ab heute gilt der Preisdeckel für russisches Öl, nachdem alle EU-Staaten inklusive Polen sowie die G7 dem Schritt zugestimmt haben. Die russische Regierung kündigte am Sonntag Reaktionen an. Man werde Rohöl und Ölprodukte nur an Staaten verkaufen, die dem Preisdeckel nicht folgen, selbst wenn dafür die eigene Produktion gekürzt werden müsse, sagte Energieminister Alexander Nowak.
Im Handelsstreit mit den USA hat sich gestern Ursula von der Leyen positioniert. Die Kommissionspräsidentin kündigte etwa an, die Vorschriften für öffentliche Investitionen zu lockern. Erlaubt werden soll künftig wohl auch die Förderung von Massenproduktion – was Deutschland entegenkäme. Mehr lesen Sie in den News.
Um die Beziehungen zu einer anderen Weltmacht geht es in der Solarindustrie. Nico Beckert hat aufgeschrieben, wie viel es die EU kosten würde, in der Produktion unabhängiger von China zu werden.
Industriekommissar Thierry Breton wiederum hatte für virtuelle Welten und das Metaverse eine neue Initiative angekündigt. Corinna Visser hat sich für ihre Analyse umgehört, welche Erwartungen Bundesregierung und Industrie an die Regulierung haben.
Das Metaverse ist ein noch weitgehend unerschlossener Raum. Nicht einmal eine exakte Definition des immersiven Internets gibt es. Dennoch investieren Unternehmen wie Meta, Microsoft oder Google bereits Milliarden in diese neuen digitalen Räume, die durch die Konvergenz von virtueller, erweiterter und physischer Realität entstehen. Und diesmal will die EU beim virtuellen Land Grabbing ein Wort mitreden.
Binnenmarktkommissar Thierry Breton hat im September eine neue Initiative zu virtuellen Welten und dem Metaverse angekündigt. Drei Punkte nannte Breton, auf die sich diese Initiative fokussieren soll: Menschen, Technologie und Infrastruktur. Doch was plant die EU?
Die Kommission hat seit 2020 damit begonnen, ein Ökosystem für das Metaverse zu organisieren. Sie hat Akteure aus der gesamten Wertschöpfungskette – von Hardwareherstellern über Technologie- bis hin zu Inhalteanbietern und Nutzern – in einer VR/AR-Industriekoalition zusammengebracht. Diese hatte die Kommission im Aktionsplan für Medien und audiovisuelle Medien angekündigt. Im September nahm sie ihre Arbeit auf.
Im Metaversum steckt enormes wirtschaftliches Potenzial. Anhaltspunkte geben die Prognosen für die bereits existierenden Technologien, Virtual und Augmented Reality (VR und AR). Sie ermöglichen den Zugang zum Metaverse. Die VR/AR-Industrie ist in den vergangenen Jahren sowohl in Europa als auch weltweit stark gewachsen. “Auf globaler Ebene deuten Marktprognosen darauf hin, dass die Branche einen Boom erleben wird und das Potenzial hat, im Jahr 2025 die Marke von 766 Milliarden Euro zu erreichen und bis 2030 rund 1,3 Billionen Euro zur Weltwirtschaft beizutragen”, schreibt die EU-Kommission in ihrem Strategie-Papier.
Aber wie genau soll die Regulierung des Metaverse aussehen? Zum einen baut die EU darauf, dass sie mit den bereits auf den Weg gebrachten Rechtsakten wie DSA und DMA sowie künftig AI und Data Act die Herausforderungen des Metaverse bewältigt. Ein eigenes Metaverse-Gesetz erwartet jedenfalls die deutsche Politik nicht. “Die EU hat das Thema Metaverse in ihr Arbeitsprogramm für 2023 aufgenommen – mit dem klaren Hinweis, non-legislativ vorzugehen”, sagt Ben Brake, Leiter der Abteilung Digital- und Datenpolitik im Bundesministerium für Digitales und Verkehr, der im November zu Gesprächen in Brüssel war.
“Das ist der richtige Ansatz”, meint Brake. “Wir müssen uns zuerst mit den unterschiedlichen Stakeholdern anschauen, welche Möglichkeiten eines Metaverse es gibt, die wir nutzen könnten.” Eine Frage sei, ob hier etwas komplett Neues entstehe, oder ob es die organische Weiterentwicklung bereits bestehender Technologien wie VR und AR sei. Davon hänge ab, wie die Politik mit dem Metaverse umgehen werde. “Klar ist, wir wollen keinen Trends hinterherlaufen, die nach dem Hype zusammenfallen wie ein Soufflé“, sagt Brake.
Auch der Digitalverband Bitkom sieht derzeit keine Notwendigkeit, regulatorisch einzugreifen. “Die gesetzlichen Grundlagen sind da, auf denen können wir gut aufbauen”, sagt Sebastian Klöß, Bereichsleiter Consumer Technology, AR/VR & Metaverse. Es sei aber gut, dass die EU das Thema in dieser frühen Phase bereits auf dem Schirm habe und beobachte, wo die Chancen für neue Geschäftsmodelle liegen und was Europa in diese Entwicklung einbringen könne.
Nach seiner Einschätzung liegen die Stärken europäischer Unternehmen bei den Inhalten: bei AR/VR, Gaming, 3D-Inhalten, beim Entwerfen von 3D-Welten und 3D-Avataren. Schwieriger sehe es bei der Hardware aus – mit der Ausnahme einzelner Komponenten wie Sensoren oder Optik. “Da ist Europa gut dabei”, meint Klöß. “Hier ist das Metaverse ein Abbild der Industrie insgesamt.”
