Table.Briefing: Europe

Von der Leyen warnt Xi + Macrons Wahlprogramm + Top-Berater

Liebe Leserin, lieber Leser,

die CDU beschließt heute auf ihrem Bundesparteitag in Berlin das vierte Grundsatzprogramm ihrer Geschichte – nach 1978, 1994 und 2007. Darin bekennt sich die Union sehr grundsätzlich zu Europa: Das gut zwei Seiten lange Europakapitel beginnt mit dem Satz: “Wir sind die deutsche Europapartei.” Die Union ist bereit, weitere nationale Kompetenzen an Europa abzugeben. Dabei müsse aber der “Identitätskern unserer deutschen Verfassung” gestärkt werden, heißt es dort. Etwa indem die nationalen Verfassungsgerichte innerhalb des europäischen Verfassungsgerichtsverbundes gestärkt würden.

Der Bildung eines europäischen Bundesstaates erteilt die CDU eine Absage: “Wir verstehen die EU als starke Gemeinschaft souveräner Nationalstaaten mit supranationalen Merkmalen.” Die Kommission solle deutlich verkleinert werden. Die CDU beharrt zudem darauf, dass die Schuldenaufnahme nach der Pandemie eine einmalige Angelegenheit bleibt: “Eine Weiterentwicklung des einmaligen Wiederaufbaufonds zu einer Transferunion lehnen wir ab.”

Weitere Bezüge zur EU finden sich im Kapitel “Humanität und Ordnung”. Die Grenzschutzagentur Frontex solle zu einer echten Grenzpolizei und Küstenwache mit hoheitlichen Funktionen ausgebaut werden. In der Asylpolitik spricht sich die Union dafür aus, Verfahren in sichere Drittstaaten auszulagern. Sollten Bewerber anerkannt werden, solle ihnen der Drittstaat auch Schutz gewähren. Darüber hinaus macht sich die Union dafür stark, aus humanitären Gründen Kontingente von Schutzbedürftigen aufzunehmen.

Einen schönen Tag!

Ihr
Markus Grabitz
Bild von Markus  Grabitz

Analyse

Machtspiele: Wie Macron Xi umgarnt, während von der Leyen droht

Xi Jinping und Emmanuel Macron am Montag in Paris.

Bei Xi Jinpings Besuch am Montag in Paris hat sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron um Harmonie bemüht, um den chinesischen Präsidenten für eine mögliche Vermittlung im Ukrainekrieg zu gewinnen. Zumindest mit einem Mini-Erfolg. Denn neben diversen Wirtschaftsabkommen in der Luftfahrt oder der Batterieproduktion sagte Xi zumindest seine Unterstützung für die von Macron gewünschte Waffenruhe während der Olympischen Spiele vom 26. Juli bis 11. August in Paris zu. Dass Putin dabei mitmacht, ist aber eher unwahrscheinlich.

Während Macron den chinesischen Präsidenten in Paris umschmeichelte und “das Engagement der chinesischen Autoritäten, den Verkauf von Waffen zu unterlassen und den Export von Dual-Use-Gütern streng zu kontrollieren” lobte, wählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen durchaus harte Töne. Beim trilateralen Treffen am Mittag habe sie dem chinesischen Präsidenten klargemacht, dass immer noch zu viele chinesische Dual-Use-Güter auf ukrainischen Kriegsschauplätzen entdeckt würden. Da es sich für die Ukraine und Europa um ein existenzielles Thema handele, “wirkt sich das auf das EU-China-Verhältnis aus”.

Von der Leyen: “Wir werden unsere Wirtschaft verteidigen”

Ein weiteres Thema waren chinesische Überkapazitäten. “Chinesische subventionierte Produkte wie Elektrofahrzeuge oder Stahl fluten den europäischen Markt”, sagte von der Leyen. Die Welt könne Chinas Produktionsplus “nicht absorbieren”. Deshalb habe sie die chinesische Regierung “ermutigt”, diese Überkapazitäten anzugehen. “Wir werden unsere Unternehmen verteidigen, wir werden unsere Wirtschaft verteidigen”, sagte sie. Europa werde nicht zögern, “harte Entscheidungen zu treffen, um seine Wirtschaft und seine Sicherheit zu schützen”.

Denn vor allem französische Volumenhersteller wie Renault und Stellantis leiden unter der Offensive chinesischer Hersteller, die in Frankreich mit aggressiven Preisen auf den Markt gegangen sind. Bis Mitte Juli wird die EU-Kommission wohl eine Entscheidung über die Erhebung von Antisubventionszöllen auf E-Autos treffen, die aus China importiert werden. Die französische Regierung soll immer wieder darauf gedrängt haben.

Die deutschen Premiumhersteller hingegen lehnen die Antisubventionszölle hingegen ab. Zum einen könnten sie selbst betroffen sein, da Mercedes, VW und BMW in China auch E-Autos herstellen. Zum anderen fürchten sie chinesische Vergeltungsmaßnahmen gegen Verbrennerfahrzeuge, die die deutschen Hersteller in China verkaufen. Bereits heute werden auf E-Autos aus China zehn Prozent Einfuhrzölle von der EU erhoben.

Xi warnt davor, die “Ukraine-Krise” zu missbrauchen

Macron und von der Leyen wollten auf Xi einwirken, sich stärker um ein Kriegsende in der Ukraine zu bemühen. Doch Xis Antwort war ernüchternd. So sagte er während des Treffens mehrmals, dass China “nicht der Grund für diese Krise und auch nicht Teil oder Teilnehmer” sei. Schon am Montag hatte Xi in einem Gastbeitrag für den Figaro darauf verwiesen, dass er bereits darauf gedrängt habe, “dass man keine Atomwaffen verwendet”. Und dass er durchaus verstehe, dass der Krieg in der Ukraine Umwälzungen in Europa auslöse.

Während der chinesische Präsident gerne vorgibt, sein Land sei neutral zwischen Russland und dem Westen, unterstützt China in Wirklichkeit den russischen Freund. “Wir lehnen es ab, dass die Ukraine-Krise genutzt wird, um die Schuld auf andere zu schieben, ein Drittland in den Schmutz zu ziehen und einen neuen Kalten Krieg zu entfachen”, sagte Xi dazu am Montag in Paris.

China ist kein Vermittler

Gesine Weber, Gastwissenschaftlerin am Saltzman Institute of War and Peace Studies in New York, setzt ohnehin keine großen Hoffnungen auf etwaige chinesische Vermittlungsankündigungen. “China präsentiert sich sehr gerne als verantwortungsvoller globaler Player”, sagt sie. Das reihe sich ein in die chinesische Außenpolitik und sei “auf keinen Fall etwas, von dem man eine große Initiative erwarten sollte”.

“Er hat nicht die Kapazitäten zu vermitteln, weil China nicht neutral ist”, sagt die Merics-Analystin Abigaël Vasselier. Er müsste erst einmal anerkennen, dass es sich überhaupt um einen Krieg handele. “Er spricht immer noch über eine Krise”, sagt Vasselier. China helfe Russland wirtschaftlich, helfe Putin aus der diplomatischen Isolation und “China macht einen Unterschied auf dem Schlachtfeld in der Ukraine”.

Passend dazu will Russlands Präsident Wladimir Putin am 15. und 16. Mai nach China reisen. Es wäre seine erste Auslandsreise nach seiner Amtseinführung, die am heutigen Dienstag stattfindet.

Scholz lehnte gemeinsames Treffen ab

Eigentlich hätte Macron gerne ein Signal der Einigkeit mit Bundeskanzler Olaf Scholz und von der Leyen gesendet. Doch Scholz nahm lieber Termine im Baltikum wahr, obwohl Macron am Donnerstag bei einem gemeinsamen Abendessen in Paris den Bundeskanzler noch zu überreden versucht hatte, an dem Treffen teilzunehmen. Ohnehin hat Scholz den chinesischen Staatschef bei seiner China-Reise Mitte April schon gesehen.

“Ich denke, Frankreich will zeigen, dass die französische Stimme auch eine europäische ist”, sagt Vasselier. Deshalb sei auch von der Leyen in Paris gewesen. “Dass Scholz ein vorbereitendes Gespräch mit Macron hatte, ist exzellent, weil es die Abstimmung der Botschaften, die man senden will, ermöglicht”. Für problematisch hält sie, dass der Bundeskanzler seine Besuche in China nicht “europäisiert” habe, indem er keine Minister aus anderen EU-Ländern oder Mitglieder der EU-Kommission mitgenommen hatte.

