CDU-Chef Friedrich Merz drängt Kanzler Olaf Scholz, umgehend die Vertrauensfrage zu stellen. In der Führung der Unionsfraktion wird unter anderem argumentiert, ansonsten könne die rot-grüne Minderheitsregierung international und in Brüssel Pflöcke einschlagen, für die ihr die demokratische Legitimation fehle. Um ihnen auf die Finger zu schauen, wolle man die Minister von SPD und Grünen vor EU-Ratssitzungen in die Fachausschüsse des Bundestags laden, heißt es bei CDU/CSU.
Rechtlich betrachtet macht es aber keinen Unterschied, wenn die Regierung Scholz nach verlorener Vertrauensfrage nur noch geschäftsführend im Amt ist. Formell könne die Bundesregierung auch dann “das Stimmrecht für Deutschland in den EU-Gremien regulär ausüben”, sagt Nicolai von Ondarza, EU-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik. Hinzu kommt, dass in den nächsten Wochen kaum Abstimmungen auf EU-Ebene anstehen: Die neue Kommission von Ursula von der Leyen wird voraussichtlich am 1. Dezember ihr Amt antreten, die Gesetzgebungsmaschinerie im Rat wohl erst im Januar und Februar richtig anlaufen.
Allerdings: Die Wahl von Donald Trump dürfte die Dringlichkeit von politischen Entscheidungen, etwa zum Ukraine-Krieg, erhöhen. Hier werde sowohl der Verhandlungsspielraum als auch das politische Gewicht eines geschäftsführenden Bundeskanzlers deutlich eingeschränkt sein, sagt Ondarza. Scholz’ Autorität hat aber ohnehin gelitten. Ein Indiz: Polens Ministerpräsident Donald Tusk lädt Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron, den britischen Regierungschef Keir Starmer und Nato-Generalsekretär Mark Rutte zu Gesprächen über das Vorgehen im Ukraine-Krieg nach dem Trump-Sieg ein – nicht aber den Kanzler.
Die EU-Partner haben großes Interesse daran, dass der wichtigste Mitgliedstaat schnell wieder eine voll arbeitsfähige Regierung hat. Daniel Caspary, der Vorsitzende der CDU/CSU-Abgeordneten im Europaparlament, drängt: Es wäre gut, “wenn Deutschland endlich eine neue Regierung hätte, die sich auch in Europa einbringen kann und nicht nur in Deutschland mit der Abwicklung beschäftigt ist”.
Die EU wird in diesem Jahr wohl hinter ihren Zielen für grünen Wasserstoff aus der Wasserstoffstrategie zurückbleiben. Es würden weniger als die geplanten sechs Gigawatt an neuen Elektrolyseuren in der EU errichtet, sagte der scheidende Chef der Renewable Hydrogen Coalition, Ulrik Stridbæk von Ørsted, vergangene Woche beim jährlichen Gipfel des Verbands in Brüssel.
Für die EU gebe es nun drei Prioritäten, sagte sein Co-Vorsitzender Håkon Volldal, CEO des Elektrolyseherstellers Nel Hydrogen:
Der Erneuerbaren-Zubau bleibe immer noch hinter den Zielen zurück, weshalb die Strompreise nicht so stark sänken wie vorhergesagt, sagte Arthur Daemers von der Renewable Hydrogen Coalition. Der stockende Netzausbau verschärfe die Lage. “Mich fragen viele Projektierer, wo im Land sie zwei Gigawatt Netzanschlusskapazität finden”, berichtete die portugiesische Energiestaatssekretärin Maria João Pereira. “Ich muss ihnen dann sagen: nirgendwo!”
Dabei haben gerade Portugal und Spanien besonders niedrige Erzeugungskosten für grünen Wasserstoff. In der ersten Ausschreibungsrunde der Europäischen Wasserstoffbank ging der Löwenanteil der Zuschläge an die beiden Länder.
Beim Design der Ausschreibungskriterien hat die Kommission nach Ansicht der Branche Potenzial verschenkt, weil fortgeschrittene Projekte faktisch ausgeschlossen wurden. “Manche Projekte haben sich frühzeitig Fördergelder aus anderen Töpfen gesichert. Das reicht aber nicht aus, um die Kostenlücke zu schließen”, sagte Ana Quelhas, neue Verbandsvorsitzende der Renewable Hydrogen Coalition und Managerin beim portugiesische Energieversorger EDP. Wegen des Akkumulierungsverbots der Wasserstoffbank hätten sie nun keine Chance auf eine noch fehlende, ergänzende Förderung. Die Kommission müsse das ändern, fordert die Wasserstoff-Koalition.
An mangelnder Nachfrage – wie zuletzt häufig kolportiert – scheiterten die Projekte jedenfalls nicht, sagte Quelhas. Eine vage Aussicht auf mehr Fördergelder brachte die EU-Abgeordnete Tsvetelina Penkova (S&D) mit: “Die Ressourcen sind da. Wir müssen dafür sorgen, dass sie dort ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht werden.” Ungehobene Schätze für saubere Industrien sehen Haushaltsexperten noch im auslaufenden Recovery and Resilience Fund und im nächsten EU-Haushalt ab 2028 durch die Nutzung der gewaltigen Kohäsions- und Strukturmittel.
Einen Bremsklotz für den Aufbau der Wasserstoff-Wirtschaft sieht der Verband auch in den immer wieder auflodernden Zweifeln am Auslaufen der freien Zertifikatezuteilung im Emissionshandel. Ausgerechnet die größten Nachfrager nach Wasserstoff erhalten derzeit noch freie Emissionsberechtigungen, mit der Einführung des CBAM soll diese Praxis 2034 enden – sofern die EU bei ihren Beschlüssen bleibt.
Regulatorische Unsicherheiten erkennt der Analysedienst BNEF aber auch in den USA. Die Steuergutschriften aus dem IRA seien immer noch nicht implementiert, sagte Analyst Martin Tengler. Die aktuelle Regierungskrise in Deutschland bezeichnete Joachim Lind Koefoed von Copenhagen Infrastructure Partners als großen Unsicherheitsfaktor gerade auch für Wasserstoffunternehmen: “Alle von uns haben Projekte in Deutschland, mit deutscher Beteiligung oder sind auf Zulieferer von dort angewiesen. Wird die neue Regierung eine andere Politik verfolgen?”, sagte er an die Teilnehmer gerichtet.
