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Vier Szenarien für Frankreich + Wie Ungarn provoziert

Liebe Leserin, lieber Leser,

heute treffen sich die EU-Industrieminister zum informellen Wettbewerbsfähigkeitsrat in Budapest zu einem Meinungsaustausch über die Zukunft der europäischen Wirtschaft. Auf der Agenda steht eine Diskussion über die Zukunft der Automobilindustrie, eine Diskussion über den European Competitiveness Deal sowie ein Gespräch zum Effekt künstlicher Intelligenz auf die europäische Wirtschaft.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und der französische Industrieminister Roland Lescure lassen sich vertreten und reisen nicht persönlich nach Budapest. Ihre Abwesenheit ist den Ministern nicht zu verübeln, denn der ungarischen Ratspräsidentschaft scheint nicht an konkreten Fortschritten gelegen zu sein.

Das Rahmenprogramm, mit dem das informelle Ratstreffen gestern startete, beinhaltete ein Treffen mit der MOL Group. Der ungarische Öl- und Gas-Konzern ist eines der wenigen europäischen Großunternehmen, das sein Russlandgeschäft weiterhin betreibt. Im Aufsichtsrat der MOL Group sitzen mehrere Vertraute Viktor Orbáns, der CEO der Gruppe ist ein bekennender Gegner der Russlandsanktionen.

Ganz im Muster von Orbáns Reisen nach Kiew, Moskau und Peking setzt die ungarische Ratspräsidentschaft also auch beim informellen Wettbewerbsfähigkeitsrat auf Provokation. “Make Europe Great Again” ist der Slogan der Ratspräsidentschaft, doch schon nach einer Woche zeigt sich, dass die EU-Politik in diesem Halbjahr alles andere als “great” aussehen wird.

Ihr
János Allenbach-Ammann
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Analyse

Frankreich: Wie eine Regierung gebildet werden könnte

Nach den Parlamentswahlen in Frankreich haben die Gespräche für eine neue Regierung begonnen. Das Linksbündnis Nouveau Front Populaire (NFP) beansprucht als Wahlsieger den Posten des Premierministers für sich und kündigt am Montag an, innerhalb einer Woche eine Kandidatin oder einen Kandidaten vorstellen zu wollen. Doch die Parteien im Bündnis stehen vor schwierigen Gesprächen: Prominente Vertreter von Sozialisten, Kommunisten und Grünen haben explizit ausgeschlossen, Jean-Luc Mélenchon, den radikalen Chef der stärksten linken Partei La France Insoumise (LFI), zum Regierungschef zu machen.

Das Linksbündnis bräuchte zudem Partner, um eine stabile Mehrheit in der neuen Nationalversammlung zu formen. Doch: “Der Antagonismus zwischen LFI und Macrons Lager schränkt die Möglichkeit einer großen Koalition aus Linken und Mitte ein”, sagt Célia Belin, Leiterin des Paris-Büros beim European Council on Foreign Relations (ECFR).

Selbst wenn Mélenchon an den Rand gedrängt werde, seien die inhaltlichen Schnittmengen zwischen Sozialisten und Les Républicains sehr klein, konstatiert Johannes Lindner, Co-Direktor des Jacques Delors Centre an der Berliner Hertie School. Er erwartet sehr schwierige und langwierige Gespräche – zumal die französische Politik keine Erfahrung mit Koalitionsregierungen hat.

Die Nouveau Front Populaire hatte beim zweiten Wahlgang am Sonntag überraschend die meisten Sitze in der Nationalversammlung erobert, vor dem Bündnis “Ensemble” von Präsident Emmanuel Macron. Der rechtsextreme Rassemblement National (RN) erhielt zwar auch in der zweiten Runde die meisten Stimmen, konnte im französischen Mehrheitswahlrecht aber nur die drittmeisten Wahlkreise gewinnen. Macron bat am Montag seinen bisherigen Ministerpräsidenten Gabriel Attal, vorerst im Amt zu bleiben.

Johannes Lindner sieht das Parteiensystem “in einem Prozess tiefgreifender Neufindung”. Die unklaren Mehrheitsverhältnisse bedeuteten zudem eine Machtverschiebung: “Das Wahlergebnis stärkt das Parlament und schwächt den Präsidenten”, sagt er. Als Ergebnis davon werde es in den kommenden Tagen und Wochen auf die Parteien ankommen, die Mehrheitsverhältnisse neu zu sortieren. “Emmanuel Macron wird dabei höchstens eine Rolle als Moderator haben, was dem Präsidenten sicherlich nicht leichtfallen dürfte.”

Die Situation ist für Frankreich außergewöhnlich und öffnet die Tür für verschiedene Szenarien.

Szenario 1: Eine linke Minderheitsregierung

In Paris wird momentan über eine Minderheitsregierung diskutiert. Mit 182 Abgeordneten ist das Linksbündnis Nouveau Front Populaire (NFP) zur stärksten politischen Kraft in der Nationalversammlung geworden. Dank dieser Legitimität könnte es eine Regierung ernennen, ohne über die absolute Mehrheit in der Versammlung zu verfügen. Dies war bei den beiden ehemaligen Premierministern Élisabeth Borne und Gabriel Attal der Fall, die zwischen 2022 und 2024 nur über eine relative Mehrheit von 246 der 577 Sitze in der Versammlung verfügten.

Eine Minderheitsregierung setzt jedoch voraus, dass die Unterstützung für Gesetzestexte von Fall zu Fall ausgehandelt werden muss. Es bedeutet auch, dass die NFP Stimmen aus Macrons Lager bräuchte. Allerdings liegen die Positionen von NFP und Macrons Regierungsbündnis teils weit auseinander. Die NFP will die Rentenreform abschaffen, die Besteuerung von “Superreichen” einführen und den Mindestlohn auf 1600 Euro netto erhöhen. Vorschläge, die das zentristische Lager des Präsidenten ablehnt. 

Szenario 2: Minderheitsregierung Ensemble-Les Républicains

Die Idee ist nicht neu: ein Bündnis zwischen dem Macron-Lager und der Mitte-rechts-Partei Les Républicains (LR). Dieses Bündnis würde es Ensemble ermöglichen, weiterhin die Regierungsgeschäfte zu führen, obwohl das Lager aus den Wahlen geschwächt hervorgeht: Die verbündeten Parteien haben 163 Sitze gewonnen, gegenüber 245 im Jahr 2022 und mehr als 300 Abgeordneten im Jahr 2017.

“Das Land ist rechts. Wir müssen rechts regieren”, sagte Innenminister Gérald Darmanin, ein ehemaliger Gefolgsmann von Präsident Nicolas Sarkozy. Allerdings geht auch die LR-Partei geschwächt aus den Wahlen hervor, nachdem der Parteivorsitzende Éric Ciotti überraschend ein Bündnis mit dem Rassemblement National angekündigt hatte, was eine schwere Krise in der Partei auslöste. Womöglich sei Macron bereit, sich für Les Républicains und andere kleine rechte Gruppen zu öffnen, die zusammen etwas mehr als 60 Sitze erhalten haben, analysiert Célia Belin. Das würde nicht für eine absolute Mehrheit reichen, könnte aber die Bildung einer Mitte-Rechts-Minderheitsregierung ermöglichen.

Eines ist in Bezug auf beide Szenarien aber sicher: Ohne eine klare Mehrheit müsste eine Minderheitsregierung mit der Gefahr eines Misstrauensvotums in der Nationalversammlung leben, der sogenannten “motion de censure”.

Szenario 3: Eine Experten-Regierung

Wenn die Situation politisch festgefahren sei, könnte eine technische Regierung ernannt werden, sagte Benjamin Morel, Professor für öffentliches Recht an der Universite Paris II dem Radiosender France Info. Diese würde aus Experten und Persönlichkeiten ohne politische Ausrichtung zusammengesetzt, um die Amtsgeschäfte zu führen. Eine solche Regierung könne auch einige Reformen mit spezifischer Unterstützung der verschiedenen Blöcke in der Nationalversammlung umsetzen.

Dieses Konzept wäre für Frankreich aber neu. Zwar standen Techniker an der Spitze von Regierungen wie Raymond Barre im Jahr 1976 oder Jean Castex im Jahr 2020. Aber diese beiden Persönlichkeiten hatten ein politisches Mandat und eine Mehrheit in der Nationalversammlung.

Szenario 4: Eine institutionelle Krise

Aber selbst eine technische Regierung wäre immer noch von einem Misstrauensantrag bedroht, der von der Nouveau Front Populaire, Les Républicains oder dem Rassemblement National eingebracht werden könnte. Abgesehen von der kurzfristigen Erleichterung über die Niederlage der extremen Rechten eröffnen diese Wahlen neue Ungewissheit und Instabilität, sagt Camille Lons vom ECFR: Die Parteien würden gezwungen, Koalitionen einzugehen und Zugeständnisse zu machen – “etwas, das in der französischen politischen Kultur normalerweise nicht vorgesehen ist”.

