Table.Briefing: Europe

Tusk wirbt für Verteidigungsausgaben + BMWK gegen Standortwettbewerb über Energiepreise

Liebe Leserin, lieber Leser,

Donald Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit das Ziel ausgegeben, eine starke KI-Industrie in den USA aufzubauen. Damit macht er jetzt ernst: Am Dienstagabend trat er im Weißen Haus mit den CEOs von Oracle, Softbank und OpenAI vor die Kameras. Die drei Unternehmen wollen die sagenhafte Summe von 500 Milliarden Dollar in KI-Infrastruktur in den USA investieren.

Obwohl das Projekt “Stargate” bereits während der Biden-Administration geplant wurde, hat Trumps Unterstützung die Initiative beschleunigt, sagen die Beteiligten. Geholfen hat dabei auch, dass Trump Joe Bidens KI-Regulierung mit einem Federstrich aufgehoben hat. Sie zielte darauf ab, die Entwicklung von KI sicherer und verantwortungsvoller zu gestalten. Hier gab es eine enge Zusammenarbeit mit der EU.

Die steht nun vor einigen Herausforderungen: Die Entwicklung von KI ist teuer, und auch bisher investierten die USA weit mehr als Europa. “Europa braucht eine klare Industriestrategie und die Kapitalmarktunion, um private Investitionen in digitale Innovation zu stärken”, sagt die Abgeordnete Alexandra Geese (Grüne). Außerdem muss sich die EU dringend aus der Abhängigkeit von US-Technologien lösen. “Derzeit ist Europa erpressbar”, mahnt Tiemo Wölken (SPD). Wenn Trump den Zugang zu US-Cloud-Diensten abdrehe, drohe deutschen Unternehmen, angefangen bei den Dax-Konzernen, eine Katastrophe.

Schließlich stellt auch die Regulierung eine Herausforderung dar. In der EU gilt der AI Act, in den USA hat Trump die Regeln für KI gelöscht. “Werte wie Demokratie, Menschenzentriertheit und Rechtsstaatlichkeit, werden keine Rolle mehr in der Zukunft spielen”, sagt Axel Voss (CDU). Für die EU sei das ein Warnsignal, die digitale Transformation endlich ernsthafter und zielgerichteter zu betreiben. Nun heiße es Kräfte bündeln und Prioritäten setzen, “wenn wir digital überleben wollen.” Die EU müsse “jetzt klotzen, nicht kleckern”, sagt Sergey Lagodinsky (Grüne). Wenn die Mitgliedstaaten im globalen Wettbewerb nicht weiter hinter den USA zurückfallen wollen, “muss die Kommission strategische Schwerpunkte abseits der Regulierungsstrategien identifizieren”.

Europa solle sich jedoch nicht “von bombastischen, aber vielleicht auch realitätsfernen Ankündigungen der Trump-Administration verrückt machen lassen”, findet Wölken. Es habe keine 24 Stunden gedauert, bis Trump-Berater Elon Musk die enorme Summe von 500 Milliarden Dollar bereits wieder in Zweifel gezogen habe.

Lassen Sie sich nicht verrückt machen,

Ihre
Corinna Visser
Bild von Corinna  Visser

Analyse

Weshalb Donald Tusk fünf Prozent Verteidigungsausgaben für nötig hält

Eindringlicher hätte Donald Tusk bei seinem Auftritt vor dem EU-Parlament kaum mahnen können: “Ich möchte Ihnen sagen, dass Europa es sich in diesen Zeiten nicht leisten kann, bei der Sicherheit zu sparen”. Der Regierungschef und derzeitige EU-Ratsvorsitzende forderte, dass jedes Land fünf Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgibt, entsprechend dem Beispiel Polens. Tusk appellierte, seinen Aufruf ernst zu nehmen: “Wenn Europa überleben soll, muss es sich bewaffnen”.

Polen hat Sicherheit in allen Aspekten zum Motto seiner EU-Ratspräsidentschaft gemacht. Er sei kein Militarist, betonte Tusk. Sein Land habe unter Kriegen gelitten, wie kaum ein anderes in Europa. Vielleicht deshalb auch das Verständnis dafür, was jetzt nötig sei, damit die Geschichte sich nicht wiederhole. Osteuropäer und Balten warnen schon länger vor der Kriegsgefahr durch Russland, während für die Südeuropäer die Bedrohung weiter weg erscheint.

Diskussion um Eurobonds

Polen mit seiner langen Grenze zu Russland und Belarus gebe die fünf Prozent nicht nur für seine eigene Sicherheit aus, sondern für die Sicherheit ganz Europas, betonte Tusk: “Wir haben es mit einem heißen Konflikt an unseren Grenzen zu tun“. Der Kontinent müsse aus seiner Routine aufwachen. Jetzt sei der Moment, um die Verteidigungsausgaben radikal anzuheben.

Einige EU-Staaten seien gegen höhere Ausgaben oder gegen Eurobonds und wollten keine neuen Schulden machen, sagte Tusk. Dabei sei es nicht die wichtigste Frage, mit welcher Methode europäische Verteidigungsprojekte finanziert würden. Wichtiger sei, dass es keine Alternative, keine Wahl gebe: “Wir müssen uns selbst verteidigen können, was heißt, dass europäisches Geld dafür ausgeben werden muss”.

Europa dürfe sich nicht länger auf den amerikanischen Schutzschirm verlassen, müsse seine Sicherheit selbst in die Hand nehmen. Der Regierungschef warb dabei für ein gemeinsames Projekt mit Litauen und Finnland für einen Schutzwall an der Ostgrenze. Noch sei “Europa nicht verloren”, sagte Tusk in Anlehnung an Polens Nationalhymne und forderte Zuversicht. Europa habe keinen Grund, sich zu fürchten, Europa werde “immer groß sein.”

Drei bis fünf Jahre Zeit

Ähnlich alarmiert äußerte sich die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bei der Jahrestagung der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA). Von den nationalen Geheimdiensten komme die Warnung, dass Russland in drei bis fünf Jahren die Bereitschaft der EU-Staaten testen könnte, sich zu verteidigen. Europas Versäumnis, in militärische Fähigkeiten zu investieren, sende ein gefährliches Signal der Schwäche an Russland, den Aggressor.

Estlands frühere Regierungschefin appellierte, die Warnungen ernst zu nehmen. US-Präsident Donald Trump habe recht, wenn er sage, dass Europa zu wenig für seine Sicherheit ausgebe. Jetzt sei höchste Zeit, zu investieren. Heute stehe Europas Frontlinie in der Ukraine, verschaffe die Ukraine Europa Zeit. Doch die EU sei schon jetzt Ziel von Russlands hybridem Krieg.

Trump droht Putin

Auch aus Washington wurden scharfe Worte in Richtung Moskau gerichtet. US-Präsident Donald Trump drohte Russland am Mittwoch mit Zöllen und neuen Sanktionen, sollte Wladimir Putin zu einem Deal für einen Waffenstillstand in der Ukraine nicht bereit sein. Er werde keine andere Wahl haben, also “hohe Steuern, Zölle und Sanktionen” gegen alles verhängen, was Russland an die USA verkaufe: “Wir können es auf die einfache oder auf die harte Tour machen”, drohte Trump.

Die EU-Außenminister werden die neue Lage am kommenden Montag, 27. Januar, am Außenministerrat mit Kallas besprechen. Eine Woche später, am 3. Februar, wird Tusk sein Argument für eine europäische Verteidigungsfinanzierung gegenüber seinen Kollegen im Europäischen Rat wiederholen.

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BMWK will keinen Standortwettbewerb über Energiepreise

Günstige Bedingungen für die Energieerzeugung sollen nach dem Willen des Bundeswirtschaftsministeriums nicht über die Standorte von Industriebetrieben entscheiden. “Unternehmen sollten über ihre Produkte konkurrieren und nicht über Energiepreise“, sagte Staatssekretär Philipp Nimmermann am Mittwoch beim deutsch-französischen Energieforum. “Wir brauchen europäische Instrumente, die es ermöglichen, energieintensive Industrien in Europa zu halten.”