Xis geschickt gewählte Reiseroute

Schon bei Scholz’ Besuch in Peking im November 2022 hätte Macron ihn gerne begleitet. Stattdessen reiste der französische Präsident mit von der Leyen im April 2023 hinterher und brachte Scholz und die USA gegen sich auf, weil er sagte, die Europäer dürften keine “Vasallen” der USA werden. In seiner zweiten Sorbonne-Rede Ende April wiederholte Macron seine Aussage – mit fast identischer Wortwahl.

Die Termine für seine Gespräche hat Xi geschickt gewählt. Beim Treffen mit Macron feierten die Präsidenten den 60. Jahrestag der französisch-chinesischen Beziehungen, bei seinem Besuch in Serbien am Dienstag will Xi 25 Jahre nach der Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad durch die Nato die Doppelmoral des Westens aufzeigen. Zuvor wird er noch mit Macron in den Pyrenäen speisen, am Ort, an dem Macrons Großmutter gelebt hat.

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Neuartige Lebensmittel: Warum der EU-Zulassungsprozess Start-ups abschreckt

Vergangenen Sommer hatte das Hamburger Food-Tech-Start-up BLUU Seafood gute Neuigkeiten zu vermelden: Für Fischstäbchen und -bällchen aus Zellkulturen gehe man die Marktzulassung an. Der Haken: Zulassungsanträge stellte das deutsche Unternehmen erst einmal in den USA und Singapur, die EU soll erst später folgen.

Ähnliche Fälle gibt es immer wieder. Während andere Weltregionen bei der Zulassung von Zellfleisch und Co. “voranschreiten, stellen europäische Firmen Anträge außerhalb Europas“, heißt es in einem Bericht des Thinktanks EIT Food von 2023, der auf einer Umfrage unter Herstellern alternativer Proteine fußt. Die USA und Singapur haben Produkte aus zellbasiertem Fleisch zugelassen, bei der EU ist bisher kein Antrag eingegangen, wie die Europäische Kommission bestätigt.

EU-Regeln unter den strengsten der Welt

Der Zulassungsprozess für den europäischen Markt ist in der EU-Novel-Foods-Verordnung geregelt und gilt als besonders streng. Produkte, die vor Mai 1997 noch nicht als Lebensmittel auf dem europäischen Markt angeboten wurden, fallen darunter. Weil der Gesundheitsschutz Priorität habe, habe die EU “Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit, die zu den strengsten der Welt gehören”, betont eine Sprecherin der Kommission.

Schrecken also strenge Standards Unternehmen ab? So einfach sei es nicht, meint Ivo Rzegotta vom Good Food Institute, das sich für die Verbreitung alternativer Proteinquellen einsetzt. Grundsätzlich stehe ein Großteil der Unternehmen hinter der Verordnung. Das Problem liege eher in der praktischen Umsetzung, betont auch EIT Food.

Verzögerungen und Unsicherheit im Zulassungsprozess

Die sieht so aus: In einer ersten Phase prüft die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die Unterlagen zur Produktsicherheit und bewertet das Risiko, das von dem neuartigen Lebensmittel ausgeht. Basierend darauf entscheiden im zweiten Schritt EU-Kommission und Mitgliedstaaten über die Zulassung. In beiden Phasen monieren Unternehmen laut der EIT-Umfrage Verzögerungen und Unsicherheitsfaktoren.

Kritikpunkt 1: Die EFSA-Prüfung sei zu langwierig und schwer zu navigieren. Zwar hat die Behörde ein Zeitlimit von neun Monaten, der Countdown wird aber angehalten, wenn Unterlagen nachgefordert werden. “Es gibt Ineffizienzen im Prozess, den man beschleunigen könnte, ohne Sicherheitsstandards zu senken”, meint Rzegotta. Das betreffe zum Beispiel die Gestaltung von Rückfragen an Unternehmen und die Bearbeitung nachgereichter Dokumente.

EFSA will Unternehmen besser beraten

Zudem mangle es Unternehmen vorab an Beratungsmöglichkeiten dazu, welche teils aufwändigen Tests die EFSA erwarte, kritisieren die von EIT befragten Unternehmen. EU-Kommission und EFSA betonen auf Anfrage: Hieran arbeite man bereits. Zum Beispiel durch einen detaillierteren Leitfaden, den die EFSA in Kürze vorlegen will. Zudem organisiere die Behörde Treffen und Informationsveranstaltungen, bemühe sich um Effizienz und darum, Erwartungen im Voraus klar zu kommunizieren, sagt Wolfgang Gelbmann, Senior Scientific Officer bei EFSA. “EFSA hat das Problem erkannt und arbeitet daran”, meint auch Rzegotta.

Schwerer zu lösen scheint Kritikpunkt 2. Dabei geht es um die zweite Phase, in der Kommission und EU-Länder als “Risk Manager” das Risiko abwägen müssen. Für die Marktzulassung braucht es eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten. Das gibt einer relativ kleinen Gruppe die Möglichkeit, Zulassungen zu blockieren – bei polarisierenden Themen wie Zellfleisch ein echtes Risiko, meint Rzegotta.

Novel Foods sind politisch heikel

Zudem gibt es hier kein Zeitlimit. Selbst ohne die nötige sogenannte Blockademinderheit könnten einzelne Länder den Prozess verzögern. “Das bringt zusätzliche Unsicherheit, die Unternehmen abschreckt“, erklärt er. EIT Foods fordert: Im Zulassungsverfahren “müssen der Verbraucherschutz und die Lebensmittelsicherheit Vorrang vor allen anderen Erwägungen haben”. Eine Politisierung gelte es zu vermeiden.

Wie politisch heikel neuartige Lebensmittel sein können, zeigen aktuelle Beispiele: Im November verbot die italienische Regierung öffentlichkeitswirksam Laborfleisch – obwohl das Verbot gegen europäisches Recht verstoßen dürfte. Im Januar forderte das Land mit Frankreich und Österreich strengere Regeln für die Zulassung. Und auch andere Novel Foods sorgen für Furore: Nachdem die EU 2023 mehrere Zutaten aus Insekten zugelassen hatte, verbreiteten sich online Verschwörungstheorien, die auch von Politikern in EU-Ländern angeheizt wurden.

Große Konzerne haben bessere Karten

Während der gesamte Prozess im besten Fall auf 18 Monate ausgelegt sei, zeige die Erfahrung, dass bis zur Zulassung selbst bei “weniger kontroversen Lebensmitteln” zwei bis drei Jahre, teils auch mehr, vergehen können, so Rzegotta. Ein Problem vor allem für Start-ups. Denn diese “nutzen meist Venture-Capital und müssen ihren Investoren eine Perspektive bieten – das ist bei einem solch langen Prozess mit viel Unsicherheit schwierig.”

Dazu passt, dass das einzige Zellfleisch-Unternehmen, das bisher mitgeteilt hat, einen Antrag in der EU vorzubereiten, kein Start-up ist: The Cultivated B startete im vergangenen Jahr Vorabkonsultationen mit EFSA. Der Zulassungsantrag liegt noch nicht vor, könnte aber in diesem Jahr folgen. Das Unternehmen ist eine Tochter des Lebensmittelkonzerns Infamily Foods, der seine Produktpalette von Fleischprodukten zuletzt auch auf pflanzliche Ersatzprodukte erweiterte.

Große Konzerne hätten eher den nötigen langen Atem für den EU-Zulassungsprozess, meint Rzegotta. Die gute Nachricht: Den aufzubringen, könnte sich lohnen: “Es gibt Unternehmen, die sagen: Wir melden unser Produkt bewusst in der EU an, weil das der Goldstandard für den Rest der Welt ist”, sagt Rzegotta. Das betont auch die EU-Kommission: Die Novel-Foods-Verordnung sei “Marktöffner für die Ausfuhr in viele Drittländer.”

