Table.Briefing: Europe

Trump: Wie sich die EU vorbereitet + Bütikofer-Interview + Neuer Premier für Irland

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn die Umweltminister der EU-Länder heute in Brüssel zusammenkommen, werden sie über die Abfallverbringungsverordnung, die Regulierung von Mikroplastik und den Kommissionsvorschlag zum EU-Klimaziel 2040 sprechen. Wie so oft ist jedoch viel entscheidender, was nicht auf der Agenda steht: Das Renaturierungsgesetz.

Nachdem sich die Botschafter der Mitgliedstaaten aufgrund fehlender Mehrheiten am Freitag nicht auf das umstrittene Gesetz zur Wiederherstellung der Natur einigen konnten, hat die belgische Ratspräsidentschaft die finale Abstimmung der Ministerinnen und Minister auf unbestimmte Zeit verschoben.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Gesetz bei einem der nächsten Ministertreffen verabschiedet wird. Und da nur noch die Zustimmung der Länder fehlt und die Ratssitzungen unabhängig vom EU-Wahlzyklus laufen, gibt es auch keine nahende Deadline für das Renaturierungsgesetz bezüglich der anstehenden Europawahl. Allerdings scheinen weder die Belgier noch die Ungarn (Budapest übernimmt im Juli die Ratspräsidentschaft) große Fans des Gesetzes zu sein. Es kann also passieren, dass das Renaturierungsgesetz doch noch auf die lange Bank geschoben wird.

Ob Sie das nun für eine gute oder eine schlechte Nachricht halten, starten Sie in jedem Fall gut in die neue Woche.

Ihr
Lukas Knigge
Bild von Lukas  Knigge

Analyse

Wie sich die EU-Staaten auf eine mögliche Amtszeit Trumps vorbereiten 

“Unverantwortlich”, “rücksichtslos” oder “Gefahr für Europa”. Die Äußerungen europäischer Staats- und Regierungschefs über Donald Trump waren zuletzt wenig schmeichelhaft. Vorfreude ist auch in dem Working Paper nicht zu erkennen, das die Stiftung Wissenschaft und Politik an diesem Montag veröffentlichen will und in dem Außenpolitik-Experten aus 19 europäischen Staaten zu Wort kommen. 

“Viele sorgen sich vor Trumps interessengeleitetem, isolationistischem und disruptivem Regierungsstil”, heißt es in der Einführung der SWP-Autoren Claudia Major, Laura von Daniels und Nicolai von Ondarza. “Aber da sind auch Stimmen, die Gemeinsamkeiten mit Trump bei außen- und sicherheitspolitischen Themen sowie in der ,Identitätspolitik’ sehen.” 

Drei Themengebiete machen den Ländern besonders zu schaffen, Demokratie, Verteidigung und Handel. Anti-demokratische Kräfte könnten Aufwind verspüren durch einen möglichen Wahlsieg Trumps (“spillover”), rechtspopulistische Politiker dürften sich zu Trump hingezogen fühlen und ihm Kooperationen anbieten. 

Ukraine droht unter Trump neue Härte

Für die militärische Hilfe für die Ukraine sei die USA weiterhin “unersetzbar”, heißt es in dem Bericht. Allerdings wird in vielen Ländern die Sorge geäußert, dass Trump einen Waffenstillstand gegen den Willen der Ukraine und damit vielleicht auch gegen die europäischen Interessen durchsetzen könnte (“Kapitulationsfrieden”). Diese Ängste werden bevorzugt in EU/Nato-Staaten mit einer Grenze zu Russland formuliert. Wie sollte sich die EU, die von den US-Geldern in der Nato abhängig ist, dann verhalten?

Auch der Einfluss der konservativen Heritage Foundation auf Trump ist in vielen Ländern ein Thema. Der Thinktank ist eine ideologische Vorfeldorganisation der Trump-Kampagne. Spekuliert wird darüber, ob Trump im besten Fall die Milliardenhilfen für die Ukraine beibehält, aber von Zuschüssen auf Darlehen wechselt. 

In den baltischen Staaten, in Norwegen und Polen, fürchten Diplomaten und Politiker, dass Trump die transatlantischen Beziehungen vorrangig als Geschäftsbeziehungen sieht und den “Wert von Allianzen und Bündnisse an sich” infrage stellen könnte. 

Die Debatte über das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben werde in der EU durch einen möglichen Präsidenten Trump weiter angeheizt, lautet die Analyse. “Während alle zustimmen, dass die EU mehr tun muss, gibt es Differenzen, wie man das Ziel erreichen sollte.” Während Norwegen und Deutschland versuchen würden, schon vor dem Nato-Gipfel in Washington die stärkere Finanzierung der Verteidigungsausgaben als eine Art “Präventionspolitik” umzusetzen, würden sich Länder wie Frankreich und Polen kaum angesprochen fühlen. Norwegen will noch vor dem Gipfel die Zwei-Prozent-Marke erreichen, um Trumps Kritik vorzubeugen.

In der Wirtschaftspolitik erwarten die Länder heftige Umwälzungen

Trumps erwartete rustikale Regierungspolitik könnte auch dort geopolitische Auswirkungen haben, wo man sie bisher kaum vermutet. So sorgt sich Spanien laut dem SWP-Report um einen rechtspopulistischen Aufstieg einiger südamerikanischer Länder und Bulgarien fürchtet, dass Trump mit radikalen Plänen die Balkanpolitik chaotisiert. Tschechien schaut einer zweiten Amtszeit Trumps gar nicht so kritisch gegenüber, immerhin war es Trump, der die Ukraine schon früh mit Waffen ausgestattet hat und Truppen nach Osteuropa schickte.

In der Wirtschafts- und Handelspolitik erwarten die Länder heftige Umwälzungen in einer zweiten Amtszeit Trumps. Besonders mögliche US-amerikanische Sanktionen für Technologieexporte nach China werden genannt. “Diese Faktoren könnten weitreichende Auswirkungen auf den Welthandel und Investitionsströme haben.” Diese Sorgen werden am meisten in jenen Ländern geäußert, die auf internationalen Handel angewiesen sind, also Deutschland, Niederlande, Irland oder Schweden. 

Manch einer der europäischen Experten sieht immerhin einen zentralen Vorteil einer erneuten US-Präsidentschaft von Donald Trump. Trump könnte ein “unifying factor” für die Europäische Union sein. Angesichts der großen Herausforderung, die eine Trump-Amtszeit für Europa bedeutet, erscheinen manche EU-internen Differenzen fast kleinlich. 

Lesen Sie hier weitere Beiträge der Table.Briefings-Serie “Trump 2.0”.

Hier finden Sie das Working Paper der Stiftung Wissenschaft und Politik: How Europe is preparing for Trump II

  • Donald Trump
  • EU
  • Trump 2024
  • Ukraine
  • Ukraine-Krieg
  • USA
  • Zwei-Prozent-Ziel
Translation missing.

Reinhard Bütikofer: “Wir brauchen bei China-Fragen noch sehr viel mehr Einigkeit”

Sind Sie mit der China-Politik der EU heute zufriedener als vor fünf Jahren? 

Ja, denn vor fünf Jahren hatte die EU gerade die schwierige Operation hinter sich gebracht, eine neue Rahmendefinition für die europäischen Beziehungen zu China vorzulegen: die Triade aus Partner, Wettbewerber und Systemrivale. Damals gab es viele Bedenken, ob das nicht überkritisch sei. Von der Bundesregierung gab es nur Pushback. Die Kanzlerin hat bis zum Ende ihrer Legislaturperiode das Wort systemische Rivalität nicht einmal benutzt. Es gab defätistische Tendenzen in der Europäischen Union, nach dem Motto “Auf die USA mit Präsident Trump ist kein Verlass, wir Europäer kommen nicht auf einen Nenner – dann muss man halt nehmen, was man von China kriegt.”

Heute sehen wir, dass die kritischere Haltung die Realistischere war. Das ist keine Minderheitsposition, sondern wird weithin geteilt und auch sehr klar vertreten von der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen. Xi Jinping hat nicht nur in China selbst eine politische Rolle rückwärts bewirkt, sondern auch, was Chinas Rolle in der Welt betrifft, neue, viel aggressivere Saiten aufgezogen. Wenn wir Europäer uns nicht auf den Weg gemacht hätten, stünden wir heute ziemlich belämmert da. Das Europäische Parlament kann stolz darauf verweisen: Durch unsere Einigkeit in der China-Politik haben wir dazu beigetragen, dass es etliche Handelsschutzinstrumente heute wirklich gibt.

Gerade die vergangenen drei Jahre haben einen deutlichen Kurswechsel der EU-Kommission mit sich gebracht. Wo gibt es noch Nachholbedarf? 

Wir haben nach wie vor bei wichtigen chinapolitischen Fragen ein zu hohes Maß von Uneinigkeit, was sich auch in Reaktionen auf Vorschläge der EU-Kommission zeigt. Zu Recht sagt diese in puncto wirtschaftlicher Sicherheit, dass wir zusätzliche Strategien und Maßnahmen brauchen. Wir werden das Outbound Investment Screening brauchen. Aber bis jetzt war Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck der Einzige, der sich mal getraut hat, das zu sagen. Es gibt bei anderen Fragen der China-Beziehungen unter den Hauptstädten nicht genug Konsens. 