Auf der Kostenseite nennt BNEF wiederum nicht nur den schleppenden Erneuerbaren-Ausbau und die allgemeine Inflation als Hürde, sondern auch Netzentgelte und die Kosten für langfristige Strombezugsverträge. “PPAs können sehr teuer sein”, sagt Tengler über den vermeintlichen Königsweg zu günstigem Grünstrom.
Ein Grund für die jüngsten Absagen ist nach Ansicht von Tengler auch mangelnde Erfahrung: “Entwickler und Analysten beginnen zu verstehen, dass Projekte aus mehr bestehen als Elektrolyse-Stacks und Verflüssigungstechnik.” Beschafft und bezahlt werden müssten auch Transformatoren, Kabel, Kompressoren und andere knappe Komponenten.
Der BNEF-Experte sieht aber auch Grund zur Hoffnung. Die Kosten könnten bis 2050 um die Hälfte fallen und die EU-Ziele für grünen Wasserstoff für 2030 seien immer noch erreichbar – auch wenn Unternehmen in Westeuropa wohl schleppende Nachfrage aus dem Osten überkompensieren müssten. Von allen verbindlichen Abnahmeverträgen für grünen Wasserstoff weltweit entfalle derzeit die Hälfte auf Unternehmen aus der EU.
13.11.-14.11.2024, Berlin
DIHK European Conference 2024 – Biodiversity in Food Supply Chains
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) diskutiert, wie die biologische Vielfalt besser geschützt und der Biodiversitätsverlust gestoppt werden kann. INFOS & ANMELDUNG
13.11.2024 – 10:00-11:30 Uhr, online
FSR, Discussion The Clean Industrial Deal: Evolution or Transformation?
The Florence School of Regulation (FSR) seeks to answer what a Clean Industrial Deal strategy looks like. INFOS & REGISTRATION
13.11.2024 – 10:30-12:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
HBS, Presentation Launch of the Soil Atlas 2024
The Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) explores the alarming consequences of global soil degradation from both European and international perspectives. INFOS & REGISTRATION
13.11.2024 – 11:30-18:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
EconPol, Discussion EU Policy Priorities – How to Secure Europe’s Competitiveness and Prosperity
The European Network for Economic and Fiscal Policy Research (EconPol) discusses key challenges in the international policy arena. INFOS & REGISTRATION
13.11.2024 – 18:00-19:30 Uhr, Berlin
KAS, Vortrag Subsahara-Afrika in der Schuldenfalle?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) beschäftigt sich mit dem Schuldenniveau der afrikanischen Staaten. INFOS & ANMELDUNG
14.11.2024 – 10:00-13:30 Uhr, online
ZIA, Seminar Sustainable Finance
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) stellt die Grundlagen und Praxishinweise zu Sustainable Finance vor. INFOS & ANMELDUNG
14.11.2024 – 12:30-13:45 Uhr, Brüssel (Belgien)
Euractiv, Discussion Ensuring Resilience in the European Energy Transition
Euractiv discusses the strategic use of renewable and low-carbon gases. INFOS & REGISTRATION
14.11.2024 – 14:00-19:15 Uhr, Berlin
FSR, Discussion Effective Remedies: EU Competition Law v. Sector Regulation of Digital Platform
The Florence School of Regulation (FSR) discusses the latest advancements in EU competition law and digital platform regulation. INFOS & REGISTRATION
14.11.2024 – 18:00-19:30 Uhr
DGAP, Vortrag Strategic Thinking and Strategic Studies
The German Council on Foreign Relations (DGAP) discusses geo-economic tensions, ongoing conflicts and increasing interdependence of internal and external security INFOS & REGISTRATION
Die Koordinatoren des Umwelt- und Agrarausschusses haben keine Einigung über den designierten Kommissar für Gesundheit und Tierwohl, Olivér Várhelyi, erzielt. Zu einer Entscheidung wollen die Abgeordneten nun möglichst am Mittwoch kommen.
Der Ungar hatte nach seiner Anhörung vergangenen Mittwoch weitere Fragen beantworten müssen, über welche die Koordinatoren am Montag berieten. Die S&D lehnt Várhelyi mit dem jetzigen Zuschnitt seines Portfolios ab. Unzufrieden waren die Sozialdemokraten nach Informationen von Table.Briefings mit seinen Antworten zu Abtreibungen sowie Impfstoffen aus Russland und China. Ihrer Ansicht nach steht er zudem zu sehr auf Seiten der Pharmaindustrie.
Die Änderungen an Várhelyis Portfolio müssten substanziell sein, hieß es aus der Fraktion. Die Zuständigkeit für Tiergesundheit wie vorgeschlagen an den designierten Agrarkommissar Christophe Hansen (EVP) abzugeben, wird von Teilen des Parlaments aber kritisch gesehen. Das Thema Antibiotikaresistenz etwa müsse weiterhin in der Hand der Gesundheitspolitiker bleiben.
Von Befürchtungen, dass Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán den Amtsantritt der neuen Kommission verzögern könnte, wollen sich die Sozialdemokraten nicht beirren lassen. Orbán könne eine eventuelle Nachnominierung nicht ewig hinauszögern, heißt es aus der Fraktion. Rechtlich sei es sogar möglich, dass ein Mitgliedstaat keinen Kommissarposten erhalte. ber
Vor den letzten Anhörungen der künftigen Kommissionsmitglieder am heutigen Dienstag haben Abgeordnete ihre industriepolitischen Positionen formuliert. Eine fraktionsübergreifende Gruppe um den SPD-Abgeordneten Jens Geier hat ihre Empfehlungen für den Stahlsektor Freitagabend an den designierten Industriekommissar Stéphane Séjourné übermittelt.
Enthalten sind darin etwa Forderungen nach Leitmärkten für grünen Stahl und der Nutzung von Handelsschutzinstrumenten. Unterzeichnet haben das Papier Dutzende Abgeordnete von S&D und EVP sowie die Grünen-Abgeordneten Terry Reintke und Michael Bloss sowie die Renew-Politikerin Marie-Pierre Vedrenne.
Bloss veröffentlichte am Montag außerdem ein Papier mit “Fünf Schritten für eine zukunftsfähige Industrie“. Der Grüne fordert unter anderem, die Genehmigung von grenzüberschreitenden Stromnetzanschlüssen auf eine neue europäische Koordinierungsbehörde zu übertragen und einen Buy European Act für Förderinstrumente und im Beschaffungswesen. ber
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat auf seinem Rohstoffkongress am Montag in Berlin ein schnelleres Tempo für die Rohstoffpolitik gefordert. “Deutschland muss endlich mehr in seine Rohstoffsicherheit investieren”, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. “Die Gefahren und Risiken sind offenkundig. Aber das Reaktionstempo ist viel zu gering.”