  • EFSA
  • Ernährung
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  • Lebensmittelindustrie
  • Novel Food
  • Start-ups

Termine

08.05.2024 – 12:30-13:30 Uhr, online
FES, Diskussion Politik am Mittag: Ideen für ein progressives Europa
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) diskutiert die Herausforderungen für die Zukunft Europas. INFOS & ANMELDUNG

08.05.2024 – 14:00-15:00 Uhr, online
FSR, Discussion Hydrogen Sales & Purchase Agreement: Challenges Contract Standardization
The Florence School of Regulation (FSR) presents some results of the research & development conducted by the Hydrogen Task Force of the Association of International Energy Negotiators (AIEN). INFOS & REGISTRATION

08.05.2024 – 16:30-18:00 Uhr
DGAP, Discussion Ukraine Between Western War Fatigue and Russia’s Presidential Election
The German Council on Foreign Relations (DGAP) assesses how Putin’s reelection will affect the war against Ukraine, whether the West is leaving Ukraine in the lurch, and if an attack on a NATO member has become more likely. INFOS & REGISTRATION

08.05.2024 – 18:00-19:00 Uhr, online
FNF, Vortrag Raffinerieprodukte – ohne geht es nicht
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) geht der Frage nach, wie das Energiesystem in Deutschland funktioniert und welche Technologien uns zur Energieerzeugung zur Verfügung stehen. INFOS & ANMELDUNG

08.05.2024 – 18:30-21:30 Uhr, Düsseldorf
DGAP, Diskussion Junge Perspektiven auf die Europawahl 2024
Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) diskutiert darüber, welche Themen junge Europäer in NRW bewegen. INFOS & ANMELDUNG

News

Technologie: So kann die EU China abhängig machen

Europa ist technisch noch nicht abgehängt – und es sollte seine verbliebenen Stärken gerade jetzt strategisch einsetzen. Das ist die Kernaussage eines neuen Reports des Forschungsverbunds Digital Power China (DPC) zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), der am heutigen Dienstag vorgestellt werden soll. Es gehe darum, die technologischen Fähigkeiten Europas als politischen Hebel ins Spiel zu bringen, so die Autorinnen und Autoren.

Eine Abkopplung von China wäre im Vergleich dazu strategisch nicht sinnvoll, weil die EU dann Verhandlungsmasse verlieren würde. Vielmehr könnte es ein wirksames Instrument der Risikoverringerung (De-Risking) sein, den chinesischen Markt zu bedienen, das Technikwissen selbst aber nicht herzugeben. So könnte Europa China die Produkte oder Dienste notfalls vorenthalten. Der Report verwendet hierfür den Begriff “strategische Verstrickung”.

Beispiele für starke EU-Technologien sind Belichtungsmaschinen für die Halbleiterproduktion, Medizintechnik wie Computertomografen, aber auch moderne Materialien wie Spezialmetalle. Nicht jede der Branchen, in denen EU-Firmen gut dastehen, lasse sich gleich als Druckmittel verwenden; in vielen Fällen können ihre Produkte leicht ersetzt werden. In anderen Fällen basieren die technischen Stärken aber auf exzellenter Grundlagenforschung oder dem Vorhandensein zahlreicher spezialisierter Zulieferer, deren Leistungen sich nicht kopieren lassen.

Digital Power China (DPC) ist ein loser Forschungsverbund. Dazu gehört neben der DGAP beispielsweise auch das International Institute for Strategic Studies in London (IISS), das French Institute of International Relations (ifri) in Paris, die China Macro Group (Schweiz) oder das Royal Institute of Technology in Stockholm. fin

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  • IISS
  • Technologie

Renaissance-Wahlprogramm: Worauf es Macron bei der Europawahl ankommt

Fünf Wochen vor der Europawahl hat Spitzenkandidatin Valérie Hayer das Programm von Renaissance vorgestellt. Darin sind 48 Vorschläge enthalten, die es der Europäischen Union ermöglichen sollen, “drei große Risiken” zu bewältigen:

  • Sicherheit und Migration
  • Klima und Wirtschaft
  • Angriffe auf Demokratie und europäische Werte

Die Vorschläge seien inspiriert von den beiden Reden von Präsident Emmanuel Macron, die er 2017 und erst kürzlich an der Sorbonne-Universität gehalten hat, sagte Clément Beaune, einer der Sprecher von Renaissance, dem französischen Teil der europäischen Renew-Fraktion.

Hayer griff den von Macron entwickelten Begriff “Macht Europa” auf. Man müsse die Abhängigkeit von russischer Energieversorgung oder dem “amerikanischen Schutzschirm” überwinden – insbesondere, falls Donald Trump wieder ins Weiße Haus einzieht. Zudem gelte es, aus der industriellen Abhängigkeit von China und Indien herauszukommen.

Drei Prozent für Verteidigung in 2030

Renaissance schlägt Investitionen in Höhe von 100 Milliarden Euro vor, um die Industrieproduktion anzukurbeln und einen europäischen Rüstungsfonds zu finanzieren. Das Geld soll aus öffentlicher und privater Hand kommen und auch den Kauf von Verteidigungsgütern unterstützen. “Made in Europe” solle dabei Vorrang haben.

Die Europäische Investitionsbank (EIB) soll darüber hinaus die Finanzierung von Verteidigungsgütern übernehmen, was sie derzeit noch nicht tut. Renaissance fordert auch, dass jeder Mitgliedsstaat bis 2025 zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts und bis 2030 drei Prozent für Verteidigung ausgibt.

Für Umwelt und Wirtschaft strebt Renaissance einen “Plan Europa 2030” für die Sektoren Energie, Verkehr, Digitales, Gesundheit und Raumfahrt an. Eine Billion Euro aus öffentlichen und privaten Mitteln verlangt Frankreichs Präsidentenpartei, um den Green Deal “zu ergänzen”.

Dieser erhöhte Investitionsbedarf setzt für Renaissance auch voraus, dass die Abstimmungsregeln im Rat geändert werden müssen. Das Prinzip der qualifizierten Mehrheit soll auf Steuerfragen ausgeweitet werden. Derzeit gilt hier die Einstimmigkeit. cst

  • Emmanuel Macron
  • Europawahlen 2024
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Entwaldungsverordnung: Was eine Gruppe von Mitgliedsstaaten jetzt von der EU-Kommission fordert

Mit einem Ministerschreiben an EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius haben Deutschland und weitere Mitgliedstaaten ihrer Forderung Nachdruck verliehen, notwendige Grundlagen für das Inkrafttreten der EU-Entwaldungsverordnung zu schaffen. Hintergrund für die deutsche Initiative sind Verzögerungen der EU-Kommission beim digitalen Informationssystem und dem sogenannten Länder-Benchmarking – einer Liste, die jedem Land eine bestimmte Risikostufe für Entwaldung zuweist. Beides verstehen sowohl Deutschland als auch die Mitunterzeichner des Briefes – Bulgarien, Estland, Irland, Luxemburg, die Niederlande, Slowenien, Spanien und Ungarn – als zentrale Voraussetzungen für die Umsetzung der Verordnung.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir appelliert deshalb an die EU-Kommission, Tempo bei diesen Themen zu machen. “Ohne ihr Länder-Benchmarking droht ab 2025 unverhältnismäßig hohe Bürokratie für Klein- und Kleinstwaldbesitzer und unsere Verwaltung. Das müssen wir verhindern”, fordert Özdemir. Denn: Ohne Benchmarking werden alle Länder automatisch als Standardrisiko eingestuft – so auch Deutschland. Für Özdemir steht deshalb fest: “Wenn die Kommission das nicht auf die Kette bekommt, dann braucht es hier eine Verschiebung, damit die Kommission ihren Job macht.”

EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski im Zweifel für Verschiebung

Die EU-Kommission lässt sich derweil nicht in die Karten blicken, wie weit ihre Arbeit bei der Entwicklung des Benchmarkings vorangeschritten ist. Für eine Verschiebung des Inkrafttretens der Verordnung um ein Jahr hatte sich vergangene Woche aber auch EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski beim EU-Agrarrat ausgesprochen. Anders als Umweltkommissar Sinkevičius zeichnet er jedoch nicht direkt verantwortlich für die Entwaldungsverordnung. Bislang hatte die Kommission einen Aufschub der Verordnung ausgeschlossen. Auf den Brief Deutschlands und der anderen Mitgliedsstaaten aber wolle man zeitnah antworten, so ein Kommissionssprecher.