Wenn keines der vorherigen Szenarien funktioniert, würde Frankreich also in eine tiefe institutionelle Krise geraten, da Macron die Nationalversammlung nicht vor Juli 2025 auflösen könnte. Ein solches Szenario hat es seit der Gründung der Fünften Republik noch nie gegeben. 

Chaos schmälert Einfluss in der EU

In Berlin und anderen europäischen Hauptstädten wurde erleichtert aufgenommen, dass ein Sieg des EU-kritischen RN in Paris ausgeblieben ist. “Es ist eine gute Nachricht für Europa, dass proeuropäische Kräfte eine Mehrheit im französischen Parlament haben”, sagte die Europastaatsministerin im Auswärtigen Amt, Anna Lührmann (Grüne).

Experten gehen davon aus, dass die französische Europapolitik weitgehend ihren Kurs hält. Auch in der Außen- und Sicherheitspolitik sind keine scharfen Kurswechsel zu erwarten, da Macron als Staatspräsident hier die Prärogative hat. “Die französische Politik wird jedoch weiterhin gespalten und schwer zu steuern sein, was Frankreichs Einfluss auf der europäischen und internationalen Bühne schmälern wird”, sagt Célia Belin.

Berlin soll Schwäche nicht ausnutzen

Johannes Lindner vom Jacques Delors Centre warnt die Bundesregierung aber davor, nun kurzfristige Vorteile zu suchen: “Deutschland sollte in dieser schwierigen Situation in das Verhältnis zu Frankreich weiter investieren und der möglichen Versuchung widerstehen, die Schwäche auszunutzen.” So solle Berlin die EU-Kommission etwa darin bestärken, einen mutigen Vorschlag für den Mehrjährigen Finanzrahmen vorzulegen, der im Sommer 2025 ansteht.

Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung hält es angesichts der gestärkten Extreme in Frankreich aber für unrealistisch, dass die Bundesregierung eine ambitionierte Ausdehnung des EU-Haushalts oder ein neues EU-Schuldenprogramm mitträgt. “Es ist kaum denkbar, dass eine deutsche Bundesregierung die Finanzpolitik eines in den Fiskal-Populismus abdriftenden Frankreichs über noch höhere deutsche EU-Garantien absichern würde, ohne vom Wähler abgestraft zu werden.”

In der Industrie wird zudem befürchtet, dass eine linksgerichtete französische Regierung weitere Handelshürden errichten könnte. Eine weitere Integration des EU-Binnenmarktes oder gar die Verabschiedung von neuen Handelsabkommen würden voraussichtlich schwierig, warnt Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauverbandes VDMA. Kanzler Olaf Scholz hatte zuletzt die mangelnden Fortschritte bei Handelsabkommen etwa mit den Mercosur-Staaten kritisiert, wo bereits Macron massiv bremste.

  • ECFR
  • Emmanuel Macron
  • EU-Binnenmarkt
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  • Regierungsbildung
  • Wahlen
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Neue Fraktion der Rechtsradikalen mit 84 Sitzen drittstärkste Kraft

Die am Montag gegründete Fraktion der Rechtsaußen, “Patrioten für Europa”, startet mit 84 Sitzen in die Wahlperiode. Sie ist damit die drittstärkste Fraktion im Europaparlament und hat die konservative EKR-Fraktion überholt. Diese hat nach jetzigem Stand 78 Sitze und damit zwei mehr als die liberale Renew.

In der neuen Fraktion der “Patrioten für Europa” ist die bisherige rechtsradikale ID-Fraktion aufgegangen. Mit folgenden Delegationen:

  • der Rassemblement National von Marine Le Pen stellt mit 30 Abgeordneten die größte Delegation
  • die italienische Lega ist mit acht Abgeordneten dabei
  • die österreichische FPÖ sowie die niederländische PVV von Geert Wilders mit jeweils sechs Sitzen
  • der belgische Vlaams Belang mit drei Sitzen
  • die Dänische Volkspartei mit einem Sitz

Darüber hinaus haben sich angeschlossen:

  • elf Abgeordnete der bislang fraktionslosen ungarischen Fidesz-Delegation
  • sieben Abgeordnete der tschechischen Ano (bislang Renew)
  • sechs Abgeordnete der spanischen Vox (bislang EKR)
  • jeweils zwei Abgeordnete der tschechischen Oath and Motorists sowie der portugiesischen Chega
  • je ein Abgeordneter der griechischen Voice of Reason und der lettischen Latvia First

Fraktionschef wird Jordan Bardella vom Rassemblement National, der bereits die ID-Fraktion geleitet hat. Die Fraktion hat Abgeordnete aus zwölf Mitgliedstaaten. Die Voraussetzungen, um eine Fraktion zu bilden, sind damit erfüllt: 23 Abgeordnete, die aus mindestens sieben Mitgliedstaaten kommen. Nicht zur neuen Fraktion gehören die 16 Abgeordneten der deutschen AfD-Delegation. Sie können daher auch nicht die Privilegien des Fraktionsstatus in Anspruch nehmen.

Für die “Patrioten” gilt der Cordon sanitaire

Auch für die neue Rechtsaußenfraktion soll der Cordon sanitaire gelten, der bislang die ID-Abgeordneten vom Zugang zu wichtigen Posten im Parlament ausschloss. Der Cordon sanitaire gilt nicht unmittelbar auch für die Abgeordneten der EKR. Die proeuropäischen Fraktionen EVP, S&D, Renew und Grüne wollen sich aber die EKR-Kandidaten für Ausschussvorsitze und Vize-Präsidenten sehr genau ansehen und keine EU-Gegner in verantwortungsvolle Ämter wählen.

Die Ausschussvorsitze und Vizepräsidentenämter, die nicht an die “Patrioten für Europa” und gegebenenfalls EKR gehen, werden dann auf die proeuropäischen Gruppen verteilt. Wie genau, darüber verhandeln EVP, S&D, Renew und Grüne derzeit in ihren interfraktionellen Gesprächen über eine Zusammenarbeit in der neuen Legislatur, die noch mindestens diese Woche in Anspruch nehmen dürften.

Eigentlich hätte bereits am vergangenen Donnerstag geklärt werden sollen, welche Fraktion nach dem D’Hondt-Schlüssel welche Ausschüsse ziehen soll. Der Fahrplan wurde aber durch die verspätete Neuordnung des Rechtsaußen-Lagers durcheinandergewirbelt. Nach dem Schlüssel stehen etwa den Sozialdemokraten als zweitgrößter Gruppe fünf Ausschussvorsitze zu. Wie diese wiederum unter den Delegationen aufgeteilt werden, wird in der S&D noch intensiv verhandelt. Daher ist etwa weiter unklar, ob Bernd Lange Vorsitzender des Handelsausschusses bleibt.

  • Europäisches Parlament
  • EVP
  • Grüne/EFA
  • ID
  • Renew
  • S+D
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Orbán in Peking: Wie eine “Friedensmission” die EU brüskiert

Viktor Orbán ist auf einer “Friedensmission 3.0”. So nennt Ungarns Ministerpräsident seine Reise nach China am Montag. In Peking traf er Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping, um über den Krieg in der Ukraine zu sprechen. Vor seiner China-Reise war Orbán in Kiew und Moskau. Erst vor wenigen Tagen hat Budapest die rotierende EU-Ratspräsidentschaft übernommen.

Und so scheint es, als würde Viktor Orbán alles richtig machen: Gespräche führen mit den direkten Kriegsparteien, dazu mit Russlands wichtigstem Verbündeten China. Aber Orbáns China-Reise offenbart vor allem drei grundlegende Probleme:

  • Orbán geht Xi (und Putin) bereitwillig auf dem Leim
  • Peking unterstützt Moskau und will den Westen spalten
  • Orbán ist Chinas williger Helfer in der EU

Entsprechend gibt es von Orbáns Reisediplomatie auch keine konkreten Vorschläge. Vielmehr zündete Xi lediglich rhetorische Nebelkerzen. So hat sich Chinas Partei- und Staatschef am Montag abermals für einen Waffenstillstand mit anschließenden Verhandlungen ausgesprochen. Die Lage in der Ukraine müsse so weit wie möglich abgekühlt werden. Wie genau dies geschehen soll oder welche Schritte Peking selbst unternehmen könnte, sagte Xi nicht. Sein Rezept: Es brauche “positive Energie”.