Mit seinen Äußerungen unterstreicht Nimmermann auch, dass Deutschland auf den europäischen Energiebinnenmarkt angewiesen ist, um energieintensive Produktion im Land zu halten. Schweden und Norwegen hatten in den vergangenen Monaten allerdings gedroht, ihre Stromexporte einzuschränken, um die Energiepreise in ihren Ländern niedrig zu halten.

Einheitliche Anreizregulierung soll Kapital anziehen

Eine stärkere Angleichung strebt das BMWK etwa bei der Ermittlung der Netzentgelte an. “Die Kommission sollte nach meiner Auffassung darüber nachdenken, ob sie nicht eine Harmonisierung der Anreizregulierung herbeiführt”, sagte Nimmermann. Angesichts von 27 unterschiedlichen Regulierungen in der EU sei es für Investoren schwierig zu beurteilen, wo Investitionen in die Netze attraktiv seien. Der Kapitalbedarf liegt im dreistelligen Milliardenbereich.

Die französische Seite nahm den Vorschlag eher reserviert auf. Wenn es eine Harmonisierung gebe, dürfe dies nicht zu mehr Komplexität führen, entgegnete Sophie Mourlon, Generaldirektorin im Pariser Wirtschaftsministerium. Die EU-Staaten müssten außerdem weiter über ihren Energiemix entscheiden können.

Die Bundesregierung könne sich auch vorstellen, den Netzausbau stärker über den Staatshaushalt als nur über Entgelte der Nutzer zu finanzieren, sagte Nimmermann. Die beihilferechtlichen Fragen wolle man intensiv mit der Kommission erörtern.

Streit um Kostenteilung für Stromtransport

Ein stark umstrittenes Thema unter den EU-Ländern ist derzeit die Kostenteilung für große Stromtrassen und insbesondere Interkonnektoren zwischen den Staaten. “Wir brauchen einen Mechanismus, um Staaten zu entschädigen, die mit ihren Investitionen übermäßige Vorteile für das europäische Netz leisten”, hatte der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis vor wenigen Tagen an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geschrieben.

Für “gewagt” hält diesen Ansatz Ivan Faucheux von der französischen Regulierungsbehörde CRE, wenn man eine Kostenteilung unter den EU27 anstrebe. In der Praxis sei es schon schwierig, bilaterale Verträge in dieser Frage zu schließen. Wenn eine stärkere Kostenteilung erwünscht sei, müsse diese möglichst einfach gehalten werden. Sinnvoll sei es, die drei bereits bestehenden Mechanismen zur Kostenteilung besser aufeinander abzustimmen, sagte Annegret Groebel von der Bundesnetzagentur. Derzeit gebe es solche Berechnungsmethoden unter anderem für die Connecting Europe Facility und die Verteilung von Engpasserlösen.

Thyssen-Krupp: Amazon und Google zahlen mehr für grünen Strom

Die Energiekosten senken soll die jüngste Reform des Strombinnenmarktpakets. Die Richtlinie hätten die EU-Staaten bis zum 17. Januar umsetzen müssen. Deutschland werde wegen der vorgezogenen Wahlen aber wohl noch bis September brauchen, sagte André Poschmann aus dem BMWK.

Eine der Maßnahmen des Pakets soll eine Stärkung von langfristigen Stromlieferverträgen (PPA) sein. Derzeit seien PPA allerdings noch sehr teuer, berichtete Erika Mink-Zaghloul von Thyssen-Krupp Steel: “Unter den Amazons und Googles dieser Welt gibt es außerdem eine ganz andere Zahlungsbereitschaft als bei uns in der Stahlindustrie.” Bisher habe Thyssen-Krupp einen Vertrag über 110 Gigawattstunden abgeschlossen, was im einstelligen Prozentbereich des künftigen Strombedarfs liege.

Poschmann ordnete noch einige Zahlen ein, die in den letzten Monaten für Schlagzeilen gesorgt hatten. Die hohen Preise infolge der Dunkelflaute Mitte Dezember hätten mit nur 150 Megawatt zusätzlicher Erzeugungskapazität in der EU halbiert werden können, berichtete der Beamte. Das entspricht einer einzigen größeren Gasturbine.

Von der Rekordsumme an geplanten Batteriespeichern werde wohl nur ein Zehntel realisiert. Die Netzbetreiber haben Anfragen für Großbatterien mit 230 Gigawatt erhalten, um die schwankende Erzeugung aus Wind- und Solarenergie auszugleichen. Realistisch zu erwarten seien eher 20 bis 30 Gigawatt, sagte Poschmann. Schon dies bedeute aber ein völlig anderes Level der Energiewende.

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  • Strompreis

Termine

23.01.2025 – 11:00 Uhr, online
EBD De-Briefing ECOFIN
Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) bespricht die Themen und Ergebnisse des ECOFIN-Ratstreffens vom 21.01.2025. ANMELDUNG

28.01.2025 – 10:30 Uhr, Berlin
EBD, Diskussion Briefing Polnische EU-Ratspräsidentschaft
Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) diskutiert über die Prioritäten und Herausforderungen der polnischen EU-Ratspräsidentschaft. ANMELDUNG

28.01.2025 – 15:00-16:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Discussion Paper Launch – Unlocking CO₂ Storage Opportunities Outside the EU – Policy Challenges and Business Prospects
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) focusses on the challenges of establishing a robust business case for CO₂ storage outside the EU. INFOS & REGISTRATION

28.01.2025 – 18:00-19:30 Uhr, online
ET/JDC, Diskussion Deutschlands Wahl – Richtungsentscheid für Europa
Der Europe.Table (ET) und das Jacques Delors Centre (JDC) an der Hertie School of Governance diskutieren mit führenden Bundespolitikern über die europäische Dimension des Bundestagswahlkampfes. INFOS & ANMELDUNG

28.01.2025 – 19:00-20:30 Uhr, Hamburg
FNF, Diskussion Die politische Lage in Frankreich: Aussichten auf die deutsch-französischen Beziehungen – Stottert der Motor der EU?
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) geht der Frage nach, wie es um die politische Stabilität Frankreichs bestellt ist. INFOS & ANMELDUNG

News

Klima in Zahlen: EU-Staaten sparen Milliarden an fossilen Importen

Die EU-Staaten haben in den vergangen sechs Jahren durch den Ausbau der Wind- und Solarkraft fast 60 Milliarden Euro an Gas- und Kohleimporten gespart. Das geht aus einer Studie des Energie-Thinktanks Ember hervor, die heute veröffentlicht wurde. Demnach wurden durch den Erneuerbaren-Ausbau über 90 Milliarden Kubikmeter Gas eingespart, was rund 18 Prozent des Gasverbrauchs der EU in diesem Zeitraum entspricht.

Laut Ember haben die EU-Staaten im vergangenen Jahr erstmals mehr Strom aus Solarenergie erzeugt als aus Kohle. “Kohle ist von der drittgrößten Stromquelle der EU im Jahr 2019 auf die sechstgrößte im Jahr 2024 zurückgefallen”, so die Studie. Beim Solarstrom gab es einen Anstieg um 21,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die fossile Stromerzeugung sank um 8,7 Prozent. Vor allem die Kohleverstromung ging um 15,7 Prozent zurück. nib

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Macron und Scholz beschwören Einheit gegenüber Trump

Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben vor einem Treffen in Paris die europäische Einheit gegenüber dem neuen US-Präsidenten Donald Trump beschworen.“Europa wird sich nicht ducken und verstecken, sondern ein konstruktiver und selbstbewusster Partner sein”, sagte Scholz am Mittwoch. “Unsere Haltung ist dabei eindeutig. Europa ist ein großer Wirtschaftsraum mit rund 450 Millionen Bürgerinnen und Bürgern. Wir sind stark. Wir stehen zusammen”, betonte er.

Macron sagte, dass nach dem Amtsantritt Trumps das deutsch-französische Tandem seine Rolle wahrnehmen müsse, die EU zu konsolidieren, damit Europa “geeint, stark und souverän bleibt.” Dabei betonte er in Anspielung auf Länder wie Großbritannien, dass dies über die EU hinaus gehen müsse.