Wo sehen Sie das?

Zum Beispiel aktuell in Bezug auf die Lage in Hongkong. Dort wurde ein National Security Law verabschiedet, nach dem jemand zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt werden kann, wenn er oder sie einen Nachbarn nicht denunziert, sofern dieser Nachbar darüber nachdenkt, an einer friedlichen Demonstration teilzunehmen, die der Regierung nicht passt. Wo sind darauf die angemessenen Reaktionen? Es wäre vollständig angemessen, Hongkongs Regierungschef und Menschenrechtsverächter John Lee so zu sanktionieren, wie die USA es seit langem tun. China-Politik ist im Übrigen nicht nur, was wir im direkten Verhältnis mit China leisten. Die China-Politik muss das gesamte internationale Umfeld mitdenken. 

Was muss auf der To-do-Liste der nächsten EU-Kommission stehen?

Diese Agenda schreibt sich fast von selbst. Die Frage der wirtschaftlichen Sicherheit wird ja noch mal massiv dringlicher durch die chinesische Politik, jetzt in vielen Industriebereichen Überkapazitäten noch weiter zu subventionieren. Wo soll das alles hin? Der US-Markt ist weitgehend zu. Die Japaner schützen sich auch. Wir sind relativ offen. Jens Eskelund, der Präsident der Europäischen Handelskammer in Peking, warnt, dass eine teilweise Deindustrialisierung Europas durch diese chinesische Subventionsoffensive droht. Das muss man ernst nehmen.

Was noch?

Ein zweites Thema bleibt Chinas Haltung gegenüber Russland. China ist nicht irgendwie neutral. Ohne Chinas aktive Unterstützung könnte Russlands Präsident Wladimir Putin seinen Krieg nicht so führen, wie er ihn führt. China ist ein Land, das Putin hilft, Europas Sicherheitsarchitektur zu zerstören. Ein drittes Thema ist Chinas Vorgehen in der eigenen Nachbarschaft: im Südchinesischen Meer, im Ostchinesischen Meer und insbesondere in der Taiwanstraße. Zu nennen ist auch die indische Himalayagrenze und Chinas konfrontative Politik im globalen Umfeld durch wirtschaftliche Erpressung.

Wir können nicht warten, bis wir dran sind, sondern wir müssen Solidarität zeigen zur Aufrechterhaltung einer internationalen Ordnung, die auf den Prinzipien der Vereinten Nationen basiert. Eine Schwäche ist, dass unsere China-Politik mehr als europäische Selbstverteidigung herüberkommt und nicht als europäischer Beitrag zu einer für den Großteil der internationalen Partner positiven Ordnung in der Zukunft. 

Was steht auf Ihrer persönlichen Agenda der nächsten Jahre? 

Dem China-Thema bin ich seit mehr als 50 Jahren verbunden. Das werde ich nicht fallen lassen. Was ich im Einzelnen machen werde, dazu sind die Entscheidungen noch nicht getroffen. Ich habe aber den Vorsitz einer neuen deutsch-taiwanischen Dialogplattform übernommen, die die Bundesregierung eingerichtet hat. Ich werde versuchen, mit den Partnerinnen und Partnern aus Taiwan das zivilgesellschaftliche Engagement zu stärken. Mir geht es dabei vor allem darum, Taiwan nicht immer nur durch das Prisma der Cross-Strait-Relations zu betrachten. Spannend ist doch auch der Austausch darüber, wie Taiwan mit der eigenen Diktatur-Geschichte umgeht, wie es Minderheiten-Fragen behandelt, wie es gesellschaftliche Vielfalt ermöglicht – stärker als andere asiatische Länder das tun.

Werden Sie auch versuchen, in Berlin und Brüssel mehr Interesse für Taiwan zu generieren, damit sich vielleicht auch was bewegt in Richtung eines bilateralen Handelsabkommens?

Da sind wir gerade in einer interessanten Phase. Lange Zeit hat Taiwan darauf bestanden, dass wir ein bilaterales Investment Agreement brauchen. Wir haben das im Europäischen Parlament auch mehrfach deutlich mit riesengroßen Mehrheiten unterstützt. Uns sagen aber viele Unternehmen, wir sollten das alte amerikanische Prinzip anwenden: “If it ain’t broke, don’t fix it”. Das Problem ist nicht, dass man nicht investieren kann. Es gibt andere offene Fragen, die von größerer Bedeutung sind. Ich fände es zum Beispiel gut, mit Taiwan ein Abkommen zu resilienten Lieferketten zu machen. Da glaube ich, müssen wir pragmatisch rangehen. Im Europäischen Parlament ist es gelungen, unter den fünf großen demokratischen Fraktionen zu einem Konsens zu finden. Ich würde mir das auch für die Mitgliedsstaaten unnd für den Bundestag wünschen.

Wer wird denn Ihre Nachfolge als deutsche China-Stimme in Brüssel und Straßburg antreten? 

Lassen Sie sich überraschen. 

Reinhard Bütikofer ist Grünen-Europapolitiker und Vorsitzender der China-Delegation des Europäischen Parlaments. Seit kurzem ist er Co-Vorsitzender des deutsch-taiwanischen Dialogforums.

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  • Europapolitik

“Die Slowakei ist nicht Fico-Land”

Der Liberale Ivan Korčok lag in der ersten Runde der Präsidentenwahl in der Slowakei vor Peter Pellegrini, dem Parteigenossen von Robert Fico.

Die liberalen Kräfte in der Slowakei atmen auf. Seit Putin-Freund Robert Fico vor einem halben Jahr die Parlamentswahlen gewonnen und sich im Eiltempo daran gemacht hatte, die westliche, demokratische Ausrichtung des EU- und Nato-Landes zu kippen, hatte sich unter der Opposition schon so etwas wie Panik breit gemacht. Doch die erste Runde der Präsidentschaftswahl am Samstag zeigte etwas Überraschendes.

Fico und seine nationalistischen Partner sind nicht unverwundbar. Nicht ihr Kandidat, der bisherige Parlamentspräsident Peter Pellegrini, gewann das Rennen, sondern dessen Widersacher aus der liberalen Opposition, der Diplomat und frühere Außenminister Ivan Korčok. Und das auch noch mit einem nicht zu unterschätzenden Vorsprung. Korčok erhielt nach dem vorläufigen Endergebnis 42,5 Prozent der Stimmen, Pellegrini 37 Prozent.

Liberale Presse kommentiert Wahlausgang euphorisch

Kein Wort mehr von Depression und Hoffnungslosigkeit, freute sich am Sonntag der Chefredakteur der Tageszeitung Denník N, Matúš Kostolný, in einem Kommentar: Nach den Parlamentswahlen “hatten viele Menschen das Gefühl, dass eine Niederlage das Ende bedeute und das Fico jahrelang regieren würde. Der Sieg von Korčok ist der Beweis dafür, dass es nicht so sein muss. Fico hat nicht das ganze Land verwirrt und es besteht immer noch eine Chance, ihn zu besiegen. Die Slowakei ist nicht Fico-Land.”

Fico hatte als Erstes das Justizsystem ins Visier genommen. Er schaffte den Sondergerichtshof ab, der sich mit Fällen von schwerer Korruption befasste, in die vor allem auch zwielichtige Leute aus dem Umfeld des Langzeitregierungschefs verwickelt waren – und der auch den Mord an dem jungen Investigativjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten auf dem Tisch hatte.

Mit Pellegrini könnte Fico durchregieren

Ficos Präsidentschaftskandidat Pellegrini, dessen sozialdemokratische Partei Mitglied der Regierung ist, trägt die mit. Wie diese auch den außenpolitischen Schwenk mitvollzieht, voll auf Putin zu setzen und die Ukraine nicht mehr mit Waffen zu unterstützen. Mit Pellegrini als Präsident im Rücken hätte Premier Fico die Chance durchzuregieren.

Der Ausgang der ersten Wahlrunde kam auch für die beiden Kandidaten nicht unbedingt erwartet, die sich am 6. April in der Stichwahl neuerlich begegnen werden. Pellegrinis Gesichtsausdruck offenbarte zunehmende Enttäuschung, als sich sein anfänglicher Vorsprung aus der Auszählung in ländlichen Gebieten verringerte und er schließlich Korčok an sich vorbeiziehen lassen musste, als die Ergebnisse aus den Städten mit liberaler Wählerschaft zu Buche schlugen.

Korčok wirbt auch um Wähler aus Regierungslager

Korčok dagegen wirkte sehr erleichtert, als wäre ein großer Rucksack von ihm abgefallen. Ein wenig machte er den Eindruck, von seinem Erfolg selbst überrascht zu sein. Und um sich vor einer zu großen Euphorie zu bewahren, sagte er: “Das Ergebnis sieht hoffnungsvoll aus. Aber ich bleibe mit beiden Beinen auf dem Boden.”

