit Landwirten zu Hause zu befrieden”, sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses des Europaparlaments, Bernd Lange (SPD). Dafür zusätzliche Last den Ukrainern aufzuerlegen, sei inakzeptabel. dpa

    • Agrar
    • Handelspolitik
    • Ukraine

    Kohäsionsbericht warnt vor “Entwicklungsfalle” in Ostdeutschland

    Am Mittwoch hat die EU-Kommission den neunten Kohäsionsbericht veröffentlicht. Darin bewertet sie die Wirkung der Kohäsionspolitik insgesamt positiv, identifiziert aber auch hartnäckige Entwicklungsprobleme in den weniger entwickelten Regionen.

    Auf Ebene der Mitgliedstaaten hat sich das durchschnittliche BIP pro Kopf zwischen alten und neuen Mitgliedstaaten seit 2004 stark angeglichen. Lag das BIP pro Kopf der neuen Mitglieder 2004 bei 52 Prozent des EU-Durchschnitts, hat sich der Durchschnittswert der neuen Mitglieder zwanzig Jahre später auf 80 Prozent angeglichen.

    Auch bei der Krisenpolitik gibt sich die Kommission im Kohäsionsbericht gute Noten. Dank des flexiblen Einsatzes des Kohäsionsbudgets konnte man das BIP innerhalb von zwei Jahren wieder auf das Vorkrisenniveau heben, während dies nach der Finanzkrise 2008 in manchen Ländern bis zu zehn Jahre dauerte, so die Kommission. In dieser Argumentation wird ersichtlich, wie schwierig es ist, die Effekte der Kohäsionspolitik isoliert von anderen fiskalpolitischen und wirtschaftspolitischen Entwicklungen zu betrachten, die gerade bei der Reaktion auf die Krise einflussreicher gewesen sein dürften.

    Süd- und Südosteuropa besonders betroffen

    Insgesamt bewertet der Bericht die Effekte der Kohäsionspolitik in Zentral- und Osteuropa positiv, während er die Entwicklungen in Süd- und Südosteuropa kritischer sieht. Zudem gibt es nach wie vor Probleme bei den innerstaatlichen Unterschieden zwischen den Regionen, dem eigentlichen Kerngeschäft der Kohäsionspolitik. Große Entwicklungsunterschiede zwischen ländlichen und Metropolregionen bleiben bestehen.

    Zudem identifiziert der Bericht weiterhin höhere Jugendarbeitslosigkeitsraten in wirtschaftlich weniger entwickelten Regionen. Dies bedeutet auch, dass viele Arbeitskräfte aus diesen Regionen abwandern, die wirtschaftliche Entwicklung der Region beeinträchtigen kann. Regionen, aus denen gut ausgebildete, junge Arbeitskräfte abwandern, könnten in einer “Entwicklungsfalle” landen, warnt der Bericht. Von dieser Entwicklungsfalle gefährdet sind laut Kommission vor allem Regionen in Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Kroatien, Italien, Südportugal, Ostfrankreich und Ostdeutschland.

    Im April wird Enrico Letta der belgischen EU-Ratspräsidentschaft einen Bericht zur Zukunft des Binnenmarkts präsentieren. Darin werden auch Vorschläge zur Zukunft der Kohäsionspolitik erwartet. jaa

    • Wirtschaftspolitik

    Kommission stellt Plan zur Schaffung eines europäischen Studiengangs vor

    Die EU-Kommission hat am Mittwoch Pläne zur Schaffung neuartiger Bachelor-, Master- und Doktorandenprogramme vorgelegt. “Unsere Vision ist es, die europäische Hochschulbildung noch wettbewerbsfähiger und vernetzter zu machen”, erklärte EU-Forschungskommissarin Iliana Ivanova.

    Bei dem Europäischen Abschluss soll es sich um eine neue Art von Diplomen handeln, die nach transnationalen Programmen auf nationaler, regionaler oder institutioneller Ebene verliehen werden – und zwar auf freiwilliger Basis. Profitieren würden in erster Linie Studierende, erklärte Kommissions-Vizepräsident Margaritis Schinas. “Sie könnten in verschiedenen Ländern in verschiedenen Sprachen mit automatischer Anerkennung studieren. Sie könnten die beste Ausbildung erhalten, die mehrere Universitäten zu bieten haben, und mit neuen zukunftssicheren Fähigkeiten würden sie sich auf dem weltweiten Arbeitsmarkt einen Vorteil verschaffen.”