Mit einer längerfristigen Verschiebung der Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten, wie von Österreich jüngst mit Blick auf den damit zusammenhängenden Bürokratieaufwand gefordert, ist hierbei aber kaum zu rechnen. In einer Antwort von Umweltkommissar Sinkevičius auf die Anfrage eines österreichischen Abgeordneten heißt es, die Entwaldungsverordnung falle nicht in den Bereich, für den die Kommission kurzfristige Bürokratieerleichterungen angekündigt habe. heu

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Polen: Wieso die Kommission das Rechtsstaatsverfahren einstellt

Die EU-Kommission hat ihre Analyse zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in Polen abgeschlossen. Sie kommt zum Schluss, “dass in Polen keine eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Rechtsstaatlichkeit im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union mehr besteht”, teilte die Kommission am Montag mit. Die Kommission habe den Rat und das Europäische Parlament deshalb informiert, das seit sechs Jahren laufende Rechtsstaatlichkeitsverfahrens gegen Polen einzustellen.

Damit werde für das EU-Mitglied ein neues Kapitel aufgeschlagen, schrieb Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einem Beitrag auf X. Polen habe eine Reihe von Maßnahmen erlassen, um auf die Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz einzugehen, begründete die EU den Schritt. So erkenne das Land nun den Vorrang von EU-Recht an und habe zugesagt, Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umzusetzen.

Das Rechtsstaatsverfahren wurde unter der PiS-Regierung eingeleitet

Der Kursschwenk wurde durch den Regierungswechsel in Warschau im vergangenen Jahr möglich. Der neue Ministerpräsident Donald Tusk, der selbst jahrelang Präsident des Europäischen Rates in Brüssel war, hatte versprochen, Polen wieder auf einen EU-freundlichen Pfad zurückzuführen und die Unabhängigkeit der Justiz wiederherzustellen.

Die Vorgängerregierung unter der nationalkonservativen PiS-Partei hatte einen tiefgreifenden Umbau des Justizwesens in die Wege geleitet. Kritiker sahen darin eine Beschädigung der Demokratie und warnten vor einer politischen Einflussnahme auf Gerichte. Die EU-Kommission leitete das Verfahren ein, das nun eingestellt werden soll.

Der polnische Justizminister Adam Bodnar begrüßte die Entscheidung in Brüssel. Er bedankte sich bei von der Leyen für die Zusammenarbeit und die Unterstützung. Polen fühle sich den gemeinsamen europäischen Werten verpflichtet und werde die Rechtsstaatlichkeit konsequent wiederherstellen. rtr

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  • Polen
  • Rechtsstaatlichkeit
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Presseschau

Macron betont Notwendigkeit ausgeglichener Beziehungen zu China SPIEGEL
Fokus bei Xi-Besuch in Frankreich liegt auf Handel und Kriege RND
EU verurteilt Russlands Pläne für Atom-Übung als Säbelrasseln WEB.DE
EU-Mitglieder uneins über Teilnahme an Zeremonie zum Start der neuen Amtszeit von Russlands Präsident Putin DEUTSCHLANDFUNK
Aus dem Baltikum will Kanzler Scholz ein Zeichen der Stärke senden WELT
EU und Ukraine vernetzen ihre Rüstungswirtschaft DEUTSCHLANDFUNK
Tschechien bestellt wegen Cyber-Angriffen russischen Botschafter ein STUTTGARTER ZEITUNG
Europaparlament meldet Datenschutzverletzung in Einstellungsverfahren DER STANDARD
Faeser will Grenzkontrollen zu Tschechien weiter verlängern BR
Rechtsstaat: EU-Kommission will Verfahren gegen Polen einstellen STERN
Protest gegen EU-Politik: “Die Rückabwicklung des Green Deals ist in vollem Gang” WELT
Negativkampagne vor Europawahl sorgt in Tschechien für Kritik WEB.DE
Streik der Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Italien WEB.DE
Trotz 120.000 Euro Gehalt: Auch viele deutsche EU-Politiker haben einen bezahlten Nebenjob RND
30 Jahre Eurotunnel: Englands Nabelschnur zur EU ZDF

Heads

Die entscheidenden Köpfe der EU-Szene – Beratungen

Günther H. Oettinger – Gründer Oettinger Consulting

Neun Jahre lang war er in der Barroso- und Juncker-Kommission der “deutsche Kommissar” mit Zuständigkeiten für Energie, Digitales, Haushalt und Personal. 2019 stieg er aus der Politik aus und gründete mit seiner Lebensgefährtin die Beratungsgesellschaft Oettinger Consulting. Noch während der vorgeschriebenen Abkühlphase ließ er sich etliche Beschäftigungsverhältnisse genehmigen. Oettinger ist auch mit nun 70 Jahren hochaktiv in Aufsichtsräten, Beiräten und Kuratorien sowie als Berater von Unternehmen.

Reinhard Hönighaus – Partner FGS Global

Der Partner der großen Strategieberatung FGS Global pendelt viel zwischen Berlin und Brüssel. Als ehemaliger Sprecher der EU-Kommission in Berlin und Brüssel-Korrespondent der Financial Times Deutschland bestens vertraut mit der Funktionsweise des EU-Apparates.

Arne Lietz – Director Brunswick

Der Director von Brunswick in Berlin berät Unternehmen im Umgang mit Klima- und Nachhaltigkeitsregulierung wie dem Lieferkettengesetz. Themen, die Lietz zuvor auch als SPD-Europaabgeordneten beschäftigten. Im Europaparlament kümmerte er sich von 2014 bis 2019 um Verteidigungspolitik und Entwicklung.

Sabine Seeger-Regling – Senior Advisor HimmelsSchreiber

Als Journalistin war sie Korrespondentin in Rom, Singapur und Brüssel. Aus dieser Zeit kennt sie sich bestens aus in EU-Fragen, in der Finanzpolitik sowie der nationalen Politik in Italien und Deutschland. Noch heute gehört sie dank ihrer reichen persönlichen Kontakte zu den am besten informierten Menschen im Brüsseler Europaviertel. Vor drei Jahren wechselte sie die Seiten und berät seitdem als Senior Advisor bei den HimmelsSchreibern.   

Hubertus Droste – Direktor EUTOP

Droste leitet das Brüssel-Büro der Lobbyagentur EUTOP. Der Jurist vertrat zuvor die Bundesregierung in unterschiedlichen Ratsarbeitsgruppen und kennt daher diese ansonsten wenig transparenten Gremien aus dem Effeff. Er verfasste schon seine Promotion zum Thema “Interessenvertretung bei der EU”. 

Susan Schneider – Direktorin FGS Global

Die Direktorin kümmert sich im Brüsseler Büro von FGS Global vor allem um die Nachhaltigkeits- und Chemikalienregulierung. Ausgebildet in den USA, arbeitete sie zuvor als Mitarbeiterin im Europaparlament, als Büroleiterin des FDP-Abgeordneten Wolf Klinz.

Jan Hromadko – Managing Director Teneo

Der Ex-Journalist wechselte nach mehreren Jahren beim Wall Street Journal in Frankfurt in die Beratung. Nach Stationen bei Charles Barker und Brunswick inzwischen Managing Director bei Teneo in Brüssel, mit Expertise unter anderem im Verkehrssektor und in der Fusionskontrolle.

Ulrich Soltész – Partner Gleiss Lutz

Der Partner bei der Kanzlei Gleiss Lutz in Brüssel zählt zu den führenden Experten im europäischen Beihilferecht. Er ist auch aktiv in unterschiedlichen Netzwerken wie dem International Competition Networks (ICN) und dem Berliner Gesprächskreis zum Europäischen Beihilferecht.

Frank Montag – Partner Freshfields

Der erfahrene Partner für Wettbewerbsrecht bei Freshfields in Brüssel ist ein Mann für die großen Fälle: Er hat etwa zahlreiche Firmenfusionen begleitet, darunter hochpolitische wie der schließlich gestoppte Zusammenschluss von Siemens und Alstom.

Jens Peter Schmidt – Leiter Brüsseler Büro Noerr

Der Kartellrechtsexperte ist Leiter des Brüsseler Büros der Wirtschaftskanzlei Noerr. Schwerpunkte seiner mehr als 25-jährigen Beratung sind die Fusionskontrolle, die Beurteilung von Subventionen aus Drittstaaten sowie regulatorische Fragen der Digitalökonomie – wie etwa der Digital Markets Act.

  • Digital Markets Act

Personalien

Nina Wunderlich übernimmt nach Informationen von Table.Briefings im Bundeswirtschaftsministerium die Leitung der Unterabteilung E B “EU-Wirtschaftspolitik, Binnenmarkt, Bilaterale Beziehungen, EU-Twinning“. Zuvor leitete sie die Unterabteilung “Recht, Geheimschutz, Sicherheit” und den Stab “Krisenmanagement, Grundsatzfragen nationaler Sicherheit”. In ihrer neuen Funktion folgt Wunderlich auf Heinz Hetmeier.

