die Zeit für die neue EU-Kommission wird allmählich knapp. Damit Ursula von der Leyen wie erhofft am 1. Dezember ihre zweite Amtszeit antreten kann, bräuchte sie spätestens kommende Woche die Zustimmung des Europaparlaments. Doch Christ- und Sozialdemokraten haben sich verhakt in der Frage, ob alle 26 Kommissarinnen und Kommissare grünes Licht erhalten sollen.
Ob sich die Fraktionen am Mittwoch auf eine Linie einigen können, wie sie es zuletzt angestrebt hatten, ist offen. Immerhin gab es gestern wieder Gespräche zwischen EVP-Fraktionschef Manfred Weber und seinen Kolleginnen von S&D und Renew, Iratxe García Pérez und Valérie Hayer.
Im Parlament kursiert eine Geschichte, die von EVP-Vertretern gerne verbreitet wird: Demnach hat Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez seiner Parteifreundin García nahegelegt, den beiden rechten Kandidaten Raffaele Fitto aus Italien und Olivér Várhelyi aus Ungarn am Mittwoch zuzustimmen, ohne Änderung der Portfolios. Schließlich habe von der Leyen ihr Personalpaket in Abstimmung mit dem Rat geschnürt, und dieses Paket könne jetzt nicht wieder aufgeschnürt werden.
In Reihen der Sozialdemokraten wird das als Gerücht qualifiziert, ein klares Dementi erhält man auf Nachfrage allerdings auch nicht. Sollte etwas daran sein, könnte die S&D-Chefin in Erklärungsnot geraten. Ihrer Fraktion dürfte es nicht gefallen, sollte García der Forderung von Sánchez nachkommen. Viele sozialdemokratische Abgeordnete sind aufgebracht über den Umgang von EVP-Kollegen mit ihrer Kommissarskandidatin Teresa Ribera und den Annäherungsversuchen an die extreme Rechte im Parlament.
Kommen Sie gut in den Tag!
Das politische Spektrum in Frankreich ist zersplittert wie nie zuvor, doch zu einer Frage herrscht Konsens: dem EU-Mercosur-Handelsabkommen. Parteien quer durchs politische Spektrum sprechen ihre Unterstützung für die Landwirte aus, die eine Protestkampagne begonnen haben. Bis Mitte Dezember soll diese laut der Bauerngewerkschaft FNSEA andauern. Die Protestierenden fürchten eine regelrechte “Flut” von Fleisch aus Brasilien und Argentinien. Sie warnen vor “unlauterem Wettbewerb” durch Produkte, die nicht den “strengen Umwelt- und Gesundheitsstandards der EU” unterliegen.
Offen ist bei den Verhandlungen zwischen Brüssel und den vier Mercosur-Staaten (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) dem Vernehmen nach noch die Frage, wie die Einhaltung der Pariser Klimaziele im Handelsabkommen verankert werden soll. Während sich die EU einen stringenten Prozess wünscht, über den sie die Partnerländer durch Handelsmaßnahmen sanktionieren kann, wenn diese sich nicht an vereinbarte Umweltziele halten, wollen die Mercosur-Staaten mehr Flexibilität.
Eine Mehrheit der EU-Länder drängt, anders als Frankreich, auf den Abschluss des Abkommens, allen voran Spanien und Deutschland. Man müsse das Vorhaben “jetzt nach über 20 Jahren mal endlich fertig kriegen”, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Rande des G20-Gipfels in Rio de Janeiro am Montag. Er habe den Eindruck, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nun Druck in der Sache mache. “Wir jedenfalls stehen hinter der Kommission, wenn sie ein Abkommen präsentiert”, sagte er mit Blick auf den Widerstand Frankreichs.
Selbst wenn sich Deutschland enthielte, dürfte Frankreich Schwierigkeiten haben, die nötige Menge an Mitgliedstaaten für eine Blockade des Abkommens bei einer Ratsabstimmung zusammenzubekommen, sagte John Clarke zu Table.Briefings. Clarke war bis 2023 Direktor für internationale Beziehungen in der Generaldirektion Landwirtschaft der Europäischen Kommission und damit Chefunterhändler der EU für Agrarhandel.
Doch in Paris hat man die Hoffnung noch nicht aufgegeben und sucht weiter nach Verbündeten für diese sogenannte Sperrminorität im Rat, wie Agrarministerin Annie Genevard kürzlich sagte. Es sei “intensive diplomatische Arbeit in Gang, um eine Reihe von europäischen Ländern zu gewinnen”. Premier Michel Barnier, selbst ehemaliger Agrarminister, brachte bei einem Treffen mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am vergangenen Mittwoch erneut seine Kritik an dem Abkommen vor.
Für eine Sperrminorität müssten vier EU-Länder gegen den Deal stimmen, die zusammen mehr als 35 Prozent der europäischen Bevölkerung vertreten. Frankreich müsste also drei weitere Länder von einer gewissen Größe als Verbündete gewinnen. Agrarministerin Genevard ist nach eigenen Angaben in Kontakt mit Polen, den Niederlanden und Italien.
Im Rat gelten Irland, Belgien und Österreich als Mercosur-skeptisch. In den Niederlanden sitzt die handelsfreundliche, liberale VVD mit der Mercosur-kritischen Bauer-Bürger-Bewegung (BBB) und der rechtspopulistischen PVV von Geert Wilders in der Regierung. Handelsministerin ist Reinette Klever von der PVV, die sich in der Vergangenheit gegen das Abkommen ausgesprochen hatte. Das Mandat, um im Rat für oder gegen das Abkommen zu stimmen, müsste sich die Regierung vom Parlament geben lassen.
Es ist also gut möglich, dass die Niederlande im Rat gegen das Abkommen stimmen würden. In der vergangenen Woche hat sich zudem das polnische Agrarministerium aus Sorge um die heimische Geflügelindustrie kritisch zum Abkommen geäußert. Frankreich, Irland, Belgien, Österreich, die Niederlande und Polen verfehlen mit gut 33 Prozent der EU-Bevölkerung die notwendige Sperrminorität von 35 Prozent knapp. Sonderlich komfortabel ist der Vorsprung für die Mercosur-Befürworter damit allerdings auch nicht, zumal sich noch nicht alle Regierungen positioniert haben.
Bestimmte französische Sektoren wie Milch und Wein könnten sogar von dem Abkommen profitieren, sagte ein Pariser Parlamentarier, der aufgrund der aktuellen politischen Lage in Frankreich anonym bleiben möchte: “Frankreich hat einen Handelsüberschuss von 155 Milliarden Euro mit Lateinamerika und schießt sich selbst ins Knie – zum Vorteil Chinas, das die Herausforderungen sehr wohl verstanden hat.”
Ähnlich schätzt es John Clarke ein: “Während die Rindfleisch- und vor allem die Lammfleischerzeuger in der EU durch das Abkommen moderat beeinträchtigt würden, würden andere Sektoren profitieren: Milchprodukte, Schweinefleisch und daraus hergestellte Produkte, alkoholische Getränke und verarbeitete Lebensmittel.”
Grund dafür, dass Paris seinen Widerstand nicht aufgeben will, sei aber die Sorge vor einer Eskalation der Bauernproteste, meint der Pariser Parlamentarier. Die Proteste der französischen Landwirte sind politisch explosiv für Paris. “Nichts ist entschieden”, sagte der französische Europaabgeordnete Pascal Canfin, Mitglied der Fraktion Renew, zu der auch Macrons Partei Renaissance gehört. Er verweist auf die jüngste Entscheidung Brasiliens, Exporte von weiblichem Rindfleisch nach Europa für mindestens ein Jahr auszusetzen, nachdem nicht garantiert werden konnte, dass das Fleisch nicht mit Wachstumshormonen behandelt wurde.
