dieser Dienstag dürfte der letzte Arbeitstag von Frans Timmermans in Brüssel sein. Seine Sozialdemokraten und die verbündeten Grünen werden den Vizepräsidenten der EU-Kommission aller Voraussicht nach zum Spitzenkandidaten für die Parlamentswahl in den Niederlanden am 22. November küren. Die Parteiführungen haben den 62-Jährigen bereits nominiert, heute wird das Ergebnis der Mitgliederbefragung vorgestellt.
Die Kandidatur von Timmermans hat dem Bündnis von PvdA und GroenLinks einen kräftigen Schub gegeben, in Umfragen liegt es inzwischen vorne. Ursula von der Leyen hat der anstehende Wechsel ihres ersten Stellvertreters in der Sommerpause aber einiges Kopfzerbrechen bereitet.
Die Kommissionspräsidentin hat sich bislang nicht in die Karten blicken lassen, wie sie die Aufgaben von “Mister Green Deal” neu zu verteilen gedenkt. Wenn Timmermans als Spitzenkandidat offiziell nominiert ist und damit sein Amt ruhen lässt, muss sie diese aber auf den Tisch legen.
Von der Leyen wird den herausgehobenen Posten des Exekutiv-Vizepräsidenten wohl erneut an einen Sozialdemokraten vergeben, um den Parteienproporz zu wahren. Die nötige Seniorität bringen sowohl ihr slowakischer Vize Maroš Šefčovič als auch der frühere italienische Premier Paolo Gentiloni mit.
Verkompliziert wird das Personalpuzzle durch die Tatsache, dass noch offen ist, wen die niederländische Regierung als neuen Kommissar oder Kommissarin nominieren wird. In Den Haag kursieren noch mehrere Namen. Wer es wird, ist ebenso unklar wie das Portfolio innerhalb der Kommission.
Und: Mit Margrethe Vestager sucht eine weitere der drei EVPs den Absprung zur Europäischen Investitionsbank. Ob die Dänin wirklich geht, hängt aber davon ab, ob sie sich gegen die spanische Kandidatin Nadia Calviño durchsetzen kann. Die Entscheidung soll im September fallen.
Wenn im Februar 2024 die Batterieverordnung in Kraft tritt, wird das erste Gesetz des EU-Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft von 2020 rechtsgültig. Die Verordnung soll Standards für ein nachhaltigeres Design von Batterien setzen. Zudem soll sie die Stoffkreisläufe ankurbeln und die europäische Batterie- und Recyclingindustrie stärken. Mit dem Gesetz ist erstmals der gesamte Lebenszyklus eines Produkts abgedeckt.
Batterien sind für den Hochlauf der E-Mobilität und das Erreichen der Klimaziele strategisch wichtig. Aber auch für fast alle anderen Produkte auf dem Binnenmarkt plant die EU-Kommission Maßnahmen, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Für einige spezifische Produktgruppen hat sie eigene Maßnahmen vorgestellt: etwa mit der Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien oder der Überarbeitung der Bauprodukte-Verordnung sowie der Altfahrzeug-Richtlinie.
Damit Produkte grundsätzlich ein nachhaltigeres Design erhalten, verhandeln Kommission, Europaparlament und Rat ab Ende August die neue Ökodesign-Verordnung. Sie soll die bisherige Ökodesign-Richtlinie ersetzen. Deren Vorgaben gelten bisher lediglich für energieverbrauchsrelevante Produkte: etwa für PCs, Fernseher, Lüftungstechnik, Elektromotoren und Haushaltsgeräte wie Staubsauger oder Waschmaschinen. Für 29 Produktgruppen sind auf Basis der Richtlinie produktspezifische Durchführungsverordnungen in Kraft.
Die neue Verordnung soll die Anforderungen an das Produktdesign in Bezug auf den CO2– und Umweltfußabdruck, die Energieeffizienz und Reparierbarkeit schärfen. Und sie umfasst eine größere Anzahl an Produkten. Mit Ausnahme von Lebens- und Futtermitteln, Arzneimitteln und lebenden Organismen sollen die Anforderungen in Zukunft für alle Produktgruppen gelten. Die neuen Regeln haben – auch wegen des verbindlicheren Charakters einer Verordnung im Vergleich zu einer Richtlinie – das Potenzial, fast alle Produkte auf dem Binnenmarkt umweltfreundlicher und ressourcenschonender zu gestalten.
Der Rat hat bereits Ende Mai seinen Standpunkt angenommen, das EU-Parlament beschloss im Juli sein Verhandlungsmandat. “Das ist eine der wichtigsten Entscheidungen dieser Legislatur“, sagte die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses, Anna Cavazzini, nach der Abstimmung im Plenum. Die Verordnung werde “viele handfeste Verbesserungen für den Alltag von allen Verbraucherinnen und Verbrauchern und die Umwelt bringen”.
Die nun anstehenden Verhandlungen sind eine der Prioritäten der spanischen Ratspräsidentschaft. Am 30. August soll der erste Trilog, also das erste Verhandlungstreffen zwischen Kommission, Rat und Parlament, stattfinden. Knackpunkte werden unter anderem das Verbot geplanter Obsoleszenz sowie das Verbot der Zerstörung unverkaufter Produkte sein. Der Rat konnte sich lediglich auf Textilien und Schuhe einigen, während das Parlament fordert, auch Elektroprodukte in das Verbot einzubeziehen.
Der Rat will darüber hinaus Kraftfahrzeuge von der Ökodesign-Verordnung ausschließen. Für diese plant die Kommission ein separates Gesetz. Kurz vor der Sommerpause hat sie einen Entwurf für die Überarbeitung der Altfahrzeug-Richtlinie vorgestellt. Aus dieser soll eine Verordnung werden, die auch neue Anforderungen an die Kreislaufwirtschaft bei der Fahrzeugkonstruktion beinhaltet.
Mit drei neuen Gesetzen, die sich zum Teil überschneiden, will die EU-Kommission über den Verbraucherschutz Impulse für die Kreislaufwirtschaft geben. Es sind: die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel, das Recht auf Reparatur sowie die Green-Claims-Richtlinie gegen Greenwashing.
Die Richtlinie zur Förderung der Reparatur von Waren setzt zu einem späteren Zeitpunkt im Lebenszyklus eines Produkts an. Sie soll einen Anspruch der Verbraucher gegenüber Herstellern auf Reparatur von Produkten etablieren. Diese zielt darauf ab, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern, diese so im Materialkreislauf zu halten und den Ressourcenverbrauch zu reduzieren.
Verbraucherinnen und Verbraucher sollen in Zukunft durch eine Matchmaking-Reparaturplattform im Internet einfacher mit Reparaturbetrieben in Kontakt kommen. Sie können dann zudem ein EU-weit einheitliches Formular für Reparaturinformationen von dem Betrieb verlangen, um Angebote vergleichen zu können.
Im federführenden Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments hat René Repasi (SPD) seinen Berichtsentwurf vor der Sommerpause vorgestellt. Bis Anfang September können Änderungsanträge eingereicht werden. Repasi schärft den Entwurf vor allem im Hinblick auf finanzielle und zeitliche Anreize für eine Reparatur. Er fordert etwa einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für die von der Richtlinie betroffenen Produkte und Anreize wie den Reparaturbonus in Österreich oder Thüringen. Bislang ist die Reparatur von Produkten oft so teuer, dass sich ein Neukauf viel eher lohnt.
Die Abstimmung des Plenums über das Verhandlungsmandat ist für November geplant. Dann wäre es möglich, die Verhandlungen mit dem Rat noch in dieser Legislaturperiode abzuschließen.