Die parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner, die für Bundeswirtschaftsminister Habeck eingesprungen war, versuchte zwar, Zuversicht zu verbreiten. Zum Beispiel mit dem Hinweis auf eine deutlich reduzierte Abhängigkeit von Rohstoffen aus Russland oder den kürzlich gestarteten Rohstofffonds. Doch eine Milliarde Euro – das ist die Größe des Fonds – ist für Rohstoffprojekte nicht viel Geld. Und auch Brantner warnte: “Im Vergleich zu vor zwei Jahren sind wir nicht weniger abhängig von China, sondern mehr.”
Auf die Gefahren eines zu starken Fokus auf China weist der BDI gemeinsam mit der Unternehmensberatung Roland Berger in einer neuen Publikation hin. Deutschland habe 2024 die Hälfte seiner Lithiumprodukte aus China importiert, heißt es darin. Die Studie rechnet ein extremes Szenario durch: Fielen diese Importe sofort weg, würde das die Bundesrepublik bis zu 115 Milliarden Euro Wertschöpfung kosten. Das entspricht etwa 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – es ist ein ähnlicher Einschnitt wie die Coronapandemie.
Ein solches Szenario könnte zum Beispiel eintreten, wenn China Taiwan angreifen würde. Möglich wäre auch, dass die Volksrepublik ihr Quasi-Monopol bei Lithium als Machthebel nutzt – in der Vergangenheit hat sie das mit anderen Rohstoffen bereits getan. “Die Politik muss alles tun, um ein solches Worst-Case-Szenario zu verhindern“, sagte Russwurm.
Der BDI-Präsident lobte das Eckpunktepapier der Bundesregierung zur Rohstoffversorgung und den Critical Raw Materials Act (CRMA) der EU. Er mahnte aber auch: “Wenn wir bis 2030 die Ziele des CRMA erreichen wollen, müssen in Europa mindestens 10 neue Minen, 15 Weiterverarbeitungs- und 15 große Recyclinganlagen entstehen. Das ist sehr ambitioniert.”
170 Projektanträge waren während der ersten Ausschreibungsrunde bis Ende August bei der EU-Kommission eingegangen. Im März will diese die im CRMA vorgesehenen “strategischen Rohstoffprojekte” nominieren, sie erhalten dann den Status überwiegenden öffentlichen Interesses und sollen von den zuständigen Behörden als Priorität behandelt werden. Wie viele Projekte die Kommission auswählt, steht noch nicht fest.
Zu den Bewerbern gehört etwa der britische Konzern Anglo American mit dem Sakkati-Bergbauprojekt für Kupfer, Nickel und weitere Rohstoffe in Finnland. 13 Anträge kommen aus Deutschland.
Der BDI fordert, das Potenzial der heimischen Rohstoffvorkommen zu nutzen. Laut der neuen Studie könnte Deutschland 12 Prozent seines Lithiumbedarfs mit eigenen Ressourcen decken. Russwurm nennt insbesondere die Vorkommen im Erzgebirge und im Oberrheingraben. “Sicherere Rohstoffquellen als solche im eigenen Land gibt es nun mal nicht.” Dafür bedürfe es jedoch vor allem mehr gesellschaftlicher Akzeptanz, die Bedeutung von Rohstoffen müsse “in den Köpfen ankommen”.
Internationale Rohstoffpartnerschaften sollten gestärkt werden, so ein weiteres Fazit der Studie. Toralf Haag, neuer Vorstandsvorsitzender des Kupferkonzerns Aurubis, nennt als Hindernisse für deren Erfolg die teils unzureichende Finanzierung. Außerdem betont er logistische Probleme: Rohstoffe aus Partnerländern wie etwa Kasachstan müssten sehr umständlich per Zug und Schiff nach Deutschland transportiert werden.
Das dritte Handlungsfeld für den BDI ist die Kreislaufwirtschaft. Deutschland ist den Studienautoren zufolge weiterhin Weltmarktführer in diesem Bereich. Auch Franziska Brantner sagt: “Das Thema Kreislaufwirtschaft sollte ein Schwerpunkt der nächsten Regierung sein.” leo
Die EU hat sich durchgesetzt: Klimaschutzmaßnahmen, die Auswirkungen auf den Handel haben, stehen nicht auf der Tagesordnung der diesjährigen UN-Klimakonferenz in Baku. China war mit der Forderung zur COP29 gereist, in den Verhandlungen auch über sogenannte “unilateral trade measures” zu sprechen. Insbesondere die CO₂-Grenzabgabe der EU (CBAM) ist Peking ein Dorn im Auge. Brasilien, Südafrika und Indien unterstützten den Vorstoß.
Europa hält die Klimaverhandlungen für den falschen Ort und sieht den Konflikt bei der Welthandelsorganisation besser aufgehoben. Die EU setzte sich damit durch, dass das Thema nicht auf die Agenda kommt. Stattdessen will die aserbaidschanische COP-Präsidentschaft CBAM, IRA und Co in ihre “Beratungen” mit den verschiedenen Staaten aufnehmen. China zeigte sich damit zufrieden.
Dieser Kompromiss bedeutet, dass das Thema zwar nicht vom Tisch ist, aber in den offiziellen Verhandlungsräumen keine Rolle spielt. Die Gefahr, dass in Baku ein weiterer Streit darüber entbrennt, ist allerdings nicht gebannt, da Entwicklungsländer durch die Wiederwahl Trumps weitere Handelsbarrieren fürchten.
Auseinandersetzungen über die Agenda bei UN-Klimakonferenzen sind keine Seltenheit, auch CBAM gilt schon länger als Streitpunkt. China sieht Klimaschutzinstrumente wie CBAM, IRA oder das Anti-Entwaldungsgesetz der EU als Verstoß gegen die Klima-Rahmenkonvention, da sie aus Sicht Pekings Protektionismus und die Diskriminierung von Entwicklungsländern fördern. luk
Im Rahmen des EuroHPC Joint Undertaking (JU) hat die EU-Kommission sieben Vorschläge für die Einrichtung von KI-Fabriken erhalten. Die KI-Fabriken sollen Europas Führungsrolle im Bereich vertrauenswürdiger Künstlicher Intelligenz stärken. Insgesamt reichten 15 EU-Mitgliedstaaten und zwei assoziierte Teilnehmerstaaten ihre Vorschläge ein.