Die EU-Kommission strebt einen Abschluss der Verhandlungen noch vor Ende des Jahres an. Danach wird sich zeigen, ob die EU-Länder das Abkommen bestätigen. Für Emmanuel Macron steht viel auf dem Spiel: Mercosur ist zu einem echten Prüfstein dafür geworden, wie viel Einfluss er noch in Frankreich und Europa hat. Mit Julia Dahm, János Allenbach-Ammann, rtr
Das Thema stand gar nicht auf der Tagesordnung. Statt über US-amerikanische ATACMS und nunmehr mögliche ukrainische Militärschläge tief im russischen Hinterland wollte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bei seinem wohl letzten Außenministertreffen am Montag in Brüssel vor allem über diplomatische Sanktionen gegen Israel sprechen.
Die EU müsse auf die Verstöße gegen die Menschenrechte und internationales humanitäres Völkerrecht reagieren und den politischen Dialog mit Israel aussetzen, sagte Borrell. Doch er konnte sich nicht durchsetzen. Neben Deutschland sprachen sich auch Österreich, Tschechien, Ungarn, Luxemburg und die Niederlande gegen einen Boykott aus. Es war eine empfindliche Niederlage für den Spanier, der im Dezember von der Estin Kaja Kallas abgelöst werden soll. Die Europäer sprächen immer noch nicht “die Sprache der Macht”, sagte Borrell sichtlich frustriert.
Anders sieht es in der Ukraine-Politik aus. Auch hier scheren zwar einige Länder immer wieder aus, eine klare Strategie ist auch 1000 Tage nach Beginn der russischen Invasion nicht erkennbar. Doch die späte Entscheidung von US-Präsident Joe Biden, grünes Licht für den Einsatz weitreichender Waffen – vor allem ATACMS – für Angriffe innerhalb Russlands zu geben, kommt Borrell entgegen.
Der EU-Außenbeauftragte forderte die Mitgliedstaaten dazu auf, es den USA gleichzutun und der Ukraine den Einsatz von Waffen für Angriffe innerhalb Russlands zu gestatten. “Immer wieder habe ich gesagt, dass die Ukraine in der Lage sein sollte, die von uns gelieferten Waffen zu nutzen, nicht nur um die Pfeile zu stoppen, sondern auch um die Bogenschützen zu treffen”, sagte Borrell. Zustimmung signalisierte Außenministerin Annalena Baerbock. Selbstverteidigung bedeute, dass das Land nicht abwarten müsse, bis eine Rakete in einem Kinderkrankenhaus einschlage.
Allerdings ist unklar, ob die Ukraine dazu tatsächlich in die Lage versetzt wird. “Wir kennen nicht die genauen Zahlen der Raketen, die die Ukraine im Bestand hat”, sagte Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis. “Es stellt sich die Frage, ob sie mit genügend Raketen ausgestattet sind, um einen Unterschied auf dem Schlachtfeld zu machen.” Daher werde er keinen Champagner aufmachen.
Mindestens 245 militärisch relevante Ziele befinden sich im Westen Russlands in Reichweite der US-amerikanischen ATACMS, dies hat der US-Thinktank Institute for the Study of War ermittelt. Viele Flugplätze sind dabei, die im russischen Krieg gegen die Ukraine eine wichtige Rolle spielen. Zwar greift die Ukraine diese Ziele mit Drohnen regelmäßig an, aber sie haben nicht die Schlagkraft von ATACMS, Storm Shadow/Scalp oder gar des deutschen Marschflugkörpers Taurus.
Doch nachdem die USA nun ihr Okay für den Einsatz von ATACMS mindestens in der Region Kursk gegeben haben und offenbar auch Großbritannien und Frankreich nachziehen, steigt der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz, sein prinzipielles Nein zu Taurus-Lieferungen zu überdenken. Am Montag blieb er allerdings dabei. Scholz habe immer wieder betont, dass es nicht zu einer Eskalation dieses Krieges kommen dürfe, sagte ein Regierungssprecher in Berlin.
Die FDP-Politikerin und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im EU-Parlament, Marie-Agnes Strack-Zimmermann kritisierte Scholz scharf. “Starrsinn ist keine Besonnenheit, sondern ist grenzenlos naiv und kostet vielen Menschen in der Ukraine das Leben”, sagte die Politikerin zu Table.Briefings. Strack-Zimmermann, die soeben von einer Ukraine-Reise zurückgekehrt ist, betonte: Scholz blende aus, dass “alle europäischen Nationen nur gemeinsam den Aggressor Putin isolieren – und gleichzeitig die Ukraine humanitär, wirtschaftlich und militärisch unterstützen sollten”.
Die Reaktion aus Moskau auf die Berichte über die ATACMS-Freigabe kam schnell und war eskalierend. Weil ausländische Spezialisten die Ziele aussuchten und die Waffen bedienen würden, so die Annahme des Kremls, verändere das die Rolle des Westens in dem Konflikt.
Bereits am 12. September hatte Russlands Machthaber Wladimir Putin gesagt, dass der Einsatz solcher Waffen gegen Ziele in Russland eine “unmittelbare und direkte Beteiligung der Nato, der USA und europäischer Staaten an den Kampfhandlungen” bedeute. Aus Sicht des Kremls bewahrheitet sich so seine Darstellung, wonach der Westen auf dem Rücken der Ukraine eigentlich einen Krieg gegen Russland führt.
20.11.-21.11.2024, Berlin
FAZ, Konferenz Stadt von morgen
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) diskutiert die Transformationsnotwendigkeiten von Städten. INFOS & ANMELDUNG
20.11.-21.11.2024, Brüssel (Belgien)
EBS, Conference European Business Summit 2024
This Summit discusses how to set clear expectations and commitments for the most pressing challenges in a shifting global order. INFOS & REGISTRATION
20.11.-21.11.2024, München
Handelsblatt, Conference AI for Business: Balancing Vision and Value
Das Handelsblatt beschäftigt sich mit der Balance zwischen dem transformativen Potenzial von KI und der Herausforderung, diesen technologischen Fortschritt in echten Unternehmenswert zu übersetzen. INFOS & ANMELDUNG
20.11.2024 – 09:00-18:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
FES, Conference Brussels Democracy Dialogue 2024: How to transition to sustainable democracies?
The Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) discusses ideas and proposals for further developing European democracies. INFOS & REGISTRATION
21.11.2024 – 14:00-18:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
HBS, Presentation Strengthening participation in Europe’s energy transition
The Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) presents a study on how citizens can benefit better from the EU’s energy transition. INFOS & REGISTRATION
21.11.2024 – 15:00-16:15 Uhr, online
DGAP, Podiumsdiskussion Geoökonomie in der Praxis – Transatlantische Kooperation rund um Wirtschaftssicherheit
Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) diskutiert, was eine verschärfte Außenwirtschafts- und Industriepolitik der USA für deutsche Unternehmen bedeuten würde. INFOS & ANMELDUNG
Der EU-Außenrat hat am Montag über den Einsatz chinesischer Drohnen in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine gesprochen. Chinas wachsende Unterstützung für Russland im Krieg in der Ukraine “wird und muss Konsequenzen haben”, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock bei dem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel.
Die EU habe “schlüssige” Beweise dafür, dass bewaffnete Drohnen für Russland in China hergestellt würden, hieß es im Vorfeld des Treffens aus EU-Kreisen. Ob die Produktion der Drohnen von der Staatsführung Peking genehmigt worden sei, sei jedoch unklar.
Bundeskanzler Olaf Scholz wird nach eigenen Worten die Frage bei seinem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping am Dienstag ansprechen. “Es ist immer ein Thema meiner Gespräche, alle davor zu warnen, dass sie letale Waffen an Russland liefern”, sagte Scholz am Montag am Rande des G20-Gipfels in Rio de Janeiro. Er habe zudem in seinen Gesprächen mit China stets auch die Lieferungen sogenannter Dual-Use-Güter thematisiert, weil man nicht naiv sein dürfe. Scholz ging nicht auf die Frage nach etwaigen Sanktionen gegen China ein.