Mit der neuen Verpackungsverordnung, welche die bisherige Richtlinie ersetzen soll, will die EU verbindlichere Recyclingziele festlegen und erstmals auch die Abfallvermeidung und Wiederverwendung regulieren, entsprechend der Abfallhierarchie. Im Gegensatz zur alten Richtlinie soll die Verordnung tatsächliche Auswirkungen auf den Markt haben, denn bisher verfehlen die meisten Mitgliedstaaten die Recyclingziele.
Allerdings versucht die Einweglobby seit Monaten, die Pläne zu verwässern – mit Erfolg: Die Kommission hat die Mehrwegziele bereits heruntergesetzt, die Berichterstatterin im EU-Parlament hat bestimmte Ziele gestrichen. Die Abstimmung im Parlament ist für Anfang Oktober geplant, wann und wie die anschließenden Trilog-Verhandlungen weitergehen, ist unklar.
Keine Medizin, keine Babynahrung, kein Mehl, kein Treibstoff, zeitweise kein Strom: Videos und Augenzeugenberichte belegen, wie katastrophal die humanitäre Lage in der de-facto unabhängigen Region Bergkarabach ist. Seit Dezember blockiert Aserbaidschan den Latschin-Korridor für den regulären Personen- und Warenverkehr.
Seit dem 15. Juni dürfen nicht einmal mehr Hilfskonvois des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) und der russischen Friedenstruppen die dringend benötigten Güter zu den rund 120.000 ethnischen Armeniern bringen. Mindestens eine Person sei infolge von Mangelernährung bereits gestorben, berichten armenische Medien.
Luis Moreno Ocampo, von 2003 bis 2012 Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, legte in einem Anfang August erschienenen Bericht dar, dass die Blockade und ihre Folgen die Kriterien eines Völkermordes nach Artikel II c) der UN-Völkermordkonvention erfülle. Es ist das erste Mal, dass ein hochrangiger internationaler Experte die Aktivität Aserbaidschans explizit als Genozid bezeichnet.
“Es gibt vernünftige Gründe für die Annahme, dass [Aserbaidschans] Präsident Alijev genozidiale Absichten hegt: Er hat den Latschin-Korridor wissentlich, willentlich und freiwillig blockiert, selbst nachdem er über die Folgen seines Handelns durch die vorläufige Anordnung des Internationalen Gerichtshofs aufgeklärt wurde”, heißt es in dem 28-seitigen Bericht. Der Internationale Gerichtshof hat Aserbaidschan zweimal rechtlich bindend aufgefordert, die Blockade aufzuheben.
Auf Anfrage von Table.Media erklärte Ocampo: “Ich will meinen Beitrag leisten, um die Leugnung des Genozids zu verhindern. Die Verantwortung liegt nun bei den 153 Vertragsstaaten der Völkermordkonvention, darunter auch Deutschland. Sie haben die Pflicht, den Völkermord zu verhindern.”
Die Bundesregierung und das Auswärtige Amt (AA) zeigen sich “besorgt” über die instabile Lage. “Die Bundesregierung unterstützt und beteiligt sich an den vom Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, initiierten trilateralen Friedensgesprächen und begrüßt auch entsprechende Initiativen der USA”, sagte eine Sprecherin des AA auf Anfrage. Konkrete Schritte seien die Unterstützung des Roten Kreuzes vor Ort sowie der EU-Mission in Armenien (EUMA).
Die Blockade als Genozid zu bezeichnen, geht Regierungssprecher Steffen Hebestreit allerdings zu weit: In der gestrigen Bundespressekonferenz sagte er: “Das sind Kampfbegriffe, die aus meiner Sicht nicht hierhergehören.”
Armenien und Aserbaidschan streiten seit Jahrzehnten um die Region. 2020 kam es zu einem Krieg, der am 9. November mit einem von Russland vermittelten Waffenstillstandsabkommen endete. Hauptstreitpunkt ist der Status der Menschen in Bergkarabach. Nach anhaltender Bedrohungsrhetorik vonseiten Aserbaidschans hat Armeniens Präsident Nikol Paschinyan im April Bereitschaft signalisiert, Bergkarabach an Aserbaidschan abzugeben, unter der Bedingung, dass die Menschen Minderheitenrechte bekommen.
In dem Abkommen wurde auch die Offenhaltung des Latschin-Korridors vereinbart. Aliyev rechtfertigt die Notwendigkeit der Einrichtung von Checkpoints an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze mit dem illegalen Waffenschmuggel Armeniens nach Bergkarabach. Armenien bestreitet diese Vorwürfe.
Auch verweist Aserbaidschan auf eine neu gebaute Straße über Aghdam Richtung Baku, die offen stünde. Die Bewohner Bergkarabachs befürchten allerdings, dass sie nicht mehr in ihre Häuser zurückkehren dürfen, wenn sie ihre Heimat Richtung Baku verlassen, es sei denn, sie nähmen die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft an. Auf diese Weise wolle Aliyev nach und nach die ethnischen Armenier vernichten, so die Interpretation Armeniens.
Druck auf Aliyev kommt inzwischen sogar von engen Verbündeten wie Israel und der Türkei, beides Waffenlieferanten Aserbaidschans. Die USA, die eine aktive Vermittlerrolle einnehmen, zögern angesichts der Vorwürfe eines Genozids die Erneuerung eines langjährigen Militärhilfeprogramms für Baku hinaus.
Bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates am Mittwoch haben die USA, Frankreich, Russland, die EU und andere Staaten Aserbaidschan aufgefordert, die Blockade des Latschin-Korridors aufzuheben. Die Sitzung endete jedoch ohne eine Resolution.
Narek Sukiasyan, Politologe bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Armenien, zeigt sich enttäuscht. “Wenn die Möglichkeit des UN-Sicherheitsrates ausgeschöpft ist, was bleibt dann noch?” Die nationalen Interessen des Westens – viele Länder der EU, darunter Deutschland, beziehen günstiges Gas und Wasserstoff aus Aserbaidschan – stünden weiterhin über den Menschen in Bergkarabach.
“Aserbaidschan schafft mit den Eskalationen immer neue Krisen und bringt die Friedensverhandlungen der vergangen Monate zum Erliegen”, sagt Sukiasyan. Selbst wenn Aliyev in Kürze die Blockade des Latschin-Korridors aufheben würde, wären damit die grundsätzlichen Probleme, nämlich der Frieden zwischen den beiden Ländern und die Rechte der Menschen in Bergkarabach, nicht geklärt.
Fast zur Randnotiz geworden ist, dass am vergangenen Dienstag eine Patrouille der unbewaffneten EU-Beobachtermission in Armenien gemeldet hatte, dass etwa einen Kilometer von der Patrouille entfernt vier bis fünf Schüsse abgefeuert worden seien. “Obwohl es nicht möglich war, das Ziel der Schüsse zu bestimmen, traf die Patrouille die notwendigen Schutzmaßnahmen und verließ das Gebiet”, sagte eine Sprecherin der EUMA zu Table.Media.
Die EUMA hatte den Vorfall per X (vormals Twitter) zuerst dementiert, musste dann aber wegen eines geleakten Videos doch zugeben, dass die EUMA-Beamten “bei dem Schießerei-Vorfall anwesend waren”. Verletzt wurde niemand.
