Table.Briefing: Europe

Tusk nominiert Vertrauten als EU-Kommissar + Konjunkturerwartungen brechen ein + Übersicht zur neuen EU-Kommission

Liebe Leserin, lieber Leser,

es ist Sommerpause – auch in Brüssel. In einigen Hauptstädten wird trotz tropischer Temperaturen noch immer heiß diskutiert, wer in dieser Legislatur in die EU-Kommission eintritt. Manche Namen stehen bereits fest, andere werden noch diskutiert. Einer wurde gestern Nachmittag verkündet, wie Sie in den News lesen können.  

Damit Sie nicht den Überblick verlieren, wer für welches Land ins Berlaymont einzieht, haben wir für Sie hier eine Übersicht erstellt, die wir ab sofort laufend aktualisieren. Speichern Sie sich den Link am besten ab. Den aktuellen Stand lesen Sie ebenfalls ganz unten in dieser Ausgabe des Europe.Table. 

Außerdem hat sich mein Kollege Joseph Capelouto das gestern veröffentlichte Stimmungsbarometer des Forschungsinstituts ZEW angeschaut und stellt fest, deutsche Experten sind zunehmend pessimistisch, was die Zukunft der deutschen und der europäischen Wirtschaft angeht.

Versuchen Sie bitte dennoch, optimistisch zu bleiben.

Ihr
Lukas Knigge
Bild von Lukas  Knigge

Analyse

ZEW: Konjunkturerwartungen stark rückgängig

Deutsche Experten machen sich Sorgen um die Zukunft der bereits angeschlagenen deutschen Wirtschaft. Das stellte das Mannheimer ZEW-Institut in seinem monatlichen Bericht fest, der am Dienstag veröffentlicht wurde.

Nur 35 Prozent der befragten Analysten glauben, dass sich die Lage der deutschen Wirtschaft in den nächsten sechs Monaten verbessern wird, gegenüber etwa 50 Prozent in der Umfrage vom Juli. 16 Prozent glauben, dass die Konjunktur sich verschlechtern wird, verglichen mit 7,5 Prozent, die im letzten Monat pessimistisch waren. Das ist der stärkste Rückgang der deutschen Konjunkturerwartungen in den vergangenen zwei Jahren. Knapp die Hälfte der befragten Analysten glaubt, dass die deutsche Konjunktur auf dem aktuellen, tiefen Niveau verharrt.

Unsicherheit trübt Erwartungen

ZEW-Forscher Alexander Glas führt die Verschlechterung der Prognose auf eine “Kombination aus wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit” zurück, die aus drei globalen Faktoren resultiert: Schlechte US-Wirtschaftsdaten, die in der vergangenen Woche zu einem weltweiten Börsencrash geführt haben, Unsicherheit über die Zukunft der Geldpolitik in den USA und Europa sowie die Furcht vor wachsenden Unruhen im Nahen Osten.

Als größte EU-Volkswirtschaft hat die deutsche Schwäche auch Konsequenzen für den Rest der Eurozone, die ebenfalls kaum wächst. Im Juni kritisierte die Europäische Kommission die deutsche Wirtschaftspolitik, weil sie aufgrund ihres Handelsbilanzüberschusses zu sehr von der Auslandsnachfrage abhängig sei und weil Deutschland zu tiefe private und öffentliche Investitionen vorweise. Die ZEW-Studie geht davon aus, dass vor allem die exportorientierten Branchen wie die Automobilindustrie, die Stahlindustrie und der Maschinenbau Rückgänge verzeichnen werden.

Zinssenkung als kurzfristiger Hebel

Die trüben wirtschaftlichen Aussichten scheinen “ein globales Phänomen” zu sein, sagte Glas Table.Briefings. Die in der ZEW-Umfrage befragten Experten seien auch pessimistischer über die Zukunft der europäischen, US-amerikanischen und chinesischen Wirtschaft geworden. Die Konjunkturerwartungen für die Eurozone waren zuletzt zu Beginn der Pandemie so stark zurückgegangen.

Laut ZEW-Forscher Glas wäre eine Zinssenkung der offensichtlichste kurzfristige Hebel, über den die EU auf die Situation reagieren könnte. Es wird allgemein erwartet dass die Europäische Zentralbank die Zinsen an ihrer September-Sitzung senken wird. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte zuvor gesagt, dass die Frage noch “weit offen” und datenabhängig sei.

  • Europapolitik
  • Eurozone
  • Konjunktur
  • Wirtschaftspolitik
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News

Polen nominiert Piotr Serafin als neuen EU-Kommissar

Der polnische EU-Botschafter Piotr Serafin soll ins Berlaymont wechseln.

Auf einer Pressekonferenz am Dienstag erklärte der polnische Premierminister Donald Tusk, dass die polnische Regierung Piotr Serafin als neuen EU-Kommissar nominiert hat. Der Vertraute Tusks kennt Brüssel bestens. Von 2014 bis 2019 war er Tusks Kabinettschef, als dieser den Europäischen Rat präsidierte. 2020 wechselte er ins Generalsekretariat des EU-Rats, bevor er 2023 zum neuen Ständigen Vertreter Polens bei der EU ernannt wurde.