Propaganda statt Frieden

Dabei ist Orbáns Analyse richtig. “Die Zahl der Länder, die mit beiden Kriegsparteien reden können, nimmt ab”, sagt er. “Ungarn wird langsam zum einzigen Land in Europa, das mit allen reden kann.” Zusätzlich zur Ukraine und Russland muss auch China als wichtigster Partner von Machthaber Wladimir Putin mit einbezogen werden. Da erscheint es sinnvoll, auch mit Peking das Gespräch zu suchen.

Doch schon in Russland wurde klar, dass es in Moskau wie in Peking weniger um Frieden und mehr um Propaganda geht. So deutete es Wladimir Putin: Orbán sei als Spitzenvertreter des Rates der Europäischen Union nach Moskau gekommen. In Peking ein ähnliches Bild. Dort wird erst gar nicht von Krieg gesprochen, sondern nach wie vor von einer Krise in der Ukraine – eine Wortwahl, die abermals zeigt, wie Peking wirklich denkt über den brutalen russischen Angriffskrieg. Auf der chinesischen Seite von CCTV zeigt sich ein deutlich anderer Schwerpunkt der Gespräche: die hervorragenden chinesisch-ungarischen Beziehungen.

Große Irritation nach nur sieben Tagen Ratspräsidentschaft

In den Hauptstädten Europas wachse die Sorge angesichts Orbáns selbst deklarierter Rolle als “Friedensvermittler”, sagen Diplomaten in Brüssel. Es müsse klar sein, dass der Regierungschef dabei nur sein eigenes Land vertrete und nicht die EU. Orbán habe absichtlich Ambiguität entstehen lassen, indem er bei seinen Reisen zum Beispiel das Logo von Ungarns EU-Ratsvorsitz verwendet habe.

Laut Diplomaten wird erwartet, dass die EU-Botschafter bei ihren regulären nächsten Treffen am Mittwoch von Ungarns Vertreter Klarheit einfordern. Ungarns Botschafter werde wohl seine Kollegen über die Reisen des Regierungschefs informieren wollen. Verschiedene Mitgliedstaaten seien aber mehr daran interessiert, über die Rolle von Ungarns Präsidentschaft grundsätzlich zu diskutieren. 

Auch Pläne, Budapest den Ratsvorsitz wegzunehmen, würden wieder aus den Schubladen geholt, sagen die Diplomaten. Doch dieser Plan dient eher als Drohkulisse, die Wahrscheinlichkeit einer Umsetzung sei gering. Nach nur sieben Tagen unter ungarischer EU-Präsidentschaft sei die Irritation aber groß. Orbáns Reisen seien unvorbereitet und nicht abgesprochen.

Reise der Kommission nach Budapest steht “ernsthaft infrage”

Unter EU-Botschaftern wird auch das Treffen der Außenminister am 22. Juli vorbereitet. Bis dahin werde die Spannung weiter steigen, Orbáns “Friedensdiplomatie” sicher ein Thema sein. Auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Ungarn nach wie vor im Alleingang sieben Milliarden Euro aus der Friedensfazilität blockiere. Alle anderen 26 Mitgliedstaaten seien an Bord. Manche fragten sich, wo Orbán nach Kiew, Moskau und Peking noch auftauchen werde. 

Charles Michel und Ursula von der Leyen hatten beide Orbáns Trip nach Moskau kritisiert. Ungarns Regierungschef habe kein Mandat, sagte der Ratspräsident. Appeasement werde Wladimir Putin nicht stoppen, sagte die Kommissionschefin. Vergangene Woche hatte bereits die traditionelle Reise der Kommission in die Hauptstadt der Ratspräsidentschaft nicht stattgefunden und war stattdessen für Herbst angekündigt worden. Die jüngste Entwicklung stelle den Besuch der Kommission im Herbst in Budapest “ernsthaft infrage”, sagte ein Sprecher am Montag.

Chinas Unterstützung der russischen Invasion

Doch wie steht es um Chinas Friedensbemühungen in der Ukraine? Eher mau. Offiziell gibt sich China zwar neutral. Aber chinesische Zolldaten, amerikanische Geheimdienstinformationen und Funde auf den Schlachtfeldern in der Ukraine zeigen, wie sehr China die russische Kriegsmaschinerie unterstützt.

Statt Frieden verfolgt Peking ein viel größeres Ziel: die Spaltung des Westens. Und so ist es kein Zufall, dass sich Orbán und Xi just einen Tag vor dem anstehenden Nato-Gipfel in Washington treffen. Denn dort werden US-Präsident Joe Biden und die andere Staats- und Regierungschefs wahrscheinlich weitere Unterstützung für die Ukraine beschließen. Und: Die Nato plane in ihrem Gipfelkommuniqué, China für seine Unterstützung der russischen Invasion in der Ukraine zu kritisieren, heißt es in Diplomatenkreisen.

Budapest steht fest an Pekings Seite

Xi sagte am Montag in Peking: Es ist zu hoffen, dass Ungarn während seiner Ratspräsidentschaft eine positive Rolle bei der Förderung der Beziehungen zwischen China und der EU spielen wird. Denn Orbán hat sein Land zu einem chinesischen Aktivposten innerhalb der EU geformt, den Peking mehr denn je benötigt. Während Brüssel auf De-Risking setzt, steht Budapest fest an Pekings Seite.

Es ist Ungarn, das immer wieder gegen EU-Vorschläge sein Veto einlegt, in denen China wegen Menschenrechtsverletzungen oder in Bezug auf Hongkong oder Taiwan verurteilt wurde. Einer Recherche des Budapester Online-Portals “Valasz Online” zufolge kamen in den vergangenen sechs Jahren etwa 60 Prozent der Vetos im Zusammenhang mit Russland oder China aus Ungarn. Vor diesem Hintergrund erscheint Orbáns Friedensmission 3.0 in einem anderen Licht.

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Termine

10.07-11.07.2024, online
DGAP, Conference Nato Public Forum 2024
The German Council on Foreign Relations (DGAP) promotes a better public understanding of the alliance’s policies and goals and the decisions to be adopted at the Nato summit. INFOS & REGISTRATION

10.07.2024 – 09:00-10:00 Uhr, online
TÜV, Seminar Wie hilft mir KI, meine CSRD-Berichtspflicht mit schon vorhandenen Systemen (bspw. ISO 9001) umzusetzen?
Der TÜV informiert darüber, wie Synergien im Unternehmen entstehen und auf welchen Daten das neue Nachhaltigkeits-Reporting effizient aufgebaut werden kann. INFOS & ANMELDUNG

10.07.2024 – 13:30-14:45 Uhr, online
Hydrogen Europe, Seminar Reaching 2030 – EU mandate to deliver on climate ambition
Hydrogen Europe aims to explore with re-elected MEPs active on industrial and energy policy how the new political landscape in Europe would affect the climate ambitions and legislative work in the period leading up to 2030. INFOS & REGISTRATION

News

Rechnungshof: Zu wenig Kontrollen von Kohäsionsmitteln

Die Verwendung der umfangreichen EU-Gelder zur Förderung strukturschwacher Regionen wird nach Ansicht des Europäischen Rechnungshofs nicht ausreichend kontrolliert. Die Ausgabenprüfung der EU-Kommission und der EU-Länder bei den sogenannten Kohäsionsmitteln sei nicht scharf genug, bemängelt der EU-Rechnungshof in einer Analyse. Mit den Mitteln soll wirtschaftlich schwach entwickelten Regionen beim Wachstum geholfen werden, um ökonomische und soziale Unterschiede auszugleichen. Sie sind einer der größten Posten im Gemeinschaftsetat der EU. 

Die Kontrollen der Europäischen Kommission wie auch der EU-Länder seien auf allen Ebenen unzureichend. Die Behörden der EU-Länder könnten laut Einschätzung der Prüfer mehr Fehler aufdecken und verhindern. Die Kommission selbst habe das Ausmaß der Fehler zu niedrig eingeschätzt und gleichzeitig die Länder nicht entsprechend ihrer Möglichkeiten zu einer Verbesserung ihrer Ausgabenverwaltung bewegt, kritisiert der Rechnungshof.

Im mehrjährigen Gemeinschaftshaushalt der EU für die Jahre 2021 bis 2027 machen die Kohäsionsausgaben mehr als ein Drittel aus: Rund 427 Milliarden Euro des insgesamt knapp 1,1 Billionen umfassenden Etats sind für die Strukturförderung vorgesehen. Im Haushalt von 2014 bis 2020 waren es rund 409 Milliarden.

Anhaltend hohe Fehlerquote

“Die Kohäsionspolitik ist ein wichtiger Ausgabenbereich der EU. Es ist aber auch der Haushaltsbereich, in dem schon seit Jahren die meisten Fehler bei den Ausgaben auftreten”, heißt es von den Prüfern. Allerdings sei die Fehlerquote kein Maß für Betrug, Ineffizienz oder Verschwendung. Sie sei eine Schätzung der Beträge, die nicht im Einklang mit den EU- und nationalen Vorschriften verwendet worden seien.