Korčok spürt jedoch einen ungeahnt starken Rückenwind, den er in der Zeit bis zur Stichwahl bei Kundgebungen nutzen möchte. Vor dem zweiten Wahlgang will er sich auch an die Wähler der Regierungsparteien wenden. “Diejenigen, die sich nicht mit der Vulgarität und dem Mangel an Kultur identifizieren, die die Regierungskoalition offenbart”, sagte er.

Mögliche Unterstützung von Ultranationalisten

Pellegrini verkündete, er werde die Kandidaten um Unterstützung bitten, die in der ersten Runde gescheitert seien. Er setzt dabei vor allem auf die Wähler der ungarischen Minderheit und auf die des Drittplatzierten aus der ersten Runde, des früheren Justizministers Štefan Harabin. Der Ultranationalist, für den Putin im Ukrainekonflikt nicht der Aggressor ist, erzielte 11,74 Prozent der Stimmen.

Pellegrini betonte vor Journalisten zudem noch einmal, dass nur er die Interessen der Slowakei zu verteidigen wisse und warnte, “dass Korčok die Slowakei in den Krieg in der Ukraine hineinziehen wird”. Eine völlig in die Irre führende Behauptung, zumal über den Einsatz slowakischer Soldaten nicht der Präsident, sondern ausschließlich Regierung und Parlament entscheiden.

Politologen sehen Pellegrini für die Stichwahl zwar im leichten Vorteil. Aber der Fico-Kandidat war für die meisten auch schon für die erste Runde Favorit. Dieser Rolle wurde er nicht gerecht. Hans-Jörg Schmidt, Prag

  • Slowakei

News

Irland: Harris soll neuer Premier werden

Simon Harris wird im April voraussichtlich der jüngste Premierminister Irlands.

Simon Harris wird voraussichtlich Irlands neuer Premierminister. Am Sonntag wurde er ohne Gegenkandidaten zum Nachfolger von Leo Varadkar als Vorsitzender der Regierungspartei Fine Gael gewählt. Harris versprach, kleine Unternehmen zu unterstützen, das Thema Migration anzugehen und sich auf Recht und Ordnung zu konzentrieren.

Der 37-jährige Harris ist derzeit Forschungsminister und wird voraussichtlich bei der nächsten Parlamentssitzung am 9. April dank der Unterstützung der Koalitionspartner zum jüngsten irischen Premierminister aller Zeiten gewählt.

Ihm bleibt nicht mehr als ein Jahr, um die Koalition vor einer Niederlage bei den Parlamentswahlen zu bewahren. In den Umfragen der letzten drei Jahre wurde Sinn Fein, welche die Wiedervereinigung mit dem britisch regierten Nordirland unterstützt, als Favoritin für den Vorsitz der nächsten Regierung genannt. Varadkar hatte am Mittwoch überraschend seinen Rücktritt angekündigt. rtr

  • Irland

Bulgarien: Drohende Neuwahl bedroht Euro-Einführung

Die in Bulgarien mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragte bisherige Vize-Ministerpräsidentin Maria Gabriel hat die Gespräche über ein neues Kabinett abgebrochen. “Nein zu den ständig neuen Bedingungen“, sagte die 44-jährige frühere EU-Kommissarin am Sonntag in Sofia zur Begründung. Gabriel und das Verhandlungsteam des prowestlichen Mitte-Rechts-Bündnisses Gerb-SDS setzten damit den Regierungsgesprächen mit dem bisherigen, ebenso prowestlichen liberal-konservativen Koalitionspartner PP-DB ein Ende.

Die bisherige prowestliche Regierung von Ministerpräsident Nikolaj Denkow war Anfang März planmäßig zurückgetreten. Das soll eine 2023 zwischen den Regierungspartnern vereinbarte Rotation des Amtes des Ministerpräsidenten ermöglichen. Danach sollte Gabriel Regierungschefin werden und Denkow ihr Stellvertreter. Beide Seiten stritten Medienberichten zufolge vor allem über Personalien.

Vor Neuwahl müssten zwei weitere Regierungsaufträge scheitern

Gabriel sagte, sie wolle nun ihre für Montag durch das Parlament geplante Nominierung für das Amt des Ministerpräsidenten zurückziehen. Danach dürfte es nicht mehr zur Abstimmung einer von ihr am vergangenen Dienstag nach Gesprächen mit PP-DB, aber im Alleingang vorgestellten Regierung kommen.

Nun droht die sechste Parlamentswahl binnen drei Jahren. Bis diese ausgerufen wird, müssten allerdings zwei weitere, von Staatschef Rumen Radew erteilte Regierungsaufträge scheitern. Eine weitere Parlamentswahl könnte die von Bulgarien am 1. Januar 2025 angestrebte Einführung des Euro schwieriger gestalten, warnen Experten. Bulgarien soll außerdem am 31. März dem Schengen-Raum ohne Personenkontrollen beitreten – allerdings vorerst nur mit seinen Luft- und Seegrenzen. dpa

  • Bulgarien
  • Schengen-Raum

Scholz begrüßt Ausgabenziel für Ukraine

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Vorstoß der estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas für ein EU-Ausgabenziel von 0,25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Ukraine begrüßt. Scholz nannte den Vorschlag am Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel “sympathisch” und verwies auf Berechnungen, nach denen die EU sogar 0,8 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung aufbringen müsste, um das Ausgabenniveau der USA zu erreichen. “Deshalb sind solche Maßstäbe gut und hilfreich, weil sie noch einmal Klarheit verschaffen”, sagte er.

Kallas hatte zu Beginn des Gipfels gesagt, wenn jedes Land mindestens 0,25 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Militärhilfen zur Verfügung stellen würde, könnten die Ukrainer Russland bei den Militärausgaben übertrumpfen.

Ukraine erhöht Stromimporte deutlich

Nach Zahlen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) gibt Estland derzeit knapp 3,6 Prozent seines BIP für die Unterstützung für die Ukraine aus und damit so viel wie kein anderes Land auf der Welt. Deutschland lag demnach zuletzt bei rund 0,6 Prozent. Andere wirtschaftsstarke EU-Länder wie Frankreich, Italien und Spanien liegen allerdings mit einer Quote von rund 0,07 Prozent deutlich unter der 0,25-Prozent-Marke.

Nach den jüngsten Angriffen Russlands auf die Energieinfrastruktur der Ukraine erhöhte das Land am Sonntag die Stromimporte deutlich. Nach Angaben des Energieministeriums waren die Hälfte der Produktionskapazitäten des größten Versorgers DTEK zerstört worden. dpa/rtr

  • Estland
  • Ukraine-Krieg

Lobbycontrol will Aufklärung zu Ferber

Lobbycontrol fordert Konsequenzen aus den Interessenkonflikt-Vorwürfen gegen den CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber. Demnach zeigt der Fall, dass es trotz Verbesserungen “weiterhin Schlupflöcher im Verhaltenskodex für Abgeordnete gibt”, wie es in einer Mitteilung heißt. Noch immer sei nicht definiert, welche Nebentätigkeiten als Lobbyismus zählen und deshalb nicht erlaubt sein sollten. Der Verein sieht Parlamentspräsidentin Roberta Metsola in der Pflicht.

Auch die europäische Grünen-Fraktion fordert von ihr eine Prüfung. “Die neuen Enthüllungen werfen erneut die Frage eines möglichen, sehr ernst zu nehmenden Interessenkonflikts auf”, zitiert der “Spiegel” aus einem Brief des Co-Vorsitzenden Phillippe Lamberts an Metsola. In der Vergangenheit gab es wiederholt Vorwürfe gegen Ferber wegen seiner Nähe zur Finanzindustrie, wie auch Lobbycontrol betont.

Beratung zu MiFID II in der Kritik

Im vorliegenden Fall geht es um die langjährigen Beziehungen des Politikers zu dem niederländischen Geschäftsmann Michael Heijmeijer. Dieser leitet CFinancials, die Firma widmet sich dem Rating von Finanzprodukten. 2013 gründeten beide eine Stiftung, die Finanzprodukte einer breiteren Öffentlichkeit näherbringen soll.

Laut Politico sollen beide 2015 dann geplant haben, dass Ferber für hohe Summen Banken zu einer EU-Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) berät, die er mitgeschrieben hat. Er soll Heijmeier zudem den Kontakt zu hochrangigen Beamten der EU vermittelt haben. Der CSU-Politiker, der auch Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung ist, weist die Vorwürfe zurück: Er habe keine wirtschaftlichen Vorteile aus seinem Kontakt zu Heijmeijer gezogen. okb

  • Europäisches Parlament

Reallohnverlust: Deutschland über EU-Durchschnitt

Durch die Inflation sind die Reallöhne in der EU auch 2023 gesunken. Das zeigt ein neuer Bericht des Europäischen Gewerkschaftsinstituts (ETUI). Demnach war die Inflation im vergangenen Jahr in zehn der 27 Mitgliedstaaten höher als der Lohnzuwachs. Die größten Kaufkraftverluste hatten Arbeitnehmer in Ungarn und Tschechien mit fast vier Prozent. Deutschland lag mit 0,9 Prozent über dem EU-weiten Schnitt (0,7 Prozent). 2022 hatte das durchschnittliche Reallohn-Minus 4,3 Prozent betragen.