Das EuroHPC JU, eine öffentlich-private Partnerschaft zwischen der EU, teilnehmenden europäischen Staaten und Industriepartnern, baut ein Hochleistungsrechner-Ökosystem (HPC) in Europa auf und ermöglicht den Zugang zu Weltklasse-Supercomputern und Quantencomputern.
Ziel der Kommission ist es, mit den geplanten KI-Fabriken ein europäisches Ökosystem zu schaffen, das fortschrittliche KI-Modelle entwickelt und KI-Lösungen fördert. Die KI-Fabriken nutzen die Hochleistungsrechner der EU und kombinieren Rechenleistung, Daten und Fachpersonal, um die verfügbare Rechenleistung für KI in Europa erheblich zu steigern. Diese Ressourcen stehen künftig europäischen Start-ups, der Industrie und der Forschung zur Verfügung.
Die sieben eingereichten Vorschläge kamen aus:
Spanien plant einen Vorschlag mit Portugal, Rumänien und der Türkei, der in Kürze erwartet wird.
Ein unabhängiges Expertengremium bewertet die Vorschläge und gibt die Auswahl der ersten KI-Fabriken noch im Dezember bekannt. Kurz darauf startet das EuroHPC JU die Umsetzung. Zypern und Slowenien bekundeten zusätzlich Interesse, sich später einer bestehenden KI-Fabrik anzuschließen oder eine neue zu schaffen. Der nächste Stichtag für weitere Vorschläge ist der 1. Februar 2025. vis
In Litauen haben die Sozialdemokraten gut zwei Wochen nach den Parlamentswahlen ein umstrittenes Regierungsbündnis vereinbart. Nach ihrem Wahlsieg wollen sie mit der Demokratischen Union Für Litauen und der neu gegründeten populistischen Partei Morgenröte von Nemunas regieren, deren Vorsitzender wegen mutmaßlich antisemitischer Kommentare vor Gericht steht.
Die drei Parteien unterzeichneten in Vilnius eine Koalitionsvereinbarung, in dem auch die Verteilung der wichtigsten Posten und Ministerressorts des baltischen Landes festgelegt werden. Das Dreierbündnis kommt zusammen auf 86 der 141 Sitze im Parlament.
Staatspräsident Gitanas Nausėda kündigte allerdings an, keine Mitglieder der Partei Morgenröte von Nemunas als Minister der nächsten Regierung zu ernennen. In Litauen werden Minister vom Staatspräsidenten auf Vorschlag des Regierungschefs ernannt und entlassen. Es könnte sein, dass die Partei nun Technokraten für die für sie vorgesehenen Ministerposten nominiert.
Die Regierungsbeteiligung der Morgenröte von Nemunas – entgegen anderslautender Ankündigungen der Sozialdemokraten vor der Wahl – sorgte in Litauen und auch international für Kritik und Empörung. Die Protestpartei, die bei der Abstimmung im Oktober drittstärkste Kraft wurde, verbindet linke Positionen mit einem rechtspopulistischen Programm.
Die Hauptbedenken richten sich gegen Parteichef Remigijus Žemaitaitis, der mehrfach durch antisemitische Aussagen aufgefallen ist. Der 42-Jährige verlor deshalb im Frühjahr sein Mandat als Abgeordneter.
Vor der konstituierenden Sitzung des Parlaments am Donnerstag ist eine Kundgebung gegen die Aufnahme der Morgenröte von Nemunas in die Regierung geplant. Kritik hatte es auch von Vertretern Israels, der USA und Deutschlands gegeben. “Ein Bündnis mit einer antisemitischen Partei ist mit unseren Werten unvereinbar“, schrieb der SPD-Außenpolitiker und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, Michael Roth, auf X.
Žemaitaitis, der nicht für einen Regierungsposten vorgesehen ist, beteuerte in einem Schreiben an die Botschafter der EU- und Nato-Länder sowie Israels, dass er keine antisemitischen Ansichten vertrete. dpa
Wer den Anhörungen für die Kommissionskandidaten in der vergangenen Woche folgen wollte, benötigte Ausdauer und jede Menge Koffein. Über jeweils drei Stunden übten sich die designierten Kommissare in der Wiedergabe des immergleichen Inhalts ihrer Mission Letter, die sie von der Kommissionspräsidentin erhalten hatten.
Einige designierte Kommissare würzten ihre Antworten dankenswerterweise mit Beispielen und Anekdoten. Aber konkrete Verpflichtungen oder politische Aussagen, die über die Vorgaben von der Leyens hinausgehen, suchte man als Hörer meist vergebens.
Aus Sicht der Kommissionskandidaten ist das eine kluge Taktik. Für sie ergibt es keinen Sinn, dem Parlament mehr zu geben als zwingend nötig. Die Frage ist eher, was das Parlament bezwecken will.
Die meisten Abgeordneten packen drei, vier, manchmal fünf Fragen in ihre erste Fragerunde. Der Kandidat hat dann zwei Minuten Zeit, zu antworten. Je mehr Fragen ihm gestellt werden, desto besser kann er auswählen, welche Frage er tatsächlich beantworten will. Jene Abgeordnete, die noch eine Nachfrage stellen dürfen, nutzen ihre zusätzliche Zeit meistens, um noch mehr Fragen zu stellen, anstatt auf einem unbefriedigenden Teil der Antwort zu beharren und mehr Details zu verlangen.
Die Folge: Statt wie ein respekteinflößendes Gremium von Prüfern verhält sich das Parlament wie eine Horde Streber, die dem Kommissar zeigen wollen, welch kluge Fragen ihnen in den Sinn kamen.
Schuld daran ist unter anderem das Parlament selbst: Es hat sich auf einen Anhörungsmodus geeinigt, in dem möglichst viele Abgeordnete kurz im Rampenlicht der Anhörungskameras erscheinen dürfen. Zweifellos effektiver wäre ein Modus, in dem weniger Abgeordnete mehr Zeit hätten und mehr nachbohren dürften. Zudem sollten sie das Recht haben, dem künftigen Kommissar das Wort abzuschneiden, wenn dieser keine konkrete Antwort gibt und die Zeit mit vagen Formulierungen verstreichen lässt.