Als Hauptursachen für die Fehler nennen die Prüfer:

  • Mängel bei der Verwaltung – darunter unangemessene Entscheidungen und unwirksame Kontrollen durch die Behörden
  • fahrlässige oder vermutlich vorsätzliche Verstöße gegen Vorschriften durch die Mittelempfänger
  • Probleme bei der Auslegung der Vorschriften

Der EU sei es nicht gelungen, die anhaltend hohe Fehlerquote bei den Kohäsionsausgaben deutlich zu senken, schreiben die EU-Prüfer in ihrer Analyse. In den mehrjährigen EU-Haushaltszyklen 2007-2013 und 2014-2020 sei die bei den Kohäsionsausgaben insgesamt festgestellte Fehlerquote zwar von 6 Prozent auf 4,8 Prozent zurückgegangen, habe aber jedes Jahr über dem zulässigen Schwellenwert von 2 Prozent gelegen. 2022 erreichte sie den Angaben nach mit 6,7 Prozent einen Höchstwert. dpa

  • EU-Haushalt
  • Rechnungshof

Corona-Hilfe: Kommission prüft Milliardenpaket für Lufthansa erneut

Die EU-Kommission untersucht erneut die deutschen Corona-Staatshilfen für die Lufthansa. Es soll geklärt werden, ob die Finanzspritzen in Milliardenhöhe im Einklang mit den europäischen Regeln für Staatshilfen standen, sagte die Brüsseler Behörde am Montag. Die deutsche Airline hatte die rund sechs Milliarden Euro vom Bund während der Virus-Pandemie 2020 erhalten. Inzwischen ist das Geld zurückgezahlt.

Die EU-Kommission reagiert mit der Untersuchung auf ein Urteil des EU-Gerichtshofs vom Mai 2023. Dieser hatte die Genehmigung der Staatshilfen durch die EU annulliert und erklärt, dass es hierbei Fehler gegeben habe.

Mit dem Einbruch des Luftverkehrs durch die Corona-Beschränkungen hatten Airlines und Flughäfen 2020 große finanzielle Probleme, viele standen vor dem Aus. Die Lufthansa musste mit Staatsgeld gerettet werden. Die Billigairline und Lufthansa-Rivalin Ryanair hatte gegen die Genehmigung der Beihilfe geklagt. Der Europäische Gerichtshof gab der Ryanair-Klage statt und hob die Beihilfeentscheidung der EU-Kommission wegen Rechtsfehlern auf.

Marktmacht an Flughäfen ist Teil der Prüfung

Die deutsche Airline legte dagegen Rechtsmittel ein und hat bereits im Geschäftsbericht 2023 angegeben, sie rechne damit, “dass die Europäische Kommission wie in ähnlich gelagerten Fällen ein förmliches Prüfverfahren eröffnet”.

Die Kommission will nun in der tiefergehenden Untersuchung etwa prüfen, wie es um die Beihilfefähigkeit der Lufthansa stand. Zudem will die Brüsseler Behörde unter die Lupe nehmen, ob die Airline an anderen Flughäfen als Frankfurt und München eine deutliche Marktmacht hat, etwa in Düsseldorf oder in Wien.

“Die Deutsche Lufthansa AG hat die Stabilisierungsmaßnahmen sowie rund 92 Millionen Euro Zinsen frühzeitig vollständig zurückgezahlt”, sagte die Airline. Der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) habe im September 2022 die im Zuge der Rettungsmaßnahme erworbenen Lufthansa-Aktien mit einem Gewinn von insgesamt 760 Millionen Euro verkauft. “Die Stabilisierung war damit bereits vor dem Urteil des EuGH im letzten Jahr vollständig beendet.” rtr

  • Beihilfen
  • Europäische Kommission
  • Flugverkehr

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Standpunkt

Grüner Industrie-Deal vereint Sicherheit, Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit

Von Sabine Nallinger
Sabine Nallinger ist Vorständin der Stiftung Klimawirtschaft, einer unabhängigen CEO-Initiative für mehr unternehmerischen Klimaschutz in Deutschland.

Nach der Europawahl 2019 standen alle Zeichen in Brüssel auf Klimaschutz. Nachhaltigkeit und Transformation waren die dominierenden Themen. Von der Leyens Antwort: Der Green Deal. Fünf Jahre später scheint alles anders. Fragen zur Sicherheit, Migration und Deindustrialisierung stehen im Vordergrund. Aus Unternehmenssicht bleibt die Antwort dennoch dieselbe: Der Green Deal muss fortgesetzt und um einen grünen Industrie-Deal ergänzt werden. Ansonsten droht Europas Industrie, den Anschluss zu verlieren.

Blueprint für einen grünen Industrie-Deal

265 Milliarden US-Dollar – so viel Geld ist laut MIT 2023 in den USA in grüne Technologien geflossen. Ein Plus von rund 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr, in dem Joe Biden den Inflation Reduction Act (IRA) verabschiedete. 40 Milliarden Staatsdollar reichten dabei aus, um Privatinvestitionen in Höhe von 220 Milliarden Dollar auszulösen. Die Beschäftigungszahlen stiegen, die Wachstumsrate kletterte und die Entwicklung von Schlüsseltechnologien erhielt einen starken Push. Für die Zukunft dürfte das die Unabhängigkeit und damit auch die Resilienz und Sicherheit im Land deutlich erhöhen.

Sicherheit, Wachstum, Klimaschutz – ein Dreiklang, den sich auch Ursula von der Leyen für ihre Wiederwahl im EU-Parlament am 18. Juli wünscht. Ihrem Bündnis aus EVP, Sozialdemokraten und Liberalen muss sie dafür entgegenkommen und es mit weiteren Stimmen von den Grünen oder der EKR stärken. Die im EU-Rat abgestimmte Agenda sieht dabei einen klaren Fokus auf die Themen Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit vor. Punkte, die sich gut mit einem grünen Industrial Deal kombinieren ließen.

Günstige Energie, weniger Reporting, privates Kapital

Aus Sicht der Stiftung Klimawirtschaft muss ein grüner Industrial Deal die Umsetzung der Klimaziele in den Fokus nehmen. Das geplante Klima-Zwischenziel für 2040 spielt dabei eine wichtige Rolle, um die Richtung auf dem Weg zur Klimaneutralität vorzugeben. Oberste Priorität muss dabei der Ausbau von Erneuerbaren, Elektrolyseuren und Netzen haben. Zusammen mit einem integrierten Strommarkt und einem pragmatischen Ansatz beim Wasserstoffhochlauf (besser blau als gar nichts) könnte das die hohen Energiepreise in der EU drücken. Hilfreich für Unternehmen wäre darüber hinaus auch eine Entlastung bei Berichts- und Sorgfaltspflichten, die viele Kapazitäten binden.

Ohne Geld ist das alles jedoch nicht möglich. Schätzungen der Kommission zufolge benötigt der Umbau zur Klimaneutralität ein Investitionsplus von mehr als 620 Milliarden Euro pro Jahr. Privatkapital könnte dabei einen Großteil übernehmen, weshalb die zügige Finalisierung der europäischen Kapitalmarktunion dringend geboten ist. Gleiches gilt auch für die Einführung einer Transformationskategorie im Rahmenwerk für nachhaltige Finanzierung. Aktuell werden Investitionsziele hier nur dann als grün gelabelt, wenn sie bereits CO₂-arm sind. Um mehr Kapital für die Transformation zu mobilisieren, bräuchte es jedoch auch ein Label für Unternehmen mit CO₂-Emissionen und ambitionierten Reduktionsstrategien. Ansonsten geht die Industrie bei den grünen Kapitalgebern leer aus.

Klimaschutzverträge und grüne Leitmärkte

Geht es dagegen um Infrastrukturausgaben, wird die Transformation auch staatliche Zuschüsse benötigen. Etwa in Form von europäischen Klimaschutzverträgen, die Anschubfinanzierungen und Betriebskosten abdecken können, um grüne Technologien direkt wettbewerbsfähig zu machen. Kommen dann noch grüne Leitmärkte hinzu, die eine erwartbare Nachfrage nach sauberen Technologien aus der EU etablieren, kann sich auch in Europa eine ähnliche Dynamik wie in den USA entfalten. Wer seinen Standort fit für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts machen will, muss bei der Industrietransformation klotzen statt kleckern. Der IRA hat es vorgemacht.

Sabine Nallinger ist Vorständin der Stiftung Klimawirtschaft, einer unabhängigen CEO-Initiative für mehr unternehmerischen Klimaschutz in Deutschland.