Korea, das vor Jahren auch das Highspeed-Internet massiv förderte, hat im Januar angekündigt, dass es rund 160 Millionen Euro in die Förderung eines Metaverse-Ökosystems investieren will. Ein Vorbild für Deutschland? Förderung helfe natürlich immer, sagt Klöß. “Wichtiger ist aber, dass der Staat – dass die EU – mutig vorangeht. So kann sie auch andere dazu bewegen, ins Metaverse einzusteigen.” Als Beispiel nennt er Seoul: Die Stadt plant eine eigene Repräsentanz im Metaverse, wo sie auch Bürgerdienste anbieten will.
Deutsche Industrieunternehmen wie Siemens sehen enormes Potenzial im Industrial Metaverse, einer Variante des Metaverse neben dem Consumer und dem Enterprise Metaverse. “Wir nutzen bereits Building Blocks aus dem Industrial Metaverse in unseren Industrie-Applikationen”, sagt Sicco Lehmann-Brauns, Senior Director Technology and Innovation bei Siemens und Sprecher des Arbeitskreises Datenwirtschaft beim ZVEI. “Das Stichwort ist digitaler Zwilling – also alles, was mit Simulation zu tun hat”, sagt Lehmann-Brauns. Siemens setze diese Technologien bei der Digitalisierung von Fabriken, Energiesystemen und in der Mobilität bereits ein.
Lehmann-Brauns warnt allerdings davor, die verbraucherorientierte Regulierung “undifferenziert” auf industrielle B2B-Verhältnisse zu übertragen. “Diese Märkte funktionieren ganz anders im Hinblick auf die Machtverhältnisse zwischen den Akteuren“, gibt er zu bedenken. “Es gibt in der Elektroindustrie oder im Maschinenbau nicht diese Machtasymmetrien und auch keine Monopolbildung wie etwa im Konsumenteninternet.” Eine Regulierung nach dem One-size-fits-all-Modell gefährde das Potenzial der europäischen Industrie.
Dagegen erhofft sich Lehmann-Brauns Aktivitäten der EU in den drei von Breton genannten Bereichen:
Und so wie Klöß vom Bitkom findet auch Lehmann-Brauns vom ZVEI: “Eine konsequente Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung wäre sicherlich auch hilfreich.”
Das hat auch die (deutsche) Politik im Auge: “Partizipation ist für unsere Demokratie extrem wichtig. Und der digitale Raum bietet hierfür viele Möglichkeiten”, sagt Brake vom BMDV. “Ich denke etwa an digitale Townhall-Meetings.” Und so fordert er: “Wir sollten uns bei unseren Vorhaben in Europa nicht auf das industrielle Metaverse beschränken.”
Der Inflation Reduction Act der USA erfordert nach Ansicht von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Kurswechsel bei der Investitionspolitik in Europa. Um Wettbewerbsnachteile abzufedern, müssten die EU-Vorschriften für öffentliche Investitionen gelockert werden, erklärte sie gestern bei einer Rede an der Hochschule College of Europe in Brügge.
Zudem brauche es zusätzliche europäische Finanzmittel zur Förderung sauberer Technologien und eine Kooperation mit den USA beispielsweise bei der Festlegung von Industriestandards und beim Einkauf kritischer Rohstoffe. Die Zusammenarbeit mit Verbündeten in einem “Club für kritische Rohstoffe” bei Beschaffung, Produktion und Verarbeitung könne es ermöglichen, das Monopol Chinas zu überwinden.
Beim IRA sind Subventionen und Steuergutschriften daran geknüpft, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren. Der Chef des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), rechnete am Sonntag nicht mehr mit einer Verhandlungslösung. Er gehe davon aus, dass in den Gesprächen zwischen EU und USA zwar noch einige kleine Änderungen für die Umsetzung des US-Gesetzes vereinbart werden könnten, aber nicht “dass sich substanziell noch viel ändert”, sagte Lange den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die EU müsse daher zügig in den nächsten Monaten eine Klage bei der WTO anstrengen.
Heute trifft sich der europäisch-amerikanische Handels- und Technologierat. Mit Blick auf das Zusammenkommen hatte der Unions-Wirtschaftsexperte im EU-Parlament, Markus Ferber (CSU), zuvor den Funke-Zeitungen gesagt, wenn die USA bei dem Treffen nicht einen Schritt auf Europa zumachten, müsse die EU-Kommission über die Aktivierung der europäischen Handelsschutzinstrumente nachdenken.
Zur Finanzierung schlug von der Leyen vor, zunächst REPowerEU auszubauen. Das Programm ermöglicht insbesondere Investitionen in Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Infrastruktur. Mittelfristig sollte dann über den bereits im September von ihr vorgeschlagenen Souveränitätsfonds Geld für vorgelagerte Forschung, Innovationen und strategische Projekte bereitgestellt werden.
Derzeit sei man sehr darauf bedacht, Verzerrungen im EU-Binnenmarkt zu vermeiden, aber man müsse nun auf den zunehmenden weltweiten Wettbewerb um saubere Technologien reagieren. Die Kommission werde neu darüber nachdenken, wie man die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zur Massenproduktion auch durch öffentliche Investitionen fördern könnte. dpa
Um sich in der Solarindustrie unabhängiger von China zu machen, müsste Europa Milliardensummen investieren. Laut einer noch unveröffentlichten Berechnung des Think-Tanks BloombergNEF (BNEF) würde es 44 Milliarden US-Dollar kosten, um die Nachfrage nach Solarmodulen im Jahr 2030 allein durch eine europäische Produktion zu decken.