Das würde aber voraussetzen, dass das Parlament tatsächlich ein Interesse an effektiveren Anhörungen hat. Daran sind Zweifel angebracht. Bisher waren die Leistungen der Kommissarskandidaten für die Parlamentarier kaum ausschlaggebend.
Designierte Kommissare, die in der Anhörung eine schlechte Leistung zeigten, zum Beispiel Marta Kos und Jessika Roswall, wurden schlussendlich dennoch bestätigt, weil die Parlamentarier keine Vergeltung gegen die Kommissionsanwärter ihrer eigenen Partei riskieren wollten. Die tatsächlichen Wackelkandidaten sind Olivér Várhelyi, der in der Anhörung eine souveräne Leistung zeigte, sowie Raffaele Fitto und Teresa Ribera, deren Hearings noch ausstehen.
Eine außergewöhnlich gute oder schlechte Leistung während der Anhörung würde für Fitto und Ribera wohl nicht ohne Folgen bleiben, aber eigentlich sind die Anhörungen zweitrangig. Vor allem besteht ein Machtkampf zwischen den Fraktionen, bei dem es darum geht, die europäische Koalition der kommenden Jahre in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Machtkämpfe zwischen unterschiedlichen politischen Lagern sind unausweichlich. Fraglich ist aber, ob es dafür die Anhörungen braucht. Es wirkt wie ein Versuch, dem konsensorientierten EU-Politsystem ein Element des US-amerikanischen Polit-Entertainments aufzusetzen, um die EU-Politik unterhaltsamer zu machen. In der aktuellen Ausgestaltung droht aber der gegenteilige Effekt. Zahme Anhörungen, deren Resultat nicht in die Zusammensetzung einer künftigen Kommission einfließt, sind im besten Fall nutzlos. Im schlechtesten Fall führen sie zu einer weiteren Entfremdung zwischen der EU und ihren Bürgern. János Allenbach-Ammann
CDU-Chef Friedrich Merz drängt Kanzler Olaf Scholz, umgehend die Vertrauensfrage zu stellen. In der Führung der Unionsfraktion wird unter anderem argumentiert, ansonsten könne die rot-grüne Minderheitsregierung international und in Brüssel Pflöcke einschlagen, für die ihr die demokratische Legitimation fehle. Um ihnen auf die Finger zu schauen, wolle man die Minister von SPD und Grünen vor EU-Ratssitzungen in die Fachausschüsse des Bundestags laden, heißt es bei CDU/CSU.
Rechtlich betrachtet macht es aber keinen Unterschied, wenn die Regierung Scholz nach verlorener Vertrauensfrage nur noch geschäftsführend im Amt ist. Formell könne die Bundesregierung auch dann “das Stimmrecht für Deutschland in den EU-Gremien regulär ausüben”, sagt Nicolai von Ondarza, EU-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik. Hinzu kommt, dass in den nächsten Wochen kaum Abstimmungen auf EU-Ebene anstehen: Die neue Kommission von Ursula von der Leyen wird voraussichtlich am 1. Dezember ihr Amt antreten, die Gesetzgebungsmaschinerie im Rat wohl erst im Januar und Februar richtig anlaufen.
Allerdings: Die Wahl von Donald Trump dürfte die Dringlichkeit von politischen Entscheidungen, etwa zum Ukraine-Krieg, erhöhen. Hier werde sowohl der Verhandlungsspielraum als auch das politische Gewicht eines geschäftsführenden Bundeskanzlers deutlich eingeschränkt sein, sagt Ondarza. Scholz’ Autorität hat aber ohnehin gelitten. Ein Indiz: Polens Ministerpräsident Donald Tusk lädt Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron, den britischen Regierungschef Keir Starmer und Nato-Generalsekretär Mark Rutte zu Gesprächen über das Vorgehen im Ukraine-Krieg nach dem Trump-Sieg ein – nicht aber den Kanzler.
Die EU-Partner haben großes Interesse daran, dass der wichtigste Mitgliedstaat schnell wieder eine voll arbeitsfähige Regierung hat. Daniel Caspary, der Vorsitzende der CDU/CSU-Abgeordneten im Europaparlament, drängt: Es wäre gut, “wenn Deutschland endlich eine neue Regierung hätte, die sich auch in Europa einbringen kann und nicht nur in Deutschland mit der Abwicklung beschäftigt ist”.
Die EU wird in diesem Jahr wohl hinter ihren Zielen für grünen Wasserstoff aus der Wasserstoffstrategie zurückbleiben. Es würden weniger als die geplanten sechs Gigawatt an neuen Elektrolyseuren in der EU errichtet, sagte der scheidende Chef der Renewable Hydrogen Coalition, Ulrik Stridbæk von Ørsted, vergangene Woche beim jährlichen Gipfel des Verbands in Brüssel.
Für die EU gebe es nun drei Prioritäten, sagte sein Co-Vorsitzender Håkon Volldal, CEO des Elektrolyseherstellers Nel Hydrogen:
Der Erneuerbaren-Zubau bleibe immer noch hinter den Zielen zurück, weshalb die Strompreise nicht so stark sänken wie vorhergesagt, sagte Arthur Daemers von der Renewable Hydrogen Coalition. Der stockende Netzausbau verschärfe die Lage. “Mich fragen viele Projektierer, wo im Land sie zwei Gigawatt Netzanschlusskapazität finden”, berichtete die portugiesische Energiestaatssekretärin Maria João Pereira. “Ich muss ihnen dann sagen: nirgendwo!”
Dabei haben gerade Portugal und Spanien besonders niedrige Erzeugungskosten für grünen Wasserstoff. In der ersten Ausschreibungsrunde der Europäischen Wasserstoffbank ging der Löwenanteil der Zuschläge an die beiden Länder.
Beim Design der Ausschreibungskriterien hat die Kommission nach Ansicht der Branche Potenzial verschenkt, weil fortgeschrittene Projekte faktisch ausgeschlossen wurden. “Manche Projekte haben sich frühzeitig Fördergelder aus anderen Töpfen gesichert. Das reicht aber nicht aus, um die Kostenlücke zu schließen”, sagte Ana Quelhas, neue Verbandsvorsitzende der Renewable Hydrogen Coalition und Managerin beim portugiesische Energieversorger EDP. Wegen des Akkumulierungsverbots der Wasserstoffbank hätten sie nun keine Chance auf eine noch fehlende, ergänzende Förderung. Die Kommission müsse das ändern, fordert die Wasserstoff-Koalition.