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    heute treffen sich die EU-Industrieminister zum informellen Wettbewerbsfähigkeitsrat in Budapest zu einem Meinungsaustausch über die Zukunft der europäischen Wirtschaft. Auf der Agenda steht eine Diskussion über die Zukunft der Automobilindustrie, eine Diskussion über den European Competitiveness Deal sowie ein Gespräch zum Effekt künstlicher Intelligenz auf die europäische Wirtschaft.

    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und der französische Industrieminister Roland Lescure lassen sich vertreten und reisen nicht persönlich nach Budapest. Ihre Abwesenheit ist den Ministern nicht zu verübeln, denn der ungarischen Ratspräsidentschaft scheint nicht an konkreten Fortschritten gelegen zu sein.

    Das Rahmenprogramm, mit dem das informelle Ratstreffen gestern startete, beinhaltete ein Treffen mit der MOL Group. Der ungarische Öl- und Gas-Konzern ist eines der wenigen europäischen Großunternehmen, das sein Russlandgeschäft weiterhin betreibt. Im Aufsichtsrat der MOL Group sitzen mehrere Vertraute Viktor Orbáns, der CEO der Gruppe ist ein bekennender Gegner der Russlandsanktionen.

    Ganz im Muster von Orbáns Reisen nach Kiew, Moskau und Peking setzt die ungarische Ratspräsidentschaft also auch beim informellen Wettbewerbsfähigkeitsrat auf Provokation. “Make Europe Great Again” ist der Slogan der Ratspräsidentschaft, doch schon nach einer Woche zeigt sich, dass die EU-Politik in diesem Halbjahr alles andere als “great” aussehen wird.

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    Frankreich: Wie eine Regierung gebildet werden könnte

    Nach den Parlamentswahlen in Frankreich haben die Gespräche für eine neue Regierung begonnen. Das Linksbündnis Nouveau Front Populaire (NFP) beansprucht als Wahlsieger den Posten des Premierministers für sich und kündigt am Montag an, innerhalb einer Woche eine Kandidatin oder einen Kandidaten vorstellen zu wollen. Doch die Parteien im Bündnis stehen vor schwierigen Gesprächen: Prominente Vertreter von Sozialisten, Kommunisten und Grünen haben explizit ausgeschlossen, Jean-Luc Mélenchon, den radikalen Chef der stärksten linken Partei La France Insoumise (LFI), zum Regierungschef zu machen.

    Das Linksbündnis bräuchte zudem Partner, um eine stabile Mehrheit in der neuen Nationalversammlung zu formen. Doch: “Der Antagonismus zwischen LFI und Macrons Lager schränkt die Möglichkeit einer großen Koalition aus Linken und Mitte ein”, sagt Célia Belin, Leiterin des Paris-Büros beim European Council on Foreign Relations (ECFR).

    Selbst wenn Mélenchon an den Rand gedrängt werde, seien die inhaltlichen Schnittmengen zwischen Sozialisten und Les Républicains sehr klein, konstatiert Johannes Lindner, Co-Direktor des Jacques Delors Centre an der Berliner Hertie School. Er erwartet sehr schwierige und langwierige Gespräche – zumal die französische Politik keine Erfahrung mit Koalitionsregierungen hat.

    Die Nouveau Front Populaire hatte beim zweiten Wahlgang am Sonntag überraschend die meisten Sitze in der Nationalversammlung erobert, vor dem Bündnis “Ensemble” von Präsident Emmanuel Macron. Der rechtsextreme Rassemblement National (RN) erhielt zwar auch in der zweiten Runde die meisten Stimmen, konnte im französischen Mehrheitswahlrecht aber nur die drittmeisten Wahlkreise gewinnen. Macron bat am Montag seinen bisherigen Ministerpräsidenten Gabriel Attal, vorerst im Amt zu bleiben.

    Johannes Lindner sieht das Parteiensystem “in einem Prozess tiefgreifender Neufindung”. Die unklaren Mehrheitsverhältnisse bedeuteten zudem eine Machtverschiebung: “Das Wahlergebnis stärkt das Parlament und schwächt den Präsidenten”, sagt er. Als Ergebnis davon werde es in den kommenden Tagen und Wochen auf die Parteien ankommen, die Mehrheitsverhältnisse neu zu sortieren. “Emmanuel Macron wird dabei höchstens eine Rolle als Moderator haben, was dem Präsidenten sicherlich nicht leichtfallen dürfte.”

    Die Situation ist für Frankreich außergewöhnlich und öffnet die Tür für verschiedene Szenarien.

    Szenario 1: Eine linke Minderheitsregierung

    In Paris wird momentan über eine Minderheitsregierung diskutiert. Mit 182 Abgeordneten ist das Linksbündnis Nouveau Front Populaire (NFP) zur stärksten politischen Kraft in der Nationalversammlung geworden. Dank dieser Legitimität könnte es eine Regierung ernennen, ohne über die absolute Mehrheit in der Versammlung zu verfügen. Dies war bei den beiden ehemaligen Premierministern Élisabeth Borne und Gabriel Attal der Fall, die zwischen 2022 und 2024 nur über eine relative Mehrheit von 246 der 577 Sitze in der Versammlung verfügten.

    Eine Minderheitsregierung setzt jedoch voraus, dass die Unterstützung für Gesetzestexte von Fall zu Fall ausgehandelt werden muss. Es bedeutet auch, dass die NFP Stimmen aus Macrons Lager bräuchte. Allerdings liegen die Positionen von NFP und Macrons Regierungsbündnis teils weit auseinander. Die NFP will die Rentenreform abschaffen, die Besteuerung von “Superreichen” einführen und den Mindestlohn auf 1600 Euro netto erhöhen. Vorschläge, die das zentristische Lager des Präsidenten ablehnt. 

    Szenario 2: Minderheitsregierung Ensemble-Les Républicains

    Die Idee ist nicht neu: ein Bündnis zwischen dem Macron-Lager und der Mitte-rechts-Partei Les Républicains (LR). Dieses Bündnis würde es Ensemble ermöglichen, weiterhin die Regierungsgeschäfte zu führen, obwohl das Lager aus den Wahlen geschwächt hervorgeht: Die verbündeten Parteien haben 163 Sitze gewonnen, gegenüber 245 im Jahr 2022 und mehr als 300 Abgeordneten im Jahr 2017.

    “Das Land ist rechts. Wir müssen rechts regieren”, sagte Innenminister Gérald Darmanin, ein ehemaliger Gefolgsmann von Präsident Nicolas Sarkozy. Allerdings geht auch die LR-Partei geschwächt aus den Wahlen hervor, nachdem der Parteivorsitzende Éric Ciotti überraschend ein Bündnis mit dem Rassemblement National angekündigt hatte, was eine schwere Krise in der Partei auslöste. Womöglich sei Macron bereit, sich für Les Républicains und andere kleine rechte Gruppen zu öffnen, die zusammen etwas mehr als 60 Sitze erhalten haben, analysiert Célia Belin. Das würde nicht für eine absolute Mehrheit reichen, könnte aber die Bildung einer Mitte-Rechts-Minderheitsregierung ermöglichen.

    Eines ist in Bezug auf beide Szenarien aber sicher: Ohne eine klare Mehrheit müsste eine Minderheitsregierung mit der Gefahr eines Misstrauensvotums in der Nationalversammlung leben, der sogenannten “motion de censure”.

    Szenario 3: Eine Experten-Regierung

    Wenn die Situation politisch festgefahren sei, könnte eine technische Regierung ernannt werden, sagte Benjamin Morel, Professor für öffentliches Recht an der Universite Paris II dem Radiosender France Info. Diese würde aus Experten und Persönlichkeiten ohne politische Ausrichtung zusammengesetzt, um die Amtsgeschäfte zu führen. Eine solche Regierung könne auch einige Reformen mit spezifischer Unterstützung der verschiedenen Blöcke in der Nationalversammlung umsetzen.

    Dieses Konzept wäre für Frankreich aber neu. Zwar standen Techniker an der Spitze von Regierungen wie Raymond Barre im Jahr 1976 oder Jean Castex im Jahr 2020. Aber diese beiden Persönlichkeiten hatten ein politisches Mandat und eine Mehrheit in der Nationalversammlung.

    Szenario 4: Eine institutionelle Krise

    Aber selbst eine technische Regierung wäre immer noch von einem Misstrauensantrag bedroht, der von der Nouveau Front Populaire, Les Républicains oder dem Rassemblement National eingebracht werden könnte. Abgesehen von der kurzfristigen Erleichterung über die Niederlage der extremen Rechten eröffnen diese Wahlen neue Ungewissheit und Instabilität, sagt Camille Lons vom ECFR: Die Parteien würden gezwungen, Koalitionen einzugehen und Zugeständnisse zu machen – “etwas, das in der französischen politischen Kultur normalerweise nicht vorgesehen ist”.