Serafin soll den aktuellen polnischen EU-Kommissar Janusz Wojciechowski ersetzen, der von der rechts-populistischen PiS-Partei nominiert worden war. Während Wojciechowski das Agrar-Dossier innehatte, hofft Tusk nun, dass Serafin die Verantwortung über das EU-Budget erhalten wird.

Die nominierten künftigen EU-Kommissare müssen noch vom Europäischen Parlament geprüft und bestätigt werden. rtr/jaa

  • Donald Tusk
  • EU-Kommission
  • Europäische Kommission
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Macron-Partei legt Aktionsplan zur Regierungsbildung vor

Einen Monat nach der Parlamentswahl in Frankreich nehmen die Annäherungsversuche der verschiedenen politischen Lager langsam Fahrt auf. Der Chef der Präsidenten-Partei Renaissance, Stéphane Séjourné, schlug in einem Brief an andere Parteichefs einen “Aktionsplan für die Franzosen” vor.

Wie Séjourné auf X mitteilte, richtet sich das Schreiben an die “republikanischen Parteien”. Damit dürfte der Politiker, der ebenfalls geschäftsführender Außenminister ist, alle Parteien außer dem rechtsnationalen Rassemblement National um Marine Le Pen und der Linkspartei La France Insoumise meinen.

Séjourné forderte, die bisherigen Spaltungen zu überwinden. Er schlug vor, entlang sieben Prioritäten zusammenzuarbeiten – darunter etwa öffentliche Dienstleistungen im Gesundheitswesen oder im Bildungsbereich, Umwelt und Sicherheit. Unterschiedliche Ansichten gelte es nicht auszulöschen, sondern zu überwinden, um zu handeln. Zuvor hatte es Berichte gegeben, dass auch die Wunschkandidatin des linken Lagers für das Amt der Premierministerin, Lucie Castets, sich mit einem Schreiben an Abgeordnete gewandt und um Zusammenarbeit gebeten hat.

Macron selbst warb wiederholt für eine Koalition, die von den Sozialisten bis zu den Konservativen reicht. Das linke Lager mit Linkspartei, Kommunisten, Sozialisten und Grünen sieht hingegen den Regierungsauftrag klar bei sich. dpa

  • Emmanuel Macron
  • Frankreich
  • Stéphane Séjourné

Faeser will an Grenzkontrollen festhalten

Bundesinnenministerin Nancy Faeser will die bestehenden Grenzkontrollen zur Bekämpfung irregulärer Migration und Schleuserkriminalität bis auf Weiteres aufrechterhalten. “Für mich bleiben die Grenzkontrollen so lange wie nötig”, sagte Faeser bei einem Besuch der Bundespolizei in Görlitz am Dienstag. Die Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz müssten aus ihrer Sicht so lange erfolgen, bis die irreguläre Migration wirksam zurückgegangen sei. Erforderlich sei, dass die Maßnahmen des neuen europäischen Asylsystems greifen, die einen stärkeren Schutz der EU-Außengrenzen vorsähen.

Schon jetzt sei klar, dass die Grenzkontrollen wirkten, sagte die SPD-Politikerin. Die Bekämpfung der Schleuserkriminalität sei erfolgreich, und die irreguläre Migration sei rückläufig. Die Kontrollen müssen jeweils von der EU-Kommission genehmigt werden, da im Schengen-Raum solche Maßnahmen eigentlich nicht mehr vorgesehen sind. Die laufenden Kontrollen der Bundespolizei sind derzeit noch bis zum 15. Dezember genehmigt. Aus den Reihen der Grünen gibt es Stimmen, die weitere Grenzkontrollen ablehnen. rtr

  • Migrationspolitik
  • Nancy Faeser

Britische Gemüsebauern fürchten Brexit-Folgen für Ernte

Neue Importregeln nach dem Brexit lassen britische Gemüsebauern um ihre Ernte bangen. Die Vorschriften für die Einfuhr von Saatgut aus der EU könnten zu wochenlangen Verzögerungen führen und schwere Folgen für Anbau und finanzielle Erträge haben, warnten zwei britische Landwirtschaftsverbände im Guardian.

Seit dem 30. April werden Importe von tierischen und pflanzlichen Produkten aus der EU kontrolliert. Einige Samen, darunter Tomaten, Paprika und Raps, müssten nicht nur im Ursprungsland, sondern auch in Großbritannien getestet werden, sagte Phil Morley von der British Tomato Growers’ Association. Die folgende Verzögerung bedrohe die britische Lebensmittelsicherheit, da nun noch mehr Importe nötig seien.

Britische Tomaten- und Paprikaerzeuger sind auf den Import von Samen oder Jungpflanzen aus EU-Ländern wie den Niederlanden angewiesen. Die Verbände fordern ein Abkommen mit der EU zur gegenseitigen Anerkennung von Teststandards.

Auch Hinweis auf Annäherung

Auf einem anderen Feld rückt Großbritannien aber wieder näher an die EU heran, wie Politico berichtete. Ein neues Gesetzespaket soll eine Angleichung an EU-Standards vereinfachen. “Zum ersten Mal seit dem Brexit erklärt die britische Regierung ausdrücklich, dass sie sich aktiv an den neuen EU-Vorschriften orientieren möchte, um Unternehmen das Leben zu erleichtern”, sagte Joël Reland von der Denkfabrik UK in a Changing Europe. 