An mangelnder Nachfrage – wie zuletzt häufig kolportiert – scheiterten die Projekte jedenfalls nicht, sagte Quelhas. Eine vage Aussicht auf mehr Fördergelder brachte die EU-Abgeordnete Tsvetelina Penkova (S&D) mit: “Die Ressourcen sind da. Wir müssen dafür sorgen, dass sie dort ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht werden.” Ungehobene Schätze für saubere Industrien sehen Haushaltsexperten noch im auslaufenden Recovery and Resilience Fund und im nächsten EU-Haushalt ab 2028 durch die Nutzung der gewaltigen Kohäsions- und Strukturmittel.
Einen Bremsklotz für den Aufbau der Wasserstoff-Wirtschaft sieht der Verband auch in den immer wieder auflodernden Zweifeln am Auslaufen der freien Zertifikatezuteilung im Emissionshandel. Ausgerechnet die größten Nachfrager nach Wasserstoff erhalten derzeit noch freie Emissionsberechtigungen, mit der Einführung des CBAM soll diese Praxis 2034 enden – sofern die EU bei ihren Beschlüssen bleibt.
Regulatorische Unsicherheiten erkennt der Analysedienst BNEF aber auch in den USA. Die Steuergutschriften aus dem IRA seien immer noch nicht implementiert, sagte Analyst Martin Tengler. Die aktuelle Regierungskrise in Deutschland bezeichnete Joachim Lind Koefoed von Copenhagen Infrastructure Partners als großen Unsicherheitsfaktor gerade auch für Wasserstoffunternehmen: “Alle von uns haben Projekte in Deutschland, mit deutscher Beteiligung oder sind auf Zulieferer von dort angewiesen. Wird die neue Regierung eine andere Politik verfolgen?”, sagte er an die Teilnehmer gerichtet.
Auf der Kostenseite nennt BNEF wiederum nicht nur den schleppenden Erneuerbaren-Ausbau und die allgemeine Inflation als Hürde, sondern auch Netzentgelte und die Kosten für langfristige Strombezugsverträge. “PPAs können sehr teuer sein”, sagt Tengler über den vermeintlichen Königsweg zu günstigem Grünstrom.
Ein Grund für die jüngsten Absagen ist nach Ansicht von Tengler auch mangelnde Erfahrung: “Entwickler und Analysten beginnen zu verstehen, dass Projekte aus mehr bestehen als Elektrolyse-Stacks und Verflüssigungstechnik.” Beschafft und bezahlt werden müssten auch Transformatoren, Kabel, Kompressoren und andere knappe Komponenten.
Der BNEF-Experte sieht aber auch Grund zur Hoffnung. Die Kosten könnten bis 2050 um die Hälfte fallen und die EU-Ziele für grünen Wasserstoff für 2030 seien immer noch erreichbar – auch wenn Unternehmen in Westeuropa wohl schleppende Nachfrage aus dem Osten überkompensieren müssten. Von allen verbindlichen Abnahmeverträgen für grünen Wasserstoff weltweit entfalle derzeit die Hälfte auf Unternehmen aus der EU.
13.11.-14.11.2024, Berlin
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Die Koordinatoren des Umwelt- und Agrarausschusses haben keine Einigung über den designierten Kommissar für Gesundheit und Tierwohl, Olivér Várhelyi, erzielt. Zu einer Entscheidung wollen die Abgeordneten nun möglichst am Mittwoch kommen.
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Von Befürchtungen, dass Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán den Amtsantritt der neuen Kommission verzögern könnte, wollen sich die Sozialdemokraten nicht beirren lassen. Orbán könne eine eventuelle Nachnominierung nicht ewig hinauszögern, heißt es aus der Fraktion. Rechtlich sei es sogar möglich, dass ein Mitgliedstaat keinen Kommissarposten erhalte. ber
Vor den letzten Anhörungen der künftigen Kommissionsmitglieder am heutigen Dienstag haben Abgeordnete ihre industriepolitischen Positionen formuliert. Eine fraktionsübergreifende Gruppe um den SPD-Abgeordneten Jens Geier hat ihre Empfehlungen für den Stahlsektor Freitagabend an den designierten Industriekommissar Stéphane Séjourné übermittelt.
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Bloss veröffentlichte am Montag außerdem ein Papier mit “Fünf Schritten für eine zukunftsfähige Industrie“. Der Grüne fordert unter anderem, die Genehmigung von grenzüberschreitenden Stromnetzanschlüssen auf eine neue europäische Koordinierungsbehörde zu übertragen und einen Buy European Act für Förderinstrumente und im Beschaffungswesen. ber
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat auf seinem Rohstoffkongress am Montag in Berlin ein schnelleres Tempo für die Rohstoffpolitik gefordert. “Deutschland muss endlich mehr in seine Rohstoffsicherheit investieren”, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. “Die Gefahren und Risiken sind offenkundig. Aber das Reaktionstempo ist viel zu gering.”
Die parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner, die für Bundeswirtschaftsminister Habeck eingesprungen war, versuchte zwar, Zuversicht zu verbreiten. Zum Beispiel mit dem Hinweis auf eine deutlich reduzierte Abhängigkeit von Rohstoffen aus Russland oder den kürzlich gestarteten Rohstofffonds. Doch eine Milliarde Euro – das ist die Größe des Fonds – ist für Rohstoffprojekte nicht viel Geld. Und auch Brantner warnte: “Im Vergleich zu vor zwei Jahren sind wir nicht weniger abhängig von China, sondern mehr.”
Auf die Gefahren eines zu starken Fokus auf China weist der BDI gemeinsam mit der Unternehmensberatung Roland Berger in einer neuen Publikation hin. Deutschland habe 2024 die Hälfte seiner Lithiumprodukte aus China importiert, heißt es darin. Die Studie rechnet ein extremes Szenario durch: Fielen diese Importe sofort weg, würde das die Bundesrepublik bis zu 115 Milliarden Euro Wertschöpfung kosten. Das entspricht etwa 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – es ist ein ähnlicher Einschnitt wie die Coronapandemie.
Ein solches Szenario könnte zum Beispiel eintreten, wenn China Taiwan angreifen würde. Möglich wäre auch, dass die Volksrepublik ihr Quasi-Monopol bei Lithium als Machthebel nutzt – in der Vergangenheit hat sie das mit anderen Rohstoffen bereits getan. “Die Politik muss alles tun, um ein solches Worst-Case-Szenario zu verhindern“, sagte Russwurm.