Eine aktuelle Nature-Studie zeigt außerdem die Ersparnisse durch globalisierte Solar-Lieferketten. Allein Deutschland habe dadurch zwischen 2008 und 2020 circa sieben Milliarden US-Dollar weniger für Solarmodule zahlen müssen als in einem Szenario, in dem “ein zunehmender Anteil” der Module in Deutschland gefertigt worden wäre. Käme es in der PV-Industrie zu einer starken De-Globalisierung mit nationalen Lieferketten, würden Solarmodule bis 2030 zwischen 20 und 25 Prozent teurer, so die Forscher.
Zudem fehle es im Westen auch an Fachkenntnissen und Ausrüstung. “Das Spitzenwissen über die Fotovoltaik-Herstellung befindet sich in China”, so die BNEF-Analysten:
Insgesamt seien die Eintrittsbarrieren zur Produktion von Polysilizium, Solar-Ingots und -Wafern sehr hoch. Bisher unternimmt die EU kaum Bemühungen, um die Produktion wieder nach Europa zurückzuholen – anders als in den USA. Dort sieht der Inflation Reduction Act (IRA) auch Milliarden an Subventionen für die Solarindustrie vor (Climate.Table berichtete). Stillgelegte US-Fabriken für Polysilizium könnten dadurch wieder in Betrieb genommen werden. Auch die Subventionen für die Wafer- und Ingot-Produktion seien “besonders hoch”, so BNEF. Laut Johannes Bernreuter, Polysilizium-Experte von der Beratungsfirma Bernreuter Research, scheint der IRA “nun immerhin den politischen Druck auf die EU zu erhöhen”. nib
Die EU-Staaten wollen die Anforderungen an den Gaspreisdeckel senken und dadurch sicherstellen, dass außerordentlich hohe Preise wie im vergangenen August nicht wieder auftreten. Deshalb soll der Marktkorrekturmechanismus schon dann ausgelöst werden, wenn TTF-Derivate fünf Handelstage lang für über 264 Euro gehandelt werden. Das steht in der ersten Revision des Rates von Donnerstag, die Contexte veröffentlichte.
Die Kommission hatte zehn Handelstage und 275 Euro vorgeschlagen. Dadurch wäre der Mechanismus aber selbst im vergangenen Sommer nicht aktiviert worden. Entsprechend soll der Deckel aber auch schneller wieder deaktiviert werden können – sobald er für fünf Tage unter dem Wert von 58 Euro über dem EGSI als LNG-Index liegt.
Die Werte werden aber wahrscheinlich erneut angepasst werden, die tschechische Ratspräsidentschaft hat sie wegen “Unsicherheiten der Methodik” in Klammern gesetzt.
Gelten soll der Preisdeckel außerdem für eine größere Zahl von Derivaten – nicht nur für den Frontmonat, sondern auch für das Frontquartal und alle eingeschlossenen Monatskontrakte. “Nicht nur, um auf die meistgenutzten und liquidesten Märkte abzuzielen, sondern auch um Arbitrage zu verhindern und die Umgehung des Mechanismus zu minimieren”, heißt es zur Begründung.
Gestrichen haben die Mitgliedstaaten die Vorgabe, die Kommission über den Stand beim Gas- und Stromsparen zu informieren, sobald der Marktkorrekturmechanismus ausgelöst wurde. Polen hatte wegen eines früheren Ratsbeschlusses zum Gassparen vor einem Monat sogar den EuGH angerufen. ber
Mit scharfen Worten kritisiert der SPD-Abgeordnete Jens Geier den voraussichtlichen Zeitpunkt für die Veröffentlichung des delegierte Rechtsakts der Kommission zu Wasserstoff. Den 15. Dezember zu wählen, sei ein “Zeichen mangelnder Wertschätzung gegenüber den Stakeholdern”, sagte Geier am Freitag bei einem Pressegespräch in Berlin.
Dies sei der vorletzte Arbeitstag des Parlaments vor der Weihnachtspause. Die übliche Frist für Verbände zur Stellungnahme von vier Wochen falle in die Weihnachtszeit, kritisierte der Berichterstatter der Gasbinnenmarkt-Richtlinie. Nachdem die Kommission ein Jahr lang an dem Rechtsakt gearbeitet hat, hätte sie ihn nun auch Mitte Januar vorlegen können, so Geier.