Der Handelsjurist George Peretz sagte, das Gesetz könne ein erster Schritt für ein sogenanntes SPS-Abkommen mit der EU sein. Das würde Kontrollen von Lebensmitteln sowie von lebenden Tieren, Futtermitteln, Pflanzen oder Saatgut erleichtern. dpa

  • Agrarpolitik
  • Brexit
  • Großbritannien

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Heads

Marc Ringel – neue Formate in der französisch-deutschen Kooperation

Es steht nicht gut um die deutsch-französischen Beziehungen. Das Verhältnis zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Präsident Emmanuel Macron scheint nicht sehr harmonisch und bei Themen wie Atomkraft und Bodentruppen in der Ukraine klafften die Vorstellungen in Deutschland und Frankreich weit auseinander. Hinzu kommt, dass Deutsche und Franzosen sich heute weniger für ihre Nachbarn interessieren als vorher, wie das Deutsch-Französische Institut (DFI) in einer Studie zu seinem 75-jährigen Bestehen feststellte.

Gesunkenes Interesse als Zeichen der Selbstverständlichkeit

Marc Ringel, seit Februar der neue Direktor des DFI, hat also eine große Aufgabe vor sich. Dabei sieht er die deutsch-französischen Beziehungen weniger pessimistisch. “Die Zusammenarbeit wird von vielen Ebenen in der Zivilgesellschaft getragen und würde auch für den hypothetischen Fall bestehen bleiben, wenn Bundeskanzler und Präsident sich nicht verstehen würden”, sagt er. Dass das Interesse aneinander sinkt, interpretiert er als ein Zeichen der Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern. “Man darf sich damit aber nicht zufriedengeben, sondern muss darauf achten, dass der Gesprächsfaden nicht abreißt.”  

Dass das nicht passiert, ist Teil seiner Aufgabe als Direktor des DFI. Das Institut wurde im Jahr 1948 in Ludwigsburg gegründet, in einer Zeit, als Franzosen und Deutsche gerade damit begannen, sich nach einer Geschichte voller Kriege auszusöhnen. Seitdem bietet das Institut eine Plattform für den Austausch der deutschen und französischen Zivilgesellschaften. So gibt es zum Beispiel Projekte wie “Jumelage.eu”, eine Website, auf der Partnerstädte gemeinsame Aktionen teilen können, die dann als Inspiration für andere dienen können. Mit den Jahren kamen außerdem die Forschung und die Dokumentation der deutsch-französischen Beziehungen sowie Beratung als Aufgaben hinzu. 

Am DFI soll Ringel die Forschung und die Kooperation bei den Themen Klimaschutz und Energiewende voranbringen. Der 49-Jährige ist Volkswirt und seit 2022 Leiter des “European Chair for Sustainable Development and Climate Transition” an der Sciences Po in Paris, einer der “Großen Schulen” für Politikwissenschaft in Frankreich. Bis vor Kurzem unterrichtete er zudem als Professor für Umwelt- und Energieökonomie an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen in Baden-Württemberg. 

Klima-Challenges zwischen Partnerstädten

In Sachen Energiepolitik und Klimaanpassung sieht er noch viel Potenzial zur Zusammenarbeit. “In Frankreich ist das Thema Klimaanpassung schon viel präsenter als in Deutschland, hier wollen wir den Städten die Möglichkeit geben, sich über Lösungen auszutauschen”, sagt Ringel. “Auch mit Klimachallenges zwischen Partnerstädten oder durch eine stärkere Zusammenarbeit bei der Vermittlung des Freiwilligen ökologischen Jahres im Nachbarland können wir die Kooperation stärken.” Allgemein müsse man die Angebote für junge Menschen weiterdenken als bisher. Der klassische Schüleraustausch oder das Auslandssemester würden nicht mehr ausreichen, um Menschen, denen heute die ganze Welt offensteht, vom Nachbarland zu begeistern. 

Mit seinem Lebenslauf hätte Ringel auch Karriere in der Politik machen können. Nach seiner Promotion an der Technischen Universität in Chemnitz arbeitete er von 2000 bis 2004 für den wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung zu globalen Umweltveränderungen. Danach war er bis 2013 stellvertretender Referatsleiter im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Von 2008 bis 2009 wurde er als erster Botschaftssekretär zur ständigen Vertretung Deutschlands bei der OECD in Paris entsandt. Später verschlug es ihn als nationalen Sachverständigen in die Generaldirektion Energie zur Europäischen Kommission nach Brüssel.  

Letzten Endes kehrte er aber in die Forschung und Lehre zurück. “Aktuelle Themen zu bearbeiten hat mir immer Spaß gemacht, aber ich mag es auch, mehr in die Tiefe zu gehen und Neuland zu entdecken”, sagt Ringel. Am DFI kann er nun beides miteinander vereinen – und dabei die deutsch-französische Zusammenarbeit fördern. Sophie Deister 

  • Atomkraft
  • Bodentruppen
  • Deutsch-Französische Beziehungen
  • Energiepolitik
  • Energiewende
  • Frankreich
  • Klimaanpassung
  • OECD

Die neue EU-Kommission – der aktuelle Stand

Welche Kommissare gehen nach Brüssel?

Belgien: Außenministerin Hadja Lahbib soll für Belgien ins Berlaymont einziehen. Der bisherige Justizkommissar Didier Reynders äußerte “seine tiefe Enttäuschung” über Lahbibs Nominierung, da er selbst gerne weitergemacht hätte.