Das ETUI weist darauf hin, dass laut Europäischer Zentralbank erhöhte Konzerngewinne entscheidend zur Inflation beigetragen hätten. Eine Lohnerhöhung würde auch der Wirtschaft helfen, so das Institut. Die EU hatte im Februar erklärt, ihr Wachstum sei 2023 durch die Erosion der Kaufkraft von Haushalten gebremst worden. Das ETUI agiert als Thinktank des Europäischen Gewerkschaftsbunds (EGB), der in seinem Manifest für die Europawahl unter anderem ein Recht auf unbefristete Verträge und die Besteuerung von Übergewinnen fordert. okb

  • Arbeitsmarkt
  • Gewerkschaften
  • Inflation

Presseschau

Nach Anschlag in Moskau: Kiesewetter hält neue Mobilisierungswelle in Russland für “wahrscheinlich” RND
Ehemaliger EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: “Ich habe Putin auf dem Grill gehabt. Und er mich” KLEINE ZEITUNG
Russischer Marschflugkörper verletzt polnischen Luftraum FOCUS
Frankreich ruft höchste Sicherheits-Alarmstufe aus STUTTGARTER ZEITUNG
Hochrangige Beamte betroffen: EU-Sanktionen wegen Nawalnys Tod in Kraft TAGESSCHAU
Stichwahl um Präsidentenamt in Slowakei nötig WELT
Regierungsgespräche in Bulgarien scheitern – Neuwahl droht SPIEGEL
Simon Harris soll neuer Regierungschef von Irland werden HANDELSBLATT
Estlands Ministerpräsidentin Kallas fordert, russische Vermögenswerte an Ukraine zu geben DEUTSCHLANDFUNK
Messenger Telegram wird in Spanien blockiert DER STANDARD
Italienischer Minister: EU will Lufthansa-Einstieg bei ITA nicht HANDELSBLATT
Hotspot in Albanien wird ab Mai Migranten aus Italien aufnehmen KURIER
Kate und William nach Bekanntmachung von Krebsdiagnose “sehr gerührt” von Reaktionen DERSTANDARD
Britische Kartellwächter stellen Vodafone-Fusion mit Three infrage HANDELSBLATT
Gedenken in Italien: Jahrestag des Massakers in den Ardeatinischen Höhlen TAGESSCHAU

Heads

Félix Bolaños – der starke Mann hinter Pedro Sánchez

Spain s Minister of the Presidency, Justice and Relations with the Cortes, Felix Bolanos looks on during an European Justice Home Affairs Interior Ministers Council at the EU Council headquarters in Brussels, Belgium, on December 4, 2023. Brussels Belgium.
Félix Bolaños García: Als Minister für das Präsidialamt, die Justiz und parlamentarische Beziehungen steht er im Zentrum der politischen Macht Spaniens.

Félix Bolaños ist der mächtigste Mann in der Regierung von Pedro Sánchez. Seit November 2023 ist Bolaños Minister für das Präsidialamt, die Justiz und die parlamentarischen Beziehungen. Der Superminister ist einer der Architekten des Amnestiegesetzes, durch das die katalanischen Separatisten für Verbrechen wie Korruption, Veruntreuung und Terrorismus straffrei bleiben sollen. In dieser Legislaturperiode pflegt er die Beziehungen zu den katalanischen Separatisten, zu den EU-Institutionen und zur Opposition, um eine Reform des spanischen Justizsystems zu erreichen. 

Bolaños wurde 1975 in Madrid geboren. Er ist der einzige Sohn eines Emigrantenpaares, das sich in München bei der Arbeit in einer Fabrik kennenlernte. Gemeinsam kehrten sie nach Spanien zurück, um in Madrid eine Vogel- und Pflanzenhandlung zu eröffnen. Um sein Jurastudium an der Universität Complutense zu finanzieren, arbeitete Bolaños als Fußballschiedsrichter und Pizzabote. Seine juristische Karriere begann er in der renommierten Anwaltskanzlei Uría y Menéndez. 2005 wechselte er zur Bank von Spanien, wo er von 2008 bis 2018 die Abteilung Arbeitsrechtsberatung und Rechtsdokumentation leitete. 

Wie Bolaños zu seiner Schlüsselposition kam  

Mit 27 Jahren trat Bolaños in die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) ein. Es heißt, dass er wegen des Geldes, das er als Anwalt verdiente, keinen Grund hatte, in die Politik zu gehen. Trotzdem engagierte er sich neben seiner Arbeit bei der Bank von Spanien ehrenamtlich für die Partei. An den Wochenenden machte er unentgeltlich Rechtsberatung für die PSOE in Madrid, zunächst unterstütze er Einwanderer, dann auch Parteikollegen. 

Sánchez und Bolaños lernten sich 2014 auf einer Feier der PSOE kennen. Sánchez war damals Mitglied des Madrider Stadtrats, hatte jedoch den Ehrgeiz, Parteichef zu werden. Bolaños bot Sánchez an, ihn bei den juristischen Aspekten und der Satzung der PSOE zu unterstützen. Als Sánchez noch im gleichen Jahr zum Generalsekretär der PSOE aufstieg, erhielt Bolaños einen Platz in der nationalen Organisationsstruktur der PSOE. Nach dem Misstrauensantrag gegen Mariano Rajoy (Volkspartei) im Jahr 2018 übernahm Sánchez das Amt des Regierungschefs und ernannte Bolaños zum Generalsekretär des Präsidialamtes. In dieser Schlüsselposition, in der er eng mit Sánchez zusammenarbeitete, koordinierte er die Regierungsarbeit.

Der Experte für heikle Operationen 

Bolaños ist vor allem der diskrete Mann in der Regierung Sánchez, der die heikelsten Operationen plant und durchführt. In der ersten Legislaturperiode von Sánchez spielte Bolaños eine Schlüsselrolle bei der Exhumierung der sterblichen Überreste des Diktators Francisco Franco aus dem Tal der Gefallenen, das in Tal von Cuelgamuros umbenannt wurde.

Bolaños war auch für die Ausarbeitung des neuen politischen Organisationsmodells der PSOE verantwortlich, das Sánchez fast die gesamte Macht übertrug, sowie für die Erneuerung des der PSOE nahestehenden Radio Televisión Española (RTVE)

Als Minister in der zweiten Amtszeit von Pedro Sánchez leitete Bolaños die “Dejustizialisierung” des katalanischen Unabhängigkeitsprozesses. Diese zielte darauf ab, die politische Dimension des Konflikts zu stärken und weniger auf juristische Verfahren zu setzen. Die Verhandlungen gipfelten in Änderungen des Strafgesetzbuchs, die mit der separatistischen Partei Esquerra Republicana per Catalunya (ERC) vereinbart wurden, um den Straftatbestand der Veruntreuung zu reformieren und den Straftatbestand der Aufwiegelung abzuschaffen. Bolaños war der juristische Architekt der Begnadigungen für katalanische Separatisten im Jahr 2021. 

Bolaños gratuliert sich selbst zum Amnestiegesetz 

Sowohl die Begnadigungen der bereits gerichtlich verurteilten katalanischen Separatisten als auch die Änderungen des Strafgesetzbuches und vor allem das Amnestiegesetz waren die vermeintlichen “roten Linien”, die die Sozialisten “niemals” überschreiten wollten. Doch seit Sánchez 2018 an die Macht kam, wurden alle Verspechen über Bord geworfen, um die notwendige parlamentarische Unterstützung für den Verbleib im Moncloa-Palast zu erhalten.  

Euphorisch beglückwünschte Bolaños sich selbst zu dem Amnestiegesetz, nachdem die PSOE und Carles Puigdemonts Junts-Partei am 7. März eine Einigung über die vom Separatistenführer geforderten Gesetzesänderungen erzielt hatten. Er betonte, das Gesetz werde “weltweit Maßstäbe setzen”. 

In einem Interview mit dem Radiosender Onda Cero Anfang März räumte Bolaños zwar ein, dass das Amnestiegesetz nicht die von der Regierung behauptete gesellschaftliche Unterstützung genießt. Nach einer Umfrage von SocioMétrica vom Januar dieses Jahres sind 72 Prozent der Spanier gegen das Gesetz, darunter 41 Prozent der PSOE-Anhänger und 51 Prozent der Katalanen. Doch Bolaños behauptet: “Mit jedem Monat, den Pedro Sánchez regiert, gibt es in Katalonien weniger Unabhängigkeitsbefürworter”. Dieses Narrativ verfängt jedoch nicht. Ebenso wenig wie das der angeblichen Versöhnung mit Katalonien, die die Regierung als Grund für das Amnestiegesetz angibt. Sowohl die ERC als auch Junts beharren darauf, dass sie nach der Amnestie die Unabhängigkeit Kataloniens anstreben. Isabel Cuesta

  • Europapolitik
  • Spanien

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Nachdem sich die Botschafter der Mitgliedstaaten aufgrund fehlender Mehrheiten am Freitag nicht auf das umstrittene Gesetz zur Wiederherstellung der Natur einigen konnten, hat die belgische Ratspräsidentschaft die finale Abstimmung der Ministerinnen und Minister auf unbestimmte Zeit verschoben.

    Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Gesetz bei einem der nächsten Ministertreffen verabschiedet wird. Und da nur noch die Zustimmung der Länder fehlt und die Ratssitzungen unabhängig vom EU-Wahlzyklus laufen, gibt es auch keine nahende Deadline für das Renaturierungsgesetz bezüglich der anstehenden Europawahl. Allerdings scheinen weder die Belgier noch die Ungarn (Budapest übernimmt im Juli die Ratspräsidentschaft) große Fans des Gesetzes zu sein. Es kann also passieren, dass das Renaturierungsgesetz doch noch auf die lange Bank geschoben wird.

    Ob Sie das nun für eine gute oder eine schlechte Nachricht halten, starten Sie in jedem Fall gut in die neue Woche.

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    Wie sich die EU-Staaten auf eine mögliche Amtszeit Trumps vorbereiten 

    “Unverantwortlich”, “rücksichtslos” oder “Gefahr für Europa”. Die Äußerungen europäischer Staats- und Regierungschefs über Donald Trump waren zuletzt wenig schmeichelhaft. Vorfreude ist auch in dem Working Paper nicht zu erkennen, das die Stiftung Wissenschaft und Politik an diesem Montag veröffentlichen will und in dem Außenpolitik-Experten aus 19 europäischen Staaten zu Wort kommen. 

    “Viele sorgen sich vor Trumps interessengeleitetem, isolationistischem und disruptivem Regierungsstil”, heißt es in der Einführung der SWP-Autoren Claudia Major, Laura von Daniels und Nicolai von Ondarza. “Aber da sind auch Stimmen, die Gemeinsamkeiten mit Trump bei außen- und sicherheitspolitischen Themen sowie in der ,Identitätspolitik’ sehen.” 

    Drei Themengebiete machen den Ländern besonders zu schaffen, Demokratie, Verteidigung und Handel. Anti-demokratische Kräfte könnten Aufwind verspüren durch einen möglichen Wahlsieg Trumps (“spillover”), rechtspopulistische Politiker dürften sich zu Trump hingezogen fühlen und ihm Kooperationen anbieten. 

    Ukraine droht unter Trump neue Härte

    Für die militärische Hilfe für die Ukraine sei die USA weiterhin “unersetzbar”, heißt es in dem Bericht. Allerdings wird in vielen Ländern die Sorge geäußert, dass Trump einen Waffenstillstand gegen den Willen der Ukraine und damit vielleicht auch gegen die europäischen Interessen durchsetzen könnte (“Kapitulationsfrieden”). Diese Ängste werden bevorzugt in EU/Nato-Staaten mit einer Grenze zu Russland formuliert. Wie sollte sich die EU, die von den US-Geldern in der Nato abhängig ist, dann verhalten?

    Auch der Einfluss der konservativen Heritage Foundation auf Trump ist in vielen Ländern ein Thema. Der Thinktank ist eine ideologische Vorfeldorganisation der Trump-Kampagne. Spekuliert wird darüber, ob Trump im besten Fall die Milliardenhilfen für die Ukraine beibehält, aber von Zuschüssen auf Darlehen wechselt. 

    In den baltischen Staaten, in Norwegen und Polen, fürchten Diplomaten und Politiker, dass Trump die transatlantischen Beziehungen vorrangig als Geschäftsbeziehungen sieht und den “Wert von Allianzen und Bündnisse an sich” infrage stellen könnte. 

    Die Debatte über das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben werde in der EU durch einen möglichen Präsidenten Trump weiter angeheizt, lautet die Analyse. “Während alle zustimmen, dass die EU mehr tun muss, gibt es Differenzen, wie man das Ziel erreichen sollte.” Während Norwegen und Deutschland versuchen würden, schon vor dem Nato-Gipfel in Washington die stärkere Finanzierung der Verteidigungsausgaben als eine Art “Präventionspolitik” umzusetzen, würden sich Länder wie Frankreich und Polen kaum angesprochen fühlen. Norwegen will noch vor dem Gipfel die Zwei-Prozent-Marke erreichen, um Trumps Kritik vorzubeugen.

    In der Wirtschaftspolitik erwarten die Länder heftige Umwälzungen

    Trumps erwartete rustikale Regierungspolitik könnte auch dort geopolitische Auswirkungen haben, wo man sie bisher kaum vermutet. So sorgt sich Spanien laut dem SWP-Report um einen rechtspopulistischen Aufstieg einiger südamerikanischer Länder und Bulgarien fürchtet, dass Trump mit radikalen Plänen die Balkanpolitik chaotisiert. Tschechien schaut einer zweiten Amtszeit Trumps gar nicht so kritisch gegenüber, immerhin war es Trump, der die Ukraine schon früh mit Waffen ausgestattet hat und Truppen nach Osteuropa schickte.

    In der Wirtschafts- und Handelspolitik erwarten die Länder heftige Umwälzungen in einer zweiten Amtszeit Trumps. Besonders mögliche US-amerikanische Sanktionen für Technologieexporte nach China werden genannt. “Diese Faktoren könnten weitreichende Auswirkungen auf den Welthandel und Investitionsströme haben.” Diese Sorgen werden am meisten in jenen Ländern geäußert, die auf internationalen Handel angewiesen sind, also Deutschland, Niederlande, Irland oder Schweden. 

    Manch einer der europäischen Experten sieht immerhin einen zentralen Vorteil einer erneuten US-Präsidentschaft von Donald Trump. Trump könnte ein “unifying factor” für die Europäische Union sein. Angesichts der großen Herausforderung, die eine Trump-Amtszeit für Europa bedeutet, erscheinen manche EU-internen Differenzen fast kleinlich. 

    Lesen Sie hier weitere Beiträge der Table.Briefings-Serie “Trump 2.0”.

    Hier finden Sie das Working Paper der Stiftung Wissenschaft und Politik: How Europe is preparing for Trump II

    • Donald Trump
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    • Trump 2024
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    • Ukraine-Krieg
    • USA
    • Zwei-Prozent-Ziel
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    Reinhard Bütikofer: “Wir brauchen bei China-Fragen noch sehr viel mehr Einigkeit”

    Sind Sie mit der China-Politik der EU heute zufriedener als vor fünf Jahren? 

    Ja, denn vor fünf Jahren hatte die EU gerade die schwierige Operation hinter sich gebracht, eine neue Rahmendefinition für die europäischen Beziehungen zu China vorzulegen: die Triade aus Partner, Wettbewerber und Systemrivale. Damals gab es viele Bedenken, ob das nicht überkritisch sei. Von der Bundesregierung gab es nur Pushback. Die Kanzlerin hat bis zum Ende ihrer Legislaturperiode das Wort systemische Rivalität nicht einmal benutzt. Es gab defätistische Tendenzen in der Europäischen Union, nach dem Motto “Auf die USA mit Präsident Trump ist kein Verlass, wir Europäer kommen nicht auf einen Nenner – dann muss man halt nehmen, was man von China kriegt.”

    Heute sehen wir, dass die kritischere Haltung die Realistischere war. Das ist keine Minderheitsposition, sondern wird weithin geteilt und auch sehr klar vertreten von der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen. Xi Jinping hat nicht nur in China selbst eine politische Rolle rückwärts bewirkt, sondern auch, was Chinas Rolle in der Welt betrifft, neue, viel aggressivere Saiten aufgezogen. Wenn wir Europäer uns nicht auf den Weg gemacht hätten, stünden wir heute ziemlich belämmert da. Das Europäische Parlament kann stolz darauf verweisen: Durch unsere Einigkeit in der China-Politik haben wir dazu beigetragen, dass es etliche Handelsschutzinstrumente heute wirklich gibt.

    Gerade die vergangenen drei Jahre haben einen deutlichen Kurswechsel der EU-Kommission mit sich gebracht. Wo gibt es noch Nachholbedarf? 

    Wir haben nach wie vor bei wichtigen chinapolitischen Fragen ein zu hohes Maß von Uneinigkeit, was sich auch in Reaktionen auf Vorschläge der EU-Kommission zeigt. Zu Recht sagt diese in puncto wirtschaftlicher Sicherheit, dass wir zusätzliche Strategien und Maßnahmen brauchen. Wir werden das Outbound Investment Screening brauchen. Aber bis jetzt war Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck der Einzige, der sich mal getraut hat, das zu sagen. Es gibt bei anderen Fragen der China-Beziehungen unter den Hauptstädten nicht genug Konsens. 

    Wo sehen Sie das?