“Die Rolle Chinas wird größer und größer”, sagte der scheidende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach dem Treffen. “Ohne Nordkorea, ohne den Iran, ohne China wäre Russland nicht fähig, diesen Krieg weiterzukämpfen.” Er sei besorgt über Berichte über die Produktion und Lieferung kompletter Waffensysteme aus diesen drei Ländern, insbesondere aber aus Nordkorea und dem Iran, den “Lieferanten der direkten militärischen Kriegsführung”. Zum Fall der chinesischen Drohnen äußerte sich Borrell nach dem Treffen nicht konkret.
Scholz betonte, er werde im Gespräch mit Xi auch über die nordkoreanischen Soldaten sprechen, die mittlerweile in Russland stationiert und im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt worden seien. “Das kann nicht hingenommen werden und ist im Übrigen eine schlimme Veränderung”, sagte er. Der Einsatz sei eine Eskalation. “Ich sehe übrigens, dass das ziemlich viele hier so sehen”, sagte er zu Diskussionen auf dem G20-Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer.
Die EU versucht, gegen Länder vorzugehen, die Russlands Kriegsanstrengungen unterstützen. Am Montag genehmigte die Diplomaten Schritte zur Ausweitung der Sanktionen gegen den Iran wegen seiner Unterstützung Moskaus. China ist die wichtigste russische Quelle für viele bereits eingeschränkte Dual-Use-Güter. Die EU hatte deshalb bereits mehrere chinesische Unternehmen mit Sanktionen belegt.
“Wir zeigen Schwäche, wir müssen standhaft bleiben”, sagte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis. “Wir könnten eine sehr starke Botschaft senden, dass wir das nicht zulassen. Wenn wir das nicht tun, trägt das dazu bei, diese Chaos-Koalition, die Russland bildet, zu festigen.” ari/rtr
Das Treffen der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung kann am 2. Dezember auf Vorstandsebene stattfinden. Vor wenigen Tagen hatte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) das Treffen der Versammlung im Dezember wegen der bevorstehenden Vertrauensfrage im Bundestag abgesagt, was mehrere CDU-Abgeordnete kritisiert hatten. Wie Table.Briefings erfuhr, trifft sich nun der Vorstand der Versammlung. ber
Gemeinsam mit dem Weltverband für Zement und Beton (GCCA) hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Montag in Baku erstmals Standards für CO₂-armen Zement und Beton vorgestellt. Dieser Schritt ist Teil der Bemühungen, innerhalb des Klimaclubs die Dekarbonisierung bestimmter Industriesektoren voranzutreiben.
Die Zement- und Betonindustrie verursacht derzeit rund sieben Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen. Es ist das erste Mal, dass eine Schwerindustrie konkrete Pläne für deren Dekarbonisierung vorlegt.
Grundlage für die Standards für grünen Zement sind IEA-Vorgaben, die Emissionsklassen von “nahe Null” bis “hoch” festlegen und dabei auf den Klinkeranteil eingehen. Klinker ist das Bindemittel von Zement, das für die Festigkeit des Materials sorgt. Für die Herstellung des Klinkerzements sind jedoch sehr hohe Temperaturen nötig, weshalb er als besonders emissionsintensiv gilt. Die nun vorgeschlagenen Standards sehen vor:
Als Standard für das Endprodukt Beton soll gelten:
Um die Dekarbonisierung der Zementindustrie und anderer schwerindustrieller Sektoren in Schwellen- und Entwicklungsländern voranzutreiben, kündigten Deutschland, Großbritannien, Kanada und die Klimainvestitionsfonds (CIF) am Montag insgesamt 1,3 Milliarden US-Dollar an Unterstützung an:
300 Millionen US-Dollar sollen dabei für technische Hilfe zur Umstellung auf saubere Energiequellen bereitgestellt werden. Der Wirtschaftsminister machte in Baku deutlich, dass man durch diese Initiative auch ein Signal in die Verhandlungsräume auf der COP29 senden wolle. “Die Industrieländer stehen zu ihrer Klimafinanzierung, gleichzeitig holen wir mehr private Investoren und Geldgeber ins Boot und verbreitern die Geberbasis”, sagte Habeck am Montag. luk
Die Bundesregierung hat laut Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir noch keine abgestimmte Position zu den Änderungen an der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR). Den Aufschub der Regeln unterstütze die Bundesregierung wie auch der Rat insgesamt, sagte Özdemir am Rande des EU-Agrarrats am Montag. Doch die inhaltlichen Änderungen zur Einführung einer neuen Risikokategorie für Erzeugerländer, für die das Parlament zuletzt gestimmt hatte, schaue man sich bis zur Sitzung der EU-Botschafter am Mittwoch noch an.
Der EVP, die die zusätzlichen Änderungen eingebracht hatte, warf der Grünen-Politiker vor, “massive Verunsicherung” herbeizuführen. Weil das Parlament mit seiner Position nun vom Kommissionsvorschlag abweicht, den auch der Rat wortgleich übernehmen wollte, werden Trilogverhandlungen zwischen den Institutionen nötig.
Ist das Änderungsgesetz nicht vor dem 30. Dezember unter Dach und Fach, tritt die Verordnung wie ursprünglich geplant bereits dann in Kraft. Vor allem Länder, die nicht von der vorgeschlagenen Null-Risiko-Kategorie profitieren dürften, müssen abwägen, ob sie sich aufgrund des Zeitdrucks den Forderungen des Parlaments beugen oder noch Einwände erheben.
Die Berichterstatterin der EVP-Fraktion, Christine Schneider (CDU), wies die Kritik zurück: “Jetzt liegt es an der deutschen Bundesregierung, im Rat Kompromissbereitschaft zu zeigen, anderen Mitgliedstaaten klar den Willen zum Bürokratieabbau zu signalisieren und eine schnelle Lösung herbeizuführen, statt mit dem Schüren von Ängsten Wahlkampf zu betreiben”, sagte sie. jd, tho
Gemeinsam mit seinem dänischen Amtskollegen Jacob Jensen hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir gefordert, die neue EU-Kommission solle eine EU-Proteinstrategie vorlegen, um die europäische Produktion von Eiweißpflanzen zu fördern. “Wir müssen dringend für die Sicherheit unserer Ernährungsversorgung das Thema stärker in den Blickpunkt nehmen”, sagte der Grünen-Politiker beim EU-Agrarrat am Montag. Es brauche heimische Futtermittel, um die Abhängigkeit von Drittstaaten zu reduzieren. Nur drei Prozent des Sojafutters in der EU kommen laut EU-Kommission aus heimischer Produktion, bei Raps sind es zwei Drittel.
Eine EU-Proteinstrategie hatte die Europäische Kommission eigentlich für die vergangene Amtszeit angekündigt, aber nie vorgelegt. Unerwähnt ließ Özdemir, dass ein ähnliches Schicksal auch dem deutschen Pendant droht: Die Weiterentwicklung der Eiweißpflanzenstrategie zur Proteinstrategie hatte das BMEL eigentlich fürs Frühjahr 2025 angekündigt. Durch die geplante Neuwahl dürfte das nun hinfällig sein.
Tschechien, Irland, Estland und Luxemburg unterstützten die Initiative formell, auch weitere Länder sprachen sich während des Ratstreffens dafür aus, darunter Polen und Portugal. Einige Länder nahmen dagegen Anstoß daran, dass sich das von Özdemir und Jensen vorgelegte Papier auch für eine bessere Förderung “pflanzenbasierter oder alternativer Proteinquellen” ausspricht. Dabei dürfe es nicht um Laborfleisch gehen, mahnte etwa der italienische Agrarminister Francesco Lollobrigida von Giorgia Melonis Partei Brüder Italiens. “Wir müssen einen Ausgleich schaffen zwischen pflanzlichen und tierischen Proteinen”, meinte auch die Vertreterin der Slowakei, Mária Malová.