    Wenn keines der vorherigen Szenarien funktioniert, würde Frankreich also in eine tiefe institutionelle Krise geraten, da Macron die Nationalversammlung nicht vor Juli 2025 auflösen könnte. Ein solches Szenario hat es seit der Gründung der Fünften Republik noch nie gegeben. 

    Chaos schmälert Einfluss in der EU

    In Berlin und anderen europäischen Hauptstädten wurde erleichtert aufgenommen, dass ein Sieg des EU-kritischen RN in Paris ausgeblieben ist. “Es ist eine gute Nachricht für Europa, dass proeuropäische Kräfte eine Mehrheit im französischen Parlament haben”, sagte die Europastaatsministerin im Auswärtigen Amt, Anna Lührmann (Grüne).

    Experten gehen davon aus, dass die französische Europapolitik weitgehend ihren Kurs hält. Auch in der Außen- und Sicherheitspolitik sind keine scharfen Kurswechsel zu erwarten, da Macron als Staatspräsident hier die Prärogative hat. “Die französische Politik wird jedoch weiterhin gespalten und schwer zu steuern sein, was Frankreichs Einfluss auf der europäischen und internationalen Bühne schmälern wird”, sagt Célia Belin.

    Berlin soll Schwäche nicht ausnutzen

    Johannes Lindner vom Jacques Delors Centre warnt die Bundesregierung aber davor, nun kurzfristige Vorteile zu suchen: “Deutschland sollte in dieser schwierigen Situation in das Verhältnis zu Frankreich weiter investieren und der möglichen Versuchung widerstehen, die Schwäche auszunutzen.” So solle Berlin die EU-Kommission etwa darin bestärken, einen mutigen Vorschlag für den Mehrjährigen Finanzrahmen vorzulegen, der im Sommer 2025 ansteht.

    Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung hält es angesichts der gestärkten Extreme in Frankreich aber für unrealistisch, dass die Bundesregierung eine ambitionierte Ausdehnung des EU-Haushalts oder ein neues EU-Schuldenprogramm mitträgt. “Es ist kaum denkbar, dass eine deutsche Bundesregierung die Finanzpolitik eines in den Fiskal-Populismus abdriftenden Frankreichs über noch höhere deutsche EU-Garantien absichern würde, ohne vom Wähler abgestraft zu werden.”

    In der Industrie wird zudem befürchtet, dass eine linksgerichtete französische Regierung weitere Handelshürden errichten könnte. Eine weitere Integration des EU-Binnenmarktes oder gar die Verabschiedung von neuen Handelsabkommen würden voraussichtlich schwierig, warnt Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauverbandes VDMA. Kanzler Olaf Scholz hatte zuletzt die mangelnden Fortschritte bei Handelsabkommen etwa mit den Mercosur-Staaten kritisiert, wo bereits Macron massiv bremste.

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    Neue Fraktion der Rechtsradikalen mit 84 Sitzen drittstärkste Kraft

    Die am Montag gegründete Fraktion der Rechtsaußen, “Patrioten für Europa”, startet mit 84 Sitzen in die Wahlperiode. Sie ist damit die drittstärkste Fraktion im Europaparlament und hat die konservative EKR-Fraktion überholt. Diese hat nach jetzigem Stand 78 Sitze und damit zwei mehr als die liberale Renew.

    In der neuen Fraktion der “Patrioten für Europa” ist die bisherige rechtsradikale ID-Fraktion aufgegangen. Mit folgenden Delegationen:

    • der Rassemblement National von Marine Le Pen stellt mit 30 Abgeordneten die größte Delegation
    • die italienische Lega ist mit acht Abgeordneten dabei
    • die österreichische FPÖ sowie die niederländische PVV von Geert Wilders mit jeweils sechs Sitzen
    • der belgische Vlaams Belang mit drei Sitzen
    • die Dänische Volkspartei mit einem Sitz

    Darüber hinaus haben sich angeschlossen:

    • elf Abgeordnete der bislang fraktionslosen ungarischen Fidesz-Delegation
    • sieben Abgeordnete der tschechischen Ano (bislang Renew)
    • sechs Abgeordnete der spanischen Vox (bislang EKR)
    • jeweils zwei Abgeordnete der tschechischen Oath and Motorists sowie der portugiesischen Chega
    • je ein Abgeordneter der griechischen Voice of Reason und der lettischen Latvia First

    Fraktionschef wird Jordan Bardella vom Rassemblement National, der bereits die ID-Fraktion geleitet hat. Die Fraktion hat Abgeordnete aus zwölf Mitgliedstaaten. Die Voraussetzungen, um eine Fraktion zu bilden, sind damit erfüllt: 23 Abgeordnete, die aus mindestens sieben Mitgliedstaaten kommen. Nicht zur neuen Fraktion gehören die 16 Abgeordneten der deutschen AfD-Delegation. Sie können daher auch nicht die Privilegien des Fraktionsstatus in Anspruch nehmen.

    Für die “Patrioten” gilt der Cordon sanitaire

    Auch für die neue Rechtsaußenfraktion soll der Cordon sanitaire gelten, der bislang die ID-Abgeordneten vom Zugang zu wichtigen Posten im Parlament ausschloss. Der Cordon sanitaire gilt nicht unmittelbar auch für die Abgeordneten der EKR. Die proeuropäischen Fraktionen EVP, S&D, Renew und Grüne wollen sich aber die EKR-Kandidaten für Ausschussvorsitze und Vize-Präsidenten sehr genau ansehen und keine EU-Gegner in verantwortungsvolle Ämter wählen.

    Die Ausschussvorsitze und Vizepräsidentenämter, die nicht an die “Patrioten für Europa” und gegebenenfalls EKR gehen, werden dann auf die proeuropäischen Gruppen verteilt. Wie genau, darüber verhandeln EVP, S&D, Renew und Grüne derzeit in ihren interfraktionellen Gesprächen über eine Zusammenarbeit in der neuen Legislatur, die noch mindestens diese Woche in Anspruch nehmen dürften.

    Eigentlich hätte bereits am vergangenen Donnerstag geklärt werden sollen, welche Fraktion nach dem D’Hondt-Schlüssel welche Ausschüsse ziehen soll. Der Fahrplan wurde aber durch die verspätete Neuordnung des Rechtsaußen-Lagers durcheinandergewirbelt. Nach dem Schlüssel stehen etwa den Sozialdemokraten als zweitgrößter Gruppe fünf Ausschussvorsitze zu. Wie diese wiederum unter den Delegationen aufgeteilt werden, wird in der S&D noch intensiv verhandelt. Daher ist etwa weiter unklar, ob Bernd Lange Vorsitzender des Handelsausschusses bleibt.

    • Europäisches Parlament
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    Orbán in Peking: Wie eine “Friedensmission” die EU brüskiert

    Viktor Orbán ist auf einer “Friedensmission 3.0”. So nennt Ungarns Ministerpräsident seine Reise nach China am Montag. In Peking traf er Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping, um über den Krieg in der Ukraine zu sprechen. Vor seiner China-Reise war Orbán in Kiew und Moskau. Erst vor wenigen Tagen hat Budapest die rotierende EU-Ratspräsidentschaft übernommen.

    Und so scheint es, als würde Viktor Orbán alles richtig machen: Gespräche führen mit den direkten Kriegsparteien, dazu mit Russlands wichtigstem Verbündeten China. Aber Orbáns China-Reise offenbart vor allem drei grundlegende Probleme:

    • Orbán geht Xi (und Putin) bereitwillig auf dem Leim
    • Peking unterstützt Moskau und will den Westen spalten
    • Orbán ist Chinas williger Helfer in der EU

    Entsprechend gibt es von Orbáns Reisediplomatie auch keine konkreten Vorschläge. Vielmehr zündete Xi lediglich rhetorische Nebelkerzen. So hat sich Chinas Partei- und Staatschef am Montag abermals für einen Waffenstillstand mit anschließenden Verhandlungen ausgesprochen. Die Lage in der Ukraine müsse so weit wie möglich abgekühlt werden. Wie genau dies geschehen soll oder welche Schritte Peking selbst unternehmen könnte, sagte Xi nicht. Sein Rezept: Es brauche “positive Energie”.

    Propaganda statt Frieden

    Dabei ist Orbáns Analyse richtig. “Die Zahl der Länder, die mit beiden Kriegsparteien reden können, nimmt ab”, sagt er. “Ungarn wird langsam zum einzigen Land in Europa, das mit allen reden kann.” Zusätzlich zur Ukraine und Russland muss auch China als wichtigster Partner von Machthaber Wladimir Putin mit einbezogen werden. Da erscheint es sinnvoll, auch mit Peking das Gespräch zu suchen.