Bulgarien: Die bulgarische Regierung hat sich am letzten Tag der Nominierungsfrist entschieden, Ex-Außenministerin Ekaterina Sachariewa und Ex-Umweltminister Julian Popow für den Posten des bulgarischen Kommissars ins Rennen zu schicken. 

Dänemark: Kopenhagen hat den sozialdemokratischen Klimaminister Dan Jørgensen nominiert. Fraglich ist, ob er auch in Brüssel das Klimaressort leiten wird, denn es gibt große Konkurrenz um den Posten.

Estland: Kaja Kallas steht bereits als Hohe Vertreterin und Außenbeauftragte fest. 

Finnland: Die konservative Regierungspartei in Helsinki hat Henna Virkkunen als Kommissionsmitglied vorgeschlagen. Die bisherige Europaabgeordnete war Mitglied im Industrieausschuss sowie im Frauen- und Gleichstellungsausschuss. 

Frankreich: Binnenmarktkommissar Thierry Breton soll es wieder machen und könnte auch sein Ressort behalten.  

Griechenland: Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen Apóstolos Tzitzikóstas wurde von der Regierung in Athen nominiert. Dennoch kursieren weitere Namen: Níki Keraméos könnte übernehmen, um den Paritätswunsch von der Leyens zu erfüllen und auch der derzeitige Kommissionsvizepräsident Margarítis Schinás würde gerne weiter machen.  

Irland: Finanzminister Michael McGrath steht als irischer Kommissarsanwärter bereits fest. 

Italien: Ministerpräsidentin Giorgia Meloni schickt Raffaele Fitto nach Brüssel. Der Minister für Europäische Angelegenheiten war von 2014 bis 2022 Mitglied des Europäischen Parlaments, zunächst für die Forza Italia, zuletzt für Melonis Fratelli. Bis zu seinem Wechsel in die Regierung in Rom im Herbst 2022 war er Co-Vorsitzender der EKR-Fraktion. Fitto ist im Kabinett Meloni für die rund 200 Milliarden Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds zuständig und versicherte erst vor Kurzem, Italien verfolge “mit extremer Strenge” die mit Brüssel vereinbarten Ziele. 

Kroatien: Demokratie- und Demografie-Kommissarin Dubravka Šuica wird im Berlaymont bleiben. Möglicherweise mit einer Portfolio-Anpassung. 

Lettland: Kommissionsvizepräsident und Handelskommissar Valdis Dombrovskis wird Rigas Mann in Brüssel bleiben. 

Litauen: Andrius Kubilius soll der Vertreter Litauens in der Kommission werden. Premierministerin Ingrida Šimonytė hat ihn vorgeschlagen, Präsident Gitanas Nausėda und das Parlament müssen dem noch zustimmen, haben aber schon ihre informelle Zustimmung gegeben. Damit ist Außenminister Gabrielius Landsbergis, der zuvor im Gespräch war, raus aus dem Rennen.

Luxemburg: Premierminister Luc Frieden hat den ehemaligen Europaabgeordneten Christophe Hansen für einen Kommissarsposten nominiert. Der sozialdemokratische Spitzenkandidat bei der Europawahl und Sozialkommissar Nicolas Schmit geht leer aus in der nächsten Kommission.

Malta: Glenn Micallef wurde von der maltesischen Regierung bereits nominiert. Der Beamte führte zuvor das Sekretariat des maltesischen Premierministers Robert Abela. 

Niederlande: Obwohl die Partei des derzeitigen Klimakommissars Wopke Hoekstra inzwischen in der Opposition ist, schickt Den Haag den ehemaligen Finanzminister erneut nach Brüssel. Dass er sein Ressort behält, gilt als unwahrscheinlich. Er selbst erwähnte das Wort “Wettbewerb” zuletzt auffallend häufig und könnte den Niederlanden aufgrund seiner Verdienste bei der COP28 in Dubai ein gewichtigeres Ressort in der nächsten Kommission verschaffen. 

Österreich: Wien hat den aktuellen Finanzminister Magnus Brunner von der ÖVP nominiert.  

Polen: Warschau hat seinen EU-Botschafter Piotr Serafin nominiert. Polens Premier Donald Tusk hätte gerne das Haushaltskommissariat für seinen Kandidaten und sieht gute Chancen für den Zuschlag.  

Portugal: Eigentlich wollte Lissabon zwei Kandidaten unterschiedlichen Geschlechts in Brüssel präsentieren. Um von der Leyens Wunsch nachzukommen, Frauen zu nominieren, hat Portugals Ministerpräsident Luís Montenegro die ehemalige Finanzministerin Maria Luísa Albuquerque nominiert.

Rumänien: Der rumänische Premierminister Marcel Ciolacu wollte zunächst den frisch gewählten EP-Vizepräsidenten Victor Negrescu nominieren. Wohl auch auf Druck der Kommissionspräsidentin hin schickt Ciolacu nun aber die Europaabgeordnete Roxana Mînzatu.

Schweden: Stockholm hat bereits Europaministerin Jessika Roswall vorgeschlagen. 