    Zum Beispiel aktuell in Bezug auf die Lage in Hongkong. Dort wurde ein National Security Law verabschiedet, nach dem jemand zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt werden kann, wenn er oder sie einen Nachbarn nicht denunziert, sofern dieser Nachbar darüber nachdenkt, an einer friedlichen Demonstration teilzunehmen, die der Regierung nicht passt. Wo sind darauf die angemessenen Reaktionen? Es wäre vollständig angemessen, Hongkongs Regierungschef und Menschenrechtsverächter John Lee so zu sanktionieren, wie die USA es seit langem tun. China-Politik ist im Übrigen nicht nur, was wir im direkten Verhältnis mit China leisten. Die China-Politik muss das gesamte internationale Umfeld mitdenken. 

    Was muss auf der To-do-Liste der nächsten EU-Kommission stehen?

    Diese Agenda schreibt sich fast von selbst. Die Frage der wirtschaftlichen Sicherheit wird ja noch mal massiv dringlicher durch die chinesische Politik, jetzt in vielen Industriebereichen Überkapazitäten noch weiter zu subventionieren. Wo soll das alles hin? Der US-Markt ist weitgehend zu. Die Japaner schützen sich auch. Wir sind relativ offen. Jens Eskelund, der Präsident der Europäischen Handelskammer in Peking, warnt, dass eine teilweise Deindustrialisierung Europas durch diese chinesische Subventionsoffensive droht. Das muss man ernst nehmen.

    Was noch?

    Ein zweites Thema bleibt Chinas Haltung gegenüber Russland. China ist nicht irgendwie neutral. Ohne Chinas aktive Unterstützung könnte Russlands Präsident Wladimir Putin seinen Krieg nicht so führen, wie er ihn führt. China ist ein Land, das Putin hilft, Europas Sicherheitsarchitektur zu zerstören. Ein drittes Thema ist Chinas Vorgehen in der eigenen Nachbarschaft: im Südchinesischen Meer, im Ostchinesischen Meer und insbesondere in der Taiwanstraße. Zu nennen ist auch die indische Himalayagrenze und Chinas konfrontative Politik im globalen Umfeld durch wirtschaftliche Erpressung.

    Wir können nicht warten, bis wir dran sind, sondern wir müssen Solidarität zeigen zur Aufrechterhaltung einer internationalen Ordnung, die auf den Prinzipien der Vereinten Nationen basiert. Eine Schwäche ist, dass unsere China-Politik mehr als europäische Selbstverteidigung herüberkommt und nicht als europäischer Beitrag zu einer für den Großteil der internationalen Partner positiven Ordnung in der Zukunft. 

    Was steht auf Ihrer persönlichen Agenda der nächsten Jahre? 

    Dem China-Thema bin ich seit mehr als 50 Jahren verbunden. Das werde ich nicht fallen lassen. Was ich im Einzelnen machen werde, dazu sind die Entscheidungen noch nicht getroffen. Ich habe aber den Vorsitz einer neuen deutsch-taiwanischen Dialogplattform übernommen, die die Bundesregierung eingerichtet hat. Ich werde versuchen, mit den Partnerinnen und Partnern aus Taiwan das zivilgesellschaftliche Engagement zu stärken. Mir geht es dabei vor allem darum, Taiwan nicht immer nur durch das Prisma der Cross-Strait-Relations zu betrachten. Spannend ist doch auch der Austausch darüber, wie Taiwan mit der eigenen Diktatur-Geschichte umgeht, wie es Minderheiten-Fragen behandelt, wie es gesellschaftliche Vielfalt ermöglicht – stärker als andere asiatische Länder das tun.

    Werden Sie auch versuchen, in Berlin und Brüssel mehr Interesse für Taiwan zu generieren, damit sich vielleicht auch was bewegt in Richtung eines bilateralen Handelsabkommens?

    Da sind wir gerade in einer interessanten Phase. Lange Zeit hat Taiwan darauf bestanden, dass wir ein bilaterales Investment Agreement brauchen. Wir haben das im Europäischen Parlament auch mehrfach deutlich mit riesengroßen Mehrheiten unterstützt. Uns sagen aber viele Unternehmen, wir sollten das alte amerikanische Prinzip anwenden: “If it ain’t broke, don’t fix it”. Das Problem ist nicht, dass man nicht investieren kann. Es gibt andere offene Fragen, die von größerer Bedeutung sind. Ich fände es zum Beispiel gut, mit Taiwan ein Abkommen zu resilienten Lieferketten zu machen. Da glaube ich, müssen wir pragmatisch rangehen. Im Europäischen Parlament ist es gelungen, unter den fünf großen demokratischen Fraktionen zu einem Konsens zu finden. Ich würde mir das auch für die Mitgliedsstaaten unnd für den Bundestag wünschen.

    Wer wird denn Ihre Nachfolge als deutsche China-Stimme in Brüssel und Straßburg antreten? 

    Lassen Sie sich überraschen. 

    Reinhard Bütikofer ist Grünen-Europapolitiker und Vorsitzender der China-Delegation des Europäischen Parlaments. Seit kurzem ist er Co-Vorsitzender des deutsch-taiwanischen Dialogforums.

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    “Die Slowakei ist nicht Fico-Land”

    Der Liberale Ivan Korčok lag in der ersten Runde der Präsidentenwahl in der Slowakei vor Peter Pellegrini, dem Parteigenossen von Robert Fico.

    Die liberalen Kräfte in der Slowakei atmen auf. Seit Putin-Freund Robert Fico vor einem halben Jahr die Parlamentswahlen gewonnen und sich im Eiltempo daran gemacht hatte, die westliche, demokratische Ausrichtung des EU- und Nato-Landes zu kippen, hatte sich unter der Opposition schon so etwas wie Panik breit gemacht. Doch die erste Runde der Präsidentschaftswahl am Samstag zeigte etwas Überraschendes.

    Fico und seine nationalistischen Partner sind nicht unverwundbar. Nicht ihr Kandidat, der bisherige Parlamentspräsident Peter Pellegrini, gewann das Rennen, sondern dessen Widersacher aus der liberalen Opposition, der Diplomat und frühere Außenminister Ivan Korčok. Und das auch noch mit einem nicht zu unterschätzenden Vorsprung. Korčok erhielt nach dem vorläufigen Endergebnis 42,5 Prozent der Stimmen, Pellegrini 37 Prozent.

    Liberale Presse kommentiert Wahlausgang euphorisch

    Kein Wort mehr von Depression und Hoffnungslosigkeit, freute sich am Sonntag der Chefredakteur der Tageszeitung Denník N, Matúš Kostolný, in einem Kommentar: Nach den Parlamentswahlen “hatten viele Menschen das Gefühl, dass eine Niederlage das Ende bedeute und das Fico jahrelang regieren würde. Der Sieg von Korčok ist der Beweis dafür, dass es nicht so sein muss. Fico hat nicht das ganze Land verwirrt und es besteht immer noch eine Chance, ihn zu besiegen. Die Slowakei ist nicht Fico-Land.”

    Fico hatte als Erstes das Justizsystem ins Visier genommen. Er schaffte den Sondergerichtshof ab, der sich mit Fällen von schwerer Korruption befasste, in die vor allem auch zwielichtige Leute aus dem Umfeld des Langzeitregierungschefs verwickelt waren – und der auch den Mord an dem jungen Investigativjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten auf dem Tisch hatte.

    Mit Pellegrini könnte Fico durchregieren

    Ficos Präsidentschaftskandidat Pellegrini, dessen sozialdemokratische Partei Mitglied der Regierung ist, trägt die mit. Wie diese auch den außenpolitischen Schwenk mitvollzieht, voll auf Putin zu setzen und die Ukraine nicht mehr mit Waffen zu unterstützen. Mit Pellegrini als Präsident im Rücken hätte Premier Fico die Chance durchzuregieren.

    Der Ausgang der ersten Wahlrunde kam auch für die beiden Kandidaten nicht unbedingt erwartet, die sich am 6. April in der Stichwahl neuerlich begegnen werden. Pellegrinis Gesichtsausdruck offenbarte zunehmende Enttäuschung, als sich sein anfänglicher Vorsprung aus der Auszählung in ländlichen Gebieten verringerte und er schließlich Korčok an sich vorbeiziehen lassen musste, als die Ergebnisse aus den Städten mit liberaler Wählerschaft zu Buche schlugen.

    Korčok wirbt auch um Wähler aus Regierungslager

    Korčok dagegen wirkte sehr erleichtert, als wäre ein großer Rucksack von ihm abgefallen. Ein wenig machte er den Eindruck, von seinem Erfolg selbst überrascht zu sein. Und um sich vor einer zu großen Euphorie zu bewahren, sagte er: “Das Ergebnis sieht hoffnungsvoll aus. Aber ich bleibe mit beiden Beinen auf dem Boden.”

    Korčok spürt jedoch einen ungeahnt starken Rückenwind, den er in der Zeit bis zur Stichwahl bei Kundgebungen nutzen möchte. Vor dem zweiten Wahlgang will er sich auch an die Wähler der Regierungsparteien wenden. “Diejenigen, die sich nicht mit der Vulgarität und dem Mangel an Kultur identifizieren, die die Regierungskoalition offenbart”, sagte er.