    Doch schon in Russland wurde klar, dass es in Moskau wie in Peking weniger um Frieden und mehr um Propaganda geht. So deutete es Wladimir Putin: Orbán sei als Spitzenvertreter des Rates der Europäischen Union nach Moskau gekommen. In Peking ein ähnliches Bild. Dort wird erst gar nicht von Krieg gesprochen, sondern nach wie vor von einer Krise in der Ukraine – eine Wortwahl, die abermals zeigt, wie Peking wirklich denkt über den brutalen russischen Angriffskrieg. Auf der chinesischen Seite von CCTV zeigt sich ein deutlich anderer Schwerpunkt der Gespräche: die hervorragenden chinesisch-ungarischen Beziehungen.

    Große Irritation nach nur sieben Tagen Ratspräsidentschaft

    In den Hauptstädten Europas wachse die Sorge angesichts Orbáns selbst deklarierter Rolle als “Friedensvermittler”, sagen Diplomaten in Brüssel. Es müsse klar sein, dass der Regierungschef dabei nur sein eigenes Land vertrete und nicht die EU. Orbán habe absichtlich Ambiguität entstehen lassen, indem er bei seinen Reisen zum Beispiel das Logo von Ungarns EU-Ratsvorsitz verwendet habe.

    Laut Diplomaten wird erwartet, dass die EU-Botschafter bei ihren regulären nächsten Treffen am Mittwoch von Ungarns Vertreter Klarheit einfordern. Ungarns Botschafter werde wohl seine Kollegen über die Reisen des Regierungschefs informieren wollen. Verschiedene Mitgliedstaaten seien aber mehr daran interessiert, über die Rolle von Ungarns Präsidentschaft grundsätzlich zu diskutieren. 

    Auch Pläne, Budapest den Ratsvorsitz wegzunehmen, würden wieder aus den Schubladen geholt, sagen die Diplomaten. Doch dieser Plan dient eher als Drohkulisse, die Wahrscheinlichkeit einer Umsetzung sei gering. Nach nur sieben Tagen unter ungarischer EU-Präsidentschaft sei die Irritation aber groß. Orbáns Reisen seien unvorbereitet und nicht abgesprochen.

    Reise der Kommission nach Budapest steht “ernsthaft infrage”

    Unter EU-Botschaftern wird auch das Treffen der Außenminister am 22. Juli vorbereitet. Bis dahin werde die Spannung weiter steigen, Orbáns “Friedensdiplomatie” sicher ein Thema sein. Auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Ungarn nach wie vor im Alleingang sieben Milliarden Euro aus der Friedensfazilität blockiere. Alle anderen 26 Mitgliedstaaten seien an Bord. Manche fragten sich, wo Orbán nach Kiew, Moskau und Peking noch auftauchen werde. 

    Charles Michel und Ursula von der Leyen hatten beide Orbáns Trip nach Moskau kritisiert. Ungarns Regierungschef habe kein Mandat, sagte der Ratspräsident. Appeasement werde Wladimir Putin nicht stoppen, sagte die Kommissionschefin. Vergangene Woche hatte bereits die traditionelle Reise der Kommission in die Hauptstadt der Ratspräsidentschaft nicht stattgefunden und war stattdessen für Herbst angekündigt worden. Die jüngste Entwicklung stelle den Besuch der Kommission im Herbst in Budapest “ernsthaft infrage”, sagte ein Sprecher am Montag.

    Chinas Unterstützung der russischen Invasion

    Doch wie steht es um Chinas Friedensbemühungen in der Ukraine? Eher mau. Offiziell gibt sich China zwar neutral. Aber chinesische Zolldaten, amerikanische Geheimdienstinformationen und Funde auf den Schlachtfeldern in der Ukraine zeigen, wie sehr China die russische Kriegsmaschinerie unterstützt.

    Statt Frieden verfolgt Peking ein viel größeres Ziel: die Spaltung des Westens. Und so ist es kein Zufall, dass sich Orbán und Xi just einen Tag vor dem anstehenden Nato-Gipfel in Washington treffen. Denn dort werden US-Präsident Joe Biden und die andere Staats- und Regierungschefs wahrscheinlich weitere Unterstützung für die Ukraine beschließen. Und: Die Nato plane in ihrem Gipfelkommuniqué, China für seine Unterstützung der russischen Invasion in der Ukraine zu kritisieren, heißt es in Diplomatenkreisen.

    Budapest steht fest an Pekings Seite

    Xi sagte am Montag in Peking: Es ist zu hoffen, dass Ungarn während seiner Ratspräsidentschaft eine positive Rolle bei der Förderung der Beziehungen zwischen China und der EU spielen wird. Denn Orbán hat sein Land zu einem chinesischen Aktivposten innerhalb der EU geformt, den Peking mehr denn je benötigt. Während Brüssel auf De-Risking setzt, steht Budapest fest an Pekings Seite.

    Es ist Ungarn, das immer wieder gegen EU-Vorschläge sein Veto einlegt, in denen China wegen Menschenrechtsverletzungen oder in Bezug auf Hongkong oder Taiwan verurteilt wurde. Einer Recherche des Budapester Online-Portals “Valasz Online” zufolge kamen in den vergangenen sechs Jahren etwa 60 Prozent der Vetos im Zusammenhang mit Russland oder China aus Ungarn. Vor diesem Hintergrund erscheint Orbáns Friedensmission 3.0 in einem anderen Licht.

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    Termine

    10.07-11.07.2024, online
    DGAP, Conference Nato Public Forum 2024
    The German Council on Foreign Relations (DGAP) promotes a better public understanding of the alliance’s policies and goals and the decisions to be adopted at the Nato summit. INFOS & REGISTRATION

    10.07.2024 – 09:00-10:00 Uhr, online
    TÜV, Seminar Wie hilft mir KI, meine CSRD-Berichtspflicht mit schon vorhandenen Systemen (bspw. ISO 9001) umzusetzen?
    Der TÜV informiert darüber, wie Synergien im Unternehmen entstehen und auf welchen Daten das neue Nachhaltigkeits-Reporting effizient aufgebaut werden kann. INFOS & ANMELDUNG

    10.07.2024 – 13:30-14:45 Uhr, online
    Hydrogen Europe, Seminar Reaching 2030 – EU mandate to deliver on climate ambition
    Hydrogen Europe aims to explore with re-elected MEPs active on industrial and energy policy how the new political landscape in Europe would affect the climate ambitions and legislative work in the period leading up to 2030. INFOS & REGISTRATION

    News

    Rechnungshof: Zu wenig Kontrollen von Kohäsionsmitteln

    Die Verwendung der umfangreichen EU-Gelder zur Förderung strukturschwacher Regionen wird nach Ansicht des Europäischen Rechnungshofs nicht ausreichend kontrolliert. Die Ausgabenprüfung der EU-Kommission und der EU-Länder bei den sogenannten Kohäsionsmitteln sei nicht scharf genug, bemängelt der EU-Rechnungshof in einer Analyse. Mit den Mitteln soll wirtschaftlich schwach entwickelten Regionen beim Wachstum geholfen werden, um ökonomische und soziale Unterschiede auszugleichen. Sie sind einer der größten Posten im Gemeinschaftsetat der EU. 

    Die Kontrollen der Europäischen Kommission wie auch der EU-Länder seien auf allen Ebenen unzureichend. Die Behörden der EU-Länder könnten laut Einschätzung der Prüfer mehr Fehler aufdecken und verhindern. Die Kommission selbst habe das Ausmaß der Fehler zu niedrig eingeschätzt und gleichzeitig die Länder nicht entsprechend ihrer Möglichkeiten zu einer Verbesserung ihrer Ausgabenverwaltung bewegt, kritisiert der Rechnungshof.

    Im mehrjährigen Gemeinschaftshaushalt der EU für die Jahre 2021 bis 2027 machen die Kohäsionsausgaben mehr als ein Drittel aus: Rund 427 Milliarden Euro des insgesamt knapp 1,1 Billionen umfassenden Etats sind für die Strukturförderung vorgesehen. Im Haushalt von 2014 bis 2020 waren es rund 409 Milliarden.

    Anhaltend hohe Fehlerquote

    “Die Kohäsionspolitik ist ein wichtiger Ausgabenbereich der EU. Es ist aber auch der Haushaltsbereich, in dem schon seit Jahren die meisten Fehler bei den Ausgaben auftreten”, heißt es von den Prüfern. Allerdings sei die Fehlerquote kein Maß für Betrug, Ineffizienz oder Verschwendung. Sie sei eine Schätzung der Beträge, die nicht im Einklang mit den EU- und nationalen Vorschriften verwendet worden seien.