Der BDI-Präsident lobte das Eckpunktepapier der Bundesregierung zur Rohstoffversorgung und den Critical Raw Materials Act (CRMA) der EU. Er mahnte aber auch: “Wenn wir bis 2030 die Ziele des CRMA erreichen wollen, müssen in Europa mindestens 10 neue Minen, 15 Weiterverarbeitungs- und 15 große Recyclinganlagen entstehen. Das ist sehr ambitioniert.”
170 Projektanträge waren während der ersten Ausschreibungsrunde bis Ende August bei der EU-Kommission eingegangen. Im März will diese die im CRMA vorgesehenen “strategischen Rohstoffprojekte” nominieren, sie erhalten dann den Status überwiegenden öffentlichen Interesses und sollen von den zuständigen Behörden als Priorität behandelt werden. Wie viele Projekte die Kommission auswählt, steht noch nicht fest.
Zu den Bewerbern gehört etwa der britische Konzern Anglo American mit dem Sakkati-Bergbauprojekt für Kupfer, Nickel und weitere Rohstoffe in Finnland. 13 Anträge kommen aus Deutschland.
Der BDI fordert, das Potenzial der heimischen Rohstoffvorkommen zu nutzen. Laut der neuen Studie könnte Deutschland 12 Prozent seines Lithiumbedarfs mit eigenen Ressourcen decken. Russwurm nennt insbesondere die Vorkommen im Erzgebirge und im Oberrheingraben. “Sicherere Rohstoffquellen als solche im eigenen Land gibt es nun mal nicht.” Dafür bedürfe es jedoch vor allem mehr gesellschaftlicher Akzeptanz, die Bedeutung von Rohstoffen müsse “in den Köpfen ankommen”.
Internationale Rohstoffpartnerschaften sollten gestärkt werden, so ein weiteres Fazit der Studie. Toralf Haag, neuer Vorstandsvorsitzender des Kupferkonzerns Aurubis, nennt als Hindernisse für deren Erfolg die teils unzureichende Finanzierung. Außerdem betont er logistische Probleme: Rohstoffe aus Partnerländern wie etwa Kasachstan müssten sehr umständlich per Zug und Schiff nach Deutschland transportiert werden.
Das dritte Handlungsfeld für den BDI ist die Kreislaufwirtschaft. Deutschland ist den Studienautoren zufolge weiterhin Weltmarktführer in diesem Bereich. Auch Franziska Brantner sagt: “Das Thema Kreislaufwirtschaft sollte ein Schwerpunkt der nächsten Regierung sein.” leo
Die EU hat sich durchgesetzt: Klimaschutzmaßnahmen, die Auswirkungen auf den Handel haben, stehen nicht auf der Tagesordnung der diesjährigen UN-Klimakonferenz in Baku. China war mit der Forderung zur COP29 gereist, in den Verhandlungen auch über sogenannte “unilateral trade measures” zu sprechen. Insbesondere die CO₂-Grenzabgabe der EU (CBAM) ist Peking ein Dorn im Auge. Brasilien, Südafrika und Indien unterstützten den Vorstoß.
Europa hält die Klimaverhandlungen für den falschen Ort und sieht den Konflikt bei der Welthandelsorganisation besser aufgehoben. Die EU setzte sich damit durch, dass das Thema nicht auf die Agenda kommt. Stattdessen will die aserbaidschanische COP-Präsidentschaft CBAM, IRA und Co in ihre “Beratungen” mit den verschiedenen Staaten aufnehmen. China zeigte sich damit zufrieden.
Dieser Kompromiss bedeutet, dass das Thema zwar nicht vom Tisch ist, aber in den offiziellen Verhandlungsräumen keine Rolle spielt. Die Gefahr, dass in Baku ein weiterer Streit darüber entbrennt, ist allerdings nicht gebannt, da Entwicklungsländer durch die Wiederwahl Trumps weitere Handelsbarrieren fürchten.
Auseinandersetzungen über die Agenda bei UN-Klimakonferenzen sind keine Seltenheit, auch CBAM gilt schon länger als Streitpunkt. China sieht Klimaschutzinstrumente wie CBAM, IRA oder das Anti-Entwaldungsgesetz der EU als Verstoß gegen die Klima-Rahmenkonvention, da sie aus Sicht Pekings Protektionismus und die Diskriminierung von Entwicklungsländern fördern. luk
Im Rahmen des EuroHPC Joint Undertaking (JU) hat die EU-Kommission sieben Vorschläge für die Einrichtung von KI-Fabriken erhalten. Die KI-Fabriken sollen Europas Führungsrolle im Bereich vertrauenswürdiger Künstlicher Intelligenz stärken. Insgesamt reichten 15 EU-Mitgliedstaaten und zwei assoziierte Teilnehmerstaaten ihre Vorschläge ein.
Das EuroHPC JU, eine öffentlich-private Partnerschaft zwischen der EU, teilnehmenden europäischen Staaten und Industriepartnern, baut ein Hochleistungsrechner-Ökosystem (HPC) in Europa auf und ermöglicht den Zugang zu Weltklasse-Supercomputern und Quantencomputern.
Ziel der Kommission ist es, mit den geplanten KI-Fabriken ein europäisches Ökosystem zu schaffen, das fortschrittliche KI-Modelle entwickelt und KI-Lösungen fördert. Die KI-Fabriken nutzen die Hochleistungsrechner der EU und kombinieren Rechenleistung, Daten und Fachpersonal, um die verfügbare Rechenleistung für KI in Europa erheblich zu steigern. Diese Ressourcen stehen künftig europäischen Start-ups, der Industrie und der Forschung zur Verfügung.
Die sieben eingereichten Vorschläge kamen aus:
Spanien plant einen Vorschlag mit Portugal, Rumänien und der Türkei, der in Kürze erwartet wird.
Ein unabhängiges Expertengremium bewertet die Vorschläge und gibt die Auswahl der ersten KI-Fabriken noch im Dezember bekannt. Kurz darauf startet das EuroHPC JU die Umsetzung. Zypern und Slowenien bekundeten zusätzlich Interesse, sich später einer bestehenden KI-Fabrik anzuschließen oder eine neue zu schaffen. Der nächste Stichtag für weitere Vorschläge ist der 1. Februar 2025. vis
In Litauen haben die Sozialdemokraten gut zwei Wochen nach den Parlamentswahlen ein umstrittenes Regierungsbündnis vereinbart. Nach ihrem Wahlsieg wollen sie mit der Demokratischen Union Für Litauen und der neu gegründeten populistischen Partei Morgenröte von Nemunas regieren, deren Vorsitzender wegen mutmaßlich antisemitischer Kommentare vor Gericht steht.