Slowakei: Kommissionsvizepräsident Maroš Šefčovič wird im Berlaymont bleiben. Ob er auch sein Green-Deal-Portfolio behält, hängt davon ab, wie von der Leyen die Ressorts der nächsten Kommission zuschneidet. Wird es wieder wie zuletzt ein Oberkommissariat Green Deal und einen eigenen Klimakommissar für die internationalen Verhandlungen geben, könnte Šefčovič sein Portfolio behalten. Auf das Klimaressort dürfte er jedoch keinen Anspruch erheben. 

Slowenien: Der parteilose Tomaž Vesel ist Ljubljanas Kandidat fürs Berlaymont. Von 2013 bis 2022 präsidierte er den slowenischen Rechnungshof. 

Spanien: Zwar steht Teresa Ribera als Kommissarin bereits fest, jedoch will die spanische Umweltministerin ihr Amt in Madrid erst aufgeben, bis sie ihr Ressort kennt und sicher weiß, dass sie auch einen Vizepräsidentenposten in der Kommission bekommt. Das Klima- oder das Energieressort kommen für sie infrage.  

Tschechien: Industrieminister Jozef Síkela ist Prags Kandidat für Brüssel. Auch er hat Interesse am Energieressort, wird sich also mit Teresa Ribera einigen müssen.  

Ungarn: Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi soll weiter machen – zumindest will Viktor Orbán das so. Das EU-Parlament dürfte da jedoch etwas dagegen haben, weshalb Budapest bereits mit Alternativen plant: der Europaabgeordnete Enikő Győri oder EU-Minister János Bóka kommen infrage. 

Zypern: Nikosia nominiert Costas Kadis. Er war in Zypern bereits Gesundheitsminister, Bildungsminister und Landwirtschaftsminister und ist von Beruf Professor für Biodiversität. Durch seine Nähe zur Regierungspartei Zyperns, die der EVP angehört, wäre er ein Kandidat für den Posten des Agrar- oder des Umweltkommissars.

  • Christophe Hansen
  • COP28
  • Ekaterina Sachariewa
  • Europäische Kommission
  • Europawahlen 2024
  • EVP
  • Green Deal
  • Michael McGrath
  • Ursula von der Leyen

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Damit Sie nicht den Überblick verlieren, wer für welches Land ins Berlaymont einzieht, haben wir für Sie hier eine Übersicht erstellt, die wir ab sofort laufend aktualisieren. Speichern Sie sich den Link am besten ab. Den aktuellen Stand lesen Sie ebenfalls ganz unten in dieser Ausgabe des Europe.Table. 

    Außerdem hat sich mein Kollege Joseph Capelouto das gestern veröffentlichte Stimmungsbarometer des Forschungsinstituts ZEW angeschaut und stellt fest, deutsche Experten sind zunehmend pessimistisch, was die Zukunft der deutschen und der europäischen Wirtschaft angeht.

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    Ihr
    Lukas Knigge
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    ZEW: Konjunkturerwartungen stark rückgängig

    Deutsche Experten machen sich Sorgen um die Zukunft der bereits angeschlagenen deutschen Wirtschaft. Das stellte das Mannheimer ZEW-Institut in seinem monatlichen Bericht fest, der am Dienstag veröffentlicht wurde.

    Nur 35 Prozent der befragten Analysten glauben, dass sich die Lage der deutschen Wirtschaft in den nächsten sechs Monaten verbessern wird, gegenüber etwa 50 Prozent in der Umfrage vom Juli. 16 Prozent glauben, dass die Konjunktur sich verschlechtern wird, verglichen mit 7,5 Prozent, die im letzten Monat pessimistisch waren. Das ist der stärkste Rückgang der deutschen Konjunkturerwartungen in den vergangenen zwei Jahren. Knapp die Hälfte der befragten Analysten glaubt, dass die deutsche Konjunktur auf dem aktuellen, tiefen Niveau verharrt.

    Unsicherheit trübt Erwartungen

    ZEW-Forscher Alexander Glas führt die Verschlechterung der Prognose auf eine “Kombination aus wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit” zurück, die aus drei globalen Faktoren resultiert: Schlechte US-Wirtschaftsdaten, die in der vergangenen Woche zu einem weltweiten Börsencrash geführt haben, Unsicherheit über die Zukunft der Geldpolitik in den USA und Europa sowie die Furcht vor wachsenden Unruhen im Nahen Osten.

    Als größte EU-Volkswirtschaft hat die deutsche Schwäche auch Konsequenzen für den Rest der Eurozone, die ebenfalls kaum wächst. Im Juni kritisierte die Europäische Kommission die deutsche Wirtschaftspolitik, weil sie aufgrund ihres Handelsbilanzüberschusses zu sehr von der Auslandsnachfrage abhängig sei und weil Deutschland zu tiefe private und öffentliche Investitionen vorweise. Die ZEW-Studie geht davon aus, dass vor allem die exportorientierten Branchen wie die Automobilindustrie, die Stahlindustrie und der Maschinenbau Rückgänge verzeichnen werden.

    Zinssenkung als kurzfristiger Hebel

    Die trüben wirtschaftlichen Aussichten scheinen “ein globales Phänomen” zu sein, sagte Glas Table.Briefings. Die in der ZEW-Umfrage befragten Experten seien auch pessimistischer über die Zukunft der europäischen, US-amerikanischen und chinesischen Wirtschaft geworden. Die Konjunkturerwartungen für die Eurozone waren zuletzt zu Beginn der Pandemie so stark zurückgegangen.