    Als Hauptursachen für die Fehler nennen die Prüfer:

    • Mängel bei der Verwaltung – darunter unangemessene Entscheidungen und unwirksame Kontrollen durch die Behörden
    • fahrlässige oder vermutlich vorsätzliche Verstöße gegen Vorschriften durch die Mittelempfänger
    • Probleme bei der Auslegung der Vorschriften

    Der EU sei es nicht gelungen, die anhaltend hohe Fehlerquote bei den Kohäsionsausgaben deutlich zu senken, schreiben die EU-Prüfer in ihrer Analyse. In den mehrjährigen EU-Haushaltszyklen 2007-2013 und 2014-2020 sei die bei den Kohäsionsausgaben insgesamt festgestellte Fehlerquote zwar von 6 Prozent auf 4,8 Prozent zurückgegangen, habe aber jedes Jahr über dem zulässigen Schwellenwert von 2 Prozent gelegen. 2022 erreichte sie den Angaben nach mit 6,7 Prozent einen Höchstwert. dpa

    • EU-Haushalt
    • Rechnungshof

    Corona-Hilfe: Kommission prüft Milliardenpaket für Lufthansa erneut

    Die EU-Kommission untersucht erneut die deutschen Corona-Staatshilfen für die Lufthansa. Es soll geklärt werden, ob die Finanzspritzen in Milliardenhöhe im Einklang mit den europäischen Regeln für Staatshilfen standen, sagte die Brüsseler Behörde am Montag. Die deutsche Airline hatte die rund sechs Milliarden Euro vom Bund während der Virus-Pandemie 2020 erhalten. Inzwischen ist das Geld zurückgezahlt.

    Die EU-Kommission reagiert mit der Untersuchung auf ein Urteil des EU-Gerichtshofs vom Mai 2023. Dieser hatte die Genehmigung der Staatshilfen durch die EU annulliert und erklärt, dass es hierbei Fehler gegeben habe.

    Mit dem Einbruch des Luftverkehrs durch die Corona-Beschränkungen hatten Airlines und Flughäfen 2020 große finanzielle Probleme, viele standen vor dem Aus. Die Lufthansa musste mit Staatsgeld gerettet werden. Die Billigairline und Lufthansa-Rivalin Ryanair hatte gegen die Genehmigung der Beihilfe geklagt. Der Europäische Gerichtshof gab der Ryanair-Klage statt und hob die Beihilfeentscheidung der EU-Kommission wegen Rechtsfehlern auf.

    Marktmacht an Flughäfen ist Teil der Prüfung

    Die deutsche Airline legte dagegen Rechtsmittel ein und hat bereits im Geschäftsbericht 2023 angegeben, sie rechne damit, “dass die Europäische Kommission wie in ähnlich gelagerten Fällen ein förmliches Prüfverfahren eröffnet”.

    Die Kommission will nun in der tiefergehenden Untersuchung etwa prüfen, wie es um die Beihilfefähigkeit der Lufthansa stand. Zudem will die Brüsseler Behörde unter die Lupe nehmen, ob die Airline an anderen Flughäfen als Frankfurt und München eine deutliche Marktmacht hat, etwa in Düsseldorf oder in Wien.

    “Die Deutsche Lufthansa AG hat die Stabilisierungsmaßnahmen sowie rund 92 Millionen Euro Zinsen frühzeitig vollständig zurückgezahlt”, sagte die Airline. Der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) habe im September 2022 die im Zuge der Rettungsmaßnahme erworbenen Lufthansa-Aktien mit einem Gewinn von insgesamt 760 Millionen Euro verkauft. “Die Stabilisierung war damit bereits vor dem Urteil des EuGH im letzten Jahr vollständig beendet.” rtr

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    • Europäische Kommission
    • Flugverkehr

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    Regierungsbildung in Frankreich: Gewinnen heißt nicht gleich regieren ZEIT
    Frankreichs Linke will regieren – doch wahrscheinlicher ist eine Blockade HANDELSBLATT
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    Standpunkt

    Grüner Industrie-Deal vereint Sicherheit, Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit

    Von Sabine Nallinger
    Sabine Nallinger ist Vorständin der Stiftung Klimawirtschaft, einer unabhängigen CEO-Initiative für mehr unternehmerischen Klimaschutz in Deutschland.

    Nach der Europawahl 2019 standen alle Zeichen in Brüssel auf Klimaschutz. Nachhaltigkeit und Transformation waren die dominierenden Themen. Von der Leyens Antwort: Der Green Deal. Fünf Jahre später scheint alles anders. Fragen zur Sicherheit, Migration und Deindustrialisierung stehen im Vordergrund. Aus Unternehmenssicht bleibt die Antwort dennoch dieselbe: Der Green Deal muss fortgesetzt und um einen grünen Industrie-Deal ergänzt werden. Ansonsten droht Europas Industrie, den Anschluss zu verlieren.

    Blueprint für einen grünen Industrie-Deal

    265 Milliarden US-Dollar – so viel Geld ist laut MIT 2023 in den USA in grüne Technologien geflossen. Ein Plus von rund 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr, in dem Joe Biden den Inflation Reduction Act (IRA) verabschiedete. 40 Milliarden Staatsdollar reichten dabei aus, um Privatinvestitionen in Höhe von 220 Milliarden Dollar auszulösen. Die Beschäftigungszahlen stiegen, die Wachstumsrate kletterte und die Entwicklung von Schlüsseltechnologien erhielt einen starken Push. Für die Zukunft dürfte das die Unabhängigkeit und damit auch die Resilienz und Sicherheit im Land deutlich erhöhen.

    Sicherheit, Wachstum, Klimaschutz – ein Dreiklang, den sich auch Ursula von der Leyen für ihre Wiederwahl im EU-Parlament am 18. Juli wünscht. Ihrem Bündnis aus EVP, Sozialdemokraten und Liberalen muss sie dafür entgegenkommen und es mit weiteren Stimmen von den Grünen oder der EKR stärken. Die im EU-Rat abgestimmte Agenda sieht dabei einen klaren Fokus auf die Themen Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit vor. Punkte, die sich gut mit einem grünen Industrial Deal kombinieren ließen.

    Günstige Energie, weniger Reporting, privates Kapital

    Aus Sicht der Stiftung Klimawirtschaft muss ein grüner Industrial Deal die Umsetzung der Klimaziele in den Fokus nehmen. Das geplante Klima-Zwischenziel für 2040 spielt dabei eine wichtige Rolle, um die Richtung auf dem Weg zur Klimaneutralität vorzugeben. Oberste Priorität muss dabei der Ausbau von Erneuerbaren, Elektrolyseuren und Netzen haben. Zusammen mit einem integrierten Strommarkt und einem pragmatischen Ansatz beim Wasserstoffhochlauf (besser blau als gar nichts) könnte das die hohen Energiepreise in der EU drücken. Hilfreich für Unternehmen wäre darüber hinaus auch eine Entlastung bei Berichts- und Sorgfaltspflichten, die viele Kapazitäten binden.

    Ohne Geld ist das alles jedoch nicht möglich. Schätzungen der Kommission zufolge benötigt der Umbau zur Klimaneutralität ein Investitionsplus von mehr als 620 Milliarden Euro pro Jahr. Privatkapital könnte dabei einen Großteil übernehmen, weshalb die zügige Finalisierung der europäischen Kapitalmarktunion dringend geboten ist. Gleiches gilt auch für die Einführung einer Transformationskategorie im Rahmenwerk für nachhaltige Finanzierung. Aktuell werden Investitionsziele hier nur dann als grün gelabelt, wenn sie bereits CO₂-arm sind. Um mehr Kapital für die Transformation zu mobilisieren, bräuchte es jedoch auch ein Label für Unternehmen mit CO₂-Emissionen und ambitionierten Reduktionsstrategien. Ansonsten geht die Industrie bei den grünen Kapitalgebern leer aus.

    Klimaschutzverträge und grüne Leitmärkte

    Geht es dagegen um Infrastrukturausgaben, wird die Transformation auch staatliche Zuschüsse benötigen. Etwa in Form von europäischen Klimaschutzverträgen, die Anschubfinanzierungen und Betriebskosten abdecken können, um grüne Technologien direkt wettbewerbsfähig zu machen. Kommen dann noch grüne Leitmärkte hinzu, die eine erwartbare Nachfrage nach sauberen Technologien aus der EU etablieren, kann sich auch in Europa eine ähnliche Dynamik wie in den USA entfalten. Wer seinen Standort fit für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts machen will, muss bei der Industrietransformation klotzen statt kleckern. Der IRA hat es vorgemacht.

    Sabine Nallinger ist Vorständin der Stiftung Klimawirtschaft, einer unabhängigen CEO-Initiative für mehr unternehmerischen Klimaschutz in Deutschland.

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