Die drei Parteien unterzeichneten in Vilnius eine Koalitionsvereinbarung, in dem auch die Verteilung der wichtigsten Posten und Ministerressorts des baltischen Landes festgelegt werden. Das Dreierbündnis kommt zusammen auf 86 der 141 Sitze im Parlament.
Staatspräsident Gitanas Nausėda kündigte allerdings an, keine Mitglieder der Partei Morgenröte von Nemunas als Minister der nächsten Regierung zu ernennen. In Litauen werden Minister vom Staatspräsidenten auf Vorschlag des Regierungschefs ernannt und entlassen. Es könnte sein, dass die Partei nun Technokraten für die für sie vorgesehenen Ministerposten nominiert.
Die Regierungsbeteiligung der Morgenröte von Nemunas – entgegen anderslautender Ankündigungen der Sozialdemokraten vor der Wahl – sorgte in Litauen und auch international für Kritik und Empörung. Die Protestpartei, die bei der Abstimmung im Oktober drittstärkste Kraft wurde, verbindet linke Positionen mit einem rechtspopulistischen Programm.
Die Hauptbedenken richten sich gegen Parteichef Remigijus Žemaitaitis, der mehrfach durch antisemitische Aussagen aufgefallen ist. Der 42-Jährige verlor deshalb im Frühjahr sein Mandat als Abgeordneter.
Vor der konstituierenden Sitzung des Parlaments am Donnerstag ist eine Kundgebung gegen die Aufnahme der Morgenröte von Nemunas in die Regierung geplant. Kritik hatte es auch von Vertretern Israels, der USA und Deutschlands gegeben. “Ein Bündnis mit einer antisemitischen Partei ist mit unseren Werten unvereinbar“, schrieb der SPD-Außenpolitiker und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, Michael Roth, auf X.
Žemaitaitis, der nicht für einen Regierungsposten vorgesehen ist, beteuerte in einem Schreiben an die Botschafter der EU- und Nato-Länder sowie Israels, dass er keine antisemitischen Ansichten vertrete. dpa
Wer den Anhörungen für die Kommissionskandidaten in der vergangenen Woche folgen wollte, benötigte Ausdauer und jede Menge Koffein. Über jeweils drei Stunden übten sich die designierten Kommissare in der Wiedergabe des immergleichen Inhalts ihrer Mission Letter, die sie von der Kommissionspräsidentin erhalten hatten.
Einige designierte Kommissare würzten ihre Antworten dankenswerterweise mit Beispielen und Anekdoten. Aber konkrete Verpflichtungen oder politische Aussagen, die über die Vorgaben von der Leyens hinausgehen, suchte man als Hörer meist vergebens.
Aus Sicht der Kommissionskandidaten ist das eine kluge Taktik. Für sie ergibt es keinen Sinn, dem Parlament mehr zu geben als zwingend nötig. Die Frage ist eher, was das Parlament bezwecken will.
Die meisten Abgeordneten packen drei, vier, manchmal fünf Fragen in ihre erste Fragerunde. Der Kandidat hat dann zwei Minuten Zeit, zu antworten. Je mehr Fragen ihm gestellt werden, desto besser kann er auswählen, welche Frage er tatsächlich beantworten will. Jene Abgeordnete, die noch eine Nachfrage stellen dürfen, nutzen ihre zusätzliche Zeit meistens, um noch mehr Fragen zu stellen, anstatt auf einem unbefriedigenden Teil der Antwort zu beharren und mehr Details zu verlangen.
Die Folge: Statt wie ein respekteinflößendes Gremium von Prüfern verhält sich das Parlament wie eine Horde Streber, die dem Kommissar zeigen wollen, welch kluge Fragen ihnen in den Sinn kamen.
Schuld daran ist unter anderem das Parlament selbst: Es hat sich auf einen Anhörungsmodus geeinigt, in dem möglichst viele Abgeordnete kurz im Rampenlicht der Anhörungskameras erscheinen dürfen. Zweifellos effektiver wäre ein Modus, in dem weniger Abgeordnete mehr Zeit hätten und mehr nachbohren dürften. Zudem sollten sie das Recht haben, dem künftigen Kommissar das Wort abzuschneiden, wenn dieser keine konkrete Antwort gibt und die Zeit mit vagen Formulierungen verstreichen lässt.
Das würde aber voraussetzen, dass das Parlament tatsächlich ein Interesse an effektiveren Anhörungen hat. Daran sind Zweifel angebracht. Bisher waren die Leistungen der Kommissarskandidaten für die Parlamentarier kaum ausschlaggebend.
Designierte Kommissare, die in der Anhörung eine schlechte Leistung zeigten, zum Beispiel Marta Kos und Jessika Roswall, wurden schlussendlich dennoch bestätigt, weil die Parlamentarier keine Vergeltung gegen die Kommissionsanwärter ihrer eigenen Partei riskieren wollten. Die tatsächlichen Wackelkandidaten sind Olivér Várhelyi, der in der Anhörung eine souveräne Leistung zeigte, sowie Raffaele Fitto und Teresa Ribera, deren Hearings noch ausstehen.
Eine außergewöhnlich gute oder schlechte Leistung während der Anhörung würde für Fitto und Ribera wohl nicht ohne Folgen bleiben, aber eigentlich sind die Anhörungen zweitrangig. Vor allem besteht ein Machtkampf zwischen den Fraktionen, bei dem es darum geht, die europäische Koalition der kommenden Jahre in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Machtkämpfe zwischen unterschiedlichen politischen Lagern sind unausweichlich. Fraglich ist aber, ob es dafür die Anhörungen braucht. Es wirkt wie ein Versuch, dem konsensorientierten EU-Politsystem ein Element des US-amerikanischen Polit-Entertainments aufzusetzen, um die EU-Politik unterhaltsamer zu machen. In der aktuellen Ausgestaltung droht aber der gegenteilige Effekt. Zahme Anhörungen, deren Resultat nicht in die Zusammensetzung einer künftigen Kommission einfließt, sind im besten Fall nutzlos. Im schlechtesten Fall führen sie zu einer weiteren Entfremdung zwischen der EU und ihren Bürgern. János Allenbach-Ammann