23.08.2023 – 10:00-11:00 Uhr, online
TÜV, Seminar Praktische Hilfe zum Lieferkettengesetz
Im Seminar werden die häufigsten Fragen zum praktischen Umgang mit den Sorgfaltspflichten des deutschen Lieferkettengesetzes beantwortet und es erfolgt ein Ausblick auf den Entwurf der europäischen Regelung (Corporate Sustainability Due Diligence Directive). INFOS & ANMELDUNG
23.08.2023 – 14:00-15:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Dynamische Tarife und Energy Communities
Der Bereichsleiter Energiewirtschaft des Stadtwerks Haßfurt teilt seine Erfahrungen in den Bereichen dynamische Tarife und Energy Communities und diskutiert mit der Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW), welche Schritte für die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben bis 2025 nötig sind. INFOS & ANMELDUNG
23.08.2023 – 18:00-20:00 Uhr, Düsseldorf
FNF, Podiumsdiskussion Frieden in der Ukraine als europäische Aufgabe
Anlässlich des Nationalfeiertages der Ukraine lädt die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) zum Gespräch mit Udo Lielischkies, ehemaliger Leiter des ARD-Studios in Moskau, Iryn Shum, Generalkonsulin der Ukraine, und dem Europaabgeordneten Moritz Körner über die Aussicht auf Frieden für die Ukraine und die politischen Möglichkeiten der Europäischen Union. INFOS & ANMELDUNG
24.08.2023 – 08:30-09:30 Uhr, online
DGAP, Presentation Ukraine’s Path Towards Security and Reconstruction
In its briefing on geopolitical challenges, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) brings together experts to discuss the current military situation in Ukraine, the state of international support and Germany’s potential contribution in weapons and reconstruction efforts. INFO & REGISTRATION
24.08.2023 – 09:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Roundtable Jahresevent der Stadtwerke-Initiative Klimaschutz
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) zieht Bilanz zu den Erfolgen und Herausforderungen der Stadtwerke-Initiative Klimaschutz, gefolgt von einem Vortrag zum Thema Klimaneutralitätsszenarien von Prof. Dr. Bettzüge, Mitglied des Expertenrats für Klimafragen der Bundesregierung. INFOS & ANMELDUNG
24.08.2023 – 17:00-18:00 Uhr, online
KAS, Diskussion Europa vor der Wahl – Schweden
Im Rahmen einer online Diskussionsreihe zur Europawahl 2024 zieht die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) Bilanz zur schwedischen EU-Ratspräsidentschaft und wirft einen Blick auf das Erstarken der Schwedendemokraten, den schwedischen Sozialstaat und die aktuelle Migrationspolitik. INFOS & ANMELDUNG
Spanien hat in den vergangenen Jahren die höchsten Strafzahlungen in den EU-Haushalt geleistet. Das Mitgliedsland, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, zahlte seit 2011 knapp 80 Millionen Euro an Strafen an die EU. Das geht aus einer Antwort von Haushaltskommissar Johannes Hahn auf eine Frage des Abgeordneten Moritz Körner (FDP) hervorgeht. Frühere Daten oder die Anlässe für die Zahlungen legte die Kommission nicht offen.
Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen Belgien mit rund 12,9 Millionen Euro, Portugal mit 10,2 Millionen, Griechenland mit 6,5 Millionen und Luxemburg mit 6,2 Millionen. Deutschland hat der Kommission zufolge seit 2011 keine Strafzahlung geleistet. Insgesamt sammelte die Kommission in diesem Zeitraum fast 130 Millionen Euro von den Mitgliedstaaten ein.
Aktuell noch anhängig sind laut Hahn 16 Verfahren gegen Mitgliedstaaten, in denen es um potenzielle Strafzahlungen oder Pauschalen geht. Die Verfahren laufen gegen Italien, Griechenland, Polen, Spanien und Irland. ber
Angesichts teils qualvoller Zustände im europäischen Tierhandel prüft die EU-Kommission eine Pflicht zur Kennzeichnung und Registrierung von jungen Hunden und Katzen. Bei der Überarbeitung des Tierschutzrechts in der Union prüfe die EU entsprechende Pflichten für gewerbliche Zuchtbetriebe. Das geht aus zwei Antworten von Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides vom Montag auf zwei parlamentarische Fragen hervor. Die Pflichten würden demnach greifen, bevor die Tiere abgegeben werden.
Damit käme die Kommission einer Forderung nach, die unter anderem der Deutsche Tierschutzbund erhoben hatte. Behörden wie Polizei und Zoll könnten dann jederzeit feststellen, aus welchem Land und aus welcher Zucht ein Tier stammt und wer bisher dessen Halter war, heißt es auf der Internetseite des Verbandes. Auch die länderübergreifende Zusammenarbeit der Behörden könnte die EU-Behörde künftig verbessern.
Die Kommission prüfe eine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, mit ihren Registern für Hunde und Katzen Standards einzuhalten, welche den Datenaustausch und die Zusammenarbeit innerhalb der EU erleichtern, schreibt Kyriakides auf eine Anfrage des portugiesischen Abgeordneten Francisco Guerreiro (Grüne).
Die Kommission zog auch Bilanz einer im Juli 2022 gestarteten Aktion gegen illegalen Handel mit Katzen und Hunden in der EU, der Schweiz und Norwegen. “Seit ihrem Beginn wurden oder werden mehr als vierhundert Fälle untersucht. Die Ermittlungen führten zur Identifizierung von Einzelpersonen, aber auch von Netzwerken, die organisiertem Verbrechen gleichkommen”, schreibt Kyriakides an den litauischen Parlamentarier Petras Auštrevičius (Renew).
Nicht weit genug gehen die EU-Pläne dem Verband VDH, der die Interessen deutscher Hundehalter und Hobbyzüchter vertritt. “Die Registrierungspflicht sollte für alle Züchter gelten, nicht nur für gewerbliche“, sagte VDH-Geschäftsführer Jörg Bartscherer auf Anfrage. Der Begriff sei in der Hundezucht unscharf. Regelmäßig vermutet werde eine gewerbsmäßige Zucht ab drei Hündinnen oder Würfen pro Jahr.
Der VDH unterstützt ein bundes- oder europaweit einheitliches Register für junge Hunde und Katzen. “Wenn Jungtiere registriert werden müssten, würde das illegalen Zuchten einen Riegel vorschieben und viel Tierelend verhindern“, sagte Bartscherer. Eine Registrierungspflicht gebe es in den meisten EU-Ländern schon, in Deutschland aber nur in einzelnen Bundesländern. Diese Register seien aber untereinander nicht vernetzt.
Eine Pflicht zur Kennzeichnung per Mikrochip entstehe in Deutschland bisher quasi nur bei Reisen ins Ausland. Eine noch breitere Akzeptanz hätte ein Register laut Bartscherer dann, wenn Halter die Möglichkeit hätten, über die Datenbank ihr entlaufenes Tier wiederzufinden. Entsprechende freiwillige Initiativen in Deutschland seien Tasso und Findefix. ber
Die Finanzminister der fünf deutschsprachigen Staaten fordern eine Rückkehr zu mehr Disziplin bei den Staatsausgaben. “Nach einer Phase einer sehr expansiven Finanzpolitik kommen wir jetzt in eine Phase, in der wir wieder für mehr Resilienz sorgen müssen”, sagte Deutschlands Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Montag nach einem Treffen mit seinen vier Amtskollegen aus Luxemburg, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein in Aschau im Chiemgau. Das sei kein Selbstzweck, sekundierte Österreichs Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). “Es geht darum, Spielräume zu schaffen für künftige Krisen.”
In einer gemeinsamen “Chiemgauer Erklärung” der Minister ist die Rede von einer “Rückkehr in die finanzpolitische Normalität” nach der Corona-Pandemie und der Energiekrise.