Der designierte EU-Agrarkommissar Christophe Hansen hatte bei seiner Anhörung im EU-Parlament deutlich gemacht, in Sachen Ernährung keine Vorschriften machen zu wollen. Er betonte aber, die EU hinke bei der Produktion pflanzlicher Proteine deutlich hinterher, zumal Eiweißpflanzen nützlich für den Klimaschutz seien. Er argumentierte auch, der Beitritt der Ukraine als großem Erzeugerland könne der EU helfen, bei Proteinpflanzen unabhängiger zu werden. Ähnlich hatte auch Özdemir in der Vergangenheit argumentiert. Dazu, ob er das Vorhaben einer EU-Proteinstrategie wieder aufnehmen will, hat sich Hansen bisher nicht geäußert. jd
Die bayerische Staatsregierung hat sich nachdrücklich gegen die Teilung der deutschen Stromgebotszone ausgesprochen. “Jedes Unternehmen überlegt zurzeit, wie es sich halten kann. Deshalb muss es auch heißen, wir machen bei der Strompreiszonenproblematik keine Experimente“, sagte Tobias Gotthardt, Staatssekretär im bayerischen Wirtschaftsministerium, am Montagabend bei einer Veranstaltung in der bayerischen Landesvertretung in Brüssel.
Ende des Jahres wird ein europäischer Bericht erwartet, der eine Empfehlung für die Neuaufteilung der Stromgebotszonen abgibt. Anschließend müssen die Mitgliedstaaten und die Kommission entscheiden. Ein Argument für die Teilung wäre, dass sich Erzeugungsanlagen verstärkt in Regionen mit hoher Nachfrage wie in Süddeutschland ansiedeln würden. In Nord- und Ostdeutschland könnte dagegen der Strompreis sinken.
Den Chemiekonzern Wacker würde eine Teilung der deutschen Gebotszone allerdings stark belasten, sagte Peter von Zumbusch, Leiter des Werks in Burghausen. “Wenn wir unseren Standort dichtmachen müssen, werden wir bestimmt nicht nach Norddeutschland gehen“, sagte Zumbusch und verwies auf eine Präsentation, die deutlich niedrigere Strompreise in den USA, China und vielen anderen Ländern zeigte.
Eine schnell umsetzbare Alternative für bessere Allokationssignale für Erzeugungsanlagen wären Änderungen bei den Baukostenzuschüssen, sagte Christoph Müller, Mitglied der Geschäftsführung des Übertragungsnetzbetreibers Amprion. Dies könne schon 2025 umgesetzt werden. Der Bidding Zone Review würde dagegen erst 2030 wirken. Von einer Neuordnung der Zuschüsse für den Netzanschluss dürften erneuerbare Energien nicht ausgenommen werden. Der Welpenschutz sei nicht mehr angemessen. ber
Das erste Treffen der Energieminister unter polnischer Ratspräsidentschaft findet am 17. März 2025 in Brüssel statt. Wie Table.Briefings weiter erfuhr, soll der zweite Energierat am 16. Juni in Luxemburg stattfinden. Am 12. und 13. Mai soll es ein informelles Treffen in Warschau geben.
Die Daten sind noch vorläufig. Die polnische Ratspräsidentschaft will dem Vernehmen nach unter anderem den Fahrplan für den Ausstieg aus russischen Energieträgern und die Revision der Energiesicherheitsstrategie vorantreiben. ber
Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck bekommt einen Zuschuss in Höhe von 226 Millionen Euro aus dem Wasserstoff-IPCEI zum Aufbau einer Kleinserie von Lkw mit Brennstoffzellen-Antrieb. 100 Sattelzugmaschinen sollen jetzt entwickelt, gebaut und Ende 2026 an die Kunden ausgeliefert werden. Die Fahrzeuge sollen mit flüssigem Wasserstoff betrieben werden; der Antrieb stammt von Cellcentric aus Esslingen, einem Jointventure von Daimler Truck und Volvo.
Die Förderung soll auch dazu dienen, Machbarkeitsstudien für die Wasserstofflieferkette sowie die Produktionsanlagen für die Serienfertigung zu finanzieren. Bislang gibt es fünf Prototypen der Fahrzeuge, die mit einer Tankfüllung Reichweiten von über 1000 Kilometern erzielten und damit vergleichbare Werte bringen wie Diesel-Lkw für den Langstreckenbetrieb. Die Fördersumme von 226 Millionen Euro entspricht knapp zwei Drittel der Summe des förderfähigen Projektanteils. mgr
Das Geschäftsmodell und der Marktmissbrauch einer Handvoll großer chinesischer und amerikanischer Tech-Unternehmen untergraben die Fähigkeit der EU, künftige Generationen zu schützen, Wahlen und nationale Sicherheit zu gewährleisten sowie das Wachstum von Unternehmen zu fördern. Bereits heute steht fest: Diese Probleme werden durch die extreme politische Instabilität in Washington weiter verschärft.
Der Raum für Qualitätsjournalismus nimmt in unserer Gesellschaft ab. Zum einen werden Desinformation und Hass durch fragwürdige Algorithmen systematisch verstärkt, zum anderen leidet der Journalismus unter dem mangelhaften und intransparenten Online-Werbemarkt, der von großen Technologieunternehmen dominiert wird.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat das “Demokratie-Schutzschild” angekündigt. Sie hat auch Investitionen in Aussicht gestellt, die europäische KMU und Start-ups bei ihrem Wachstum unterstützen sollen. Doch um Wachstum und Resilienz zu fördern, genügt es nicht, in Infrastruktur und Innovation zu investieren. Es gilt, gezielt Wettbewerbsspielraum im Binnenmarkt zu schaffen. Die wirksame Durchsetzung des EU-Rechts gegenüber großen, nicht-europäischen Unternehmen ist dafür entscheidend.
Obwohl die Durchsetzung der DSGVO gerade KMU und Start-ups oft belastet hat, gab es bislang wenig substanzielle Maßnahmen, um den Missbrauch personenbezogener Daten durch große chinesische und US-amerikanische Unternehmen einzudämmen. Eine DSGVO-Durchsetzung in Irland und Luxemburg würde einen entscheidenden Einfluss auf chinesische und US-amerikanische Unternehmen in ganz Europa haben, ohne europäische KMU und Start-ups zu beeinträchtigen.
Obwohl viele Befunde vom Draghi-Bericht uns bedenklich stimmen, und die Signale nach Trumps Wahl keinen Raum für Optimismus geben, sollte die Politik nicht in Panik geraten. Europa verfügt über eine Reihe wirksamer Durchsetzungsinstrumente, um die zentralen Herausforderungen zu bewältigen: Wettbewerbsfähigkeit, Gefährdung künftiger Generationen, ausländische Einflussnahme sowie ernsthafte Bedrohungen der Demokratie. Erforderlich ist ein strukturierter Mechanismus, um alle verfügbaren regulatorischen Instrumente, insbesondere DMA, DSA, DSGVO und so weiter kohärent einzusetzen.
Eine Taskforce aus Chief Enforcement Officers mit übergreifendem Kommissionsansatz könnte Durchsetzungsinstrumente strategisch einsetzen – ohne zusätzlichen Gesetzgebungsbedarf. Eine Analyse der Konrad-Adenauer-Stiftung beschreibt detailliert, wie eine solche Taskforce funktionieren könnte. Präsidentin von der Leyen sollte die vielfältigen Befugnisse Europas lediglich bündeln und die politische Glaubwürdigkeit wirkungsvoll einsetzen.