Inhaltlich sei der vergangenen Woche bekannt gewordene Entwurf aber der beste, den er bisher gesehen habe, sagte der Vorsitzende der Europa-SPD. Positiv zu bewerten sei die ausgeweitete zeitliche und geografische Entkopplung von Grünstrom- und Wasserstoff-Erzeugung. ber
Der tschechische Abgeordnete Alexandr Vondra (ECR) wird Berichterstatter des Europaparlaments für Euro 7. Vondra ist damit der Verhandlungsführer im federführenden Umweltausschuss ENVI. Schattenberichterstatter der EVP wird Jens Gieseke (CDU). Die Kommission hatte Anfang November ihren Vorschlag für die nächste Stufe der Schadstoffregulierung für Pkw, Lieferwagen, Busse, leichte und schwere Nutzfahrzeuge vorgelegt. Auf Ratsseite werden die ersten Triloge unter schwedischer Ratspräsidentschaft geführt. Die Termine stehen noch nicht fest. Besonders umstritten zwischen den Co-Gesetzgebern dürften die Fristen für die Einführung, die Grenzwerte für Lieferwagen und Nutzfahrzeuge sein. Auch die Testbedingungen für Pkw werden für Gesprächsbedarf sorgen. mgr
Die Bundesregierung glaubt Insidern zufolge nicht an eine schnelle Einigung innerhalb der EU für eine Reform der europäischen Schuldenregeln. Es werde dazu morgen beim Treffen der europäischen Finanzminister einen intensiven Meinungsaustausch geben, verlautete im Vorfeld aus deutschen Regierungskreisen. “Es gibt Stimmen, die sehr optimistisch sind, dass man da im März schon was haben könnte.” Die Bundesregierung teile diesen Optimismus aber nicht. Viele Fragen seien weiterhin offen. Es gebe auch noch keine Rechtsvorschläge der EU-Kommission.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte sich bereits skeptisch geäußert. Anders als von der Brüsseler Behörde vorgesehen, pocht er auf einheitliche Regeln. Die EU-Kommission will die Schuldenregeln stärker auf die Bedürfnisse einzelner Länder abstimmen. Kernstück sollen mittelfristige Finanzpläne der jeweiligen Staaten sein, die individuell ausgehandelt werden können. Im Gegenzug sollen die Vorgaben einfacher, transparenter und besser durchsetzbar werden.
Nach Einschätzung von Diplomaten in Brüssel werden die EU-Finanzminister an diesem Dienstag auch keine Entscheidung im Streit mit Ungarn über die Auflagen zur Rechtsstaatlichkeit treffen. Es sei aktuell nicht klar, wo etwa Italien sowie verschiedene Staaten in Osteuropa und im Baltikum im Verfahren stehen. Es sei daher wahrscheinlich, dass das Paket auf einem Sondertreffen der EU-Finanzminister vor dem Europäischen Rat, der für 15./16. Dezember angesetzt ist, erneut auf die Agenda kommt. Möglich sei aber auch, dass sich die EU-Staats- und Regierungschefs direkt mit dem Paket auseinandersetzen werden. rtr/cr
Vertrauen, Kooperation und Eigenständigkeit der Mitarbeitenden – diese Werte sind Annika Thies bei der Leitung ihres Teams wichtig. Seit Juni dieses Jahres leitet sie das EU-Projektbüro des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY) und setzt dabei auf einen “postheroischen Führungsstil” ohne Micromanagement. Das Büro unterstützt die Wissenschaftler von der Antragstellung bis zur Abrechnung und dem Schlussbericht. Die ersten paar Monate waren für die 49-Jährige zwar sehr hektisch und zeitintensiv, aber alles in allem sei es ein angenehmes Ankommen gewesen. “Ich habe das Glück, ein sehr fittes und sympathisches Team zu haben.”
Das Zeitmanagement sei zwar oft herausfordernd, aber Annika Thies ist mit anspruchsvollen Aufgaben vertraut: Zuvor war sie unter anderem Direktorin im Brüsseler Büro der Helmholtz-Gemeinschaft und als Juristin für die Europäische Kommission tätig. Für diese war die gebürtige Flensburgerin unter anderem beim Aufbau einer eigenen Rechtsform im Bereich Forschungsinfrastrukturen involviert. In dieses spezifische Feld der Rechtswissenschaften ist sie eher aus Zufall gekommen. Ein Freund habe ihr am Anfang ihrer Karriere einen Job beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt empfohlen, worauf sie sich dort bewarb. “Das fand ich von Anfang an großartig, weil es nicht so ein klassischer Juristenjob wie Anwalt ist, sondern mit einer starken internationalen Ausrichtung.”
Schon ihr Jurastudium in Trier hatte sie speziell ausgewählt, da dort eine fachspezifische Fremdsprachenausbildung angeboten wurde. Ihr war von Anfang an klar, dass sie im internationalen Bereich arbeiten wollte. An Recht fasziniere sie besonders, wie es Kooperationen so unterstützen kann, dass sie gut funktionieren. Insbesondere, was die europäische Forschungszusammenarbeit betrifft. “Wenn die Regeln klar ausgehandelt und festgelegt sind, dann gibt es viel weniger Missverständnisse und die Zusammenarbeit läuft runder.” Jura helfe besonders dabei, diese Basis zu finden und in einen Rahmen zu packen.
Ein Projekt, das Annika Thies besonders am Herzen liegt, ist LEAPS: League of European Accelerator based-Photon Sources. Das ist der Zusammenschluss von 16 europäischen Einrichtungen, die führend im Bereich von Synchrotronen und Freie-Elektronen-Laser sind. Ziele des Verbundes sind unter anderem, die Forschung zu fördern und stärker in den Austausch mit Organisationen und Stakeholdern zu kommen. Dieses Projekt war auch einer der Hauptgründe, die die Juristin an dem Jobangebot des DESY so gereizt haben. “Weil es hier sehr strategisch auf europäischer Ebene unterwegs ist und mit Helmut Dosch einen Direktor hat, der sich selbst stark für die europäische Zusammenarbeit engagiert.”