Es sei zu einer Gewohnheit geworden, dass der Staat immer mit geliehenem Geld zu Hilfe eile, kritisierte Lindner. Das müsse aufhören. “Sonst müssen wir in Deutschland dereinst die Steuern erhöhen, um die Zinsen für die Schulden der Vergangenheit zu finanzieren.” Lindner sagte, eine expansive Fiskalpolitik würde auch die Bemühungen der Europäischen Zentralbank (EZB) konterkarieren, die Inflation zu bekämpfen. Damit dauere es nur länger, die Inflation einzudämmen. rtr
Die zur Deutschen Börse gehörende Energiebörse EEX benötigt für die Übernahme des Europa-Stromhandels- und Clearing-Geschäfts der US-Börse Nasdaq die Zustimmung der EU-Kartellbehörde. Die Länder Dänemark, Finnland, Schweden und Norwegen verlangten eine Prüfung des Vorhabens, obgleich es beim Umsatz unterhalb der Schwelle der EU-Fusionskontrollregeln liege. Das teilte die EU-Kommission am Montag in Brüssel mit.
Die EEX hatte das Vorhaben im Juni angekündigt. Dazu gehört auch die Übertragung bestehender offener Positionen in den nordischen Stromfutures der Nasdaq, den französischen und deutschen Stromfutures sowie den europäischen CO2-Emissionsfutures in das EEX-Clearinghaus ECC. Finanzielle Details des Übernahmevorhabens nannte die Kommission nicht.
Die EEX ist die führende Strom- und Erdgasbörse in Europa. Nach Angaben der EU-Kommission sind EEX und Nasdaq die einzigen Anbieter von Dienstleistungen, die den Börsenhandel und das anschließende Clearing von nordischen Stromkontrakten erleichterten. “Solche Dienstleistungen ermöglichen die Nutzung langfristiger Energieverträge mit festgelegten Futures-Preisen und sind daher der Schlüssel zu stabileren und vorhersehbaren Energiepreisen, was am Ende den Verbrauchern und Unternehmen zugutekommt”, erklärte die Kommission. Vor dem aktuellen Hintergrund der Energiekrise sei es wichtig, ein starkes und wettbewerbsfähiges Handels- und Clearing-Ökosystem sicherzustellen, um ein reibungsloses Funktionieren der Energiemärkte zu unterstützen.
Es ist das dritte Mal, dass die EU-Kartellbehörde von ihrer Befugnis nach dem Artikel 22 des EU-Fusionskontrollrechts Gebrauch macht. Danach können Länder beantragen, dass die Behörde geplante Zusammenschlüsse prüft, die nicht den Umsatzkriterien entsprechen, aber dennoch Auswirkungen auf ihre Märkte haben könnten. rtr
“Europa liefert nicht das, was die Menschen von Europa erwarten“, analysiert Tobias Winkler nüchtern. Er sitzt als Abgeordneter für die CSU im EU-Ausschuss des Bundestages. Von Berlin aus will er seinen Beitrag leisten, um das zu ändern.
Zum Beispiel durch eine Reform der Institutionen, etwa die Verkleinerung der Europäischen Kommission, die Durchsetzung von Mehrheitsentscheiden bei außenpolitischen Fragen oder ein Initiativrecht des Europäischen Parlaments. “Als es etwa um die Sanktionspakete für die Ukraine ging, haben wir im Großen relativ schnell eine Einigung gefunden”, erklärt er. “Aber Ungarn hat den Einigungszwang genutzt, um eigene Interessen durchzusetzen”.
In seiner tagtäglichen Arbeit profitiert der 45-Jährige vor allem davon, dass er selbst 15 Jahre lang für das Europäische Parlament gearbeitet. Von 2005 bis 2014 war er zunächst Büroleiter des ehemaligen Vizepräsidenten Ingo Friedrich und anschließend des damaligen Präsidenten Hans-Gert Pöttering; von 2015 bis 2021 leitete er dann des Verbindungsbüros des Europäischen Parlaments in München.
“Gerade bei größeren Herausforderungen verfallen wir immer wieder sehr schnell in nationale Lösungsszenarien“, hat er beobachtet. Zum Beispiel: Wenn das Gas knapp wird, schauen wir erst einmal, dass unsere eigenen Speicher voll sind. Wenn der Strom teuer wird, unterstützen wir unsere heimische Wirtschaft mit 200 Milliarden Euro und in der Pandemie machen wir als erstes unsere Grenzen dicht.
Selbst beim Umgang mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine fehlte der deutschen Politik zunächst der europäische Blick, meint Winkler. “Vor allem in Polen und den baltischen Staaten, die uns traditionell sehr zugewandt sind, war die Enttäuschung unglaublich groß, als wir anfangs so zögerlich darin waren, die Ukraine zu unterstützen. Auch das deutsch-französische Verhältnis hat im letzten Jahr vor allem durch Nichtbeachtung sehr gelitten.”
Winkler nutzte und nutzt seine Kontakte in die unterschiedlichen Mitgliedstaaten, um in solchen Situationen zu “kitten, was zu kitten ist”: indem er Gespräche führt, die deutsche Position erklärt, Kritik aufnimmt und weitergibt.
Das Arbeitsumfeld in Brüssel und Straßburg schätzt er als dynamisch, jung und offen. In Berlin dagegen erlebe er in den Verwaltungen viel Bürokratie und immer wieder Beamte, “die erst einmal die Zuständigkeit klären müssen und nur sehr widerwillig ihr Wissen teilen”.
Das Bundestagsmandat, gibt Tobias Winkler offen zu, hatte er nie fest im Blick. Vielmehr habe er sich erst nach anfänglichem Zögern dafür entschieden, sich um die Kandidatur im überraschend vakant gewordenen Wahlkreis 243 (Fürth) zu bewerben. Überzeugt habe ihn der Rat seiner politischen Weggefährten, die ihm sagten, dass es in Berlin wahrscheinlich mehr überzeugte Europäer brauche, als in Brüssel oder Straßburg.
Nicht nur sein Verhältnis zur deutschen Bürokratie beschreibt Tobias Winkler als eher distanziert. Anfangs galt das auch für die CSU. Wie sein Vater 30 Jahre zuvor sei er als junger Mann wegen seines ehrenamtlichen Engagements im Sport gebeten worden, für die CSU im Marktgemeinderat zu kandidieren, ohne Mitglied zu sein. Und wie sein Vater 30 Jahre zuvor, habe er zugesagt und sei dann erst nach seiner Wahl in die Partei eingetreten. “Natürlich hatte ich eine politische Gesinnung, aber ich wollte mich nicht zu früh von außen festlegen lassen“, erklärt Winkler, der in München Politikwissenschaften studiert hat.
Damals habe er die Mitglieder und das Programm des Ortsverbandes sympathisch gefunden, erzählt er. Heute, 20 Jahre später, sei er in einer Position, in der er die Partei vor allem durch seine Begeisterung für Europa ein kleines Stück mit prägen kann. Dabei genieße er, dass er als Direktkandidat eine gewisse Unabhängigkeit habe.
Wenn Winkler nicht in der Hauptstadt ist, lebt er mit Frau und Tochter sowie einem Pferd, Hühnern und Hasen im fränkischen Roßtal im Landkreis Fürth. Dort ist er auch im Vorstand der “Marktplatz-Kärwaburschen” (Kirchweihburschen), die lokales Brauchtum pflegen.
“Um die Tiere kümmern sich meine Frau und meine Tochter, ich bin eher für Bau und Reparatur von Ställen und Zäunen zuständig”, sagt er. Auch eine Streuobstwiese habe er als Beitrag zum Naturerhalt auf dem eigenen Grundstück angelegt, lange bevor das en vogue war. “Wir wollten damit der Natur wieder etwas Freiraum geben, nachdem man vor unserem Haus eine 100 Jahre alte Streuobstwiese in ein Maisfeld umgewandelt hatte”. Janna Degener-Storr
dieser Dienstag dürfte der letzte Arbeitstag von Frans Timmermans in Brüssel sein. Seine Sozialdemokraten und die verbündeten Grünen werden den Vizepräsidenten der EU-Kommission aller Voraussicht nach zum Spitzenkandidaten für die Parlamentswahl in den Niederlanden am 22. November küren. Die Parteiführungen haben den 62-Jährigen bereits nominiert, heute wird das Ergebnis der Mitgliederbefragung vorgestellt.