Man müsse die transatlantische Verbindung pflegen, aber auch die eigenen Interessen und Werte verteidigen, fügte Macron hinzu. Die Priorität der Europäer müsse “darin bestehen, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit, den Wohlstand und die Sicherheit stärken, um auch unsere Demokratien zu stärken und unser Wirtschafts- und Sozialmodell aufrechtzuerhalten”, sagte der französische Präsident in Abgrenzung zu Trumps politischen Vorstellungen.

Schutz für Stahlindustrie

Beide Politiker treffen sich mitten im deutschen Bundestagswahlkampf am 62. Jahrestag des Elysée-Vertrages von 1962, der die Grundlage der deutsch-französischen Beziehungen in der Nachkriegszeit begründete. Macron sagte, dass Scholz bereits Anfang Februar zu einem Sondergipfel zur Künstlichen Intelligenz wieder nach Paris kommen werde.

Beide forderten die EU-Kommission auf, die Schwerpunkte richtig zu setzen. Scholz forderte die EU-Kommission aber auf, europäischen Stahl zu schützen. Trump hatte in seiner ersten Amtszeit die Zölle für die Einfuhr von in Europa produziertem Stahl erhöht. Macron nannte etliche Gebiete, in denen die EU vorangehen müsse, um ihre Souveränität zu sichern. “Wir müssen dafür bestimmte kritische Sektoren unterstützen, Automobilindustrie, Stahlindustrie, Chemieindustrie”, sagte er. Es sei auch “sehr dringend”, Investitionen in Bereiche wie KI, Quantencomputern, Biotech, Energie, Raumfahrt und Verteidigungsindustrie möglich zu machen. rtr

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Housing-Sonderausschuss: Das sind die Mitglieder

Gaby Bischoff (S&D) und Markus Ferber (EVP) werden nach Informationen von Table.Briefings von ihren Fraktionen in den neuen Wohnungs-Sonderausschuss, HOUS, geschickt. Die entsprechende Liste der 33 Ausschussmitglieder wird heute früh zu Beginn der Plenarsitzung bekannt gegeben. Dasselbe gilt für den neuen Sonderauschuss EUDS (Democracy Shield), als auch für die neuen Vollausschüsse SANT (öffentliche Gesundheit) und SEDE (Sicherheit und Verteidigung).

Der “Sonderausschuss zur Wohnraumkrise in der Europäischen Union”, wie HOUS vollständig heißt, ist auf 12 Monate angelegt. Er soll unter anderem einen Überblick über bisher bestehende Instrumente zur Bekämpfung der Wohnungsknappheit in den Regionen, Ländern und auf EU-Ebene erarbeiten und daraufhin Empfehlungen aussprechen.

Für den Schlussbericht ist die Spanierin Alma Ezcurra (EVP) als Berichterstatterin vorgesehen. Die italienische Sozialdemokratin Irene Tinagli soll den Ausschuss als Vorsitzende leiten. Renew, die Linke und die Grünen/EFA wollen unter anderem ihre Koordinatorinnen aus dem Beschäftigungsausschuss in den Wohnungsausschuss senden: Brigitte van den Berg, Leila Chaibi und Maria Ohisalo. Die Linksfraktion schickt außerdem ihre stellvertretende Fraktionsvorsitzende Irene Montero in den Ausschuss.

Das Datum der konstituierenden Sitzung steht bisher nicht fest, nach Informationen von Table.Briefings wird es auf einen Termin entweder Ende Januar oder Anfang Februar hinauslaufen. lei/sti

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GAP: Wie laut Forschern mehr Umweltschutz ohne mehr Geld möglich wird

Die EU soll für den Klima- und Umweltschutz in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) neue Instrumente entwickeln, die günstiger und leichter umsetzbar sind als bisher. Das empfehlen Forscher der französischen Institute IDDRI und INRAE in einer Studie für den EU-Agrarausschuss. Geeignet sei eine Kombination aus Steuern und Rückerstattung: Landwirte müssten für Umweltschäden zahlen, die sie verursachen, bekämen aber einen bestimmten Betrag zurückgezahlt.

Vorbild ist die dänische Klimasteuer für die Tierhaltung. Die müssen Tierhalter pro Tonne ausgestoßener Emissionen zahlen, erhalten aber durchschnittlich 60 Prozent der Kosten zurück. So werden in der Praxis nur Emissionen über einem gewissen Schwellenwert besteuert, die sich durch Futterzusätze oder bessere Gülleverarbeitung vermeiden lassen.

Die Vorteile eines solchen Mechanismus: Abgaben schafften kostengünstiger und unbürokratischer als bisherige GAP-Maßnahmen Anreize für Umwelt- und Klimaschutz, schreiben die Autoren. Rückerstattungen sorgten für bessere Akzeptanz unter Landwirten. Zum Beispiel könne eine hohe Abgabe auf die Nutzung synthetischer Pestizide oder Dünger zu deutlich weniger Umweltverschmutzung führen. Erhielten Ackerbauern dann eine Rückerstattung, müssten sie trotzdem kaum Einkommen einbüßen. Zudem könnten sie frei wählen, auf welche Weise sie Pestizide oder Dünger einsparen.

Politisch ist ein solcher Schritt allerdings unwahrscheinlich. Denn die EU ist in der Steuerpolitik nur begrenzt zuständig, alle Mitgliedstaaten müssten eine neue Umwelt- oder Klimasteuer einstimmig mittragen. Das erkennen auch die Autoren an, betonen aber: Notwendig sei die Umstellung trotzdem. Bleibe es beim bisherigen GAP-System, das auf Vorgaben und Subventionen setzt, sei mit “enttäuschenden Ergebnissen” zu rechnen. Verbesserungen für Umwelt und Klima seien dann nur mit einem deutlich höheren Agrarbudget zu erreichen. jd

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Trumps Zollpläne: Warum ein WTO-Funktionär für Zuversicht plädiert

Zum Start der zweiten Amtszeit Donald Trumps als US-Präsident sind die Folgen für den internationalen Agrarhandel aus Sicht von Jean-Marie Paugam, Vize-Generaldirektor bei der Welthandelsorganisation (WTO), noch offen. “In Wahrheit weiß niemand, was genau passieren wird”, sagt Paugam, der unter anderem für Landwirtschaft sowie Umwelt und Handel zuständig ist, zu Table.Briefings.

Wie sich die Pläne konkret auswirken, hänge davon ab, wie Trump verschiedene Instrumente gewichte, erklärt Paugam. Etwa Zölle, Steuersenkungen und Deregulierung. Auch die Reaktionen der Handelspartner seien noch offen. Trump hat nach seinem Amtsantritt zunächst keine Dekrete zu Importzöllen unterschrieben. Für Waren aus Kanada und Mexiko will er ab 1. Februar Zölle einführen, Näheres zum Handel mit der EU und China sagte er dagegen nicht.

Trotz der Unwägbarkeiten zeigt sich Paugam zuversichtlich. Schon in den vergangenen Jahren habe es Debatten über zunehmenden Protektionismus und Alleingänge einzelner Staaten gegeben. “Aber wenn Sie die Fakten anschauen, ging der globale Handel weiter”, betont er. “So etwas wie eine Deglobalisierung gibt es nicht.” Dass es Spannungsfelder gebe, räumt Paugam jedoch ein. Dazu gehörten Handelsmaßnahmen im Sinne der nationalen Sicherheit oder, etwa im Fall der EU, der strategischen Autonomie.

Ebenso brächten nationale Umwelt- und Klimapolitiken, wenn auch inhaltlich berechtigt, Hindernisse mit sich. “Weltweit gibt es schon 75 verschiedene CO₂-Steuern – das ist gut fürs Klima, aber sie sind zwischen den Staaten kein bisschen koordiniert und werden gegenseitig nicht verstanden”, erklärt Paugam. Auch die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) sieht er wegen praktischer Schwierigkeiten bei der Umsetzung als Beispiel für eine Regulierung, die Handelsbeziehungen verkomplizieren könne.

Helfen könnte eine verstärkte Zusammenarbeit im Rahmen der WTO zu Umwelt- und Klimafragen, ist Paugam überzeugt. “Traditionell war das nicht das Spezialgebiet der WTO”, räumt er ein. “Doch jetzt, wo praktisch alle Staaten ‘grüner’ werden, führt kein Weg daran vorbei, über die Folgen all dieser Maßnahmen für den Handel zu sprechen.”