Am DESY-Standort Hamburg gefällt ihr besonders das Internationale, das sie viel an Brüssel erinnert. “Die Nähe zum Wasser ist ein ganz großer Pluspunkt”. Sie habe sich auch vorgenommen, einen Segelkurs zu machen. Den nötigen Ausgleich zu ihren Aufgaben als Leiterin findet sie als Alt-Sängerin in einem Chor oder bei einem Spaziergang an der Elbe. Kim Fischer
ab heute gilt der Preisdeckel für russisches Öl, nachdem alle EU-Staaten inklusive Polen sowie die G7 dem Schritt zugestimmt haben. Die russische Regierung kündigte am Sonntag Reaktionen an. Man werde Rohöl und Ölprodukte nur an Staaten verkaufen, die dem Preisdeckel nicht folgen, selbst wenn dafür die eigene Produktion gekürzt werden müsse, sagte Energieminister Alexander Nowak.
Im Handelsstreit mit den USA hat sich gestern Ursula von der Leyen positioniert. Die Kommissionspräsidentin kündigte etwa an, die Vorschriften für öffentliche Investitionen zu lockern. Erlaubt werden soll künftig wohl auch die Förderung von Massenproduktion – was Deutschland entegenkäme. Mehr lesen Sie in den News.
Um die Beziehungen zu einer anderen Weltmacht geht es in der Solarindustrie. Nico Beckert hat aufgeschrieben, wie viel es die EU kosten würde, in der Produktion unabhängiger von China zu werden.
Industriekommissar Thierry Breton wiederum hatte für virtuelle Welten und das Metaverse eine neue Initiative angekündigt. Corinna Visser hat sich für ihre Analyse umgehört, welche Erwartungen Bundesregierung und Industrie an die Regulierung haben.
Das Metaverse ist ein noch weitgehend unerschlossener Raum. Nicht einmal eine exakte Definition des immersiven Internets gibt es. Dennoch investieren Unternehmen wie Meta, Microsoft oder Google bereits Milliarden in diese neuen digitalen Räume, die durch die Konvergenz von virtueller, erweiterter und physischer Realität entstehen. Und diesmal will die EU beim virtuellen Land Grabbing ein Wort mitreden.
Binnenmarktkommissar Thierry Breton hat im September eine neue Initiative zu virtuellen Welten und dem Metaverse angekündigt. Drei Punkte nannte Breton, auf die sich diese Initiative fokussieren soll: Menschen, Technologie und Infrastruktur. Doch was plant die EU?
Die Kommission hat seit 2020 damit begonnen, ein Ökosystem für das Metaverse zu organisieren. Sie hat Akteure aus der gesamten Wertschöpfungskette – von Hardwareherstellern über Technologie- bis hin zu Inhalteanbietern und Nutzern – in einer VR/AR-Industriekoalition zusammengebracht. Diese hatte die Kommission im Aktionsplan für Medien und audiovisuelle Medien angekündigt. Im September nahm sie ihre Arbeit auf.
Im Metaversum steckt enormes wirtschaftliches Potenzial. Anhaltspunkte geben die Prognosen für die bereits existierenden Technologien, Virtual und Augmented Reality (VR und AR). Sie ermöglichen den Zugang zum Metaverse. Die VR/AR-Industrie ist in den vergangenen Jahren sowohl in Europa als auch weltweit stark gewachsen. “Auf globaler Ebene deuten Marktprognosen darauf hin, dass die Branche einen Boom erleben wird und das Potenzial hat, im Jahr 2025 die Marke von 766 Milliarden Euro zu erreichen und bis 2030 rund 1,3 Billionen Euro zur Weltwirtschaft beizutragen”, schreibt die EU-Kommission in ihrem Strategie-Papier.
Aber wie genau soll die Regulierung des Metaverse aussehen? Zum einen baut die EU darauf, dass sie mit den bereits auf den Weg gebrachten Rechtsakten wie DSA und DMA sowie künftig AI und Data Act die Herausforderungen des Metaverse bewältigt. Ein eigenes Metaverse-Gesetz erwartet jedenfalls die deutsche Politik nicht. “Die EU hat das Thema Metaverse in ihr Arbeitsprogramm für 2023 aufgenommen – mit dem klaren Hinweis, non-legislativ vorzugehen”, sagt Ben Brake, Leiter der Abteilung Digital- und Datenpolitik im Bundesministerium für Digitales und Verkehr, der im November zu Gesprächen in Brüssel war.
“Das ist der richtige Ansatz”, meint Brake. “Wir müssen uns zuerst mit den unterschiedlichen Stakeholdern anschauen, welche Möglichkeiten eines Metaverse es gibt, die wir nutzen könnten.” Eine Frage sei, ob hier etwas komplett Neues entstehe, oder ob es die organische Weiterentwicklung bereits bestehender Technologien wie VR und AR sei. Davon hänge ab, wie die Politik mit dem Metaverse umgehen werde. “Klar ist, wir wollen keinen Trends hinterherlaufen, die nach dem Hype zusammenfallen wie ein Soufflé“, sagt Brake.
Auch der Digitalverband Bitkom sieht derzeit keine Notwendigkeit, regulatorisch einzugreifen. “Die gesetzlichen Grundlagen sind da, auf denen können wir gut aufbauen”, sagt Sebastian Klöß, Bereichsleiter Consumer Technology, AR/VR & Metaverse. Es sei aber gut, dass die EU das Thema in dieser frühen Phase bereits auf dem Schirm habe und beobachte, wo die Chancen für neue Geschäftsmodelle liegen und was Europa in diese Entwicklung einbringen könne.
Nach seiner Einschätzung liegen die Stärken europäischer Unternehmen bei den Inhalten: bei AR/VR, Gaming, 3D-Inhalten, beim Entwerfen von 3D-Welten und 3D-Avataren. Schwieriger sehe es bei der Hardware aus – mit der Ausnahme einzelner Komponenten wie Sensoren oder Optik. “Da ist Europa gut dabei”, meint Klöß. “Hier ist das Metaverse ein Abbild der Industrie insgesamt.”