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    die CDU beschließt heute auf ihrem Bundesparteitag in Berlin das vierte Grundsatzprogramm ihrer Geschichte – nach 1978, 1994 und 2007. Darin bekennt sich die Union sehr grundsätzlich zu Europa: Das gut zwei Seiten lange Europakapitel beginnt mit dem Satz: “Wir sind die deutsche Europapartei.” Die Union ist bereit, weitere nationale Kompetenzen an Europa abzugeben. Dabei müsse aber der “Identitätskern unserer deutschen Verfassung” gestärkt werden, heißt es dort. Etwa indem die nationalen Verfassungsgerichte innerhalb des europäischen Verfassungsgerichtsverbundes gestärkt würden.

    Der Bildung eines europäischen Bundesstaates erteilt die CDU eine Absage: “Wir verstehen die EU als starke Gemeinschaft souveräner Nationalstaaten mit supranationalen Merkmalen.” Die Kommission solle deutlich verkleinert werden. Die CDU beharrt zudem darauf, dass die Schuldenaufnahme nach der Pandemie eine einmalige Angelegenheit bleibt: “Eine Weiterentwicklung des einmaligen Wiederaufbaufonds zu einer Transferunion lehnen wir ab.”

    Weitere Bezüge zur EU finden sich im Kapitel “Humanität und Ordnung”. Die Grenzschutzagentur Frontex solle zu einer echten Grenzpolizei und Küstenwache mit hoheitlichen Funktionen ausgebaut werden. In der Asylpolitik spricht sich die Union dafür aus, Verfahren in sichere Drittstaaten auszulagern. Sollten Bewerber anerkannt werden, solle ihnen der Drittstaat auch Schutz gewähren. Darüber hinaus macht sich die Union dafür stark, aus humanitären Gründen Kontingente von Schutzbedürftigen aufzunehmen.

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    Analyse

    Machtspiele: Wie Macron Xi umgarnt, während von der Leyen droht

    Xi Jinping und Emmanuel Macron am Montag in Paris.

    Bei Xi Jinpings Besuch am Montag in Paris hat sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron um Harmonie bemüht, um den chinesischen Präsidenten für eine mögliche Vermittlung im Ukrainekrieg zu gewinnen. Zumindest mit einem Mini-Erfolg. Denn neben diversen Wirtschaftsabkommen in der Luftfahrt oder der Batterieproduktion sagte Xi zumindest seine Unterstützung für die von Macron gewünschte Waffenruhe während der Olympischen Spiele vom 26. Juli bis 11. August in Paris zu. Dass Putin dabei mitmacht, ist aber eher unwahrscheinlich.

    Während Macron den chinesischen Präsidenten in Paris umschmeichelte und “das Engagement der chinesischen Autoritäten, den Verkauf von Waffen zu unterlassen und den Export von Dual-Use-Gütern streng zu kontrollieren” lobte, wählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen durchaus harte Töne. Beim trilateralen Treffen am Mittag habe sie dem chinesischen Präsidenten klargemacht, dass immer noch zu viele chinesische Dual-Use-Güter auf ukrainischen Kriegsschauplätzen entdeckt würden. Da es sich für die Ukraine und Europa um ein existenzielles Thema handele, “wirkt sich das auf das EU-China-Verhältnis aus”.

    Von der Leyen: “Wir werden unsere Wirtschaft verteidigen”

    Ein weiteres Thema waren chinesische Überkapazitäten. “Chinesische subventionierte Produkte wie Elektrofahrzeuge oder Stahl fluten den europäischen Markt”, sagte von der Leyen. Die Welt könne Chinas Produktionsplus “nicht absorbieren”. Deshalb habe sie die chinesische Regierung “ermutigt”, diese Überkapazitäten anzugehen. “Wir werden unsere Unternehmen verteidigen, wir werden unsere Wirtschaft verteidigen”, sagte sie. Europa werde nicht zögern, “harte Entscheidungen zu treffen, um seine Wirtschaft und seine Sicherheit zu schützen”.

    Denn vor allem französische Volumenhersteller wie Renault und Stellantis leiden unter der Offensive chinesischer Hersteller, die in Frankreich mit aggressiven Preisen auf den Markt gegangen sind. Bis Mitte Juli wird die EU-Kommission wohl eine Entscheidung über die Erhebung von Antisubventionszöllen auf E-Autos treffen, die aus China importiert werden. Die französische Regierung soll immer wieder darauf gedrängt haben.

    Die deutschen Premiumhersteller hingegen lehnen die Antisubventionszölle hingegen ab. Zum einen könnten sie selbst betroffen sein, da Mercedes, VW und BMW in China auch E-Autos herstellen. Zum anderen fürchten sie chinesische Vergeltungsmaßnahmen gegen Verbrennerfahrzeuge, die die deutschen Hersteller in China verkaufen. Bereits heute werden auf E-Autos aus China zehn Prozent Einfuhrzölle von der EU erhoben.

    Xi warnt davor, die “Ukraine-Krise” zu missbrauchen

    Macron und von der Leyen wollten auf Xi einwirken, sich stärker um ein Kriegsende in der Ukraine zu bemühen. Doch Xis Antwort war ernüchternd. So sagte er während des Treffens mehrmals, dass China “nicht der Grund für diese Krise und auch nicht Teil oder Teilnehmer” sei. Schon am Montag hatte Xi in einem Gastbeitrag für den Figaro darauf verwiesen, dass er bereits darauf gedrängt habe, “dass man keine Atomwaffen verwendet”. Und dass er durchaus verstehe, dass der Krieg in der Ukraine Umwälzungen in Europa auslöse.

    Während der chinesische Präsident gerne vorgibt, sein Land sei neutral zwischen Russland und dem Westen, unterstützt China in Wirklichkeit den russischen Freund. “Wir lehnen es ab, dass die Ukraine-Krise genutzt wird, um die Schuld auf andere zu schieben, ein Drittland in den Schmutz zu ziehen und einen neuen Kalten Krieg zu entfachen”, sagte Xi dazu am Montag in Paris.

    China ist kein Vermittler

    Gesine Weber, Gastwissenschaftlerin am Saltzman Institute of War and Peace Studies in New York, setzt ohnehin keine großen Hoffnungen auf etwaige chinesische Vermittlungsankündigungen. “China präsentiert sich sehr gerne als verantwortungsvoller globaler Player”, sagt sie. Das reihe sich ein in die chinesische Außenpolitik und sei “auf keinen Fall etwas, von dem man eine große Initiative erwarten sollte”.

    “Er hat nicht die Kapazitäten zu vermitteln, weil China nicht neutral ist”, sagt die Merics-Analystin Abigaël Vasselier. Er müsste erst einmal anerkennen, dass es sich überhaupt um einen Krieg handele. “Er spricht immer noch über eine Krise”, sagt Vasselier. China helfe Russland wirtschaftlich, helfe Putin aus der diplomatischen Isolation und “China macht einen Unterschied auf dem Schlachtfeld in der Ukraine”.

    Passend dazu will Russlands Präsident Wladimir Putin am 15. und 16. Mai nach China reisen. Es wäre seine erste Auslandsreise nach seiner Amtseinführung, die am heutigen Dienstag stattfindet.

    Scholz lehnte gemeinsames Treffen ab

    Eigentlich hätte Macron gerne ein Signal der Einigkeit mit Bundeskanzler Olaf Scholz und von der Leyen gesendet. Doch Scholz nahm lieber Termine im Baltikum wahr, obwohl Macron am Donnerstag bei einem gemeinsamen Abendessen in Paris den Bundeskanzler noch zu überreden versucht hatte, an dem Treffen teilzunehmen. Ohnehin hat Scholz den chinesischen Staatschef bei seiner China-Reise Mitte April schon gesehen.

    “Ich denke, Frankreich will zeigen, dass die französische Stimme auch eine europäische ist”, sagt Vasselier. Deshalb sei auch von der Leyen in Paris gewesen. “Dass Scholz ein vorbereitendes Gespräch mit Macron hatte, ist exzellent, weil es die Abstimmung der Botschaften, die man senden will, ermöglicht”. Für problematisch hält sie, dass der Bundeskanzler seine Besuche in China nicht “europäisiert” habe, indem er keine Minister aus anderen EU-Ländern oder Mitglieder der EU-Kommission mitgenommen hatte.