Als eine solche Kooperationsplattform könne die WTO weiter einen wichtigen Beitrag leisten – trotz Rückschlägen wie der Schwächung des Appellate Body, der obersten Streitschlichtungsinstanz der WTO. Gut funktioniere das bereits bei vielen technischen Fragen, etwa der Abstimmung von Gesundheits- und Pflanzenschutzstandards (SPS), betont Paugam: “All das ist sehr wichtig – für viele Exporteure wichtiger als Zölle.” jd

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Presseschau

Parlamentarier kritisieren EU-Prioritäten von Donald Tusk – unter anderem wegen seines Angriffs auf den Green Deal der EU EURONEWS
Ukrainischer Minister: EU muss im nächsten Haushalt Mittel für neue Mitglieder vorsehen EURONEWS
“Schwäche lädt Aggressor ein” – EU-Geheimdienste: Russischer Angriff ab 2028 möglich N-TV
“Wir haben einen Ozean dazwischen”: Trump fordert EU zu mehr Ukraine-Hilfen auf – Kallas und Tusk pflichten bei TAGESSPIEGEL
Kritik an Einstimmigkeits-Prinzip – Damit Trump Europa nicht lahmlegen kann: So wollen Politiker die EU umbauen NOZ
Trump steigt aus Pariser Klimaabkommen aus; könnte die Überlegenheit der USA bei grüner Zukunftstechnologie verringern MERKUR
Wie EU-Digitalkommissarin Henna Virkkunen gegen Elon Musk und Co. vorgehen will SÜDDEUTSCHE
EU-Abgeordneter: Russische Talkshows diskutieren mögliche Sabotageziele in Europa RND
EU-Parlamentsdebatte über Spionagevorwurf gegen Ungarn FAZ
EU verpflichtet Arbeitgeber bei KI-Einsatz zu Fortbildungen FAZ
Spionage: Großbritannien eskortiert russisches Schiff aus Ärmelkanal ZEIT
Besuch in Paris – Scholz bei Macron: “Sie wollen uns auseinandertreiben” RND
Nach Hotelbrand in der Türkei: Trauer und die Suche nach den Verantwortlichen TAGESSCHAU
Österreich spricht mit den Taliban über Abschiebungen FAZ
Niederlande: Gericht zwingt Regierung zu mehr Klimaschutz TAGESSCHAU
Chaos verhindert Wahl des irischen Premierministers FAZ
Politik unter Fico: Wie die Slowakei nach Russland abdriftet TAGESSCHAU
Schweiz unterzeichnet in Davos Freihandelsabkommen mit dem Kosovo SARGANSERLÄNDER
Gewalt in Serbien: Rätselhafte Angriffe auf Demonstranten, die gegen Präsident Vučić und seine Regierung auf die Straße gehen SPIEGEL
Bundesgerichtsurteil in der Schweiz: Schulen nur für Mädchen oder Buben sind diskriminierend DIE PRESSE

Heads

Rossen Scheljaskov: Bulgariens neuer Ministerpräsident stellt sich der EU vor

Dieser Tage tingelt ein Neuer in Straßburg durch die Institutionen der Europäischen Union. Eine knappe Woche nachdem ihn die 51. Bulgarische Volksversammlung zum neuen Ministerpräsidenten Bulgariens gewählt hat, traf Rossen Scheljaskov zu ersten Gesprächen mit EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und mit dem Präsidenten des Europäischen Rats, António Costa zusammen. Der Kommissionspräsidentin habe er seine “Besorgnisse” zum Ausdruck gebracht, die er zur “Wettbewerbsfähigkeit der Union” hege, erklärte Rossen Scheljakov anschließend vor Journalisten und nannte Themen wie “Überregulierung, bürokratischer Aufwand, zu viel Verwaltung in den Prozessen der Union und einige Politiken, die überarbeitet werden müssen”.

Der 56-jährige Jurist ist auf EU-Parkett kein Unbekannter, vom September 2018 bis zum April 2021 amtierte er als Bulgariens Transportminister, ab April 2023 war er ein Jahr Parlamentspräsident. Als Regierungschef führt er nun eine ungewöhnliche Dreierkoalition. Sie vereinigt seine rechtsgerichtete und erklärtermaßen transatlantisch orientierte Partei “Bürger für eine Europäische Entwicklung Bulgariens” (GERB) mit der postkommunistischen, traditionell Russland verbundenen “Bulgarischen Sozialistischen Partei” (BSP) und der populistisch agierenden Kleinstpartei “So ein Volk gibt es” (ITN).

Verabschiedung des Staatshaushalts als Priorität

Sein Regierungsbündnis verfügt über keine parlamentarische Mehrheit, hängt vom guten Willen zur parlamentarischen Unterstützung der “Allianz für Rechte und Freiheiten” (APS) ab, einer Splitterfraktion der im Juli 2024 gespaltenen Türkenpartei. So lässt sich kaum prognostizieren, ob das Kabinett Scheljaskov dem Balkanland nach vier Jahren politischer Irrungen und Wirrungen Stabilität und Kontinuität bringen wird. Das wesentliche, die drei Koalitionäre verbindende Element ist vor allem der unbedingte Wille, den bulgarischen Bürgerinnen und Bürgern für das bevorstehende Frühjahr eine erneute Parlamentswahl zu ersparen. Es wäre die achte in vier Jahren. Darüber hinaus verfügen sie kaum über politische Gemeinsamkeiten.

Ein Koalitionsprogramm will die neue Regierung erst in einem Monat vorlegen, doch nannte Scheljaskov am Rande seiner Gespräche mit EU-Abgeordneten in Straßburg die Verabschiedung des überfälligen Staatshaushalts für das laufende Jahr als vorrangiges Ziel seiner Regierung. Von ihm hinge auch ab, ob Bulgarien zuletzt blockierte EU-Gelder aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) abrufen könne, um dringend benötigte Infrastrukturprojekte zur Erhöhung der Energiesicherheit und zur Ertüchtigung seiner Verkehrsnetze zu realisieren.

Unklare Positionierung zu Ukraine

Nach der Parlamentswahl vom 27. Oktober 2024 galt eigentlich das liberal-konservative Parteienbündnis aus “Wir setzen den Wandel fort” (PP) und “Demokratisches Bulgarien” (DB) als prädestinierter Koalitionspartner von GERB. Beide Formationen stimmten in ihren Grundzügen der Außenpolitik überein und befürworteten militärische Unterstützung der Ukraine. Die BSP lehnt dagegen Waffenlieferungen an die Ukraine ebenso ab wie Staatspräsident Rumen Radev. So markiert die neue Regierungskoalition in geopolitischer Hinsicht eine gewisse Neupositionierung Bulgariens. Manche politische Beobachter sehen diese inspiriert durch Donald Trumps Wahl zum US-Präsidenten.

Als zweitstärkste politische Kraft im Parlament ist PP/DB die Speerspitze der Opposition. Sie hat inzwischen ihre Attacken gegen die von GERB angeführte Regierung aufgenommen. Am Mittwochmorgen warf der DB-Abgeordnete Martin Dimitrov den Volksvertretern der Regierungsfraktionen “Sabotage gegen den Beitritt zur Eurozone” vor, weil sie sich der parlamentarischen Zustimmung zur Annahme des Euros notwendiger Änderungen des Gesetzes für die bulgarische Nationalbank verweigerten. Frank Stier

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Personalien

Die spanische Diplomatin Belén Martínez Carbonell wird neue Generaldirektorin des Europäischen Auswärtigen Diensts (EAD). Sie soll das Amt schon am 1. Februar aufnehmen, berichtete das Nachrichtenportal Euractiv. Aktuell ist sie beim EAD als Direktorin für die globale Agenda und multilaterale Beziehungen zuständig. EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas wechselt die Spanierin für den Italiener Stefano Sannino ein, der das neu geschaffene Generaldirektorat für das Mittelmeer übernehmen soll.