Zu oft arbeiten die Direktionen und Referate der Kommission und die nationalen Regulierungsbehörden isoliert voneinander. Die Kommission braucht eine einheitliche Durchsetzungsstruktur, um verschiedene Rechtsinstrumente europaweit kohärent gegen ein einzelnes Zielunternehmen einsetzen zu können.
Die Herausforderungen durch die enorme Macht digitaler Plattformen verdienen höchste Priorität in der Spitzenpolitik. Es bestehen erhebliche Risiken: Entweder wird die Durchsetzung des EU-Rechts als zentrale Aufgabe ernst genommen, oder die demokratische Grundordnung wird langfristig gefährdet. Die Durchsetzung unserer Werte ist eine Investition in unsere Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit.
die Zeit für die neue EU-Kommission wird allmählich knapp. Damit Ursula von der Leyen wie erhofft am 1. Dezember ihre zweite Amtszeit antreten kann, bräuchte sie spätestens kommende Woche die Zustimmung des Europaparlaments. Doch Christ- und Sozialdemokraten haben sich verhakt in der Frage, ob alle 26 Kommissarinnen und Kommissare grünes Licht erhalten sollen.
Ob sich die Fraktionen am Mittwoch auf eine Linie einigen können, wie sie es zuletzt angestrebt hatten, ist offen. Immerhin gab es gestern wieder Gespräche zwischen EVP-Fraktionschef Manfred Weber und seinen Kolleginnen von S&D und Renew, Iratxe García Pérez und Valérie Hayer.
Im Parlament kursiert eine Geschichte, die von EVP-Vertretern gerne verbreitet wird: Demnach hat Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez seiner Parteifreundin García nahegelegt, den beiden rechten Kandidaten Raffaele Fitto aus Italien und Olivér Várhelyi aus Ungarn am Mittwoch zuzustimmen, ohne Änderung der Portfolios. Schließlich habe von der Leyen ihr Personalpaket in Abstimmung mit dem Rat geschnürt, und dieses Paket könne jetzt nicht wieder aufgeschnürt werden.
In Reihen der Sozialdemokraten wird das als Gerücht qualifiziert, ein klares Dementi erhält man auf Nachfrage allerdings auch nicht. Sollte etwas daran sein, könnte die S&D-Chefin in Erklärungsnot geraten. Ihrer Fraktion dürfte es nicht gefallen, sollte García der Forderung von Sánchez nachkommen. Viele sozialdemokratische Abgeordnete sind aufgebracht über den Umgang von EVP-Kollegen mit ihrer Kommissarskandidatin Teresa Ribera und den Annäherungsversuchen an die extreme Rechte im Parlament.
Kommen Sie gut in den Tag!
Das politische Spektrum in Frankreich ist zersplittert wie nie zuvor, doch zu einer Frage herrscht Konsens: dem EU-Mercosur-Handelsabkommen. Parteien quer durchs politische Spektrum sprechen ihre Unterstützung für die Landwirte aus, die eine Protestkampagne begonnen haben. Bis Mitte Dezember soll diese laut der Bauerngewerkschaft FNSEA andauern. Die Protestierenden fürchten eine regelrechte “Flut” von Fleisch aus Brasilien und Argentinien. Sie warnen vor “unlauterem Wettbewerb” durch Produkte, die nicht den “strengen Umwelt- und Gesundheitsstandards der EU” unterliegen.
Offen ist bei den Verhandlungen zwischen Brüssel und den vier Mercosur-Staaten (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) dem Vernehmen nach noch die Frage, wie die Einhaltung der Pariser Klimaziele im Handelsabkommen verankert werden soll. Während sich die EU einen stringenten Prozess wünscht, über den sie die Partnerländer durch Handelsmaßnahmen sanktionieren kann, wenn diese sich nicht an vereinbarte Umweltziele halten, wollen die Mercosur-Staaten mehr Flexibilität.
Eine Mehrheit der EU-Länder drängt, anders als Frankreich, auf den Abschluss des Abkommens, allen voran Spanien und Deutschland. Man müsse das Vorhaben “jetzt nach über 20 Jahren mal endlich fertig kriegen”, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Rande des G20-Gipfels in Rio de Janeiro am Montag. Er habe den Eindruck, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nun Druck in der Sache mache. “Wir jedenfalls stehen hinter der Kommission, wenn sie ein Abkommen präsentiert”, sagte er mit Blick auf den Widerstand Frankreichs.
Selbst wenn sich Deutschland enthielte, dürfte Frankreich Schwierigkeiten haben, die nötige Menge an Mitgliedstaaten für eine Blockade des Abkommens bei einer Ratsabstimmung zusammenzubekommen, sagte John Clarke zu Table.Briefings. Clarke war bis 2023 Direktor für internationale Beziehungen in der Generaldirektion Landwirtschaft der Europäischen Kommission und damit Chefunterhändler der EU für Agrarhandel.
Doch in Paris hat man die Hoffnung noch nicht aufgegeben und sucht weiter nach Verbündeten für diese sogenannte Sperrminorität im Rat, wie Agrarministerin Annie Genevard kürzlich sagte. Es sei “intensive diplomatische Arbeit in Gang, um eine Reihe von europäischen Ländern zu gewinnen”. Premier Michel Barnier, selbst ehemaliger Agrarminister, brachte bei einem Treffen mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am vergangenen Mittwoch erneut seine Kritik an dem Abkommen vor.
Für eine Sperrminorität müssten vier EU-Länder gegen den Deal stimmen, die zusammen mehr als 35 Prozent der europäischen Bevölkerung vertreten. Frankreich müsste also drei weitere Länder von einer gewissen Größe als Verbündete gewinnen. Agrarministerin Genevard ist nach eigenen Angaben in Kontakt mit Polen, den Niederlanden und Italien.
Im Rat gelten Irland, Belgien und Österreich als Mercosur-skeptisch. In den Niederlanden sitzt die handelsfreundliche, liberale VVD mit der Mercosur-kritischen Bauer-Bürger-Bewegung (BBB) und der rechtspopulistischen PVV von Geert Wilders in der Regierung. Handelsministerin ist Reinette Klever von der PVV, die sich in der Vergangenheit gegen das Abkommen ausgesprochen hatte. Das Mandat, um im Rat für oder gegen das Abkommen zu stimmen, müsste sich die Regierung vom Parlament geben lassen.
Es ist also gut möglich, dass die Niederlande im Rat gegen das Abkommen stimmen würden. In der vergangenen Woche hat sich zudem das polnische Agrarministerium aus Sorge um die heimische Geflügelindustrie kritisch zum Abkommen geäußert. Frankreich, Irland, Belgien, Österreich, die Niederlande und Polen verfehlen mit gut 33 Prozent der EU-Bevölkerung die notwendige Sperrminorität von 35 Prozent knapp. Sonderlich komfortabel ist der Vorsprung für die Mercosur-Befürworter damit allerdings auch nicht, zumal sich noch nicht alle Regierungen positioniert haben.
Bestimmte französische Sektoren wie Milch und Wein könnten sogar von dem Abkommen profitieren, sagte ein Pariser Parlamentarier, der aufgrund der aktuellen politischen Lage in Frankreich anonym bleiben möchte: “Frankreich hat einen Handelsüberschuss von 155 Milliarden Euro mit Lateinamerika und schießt sich selbst ins Knie – zum Vorteil Chinas, das die Herausforderungen sehr wohl verstanden hat.”
Ähnlich schätzt es John Clarke ein: “Während die Rindfleisch- und vor allem die Lammfleischerzeuger in der EU durch das Abkommen moderat beeinträchtigt würden, würden andere Sektoren profitieren: Milchprodukte, Schweinefleisch und daraus hergestellte Produkte, alkoholische Getränke und verarbeitete Lebensmittel.”