Die Kandidatur von Timmermans hat dem Bündnis von PvdA und GroenLinks einen kräftigen Schub gegeben, in Umfragen liegt es inzwischen vorne. Ursula von der Leyen hat der anstehende Wechsel ihres ersten Stellvertreters in der Sommerpause aber einiges Kopfzerbrechen bereitet.
Die Kommissionspräsidentin hat sich bislang nicht in die Karten blicken lassen, wie sie die Aufgaben von “Mister Green Deal” neu zu verteilen gedenkt. Wenn Timmermans als Spitzenkandidat offiziell nominiert ist und damit sein Amt ruhen lässt, muss sie diese aber auf den Tisch legen.
Von der Leyen wird den herausgehobenen Posten des Exekutiv-Vizepräsidenten wohl erneut an einen Sozialdemokraten vergeben, um den Parteienproporz zu wahren. Die nötige Seniorität bringen sowohl ihr slowakischer Vize Maroš Šefčovič als auch der frühere italienische Premier Paolo Gentiloni mit.
Verkompliziert wird das Personalpuzzle durch die Tatsache, dass noch offen ist, wen die niederländische Regierung als neuen Kommissar oder Kommissarin nominieren wird. In Den Haag kursieren noch mehrere Namen. Wer es wird, ist ebenso unklar wie das Portfolio innerhalb der Kommission.
Und: Mit Margrethe Vestager sucht eine weitere der drei EVPs den Absprung zur Europäischen Investitionsbank. Ob die Dänin wirklich geht, hängt aber davon ab, ob sie sich gegen die spanische Kandidatin Nadia Calviño durchsetzen kann. Die Entscheidung soll im September fallen.
Wenn im Februar 2024 die Batterieverordnung in Kraft tritt, wird das erste Gesetz des EU-Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft von 2020 rechtsgültig. Die Verordnung soll Standards für ein nachhaltigeres Design von Batterien setzen. Zudem soll sie die Stoffkreisläufe ankurbeln und die europäische Batterie- und Recyclingindustrie stärken. Mit dem Gesetz ist erstmals der gesamte Lebenszyklus eines Produkts abgedeckt.
Batterien sind für den Hochlauf der E-Mobilität und das Erreichen der Klimaziele strategisch wichtig. Aber auch für fast alle anderen Produkte auf dem Binnenmarkt plant die EU-Kommission Maßnahmen, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Für einige spezifische Produktgruppen hat sie eigene Maßnahmen vorgestellt: etwa mit der Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien oder der Überarbeitung der Bauprodukte-Verordnung sowie der Altfahrzeug-Richtlinie.
Damit Produkte grundsätzlich ein nachhaltigeres Design erhalten, verhandeln Kommission, Europaparlament und Rat ab Ende August die neue Ökodesign-Verordnung. Sie soll die bisherige Ökodesign-Richtlinie ersetzen. Deren Vorgaben gelten bisher lediglich für energieverbrauchsrelevante Produkte: etwa für PCs, Fernseher, Lüftungstechnik, Elektromotoren und Haushaltsgeräte wie Staubsauger oder Waschmaschinen. Für 29 Produktgruppen sind auf Basis der Richtlinie produktspezifische Durchführungsverordnungen in Kraft.
Die neue Verordnung soll die Anforderungen an das Produktdesign in Bezug auf den CO2– und Umweltfußabdruck, die Energieeffizienz und Reparierbarkeit schärfen. Und sie umfasst eine größere Anzahl an Produkten. Mit Ausnahme von Lebens- und Futtermitteln, Arzneimitteln und lebenden Organismen sollen die Anforderungen in Zukunft für alle Produktgruppen gelten. Die neuen Regeln haben – auch wegen des verbindlicheren Charakters einer Verordnung im Vergleich zu einer Richtlinie – das Potenzial, fast alle Produkte auf dem Binnenmarkt umweltfreundlicher und ressourcenschonender zu gestalten.
Der Rat hat bereits Ende Mai seinen Standpunkt angenommen, das EU-Parlament beschloss im Juli sein Verhandlungsmandat. “Das ist eine der wichtigsten Entscheidungen dieser Legislatur“, sagte die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses, Anna Cavazzini, nach der Abstimmung im Plenum. Die Verordnung werde “viele handfeste Verbesserungen für den Alltag von allen Verbraucherinnen und Verbrauchern und die Umwelt bringen”.
Die nun anstehenden Verhandlungen sind eine der Prioritäten der spanischen Ratspräsidentschaft. Am 30. August soll der erste Trilog, also das erste Verhandlungstreffen zwischen Kommission, Rat und Parlament, stattfinden. Knackpunkte werden unter anderem das Verbot geplanter Obsoleszenz sowie das Verbot der Zerstörung unverkaufter Produkte sein. Der Rat konnte sich lediglich auf Textilien und Schuhe einigen, während das Parlament fordert, auch Elektroprodukte in das Verbot einzubeziehen.
Der Rat will darüber hinaus Kraftfahrzeuge von der Ökodesign-Verordnung ausschließen. Für diese plant die Kommission ein separates Gesetz. Kurz vor der Sommerpause hat sie einen Entwurf für die Überarbeitung der Altfahrzeug-Richtlinie vorgestellt. Aus dieser soll eine Verordnung werden, die auch neue Anforderungen an die Kreislaufwirtschaft bei der Fahrzeugkonstruktion beinhaltet.
Mit drei neuen Gesetzen, die sich zum Teil überschneiden, will die EU-Kommission über den Verbraucherschutz Impulse für die Kreislaufwirtschaft geben. Es sind: die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel, das Recht auf Reparatur sowie die Green-Claims-Richtlinie gegen Greenwashing.
Die Richtlinie zur Förderung der Reparatur von Waren setzt zu einem späteren Zeitpunkt im Lebenszyklus eines Produkts an. Sie soll einen Anspruch der Verbraucher gegenüber Herstellern auf Reparatur von Produkten etablieren. Diese zielt darauf ab, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern, diese so im Materialkreislauf zu halten und den Ressourcenverbrauch zu reduzieren.
Verbraucherinnen und Verbraucher sollen in Zukunft durch eine Matchmaking-Reparaturplattform im Internet einfacher mit Reparaturbetrieben in Kontakt kommen. Sie können dann zudem ein EU-weit einheitliches Formular für Reparaturinformationen von dem Betrieb verlangen, um Angebote vergleichen zu können.
Im federführenden Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments hat René Repasi (SPD) seinen Berichtsentwurf vor der Sommerpause vorgestellt. Bis Anfang September können Änderungsanträge eingereicht werden. Repasi schärft den Entwurf vor allem im Hinblick auf finanzielle und zeitliche Anreize für eine Reparatur. Er fordert etwa einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für die von der Richtlinie betroffenen Produkte und Anreize wie den Reparaturbonus in Österreich oder Thüringen. Bislang ist die Reparatur von Produkten oft so teuer, dass sich ein Neukauf viel eher lohnt.
Die Abstimmung des Plenums über das Verhandlungsmandat ist für November geplant. Dann wäre es möglich, die Verhandlungen mit dem Rat noch in dieser Legislaturperiode abzuschließen.