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Donald Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit das Ziel ausgegeben, eine starke KI-Industrie in den USA aufzubauen. Damit macht er jetzt ernst: Am Dienstagabend trat er im Weißen Haus mit den CEOs von Oracle, Softbank und OpenAI vor die Kameras. Die drei Unternehmen wollen die sagenhafte Summe von 500 Milliarden Dollar in KI-Infrastruktur in den USA investieren.

    Obwohl das Projekt “Stargate” bereits während der Biden-Administration geplant wurde, hat Trumps Unterstützung die Initiative beschleunigt, sagen die Beteiligten. Geholfen hat dabei auch, dass Trump Joe Bidens KI-Regulierung mit einem Federstrich aufgehoben hat. Sie zielte darauf ab, die Entwicklung von KI sicherer und verantwortungsvoller zu gestalten. Hier gab es eine enge Zusammenarbeit mit der EU.

    Die steht nun vor einigen Herausforderungen: Die Entwicklung von KI ist teuer, und auch bisher investierten die USA weit mehr als Europa. “Europa braucht eine klare Industriestrategie und die Kapitalmarktunion, um private Investitionen in digitale Innovation zu stärken”, sagt die Abgeordnete Alexandra Geese (Grüne). Außerdem muss sich die EU dringend aus der Abhängigkeit von US-Technologien lösen. “Derzeit ist Europa erpressbar”, mahnt Tiemo Wölken (SPD). Wenn Trump den Zugang zu US-Cloud-Diensten abdrehe, drohe deutschen Unternehmen, angefangen bei den Dax-Konzernen, eine Katastrophe.

    Schließlich stellt auch die Regulierung eine Herausforderung dar. In der EU gilt der AI Act, in den USA hat Trump die Regeln für KI gelöscht. “Werte wie Demokratie, Menschenzentriertheit und Rechtsstaatlichkeit, werden keine Rolle mehr in der Zukunft spielen”, sagt Axel Voss (CDU). Für die EU sei das ein Warnsignal, die digitale Transformation endlich ernsthafter und zielgerichteter zu betreiben. Nun heiße es Kräfte bündeln und Prioritäten setzen, “wenn wir digital überleben wollen.” Die EU müsse “jetzt klotzen, nicht kleckern”, sagt Sergey Lagodinsky (Grüne). Wenn die Mitgliedstaaten im globalen Wettbewerb nicht weiter hinter den USA zurückfallen wollen, “muss die Kommission strategische Schwerpunkte abseits der Regulierungsstrategien identifizieren”.

    Europa solle sich jedoch nicht “von bombastischen, aber vielleicht auch realitätsfernen Ankündigungen der Trump-Administration verrückt machen lassen”, findet Wölken. Es habe keine 24 Stunden gedauert, bis Trump-Berater Elon Musk die enorme Summe von 500 Milliarden Dollar bereits wieder in Zweifel gezogen habe.

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    Corinna Visser
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    Weshalb Donald Tusk fünf Prozent Verteidigungsausgaben für nötig hält

    Eindringlicher hätte Donald Tusk bei seinem Auftritt vor dem EU-Parlament kaum mahnen können: “Ich möchte Ihnen sagen, dass Europa es sich in diesen Zeiten nicht leisten kann, bei der Sicherheit zu sparen”. Der Regierungschef und derzeitige EU-Ratsvorsitzende forderte, dass jedes Land fünf Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgibt, entsprechend dem Beispiel Polens. Tusk appellierte, seinen Aufruf ernst zu nehmen: “Wenn Europa überleben soll, muss es sich bewaffnen”.

    Polen hat Sicherheit in allen Aspekten zum Motto seiner EU-Ratspräsidentschaft gemacht. Er sei kein Militarist, betonte Tusk. Sein Land habe unter Kriegen gelitten, wie kaum ein anderes in Europa. Vielleicht deshalb auch das Verständnis dafür, was jetzt nötig sei, damit die Geschichte sich nicht wiederhole. Osteuropäer und Balten warnen schon länger vor der Kriegsgefahr durch Russland, während für die Südeuropäer die Bedrohung weiter weg erscheint.

    Diskussion um Eurobonds

    Polen mit seiner langen Grenze zu Russland und Belarus gebe die fünf Prozent nicht nur für seine eigene Sicherheit aus, sondern für die Sicherheit ganz Europas, betonte Tusk: “Wir haben es mit einem heißen Konflikt an unseren Grenzen zu tun“. Der Kontinent müsse aus seiner Routine aufwachen. Jetzt sei der Moment, um die Verteidigungsausgaben radikal anzuheben.

    Einige EU-Staaten seien gegen höhere Ausgaben oder gegen Eurobonds und wollten keine neuen Schulden machen, sagte Tusk. Dabei sei es nicht die wichtigste Frage, mit welcher Methode europäische Verteidigungsprojekte finanziert würden. Wichtiger sei, dass es keine Alternative, keine Wahl gebe: “Wir müssen uns selbst verteidigen können, was heißt, dass europäisches Geld dafür ausgeben werden muss”.

    Europa dürfe sich nicht länger auf den amerikanischen Schutzschirm verlassen, müsse seine Sicherheit selbst in die Hand nehmen. Der Regierungschef warb dabei für ein gemeinsames Projekt mit Litauen und Finnland für einen Schutzwall an der Ostgrenze. Noch sei “Europa nicht verloren”, sagte Tusk in Anlehnung an Polens Nationalhymne und forderte Zuversicht. Europa habe keinen Grund, sich zu fürchten, Europa werde “immer groß sein.”

    Drei bis fünf Jahre Zeit

    Ähnlich alarmiert äußerte sich die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bei der Jahrestagung der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA). Von den nationalen Geheimdiensten komme die Warnung, dass Russland in drei bis fünf Jahren die Bereitschaft der EU-Staaten testen könnte, sich zu verteidigen. Europas Versäumnis, in militärische Fähigkeiten zu investieren, sende ein gefährliches Signal der Schwäche an Russland, den Aggressor.

    Estlands frühere Regierungschefin appellierte, die Warnungen ernst zu nehmen. US-Präsident Donald Trump habe recht, wenn er sage, dass Europa zu wenig für seine Sicherheit ausgebe. Jetzt sei höchste Zeit, zu investieren. Heute stehe Europas Frontlinie in der Ukraine, verschaffe die Ukraine Europa Zeit. Doch die EU sei schon jetzt Ziel von Russlands hybridem Krieg.

    Trump droht Putin

    Auch aus Washington wurden scharfe Worte in Richtung Moskau gerichtet. US-Präsident Donald Trump drohte Russland am Mittwoch mit Zöllen und neuen Sanktionen, sollte Wladimir Putin zu einem Deal für einen Waffenstillstand in der Ukraine nicht bereit sein. Er werde keine andere Wahl haben, also “hohe Steuern, Zölle und Sanktionen” gegen alles verhängen, was Russland an die USA verkaufe: “Wir können es auf die einfache oder auf die harte Tour machen”, drohte Trump.

    Die EU-Außenminister werden die neue Lage am kommenden Montag, 27. Januar, am Außenministerrat mit Kallas besprechen. Eine Woche später, am 3. Februar, wird Tusk sein Argument für eine europäische Verteidigungsfinanzierung gegenüber seinen Kollegen im Europäischen Rat wiederholen.

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    BMWK will keinen Standortwettbewerb über Energiepreise

    Günstige Bedingungen für die Energieerzeugung sollen nach dem Willen des Bundeswirtschaftsministeriums nicht über die Standorte von Industriebetrieben entscheiden. “Unternehmen sollten über ihre Produkte konkurrieren und nicht über Energiepreise“, sagte Staatssekretär Philipp Nimmermann am Mittwoch beim deutsch-französischen Energieforum. “Wir brauchen europäische Instrumente, die es ermöglichen, energieintensive Industrien in Europa zu halten.”

    Mit seinen Äußerungen unterstreicht Nimmermann auch, dass Deutschland auf den europäischen Energiebinnenmarkt angewiesen ist, um energieintensive Produktion im Land zu halten. Schweden und Norwegen hatten in den vergangenen Monaten allerdings gedroht, ihre Stromexporte einzuschränken, um die Energiepreise in ihren Ländern niedrig zu halten.