Korea, das vor Jahren auch das Highspeed-Internet massiv förderte, hat im Januar angekündigt, dass es rund 160 Millionen Euro in die Förderung eines Metaverse-Ökosystems investieren will. Ein Vorbild für Deutschland? Förderung helfe natürlich immer, sagt Klöß. “Wichtiger ist aber, dass der Staat – dass die EU – mutig vorangeht. So kann sie auch andere dazu bewegen, ins Metaverse einzusteigen.” Als Beispiel nennt er Seoul: Die Stadt plant eine eigene Repräsentanz im Metaverse, wo sie auch Bürgerdienste anbieten will.
Deutsche Industrieunternehmen wie Siemens sehen enormes Potenzial im Industrial Metaverse, einer Variante des Metaverse neben dem Consumer und dem Enterprise Metaverse. “Wir nutzen bereits Building Blocks aus dem Industrial Metaverse in unseren Industrie-Applikationen”, sagt Sicco Lehmann-Brauns, Senior Director Technology and Innovation bei Siemens und Sprecher des Arbeitskreises Datenwirtschaft beim ZVEI. “Das Stichwort ist digitaler Zwilling – also alles, was mit Simulation zu tun hat”, sagt Lehmann-Brauns. Siemens setze diese Technologien bei der Digitalisierung von Fabriken, Energiesystemen und in der Mobilität bereits ein.
Lehmann-Brauns warnt allerdings davor, die verbraucherorientierte Regulierung “undifferenziert” auf industrielle B2B-Verhältnisse zu übertragen. “Diese Märkte funktionieren ganz anders im Hinblick auf die Machtverhältnisse zwischen den Akteuren“, gibt er zu bedenken. “Es gibt in der Elektroindustrie oder im Maschinenbau nicht diese Machtasymmetrien und auch keine Monopolbildung wie etwa im Konsumenteninternet.” Eine Regulierung nach dem One-size-fits-all-Modell gefährde das Potenzial der europäischen Industrie.
Dagegen erhofft sich Lehmann-Brauns Aktivitäten der EU in den drei von Breton genannten Bereichen:
Und so wie Klöß vom Bitkom findet auch Lehmann-Brauns vom ZVEI: “Eine konsequente Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung wäre sicherlich auch hilfreich.”
Das hat auch die (deutsche) Politik im Auge: “Partizipation ist für unsere Demokratie extrem wichtig. Und der digitale Raum bietet hierfür viele Möglichkeiten”, sagt Brake vom BMDV. “Ich denke etwa an digitale Townhall-Meetings.” Und so fordert er: “Wir sollten uns bei unseren Vorhaben in Europa nicht auf das industrielle Metaverse beschränken.”
Der Inflation Reduction Act der USA erfordert nach Ansicht von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Kurswechsel bei der Investitionspolitik in Europa. Um Wettbewerbsnachteile abzufedern, müssten die EU-Vorschriften für öffentliche Investitionen gelockert werden, erklärte sie gestern bei einer Rede an der Hochschule College of Europe in Brügge.
Zudem brauche es zusätzliche europäische Finanzmittel zur Förderung sauberer Technologien und eine Kooperation mit den USA beispielsweise bei der Festlegung von Industriestandards und beim Einkauf kritischer Rohstoffe. Die Zusammenarbeit mit Verbündeten in einem “Club für kritische Rohstoffe” bei Beschaffung, Produktion und Verarbeitung könne es ermöglichen, das Monopol Chinas zu überwinden.
Beim IRA sind Subventionen und Steuergutschriften daran geknüpft, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren. Der Chef des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), rechnete am Sonntag nicht mehr mit einer Verhandlungslösung. Er gehe davon aus, dass in den Gesprächen zwischen EU und USA zwar noch einige kleine Änderungen für die Umsetzung des US-Gesetzes vereinbart werden könnten, aber nicht “dass sich substanziell noch viel ändert”, sagte Lange den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die EU müsse daher zügig in den nächsten Monaten eine Klage bei der WTO anstrengen.
Heute trifft sich der europäisch-amerikanische Handels- und Technologierat. Mit Blick auf das Zusammenkommen hatte der Unions-Wirtschaftsexperte im EU-Parlament, Markus Ferber (CSU), zuvor den Funke-Zeitungen gesagt, wenn die USA bei dem Treffen nicht einen Schritt auf Europa zumachten, müsse die EU-Kommission über die Aktivierung der europäischen Handelsschutzinstrumente nachdenken.
Zur Finanzierung schlug von der Leyen vor, zunächst REPowerEU auszubauen. Das Programm ermöglicht insbesondere Investitionen in Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Infrastruktur. Mittelfristig sollte dann über den bereits im September von ihr vorgeschlagenen Souveränitätsfonds Geld für vorgelagerte Forschung, Innovationen und strategische Projekte bereitgestellt werden.
Derzeit sei man sehr darauf bedacht, Verzerrungen im EU-Binnenmarkt zu vermeiden, aber man müsse nun auf den zunehmenden weltweiten Wettbewerb um saubere Technologien reagieren. Die Kommission werde neu darüber nachdenken, wie man die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zur Massenproduktion auch durch öffentliche Investitionen fördern könnte. dpa
Um sich in der Solarindustrie unabhängiger von China zu machen, müsste Europa Milliardensummen investieren. Laut einer noch unveröffentlichten Berechnung des Think-Tanks BloombergNEF (BNEF) würde es 44 Milliarden US-Dollar kosten, um die Nachfrage nach Solarmodulen im Jahr 2030 allein durch eine europäische Produktion zu decken.