    Xis geschickt gewählte Reiseroute

    Schon bei Scholz’ Besuch in Peking im November 2022 hätte Macron ihn gerne begleitet. Stattdessen reiste der französische Präsident mit von der Leyen im April 2023 hinterher und brachte Scholz und die USA gegen sich auf, weil er sagte, die Europäer dürften keine “Vasallen” der USA werden. In seiner zweiten Sorbonne-Rede Ende April wiederholte Macron seine Aussage – mit fast identischer Wortwahl.

    Die Termine für seine Gespräche hat Xi geschickt gewählt. Beim Treffen mit Macron feierten die Präsidenten den 60. Jahrestag der französisch-chinesischen Beziehungen, bei seinem Besuch in Serbien am Dienstag will Xi 25 Jahre nach der Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad durch die Nato die Doppelmoral des Westens aufzeigen. Zuvor wird er noch mit Macron in den Pyrenäen speisen, am Ort, an dem Macrons Großmutter gelebt hat.

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    Neuartige Lebensmittel: Warum der EU-Zulassungsprozess Start-ups abschreckt

    Vergangenen Sommer hatte das Hamburger Food-Tech-Start-up BLUU Seafood gute Neuigkeiten zu vermelden: Für Fischstäbchen und -bällchen aus Zellkulturen gehe man die Marktzulassung an. Der Haken: Zulassungsanträge stellte das deutsche Unternehmen erst einmal in den USA und Singapur, die EU soll erst später folgen.

    Ähnliche Fälle gibt es immer wieder. Während andere Weltregionen bei der Zulassung von Zellfleisch und Co. “voranschreiten, stellen europäische Firmen Anträge außerhalb Europas“, heißt es in einem Bericht des Thinktanks EIT Food von 2023, der auf einer Umfrage unter Herstellern alternativer Proteine fußt. Die USA und Singapur haben Produkte aus zellbasiertem Fleisch zugelassen, bei der EU ist bisher kein Antrag eingegangen, wie die Europäische Kommission bestätigt.

    EU-Regeln unter den strengsten der Welt

    Der Zulassungsprozess für den europäischen Markt ist in der EU-Novel-Foods-Verordnung geregelt und gilt als besonders streng. Produkte, die vor Mai 1997 noch nicht als Lebensmittel auf dem europäischen Markt angeboten wurden, fallen darunter. Weil der Gesundheitsschutz Priorität habe, habe die EU “Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit, die zu den strengsten der Welt gehören”, betont eine Sprecherin der Kommission.

    Schrecken also strenge Standards Unternehmen ab? So einfach sei es nicht, meint Ivo Rzegotta vom Good Food Institute, das sich für die Verbreitung alternativer Proteinquellen einsetzt. Grundsätzlich stehe ein Großteil der Unternehmen hinter der Verordnung. Das Problem liege eher in der praktischen Umsetzung, betont auch EIT Food.

    Verzögerungen und Unsicherheit im Zulassungsprozess

    Die sieht so aus: In einer ersten Phase prüft die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die Unterlagen zur Produktsicherheit und bewertet das Risiko, das von dem neuartigen Lebensmittel ausgeht. Basierend darauf entscheiden im zweiten Schritt EU-Kommission und Mitgliedstaaten über die Zulassung. In beiden Phasen monieren Unternehmen laut der EIT-Umfrage Verzögerungen und Unsicherheitsfaktoren.

    Kritikpunkt 1: Die EFSA-Prüfung sei zu langwierig und schwer zu navigieren. Zwar hat die Behörde ein Zeitlimit von neun Monaten, der Countdown wird aber angehalten, wenn Unterlagen nachgefordert werden. “Es gibt Ineffizienzen im Prozess, den man beschleunigen könnte, ohne Sicherheitsstandards zu senken”, meint Rzegotta. Das betreffe zum Beispiel die Gestaltung von Rückfragen an Unternehmen und die Bearbeitung nachgereichter Dokumente.

    EFSA will Unternehmen besser beraten

    Zudem mangle es Unternehmen vorab an Beratungsmöglichkeiten dazu, welche teils aufwändigen Tests die EFSA erwarte, kritisieren die von EIT befragten Unternehmen. EU-Kommission und EFSA betonen auf Anfrage: Hieran arbeite man bereits. Zum Beispiel durch einen detaillierteren Leitfaden, den die EFSA in Kürze vorlegen will. Zudem organisiere die Behörde Treffen und Informationsveranstaltungen, bemühe sich um Effizienz und darum, Erwartungen im Voraus klar zu kommunizieren, sagt Wolfgang Gelbmann, Senior Scientific Officer bei EFSA. “EFSA hat das Problem erkannt und arbeitet daran”, meint auch Rzegotta.

    Schwerer zu lösen scheint Kritikpunkt 2. Dabei geht es um die zweite Phase, in der Kommission und EU-Länder als “Risk Manager” das Risiko abwägen müssen. Für die Marktzulassung braucht es eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten. Das gibt einer relativ kleinen Gruppe die Möglichkeit, Zulassungen zu blockieren – bei polarisierenden Themen wie Zellfleisch ein echtes Risiko, meint Rzegotta.

    Novel Foods sind politisch heikel

    Zudem gibt es hier kein Zeitlimit. Selbst ohne die nötige sogenannte Blockademinderheit könnten einzelne Länder den Prozess verzögern. “Das bringt zusätzliche Unsicherheit, die Unternehmen abschreckt“, erklärt er. EIT Foods fordert: Im Zulassungsverfahren “müssen der Verbraucherschutz und die Lebensmittelsicherheit Vorrang vor allen anderen Erwägungen haben”. Eine Politisierung gelte es zu vermeiden.

    Wie politisch heikel neuartige Lebensmittel sein können, zeigen aktuelle Beispiele: Im November verbot die italienische Regierung öffentlichkeitswirksam Laborfleisch – obwohl das Verbot gegen europäisches Recht verstoßen dürfte. Im Januar forderte das Land mit Frankreich und Österreich strengere Regeln für die Zulassung. Und auch andere Novel Foods sorgen für Furore: Nachdem die EU 2023 mehrere Zutaten aus Insekten zugelassen hatte, verbreiteten sich online Verschwörungstheorien, die auch von Politikern in EU-Ländern angeheizt wurden.

    Große Konzerne haben bessere Karten

    Während der gesamte Prozess im besten Fall auf 18 Monate ausgelegt sei, zeige die Erfahrung, dass bis zur Zulassung selbst bei “weniger kontroversen Lebensmitteln” zwei bis drei Jahre, teils auch mehr, vergehen können, so Rzegotta. Ein Problem vor allem für Start-ups. Denn diese “nutzen meist Venture-Capital und müssen ihren Investoren eine Perspektive bieten – das ist bei einem solch langen Prozess mit viel Unsicherheit schwierig.”

    Dazu passt, dass das einzige Zellfleisch-Unternehmen, das bisher mitgeteilt hat, einen Antrag in der EU vorzubereiten, kein Start-up ist: The Cultivated B startete im vergangenen Jahr Vorabkonsultationen mit EFSA. Der Zulassungsantrag liegt noch nicht vor, könnte aber in diesem Jahr folgen. Das Unternehmen ist eine Tochter des Lebensmittelkonzerns Infamily Foods, der seine Produktpalette von Fleischprodukten zuletzt auch auf pflanzliche Ersatzprodukte erweiterte.

    Große Konzerne hätten eher den nötigen langen Atem für den EU-Zulassungsprozess, meint Rzegotta. Die gute Nachricht: Den aufzubringen, könnte sich lohnen: “Es gibt Unternehmen, die sagen: Wir melden unser Produkt bewusst in der EU an, weil das der Goldstandard für den Rest der Welt ist”, sagt Rzegotta. Das betont auch die EU-Kommission: Die Novel-Foods-Verordnung sei “Marktöffner für die Ausfuhr in viele Drittländer.”