Mit der neuen Verpackungsverordnung, welche die bisherige Richtlinie ersetzen soll, will die EU verbindlichere Recyclingziele festlegen und erstmals auch die Abfallvermeidung und Wiederverwendung regulieren, entsprechend der Abfallhierarchie. Im Gegensatz zur alten Richtlinie soll die Verordnung tatsächliche Auswirkungen auf den Markt haben, denn bisher verfehlen die meisten Mitgliedstaaten die Recyclingziele.
Allerdings versucht die Einweglobby seit Monaten, die Pläne zu verwässern – mit Erfolg: Die Kommission hat die Mehrwegziele bereits heruntergesetzt, die Berichterstatterin im EU-Parlament hat bestimmte Ziele gestrichen. Die Abstimmung im Parlament ist für Anfang Oktober geplant, wann und wie die anschließenden Trilog-Verhandlungen weitergehen, ist unklar.
Keine Medizin, keine Babynahrung, kein Mehl, kein Treibstoff, zeitweise kein Strom: Videos und Augenzeugenberichte belegen, wie katastrophal die humanitäre Lage in der de-facto unabhängigen Region Bergkarabach ist. Seit Dezember blockiert Aserbaidschan den Latschin-Korridor für den regulären Personen- und Warenverkehr.
Seit dem 15. Juni dürfen nicht einmal mehr Hilfskonvois des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) und der russischen Friedenstruppen die dringend benötigten Güter zu den rund 120.000 ethnischen Armeniern bringen. Mindestens eine Person sei infolge von Mangelernährung bereits gestorben, berichten armenische Medien.
Luis Moreno Ocampo, von 2003 bis 2012 Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, legte in einem Anfang August erschienenen Bericht dar, dass die Blockade und ihre Folgen die Kriterien eines Völkermordes nach Artikel II c) der UN-Völkermordkonvention erfülle. Es ist das erste Mal, dass ein hochrangiger internationaler Experte die Aktivität Aserbaidschans explizit als Genozid bezeichnet.
“Es gibt vernünftige Gründe für die Annahme, dass [Aserbaidschans] Präsident Alijev genozidiale Absichten hegt: Er hat den Latschin-Korridor wissentlich, willentlich und freiwillig blockiert, selbst nachdem er über die Folgen seines Handelns durch die vorläufige Anordnung des Internationalen Gerichtshofs aufgeklärt wurde”, heißt es in dem 28-seitigen Bericht. Der Internationale Gerichtshof hat Aserbaidschan zweimal rechtlich bindend aufgefordert, die Blockade aufzuheben.
Auf Anfrage von Table.Media erklärte Ocampo: “Ich will meinen Beitrag leisten, um die Leugnung des Genozids zu verhindern. Die Verantwortung liegt nun bei den 153 Vertragsstaaten der Völkermordkonvention, darunter auch Deutschland. Sie haben die Pflicht, den Völkermord zu verhindern.”
Die Bundesregierung und das Auswärtige Amt (AA) zeigen sich “besorgt” über die instabile Lage. “Die Bundesregierung unterstützt und beteiligt sich an den vom Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, initiierten trilateralen Friedensgesprächen und begrüßt auch entsprechende Initiativen der USA”, sagte eine Sprecherin des AA auf Anfrage. Konkrete Schritte seien die Unterstützung des Roten Kreuzes vor Ort sowie der EU-Mission in Armenien (EUMA).
Die Blockade als Genozid zu bezeichnen, geht Regierungssprecher Steffen Hebestreit allerdings zu weit: In der gestrigen Bundespressekonferenz sagte er: “Das sind Kampfbegriffe, die aus meiner Sicht nicht hierhergehören.”
Armenien und Aserbaidschan streiten seit Jahrzehnten um die Region. 2020 kam es zu einem Krieg, der am 9. November mit einem von Russland vermittelten Waffenstillstandsabkommen endete. Hauptstreitpunkt ist der Status der Menschen in Bergkarabach. Nach anhaltender Bedrohungsrhetorik vonseiten Aserbaidschans hat Armeniens Präsident Nikol Paschinyan im April Bereitschaft signalisiert, Bergkarabach an Aserbaidschan abzugeben, unter der Bedingung, dass die Menschen Minderheitenrechte bekommen.
In dem Abkommen wurde auch die Offenhaltung des Latschin-Korridors vereinbart. Aliyev rechtfertigt die Notwendigkeit der Einrichtung von Checkpoints an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze mit dem illegalen Waffenschmuggel Armeniens nach Bergkarabach. Armenien bestreitet diese Vorwürfe.
Auch verweist Aserbaidschan auf eine neu gebaute Straße über Aghdam Richtung Baku, die offen stünde. Die Bewohner Bergkarabachs befürchten allerdings, dass sie nicht mehr in ihre Häuser zurückkehren dürfen, wenn sie ihre Heimat Richtung Baku verlassen, es sei denn, sie nähmen die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft an. Auf diese Weise wolle Aliyev nach und nach die ethnischen Armenier vernichten, so die Interpretation Armeniens.
Druck auf Aliyev kommt inzwischen sogar von engen Verbündeten wie Israel und der Türkei, beides Waffenlieferanten Aserbaidschans. Die USA, die eine aktive Vermittlerrolle einnehmen, zögern angesichts der Vorwürfe eines Genozids die Erneuerung eines langjährigen Militärhilfeprogramms für Baku hinaus.
Bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates am Mittwoch haben die USA, Frankreich, Russland, die EU und andere Staaten Aserbaidschan aufgefordert, die Blockade des Latschin-Korridors aufzuheben. Die Sitzung endete jedoch ohne eine Resolution.
Narek Sukiasyan, Politologe bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Armenien, zeigt sich enttäuscht. “Wenn die Möglichkeit des UN-Sicherheitsrates ausgeschöpft ist, was bleibt dann noch?” Die nationalen Interessen des Westens – viele Länder der EU, darunter Deutschland, beziehen günstiges Gas und Wasserstoff aus Aserbaidschan – stünden weiterhin über den Menschen in Bergkarabach.
“Aserbaidschan schafft mit den Eskalationen immer neue Krisen und bringt die Friedensverhandlungen der vergangen Monate zum Erliegen”, sagt Sukiasyan. Selbst wenn Aliyev in Kürze die Blockade des Latschin-Korridors aufheben würde, wären damit die grundsätzlichen Probleme, nämlich der Frieden zwischen den beiden Ländern und die Rechte der Menschen in Bergkarabach, nicht geklärt.
Fast zur Randnotiz geworden ist, dass am vergangenen Dienstag eine Patrouille der unbewaffneten EU-Beobachtermission in Armenien gemeldet hatte, dass etwa einen Kilometer von der Patrouille entfernt vier bis fünf Schüsse abgefeuert worden seien. “Obwohl es nicht möglich war, das Ziel der Schüsse zu bestimmen, traf die Patrouille die notwendigen Schutzmaßnahmen und verließ das Gebiet”, sagte eine Sprecherin der EUMA zu Table.Media.
Die EUMA hatte den Vorfall per X (vormals Twitter) zuerst dementiert, musste dann aber wegen eines geleakten Videos doch zugeben, dass die EUMA-Beamten “bei dem Schießerei-Vorfall anwesend waren”. Verletzt wurde niemand.