    Laut ZEW-Forscher Glas wäre eine Zinssenkung der offensichtlichste kurzfristige Hebel, über den die EU auf die Situation reagieren könnte. Es wird allgemein erwartet dass die Europäische Zentralbank die Zinsen an ihrer September-Sitzung senken wird. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte zuvor gesagt, dass die Frage noch “weit offen” und datenabhängig sei.

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    Polen nominiert Piotr Serafin als neuen EU-Kommissar

    Der polnische EU-Botschafter Piotr Serafin soll ins Berlaymont wechseln.

    Auf einer Pressekonferenz am Dienstag erklärte der polnische Premierminister Donald Tusk, dass die polnische Regierung Piotr Serafin als neuen EU-Kommissar nominiert hat. Der Vertraute Tusks kennt Brüssel bestens. Von 2014 bis 2019 war er Tusks Kabinettschef, als dieser den Europäischen Rat präsidierte. 2020 wechselte er ins Generalsekretariat des EU-Rats, bevor er 2023 zum neuen Ständigen Vertreter Polens bei der EU ernannt wurde.

    Serafin soll den aktuellen polnischen EU-Kommissar Janusz Wojciechowski ersetzen, der von der rechts-populistischen PiS-Partei nominiert worden war. Während Wojciechowski das Agrar-Dossier innehatte, hofft Tusk nun, dass Serafin die Verantwortung über das EU-Budget erhalten wird.

    Die nominierten künftigen EU-Kommissare müssen noch vom Europäischen Parlament geprüft und bestätigt werden. rtr/jaa

    • Donald Tusk
    • EU-Kommission
    • Europäische Kommission
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    Macron-Partei legt Aktionsplan zur Regierungsbildung vor

    Einen Monat nach der Parlamentswahl in Frankreich nehmen die Annäherungsversuche der verschiedenen politischen Lager langsam Fahrt auf. Der Chef der Präsidenten-Partei Renaissance, Stéphane Séjourné, schlug in einem Brief an andere Parteichefs einen “Aktionsplan für die Franzosen” vor.

    Wie Séjourné auf X mitteilte, richtet sich das Schreiben an die “republikanischen Parteien”. Damit dürfte der Politiker, der ebenfalls geschäftsführender Außenminister ist, alle Parteien außer dem rechtsnationalen Rassemblement National um Marine Le Pen und der Linkspartei La France Insoumise meinen.

    Séjourné forderte, die bisherigen Spaltungen zu überwinden. Er schlug vor, entlang sieben Prioritäten zusammenzuarbeiten – darunter etwa öffentliche Dienstleistungen im Gesundheitswesen oder im Bildungsbereich, Umwelt und Sicherheit. Unterschiedliche Ansichten gelte es nicht auszulöschen, sondern zu überwinden, um zu handeln. Zuvor hatte es Berichte gegeben, dass auch die Wunschkandidatin des linken Lagers für das Amt der Premierministerin, Lucie Castets, sich mit einem Schreiben an Abgeordnete gewandt und um Zusammenarbeit gebeten hat.

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    • Emmanuel Macron
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    Faeser will an Grenzkontrollen festhalten

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    Schon jetzt sei klar, dass die Grenzkontrollen wirkten, sagte die SPD-Politikerin. Die Bekämpfung der Schleuserkriminalität sei erfolgreich, und die irreguläre Migration sei rückläufig. Die Kontrollen müssen jeweils von der EU-Kommission genehmigt werden, da im Schengen-Raum solche Maßnahmen eigentlich nicht mehr vorgesehen sind. Die laufenden Kontrollen der Bundespolizei sind derzeit noch bis zum 15. Dezember genehmigt. Aus den Reihen der Grünen gibt es Stimmen, die weitere Grenzkontrollen ablehnen. rtr

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    Marc Ringel – neue Formate in der französisch-deutschen Kooperation

    Es steht nicht gut um die deutsch-französischen Beziehungen. Das Verhältnis zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Präsident Emmanuel Macron scheint nicht sehr harmonisch und bei Themen wie Atomkraft und Bodentruppen in der Ukraine klafften die Vorstellungen in Deutschland und Frankreich weit auseinander. Hinzu kommt, dass Deutsche und Franzosen sich heute weniger für ihre Nachbarn interessieren als vorher, wie das Deutsch-Französische Institut (DFI) in einer Studie zu seinem 75-jährigen Bestehen feststellte.

    Gesunkenes Interesse als Zeichen der Selbstverständlichkeit

    Marc Ringel, seit Februar der neue Direktor des DFI, hat also eine große Aufgabe vor sich. Dabei sieht er die deutsch-französischen Beziehungen weniger pessimistisch. “Die Zusammenarbeit wird von vielen Ebenen in der Zivilgesellschaft getragen und würde auch für den hypothetischen Fall bestehen bleiben, wenn Bundeskanzler und Präsident sich nicht verstehen würden”, sagt er. Dass das Interesse aneinander sinkt, interpretiert er als ein Zeichen der Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern. “Man darf sich damit aber nicht zufriedengeben, sondern muss darauf achten, dass der Gesprächsfaden nicht abreißt.”  