    Einheitliche Anreizregulierung soll Kapital anziehen

    Eine stärkere Angleichung strebt das BMWK etwa bei der Ermittlung der Netzentgelte an. “Die Kommission sollte nach meiner Auffassung darüber nachdenken, ob sie nicht eine Harmonisierung der Anreizregulierung herbeiführt”, sagte Nimmermann. Angesichts von 27 unterschiedlichen Regulierungen in der EU sei es für Investoren schwierig zu beurteilen, wo Investitionen in die Netze attraktiv seien. Der Kapitalbedarf liegt im dreistelligen Milliardenbereich.

    Die französische Seite nahm den Vorschlag eher reserviert auf. Wenn es eine Harmonisierung gebe, dürfe dies nicht zu mehr Komplexität führen, entgegnete Sophie Mourlon, Generaldirektorin im Pariser Wirtschaftsministerium. Die EU-Staaten müssten außerdem weiter über ihren Energiemix entscheiden können.

    Die Bundesregierung könne sich auch vorstellen, den Netzausbau stärker über den Staatshaushalt als nur über Entgelte der Nutzer zu finanzieren, sagte Nimmermann. Die beihilferechtlichen Fragen wolle man intensiv mit der Kommission erörtern.

    Streit um Kostenteilung für Stromtransport

    Ein stark umstrittenes Thema unter den EU-Ländern ist derzeit die Kostenteilung für große Stromtrassen und insbesondere Interkonnektoren zwischen den Staaten. “Wir brauchen einen Mechanismus, um Staaten zu entschädigen, die mit ihren Investitionen übermäßige Vorteile für das europäische Netz leisten”, hatte der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis vor wenigen Tagen an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geschrieben.

    Für “gewagt” hält diesen Ansatz Ivan Faucheux von der französischen Regulierungsbehörde CRE, wenn man eine Kostenteilung unter den EU27 anstrebe. In der Praxis sei es schon schwierig, bilaterale Verträge in dieser Frage zu schließen. Wenn eine stärkere Kostenteilung erwünscht sei, müsse diese möglichst einfach gehalten werden. Sinnvoll sei es, die drei bereits bestehenden Mechanismen zur Kostenteilung besser aufeinander abzustimmen, sagte Annegret Groebel von der Bundesnetzagentur. Derzeit gebe es solche Berechnungsmethoden unter anderem für die Connecting Europe Facility und die Verteilung von Engpasserlösen.

    Thyssen-Krupp: Amazon und Google zahlen mehr für grünen Strom

    Die Energiekosten senken soll die jüngste Reform des Strombinnenmarktpakets. Die Richtlinie hätten die EU-Staaten bis zum 17. Januar umsetzen müssen. Deutschland werde wegen der vorgezogenen Wahlen aber wohl noch bis September brauchen, sagte André Poschmann aus dem BMWK.

    Eine der Maßnahmen des Pakets soll eine Stärkung von langfristigen Stromlieferverträgen (PPA) sein. Derzeit seien PPA allerdings noch sehr teuer, berichtete Erika Mink-Zaghloul von Thyssen-Krupp Steel: “Unter den Amazons und Googles dieser Welt gibt es außerdem eine ganz andere Zahlungsbereitschaft als bei uns in der Stahlindustrie.” Bisher habe Thyssen-Krupp einen Vertrag über 110 Gigawattstunden abgeschlossen, was im einstelligen Prozentbereich des künftigen Strombedarfs liege.

    Poschmann ordnete noch einige Zahlen ein, die in den letzten Monaten für Schlagzeilen gesorgt hatten. Die hohen Preise infolge der Dunkelflaute Mitte Dezember hätten mit nur 150 Megawatt zusätzlicher Erzeugungskapazität in der EU halbiert werden können, berichtete der Beamte. Das entspricht einer einzigen größeren Gasturbine.

    Von der Rekordsumme an geplanten Batteriespeichern werde wohl nur ein Zehntel realisiert. Die Netzbetreiber haben Anfragen für Großbatterien mit 230 Gigawatt erhalten, um die schwankende Erzeugung aus Wind- und Solarenergie auszugleichen. Realistisch zu erwarten seien eher 20 bis 30 Gigawatt, sagte Poschmann. Schon dies bedeute aber ein völlig anderes Level der Energiewende.

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    Termine

    23.01.2025 – 11:00 Uhr, online
    EBD De-Briefing ECOFIN
    Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) bespricht die Themen und Ergebnisse des ECOFIN-Ratstreffens vom 21.01.2025. ANMELDUNG

    28.01.2025 – 10:30 Uhr, Berlin
    EBD, Diskussion Briefing Polnische EU-Ratspräsidentschaft
    Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) diskutiert über die Prioritäten und Herausforderungen der polnischen EU-Ratspräsidentschaft. ANMELDUNG

    28.01.2025 – 15:00-16:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
    ERCST, Discussion Paper Launch – Unlocking CO₂ Storage Opportunities Outside the EU – Policy Challenges and Business Prospects
    The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) focusses on the challenges of establishing a robust business case for CO₂ storage outside the EU. INFOS & REGISTRATION

    28.01.2025 – 18:00-19:30 Uhr, online
    ET/JDC, Diskussion Deutschlands Wahl – Richtungsentscheid für Europa
    Der Europe.Table (ET) und das Jacques Delors Centre (JDC) an der Hertie School of Governance diskutieren mit führenden Bundespolitikern über die europäische Dimension des Bundestagswahlkampfes. INFOS & ANMELDUNG

    28.01.2025 – 19:00-20:30 Uhr, Hamburg
    FNF, Diskussion Die politische Lage in Frankreich: Aussichten auf die deutsch-französischen Beziehungen – Stottert der Motor der EU?
    Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) geht der Frage nach, wie es um die politische Stabilität Frankreichs bestellt ist. INFOS & ANMELDUNG

    News

    Klima in Zahlen: EU-Staaten sparen Milliarden an fossilen Importen

    Die EU-Staaten haben in den vergangen sechs Jahren durch den Ausbau der Wind- und Solarkraft fast 60 Milliarden Euro an Gas- und Kohleimporten gespart. Das geht aus einer Studie des Energie-Thinktanks Ember hervor, die heute veröffentlicht wurde. Demnach wurden durch den Erneuerbaren-Ausbau über 90 Milliarden Kubikmeter Gas eingespart, was rund 18 Prozent des Gasverbrauchs der EU in diesem Zeitraum entspricht.

    Laut Ember haben die EU-Staaten im vergangenen Jahr erstmals mehr Strom aus Solarenergie erzeugt als aus Kohle. “Kohle ist von der drittgrößten Stromquelle der EU im Jahr 2019 auf die sechstgrößte im Jahr 2024 zurückgefallen”, so die Studie. Beim Solarstrom gab es einen Anstieg um 21,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die fossile Stromerzeugung sank um 8,7 Prozent. Vor allem die Kohleverstromung ging um 15,7 Prozent zurück. nib

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    Macron und Scholz beschwören Einheit gegenüber Trump

    Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben vor einem Treffen in Paris die europäische Einheit gegenüber dem neuen US-Präsidenten Donald Trump beschworen.“Europa wird sich nicht ducken und verstecken, sondern ein konstruktiver und selbstbewusster Partner sein”, sagte Scholz am Mittwoch. “Unsere Haltung ist dabei eindeutig. Europa ist ein großer Wirtschaftsraum mit rund 450 Millionen Bürgerinnen und Bürgern. Wir sind stark. Wir stehen zusammen”, betonte er.

    Macron sagte, dass nach dem Amtsantritt Trumps das deutsch-französische Tandem seine Rolle wahrnehmen müsse, die EU zu konsolidieren, damit Europa “geeint, stark und souverän bleibt.” Dabei betonte er in Anspielung auf Länder wie Großbritannien, dass dies über die EU hinaus gehen müsse.

    Man müsse die transatlantische Verbindung pflegen, aber auch die eigenen Interessen und Werte verteidigen, fügte Macron hinzu. Die Priorität der Europäer müsse “darin bestehen, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit, den Wohlstand und die Sicherheit stärken, um auch unsere Demokratien zu stärken und unser Wirtschafts- und Sozialmodell aufrechtzuerhalten”, sagte der französische Präsident in Abgrenzung zu Trumps politischen Vorstellungen.