23.08.2023 – 10:00-11:00 Uhr, online
TÜV, Seminar Praktische Hilfe zum Lieferkettengesetz
Im Seminar werden die häufigsten Fragen zum praktischen Umgang mit den Sorgfaltspflichten des deutschen Lieferkettengesetzes beantwortet und es erfolgt ein Ausblick auf den Entwurf der europäischen Regelung (Corporate Sustainability Due Diligence Directive). INFOS & ANMELDUNG
23.08.2023 – 14:00-15:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Dynamische Tarife und Energy Communities
Der Bereichsleiter Energiewirtschaft des Stadtwerks Haßfurt teilt seine Erfahrungen in den Bereichen dynamische Tarife und Energy Communities und diskutiert mit der Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW), welche Schritte für die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben bis 2025 nötig sind. INFOS & ANMELDUNG
23.08.2023 – 18:00-20:00 Uhr, Düsseldorf
FNF, Podiumsdiskussion Frieden in der Ukraine als europäische Aufgabe
Anlässlich des Nationalfeiertages der Ukraine lädt die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) zum Gespräch mit Udo Lielischkies, ehemaliger Leiter des ARD-Studios in Moskau, Iryn Shum, Generalkonsulin der Ukraine, und dem Europaabgeordneten Moritz Körner über die Aussicht auf Frieden für die Ukraine und die politischen Möglichkeiten der Europäischen Union. INFOS & ANMELDUNG
24.08.2023 – 08:30-09:30 Uhr, online
DGAP, Presentation Ukraine’s Path Towards Security and Reconstruction
In its briefing on geopolitical challenges, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) brings together experts to discuss the current military situation in Ukraine, the state of international support and Germany’s potential contribution in weapons and reconstruction efforts. INFO & REGISTRATION
24.08.2023 – 09:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Roundtable Jahresevent der Stadtwerke-Initiative Klimaschutz
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) zieht Bilanz zu den Erfolgen und Herausforderungen der Stadtwerke-Initiative Klimaschutz, gefolgt von einem Vortrag zum Thema Klimaneutralitätsszenarien von Prof. Dr. Bettzüge, Mitglied des Expertenrats für Klimafragen der Bundesregierung. INFOS & ANMELDUNG
24.08.2023 – 17:00-18:00 Uhr, online
KAS, Diskussion Europa vor der Wahl – Schweden
Im Rahmen einer online Diskussionsreihe zur Europawahl 2024 zieht die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) Bilanz zur schwedischen EU-Ratspräsidentschaft und wirft einen Blick auf das Erstarken der Schwedendemokraten, den schwedischen Sozialstaat und die aktuelle Migrationspolitik. INFOS & ANMELDUNG
Spanien hat in den vergangenen Jahren die höchsten Strafzahlungen in den EU-Haushalt geleistet. Das Mitgliedsland, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, zahlte seit 2011 knapp 80 Millionen Euro an Strafen an die EU. Das geht aus einer Antwort von Haushaltskommissar Johannes Hahn auf eine Frage des Abgeordneten Moritz Körner (FDP) hervorgeht. Frühere Daten oder die Anlässe für die Zahlungen legte die Kommission nicht offen.
Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen Belgien mit rund 12,9 Millionen Euro, Portugal mit 10,2 Millionen, Griechenland mit 6,5 Millionen und Luxemburg mit 6,2 Millionen. Deutschland hat der Kommission zufolge seit 2011 keine Strafzahlung geleistet. Insgesamt sammelte die Kommission in diesem Zeitraum fast 130 Millionen Euro von den Mitgliedstaaten ein.
Aktuell noch anhängig sind laut Hahn 16 Verfahren gegen Mitgliedstaaten, in denen es um potenzielle Strafzahlungen oder Pauschalen geht. Die Verfahren laufen gegen Italien, Griechenland, Polen, Spanien und Irland. ber
Angesichts teils qualvoller Zustände im europäischen Tierhandel prüft die EU-Kommission eine Pflicht zur Kennzeichnung und Registrierung von jungen Hunden und Katzen. Bei der Überarbeitung des Tierschutzrechts in der Union prüfe die EU entsprechende Pflichten für gewerbliche Zuchtbetriebe. Das geht aus zwei Antworten von Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides vom Montag auf zwei parlamentarische Fragen hervor. Die Pflichten würden demnach greifen, bevor die Tiere abgegeben werden.
Damit käme die Kommission einer Forderung nach, die unter anderem der Deutsche Tierschutzbund erhoben hatte. Behörden wie Polizei und Zoll könnten dann jederzeit feststellen, aus welchem Land und aus welcher Zucht ein Tier stammt und wer bisher dessen Halter war, heißt es auf der Internetseite des Verbandes. Auch die länderübergreifende Zusammenarbeit der Behörden könnte die EU-Behörde künftig verbessern.
Die Kommission prüfe eine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, mit ihren Registern für Hunde und Katzen Standards einzuhalten, welche den Datenaustausch und die Zusammenarbeit innerhalb der EU erleichtern, schreibt Kyriakides auf eine Anfrage des portugiesischen Abgeordneten Francisco Guerreiro (Grüne).
Die Kommission zog auch Bilanz einer im Juli 2022 gestarteten Aktion gegen illegalen Handel mit Katzen und Hunden in der EU, der Schweiz und Norwegen. “Seit ihrem Beginn wurden oder werden mehr als vierhundert Fälle untersucht. Die Ermittlungen führten zur Identifizierung von Einzelpersonen, aber auch von Netzwerken, die organisiertem Verbrechen gleichkommen”, schreibt Kyriakides an den litauischen Parlamentarier Petras Auštrevičius (Renew).
Nicht weit genug gehen die EU-Pläne dem Verband VDH, der die Interessen deutscher Hundehalter und Hobbyzüchter vertritt. “Die Registrierungspflicht sollte für alle Züchter gelten, nicht nur für gewerbliche“, sagte VDH-Geschäftsführer Jörg Bartscherer auf Anfrage. Der Begriff sei in der Hundezucht unscharf. Regelmäßig vermutet werde eine gewerbsmäßige Zucht ab drei Hündinnen oder Würfen pro Jahr.
Der VDH unterstützt ein bundes- oder europaweit einheitliches Register für junge Hunde und Katzen. “Wenn Jungtiere registriert werden müssten, würde das illegalen Zuchten einen Riegel vorschieben und viel Tierelend verhindern“, sagte Bartscherer. Eine Registrierungspflicht gebe es in den meisten EU-Ländern schon, in Deutschland aber nur in einzelnen Bundesländern. Diese Register seien aber untereinander nicht vernetzt.
Eine Pflicht zur Kennzeichnung per Mikrochip entstehe in Deutschland bisher quasi nur bei Reisen ins Ausland. Eine noch breitere Akzeptanz hätte ein Register laut Bartscherer dann, wenn Halter die Möglichkeit hätten, über die Datenbank ihr entlaufenes Tier wiederzufinden. Entsprechende freiwillige Initiativen in Deutschland seien Tasso und Findefix. ber
Die Finanzminister der fünf deutschsprachigen Staaten fordern eine Rückkehr zu mehr Disziplin bei den Staatsausgaben. “Nach einer Phase einer sehr expansiven Finanzpolitik kommen wir jetzt in eine Phase, in der wir wieder für mehr Resilienz sorgen müssen”, sagte Deutschlands Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Montag nach einem Treffen mit seinen vier Amtskollegen aus Luxemburg, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein in Aschau im Chiemgau. Das sei kein Selbstzweck, sekundierte Österreichs Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). “Es geht darum, Spielräume zu schaffen für künftige Krisen.”
In einer gemeinsamen “Chiemgauer Erklärung” der Minister ist die Rede von einer “Rückkehr in die finanzpolitische Normalität” nach der Corona-Pandemie und der Energiekrise.