    Dass das nicht passiert, ist Teil seiner Aufgabe als Direktor des DFI. Das Institut wurde im Jahr 1948 in Ludwigsburg gegründet, in einer Zeit, als Franzosen und Deutsche gerade damit begannen, sich nach einer Geschichte voller Kriege auszusöhnen. Seitdem bietet das Institut eine Plattform für den Austausch der deutschen und französischen Zivilgesellschaften. So gibt es zum Beispiel Projekte wie “Jumelage.eu”, eine Website, auf der Partnerstädte gemeinsame Aktionen teilen können, die dann als Inspiration für andere dienen können. Mit den Jahren kamen außerdem die Forschung und die Dokumentation der deutsch-französischen Beziehungen sowie Beratung als Aufgaben hinzu. 

    Am DFI soll Ringel die Forschung und die Kooperation bei den Themen Klimaschutz und Energiewende voranbringen. Der 49-Jährige ist Volkswirt und seit 2022 Leiter des “European Chair for Sustainable Development and Climate Transition” an der Sciences Po in Paris, einer der “Großen Schulen” für Politikwissenschaft in Frankreich. Bis vor Kurzem unterrichtete er zudem als Professor für Umwelt- und Energieökonomie an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen in Baden-Württemberg. 

    Klima-Challenges zwischen Partnerstädten

    In Sachen Energiepolitik und Klimaanpassung sieht er noch viel Potenzial zur Zusammenarbeit. “In Frankreich ist das Thema Klimaanpassung schon viel präsenter als in Deutschland, hier wollen wir den Städten die Möglichkeit geben, sich über Lösungen auszutauschen”, sagt Ringel. “Auch mit Klimachallenges zwischen Partnerstädten oder durch eine stärkere Zusammenarbeit bei der Vermittlung des Freiwilligen ökologischen Jahres im Nachbarland können wir die Kooperation stärken.” Allgemein müsse man die Angebote für junge Menschen weiterdenken als bisher. Der klassische Schüleraustausch oder das Auslandssemester würden nicht mehr ausreichen, um Menschen, denen heute die ganze Welt offensteht, vom Nachbarland zu begeistern. 

    Mit seinem Lebenslauf hätte Ringel auch Karriere in der Politik machen können. Nach seiner Promotion an der Technischen Universität in Chemnitz arbeitete er von 2000 bis 2004 für den wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung zu globalen Umweltveränderungen. Danach war er bis 2013 stellvertretender Referatsleiter im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Von 2008 bis 2009 wurde er als erster Botschaftssekretär zur ständigen Vertretung Deutschlands bei der OECD in Paris entsandt. Später verschlug es ihn als nationalen Sachverständigen in die Generaldirektion Energie zur Europäischen Kommission nach Brüssel.  

    Letzten Endes kehrte er aber in die Forschung und Lehre zurück. “Aktuelle Themen zu bearbeiten hat mir immer Spaß gemacht, aber ich mag es auch, mehr in die Tiefe zu gehen und Neuland zu entdecken”, sagt Ringel. Am DFI kann er nun beides miteinander vereinen – und dabei die deutsch-französische Zusammenarbeit fördern. Sophie Deister 

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    Die neue EU-Kommission – der aktuelle Stand

    Welche Kommissare gehen nach Brüssel?

    Belgien: Außenministerin Hadja Lahbib soll für Belgien ins Berlaymont einziehen. Der bisherige Justizkommissar Didier Reynders äußerte “seine tiefe Enttäuschung” über Lahbibs Nominierung, da er selbst gerne weitergemacht hätte.

    Bulgarien: Die bulgarische Regierung hat sich am letzten Tag der Nominierungsfrist entschieden, Ex-Außenministerin Ekaterina Sachariewa und Ex-Umweltminister Julian Popow für den Posten des bulgarischen Kommissars ins Rennen zu schicken. 

    Dänemark: Kopenhagen hat den sozialdemokratischen Klimaminister Dan Jørgensen nominiert. Fraglich ist, ob er auch in Brüssel das Klimaressort leiten wird, denn es gibt große Konkurrenz um den Posten.

    Estland: Kaja Kallas steht bereits als Hohe Vertreterin und Außenbeauftragte fest. 

    Finnland: Die konservative Regierungspartei in Helsinki hat Henna Virkkunen als Kommissionsmitglied vorgeschlagen. Die bisherige Europaabgeordnete war Mitglied im Industrieausschuss sowie im Frauen- und Gleichstellungsausschuss. 

    Frankreich: Binnenmarktkommissar Thierry Breton soll es wieder machen und könnte auch sein Ressort behalten.  

    Griechenland: Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen Apóstolos Tzitzikóstas wurde von der Regierung in Athen nominiert. Dennoch kursieren weitere Namen: Níki Keraméos könnte übernehmen, um den Paritätswunsch von der Leyens zu erfüllen und auch der derzeitige Kommissionsvizepräsident Margarítis Schinás würde gerne weiter machen.  

    Irland: Finanzminister Michael McGrath steht als irischer Kommissarsanwärter bereits fest. 

    Italien: Ministerpräsidentin Giorgia Meloni schickt Raffaele Fitto nach Brüssel. Der Minister für Europäische Angelegenheiten war von 2014 bis 2022 Mitglied des Europäischen Parlaments, zunächst für die Forza Italia, zuletzt für Melonis Fratelli. Bis zu seinem Wechsel in die Regierung in Rom im Herbst 2022 war er Co-Vorsitzender der EKR-Fraktion. Fitto ist im Kabinett Meloni für die rund 200 Milliarden Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds zuständig und versicherte erst vor Kurzem, Italien verfolge “mit extremer Strenge” die mit Brüssel vereinbarten Ziele. 