Eine aktuelle Nature-Studie zeigt außerdem die Ersparnisse durch globalisierte Solar-Lieferketten. Allein Deutschland habe dadurch zwischen 2008 und 2020 circa sieben Milliarden US-Dollar weniger für Solarmodule zahlen müssen als in einem Szenario, in dem “ein zunehmender Anteil” der Module in Deutschland gefertigt worden wäre. Käme es in der PV-Industrie zu einer starken De-Globalisierung mit nationalen Lieferketten, würden Solarmodule bis 2030 zwischen 20 und 25 Prozent teurer, so die Forscher.
Zudem fehle es im Westen auch an Fachkenntnissen und Ausrüstung. “Das Spitzenwissen über die Fotovoltaik-Herstellung befindet sich in China”, so die BNEF-Analysten:
Insgesamt seien die Eintrittsbarrieren zur Produktion von Polysilizium, Solar-Ingots und -Wafern sehr hoch. Bisher unternimmt die EU kaum Bemühungen, um die Produktion wieder nach Europa zurückzuholen – anders als in den USA. Dort sieht der Inflation Reduction Act (IRA) auch Milliarden an Subventionen für die Solarindustrie vor (Climate.Table berichtete). Stillgelegte US-Fabriken für Polysilizium könnten dadurch wieder in Betrieb genommen werden. Auch die Subventionen für die Wafer- und Ingot-Produktion seien “besonders hoch”, so BNEF. Laut Johannes Bernreuter, Polysilizium-Experte von der Beratungsfirma Bernreuter Research, scheint der IRA “nun immerhin den politischen Druck auf die EU zu erhöhen”. nib
Die EU-Staaten wollen die Anforderungen an den Gaspreisdeckel senken und dadurch sicherstellen, dass außerordentlich hohe Preise wie im vergangenen August nicht wieder auftreten. Deshalb soll der Marktkorrekturmechanismus schon dann ausgelöst werden, wenn TTF-Derivate fünf Handelstage lang für über 264 Euro gehandelt werden. Das steht in der ersten Revision des Rates von Donnerstag, die Contexte veröffentlichte.
Die Kommission hatte zehn Handelstage und 275 Euro vorgeschlagen. Dadurch wäre der Mechanismus aber selbst im vergangenen Sommer nicht aktiviert worden. Entsprechend soll der Deckel aber auch schneller wieder deaktiviert werden können – sobald er für fünf Tage unter dem Wert von 58 Euro über dem EGSI als LNG-Index liegt.
Die Werte werden aber wahrscheinlich erneut angepasst werden, die tschechische Ratspräsidentschaft hat sie wegen “Unsicherheiten der Methodik” in Klammern gesetzt.
Gelten soll der Preisdeckel außerdem für eine größere Zahl von Derivaten – nicht nur für den Frontmonat, sondern auch für das Frontquartal und alle eingeschlossenen Monatskontrakte. “Nicht nur, um auf die meistgenutzten und liquidesten Märkte abzuzielen, sondern auch um Arbitrage zu verhindern und die Umgehung des Mechanismus zu minimieren”, heißt es zur Begründung.
Gestrichen haben die Mitgliedstaaten die Vorgabe, die Kommission über den Stand beim Gas- und Stromsparen zu informieren, sobald der Marktkorrekturmechanismus ausgelöst wurde. Polen hatte wegen eines früheren Ratsbeschlusses zum Gassparen vor einem Monat sogar den EuGH angerufen. ber
Mit scharfen Worten kritisiert der SPD-Abgeordnete Jens Geier den voraussichtlichen Zeitpunkt für die Veröffentlichung des delegierte Rechtsakts der Kommission zu Wasserstoff. Den 15. Dezember zu wählen, sei ein “Zeichen mangelnder Wertschätzung gegenüber den Stakeholdern”, sagte Geier am Freitag bei einem Pressegespräch in Berlin.
Dies sei der vorletzte Arbeitstag des Parlaments vor der Weihnachtspause. Die übliche Frist für Verbände zur Stellungnahme von vier Wochen falle in die Weihnachtszeit, kritisierte der Berichterstatter der Gasbinnenmarkt-Richtlinie. Nachdem die Kommission ein Jahr lang an dem Rechtsakt gearbeitet hat, hätte sie ihn nun auch Mitte Januar vorlegen können, so Geier.