Grund dafür, dass Paris seinen Widerstand nicht aufgeben will, sei aber die Sorge vor einer Eskalation der Bauernproteste, meint der Pariser Parlamentarier. Die Proteste der französischen Landwirte sind politisch explosiv für Paris. “Nichts ist entschieden”, sagte der französische Europaabgeordnete Pascal Canfin, Mitglied der Fraktion Renew, zu der auch Macrons Partei Renaissance gehört. Er verweist auf die jüngste Entscheidung Brasiliens, Exporte von weiblichem Rindfleisch nach Europa für mindestens ein Jahr auszusetzen, nachdem nicht garantiert werden konnte, dass das Fleisch nicht mit Wachstumshormonen behandelt wurde.
Die EU-Kommission strebt einen Abschluss der Verhandlungen noch vor Ende des Jahres an. Danach wird sich zeigen, ob die EU-Länder das Abkommen bestätigen. Für Emmanuel Macron steht viel auf dem Spiel: Mercosur ist zu einem echten Prüfstein dafür geworden, wie viel Einfluss er noch in Frankreich und Europa hat. Mit Julia Dahm, János Allenbach-Ammann, rtr
Das Thema stand gar nicht auf der Tagesordnung. Statt über US-amerikanische ATACMS und nunmehr mögliche ukrainische Militärschläge tief im russischen Hinterland wollte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bei seinem wohl letzten Außenministertreffen am Montag in Brüssel vor allem über diplomatische Sanktionen gegen Israel sprechen.
Die EU müsse auf die Verstöße gegen die Menschenrechte und internationales humanitäres Völkerrecht reagieren und den politischen Dialog mit Israel aussetzen, sagte Borrell. Doch er konnte sich nicht durchsetzen. Neben Deutschland sprachen sich auch Österreich, Tschechien, Ungarn, Luxemburg und die Niederlande gegen einen Boykott aus. Es war eine empfindliche Niederlage für den Spanier, der im Dezember von der Estin Kaja Kallas abgelöst werden soll. Die Europäer sprächen immer noch nicht “die Sprache der Macht”, sagte Borrell sichtlich frustriert.
Anders sieht es in der Ukraine-Politik aus. Auch hier scheren zwar einige Länder immer wieder aus, eine klare Strategie ist auch 1000 Tage nach Beginn der russischen Invasion nicht erkennbar. Doch die späte Entscheidung von US-Präsident Joe Biden, grünes Licht für den Einsatz weitreichender Waffen – vor allem ATACMS – für Angriffe innerhalb Russlands zu geben, kommt Borrell entgegen.
Der EU-Außenbeauftragte forderte die Mitgliedstaaten dazu auf, es den USA gleichzutun und der Ukraine den Einsatz von Waffen für Angriffe innerhalb Russlands zu gestatten. “Immer wieder habe ich gesagt, dass die Ukraine in der Lage sein sollte, die von uns gelieferten Waffen zu nutzen, nicht nur um die Pfeile zu stoppen, sondern auch um die Bogenschützen zu treffen”, sagte Borrell. Zustimmung signalisierte Außenministerin Annalena Baerbock. Selbstverteidigung bedeute, dass das Land nicht abwarten müsse, bis eine Rakete in einem Kinderkrankenhaus einschlage.
Allerdings ist unklar, ob die Ukraine dazu tatsächlich in die Lage versetzt wird. “Wir kennen nicht die genauen Zahlen der Raketen, die die Ukraine im Bestand hat”, sagte Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis. “Es stellt sich die Frage, ob sie mit genügend Raketen ausgestattet sind, um einen Unterschied auf dem Schlachtfeld zu machen.” Daher werde er keinen Champagner aufmachen.
Mindestens 245 militärisch relevante Ziele befinden sich im Westen Russlands in Reichweite der US-amerikanischen ATACMS, dies hat der US-Thinktank Institute for the Study of War ermittelt. Viele Flugplätze sind dabei, die im russischen Krieg gegen die Ukraine eine wichtige Rolle spielen. Zwar greift die Ukraine diese Ziele mit Drohnen regelmäßig an, aber sie haben nicht die Schlagkraft von ATACMS, Storm Shadow/Scalp oder gar des deutschen Marschflugkörpers Taurus.
Doch nachdem die USA nun ihr Okay für den Einsatz von ATACMS mindestens in der Region Kursk gegeben haben und offenbar auch Großbritannien und Frankreich nachziehen, steigt der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz, sein prinzipielles Nein zu Taurus-Lieferungen zu überdenken. Am Montag blieb er allerdings dabei. Scholz habe immer wieder betont, dass es nicht zu einer Eskalation dieses Krieges kommen dürfe, sagte ein Regierungssprecher in Berlin.
Die FDP-Politikerin und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im EU-Parlament, Marie-Agnes Strack-Zimmermann kritisierte Scholz scharf. “Starrsinn ist keine Besonnenheit, sondern ist grenzenlos naiv und kostet vielen Menschen in der Ukraine das Leben”, sagte die Politikerin zu Table.Briefings. Strack-Zimmermann, die soeben von einer Ukraine-Reise zurückgekehrt ist, betonte: Scholz blende aus, dass “alle europäischen Nationen nur gemeinsam den Aggressor Putin isolieren – und gleichzeitig die Ukraine humanitär, wirtschaftlich und militärisch unterstützen sollten”.
Die Reaktion aus Moskau auf die Berichte über die ATACMS-Freigabe kam schnell und war eskalierend. Weil ausländische Spezialisten die Ziele aussuchten und die Waffen bedienen würden, so die Annahme des Kremls, verändere das die Rolle des Westens in dem Konflikt.
Bereits am 12. September hatte Russlands Machthaber Wladimir Putin gesagt, dass der Einsatz solcher Waffen gegen Ziele in Russland eine “unmittelbare und direkte Beteiligung der Nato, der USA und europäischer Staaten an den Kampfhandlungen” bedeute. Aus Sicht des Kremls bewahrheitet sich so seine Darstellung, wonach der Westen auf dem Rücken der Ukraine eigentlich einen Krieg gegen Russland führt.
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Der EU-Außenrat hat am Montag über den Einsatz chinesischer Drohnen in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine gesprochen. Chinas wachsende Unterstützung für Russland im Krieg in der Ukraine “wird und muss Konsequenzen haben”, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock bei dem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel.
Die EU habe “schlüssige” Beweise dafür, dass bewaffnete Drohnen für Russland in China hergestellt würden, hieß es im Vorfeld des Treffens aus EU-Kreisen. Ob die Produktion der Drohnen von der Staatsführung Peking genehmigt worden sei, sei jedoch unklar.
Bundeskanzler Olaf Scholz wird nach eigenen Worten die Frage bei seinem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping am Dienstag ansprechen. “Es ist immer ein Thema meiner Gespräche, alle davor zu warnen, dass sie letale Waffen an Russland liefern”, sagte Scholz am Montag am Rande des G20-Gipfels in Rio de Janeiro. Er habe zudem in seinen Gesprächen mit China stets auch die Lieferungen sogenannter Dual-Use-Güter thematisiert, weil man nicht naiv sein dürfe. Scholz ging nicht auf die Frage nach etwaigen Sanktionen gegen China ein.
“Die Rolle Chinas wird größer und größer”, sagte der scheidende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach dem Treffen. “Ohne Nordkorea, ohne den Iran, ohne China wäre Russland nicht fähig, diesen Krieg weiterzukämpfen.” Er sei besorgt über Berichte über die Produktion und Lieferung kompletter Waffensysteme aus diesen drei Ländern, insbesondere aber aus Nordkorea und dem Iran, den “Lieferanten der direkten militärischen Kriegsführung”. Zum Fall der chinesischen Drohnen äußerte sich Borrell nach dem Treffen nicht konkret.