    Mögliche Unterstützung von Ultranationalisten

    Pellegrini verkündete, er werde die Kandidaten um Unterstützung bitten, die in der ersten Runde gescheitert seien. Er setzt dabei vor allem auf die Wähler der ungarischen Minderheit und auf die des Drittplatzierten aus der ersten Runde, des früheren Justizministers Štefan Harabin. Der Ultranationalist, für den Putin im Ukrainekonflikt nicht der Aggressor ist, erzielte 11,74 Prozent der Stimmen.

    Pellegrini betonte vor Journalisten zudem noch einmal, dass nur er die Interessen der Slowakei zu verteidigen wisse und warnte, “dass Korčok die Slowakei in den Krieg in der Ukraine hineinziehen wird”. Eine völlig in die Irre führende Behauptung, zumal über den Einsatz slowakischer Soldaten nicht der Präsident, sondern ausschließlich Regierung und Parlament entscheiden.

    Politologen sehen Pellegrini für die Stichwahl zwar im leichten Vorteil. Aber der Fico-Kandidat war für die meisten auch schon für die erste Runde Favorit. Dieser Rolle wurde er nicht gerecht. Hans-Jörg Schmidt, Prag

    • Slowakei

    News

    Irland: Harris soll neuer Premier werden

    Simon Harris wird im April voraussichtlich der jüngste Premierminister Irlands.

    Simon Harris wird voraussichtlich Irlands neuer Premierminister. Am Sonntag wurde er ohne Gegenkandidaten zum Nachfolger von Leo Varadkar als Vorsitzender der Regierungspartei Fine Gael gewählt. Harris versprach, kleine Unternehmen zu unterstützen, das Thema Migration anzugehen und sich auf Recht und Ordnung zu konzentrieren.

    Der 37-jährige Harris ist derzeit Forschungsminister und wird voraussichtlich bei der nächsten Parlamentssitzung am 9. April dank der Unterstützung der Koalitionspartner zum jüngsten irischen Premierminister aller Zeiten gewählt.

    Ihm bleibt nicht mehr als ein Jahr, um die Koalition vor einer Niederlage bei den Parlamentswahlen zu bewahren. In den Umfragen der letzten drei Jahre wurde Sinn Fein, welche die Wiedervereinigung mit dem britisch regierten Nordirland unterstützt, als Favoritin für den Vorsitz der nächsten Regierung genannt. Varadkar hatte am Mittwoch überraschend seinen Rücktritt angekündigt. rtr

    • Irland

    Bulgarien: Drohende Neuwahl bedroht Euro-Einführung

    Die in Bulgarien mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragte bisherige Vize-Ministerpräsidentin Maria Gabriel hat die Gespräche über ein neues Kabinett abgebrochen. “Nein zu den ständig neuen Bedingungen“, sagte die 44-jährige frühere EU-Kommissarin am Sonntag in Sofia zur Begründung. Gabriel und das Verhandlungsteam des prowestlichen Mitte-Rechts-Bündnisses Gerb-SDS setzten damit den Regierungsgesprächen mit dem bisherigen, ebenso prowestlichen liberal-konservativen Koalitionspartner PP-DB ein Ende.

    Die bisherige prowestliche Regierung von Ministerpräsident Nikolaj Denkow war Anfang März planmäßig zurückgetreten. Das soll eine 2023 zwischen den Regierungspartnern vereinbarte Rotation des Amtes des Ministerpräsidenten ermöglichen. Danach sollte Gabriel Regierungschefin werden und Denkow ihr Stellvertreter. Beide Seiten stritten Medienberichten zufolge vor allem über Personalien.

    Vor Neuwahl müssten zwei weitere Regierungsaufträge scheitern

    Gabriel sagte, sie wolle nun ihre für Montag durch das Parlament geplante Nominierung für das Amt des Ministerpräsidenten zurückziehen. Danach dürfte es nicht mehr zur Abstimmung einer von ihr am vergangenen Dienstag nach Gesprächen mit PP-DB, aber im Alleingang vorgestellten Regierung kommen.

    Nun droht die sechste Parlamentswahl binnen drei Jahren. Bis diese ausgerufen wird, müssten allerdings zwei weitere, von Staatschef Rumen Radew erteilte Regierungsaufträge scheitern. Eine weitere Parlamentswahl könnte die von Bulgarien am 1. Januar 2025 angestrebte Einführung des Euro schwieriger gestalten, warnen Experten. Bulgarien soll außerdem am 31. März dem Schengen-Raum ohne Personenkontrollen beitreten – allerdings vorerst nur mit seinen Luft- und Seegrenzen. dpa

    • Bulgarien
    • Schengen-Raum

    Scholz begrüßt Ausgabenziel für Ukraine

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Vorstoß der estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas für ein EU-Ausgabenziel von 0,25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Ukraine begrüßt. Scholz nannte den Vorschlag am Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel “sympathisch” und verwies auf Berechnungen, nach denen die EU sogar 0,8 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung aufbringen müsste, um das Ausgabenniveau der USA zu erreichen. “Deshalb sind solche Maßstäbe gut und hilfreich, weil sie noch einmal Klarheit verschaffen”, sagte er.

    Kallas hatte zu Beginn des Gipfels gesagt, wenn jedes Land mindestens 0,25 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Militärhilfen zur Verfügung stellen würde, könnten die Ukrainer Russland bei den Militärausgaben übertrumpfen.

    Ukraine erhöht Stromimporte deutlich

    Nach Zahlen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) gibt Estland derzeit knapp 3,6 Prozent seines BIP für die Unterstützung für die Ukraine aus und damit so viel wie kein anderes Land auf der Welt. Deutschland lag demnach zuletzt bei rund 0,6 Prozent. Andere wirtschaftsstarke EU-Länder wie Frankreich, Italien und Spanien liegen allerdings mit einer Quote von rund 0,07 Prozent deutlich unter der 0,25-Prozent-Marke.

    Nach den jüngsten Angriffen Russlands auf die Energieinfrastruktur der Ukraine erhöhte das Land am Sonntag die Stromimporte deutlich. Nach Angaben des Energieministeriums waren die Hälfte der Produktionskapazitäten des größten Versorgers DTEK zerstört worden. dpa/rtr

    • Estland
    • Ukraine-Krieg

    Lobbycontrol will Aufklärung zu Ferber

    Lobbycontrol fordert Konsequenzen aus den Interessenkonflikt-Vorwürfen gegen den CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber. Demnach zeigt der Fall, dass es trotz Verbesserungen “weiterhin Schlupflöcher im Verhaltenskodex für Abgeordnete gibt”, wie es in einer Mitteilung heißt. Noch immer sei nicht definiert, welche Nebentätigkeiten als Lobbyismus zählen und deshalb nicht erlaubt sein sollten. Der Verein sieht Parlamentspräsidentin Roberta Metsola in der Pflicht.

    Auch die europäische Grünen-Fraktion fordert von ihr eine Prüfung. “Die neuen Enthüllungen werfen erneut die Frage eines möglichen, sehr ernst zu nehmenden Interessenkonflikts auf”, zitiert der “Spiegel” aus einem Brief des Co-Vorsitzenden Phillippe Lamberts an Metsola. In der Vergangenheit gab es wiederholt Vorwürfe gegen Ferber wegen seiner Nähe zur Finanzindustrie, wie auch Lobbycontrol betont.

    Beratung zu MiFID II in der Kritik

    Im vorliegenden Fall geht es um die langjährigen Beziehungen des Politikers zu dem niederländischen Geschäftsmann Michael Heijmeijer. Dieser leitet CFinancials, die Firma widmet sich dem Rating von Finanzprodukten. 2013 gründeten beide eine Stiftung, die Finanzprodukte einer breiteren Öffentlichkeit näherbringen soll.

    Laut Politico sollen beide 2015 dann geplant haben, dass Ferber für hohe Summen Banken zu einer EU-Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) berät, die er mitgeschrieben hat. Er soll Heijmeier zudem den Kontakt zu hochrangigen Beamten der EU vermittelt haben. Der CSU-Politiker, der auch Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung ist, weist die Vorwürfe zurück: Er habe keine wirtschaftlichen Vorteile aus seinem Kontakt zu Heijmeijer gezogen. okb

    • Europäisches Parlament

    Reallohnverlust: Deutschland über EU-Durchschnitt

    Durch die Inflation sind die Reallöhne in der EU auch 2023 gesunken. Das zeigt ein neuer Bericht des Europäischen Gewerkschaftsinstituts (ETUI). Demnach war die Inflation im vergangenen Jahr in zehn der 27 Mitgliedstaaten höher als der Lohnzuwachs. Die größten Kaufkraftverluste hatten Arbeitnehmer in Ungarn und Tschechien mit fast vier Prozent. Deutschland lag mit 0,9 Prozent über dem EU-weiten Schnitt (0,7 Prozent). 2022 hatte das durchschnittliche Reallohn-Minus 4,3 Prozent betragen.