    Schutz für Stahlindustrie

    Beide Politiker treffen sich mitten im deutschen Bundestagswahlkampf am 62. Jahrestag des Elysée-Vertrages von 1962, der die Grundlage der deutsch-französischen Beziehungen in der Nachkriegszeit begründete. Macron sagte, dass Scholz bereits Anfang Februar zu einem Sondergipfel zur Künstlichen Intelligenz wieder nach Paris kommen werde.

    Beide forderten die EU-Kommission auf, die Schwerpunkte richtig zu setzen. Scholz forderte die EU-Kommission aber auf, europäischen Stahl zu schützen. Trump hatte in seiner ersten Amtszeit die Zölle für die Einfuhr von in Europa produziertem Stahl erhöht. Macron nannte etliche Gebiete, in denen die EU vorangehen müsse, um ihre Souveränität zu sichern. “Wir müssen dafür bestimmte kritische Sektoren unterstützen, Automobilindustrie, Stahlindustrie, Chemieindustrie”, sagte er. Es sei auch “sehr dringend”, Investitionen in Bereiche wie KI, Quantencomputern, Biotech, Energie, Raumfahrt und Verteidigungsindustrie möglich zu machen. rtr

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    Housing-Sonderausschuss: Das sind die Mitglieder

    Gaby Bischoff (S&D) und Markus Ferber (EVP) werden nach Informationen von Table.Briefings von ihren Fraktionen in den neuen Wohnungs-Sonderausschuss, HOUS, geschickt. Die entsprechende Liste der 33 Ausschussmitglieder wird heute früh zu Beginn der Plenarsitzung bekannt gegeben. Dasselbe gilt für den neuen Sonderauschuss EUDS (Democracy Shield), als auch für die neuen Vollausschüsse SANT (öffentliche Gesundheit) und SEDE (Sicherheit und Verteidigung).

    Der “Sonderausschuss zur Wohnraumkrise in der Europäischen Union”, wie HOUS vollständig heißt, ist auf 12 Monate angelegt. Er soll unter anderem einen Überblick über bisher bestehende Instrumente zur Bekämpfung der Wohnungsknappheit in den Regionen, Ländern und auf EU-Ebene erarbeiten und daraufhin Empfehlungen aussprechen.

    Für den Schlussbericht ist die Spanierin Alma Ezcurra (EVP) als Berichterstatterin vorgesehen. Die italienische Sozialdemokratin Irene Tinagli soll den Ausschuss als Vorsitzende leiten. Renew, die Linke und die Grünen/EFA wollen unter anderem ihre Koordinatorinnen aus dem Beschäftigungsausschuss in den Wohnungsausschuss senden: Brigitte van den Berg, Leila Chaibi und Maria Ohisalo. Die Linksfraktion schickt außerdem ihre stellvertretende Fraktionsvorsitzende Irene Montero in den Ausschuss.

    Das Datum der konstituierenden Sitzung steht bisher nicht fest, nach Informationen von Table.Briefings wird es auf einen Termin entweder Ende Januar oder Anfang Februar hinauslaufen. lei/sti

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    GAP: Wie laut Forschern mehr Umweltschutz ohne mehr Geld möglich wird

    Die EU soll für den Klima- und Umweltschutz in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) neue Instrumente entwickeln, die günstiger und leichter umsetzbar sind als bisher. Das empfehlen Forscher der französischen Institute IDDRI und INRAE in einer Studie für den EU-Agrarausschuss. Geeignet sei eine Kombination aus Steuern und Rückerstattung: Landwirte müssten für Umweltschäden zahlen, die sie verursachen, bekämen aber einen bestimmten Betrag zurückgezahlt.

    Vorbild ist die dänische Klimasteuer für die Tierhaltung. Die müssen Tierhalter pro Tonne ausgestoßener Emissionen zahlen, erhalten aber durchschnittlich 60 Prozent der Kosten zurück. So werden in der Praxis nur Emissionen über einem gewissen Schwellenwert besteuert, die sich durch Futterzusätze oder bessere Gülleverarbeitung vermeiden lassen.

    Die Vorteile eines solchen Mechanismus: Abgaben schafften kostengünstiger und unbürokratischer als bisherige GAP-Maßnahmen Anreize für Umwelt- und Klimaschutz, schreiben die Autoren. Rückerstattungen sorgten für bessere Akzeptanz unter Landwirten. Zum Beispiel könne eine hohe Abgabe auf die Nutzung synthetischer Pestizide oder Dünger zu deutlich weniger Umweltverschmutzung führen. Erhielten Ackerbauern dann eine Rückerstattung, müssten sie trotzdem kaum Einkommen einbüßen. Zudem könnten sie frei wählen, auf welche Weise sie Pestizide oder Dünger einsparen.

    Politisch ist ein solcher Schritt allerdings unwahrscheinlich. Denn die EU ist in der Steuerpolitik nur begrenzt zuständig, alle Mitgliedstaaten müssten eine neue Umwelt- oder Klimasteuer einstimmig mittragen. Das erkennen auch die Autoren an, betonen aber: Notwendig sei die Umstellung trotzdem. Bleibe es beim bisherigen GAP-System, das auf Vorgaben und Subventionen setzt, sei mit “enttäuschenden Ergebnissen” zu rechnen. Verbesserungen für Umwelt und Klima seien dann nur mit einem deutlich höheren Agrarbudget zu erreichen. jd

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    • GAP
    • GAP-Reform
    • Gemeinsame Agrarpolitik

    Trumps Zollpläne: Warum ein WTO-Funktionär für Zuversicht plädiert

    Zum Start der zweiten Amtszeit Donald Trumps als US-Präsident sind die Folgen für den internationalen Agrarhandel aus Sicht von Jean-Marie Paugam, Vize-Generaldirektor bei der Welthandelsorganisation (WTO), noch offen. “In Wahrheit weiß niemand, was genau passieren wird”, sagt Paugam, der unter anderem für Landwirtschaft sowie Umwelt und Handel zuständig ist, zu Table.Briefings.

    Wie sich die Pläne konkret auswirken, hänge davon ab, wie Trump verschiedene Instrumente gewichte, erklärt Paugam. Etwa Zölle, Steuersenkungen und Deregulierung. Auch die Reaktionen der Handelspartner seien noch offen. Trump hat nach seinem Amtsantritt zunächst keine Dekrete zu Importzöllen unterschrieben. Für Waren aus Kanada und Mexiko will er ab 1. Februar Zölle einführen, Näheres zum Handel mit der EU und China sagte er dagegen nicht.

    Trotz der Unwägbarkeiten zeigt sich Paugam zuversichtlich. Schon in den vergangenen Jahren habe es Debatten über zunehmenden Protektionismus und Alleingänge einzelner Staaten gegeben. “Aber wenn Sie die Fakten anschauen, ging der globale Handel weiter”, betont er. “So etwas wie eine Deglobalisierung gibt es nicht.” Dass es Spannungsfelder gebe, räumt Paugam jedoch ein. Dazu gehörten Handelsmaßnahmen im Sinne der nationalen Sicherheit oder, etwa im Fall der EU, der strategischen Autonomie.

    Ebenso brächten nationale Umwelt- und Klimapolitiken, wenn auch inhaltlich berechtigt, Hindernisse mit sich. “Weltweit gibt es schon 75 verschiedene CO₂-Steuern – das ist gut fürs Klima, aber sie sind zwischen den Staaten kein bisschen koordiniert und werden gegenseitig nicht verstanden”, erklärt Paugam. Auch die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) sieht er wegen praktischer Schwierigkeiten bei der Umsetzung als Beispiel für eine Regulierung, die Handelsbeziehungen verkomplizieren könne.

    Helfen könnte eine verstärkte Zusammenarbeit im Rahmen der WTO zu Umwelt- und Klimafragen, ist Paugam überzeugt. “Traditionell war das nicht das Spezialgebiet der WTO”, räumt er ein. “Doch jetzt, wo praktisch alle Staaten ‘grüner’ werden, führt kein Weg daran vorbei, über die Folgen all dieser Maßnahmen für den Handel zu sprechen.”