    Kroatien: Demokratie- und Demografie-Kommissarin Dubravka Šuica wird im Berlaymont bleiben. Möglicherweise mit einer Portfolio-Anpassung. 

    Lettland: Kommissionsvizepräsident und Handelskommissar Valdis Dombrovskis wird Rigas Mann in Brüssel bleiben. 

    Litauen: Andrius Kubilius soll der Vertreter Litauens in der Kommission werden. Premierministerin Ingrida Šimonytė hat ihn vorgeschlagen, Präsident Gitanas Nausėda und das Parlament müssen dem noch zustimmen, haben aber schon ihre informelle Zustimmung gegeben. Damit ist Außenminister Gabrielius Landsbergis, der zuvor im Gespräch war, raus aus dem Rennen.

    Luxemburg: Premierminister Luc Frieden hat den ehemaligen Europaabgeordneten Christophe Hansen für einen Kommissarsposten nominiert. Der sozialdemokratische Spitzenkandidat bei der Europawahl und Sozialkommissar Nicolas Schmit geht leer aus in der nächsten Kommission.

    Malta: Glenn Micallef wurde von der maltesischen Regierung bereits nominiert. Der Beamte führte zuvor das Sekretariat des maltesischen Premierministers Robert Abela. 

    Niederlande: Obwohl die Partei des derzeitigen Klimakommissars Wopke Hoekstra inzwischen in der Opposition ist, schickt Den Haag den ehemaligen Finanzminister erneut nach Brüssel. Dass er sein Ressort behält, gilt als unwahrscheinlich. Er selbst erwähnte das Wort “Wettbewerb” zuletzt auffallend häufig und könnte den Niederlanden aufgrund seiner Verdienste bei der COP28 in Dubai ein gewichtigeres Ressort in der nächsten Kommission verschaffen. 

    Österreich: Wien hat den aktuellen Finanzminister Magnus Brunner von der ÖVP nominiert.  

    Polen: Warschau hat seinen EU-Botschafter Piotr Serafin nominiert. Polens Premier Donald Tusk hätte gerne das Haushaltskommissariat für seinen Kandidaten und sieht gute Chancen für den Zuschlag.  

    Portugal: Eigentlich wollte Lissabon zwei Kandidaten unterschiedlichen Geschlechts in Brüssel präsentieren. Um von der Leyens Wunsch nachzukommen, Frauen zu nominieren, hat Portugals Ministerpräsident Luís Montenegro die ehemalige Finanzministerin Maria Luísa Albuquerque nominiert.

    Rumänien: Der rumänische Premierminister Marcel Ciolacu wollte zunächst den frisch gewählten EP-Vizepräsidenten Victor Negrescu nominieren. Wohl auch auf Druck der Kommissionspräsidentin hin schickt Ciolacu nun aber die Europaabgeordnete Roxana Mînzatu.

    Schweden: Stockholm hat bereits Europaministerin Jessika Roswall vorgeschlagen. 

    Slowakei: Kommissionsvizepräsident Maroš Šefčovič wird im Berlaymont bleiben. Ob er auch sein Green-Deal-Portfolio behält, hängt davon ab, wie von der Leyen die Ressorts der nächsten Kommission zuschneidet. Wird es wieder wie zuletzt ein Oberkommissariat Green Deal und einen eigenen Klimakommissar für die internationalen Verhandlungen geben, könnte Šefčovič sein Portfolio behalten. Auf das Klimaressort dürfte er jedoch keinen Anspruch erheben. 

    Slowenien: Der parteilose Tomaž Vesel ist Ljubljanas Kandidat fürs Berlaymont. Von 2013 bis 2022 präsidierte er den slowenischen Rechnungshof. 

    Spanien: Zwar steht Teresa Ribera als Kommissarin bereits fest, jedoch will die spanische Umweltministerin ihr Amt in Madrid erst aufgeben, bis sie ihr Ressort kennt und sicher weiß, dass sie auch einen Vizepräsidentenposten in der Kommission bekommt. Das Klima- oder das Energieressort kommen für sie infrage.  

    Tschechien: Industrieminister Jozef Síkela ist Prags Kandidat für Brüssel. Auch er hat Interesse am Energieressort, wird sich also mit Teresa Ribera einigen müssen.  

    Ungarn: Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi soll weiter machen – zumindest will Viktor Orbán das so. Das EU-Parlament dürfte da jedoch etwas dagegen haben, weshalb Budapest bereits mit Alternativen plant: der Europaabgeordnete Enikő Győri oder EU-Minister János Bóka kommen infrage. 

    Zypern: Nikosia nominiert Costas Kadis. Er war in Zypern bereits Gesundheitsminister, Bildungsminister und Landwirtschaftsminister und ist von Beruf Professor für Biodiversität. Durch seine Nähe zur Regierungspartei Zyperns, die der EVP angehört, wäre er ein Kandidat für den Posten des Agrar- oder des Umweltkommissars.

    • Christophe Hansen
    • COP28
    • Ekaterina Sachariewa
    • Europäische Kommission
    • Europawahlen 2024
    • EVP
    • Green Deal
    • Michael McGrath
    • Ursula von der Leyen

    Europe.Table Redaktion

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