    Pläne berücksichtigen die institutionelle Autonomie der Hochschulen

    Der Fahrplan der Kommission basiere auf den Ergebnissen von sechs Erasmus+-Pilotprojekten, an denen mehr als 140 Hochschuleinrichtungen aus der gesamten EU beteiligt sind, sagte Ivanova. Die Vorschläge bauten auf der institutionellen Autonomie und der akademischen Freiheit der Universitäten auf. Sie respektieren uneingeschränkt die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und Regionalregierungen im Bereich der Hochschulbildung.

    Das, was die EU-Kommission vorschlage, ersetze in keiner Weise erprobte Strukturen, es sei eine neue Option, die so attraktiv sein soll, dass die Menschen danach fragen werden und die Mitgliedsstaaten und Hochschulen es anbieten wollen. “Es ergänzt das, was bereits existiert.”

    Mindestens zwei Universitäten aus verschiedenen Mitgliedstaaten müssten an einem gemeinsamen Programm zur Ausstellung des Diploms teilnehmen. Was sowohl für private als auch für staatliche Universitäten optional sei – da es kein spezifisches Budget oder eine zusätzliche Haushaltslinie für die Einbindung geben werde, erklärte Ivanova.

    In mehreren Schritten zum European Degreee

    Angesichts der Vielfalt der europäischen Hochschulsysteme schlägt die Kommission einen schrittweisen Ansatz mit zwei möglichen Einstiegspunkten vor. Dabei sollen rechtliche und administrative Hindernisse, vor denen Partneruniversitäten bei der Einrichtung wettbewerbsfähiger gemeinsamer Studiengänge auf Bachelor-, Master- oder Doktorandenebene stehen, behoben werden:

    • Ein Europäisches Label: Das Label soll für ein starkes Branding sorgen. Es würde an Joint-Degree-Programme vergeben, die die vorgeschlagenen europäischen Kriterien erfüllen: Studierende erhalten ein Zertifikat mit dem Label “Europäischer Abschluss”.
    • Europäischer Abschluss: Die neue Qualifikation würde auf gemeinsam erarbeiteten Kriterien basieren und in der nationalen Gesetzgebung verankert werden. Er würde entweder gemeinsam von mehreren Universitäten aus verschiedenen Ländern oder möglicherweise von einer von diesen Universitäten gegründeten europäischen juristischen Person verliehen: Studierende erhielten einen “europäischen Abschluss”, der automatisch anerkannt wird.

    Die Kommission will die Mitgliedstaaten bei der Arbeit an einem europäischen Abschluss durch eine Reihe konkreter Maßnahmen unterstützen, darunter ein vom Erasmus+-Programm unterstütztes Labor für europäische Abschlusspolitik, das ab 2025 seine Arbeit aufnimmt. EU-Mitgliedstaaten und die Hochschulgemeinschaft sollen gemeinsam Leitlinien für einen europäischen Abschluss entwickeln. nik

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    Paris will zweite CETA-Abstimmung erst nach EU-Wahlen

    In einem Interview mit der französischen Zeitung Le Figaro, sagte der französische Handelsminister Franck Riester, dass die Nationalversammlung erst nach den europäischen Wahlen über die CETA-Ratifizierung abstimmen werde. Die Nationalversammlung hatte der Ratifizierung des Abkommens zwischen Kanada und der EU 2019 schon einmal knapp zugestimmt. Nun ist aber eine weitere Abstimmung nötig, da der französische Senat die Ratifizierung in der vergangenen Woche mit einer großen Mehrheit ablehnte. Im Gegensatz zu 2019 hat Macrons Partei keine Mehrheit mehr in der Nationalversammlung.

    “Der Gesetzesentwurf wird [der Nationalversammlung] zum gegebenen Zeitpunkt vorgelegt werden, aber nicht vor den Europawahlen, da dieses Thema Zeit für eine ruhige Debatte benötigt”, sagte Riester im Interview. Er wolle nicht, dass die Debatte für die Wahlkampagne instrumentalisiert werde.