Es sei zu einer Gewohnheit geworden, dass der Staat immer mit geliehenem Geld zu Hilfe eile, kritisierte Lindner. Das müsse aufhören. “Sonst müssen wir in Deutschland dereinst die Steuern erhöhen, um die Zinsen für die Schulden der Vergangenheit zu finanzieren.” Lindner sagte, eine expansive Fiskalpolitik würde auch die Bemühungen der Europäischen Zentralbank (EZB) konterkarieren, die Inflation zu bekämpfen. Damit dauere es nur länger, die Inflation einzudämmen. rtr
Die zur Deutschen Börse gehörende Energiebörse EEX benötigt für die Übernahme des Europa-Stromhandels- und Clearing-Geschäfts der US-Börse Nasdaq die Zustimmung der EU-Kartellbehörde. Die Länder Dänemark, Finnland, Schweden und Norwegen verlangten eine Prüfung des Vorhabens, obgleich es beim Umsatz unterhalb der Schwelle der EU-Fusionskontrollregeln liege. Das teilte die EU-Kommission am Montag in Brüssel mit.
Die EEX hatte das Vorhaben im Juni angekündigt. Dazu gehört auch die Übertragung bestehender offener Positionen in den nordischen Stromfutures der Nasdaq, den französischen und deutschen Stromfutures sowie den europäischen CO2-Emissionsfutures in das EEX-Clearinghaus ECC. Finanzielle Details des Übernahmevorhabens nannte die Kommission nicht.
Die EEX ist die führende Strom- und Erdgasbörse in Europa. Nach Angaben der EU-Kommission sind EEX und Nasdaq die einzigen Anbieter von Dienstleistungen, die den Börsenhandel und das anschließende Clearing von nordischen Stromkontrakten erleichterten. “Solche Dienstleistungen ermöglichen die Nutzung langfristiger Energieverträge mit festgelegten Futures-Preisen und sind daher der Schlüssel zu stabileren und vorhersehbaren Energiepreisen, was am Ende den Verbrauchern und Unternehmen zugutekommt”, erklärte die Kommission. Vor dem aktuellen Hintergrund der Energiekrise sei es wichtig, ein starkes und wettbewerbsfähiges Handels- und Clearing-Ökosystem sicherzustellen, um ein reibungsloses Funktionieren der Energiemärkte zu unterstützen.
Es ist das dritte Mal, dass die EU-Kartellbehörde von ihrer Befugnis nach dem Artikel 22 des EU-Fusionskontrollrechts Gebrauch macht. Danach können Länder beantragen, dass die Behörde geplante Zusammenschlüsse prüft, die nicht den Umsatzkriterien entsprechen, aber dennoch Auswirkungen auf ihre Märkte haben könnten. rtr
“Europa liefert nicht das, was die Menschen von Europa erwarten“, analysiert Tobias Winkler nüchtern. Er sitzt als Abgeordneter für die CSU im EU-Ausschuss des Bundestages. Von Berlin aus will er seinen Beitrag leisten, um das zu ändern.
Zum Beispiel durch eine Reform der Institutionen, etwa die Verkleinerung der Europäischen Kommission, die Durchsetzung von Mehrheitsentscheiden bei außenpolitischen Fragen oder ein Initiativrecht des Europäischen Parlaments. “Als es etwa um die Sanktionspakete für die Ukraine ging, haben wir im Großen relativ schnell eine Einigung gefunden”, erklärt er. “Aber Ungarn hat den Einigungszwang genutzt, um eigene Interessen durchzusetzen”.
In seiner tagtäglichen Arbeit profitiert der 45-Jährige vor allem davon, dass er selbst 15 Jahre lang für das Europäische Parlament gearbeitet. Von 2005 bis 2014 war er zunächst Büroleiter des ehemaligen Vizepräsidenten Ingo Friedrich und anschließend des damaligen Präsidenten Hans-Gert Pöttering; von 2015 bis 2021 leitete er dann des Verbindungsbüros des Europäischen Parlaments in München.
“Gerade bei größeren Herausforderungen verfallen wir immer wieder sehr schnell in nationale Lösungsszenarien“, hat er beobachtet. Zum Beispiel: Wenn das Gas knapp wird, schauen wir erst einmal, dass unsere eigenen Speicher voll sind. Wenn der Strom teuer wird, unterstützen wir unsere heimische Wirtschaft mit 200 Milliarden Euro und in der Pandemie machen wir als erstes unsere Grenzen dicht.
Selbst beim Umgang mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine fehlte der deutschen Politik zunächst der europäische Blick, meint Winkler. “Vor allem in Polen und den baltischen Staaten, die uns traditionell sehr zugewandt sind, war die Enttäuschung unglaublich groß, als wir anfangs so zögerlich darin waren, die Ukraine zu unterstützen. Auch das deutsch-französische Verhältnis hat im letzten Jahr vor allem durch Nichtbeachtung sehr gelitten.”
Winkler nutzte und nutzt seine Kontakte in die unterschiedlichen Mitgliedstaaten, um in solchen Situationen zu “kitten, was zu kitten ist”: indem er Gespräche führt, die deutsche Position erklärt, Kritik aufnimmt und weitergibt.
Das Arbeitsumfeld in Brüssel und Straßburg schätzt er als dynamisch, jung und offen. In Berlin dagegen erlebe er in den Verwaltungen viel Bürokratie und immer wieder Beamte, “die erst einmal die Zuständigkeit klären müssen und nur sehr widerwillig ihr Wissen teilen”.
Das Bundestagsmandat, gibt Tobias Winkler offen zu, hatte er nie fest im Blick. Vielmehr habe er sich erst nach anfänglichem Zögern dafür entschieden, sich um die Kandidatur im überraschend vakant gewordenen Wahlkreis 243 (Fürth) zu bewerben. Überzeugt habe ihn der Rat seiner politischen Weggefährten, die ihm sagten, dass es in Berlin wahrscheinlich mehr überzeugte Europäer brauche, als in Brüssel oder Straßburg.
Nicht nur sein Verhältnis zur deutschen Bürokratie beschreibt Tobias Winkler als eher distanziert. Anfangs galt das auch für die CSU. Wie sein Vater 30 Jahre zuvor sei er als junger Mann wegen seines ehrenamtlichen Engagements im Sport gebeten worden, für die CSU im Marktgemeinderat zu kandidieren, ohne Mitglied zu sein. Und wie sein Vater 30 Jahre zuvor, habe er zugesagt und sei dann erst nach seiner Wahl in die Partei eingetreten. “Natürlich hatte ich eine politische Gesinnung, aber ich wollte mich nicht zu früh von außen festlegen lassen“, erklärt Winkler, der in München Politikwissenschaften studiert hat.
Damals habe er die Mitglieder und das Programm des Ortsverbandes sympathisch gefunden, erzählt er. Heute, 20 Jahre später, sei er in einer Position, in der er die Partei vor allem durch seine Begeisterung für Europa ein kleines Stück mit prägen kann. Dabei genieße er, dass er als Direktkandidat eine gewisse Unabhängigkeit habe.
Wenn Winkler nicht in der Hauptstadt ist, lebt er mit Frau und Tochter sowie einem Pferd, Hühnern und Hasen im fränkischen Roßtal im Landkreis Fürth. Dort ist er auch im Vorstand der “Marktplatz-Kärwaburschen” (Kirchweihburschen), die lokales Brauchtum pflegen.
“Um die Tiere kümmern sich meine Frau und meine Tochter, ich bin eher für Bau und Reparatur von Ställen und Zäunen zuständig”, sagt er. Auch eine Streuobstwiese habe er als Beitrag zum Naturerhalt auf dem eigenen Grundstück angelegt, lange bevor das en vogue war. “Wir wollten damit der Natur wieder etwas Freiraum geben, nachdem man vor unserem Haus eine 100 Jahre alte Streuobstwiese in ein Maisfeld umgewandelt hatte”. Janna Degener-Storr