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    Termine

    08.05.2024 – 12:30-13:30 Uhr, online
    FES, Diskussion Politik am Mittag: Ideen für ein progressives Europa
    Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) diskutiert die Herausforderungen für die Zukunft Europas. INFOS & ANMELDUNG

    08.05.2024 – 14:00-15:00 Uhr, online
    FSR, Discussion Hydrogen Sales & Purchase Agreement: Challenges Contract Standardization
    The Florence School of Regulation (FSR) presents some results of the research & development conducted by the Hydrogen Task Force of the Association of International Energy Negotiators (AIEN). INFOS & REGISTRATION

    08.05.2024 – 16:30-18:00 Uhr
    DGAP, Discussion Ukraine Between Western War Fatigue and Russia’s Presidential Election
    The German Council on Foreign Relations (DGAP) assesses how Putin’s reelection will affect the war against Ukraine, whether the West is leaving Ukraine in the lurch, and if an attack on a NATO member has become more likely. INFOS & REGISTRATION

    08.05.2024 – 18:00-19:00 Uhr, online
    FNF, Vortrag Raffinerieprodukte – ohne geht es nicht
    Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) geht der Frage nach, wie das Energiesystem in Deutschland funktioniert und welche Technologien uns zur Energieerzeugung zur Verfügung stehen. INFOS & ANMELDUNG

    08.05.2024 – 18:30-21:30 Uhr, Düsseldorf
    DGAP, Diskussion Junge Perspektiven auf die Europawahl 2024
    Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) diskutiert darüber, welche Themen junge Europäer in NRW bewegen. INFOS & ANMELDUNG

    News

    Technologie: So kann die EU China abhängig machen

    Europa ist technisch noch nicht abgehängt – und es sollte seine verbliebenen Stärken gerade jetzt strategisch einsetzen. Das ist die Kernaussage eines neuen Reports des Forschungsverbunds Digital Power China (DPC) zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), der am heutigen Dienstag vorgestellt werden soll. Es gehe darum, die technologischen Fähigkeiten Europas als politischen Hebel ins Spiel zu bringen, so die Autorinnen und Autoren.

    Eine Abkopplung von China wäre im Vergleich dazu strategisch nicht sinnvoll, weil die EU dann Verhandlungsmasse verlieren würde. Vielmehr könnte es ein wirksames Instrument der Risikoverringerung (De-Risking) sein, den chinesischen Markt zu bedienen, das Technikwissen selbst aber nicht herzugeben. So könnte Europa China die Produkte oder Dienste notfalls vorenthalten. Der Report verwendet hierfür den Begriff “strategische Verstrickung”.

    Beispiele für starke EU-Technologien sind Belichtungsmaschinen für die Halbleiterproduktion, Medizintechnik wie Computertomografen, aber auch moderne Materialien wie Spezialmetalle. Nicht jede der Branchen, in denen EU-Firmen gut dastehen, lasse sich gleich als Druckmittel verwenden; in vielen Fällen können ihre Produkte leicht ersetzt werden. In anderen Fällen basieren die technischen Stärken aber auf exzellenter Grundlagenforschung oder dem Vorhandensein zahlreicher spezialisierter Zulieferer, deren Leistungen sich nicht kopieren lassen.

    Digital Power China (DPC) ist ein loser Forschungsverbund. Dazu gehört neben der DGAP beispielsweise auch das International Institute for Strategic Studies in London (IISS), das French Institute of International Relations (ifri) in Paris, die China Macro Group (Schweiz) oder das Royal Institute of Technology in Stockholm. fin

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    Renaissance-Wahlprogramm: Worauf es Macron bei der Europawahl ankommt

    Fünf Wochen vor der Europawahl hat Spitzenkandidatin Valérie Hayer das Programm von Renaissance vorgestellt. Darin sind 48 Vorschläge enthalten, die es der Europäischen Union ermöglichen sollen, “drei große Risiken” zu bewältigen:

    • Sicherheit und Migration
    • Klima und Wirtschaft
    • Angriffe auf Demokratie und europäische Werte

    Die Vorschläge seien inspiriert von den beiden Reden von Präsident Emmanuel Macron, die er 2017 und erst kürzlich an der Sorbonne-Universität gehalten hat, sagte Clément Beaune, einer der Sprecher von Renaissance, dem französischen Teil der europäischen Renew-Fraktion.

    Hayer griff den von Macron entwickelten Begriff “Macht Europa” auf. Man müsse die Abhängigkeit von russischer Energieversorgung oder dem “amerikanischen Schutzschirm” überwinden – insbesondere, falls Donald Trump wieder ins Weiße Haus einzieht. Zudem gelte es, aus der industriellen Abhängigkeit von China und Indien herauszukommen.

    Drei Prozent für Verteidigung in 2030

    Renaissance schlägt Investitionen in Höhe von 100 Milliarden Euro vor, um die Industrieproduktion anzukurbeln und einen europäischen Rüstungsfonds zu finanzieren. Das Geld soll aus öffentlicher und privater Hand kommen und auch den Kauf von Verteidigungsgütern unterstützen. “Made in Europe” solle dabei Vorrang haben.

    Die Europäische Investitionsbank (EIB) soll darüber hinaus die Finanzierung von Verteidigungsgütern übernehmen, was sie derzeit noch nicht tut. Renaissance fordert auch, dass jeder Mitgliedsstaat bis 2025 zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts und bis 2030 drei Prozent für Verteidigung ausgibt.

    Für Umwelt und Wirtschaft strebt Renaissance einen “Plan Europa 2030” für die Sektoren Energie, Verkehr, Digitales, Gesundheit und Raumfahrt an. Eine Billion Euro aus öffentlichen und privaten Mitteln verlangt Frankreichs Präsidentenpartei, um den Green Deal “zu ergänzen”.

    Dieser erhöhte Investitionsbedarf setzt für Renaissance auch voraus, dass die Abstimmungsregeln im Rat geändert werden müssen. Das Prinzip der qualifizierten Mehrheit soll auf Steuerfragen ausgeweitet werden. Derzeit gilt hier die Einstimmigkeit. cst

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    Entwaldungsverordnung: Was eine Gruppe von Mitgliedsstaaten jetzt von der EU-Kommission fordert

    Mit einem Ministerschreiben an EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius haben Deutschland und weitere Mitgliedstaaten ihrer Forderung Nachdruck verliehen, notwendige Grundlagen für das Inkrafttreten der EU-Entwaldungsverordnung zu schaffen. Hintergrund für die deutsche Initiative sind Verzögerungen der EU-Kommission beim digitalen Informationssystem und dem sogenannten Länder-Benchmarking – einer Liste, die jedem Land eine bestimmte Risikostufe für Entwaldung zuweist. Beides verstehen sowohl Deutschland als auch die Mitunterzeichner des Briefes – Bulgarien, Estland, Irland, Luxemburg, die Niederlande, Slowenien, Spanien und Ungarn – als zentrale Voraussetzungen für die Umsetzung der Verordnung.

    Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir appelliert deshalb an die EU-Kommission, Tempo bei diesen Themen zu machen. “Ohne ihr Länder-Benchmarking droht ab 2025 unverhältnismäßig hohe Bürokratie für Klein- und Kleinstwaldbesitzer und unsere Verwaltung. Das müssen wir verhindern”, fordert Özdemir. Denn: Ohne Benchmarking werden alle Länder automatisch als Standardrisiko eingestuft – so auch Deutschland. Für Özdemir steht deshalb fest: “Wenn die Kommission das nicht auf die Kette bekommt, dann braucht es hier eine Verschiebung, damit die Kommission ihren Job macht.”

    EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski im Zweifel für Verschiebung

    Die EU-Kommission lässt sich derweil nicht in die Karten blicken, wie weit ihre Arbeit bei der Entwicklung des Benchmarkings vorangeschritten ist. Für eine Verschiebung des Inkrafttretens der Verordnung um ein Jahr hatte sich vergangene Woche aber auch EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski beim EU-Agrarrat ausgesprochen. Anders als Umweltkommissar Sinkevičius zeichnet er jedoch nicht direkt verantwortlich für die Entwaldungsverordnung. Bislang hatte die Kommission einen Aufschub der Verordnung ausgeschlossen. Auf den Brief Deutschlands und der anderen Mitgliedsstaaten aber wolle man zeitnah antworten, so ein Kommissionssprecher.

    Mit einer längerfristigen Verschiebung der Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten, wie von Österreich jüngst mit Blick auf den damit zusammenhängenden Bürokratieaufwand gefordert, ist hierbei aber kaum zu rechnen. In einer Antwort von Umweltkommissar Sinkevičius auf die Anfrage eines österreichischen Abgeordneten heißt es, die Entwaldungsverordnung falle nicht in den Bereich, für den die Kommission kurzfristige Bürokratieerleichterungen angekündigt habe. heu

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    Polen: Wieso die Kommission das Rechtsstaatsverfahren einstellt

    Die EU-Kommission hat ihre Analyse zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in Polen abgeschlossen. Sie kommt zum Schluss, “dass in Polen keine eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Rechtsstaatlichkeit im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union mehr besteht”, teilte die Kommission am Montag mit. Die Kommission habe den Rat und das Europäische Parlament deshalb informiert, das seit sechs Jahren laufende Rechtsstaatlichkeitsverfahrens gegen Polen einzustellen.