    Das ETUI weist darauf hin, dass laut Europäischer Zentralbank erhöhte Konzerngewinne entscheidend zur Inflation beigetragen hätten. Eine Lohnerhöhung würde auch der Wirtschaft helfen, so das Institut. Die EU hatte im Februar erklärt, ihr Wachstum sei 2023 durch die Erosion der Kaufkraft von Haushalten gebremst worden. Das ETUI agiert als Thinktank des Europäischen Gewerkschaftsbunds (EGB), der in seinem Manifest für die Europawahl unter anderem ein Recht auf unbefristete Verträge und die Besteuerung von Übergewinnen fordert. okb

    • Arbeitsmarkt
    • Gewerkschaften
    • Inflation

    Presseschau

    Nach Anschlag in Moskau: Kiesewetter hält neue Mobilisierungswelle in Russland für “wahrscheinlich” RND
    Ehemaliger EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: “Ich habe Putin auf dem Grill gehabt. Und er mich” KLEINE ZEITUNG
    Russischer Marschflugkörper verletzt polnischen Luftraum FOCUS
    Frankreich ruft höchste Sicherheits-Alarmstufe aus STUTTGARTER ZEITUNG
    Hochrangige Beamte betroffen: EU-Sanktionen wegen Nawalnys Tod in Kraft TAGESSCHAU
    Stichwahl um Präsidentenamt in Slowakei nötig WELT
    Regierungsgespräche in Bulgarien scheitern – Neuwahl droht SPIEGEL
    Simon Harris soll neuer Regierungschef von Irland werden HANDELSBLATT
    Estlands Ministerpräsidentin Kallas fordert, russische Vermögenswerte an Ukraine zu geben DEUTSCHLANDFUNK
    Messenger Telegram wird in Spanien blockiert DER STANDARD
    Italienischer Minister: EU will Lufthansa-Einstieg bei ITA nicht HANDELSBLATT
    Hotspot in Albanien wird ab Mai Migranten aus Italien aufnehmen KURIER
    Kate und William nach Bekanntmachung von Krebsdiagnose “sehr gerührt” von Reaktionen DERSTANDARD
    Britische Kartellwächter stellen Vodafone-Fusion mit Three infrage HANDELSBLATT
    Gedenken in Italien: Jahrestag des Massakers in den Ardeatinischen Höhlen TAGESSCHAU

    Heads

    Félix Bolaños – der starke Mann hinter Pedro Sánchez

    Spain s Minister of the Presidency, Justice and Relations with the Cortes, Felix Bolanos looks on during an European Justice Home Affairs Interior Ministers Council at the EU Council headquarters in Brussels, Belgium, on December 4, 2023. Brussels Belgium.
    Félix Bolaños García: Als Minister für das Präsidialamt, die Justiz und parlamentarische Beziehungen steht er im Zentrum der politischen Macht Spaniens.

    Félix Bolaños ist der mächtigste Mann in der Regierung von Pedro Sánchez. Seit November 2023 ist Bolaños Minister für das Präsidialamt, die Justiz und die parlamentarischen Beziehungen. Der Superminister ist einer der Architekten des Amnestiegesetzes, durch das die katalanischen Separatisten für Verbrechen wie Korruption, Veruntreuung und Terrorismus straffrei bleiben sollen. In dieser Legislaturperiode pflegt er die Beziehungen zu den katalanischen Separatisten, zu den EU-Institutionen und zur Opposition, um eine Reform des spanischen Justizsystems zu erreichen. 

    Bolaños wurde 1975 in Madrid geboren. Er ist der einzige Sohn eines Emigrantenpaares, das sich in München bei der Arbeit in einer Fabrik kennenlernte. Gemeinsam kehrten sie nach Spanien zurück, um in Madrid eine Vogel- und Pflanzenhandlung zu eröffnen. Um sein Jurastudium an der Universität Complutense zu finanzieren, arbeitete Bolaños als Fußballschiedsrichter und Pizzabote. Seine juristische Karriere begann er in der renommierten Anwaltskanzlei Uría y Menéndez. 2005 wechselte er zur Bank von Spanien, wo er von 2008 bis 2018 die Abteilung Arbeitsrechtsberatung und Rechtsdokumentation leitete. 

    Wie Bolaños zu seiner Schlüsselposition kam  

    Mit 27 Jahren trat Bolaños in die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) ein. Es heißt, dass er wegen des Geldes, das er als Anwalt verdiente, keinen Grund hatte, in die Politik zu gehen. Trotzdem engagierte er sich neben seiner Arbeit bei der Bank von Spanien ehrenamtlich für die Partei. An den Wochenenden machte er unentgeltlich Rechtsberatung für die PSOE in Madrid, zunächst unterstütze er Einwanderer, dann auch Parteikollegen. 

    Sánchez und Bolaños lernten sich 2014 auf einer Feier der PSOE kennen. Sánchez war damals Mitglied des Madrider Stadtrats, hatte jedoch den Ehrgeiz, Parteichef zu werden. Bolaños bot Sánchez an, ihn bei den juristischen Aspekten und der Satzung der PSOE zu unterstützen. Als Sánchez noch im gleichen Jahr zum Generalsekretär der PSOE aufstieg, erhielt Bolaños einen Platz in der nationalen Organisationsstruktur der PSOE. Nach dem Misstrauensantrag gegen Mariano Rajoy (Volkspartei) im Jahr 2018 übernahm Sánchez das Amt des Regierungschefs und ernannte Bolaños zum Generalsekretär des Präsidialamtes. In dieser Schlüsselposition, in der er eng mit Sánchez zusammenarbeitete, koordinierte er die Regierungsarbeit.

    Der Experte für heikle Operationen 

    Bolaños ist vor allem der diskrete Mann in der Regierung Sánchez, der die heikelsten Operationen plant und durchführt. In der ersten Legislaturperiode von Sánchez spielte Bolaños eine Schlüsselrolle bei der Exhumierung der sterblichen Überreste des Diktators Francisco Franco aus dem Tal der Gefallenen, das in Tal von Cuelgamuros umbenannt wurde.

    Bolaños war auch für die Ausarbeitung des neuen politischen Organisationsmodells der PSOE verantwortlich, das Sánchez fast die gesamte Macht übertrug, sowie für die Erneuerung des der PSOE nahestehenden Radio Televisión Española (RTVE)

    Als Minister in der zweiten Amtszeit von Pedro Sánchez leitete Bolaños die “Dejustizialisierung” des katalanischen Unabhängigkeitsprozesses. Diese zielte darauf ab, die politische Dimension des Konflikts zu stärken und weniger auf juristische Verfahren zu setzen. Die Verhandlungen gipfelten in Änderungen des Strafgesetzbuchs, die mit der separatistischen Partei Esquerra Republicana per Catalunya (ERC) vereinbart wurden, um den Straftatbestand der Veruntreuung zu reformieren und den Straftatbestand der Aufwiegelung abzuschaffen. Bolaños war der juristische Architekt der Begnadigungen für katalanische Separatisten im Jahr 2021. 

    Bolaños gratuliert sich selbst zum Amnestiegesetz 

    Sowohl die Begnadigungen der bereits gerichtlich verurteilten katalanischen Separatisten als auch die Änderungen des Strafgesetzbuches und vor allem das Amnestiegesetz waren die vermeintlichen “roten Linien”, die die Sozialisten “niemals” überschreiten wollten. Doch seit Sánchez 2018 an die Macht kam, wurden alle Verspechen über Bord geworfen, um die notwendige parlamentarische Unterstützung für den Verbleib im Moncloa-Palast zu erhalten.  

    Euphorisch beglückwünschte Bolaños sich selbst zu dem Amnestiegesetz, nachdem die PSOE und Carles Puigdemonts Junts-Partei am 7. März eine Einigung über die vom Separatistenführer geforderten Gesetzesänderungen erzielt hatten. Er betonte, das Gesetz werde “weltweit Maßstäbe setzen”. 

    In einem Interview mit dem Radiosender Onda Cero Anfang März räumte Bolaños zwar ein, dass das Amnestiegesetz nicht die von der Regierung behauptete gesellschaftliche Unterstützung genießt. Nach einer Umfrage von SocioMétrica vom Januar dieses Jahres sind 72 Prozent der Spanier gegen das Gesetz, darunter 41 Prozent der PSOE-Anhänger und 51 Prozent der Katalanen. Doch Bolaños behauptet: “Mit jedem Monat, den Pedro Sánchez regiert, gibt es in Katalonien weniger Unabhängigkeitsbefürworter”. Dieses Narrativ verfängt jedoch nicht. Ebenso wenig wie das der angeblichen Versöhnung mit Katalonien, die die Regierung als Grund für das Amnestiegesetz angibt. Sowohl die ERC als auch Junts beharren darauf, dass sie nach der Amnestie die Unabhängigkeit Kataloniens anstreben. Isabel Cuesta

    • Europapolitik
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    Europe.Table Redaktion

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