    Als eine solche Kooperationsplattform könne die WTO weiter einen wichtigen Beitrag leisten – trotz Rückschlägen wie der Schwächung des Appellate Body, der obersten Streitschlichtungsinstanz der WTO. Gut funktioniere das bereits bei vielen technischen Fragen, etwa der Abstimmung von Gesundheits- und Pflanzenschutzstandards (SPS), betont Paugam: “All das ist sehr wichtig – für viele Exporteure wichtiger als Zölle.” jd

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    Presseschau

    Parlamentarier kritisieren EU-Prioritäten von Donald Tusk – unter anderem wegen seines Angriffs auf den Green Deal der EU EURONEWS
    Ukrainischer Minister: EU muss im nächsten Haushalt Mittel für neue Mitglieder vorsehen EURONEWS
    “Schwäche lädt Aggressor ein” – EU-Geheimdienste: Russischer Angriff ab 2028 möglich N-TV
    “Wir haben einen Ozean dazwischen”: Trump fordert EU zu mehr Ukraine-Hilfen auf – Kallas und Tusk pflichten bei TAGESSPIEGEL
    Kritik an Einstimmigkeits-Prinzip – Damit Trump Europa nicht lahmlegen kann: So wollen Politiker die EU umbauen NOZ
    Trump steigt aus Pariser Klimaabkommen aus; könnte die Überlegenheit der USA bei grüner Zukunftstechnologie verringern MERKUR
    Wie EU-Digitalkommissarin Henna Virkkunen gegen Elon Musk und Co. vorgehen will SÜDDEUTSCHE
    EU-Abgeordneter: Russische Talkshows diskutieren mögliche Sabotageziele in Europa RND
    EU-Parlamentsdebatte über Spionagevorwurf gegen Ungarn FAZ
    EU verpflichtet Arbeitgeber bei KI-Einsatz zu Fortbildungen FAZ
    Spionage: Großbritannien eskortiert russisches Schiff aus Ärmelkanal ZEIT
    Besuch in Paris – Scholz bei Macron: “Sie wollen uns auseinandertreiben” RND
    Nach Hotelbrand in der Türkei: Trauer und die Suche nach den Verantwortlichen TAGESSCHAU
    Österreich spricht mit den Taliban über Abschiebungen FAZ
    Niederlande: Gericht zwingt Regierung zu mehr Klimaschutz TAGESSCHAU
    Chaos verhindert Wahl des irischen Premierministers FAZ
    Politik unter Fico: Wie die Slowakei nach Russland abdriftet TAGESSCHAU
    Schweiz unterzeichnet in Davos Freihandelsabkommen mit dem Kosovo SARGANSERLÄNDER
    Gewalt in Serbien: Rätselhafte Angriffe auf Demonstranten, die gegen Präsident Vučić und seine Regierung auf die Straße gehen SPIEGEL
    Bundesgerichtsurteil in der Schweiz: Schulen nur für Mädchen oder Buben sind diskriminierend DIE PRESSE

    Heads

    Rossen Scheljaskov: Bulgariens neuer Ministerpräsident stellt sich der EU vor

    Dieser Tage tingelt ein Neuer in Straßburg durch die Institutionen der Europäischen Union. Eine knappe Woche nachdem ihn die 51. Bulgarische Volksversammlung zum neuen Ministerpräsidenten Bulgariens gewählt hat, traf Rossen Scheljaskov zu ersten Gesprächen mit EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und mit dem Präsidenten des Europäischen Rats, António Costa zusammen. Der Kommissionspräsidentin habe er seine “Besorgnisse” zum Ausdruck gebracht, die er zur “Wettbewerbsfähigkeit der Union” hege, erklärte Rossen Scheljakov anschließend vor Journalisten und nannte Themen wie “Überregulierung, bürokratischer Aufwand, zu viel Verwaltung in den Prozessen der Union und einige Politiken, die überarbeitet werden müssen”.

    Der 56-jährige Jurist ist auf EU-Parkett kein Unbekannter, vom September 2018 bis zum April 2021 amtierte er als Bulgariens Transportminister, ab April 2023 war er ein Jahr Parlamentspräsident. Als Regierungschef führt er nun eine ungewöhnliche Dreierkoalition. Sie vereinigt seine rechtsgerichtete und erklärtermaßen transatlantisch orientierte Partei “Bürger für eine Europäische Entwicklung Bulgariens” (GERB) mit der postkommunistischen, traditionell Russland verbundenen “Bulgarischen Sozialistischen Partei” (BSP) und der populistisch agierenden Kleinstpartei “So ein Volk gibt es” (ITN).

    Verabschiedung des Staatshaushalts als Priorität

    Sein Regierungsbündnis verfügt über keine parlamentarische Mehrheit, hängt vom guten Willen zur parlamentarischen Unterstützung der “Allianz für Rechte und Freiheiten” (APS) ab, einer Splitterfraktion der im Juli 2024 gespaltenen Türkenpartei. So lässt sich kaum prognostizieren, ob das Kabinett Scheljaskov dem Balkanland nach vier Jahren politischer Irrungen und Wirrungen Stabilität und Kontinuität bringen wird. Das wesentliche, die drei Koalitionäre verbindende Element ist vor allem der unbedingte Wille, den bulgarischen Bürgerinnen und Bürgern für das bevorstehende Frühjahr eine erneute Parlamentswahl zu ersparen. Es wäre die achte in vier Jahren. Darüber hinaus verfügen sie kaum über politische Gemeinsamkeiten.

    Ein Koalitionsprogramm will die neue Regierung erst in einem Monat vorlegen, doch nannte Scheljaskov am Rande seiner Gespräche mit EU-Abgeordneten in Straßburg die Verabschiedung des überfälligen Staatshaushalts für das laufende Jahr als vorrangiges Ziel seiner Regierung. Von ihm hinge auch ab, ob Bulgarien zuletzt blockierte EU-Gelder aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) abrufen könne, um dringend benötigte Infrastrukturprojekte zur Erhöhung der Energiesicherheit und zur Ertüchtigung seiner Verkehrsnetze zu realisieren.

    Unklare Positionierung zu Ukraine

    Nach der Parlamentswahl vom 27. Oktober 2024 galt eigentlich das liberal-konservative Parteienbündnis aus “Wir setzen den Wandel fort” (PP) und “Demokratisches Bulgarien” (DB) als prädestinierter Koalitionspartner von GERB. Beide Formationen stimmten in ihren Grundzügen der Außenpolitik überein und befürworteten militärische Unterstützung der Ukraine. Die BSP lehnt dagegen Waffenlieferungen an die Ukraine ebenso ab wie Staatspräsident Rumen Radev. So markiert die neue Regierungskoalition in geopolitischer Hinsicht eine gewisse Neupositionierung Bulgariens. Manche politische Beobachter sehen diese inspiriert durch Donald Trumps Wahl zum US-Präsidenten.

    Als zweitstärkste politische Kraft im Parlament ist PP/DB die Speerspitze der Opposition. Sie hat inzwischen ihre Attacken gegen die von GERB angeführte Regierung aufgenommen. Am Mittwochmorgen warf der DB-Abgeordnete Martin Dimitrov den Volksvertretern der Regierungsfraktionen “Sabotage gegen den Beitritt zur Eurozone” vor, weil sie sich der parlamentarischen Zustimmung zur Annahme des Euros notwendiger Änderungen des Gesetzes für die bulgarische Nationalbank verweigerten. Frank Stier

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    • Europäischer Rat

    Personalien

    Die spanische Diplomatin Belén Martínez Carbonell wird neue Generaldirektorin des Europäischen Auswärtigen Diensts (EAD). Sie soll das Amt schon am 1. Februar aufnehmen, berichtete das Nachrichtenportal Euractiv. Aktuell ist sie beim EAD als Direktorin für die globale Agenda und multilaterale Beziehungen zuständig. EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas wechselt die Spanierin für den Italiener Stefano Sannino ein, der das neu geschaffene Generaldirektorat für das Mittelmeer übernehmen soll.

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    Europe.Table Redaktion

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