    Damit werde für das EU-Mitglied ein neues Kapitel aufgeschlagen, schrieb Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einem Beitrag auf X. Polen habe eine Reihe von Maßnahmen erlassen, um auf die Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz einzugehen, begründete die EU den Schritt. So erkenne das Land nun den Vorrang von EU-Recht an und habe zugesagt, Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umzusetzen.

    Das Rechtsstaatsverfahren wurde unter der PiS-Regierung eingeleitet

    Der Kursschwenk wurde durch den Regierungswechsel in Warschau im vergangenen Jahr möglich. Der neue Ministerpräsident Donald Tusk, der selbst jahrelang Präsident des Europäischen Rates in Brüssel war, hatte versprochen, Polen wieder auf einen EU-freundlichen Pfad zurückzuführen und die Unabhängigkeit der Justiz wiederherzustellen.

    Die Vorgängerregierung unter der nationalkonservativen PiS-Partei hatte einen tiefgreifenden Umbau des Justizwesens in die Wege geleitet. Kritiker sahen darin eine Beschädigung der Demokratie und warnten vor einer politischen Einflussnahme auf Gerichte. Die EU-Kommission leitete das Verfahren ein, das nun eingestellt werden soll.

    Der polnische Justizminister Adam Bodnar begrüßte die Entscheidung in Brüssel. Er bedankte sich bei von der Leyen für die Zusammenarbeit und die Unterstützung. Polen fühle sich den gemeinsamen europäischen Werten verpflichtet und werde die Rechtsstaatlichkeit konsequent wiederherstellen. rtr

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    Presseschau

    Macron betont Notwendigkeit ausgeglichener Beziehungen zu China SPIEGEL
    Fokus bei Xi-Besuch in Frankreich liegt auf Handel und Kriege RND
    EU verurteilt Russlands Pläne für Atom-Übung als Säbelrasseln WEB.DE
    EU-Mitglieder uneins über Teilnahme an Zeremonie zum Start der neuen Amtszeit von Russlands Präsident Putin DEUTSCHLANDFUNK
    Aus dem Baltikum will Kanzler Scholz ein Zeichen der Stärke senden WELT
    EU und Ukraine vernetzen ihre Rüstungswirtschaft DEUTSCHLANDFUNK
    Tschechien bestellt wegen Cyber-Angriffen russischen Botschafter ein STUTTGARTER ZEITUNG
    Europaparlament meldet Datenschutzverletzung in Einstellungsverfahren DER STANDARD
    Faeser will Grenzkontrollen zu Tschechien weiter verlängern BR
    Rechtsstaat: EU-Kommission will Verfahren gegen Polen einstellen STERN
    Protest gegen EU-Politik: “Die Rückabwicklung des Green Deals ist in vollem Gang” WELT
    Negativkampagne vor Europawahl sorgt in Tschechien für Kritik WEB.DE
    Streik der Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Italien WEB.DE
    Trotz 120.000 Euro Gehalt: Auch viele deutsche EU-Politiker haben einen bezahlten Nebenjob RND
    30 Jahre Eurotunnel: Englands Nabelschnur zur EU ZDF

    Heads

    Die entscheidenden Köpfe der EU-Szene – Beratungen

    Günther H. Oettinger – Gründer Oettinger Consulting

    Neun Jahre lang war er in der Barroso- und Juncker-Kommission der “deutsche Kommissar” mit Zuständigkeiten für Energie, Digitales, Haushalt und Personal. 2019 stieg er aus der Politik aus und gründete mit seiner Lebensgefährtin die Beratungsgesellschaft Oettinger Consulting. Noch während der vorgeschriebenen Abkühlphase ließ er sich etliche Beschäftigungsverhältnisse genehmigen. Oettinger ist auch mit nun 70 Jahren hochaktiv in Aufsichtsräten, Beiräten und Kuratorien sowie als Berater von Unternehmen.

    Reinhard Hönighaus – Partner FGS Global

    Der Partner der großen Strategieberatung FGS Global pendelt viel zwischen Berlin und Brüssel. Als ehemaliger Sprecher der EU-Kommission in Berlin und Brüssel-Korrespondent der Financial Times Deutschland bestens vertraut mit der Funktionsweise des EU-Apparates.

    Arne Lietz – Director Brunswick

    Der Director von Brunswick in Berlin berät Unternehmen im Umgang mit Klima- und Nachhaltigkeitsregulierung wie dem Lieferkettengesetz. Themen, die Lietz zuvor auch als SPD-Europaabgeordneten beschäftigten. Im Europaparlament kümmerte er sich von 2014 bis 2019 um Verteidigungspolitik und Entwicklung.

    Sabine Seeger-Regling – Senior Advisor HimmelsSchreiber

    Als Journalistin war sie Korrespondentin in Rom, Singapur und Brüssel. Aus dieser Zeit kennt sie sich bestens aus in EU-Fragen, in der Finanzpolitik sowie der nationalen Politik in Italien und Deutschland. Noch heute gehört sie dank ihrer reichen persönlichen Kontakte zu den am besten informierten Menschen im Brüsseler Europaviertel. Vor drei Jahren wechselte sie die Seiten und berät seitdem als Senior Advisor bei den HimmelsSchreibern.   

    Hubertus Droste – Direktor EUTOP

    Droste leitet das Brüssel-Büro der Lobbyagentur EUTOP. Der Jurist vertrat zuvor die Bundesregierung in unterschiedlichen Ratsarbeitsgruppen und kennt daher diese ansonsten wenig transparenten Gremien aus dem Effeff. Er verfasste schon seine Promotion zum Thema “Interessenvertretung bei der EU”. 

    Susan Schneider – Direktorin FGS Global

    Die Direktorin kümmert sich im Brüsseler Büro von FGS Global vor allem um die Nachhaltigkeits- und Chemikalienregulierung. Ausgebildet in den USA, arbeitete sie zuvor als Mitarbeiterin im Europaparlament, als Büroleiterin des FDP-Abgeordneten Wolf Klinz.

    Jan Hromadko – Managing Director Teneo

    Der Ex-Journalist wechselte nach mehreren Jahren beim Wall Street Journal in Frankfurt in die Beratung. Nach Stationen bei Charles Barker und Brunswick inzwischen Managing Director bei Teneo in Brüssel, mit Expertise unter anderem im Verkehrssektor und in der Fusionskontrolle.

    Ulrich Soltész – Partner Gleiss Lutz

    Der Partner bei der Kanzlei Gleiss Lutz in Brüssel zählt zu den führenden Experten im europäischen Beihilferecht. Er ist auch aktiv in unterschiedlichen Netzwerken wie dem International Competition Networks (ICN) und dem Berliner Gesprächskreis zum Europäischen Beihilferecht.

    Frank Montag – Partner Freshfields

    Der erfahrene Partner für Wettbewerbsrecht bei Freshfields in Brüssel ist ein Mann für die großen Fälle: Er hat etwa zahlreiche Firmenfusionen begleitet, darunter hochpolitische wie der schließlich gestoppte Zusammenschluss von Siemens und Alstom.

    Jens Peter Schmidt – Leiter Brüsseler Büro Noerr

    Der Kartellrechtsexperte ist Leiter des Brüsseler Büros der Wirtschaftskanzlei Noerr. Schwerpunkte seiner mehr als 25-jährigen Beratung sind die Fusionskontrolle, die Beurteilung von Subventionen aus Drittstaaten sowie regulatorische Fragen der Digitalökonomie – wie etwa der Digital Markets Act.

    • Digital Markets Act

    Personalien

    Nina Wunderlich übernimmt nach Informationen von Table.Briefings im Bundeswirtschaftsministerium die Leitung der Unterabteilung E B “EU-Wirtschaftspolitik, Binnenmarkt, Bilaterale Beziehungen, EU-Twinning“. Zuvor leitete sie die Unterabteilung “Recht, Geheimschutz, Sicherheit” und den Stab “Krisenmanagement, Grundsatzfragen nationaler Sicherheit”. In ihrer neuen Funktion folgt Wunderlich auf Heinz Hetmeier.

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    Europe.Table Redaktion

    EUROPE.TABLE REDAKTION

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