Inhaltlich sei der vergangenen Woche bekannt gewordene Entwurf aber der beste, den er bisher gesehen habe, sagte der Vorsitzende der Europa-SPD. Positiv zu bewerten sei die ausgeweitete zeitliche und geografische Entkopplung von Grünstrom- und Wasserstoff-Erzeugung. ber
Der tschechische Abgeordnete Alexandr Vondra (ECR) wird Berichterstatter des Europaparlaments für Euro 7. Vondra ist damit der Verhandlungsführer im federführenden Umweltausschuss ENVI. Schattenberichterstatter der EVP wird Jens Gieseke (CDU). Die Kommission hatte Anfang November ihren Vorschlag für die nächste Stufe der Schadstoffregulierung für Pkw, Lieferwagen, Busse, leichte und schwere Nutzfahrzeuge vorgelegt. Auf Ratsseite werden die ersten Triloge unter schwedischer Ratspräsidentschaft geführt. Die Termine stehen noch nicht fest. Besonders umstritten zwischen den Co-Gesetzgebern dürften die Fristen für die Einführung, die Grenzwerte für Lieferwagen und Nutzfahrzeuge sein. Auch die Testbedingungen für Pkw werden für Gesprächsbedarf sorgen. mgr
Die Bundesregierung glaubt Insidern zufolge nicht an eine schnelle Einigung innerhalb der EU für eine Reform der europäischen Schuldenregeln. Es werde dazu morgen beim Treffen der europäischen Finanzminister einen intensiven Meinungsaustausch geben, verlautete im Vorfeld aus deutschen Regierungskreisen. “Es gibt Stimmen, die sehr optimistisch sind, dass man da im März schon was haben könnte.” Die Bundesregierung teile diesen Optimismus aber nicht. Viele Fragen seien weiterhin offen. Es gebe auch noch keine Rechtsvorschläge der EU-Kommission.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte sich bereits skeptisch geäußert. Anders als von der Brüsseler Behörde vorgesehen, pocht er auf einheitliche Regeln. Die EU-Kommission will die Schuldenregeln stärker auf die Bedürfnisse einzelner Länder abstimmen. Kernstück sollen mittelfristige Finanzpläne der jeweiligen Staaten sein, die individuell ausgehandelt werden können. Im Gegenzug sollen die Vorgaben einfacher, transparenter und besser durchsetzbar werden.
Nach Einschätzung von Diplomaten in Brüssel werden die EU-Finanzminister an diesem Dienstag auch keine Entscheidung im Streit mit Ungarn über die Auflagen zur Rechtsstaatlichkeit treffen. Es sei aktuell nicht klar, wo etwa Italien sowie verschiedene Staaten in Osteuropa und im Baltikum im Verfahren stehen. Es sei daher wahrscheinlich, dass das Paket auf einem Sondertreffen der EU-Finanzminister vor dem Europäischen Rat, der für 15./16. Dezember angesetzt ist, erneut auf die Agenda kommt. Möglich sei aber auch, dass sich die EU-Staats- und Regierungschefs direkt mit dem Paket auseinandersetzen werden. rtr/cr
Vertrauen, Kooperation und Eigenständigkeit der Mitarbeitenden – diese Werte sind Annika Thies bei der Leitung ihres Teams wichtig. Seit Juni dieses Jahres leitet sie das EU-Projektbüro des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY) und setzt dabei auf einen “postheroischen Führungsstil” ohne Micromanagement. Das Büro unterstützt die Wissenschaftler von der Antragstellung bis zur Abrechnung und dem Schlussbericht. Die ersten paar Monate waren für die 49-Jährige zwar sehr hektisch und zeitintensiv, aber alles in allem sei es ein angenehmes Ankommen gewesen. “Ich habe das Glück, ein sehr fittes und sympathisches Team zu haben.”
Das Zeitmanagement sei zwar oft herausfordernd, aber Annika Thies ist mit anspruchsvollen Aufgaben vertraut: Zuvor war sie unter anderem Direktorin im Brüsseler Büro der Helmholtz-Gemeinschaft und als Juristin für die Europäische Kommission tätig. Für diese war die gebürtige Flensburgerin unter anderem beim Aufbau einer eigenen Rechtsform im Bereich Forschungsinfrastrukturen involviert. In dieses spezifische Feld der Rechtswissenschaften ist sie eher aus Zufall gekommen. Ein Freund habe ihr am Anfang ihrer Karriere einen Job beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt empfohlen, worauf sie sich dort bewarb. “Das fand ich von Anfang an großartig, weil es nicht so ein klassischer Juristenjob wie Anwalt ist, sondern mit einer starken internationalen Ausrichtung.”
Schon ihr Jurastudium in Trier hatte sie speziell ausgewählt, da dort eine fachspezifische Fremdsprachenausbildung angeboten wurde. Ihr war von Anfang an klar, dass sie im internationalen Bereich arbeiten wollte. An Recht fasziniere sie besonders, wie es Kooperationen so unterstützen kann, dass sie gut funktionieren. Insbesondere, was die europäische Forschungszusammenarbeit betrifft. “Wenn die Regeln klar ausgehandelt und festgelegt sind, dann gibt es viel weniger Missverständnisse und die Zusammenarbeit läuft runder.” Jura helfe besonders dabei, diese Basis zu finden und in einen Rahmen zu packen.
Ein Projekt, das Annika Thies besonders am Herzen liegt, ist LEAPS: League of European Accelerator based-Photon Sources. Das ist der Zusammenschluss von 16 europäischen Einrichtungen, die führend im Bereich von Synchrotronen und Freie-Elektronen-Laser sind. Ziele des Verbundes sind unter anderem, die Forschung zu fördern und stärker in den Austausch mit Organisationen und Stakeholdern zu kommen. Dieses Projekt war auch einer der Hauptgründe, die die Juristin an dem Jobangebot des DESY so gereizt haben. “Weil es hier sehr strategisch auf europäischer Ebene unterwegs ist und mit Helmut Dosch einen Direktor hat, der sich selbst stark für die europäische Zusammenarbeit engagiert.”
Am DESY-Standort Hamburg gefällt ihr besonders das Internationale, das sie viel an Brüssel erinnert. “Die Nähe zum Wasser ist ein ganz großer Pluspunkt”. Sie habe sich auch vorgenommen, einen Segelkurs zu machen. Den nötigen Ausgleich zu ihren Aufgaben als Leiterin findet sie als Alt-Sängerin in einem Chor oder bei einem Spaziergang an der Elbe. Kim Fischer