    Kommunisten wollen dennoch schnelle Entscheidung

    Die kommunistische Partei, welche die Abstimmung im Senat ursprünglich angetrieben hatte, reagierte empört und nannte das Vorgehen eine “schwerwiegende und beispiellose Verweigerung der Demokratie“. Sie will die CETA-Ratifizierung am 30. Mai in die Nationalversammlung bringen.

    Neben Riester sorgte auch Renaissance-Spitzenkandidatin Valérie Hayer für Aufregung, weil sie in einem Interview sagte, dass auch eine Ablehnung durch die Nationalversammlung nicht zwingend das Ende der provisorischen Anwendung des CETA-Abkommens bedeute. Wie Table.Briefings berichtete, müsste die französische Regierung entscheiden, ob sie Brüssel nach einem Scheitern in der Nationalversammlung die definitive Nicht-Ratifikation offiziell übermitteln will. jaa

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    Frankreichs grüne Industrie im Aufschwung

    Laut dem ersten Industriebarometer, das am Mittwoch vom französischen Industrieministerium veröffentlicht wurde, waren 29 der 201 Neueröffnungen von Industriestandorten, die 2023 in Frankreich gezählt wurden, mit dem Sektor der grünen Industrie und der Kreislaufwirtschaft verbunden. Der Sektor umfasst Recycling, erneuerbare Energien und die Herstellung von wasserstoffbetriebenen Batterien, so das Ministerium. Es handle sich neben der Lebensmittelindustrie um einen der dynamischsten Sektoren, was “zeigt, dass jenseits der Rhetorik die Transformation in der französischen Industrielandschaft bereits im Gange ist”, freut sich die Generaldirektion für Unternehmen.

    Das gestern von Paris veröffentlichte Barometer zeigt die Nettozahl neuer Industriestandorte und signifikanter Erweiterungen von Industriestandorten in Frankreich für die vergangenen beiden Jahre. Von den 201 neuen Standorten waren die Lebensmittelindustrie (+ 47), die grünen Industrien und die Kreislaufwirtschaft des industriellen Recyclings (+ 29), der Transportsektor (+ 22), der Gesundheitssektor (+ 20) und die Textilindustrie (+ 19) die Sektoren, die 2023 die meisten Fabriken eröffneten.

    Europäische Industriestrategie weiter nötig

    Für Neil Makaroff, Direktor des Brüsseler Think Tanks Strategic Perspectives, ist diese Ankündigung “eher eine gute Nachricht”, da sie bedeutet, dass Frankreich in der Lage ist, Investitionen für diese Standorte im Zusammenhang mit der grünen Industrie anzuziehen. Angesichts des starken Wettbewerbs mit China und den USA sei es jedoch nicht sicher, dass Frankreich diesen Wettbewerb allein aushalten könne, betonte er. “China nimmt 60 Prozent der industriellen Wertschöpfungskette im Zusammenhang mit der grünen Wende ein”, erklärt er. “Die Frage ist also, wie wir auf europäischer Ebene reagieren.”

    Für Makaroff wird der nächste Schritt des Green Deal daher darin bestehen, eine richtige grüne Industriestrategie zu definieren, die in der Lage ist, Investitionen in grüne Technologien zu entfesseln. Er ist jedoch der Ansicht, dass der zunehmende Ruf nach einer Pause vom Green Deal zu einer starken Verunsicherung der Investoren, die bereits in der grünen Wende engagiert sind, führen kann. cst

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    DSA: EuGH weist Anträge von Amazon ab

    Im Streit mit der Kommission über eine schärfere Regulierung in der Europäischen Union hat Amazon eine juristische Niederlage erlitten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wies am Mittwoch Anträge des Unternehmens gegen bestimmte Auflagen des Digital Services Act (DSA) zurück.

    Im April 2023 hatte die Kommission Amazon als sehr große Online-Plattform (VLOP) im Sinne des DSA bestimmt. Dies bedeutet unter anderem, dass Amazon ein Werbearchiv mit detaillierten Informationen über seine Online-Werbung öffentlich zugänglich machen muss. Amazon hatte daraufhin im September beim Gericht der Europäischen Union die Nichtigerklärung dieses Beschlusses und vorläufigen Rechtsschutz beantragt.

    Amazon argumentierte, die vom Unionsgesetzgeber eingeführte Pflicht, ein Werbearchiv öffentlich zugänglich zu machen, schränke seine Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf unternehmerische Freiheit rechtswidrig ein. Das Gericht ordnete die Aussetzung des Beschlusses – das Werbearchiv betreffend – an. Gegen diesen Beschluss wiederum legte die Kommission beim Gerichtshof ein Rechtsmittel ein – und bekam jetzt recht.

    Gerichtshof: Interessen des Gesetzgebers beim DSA gehen vor

    Der Vizepräsident des Gerichtshofs räumte zwar ein, dass dem ersten Anschein nach die Argumente von Amazon nicht unerheblich und auch nicht völlig haltlos seien. Zudem würde Amazon bis zu einem eventuell ergehenden Urteil wahrscheinlich einen schwerwiegenden und nicht wiedergutzumachenden Schaden erleiden. Dies sei für sich genommen aber nicht entscheidend. Es stehe nicht die Existenz oder die langfristige Entwicklung von Amazon auf dem Spiel.

    Die Aussetzung des Beschlusses würde jedoch bedeuten, “das vollständige Erreichen der Ziele der Verordnung über einen Binnenmarkt für digitale Dienste möglicherweise über mehrere Jahre hinauszuschieben”, argumentierte der Vizepräsident. So bestehe oder entwickle sich möglicherweise ein Online-Umfeld, “das eine Bedrohung für die Grundrechte darstellt“. Daher gingen in diesem Fall die vom Unionsgesetzgeber vertretenen Interessen den materiellen Interessen von Amazon vor.

    Nach Angaben der Agentur Reuters äußerte sich Amazon enttäuscht über die Entscheidung. Außerdem bekräftigte es seine Einschätzung, dass es nicht unter die Definition einer VLOP falle.vis

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    Chinesischer Eisenbahnkonzern zieht sich aus Ausschreibung in Bulgarien zurück

    Der chinesische Eisenbahnhersteller CRRC Qingdao Sifang Locomotive hat sich aus einer Ausschreibung in Bulgarien zurückgezogen. Bei der Ausschreibung des Verkehrsministeriums in Sofia ging es um den Kauf von 20 elektrischen Zügen und deren Wartung für 15 Jahre. Der geschätzte Wert des Auftrags belief sich auf 610 Millionen Euro. Vorangegangen war eine Untersuchung der Europäischen Kommission gegen die Tochterfirma des chinesischen Staatskonzerns China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC).

    Die EU-Prüfung war die erste im Rahmen der neuen EU-Verordnung gegen den Binnenmarkt verzerrende Subventionen aus dem Ausland. Das Angebot von CRRC Qingdao Sifang Locomotive für die 20 Züge war laut EU-Kommission nur etwa halb so hoch wie das des spanischen Anbieters Talgo. Brüssel behauptet, dies sei nur durch die Gewährung von Subventionen in Höhe von 1,75 Milliarden Euro durch Peking möglich. 

    Die chinesische Handelskammer an die EU sah in dem Vorgang einen Beweis dafür, dass die EU ihre Verordnung “als neues Instrument einsetzt, um ausländische Unternehmen abzuschrecken und sie zum Rückzug und anschließenden Geschäftsausschluss zu zwingen.” Die chinesischen Unternehmen seien mit “nicht marktbasierter Ausgrenzung” konfrontiert, teilte die Handelskammer mit. ari

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    Melanie Kühnemann-Grunow – Europa in Berlin sichtbar machen

    Melanie Kühnemann-Grunow (SPD) ist Sprecherin für Europaangelegenheiten, Medien, Kultur und Städtepartnerschaften im Abgeordnetenhaus in Berlin.

    Melanie Kühnemann-Grunows Herz schlägt für eine kulturell diverse Hauptstadt. Die 52-jährige Berlinerin aus Lichtenrade ist Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Dort ist sie Sprecherin für Europaangelegenheiten, Medien, Kultur und Städtepartnerschaften. Außerdem ist sie die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion und Mitglied im Ausschuss der Regionen sowie stellvertretendes Mitglied im Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates. Ihr Ziel: Die EU stärker in der Berliner Politik verankern. 

    Sozialdemokratin durch und durch 

    Sozialisiert wurde Kühnemann-Grunow in einem sozialdemokratischen Elternhaus. Geduldig erwartete sie ihren sechzehnten Geburtstag, um in die SPD eintreten zu können. Sie studierte Germanistik und Geschichtswissenschaft auf Lehramt und war anschließend fast zehn Jahre im Schuldienst tätig. “Anderen Menschen eine Richtschnur zu sein und den Start ins Leben zu ermöglichen, war eine große Motivation.”  

    2014 wechselte sie in den Stab der damaligen Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen. “Das war eine Chance, mir die Verwaltung von innen anzuschauen und die Seite der Exekutive besser zu verstehen. Politik und Verwaltung sind eng miteinander verknüpft.”  Leicht fiel es ihr jedoch nicht, das Unterrichten an den Nagel zu hängen: “Ich denke noch oft daran zurück, manchmal fehlt mir das ein bisschen.” Für sie ist klar: “Ich bin auf Zeit gewählt, und der Schuldienst ist für mich immer eine gute Alternative.” 

    Für die Kulturszene im Einsatz 

    Seit 2016 vertritt sie für die SPD den Bezirk Tempelhof-Schöneberg im Berliner Abgeordnetenhaus. Dort setzt sie sich insbesondere für niedrigschwellige Bildungseinrichtungen ein und arbeitet derzeit an einem Bibliotheksgesetz. “Kulturelle Bildung ist mein Steckenpferd“. Zwei bis drei Mal im Monat ist die Berlinerin in Brüssel.

    Im Ausschuss der Regionen ist sie Mitglied in der Fachkommission SEDEC für Sozialpolitik, Bildung, Beschäftigung, Forschung und Kultur. Der dortige Austausch mit Vertretern aus anderen Regionen Europas zeige auf, dass viele Probleme europaweit bestehen, beispielsweise der Mangel an Wohnraum in Großstädten. “Das legt nahe, europäische Initiativen anzustoßen, denn sonst konkurrieren wir miteinander um Rohstoffe für den Wohnungsbau”, findet Kühnemann-Grunow.  

    Die Berliner Europa-Strategie

    Gleichzeit räumt die Abgeordnete ein: “In der Berliner Politik ist die Perspektive auf unsere eigenen Bereiche gerichtet. Europa rutscht da ein bisschen weg.” Insbesondere die Sorge um den Aufstieg der AfD als “zunächst euroskeptische, mittlerweile rechtsextreme Partei” treibt sie an.

    In Hinblick auf die anstehende Europawahl möchte sie sich dafür einsetzen, “dass das Europäische Parlament kein Parlament wird, in dem die Feinde von Europa die Mehrheit haben.” Ihren Beitrag dazu will sie leisten, indem sie “Europa in Berlin sichtbar” macht. Dazu gibt es eine Europastrategie, die das Abgeordnetenhaus derzeit auf den Weg bringt. “In jeder Senatsverwaltung, in jedem Bezirksamt hat eine Europabeauftragte zu sitzen.” Eine weitere Idee: ein “Europafest” in Berlin, an dem die Botschaften aller Mitgliedsstaaten mitwirken.  

    Kühnemann-Grunow möchte die Bevölkerung davon überzeugen, “dass Europa nicht nur das gängelnde, verwaltungsaufgeblasene Monstrum ist, sondern dass wir alle davon profitieren.” Insbesondere durch Förderprogramme wie den Europäischen Sozialfonds, die auch Berlin immens zugutekämen: “Viele soziale Träger erhalten eine Kofinanzierung über die EU.” Um diese Möglichkeiten besser wahrnehmen zu können, hat die Abgeordnete einen ganz praktischen Wunsch: Eine “Berlin-Agentur”, die Antragsteller unterstützt, EU-Hilfen zu akquirieren.

    Ob sie in Zukunft vom Berliner ins Brüsseler Parlament wechseln würde? “Man soll niemals nie sagen, ich würde es nicht ausschließen. Momentan sehe ich meinen Platz hier in Berlin.” Sie sehe aber auch, wie bereichernd der Austausch auf europäischer Ebene ist, da er den Blick weite.  Clara Baldus

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