Scholz betonte, er werde im Gespräch mit Xi auch über die nordkoreanischen Soldaten sprechen, die mittlerweile in Russland stationiert und im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt worden seien. “Das kann nicht hingenommen werden und ist im Übrigen eine schlimme Veränderung”, sagte er. Der Einsatz sei eine Eskalation. “Ich sehe übrigens, dass das ziemlich viele hier so sehen”, sagte er zu Diskussionen auf dem G20-Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer.
Die EU versucht, gegen Länder vorzugehen, die Russlands Kriegsanstrengungen unterstützen. Am Montag genehmigte die Diplomaten Schritte zur Ausweitung der Sanktionen gegen den Iran wegen seiner Unterstützung Moskaus. China ist die wichtigste russische Quelle für viele bereits eingeschränkte Dual-Use-Güter. Die EU hatte deshalb bereits mehrere chinesische Unternehmen mit Sanktionen belegt.
“Wir zeigen Schwäche, wir müssen standhaft bleiben”, sagte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis. “Wir könnten eine sehr starke Botschaft senden, dass wir das nicht zulassen. Wenn wir das nicht tun, trägt das dazu bei, diese Chaos-Koalition, die Russland bildet, zu festigen.” ari/rtr
Das Treffen der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung kann am 2. Dezember auf Vorstandsebene stattfinden. Vor wenigen Tagen hatte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) das Treffen der Versammlung im Dezember wegen der bevorstehenden Vertrauensfrage im Bundestag abgesagt, was mehrere CDU-Abgeordnete kritisiert hatten. Wie Table.Briefings erfuhr, trifft sich nun der Vorstand der Versammlung. ber
Gemeinsam mit dem Weltverband für Zement und Beton (GCCA) hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Montag in Baku erstmals Standards für CO₂-armen Zement und Beton vorgestellt. Dieser Schritt ist Teil der Bemühungen, innerhalb des Klimaclubs die Dekarbonisierung bestimmter Industriesektoren voranzutreiben.
Die Zement- und Betonindustrie verursacht derzeit rund sieben Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen. Es ist das erste Mal, dass eine Schwerindustrie konkrete Pläne für deren Dekarbonisierung vorlegt.
Grundlage für die Standards für grünen Zement sind IEA-Vorgaben, die Emissionsklassen von “nahe Null” bis “hoch” festlegen und dabei auf den Klinkeranteil eingehen. Klinker ist das Bindemittel von Zement, das für die Festigkeit des Materials sorgt. Für die Herstellung des Klinkerzements sind jedoch sehr hohe Temperaturen nötig, weshalb er als besonders emissionsintensiv gilt. Die nun vorgeschlagenen Standards sehen vor:
Als Standard für das Endprodukt Beton soll gelten:
Um die Dekarbonisierung der Zementindustrie und anderer schwerindustrieller Sektoren in Schwellen- und Entwicklungsländern voranzutreiben, kündigten Deutschland, Großbritannien, Kanada und die Klimainvestitionsfonds (CIF) am Montag insgesamt 1,3 Milliarden US-Dollar an Unterstützung an:
300 Millionen US-Dollar sollen dabei für technische Hilfe zur Umstellung auf saubere Energiequellen bereitgestellt werden. Der Wirtschaftsminister machte in Baku deutlich, dass man durch diese Initiative auch ein Signal in die Verhandlungsräume auf der COP29 senden wolle. “Die Industrieländer stehen zu ihrer Klimafinanzierung, gleichzeitig holen wir mehr private Investoren und Geldgeber ins Boot und verbreitern die Geberbasis”, sagte Habeck am Montag. luk
Die Bundesregierung hat laut Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir noch keine abgestimmte Position zu den Änderungen an der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR). Den Aufschub der Regeln unterstütze die Bundesregierung wie auch der Rat insgesamt, sagte Özdemir am Rande des EU-Agrarrats am Montag. Doch die inhaltlichen Änderungen zur Einführung einer neuen Risikokategorie für Erzeugerländer, für die das Parlament zuletzt gestimmt hatte, schaue man sich bis zur Sitzung der EU-Botschafter am Mittwoch noch an.
Der EVP, die die zusätzlichen Änderungen eingebracht hatte, warf der Grünen-Politiker vor, “massive Verunsicherung” herbeizuführen. Weil das Parlament mit seiner Position nun vom Kommissionsvorschlag abweicht, den auch der Rat wortgleich übernehmen wollte, werden Trilogverhandlungen zwischen den Institutionen nötig.
Ist das Änderungsgesetz nicht vor dem 30. Dezember unter Dach und Fach, tritt die Verordnung wie ursprünglich geplant bereits dann in Kraft. Vor allem Länder, die nicht von der vorgeschlagenen Null-Risiko-Kategorie profitieren dürften, müssen abwägen, ob sie sich aufgrund des Zeitdrucks den Forderungen des Parlaments beugen oder noch Einwände erheben.
Die Berichterstatterin der EVP-Fraktion, Christine Schneider (CDU), wies die Kritik zurück: “Jetzt liegt es an der deutschen Bundesregierung, im Rat Kompromissbereitschaft zu zeigen, anderen Mitgliedstaaten klar den Willen zum Bürokratieabbau zu signalisieren und eine schnelle Lösung herbeizuführen, statt mit dem Schüren von Ängsten Wahlkampf zu betreiben”, sagte sie. jd, tho
Gemeinsam mit seinem dänischen Amtskollegen Jacob Jensen hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir gefordert, die neue EU-Kommission solle eine EU-Proteinstrategie vorlegen, um die europäische Produktion von Eiweißpflanzen zu fördern. “Wir müssen dringend für die Sicherheit unserer Ernährungsversorgung das Thema stärker in den Blickpunkt nehmen”, sagte der Grünen-Politiker beim EU-Agrarrat am Montag. Es brauche heimische Futtermittel, um die Abhängigkeit von Drittstaaten zu reduzieren. Nur drei Prozent des Sojafutters in der EU kommen laut EU-Kommission aus heimischer Produktion, bei Raps sind es zwei Drittel.
Eine EU-Proteinstrategie hatte die Europäische Kommission eigentlich für die vergangene Amtszeit angekündigt, aber nie vorgelegt. Unerwähnt ließ Özdemir, dass ein ähnliches Schicksal auch dem deutschen Pendant droht: Die Weiterentwicklung der Eiweißpflanzenstrategie zur Proteinstrategie hatte das BMEL eigentlich fürs Frühjahr 2025 angekündigt. Durch die geplante Neuwahl dürfte das nun hinfällig sein.
Tschechien, Irland, Estland und Luxemburg unterstützten die Initiative formell, auch weitere Länder sprachen sich während des Ratstreffens dafür aus, darunter Polen und Portugal. Einige Länder nahmen dagegen Anstoß daran, dass sich das von Özdemir und Jensen vorgelegte Papier auch für eine bessere Förderung “pflanzenbasierter oder alternativer Proteinquellen” ausspricht. Dabei dürfe es nicht um Laborfleisch gehen, mahnte etwa der italienische Agrarminister Francesco Lollobrigida von Giorgia Melonis Partei Brüder Italiens. “Wir müssen einen Ausgleich schaffen zwischen pflanzlichen und tierischen Proteinen”, meinte auch die Vertreterin der Slowakei, Mária Malová.
Der designierte EU-Agrarkommissar Christophe Hansen hatte bei seiner Anhörung im EU-Parlament deutlich gemacht, in Sachen Ernährung keine Vorschriften machen zu wollen. Er betonte aber, die EU hinke bei der Produktion pflanzlicher Proteine deutlich hinterher, zumal Eiweißpflanzen nützlich für den Klimaschutz seien. Er argumentierte auch, der Beitritt der Ukraine als großem Erzeugerland könne der EU helfen, bei Proteinpflanzen unabhängiger zu werden. Ähnlich hatte auch Özdemir in der Vergangenheit argumentiert. Dazu, ob er das Vorhaben einer EU-Proteinstrategie wieder aufnehmen will, hat sich Hansen bisher nicht geäußert. jd
Die bayerische Staatsregierung hat sich nachdrücklich gegen die Teilung der deutschen Stromgebotszone ausgesprochen. “Jedes Unternehmen überlegt zurzeit, wie es sich halten kann. Deshalb muss es auch heißen, wir machen bei der Strompreiszonenproblematik keine Experimente“, sagte Tobias Gotthardt, Staatssekretär im bayerischen Wirtschaftsministerium, am Montagabend bei einer Veranstaltung in der bayerischen Landesvertretung in Brüssel.
Ende des Jahres wird ein europäischer Bericht erwartet, der eine Empfehlung für die Neuaufteilung der Stromgebotszonen abgibt. Anschließend müssen die Mitgliedstaaten und die Kommission entscheiden. Ein Argument für die Teilung wäre, dass sich Erzeugungsanlagen verstärkt in Regionen mit hoher Nachfrage wie in Süddeutschland ansiedeln würden. In Nord- und Ostdeutschland könnte dagegen der Strompreis sinken.
Den Chemiekonzern Wacker würde eine Teilung der deutschen Gebotszone allerdings stark belasten, sagte Peter von Zumbusch, Leiter des Werks in Burghausen. “Wenn wir unseren Standort dichtmachen müssen, werden wir bestimmt nicht nach Norddeutschland gehen“, sagte Zumbusch und verwies auf eine Präsentation, die deutlich niedrigere Strompreise in den USA, China und vielen anderen Ländern zeigte.
Eine schnell umsetzbare Alternative für bessere Allokationssignale für Erzeugungsanlagen wären Änderungen bei den Baukostenzuschüssen, sagte Christoph Müller, Mitglied der Geschäftsführung des Übertragungsnetzbetreibers Amprion. Dies könne schon 2025 umgesetzt werden. Der Bidding Zone Review würde dagegen erst 2030 wirken. Von einer Neuordnung der Zuschüsse für den Netzanschluss dürften erneuerbare Energien nicht ausgenommen werden. Der Welpenschutz sei nicht mehr angemessen. ber
Das erste Treffen der Energieminister unter polnischer Ratspräsidentschaft findet am 17. März 2025 in Brüssel statt. Wie Table.Briefings weiter erfuhr, soll der zweite Energierat am 16. Juni in Luxemburg stattfinden. Am 12. und 13. Mai soll es ein informelles Treffen in Warschau geben.
Die Daten sind noch vorläufig. Die polnische Ratspräsidentschaft will dem Vernehmen nach unter anderem den Fahrplan für den Ausstieg aus russischen Energieträgern und die Revision der Energiesicherheitsstrategie vorantreiben. ber
Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck bekommt einen Zuschuss in Höhe von 226 Millionen Euro aus dem Wasserstoff-IPCEI zum Aufbau einer Kleinserie von Lkw mit Brennstoffzellen-Antrieb. 100 Sattelzugmaschinen sollen jetzt entwickelt, gebaut und Ende 2026 an die Kunden ausgeliefert werden. Die Fahrzeuge sollen mit flüssigem Wasserstoff betrieben werden; der Antrieb stammt von Cellcentric aus Esslingen, einem Jointventure von Daimler Truck und Volvo.
Die Förderung soll auch dazu dienen, Machbarkeitsstudien für die Wasserstofflieferkette sowie die Produktionsanlagen für die Serienfertigung zu finanzieren. Bislang gibt es fünf Prototypen der Fahrzeuge, die mit einer Tankfüllung Reichweiten von über 1000 Kilometern erzielten und damit vergleichbare Werte bringen wie Diesel-Lkw für den Langstreckenbetrieb. Die Fördersumme von 226 Millionen Euro entspricht knapp zwei Drittel der Summe des förderfähigen Projektanteils. mgr
Das Geschäftsmodell und der Marktmissbrauch einer Handvoll großer chinesischer und amerikanischer Tech-Unternehmen untergraben die Fähigkeit der EU, künftige Generationen zu schützen, Wahlen und nationale Sicherheit zu gewährleisten sowie das Wachstum von Unternehmen zu fördern. Bereits heute steht fest: Diese Probleme werden durch die extreme politische Instabilität in Washington weiter verschärft.
Der Raum für Qualitätsjournalismus nimmt in unserer Gesellschaft ab. Zum einen werden Desinformation und Hass durch fragwürdige Algorithmen systematisch verstärkt, zum anderen leidet der Journalismus unter dem mangelhaften und intransparenten Online-Werbemarkt, der von großen Technologieunternehmen dominiert wird.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat das “Demokratie-Schutzschild” angekündigt. Sie hat auch Investitionen in Aussicht gestellt, die europäische KMU und Start-ups bei ihrem Wachstum unterstützen sollen. Doch um Wachstum und Resilienz zu fördern, genügt es nicht, in Infrastruktur und Innovation zu investieren. Es gilt, gezielt Wettbewerbsspielraum im Binnenmarkt zu schaffen. Die wirksame Durchsetzung des EU-Rechts gegenüber großen, nicht-europäischen Unternehmen ist dafür entscheidend.
Obwohl die Durchsetzung der DSGVO gerade KMU und Start-ups oft belastet hat, gab es bislang wenig substanzielle Maßnahmen, um den Missbrauch personenbezogener Daten durch große chinesische und US-amerikanische Unternehmen einzudämmen. Eine DSGVO-Durchsetzung in Irland und Luxemburg würde einen entscheidenden Einfluss auf chinesische und US-amerikanische Unternehmen in ganz Europa haben, ohne europäische KMU und Start-ups zu beeinträchtigen.
Obwohl viele Befunde vom Draghi-Bericht uns bedenklich stimmen, und die Signale nach Trumps Wahl keinen Raum für Optimismus geben, sollte die Politik nicht in Panik geraten. Europa verfügt über eine Reihe wirksamer Durchsetzungsinstrumente, um die zentralen Herausforderungen zu bewältigen: Wettbewerbsfähigkeit, Gefährdung künftiger Generationen, ausländische Einflussnahme sowie ernsthafte Bedrohungen der Demokratie. Erforderlich ist ein strukturierter Mechanismus, um alle verfügbaren regulatorischen Instrumente, insbesondere DMA, DSA, DSGVO und so weiter kohärent einzusetzen.
Eine Taskforce aus Chief Enforcement Officers mit übergreifendem Kommissionsansatz könnte Durchsetzungsinstrumente strategisch einsetzen – ohne zusätzlichen Gesetzgebungsbedarf. Eine Analyse der Konrad-Adenauer-Stiftung beschreibt detailliert, wie eine solche Taskforce funktionieren könnte. Präsidentin von der Leyen sollte die vielfältigen Befugnisse Europas lediglich bündeln und die politische Glaubwürdigkeit wirkungsvoll einsetzen.
Zu oft arbeiten die Direktionen und Referate der Kommission und die nationalen Regulierungsbehörden isoliert voneinander. Die Kommission braucht eine einheitliche Durchsetzungsstruktur, um verschiedene Rechtsinstrumente europaweit kohärent gegen ein einzelnes Zielunternehmen einsetzen zu können.
Die Herausforderungen durch die enorme Macht digitaler Plattformen verdienen höchste Priorität in der Spitzenpolitik. Es bestehen erhebliche Risiken: Entweder wird die Durchsetzung des EU-Rechts als zentrale Aufgabe ernst genommen, oder die demokratische Grundordnung wird langfristig gefährdet. Die Durchsetzung unserer Werte ist eine Investition in unsere Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit.