Table.Briefing: Europe

Streit um Friedenstruppen + Schuldenklausel + Patente

Liebe Leserin, lieber Leser,

bis in den Abend saßen sie gestern im Élysée-Palast zusammen, die Staats- und Regierungschefs von neun europäischen Staaten plus die Spitzen von EU und Nato. Sie versuchten, eine Antwort zu formulieren auf die jüngsten Entwicklungen, die mit dem abgegriffenen Wort “Zeitenwende” kaum zu erfassen sind. Die Ergebnisse lesen Sie unten in der Analyse meines Kollegen Stephan Israel.

Die Verantwortlichen in Europa werden auszuloten versuchen, ob die US-Regierung all das ernst meint, was sie in den vergangenen Tagen angekündigt hat. Manch einer spricht sich Mut zu: Donald Trumps Vorgehen, Europäer und Ukrainer aus den Friedensverhandlungen mit Russland auszuschließen, sei womöglich nur Ausdruck einer brachialen Verhandlungstaktik. Doch selbst dieses Argument ist verräterisch: Denn brachial ist sein Umgang mit den (bisherigen) Verbündeten der Vereinigten Staaten, nicht mit dem geopolitischen Rivalen und (bisherigen) Gegner Russland.

Vieles spricht dafür, dass der US-Präsident keine Leitplanken mehr kennt. In seiner ersten Amtszeit bremsten ihn die anderen US-Institutionen und die eigenen Mitarbeiter. Heute fehlen diese Korrektive weitgehend. Trumps Instinkte, transaktional, autoritär und geschichtsvergessen, schlagen voll durch. Für die europäischen Staaten kann seine Kumpanei mit Wladimir Putin brandgefährlich werden, und zwar angesichts hybrider Kriegsführung nicht nur für Polen, Balten oder Finnen.

Der viel zitierte Begriff des Weckrufs ist deshalb deplatziert. Für die Europäische Union ist der Moment der Wahrheit gekommen. Jetzt, in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten entscheidet sich, ob Europa das Schicksal in die eigene Hand nimmt. Oder sich ihnen nicht wohlgesinnten Mächten ausliefert. Man kann nur hoffen, dass die neue Bundesregierung, der neue Bundeskanzler, die Dimension der Aufgabe verstanden haben. Deutschland muss gemeinsam mit Paris und Warschau vorangehen. Und notfalls jene Mitgliedsstaaten zurücklassen, die nicht willens sind, den Weg der sicherheitspolitischen Selbstermächtigung Europas mitzugehen.

Ihr
Till Hoppe
Bild von Till  Hoppe

Analyse

Mini-Gipfel: Europäer uneinig über Friedenstruppen

Keir Starmer brachte die europäischen Partner schon vor der Ankunft zum Mini-Gipfel in Paris in Zugzwang: Die britische Regierung sei “bereit und willig”, Bodentruppen in die Ukraine zu schicken, um einen Friedensdeal abzusichern, schrieb der britische Premierminister in einem Gastbeitrag in “The Telegraph”. Emmanuel Macron hatte ausgewählte Staats- und Regierungschefs sowie die Spitzen von EU und Nato zum Mini-Gipfel eingeladen.

Das Ziel des französischen Präsidenten war es, eine möglichst breite Koalition der Willigen für starke Sicherheitsgarantien inklusive Friedenstruppen vorzubereiten. Wer in Paris schon eine klare Antwort erwartet hatte, wurde jedoch enttäuscht. Neben dem Briten hat sich bisher nur der französische Präsident zur Entsendung von Bodentruppen bereit gezeigt. Deutliche Kritik hingegen kam von Bundeskanzler Olaf Scholz: Es sei “völlig verfrüht und der völlig falsche Zeitpunkt”, die Diskussion über eine Friedenstruppe zu führen.

London zu Führungsrolle bereit

Statt Geschlossenheit entstand also eher der Eindruck von Uneinigkeit nach dem Mini-Treffen. Dabei drängt die Zeit. Auch, weil die USA Druck machen und derzeit mit einem Fragenkatalog ausloten, was die europäischen Verbündeten bereit sind, zu Sicherheitsgarantien nach einem Friedensabkommen beizutragen. Großbritannien sei bereit, hier eine Führungsrolle zu übernehmen, schrieb Keir Starmer. Er versuche, Großbritannien als Brücke zwischen Kontinentaleuropa und den USA zu positionieren, hieß es im “Telegraph”.

Starmer will als erster europäischer Regierungschef nächste Woche Donald Trump im Weißen Haus besuchen. Laut britischen Medienberichten könnte sich die Koalition der Willigen um die Joint Expeditionary Force (JEF) organisieren, eine von Großbritannien als Rahmennation angeführte multinationale Expeditionstruppe mit Balten und Skandinaviern sowie den Niederländern. Eine Friedenstruppe mit der JEF als Kern und im Umfang von 40.000 bis 50.000 Soldaten könnte im Hinterland als Absicherung stationiert werden, während die ukrainischen Streitkräfte ihre Stellungen entlang der Frontlinie halten müssten.

Polen nicht dabei

Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot berichtete in einem Interview mit dem Sender LCI von “sehr konkreten Gesprächen auf verschiedenen Ebenen”, bei denen es um die Entsendung von Truppen insbesondere aus Frankreich, Großbritannien und Polen gehe. “Wir haben nicht vor, polnische Soldaten in die Ukraine zu entsenden”, widersprach allerdings Regierungschef Donald Tusk. Polen werde aber Länder, die in Zukunft Sicherheitsgarantien für die Ukraine bereitstellen wollten, logistisch und politisch unterstützen. Tusk insistierte umso mehr, dass die europäischen Partner dem Beispiel Polens folgen und die Verteidigungsfähigkeit stärken müssten.

Die Financial Times berichtete, Trump wolle dem russischen Präsidenten Wladimir Putin anbieten, US-Truppen aus den baltischen Staaten und möglicherweise auch weiter westlichen abzuziehen. Europa müsse das militärische Potenzial Russlands ausgleichen können, sagte Donald Tusk vor diesem Hintergrund. Nur so könne man die Ukraine auch wirklich unterstützen.

Scholz irritiert

Neben Tusk und Scholz waren auch die Regierungschefs Italiens, Spaniens, der Niederlande und Dänemarks nach Paris gereist. “Ich bin irritiert über diese Debatten”, distanzierte sich der Bundeskanzler nach dem Treffen indirekt von seinem britischen Kollegen und von Gastgeber Macron. Über die Köpfe der Ukrainer hinweg werde hier über das Ergebnis von Friedensgesprächen geredet, die noch nicht einmal begonnen hätten und deren Ausgang völlig offen seien. Ohne eine Beteiligung von US-Truppen scheint die Entsendung von deutschen Truppen für Olaf Scholz zudem grundsätzlich nicht infrage zu kommen: “Wir werden uns nicht an Szenarien beteiligen, in denen europäische und amerikanische Sicherheit auseinanderfallen, also etwa europäische Soldaten ohne volle US-Involvierung eingesetzt werden”.

Dänemark und Schweden offen

Das ist allerdings genau das, was die Trump-Administration gemäß allen Verlautbarungen der letzten Tage derzeit anstrebt, nämlich eine Friedenstruppe ohne US-Beteiligung. Dänemark und Schweden zeigen sich zur Frage von Friedenstruppen offen. Zuerst brauche es einen fairen und stabilen Frieden im Einklang mit dem internationalen Recht, sagte Schwedens Außenministerin Maria Malmer Stenergard. Danach schließe ihre Regierung nichts aus.

Unklar ist auch die Position Italiens und Spaniens: Niemand erwäge derzeit, Truppen in die Ukraine zu schicken, da ein Frieden noch weit entfernt sei, sagte Spaniens Außenminister José Manuel Albares. Der niederländische Rechtspopulist und Chef der größten Regierungspartei PVV, Geert Wilders gab sich ebenfalls kritisch. Er sei dagegen, niederländische Soldaten in die Ukraine zu schicken, schrieb Wilders auf der Onlineplattform X. Das niederländische Heer sei schon in vielen Missionen involviert und müsse zudem das eigene Territorium schützen, fügte er hinzu. In Paris habe sich der “Klub der Verlierer” getroffen, schrieb Viktor Orbáns Regierungssprecher auf X. Trump habe Europa mit seiner Friedensstrategie an den Rand gedrängt. Dieselben Politiker, die Viktor Orbáns Friedensmission verhöhnt hätten, gerieten jetzt in Panik, schrieb er weiter.

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Verteidigungsausgaben: Gemischte Reaktionen auf Ausweichklausel

“Ich werde vorschlagen, die Ausweichklausel für Verteidigungsinvestitionen zu aktivieren“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am vergangenen Freitag in München. “Das wird den Mitgliedstaaten erlauben, ihre Verteidigungsausgaben substanziell zu erhöhen.”

Die Ankündigung scheint nicht nur die EU-Staaten, sondern auch die Kommissionsdienste etwas überrumpelt zu haben. Wie EU-Diplomaten bestätigen, wurde den Mitgliedsländern noch kein Vorschlag unterbreitet. Am Montag konnte die Kommission noch nicht öffentlich bestätigen, ob von der Leyen von der allgemeinen Ausweichklausel oder von der nationalen Ausweichklausel sprach. “Wir werden in den kommenden Wochen an den Modalitäten arbeiten“, sagte Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis am Montag.

Ausweichklauseln sind nicht an Bedingungen geknüpft

In Brüssel geht man jedoch davon aus, dass die Kommission die nationale Ausweichklausel meint. Die allgemeine Ausweichklausel bedingt laut der relevanten Verordnung einen “starken Wirtschaftsabschwung”, während die nationale Ausweichklausel “außergewöhnliche Umstände außerhalb der Kontrolle des Mitgliedstaats” voraussetzt.

In ihrer Rede hatte von der Leyen angekündigt, die Ausweichklausel “in einer kontrollierten und an Bedingungen geknüpfte” Art und Weise einzuführen. Außer bei Mitgliedstaaten in einem Defizitverfahren sehen die EU-Schuldenregeln aber keinen Mechanismus vor, solche Bedingungen einzuführen, wenn die nationale Ausweichklausel zum Einsatz kommt. Lucas Guttenberg von der Bertelsmann-Stiftung argumentiert, dass es die nationale Ausweichklausel Deutschland und anderen wenig verschuldeten Staaten (vor allem in Nord-, Zentral- und Osteuropa) erlauben wird, mehr Geld auszugeben.

Kukies will Schuldenregeln ändern

Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) reagierte am Montag zurückhaltend auf den Vorstoß von der Leyens. “Da warten wir noch auf Konkretisierung”, sagte er in Brüssel am Rande des Eurogruppe-Treffens. Er warb für eine Reform der EU-Schuldenregeln, die Bundeskanzler Olaf Scholz am Samstag in München vorgeschlagen hatte. Demnach sollen Verteidigungsausgaben, die über das Zwei-Prozent-Ziel der Nato hinausgehen, zeitlich begrenzt von den Fiskalregeln ausgenommen werden.

“Vielleicht sollten wir das als das neue Normal nehmen, dass wir auch dauerhaft höhere Ausgaben brauchen, was ja per Definition der Fall wäre bei Verteidigungsausgaben”, sagte Kukies in Brüssel. Deshalb müsse die EU “insgesamt über die europäischen Schuldenregeln nachdenken und außerhalb des Regimes der Ausnahmeregeln agieren”, fügte er hinzu.

Im BMF befürchtet man auch, dass die wiederholte Nutzung der Ausweichklausel schlussendlich dazu führen wird, dass die EU-Schuldenregeln schlicht nicht mehr angewendet werden. Eine Änderung der Schuldenregeln dürfte aber ohnehin mehr Zeit in Anspruch nehmen, weil auch das Parlament zustimmen müsste.

Zurückhaltung in Spanien, Belgien, Frankreich

Auch in stärker verschuldeten Mitgliedstaaten wird von der Leyens Vorschlag kritisch beäugt. Belgien, Frankreich und Spanien scheinen zwar offen für die Nutzung der Ausweichklausel. Sie wollen aber vermeiden, dass es als Alternative zu einer stärker europäisierten Finanzierung gesehen wird.

“Die nationale Finanzierung ist eines der essenziellen Elemente, aber es gibt noch mehr Bereiche, über die wir sprechen müssen”, sagte der spanische Finanzminister Carlos Cuerpo. Verteidigung sei “ein europäisches, öffentliches Gut”. Die “gemeinsame Finanzierung” müsse deshalb ebenfalls Teil der Lösung sein, sagte Cuerpo.

Eine Aktivierung der nationalen Ausweichklausel müsste vom Rat bestätigt werden. Es ist also davon auszugehen, dass Spanien, Frankreich und andere Staaten versuchen werden, ihre Zustimmung an Bedingungen zu knüpfen. Mehr Details zur Anwendung der Ausweichklausel dürfte die Kommission im Rahmen ihres Weißbuchs zur Zukunft der europäischen Verteidigung am 19. März präsentieren.

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  • Valdis Dombrovskis
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  • Zwei-Prozent-Ziel
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Ukraine-Verhandlerteam: Putin schickt Top-Diplomaten nach Riad

“Vor allem wird das Treffen am Dienstag der Wiederherstellung der russisch-amerikanischen Beziehungen dienen und den Vorbereitungen möglicher Verhandlungen über die Ukraine”, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag zum Zusammenkommen russischer und amerikanischer Diplomaten in Riad – und stellte dabei klar, worum es Moskau vorrangig geht: um die Beziehungen mit den USA.

Moskau gab sich dabei betont gelassen. Peskow schob “die Initiative für die Verbesserung der Beziehungen” Washington zu. Laut Peskow reisen nach Riad Außenminister Sergej Lawrow und Jurij Uschakow, außenpolitischer Berater des Präsidenten Wladimir Putin.

In den vergangenen Tagen sind die Namen dreier Männer der russischen Seite genannt worden, die sehr wahrscheinlich die Verhandlungen über ein Ende des Krieges mit der Ukraine führen sollen. Auf Nachfrage der Presse wollte sich Peskow am Montag dazu aber nicht äußern. Die Namen sind:   

  • Jurij Uschakow, 77, außenpolitischer Berater des Präsidenten
  • Sergej Naryschkin, 70, Chef des Auslandsgeheimdienstes SWR
  • Kirill Dmitrijew, 49, Chef des staatlichen Investitionsfonds Russian Direct Investment Fund  

“Diese Auswahl ist ausgewogen. Russland will eine ernsthafte und dadurch ja auch eine ergebnisoffene Verhandlung, es geht hier nicht ums Besiegeln eines Deals, sondern um den Kampf für eigene Positionen”, sagt Alexey Yusupov, Leiter des Russland-Programms der Friedrich-Ebert-Stiftung, im Gespräch mit Table.Briefings. Was er und andere Russlandexperten wie etwa Tatiana Stanovaya vom Carnegie Russia Eurasia Center über die Verhandler sagen:  

Jurij Uschakow: das diplomatische Schwergewicht. Er hat seit 1970 die Interessen der Sowjetunion vertreten, zuerst in Dänemark, war anschließend in Moskau im Außenministerium für skandinavische Länder zuständig. Das Ende der Sowjetunion hat er als Diplomat in Dänemark erlebt. Später hat er Russlands Interessen in der OSZE repräsentiert und war von 1998 bis 2008 russischer Botschafter in den USA. Uschakow gilt als ein erfahrener, kompetenter und harter Verhandler. Er dient als persönlicher Berater Putins für internationale Beziehungen seit 2012 und war in internationale Gespräche über den Krieg in der Ukraine seit 2014 involviert. Neben Außenminister Lawrow dürfte Uschakow der erfahrenste Diplomat auf der russischen Seite sein. Es wird also darauf ankommen, wen die US-Amerikaner – und perspektivisch die Ukraine sowie die EU – ihm entgegensetzen können.

Sergej Naryschkin: alter Weggefährte Putins. Im Februar 2022 war Naryschkin der Öffentlichkeit dadurch aufgefallen, dass er bei einem von Putin medial inszenierten Kriegsbekenntnis verunsichert gewirkt und gestottert hatte. Aber Naryschkin ist immer noch auf seinem Platz als Leiter des Auslandsgeheimdienstes und soll nun sogar an den wichtigen Gesprächen beteiligt werden. Neben der geheimdienstlichen Vergangenheit verbinden Putin und Naryschkin die Geburtsstadt Leningrad und die Arbeit in der dortigen Stadtverwaltung in den 90er Jahren. Naryschkin liegt ganz auf der Linie Putins, auch mit der Unterstellung, dass in der Ukraine ein faschistisches Regime herrscht. Auch hatte er im November 2014 europäischen Staaten geraten, die USA aus der Nato auszuschließen. Die Idee, die Nato zu verlassen, hat ausgerechnet US-Präsident Donald Trump wiederholt geäußert. Mit dem Chef des Auslandsgeheimdienstes würde Putin einen Mann in die Verhandlungen schicken, der gut informiert und zutiefst loyal ist.

Kririll Dmitrijew: der Mann mit den besten Kontakten. Trumps Sonderbeauftragter für Nahost, Steve Witkoff, hat Dmitrijews Namen bereits genannt, als er über den “gentleman named Kirill” vor wenigen Tagen sprach. Wittkoff hatte mit Dmitrijew die Freilassung des US-Amerikaners Marc Fogel organisiert. Der vergleichsweise junge Putin-Vertraute dürfte der Mann sein, der seit vielen Jahren im Hintergrund Kontakte in das Trump-Lager pflegt. Geboren im damals noch sowjetischen Kyjiw, lebte er schon seit 1989 in den USA. Er machte Abschlüsse in Stanford und Harvard, arbeitete für Goldman Sachs und McKinsey, verantwortete laut Meduza einen milliardenschweren Investitionsfonds in der Ukraine, dessen Kapital überwiegend dem ukrainischen Oligarchen Victor Pinchuk gehörte. Dmitrijew hat zu Putin private Verbindungen und wegen seiner Karriere in der Finanzwelt gute Kontakte auch in den Nahen Osten. Der Netzwerker dürfte eine wesentliche Rolle für die Kommunikation zwischen Moskau, Washington, Riad und möglicherweise auch Kyjiw haben.   

Und auf der US-Seite? Mit US-Außenminister Marco Rubio hat die Ukraine keinen wirklichen Vertreter ihrer Interessen. Er gibt sich skeptisch, was die Chancen der Ukraine angeht, sich dauerhaft gegen Russland zu behaupten. Im vergangenen Jahr stimmte der damalige Senator im US-Kongress gegen das Hilfspaket der USA für Kyjiw im Umfang von sechs Milliarden US-Dollar.

Mike Waltz, der nationale Sicherheitsberater, begleitet den US-Außenminister zu den Gesprächen nach Saudi-Arabien. Er gilt als Hardliner. Der Dritte im Bunde ist der erwähnte Steve Witkoff, ein milliardenschwerer Immobilienunternehmer aus New York. Der offizielle Ukraine-Beauftragte Trumps, der pensionierte General Keith Kellogg, ist nicht in Riad dabei.

  • Marco Rubio
  • Naher Osten
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  • Ukraine-Krieg

Termine

19.02.2025, 13:00 – 15:00 Uhr
Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Diskussion Warum Wirtschaft und Wissenschaft eine mutige Biodiversitätspolitik erwarten
Die Veranstaltung thematisiert die Bedeutung des Biodiversitätsschutzes für nachhaltigen Wohlstand, gesunde Menschen und die Wirtschaft, und diskutiert die Frage, wie eine mutige Biodiversitätspolitik in der nächsten Legislaturperiode erfolgreich umgesetzt werden kann. INFOS & ANMELDUNG

19.02.2025, 14:00 – 15:30 Uhr, online
Florence School of Regulation, Webinar Methane Emissions from the Biogas and Biomethane supply chains
This debate will discuss the findings of the JRC Report on methane emissions coming from the biogas and biomethane supply chains. The panel debate will expand to the wider role that biogas and biomethane will have in the upcoming decade and assess their contribution to reaching the EU decarbonisation targets.  INFOS & REGISTRATION

19.02.2025, Brussels
ESOMAR, Conference ESOMAR Citizen Insight Summit
The ESOMAR Citizen Insights Summit is a premier gathering designed to explore the intersection of insights, public policy, and democracy. This event brings together experts, policymakers, industry leaders, and civil society to discuss the critical role of data-driven insights in shaping a more engaged and informed society. INFOS & REGISTRATION

20.02.2025, 17:30 – 18:30 Uhr, online
DGAP, Webinar Große Pläne, klamme Kassen: Europa in der Ära Trump
Jan Techau, Director Europe bei der Eurasia Group, diskutiert mit weiteren Teilnehmern, wie ein erfolgreicher Politikwechsel nach dem Bruch der Ampelkoalition aussehen kann. Angesichts der gescheiterten Regierung an der Finanzierungsfrage sowie großer innen- und außenpolitischer Herausforderungen wie Ukraine, Nahost und China. INFOS & ANMELDUNG

19.02.2025, 18:00 – 20:00 Uhr, Frankfurt
DGAP, Discussion Living Diplomacy: Voices from the field
Living Diplomacy: “Voices from the field” explores the realities of diplomacy through insights from experts like Adrian Pollmann, Anne-Marie Flynn, and Thomas Kleine-Brockhoff, discussing the evolving role of diplomats, the importance of international relations, and the impact of shared global norms. INFOS & REGISTRATION

20.02.2025, 20:00 Uhr
Digital Europe, Discussion Masters of Digital 2025
This event will bring together Europe’s leading digital minds, innovators, and policymakers to discuss the role of digital competitiveness. Not only in terms of economic gain, but also in its growing importance for security and resilience INFOS & REGISTRATION

20.02.2025, 09:00 – 16:00 Uhr, Wildau (Brandenburg)
TH Wildau, Workshop Der EU AI Act – Was kommt auf KMUs zu?
Bei diesem Event werden die Auswirkungen der am 1. August 2024 in Kraft getretenen EU KI-Verordnung auf KMUs thematisiert und aufgezeigt, wie Verantwortliche ihre Mitarbeitenden dafür sensibilisieren können. INFOS & ANMELDUNG

News

Start-up- und Scale-up-Strategie: Kommission startet Konsultation

Die Kommission sammelt Input für die Start-up- und Scale-up-Strategie, die sie im zweiten Quartal dieses Jahres vorlegen will. Dazu hat sie eine Online-Konsultation auf dem “Have your say”-Portal gestartet, die bis zum 17. März läuft. Jeder kann sich daran beteiligen. Um die Meinungen der Interessengruppen einzuholen, veranstaltet die Kommission auch das Europäische Start-up- und Scale-up-Forum. Es fand am 17. Februar zum ersten Mal statt.

Die Strategie zielt darauf ab, ein innovationsfreundliches Umfeld zu schaffen. Dies soll europäischen innovativen Start-ups erleichtern, im Binnenmarkt zu wachsen und zu expandieren. Die Hauptziele der Strategie sind:

  • die Innovationskluft zwischen der EU und ihren globalen Wettbewerbern schließen
  • die Wettbewerbsfähigkeit steigern.

Mit der Strategie will die Behörde die Schwierigkeiten angehen, mit denen europäische Start-ups und Scale-ups beim Zugang zu Kapital, Märkten, Dienstleistungen, Infrastruktur sowie Talenten konfrontiert sind. Die geplante Strategie stellt die Kommission in engem Zusammenhang mit dem Wettbewerbsfähigkeitskompass, vor allem der Savings and Investments Union, der Single Market Strategy oder der Union of Skills. vis

  • EU-Kommission
  • Innovationspolitik
  • Start-ups
  • Wettbewerbsfähigkeit
  • Wettbewerbspolitik

Autodialog: Datenzugang und SEPs Thema bei Virkkunen-Arbeitssitzung

Hersteller und Zulieferer haben an Kommissionsvize Henna Virkkunen bei der dritten Arbeitssitzung im Rahmen des Autodialogs zum Thema Digitales appelliert, den Gesetzesvorschlag zu Standardessentiellen Patenten (SEPs) wieder zu aktivieren. Dafür sprachen sich Vertreter der Branchenverbände ACEA und CLEPA sowie vom Zulieferer Continental aus. SEPs sind Patente, die Teil eines Standards sind, etwa dem Mobilfunkstandard 5G, der beim vernetzten Autofahren eine Rolle spielt.

Die Kommission hatte überraschend mit ihrem Arbeitsprogramm angekündigt, den Gesetzgebungsvorschlag auf Eis zu legen. Virkkunen ließ dem Vernehmen nach nicht erkennen, ob ihre Behörde neue Pläne vorlegen oder einen anderen Ansatz wählen will.

Außerdem diskutierten die Teilnehmer der Runde, an der auch Forschungskommissarin Ekaterina Zaharieva teilnahm, den Zugang zu Daten aus dem Fahrbetrieb. Bei diesem Thema sind sich allerdings Hersteller wie BMW und Mercedes sowie Zulieferer wie Bosch nicht einig. CLEPA-Generalsekretär Benjamin Krieger machte sich für den Abbau von Hemmnissen zwischen den Mitgliedstaaten beim autonomen Fahren stark: “Die USA und andere Länder investieren massiv in Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz und Cloud Computing und sind in Sachen digitale Marktplätze führend.” Europa müsse mit einem mutigen Ansatz reagieren, um einen florierenden Markt für digitale Mobilitätsdienste zu gewährleisten und ausreichende Investitionen zu sichern, damit die nächste Generation von vernetzten und automatisierten Fahrzeugen hier entwickelt werde.

Wölken fordert Einblick in Dokumente

Der Europaabgeordnete Tiemo Wölken (SPD) kritisierte, dass die Kommission den SEP-Vorschlag auf Eis legen will. Er fordert in diesem Zusammenhang, dass die Kommission Informationen zum Treffen zwischen Kommissionschefin Ursula von der Leyen und US-Vizepräsident J.D. Vance am 11. Februar am Rande des AI-Summits in Paris herausgibt. Es gebe Gerüchte, sagte Wölken, dass von der Leyen im Arbeitsprogramm der Kommission die KI Haftungsrichtlinie und die SEP-Verordnung “auf Bitten des US-Vizepräsidenten” abgeräumt habe. “Die SEP-Verordnung ist dem US-Unternehmen Qualcomm schon lange ein Dorn im Auge, denn dort verdient man mit dem Status Quo jedes Jahr Milliarden an Lizenzgebühren.” Er hoffe, dass die Kommissionspräsidentin “mit diesen Gerüchten aufräumt und den Rückzug der Vorschläge rückgängig macht”, erklärte Wölken. mgr

  • Autoindustrie
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  • Henna Virkkunen
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Presseschau

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Sicherheitspolitik: Höhere Verteidigungsausgaben der EU-Staaten auf Kredit: Deutschland fordert Grenzen DEUTSCHLANDFUNK
Scholz bremst, aber Frankreich macht Druck: Friedenstruppen könnten schon bald in der Ukraine stehen TAGESSPIEGEL
Erstes Ministertreffen USA-Russland am Dienstag – ohne Ukraine und EU DER STANDARD
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EU-Haushalt: EU will Agrarhaushalt 2028 streichen – Weniger Geld für Landwirte? AGRAR HEUTE
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Der nächste Streit zwischen der EU und Trump bahnt sich an: Facebook droht Europa FR
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Serbiens Präsident Vučić schließt Neuwahlen aus DER STANDARD
Stimmungsbericht aus Nuuk: “Es ist Zeit für eine Revolution” – Wie Grönlands Bevölkerung auf die Trump-Attacken reagiert RND
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Standpunkt

Mercosur: So strategisch wichtig ist das Abkommen

Von Clara Brandi
Clara Brandi ist Wissenschaftlerin am German Institute of Development and Sustainability (IDOS).
Clara Brandi ist Wissenschaftlerin am German Institute of Development and Sustainability (IDOS).

Nach jahrzehntelangem Ringen haben die Verhandlungspartner der EU und der Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) im Dezember 2024 eine politische Einigung über eine Freihandels-Partnerschaft erzielt. Sowohl das EU-Parlament als auch die EU-Mitgliedstaaten müssen dem Abkommen zustimmen – doch es ist weiterhin umstritten. Kritiker*innen führen Risiken für Landwirtschaft und Umwelt an.

So kontrovers das geplante Freihandelsabkommen ist – es bietet sowohl wirtschaftliche als auch geopolitische Vorteile, etwa im Bereich Nachhaltigkeit und strategischer Rohstoffsicherung. Außerdem stärkt es regelbasierten Handel in Zeiten, in denen immer mehr das Recht des Stärkeren um sich greift. Die EU sollte das Abkommen daher unterstützen, um ihre strategischen Interessen mit Blick auf “economic security” zu wahren und eine gute Basis für die zukünftige Kooperation mit Mercosur zu schaffen.

Schutz vor CBAM für Mercosur-Staaten

Denn erstens bietet das Abkommen substanzielle wirtschaftliche Vorteile. Durch den Wegfall von Handelsbarrieren würden europäische Industrien sowie die wirtschaftliche Entwicklung in Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay profitieren. Deutschland würde stark von der Abschaffung der Zölle auf Industrieprodukte im Allgemeinen und auf Automobilprodukte im Speziellen profitieren. Für die Mercosur-Staaten eröffnet das Abkommen die Aussicht auf einen gewissen Schutz vor europäischen Regulierungen (z.B. dem CO₂-Grenzausgleichsmechanismus), indem es ein Rebalancing-Instrument vorsieht. Gleichzeitig stellt es sicher, dass EU-Standards im Handel nicht unterlaufen werden.

Ein zweiter essenzieller Vorteil ist, dass das Abkommen die strategischen EU-Interessen im Bereich economic security stärkt. Es verbessert den Zugang zu kritischen Rohstoffen für die Energiewende, wie etwa Lithium, Nickel und Kupfer. Diese Handelspartnerschaft trägt so zur Sicherung der europäischen Rohstoffversorgung bei und verringert die Abhängigkeit von China.

Garantien für Klimaschutz

Drittens beinhaltet Mercosur starke Nachhaltigkeitsstandards und verankert das Pariser Klimaschutzabkommen als “essential element”. Dies gibt der EU die Möglichkeit, das Handelsabkommen teilweise oder vollständig auszusetzen, falls die Mercosur-Staaten wesentlichen Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen nicht nachkommen.

Außerdem verstärkt das Abkommen Anreize für den Ausbau grüner Industrien, zum Beispiel durch eine schnellere Senkung der hohen Mercosur-Zölle auf Automobile für Elektro- und Hybridfahrzeuge. Nicht zu vergessen ist: Ohne das Abkommen könnten die Mercosur-Staaten ihre Handelsbeziehungen weiter mit China oder anderen Wirtschaftsmächten vertiefen, die weniger Umwelt- und Sozialstandards einfordern als die EU.

Natürlich gibt es Herausforderungen. Die Kontrolle über Entwaldung bleibt ein sensibles Thema. Es ist beispielsweise keine Sanktionierung von Umweltverstößen vorgesehen (keine “Sanktionsbewehrung”). Hier könnte die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) Abhilfe bieten, die den Import von Produkten wie Soja, Kaffee oder Holz verbietet, die auf entwaldeten Flächen produziert wurden. Darüber hinaus bietet das Abkommen eine Basis, um auch in Zukunft bei Nachhaltigkeitsfragen in den Mercosur-Staaten aktiv Einfluss zu nehmen – eine Option, die ohne Abkommen so nicht existiert.

Trotz Sorgen der Bauern mehr Vor- als Nachteile

Auch europäische Landwirte haben Bedenken, insbesondere hinsichtlich Wettbewerbsnachteilen durch geringe Umweltstandards in den Mercosur-Staaten. Doch niedrige Importquoten, schrittweise Anpassungen, Schutzklauseln und geplante Kompensationen sollen mögliche Herausforderungen für Bauern in den europäischen Staaten abmildern.

Zusammengefasst: Das EU-Mercosur-Abkommen stärkt Europas wirtschaftliche Sicherheit, indem es kritische Rohstoffquellen sichert, Handelsstrukturen diversifiziert und nachhaltige Produktionsweisen fördert – und es reduziert geopolitische Abhängigkeiten. Die Zukunft des Abkommens bleibt aber ungewiss. Deshalb ist es wichtig, sich vor Augen zu führen: Die Vorteile überwiegen die Risiken. Es liegt an der EU, das Abkommen zu nutzen, um wichtige Handelsbeziehungen und politische Partnerschaften für die Zukunft zu gestalten.

Clara Brandi ist Wissenschaftlerin am German Institute of Development and Sustainability (IDOS) und Professorin für internationale Wirtschaft an der Universität Bonn.

  • CBAM
  • CO2-Emissionen
  • EU
  • Handelspolitik
  • kritische Rohstoffe
  • Lateinamerika
  • Lithium
  • Mercosur
  • Nachhaltigkeitsstandards
  • wirtschaftliche Sicherheit

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    bis in den Abend saßen sie gestern im Élysée-Palast zusammen, die Staats- und Regierungschefs von neun europäischen Staaten plus die Spitzen von EU und Nato. Sie versuchten, eine Antwort zu formulieren auf die jüngsten Entwicklungen, die mit dem abgegriffenen Wort “Zeitenwende” kaum zu erfassen sind. Die Ergebnisse lesen Sie unten in der Analyse meines Kollegen Stephan Israel.

    Die Verantwortlichen in Europa werden auszuloten versuchen, ob die US-Regierung all das ernst meint, was sie in den vergangenen Tagen angekündigt hat. Manch einer spricht sich Mut zu: Donald Trumps Vorgehen, Europäer und Ukrainer aus den Friedensverhandlungen mit Russland auszuschließen, sei womöglich nur Ausdruck einer brachialen Verhandlungstaktik. Doch selbst dieses Argument ist verräterisch: Denn brachial ist sein Umgang mit den (bisherigen) Verbündeten der Vereinigten Staaten, nicht mit dem geopolitischen Rivalen und (bisherigen) Gegner Russland.

    Vieles spricht dafür, dass der US-Präsident keine Leitplanken mehr kennt. In seiner ersten Amtszeit bremsten ihn die anderen US-Institutionen und die eigenen Mitarbeiter. Heute fehlen diese Korrektive weitgehend. Trumps Instinkte, transaktional, autoritär und geschichtsvergessen, schlagen voll durch. Für die europäischen Staaten kann seine Kumpanei mit Wladimir Putin brandgefährlich werden, und zwar angesichts hybrider Kriegsführung nicht nur für Polen, Balten oder Finnen.

    Der viel zitierte Begriff des Weckrufs ist deshalb deplatziert. Für die Europäische Union ist der Moment der Wahrheit gekommen. Jetzt, in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten entscheidet sich, ob Europa das Schicksal in die eigene Hand nimmt. Oder sich ihnen nicht wohlgesinnten Mächten ausliefert. Man kann nur hoffen, dass die neue Bundesregierung, der neue Bundeskanzler, die Dimension der Aufgabe verstanden haben. Deutschland muss gemeinsam mit Paris und Warschau vorangehen. Und notfalls jene Mitgliedsstaaten zurücklassen, die nicht willens sind, den Weg der sicherheitspolitischen Selbstermächtigung Europas mitzugehen.

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    Till Hoppe
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    Analyse

    Mini-Gipfel: Europäer uneinig über Friedenstruppen

    Keir Starmer brachte die europäischen Partner schon vor der Ankunft zum Mini-Gipfel in Paris in Zugzwang: Die britische Regierung sei “bereit und willig”, Bodentruppen in die Ukraine zu schicken, um einen Friedensdeal abzusichern, schrieb der britische Premierminister in einem Gastbeitrag in “The Telegraph”. Emmanuel Macron hatte ausgewählte Staats- und Regierungschefs sowie die Spitzen von EU und Nato zum Mini-Gipfel eingeladen.

    Das Ziel des französischen Präsidenten war es, eine möglichst breite Koalition der Willigen für starke Sicherheitsgarantien inklusive Friedenstruppen vorzubereiten. Wer in Paris schon eine klare Antwort erwartet hatte, wurde jedoch enttäuscht. Neben dem Briten hat sich bisher nur der französische Präsident zur Entsendung von Bodentruppen bereit gezeigt. Deutliche Kritik hingegen kam von Bundeskanzler Olaf Scholz: Es sei “völlig verfrüht und der völlig falsche Zeitpunkt”, die Diskussion über eine Friedenstruppe zu führen.

    London zu Führungsrolle bereit

    Statt Geschlossenheit entstand also eher der Eindruck von Uneinigkeit nach dem Mini-Treffen. Dabei drängt die Zeit. Auch, weil die USA Druck machen und derzeit mit einem Fragenkatalog ausloten, was die europäischen Verbündeten bereit sind, zu Sicherheitsgarantien nach einem Friedensabkommen beizutragen. Großbritannien sei bereit, hier eine Führungsrolle zu übernehmen, schrieb Keir Starmer. Er versuche, Großbritannien als Brücke zwischen Kontinentaleuropa und den USA zu positionieren, hieß es im “Telegraph”.

    Starmer will als erster europäischer Regierungschef nächste Woche Donald Trump im Weißen Haus besuchen. Laut britischen Medienberichten könnte sich die Koalition der Willigen um die Joint Expeditionary Force (JEF) organisieren, eine von Großbritannien als Rahmennation angeführte multinationale Expeditionstruppe mit Balten und Skandinaviern sowie den Niederländern. Eine Friedenstruppe mit der JEF als Kern und im Umfang von 40.000 bis 50.000 Soldaten könnte im Hinterland als Absicherung stationiert werden, während die ukrainischen Streitkräfte ihre Stellungen entlang der Frontlinie halten müssten.

    Polen nicht dabei

    Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot berichtete in einem Interview mit dem Sender LCI von “sehr konkreten Gesprächen auf verschiedenen Ebenen”, bei denen es um die Entsendung von Truppen insbesondere aus Frankreich, Großbritannien und Polen gehe. “Wir haben nicht vor, polnische Soldaten in die Ukraine zu entsenden”, widersprach allerdings Regierungschef Donald Tusk. Polen werde aber Länder, die in Zukunft Sicherheitsgarantien für die Ukraine bereitstellen wollten, logistisch und politisch unterstützen. Tusk insistierte umso mehr, dass die europäischen Partner dem Beispiel Polens folgen und die Verteidigungsfähigkeit stärken müssten.

    Die Financial Times berichtete, Trump wolle dem russischen Präsidenten Wladimir Putin anbieten, US-Truppen aus den baltischen Staaten und möglicherweise auch weiter westlichen abzuziehen. Europa müsse das militärische Potenzial Russlands ausgleichen können, sagte Donald Tusk vor diesem Hintergrund. Nur so könne man die Ukraine auch wirklich unterstützen.

    Scholz irritiert

    Neben Tusk und Scholz waren auch die Regierungschefs Italiens, Spaniens, der Niederlande und Dänemarks nach Paris gereist. “Ich bin irritiert über diese Debatten”, distanzierte sich der Bundeskanzler nach dem Treffen indirekt von seinem britischen Kollegen und von Gastgeber Macron. Über die Köpfe der Ukrainer hinweg werde hier über das Ergebnis von Friedensgesprächen geredet, die noch nicht einmal begonnen hätten und deren Ausgang völlig offen seien. Ohne eine Beteiligung von US-Truppen scheint die Entsendung von deutschen Truppen für Olaf Scholz zudem grundsätzlich nicht infrage zu kommen: “Wir werden uns nicht an Szenarien beteiligen, in denen europäische und amerikanische Sicherheit auseinanderfallen, also etwa europäische Soldaten ohne volle US-Involvierung eingesetzt werden”.

    Dänemark und Schweden offen

    Das ist allerdings genau das, was die Trump-Administration gemäß allen Verlautbarungen der letzten Tage derzeit anstrebt, nämlich eine Friedenstruppe ohne US-Beteiligung. Dänemark und Schweden zeigen sich zur Frage von Friedenstruppen offen. Zuerst brauche es einen fairen und stabilen Frieden im Einklang mit dem internationalen Recht, sagte Schwedens Außenministerin Maria Malmer Stenergard. Danach schließe ihre Regierung nichts aus.

    Unklar ist auch die Position Italiens und Spaniens: Niemand erwäge derzeit, Truppen in die Ukraine zu schicken, da ein Frieden noch weit entfernt sei, sagte Spaniens Außenminister José Manuel Albares. Der niederländische Rechtspopulist und Chef der größten Regierungspartei PVV, Geert Wilders gab sich ebenfalls kritisch. Er sei dagegen, niederländische Soldaten in die Ukraine zu schicken, schrieb Wilders auf der Onlineplattform X. Das niederländische Heer sei schon in vielen Missionen involviert und müsse zudem das eigene Territorium schützen, fügte er hinzu. In Paris habe sich der “Klub der Verlierer” getroffen, schrieb Viktor Orbáns Regierungssprecher auf X. Trump habe Europa mit seiner Friedensstrategie an den Rand gedrängt. Dieselben Politiker, die Viktor Orbáns Friedensmission verhöhnt hätten, gerieten jetzt in Panik, schrieb er weiter.

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    Verteidigungsausgaben: Gemischte Reaktionen auf Ausweichklausel

    “Ich werde vorschlagen, die Ausweichklausel für Verteidigungsinvestitionen zu aktivieren“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am vergangenen Freitag in München. “Das wird den Mitgliedstaaten erlauben, ihre Verteidigungsausgaben substanziell zu erhöhen.”

    Die Ankündigung scheint nicht nur die EU-Staaten, sondern auch die Kommissionsdienste etwas überrumpelt zu haben. Wie EU-Diplomaten bestätigen, wurde den Mitgliedsländern noch kein Vorschlag unterbreitet. Am Montag konnte die Kommission noch nicht öffentlich bestätigen, ob von der Leyen von der allgemeinen Ausweichklausel oder von der nationalen Ausweichklausel sprach. “Wir werden in den kommenden Wochen an den Modalitäten arbeiten“, sagte Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis am Montag.

    Ausweichklauseln sind nicht an Bedingungen geknüpft

    In Brüssel geht man jedoch davon aus, dass die Kommission die nationale Ausweichklausel meint. Die allgemeine Ausweichklausel bedingt laut der relevanten Verordnung einen “starken Wirtschaftsabschwung”, während die nationale Ausweichklausel “außergewöhnliche Umstände außerhalb der Kontrolle des Mitgliedstaats” voraussetzt.

    In ihrer Rede hatte von der Leyen angekündigt, die Ausweichklausel “in einer kontrollierten und an Bedingungen geknüpfte” Art und Weise einzuführen. Außer bei Mitgliedstaaten in einem Defizitverfahren sehen die EU-Schuldenregeln aber keinen Mechanismus vor, solche Bedingungen einzuführen, wenn die nationale Ausweichklausel zum Einsatz kommt. Lucas Guttenberg von der Bertelsmann-Stiftung argumentiert, dass es die nationale Ausweichklausel Deutschland und anderen wenig verschuldeten Staaten (vor allem in Nord-, Zentral- und Osteuropa) erlauben wird, mehr Geld auszugeben.

    Kukies will Schuldenregeln ändern

    Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) reagierte am Montag zurückhaltend auf den Vorstoß von der Leyens. “Da warten wir noch auf Konkretisierung”, sagte er in Brüssel am Rande des Eurogruppe-Treffens. Er warb für eine Reform der EU-Schuldenregeln, die Bundeskanzler Olaf Scholz am Samstag in München vorgeschlagen hatte. Demnach sollen Verteidigungsausgaben, die über das Zwei-Prozent-Ziel der Nato hinausgehen, zeitlich begrenzt von den Fiskalregeln ausgenommen werden.

    “Vielleicht sollten wir das als das neue Normal nehmen, dass wir auch dauerhaft höhere Ausgaben brauchen, was ja per Definition der Fall wäre bei Verteidigungsausgaben”, sagte Kukies in Brüssel. Deshalb müsse die EU “insgesamt über die europäischen Schuldenregeln nachdenken und außerhalb des Regimes der Ausnahmeregeln agieren”, fügte er hinzu.

    Im BMF befürchtet man auch, dass die wiederholte Nutzung der Ausweichklausel schlussendlich dazu führen wird, dass die EU-Schuldenregeln schlicht nicht mehr angewendet werden. Eine Änderung der Schuldenregeln dürfte aber ohnehin mehr Zeit in Anspruch nehmen, weil auch das Parlament zustimmen müsste.

    Zurückhaltung in Spanien, Belgien, Frankreich

    Auch in stärker verschuldeten Mitgliedstaaten wird von der Leyens Vorschlag kritisch beäugt. Belgien, Frankreich und Spanien scheinen zwar offen für die Nutzung der Ausweichklausel. Sie wollen aber vermeiden, dass es als Alternative zu einer stärker europäisierten Finanzierung gesehen wird.

    “Die nationale Finanzierung ist eines der essenziellen Elemente, aber es gibt noch mehr Bereiche, über die wir sprechen müssen”, sagte der spanische Finanzminister Carlos Cuerpo. Verteidigung sei “ein europäisches, öffentliches Gut”. Die “gemeinsame Finanzierung” müsse deshalb ebenfalls Teil der Lösung sein, sagte Cuerpo.

    Eine Aktivierung der nationalen Ausweichklausel müsste vom Rat bestätigt werden. Es ist also davon auszugehen, dass Spanien, Frankreich und andere Staaten versuchen werden, ihre Zustimmung an Bedingungen zu knüpfen. Mehr Details zur Anwendung der Ausweichklausel dürfte die Kommission im Rahmen ihres Weißbuchs zur Zukunft der europäischen Verteidigung am 19. März präsentieren.

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    Ukraine-Verhandlerteam: Putin schickt Top-Diplomaten nach Riad

    “Vor allem wird das Treffen am Dienstag der Wiederherstellung der russisch-amerikanischen Beziehungen dienen und den Vorbereitungen möglicher Verhandlungen über die Ukraine”, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag zum Zusammenkommen russischer und amerikanischer Diplomaten in Riad – und stellte dabei klar, worum es Moskau vorrangig geht: um die Beziehungen mit den USA.

    Moskau gab sich dabei betont gelassen. Peskow schob “die Initiative für die Verbesserung der Beziehungen” Washington zu. Laut Peskow reisen nach Riad Außenminister Sergej Lawrow und Jurij Uschakow, außenpolitischer Berater des Präsidenten Wladimir Putin.

    In den vergangenen Tagen sind die Namen dreier Männer der russischen Seite genannt worden, die sehr wahrscheinlich die Verhandlungen über ein Ende des Krieges mit der Ukraine führen sollen. Auf Nachfrage der Presse wollte sich Peskow am Montag dazu aber nicht äußern. Die Namen sind:   

    • Jurij Uschakow, 77, außenpolitischer Berater des Präsidenten
    • Sergej Naryschkin, 70, Chef des Auslandsgeheimdienstes SWR
    • Kirill Dmitrijew, 49, Chef des staatlichen Investitionsfonds Russian Direct Investment Fund  

    “Diese Auswahl ist ausgewogen. Russland will eine ernsthafte und dadurch ja auch eine ergebnisoffene Verhandlung, es geht hier nicht ums Besiegeln eines Deals, sondern um den Kampf für eigene Positionen”, sagt Alexey Yusupov, Leiter des Russland-Programms der Friedrich-Ebert-Stiftung, im Gespräch mit Table.Briefings. Was er und andere Russlandexperten wie etwa Tatiana Stanovaya vom Carnegie Russia Eurasia Center über die Verhandler sagen:  

    Jurij Uschakow: das diplomatische Schwergewicht. Er hat seit 1970 die Interessen der Sowjetunion vertreten, zuerst in Dänemark, war anschließend in Moskau im Außenministerium für skandinavische Länder zuständig. Das Ende der Sowjetunion hat er als Diplomat in Dänemark erlebt. Später hat er Russlands Interessen in der OSZE repräsentiert und war von 1998 bis 2008 russischer Botschafter in den USA. Uschakow gilt als ein erfahrener, kompetenter und harter Verhandler. Er dient als persönlicher Berater Putins für internationale Beziehungen seit 2012 und war in internationale Gespräche über den Krieg in der Ukraine seit 2014 involviert. Neben Außenminister Lawrow dürfte Uschakow der erfahrenste Diplomat auf der russischen Seite sein. Es wird also darauf ankommen, wen die US-Amerikaner – und perspektivisch die Ukraine sowie die EU – ihm entgegensetzen können.

    Sergej Naryschkin: alter Weggefährte Putins. Im Februar 2022 war Naryschkin der Öffentlichkeit dadurch aufgefallen, dass er bei einem von Putin medial inszenierten Kriegsbekenntnis verunsichert gewirkt und gestottert hatte. Aber Naryschkin ist immer noch auf seinem Platz als Leiter des Auslandsgeheimdienstes und soll nun sogar an den wichtigen Gesprächen beteiligt werden. Neben der geheimdienstlichen Vergangenheit verbinden Putin und Naryschkin die Geburtsstadt Leningrad und die Arbeit in der dortigen Stadtverwaltung in den 90er Jahren. Naryschkin liegt ganz auf der Linie Putins, auch mit der Unterstellung, dass in der Ukraine ein faschistisches Regime herrscht. Auch hatte er im November 2014 europäischen Staaten geraten, die USA aus der Nato auszuschließen. Die Idee, die Nato zu verlassen, hat ausgerechnet US-Präsident Donald Trump wiederholt geäußert. Mit dem Chef des Auslandsgeheimdienstes würde Putin einen Mann in die Verhandlungen schicken, der gut informiert und zutiefst loyal ist.

    Kririll Dmitrijew: der Mann mit den besten Kontakten. Trumps Sonderbeauftragter für Nahost, Steve Witkoff, hat Dmitrijews Namen bereits genannt, als er über den “gentleman named Kirill” vor wenigen Tagen sprach. Wittkoff hatte mit Dmitrijew die Freilassung des US-Amerikaners Marc Fogel organisiert. Der vergleichsweise junge Putin-Vertraute dürfte der Mann sein, der seit vielen Jahren im Hintergrund Kontakte in das Trump-Lager pflegt. Geboren im damals noch sowjetischen Kyjiw, lebte er schon seit 1989 in den USA. Er machte Abschlüsse in Stanford und Harvard, arbeitete für Goldman Sachs und McKinsey, verantwortete laut Meduza einen milliardenschweren Investitionsfonds in der Ukraine, dessen Kapital überwiegend dem ukrainischen Oligarchen Victor Pinchuk gehörte. Dmitrijew hat zu Putin private Verbindungen und wegen seiner Karriere in der Finanzwelt gute Kontakte auch in den Nahen Osten. Der Netzwerker dürfte eine wesentliche Rolle für die Kommunikation zwischen Moskau, Washington, Riad und möglicherweise auch Kyjiw haben.   

    Und auf der US-Seite? Mit US-Außenminister Marco Rubio hat die Ukraine keinen wirklichen Vertreter ihrer Interessen. Er gibt sich skeptisch, was die Chancen der Ukraine angeht, sich dauerhaft gegen Russland zu behaupten. Im vergangenen Jahr stimmte der damalige Senator im US-Kongress gegen das Hilfspaket der USA für Kyjiw im Umfang von sechs Milliarden US-Dollar.

    Mike Waltz, der nationale Sicherheitsberater, begleitet den US-Außenminister zu den Gesprächen nach Saudi-Arabien. Er gilt als Hardliner. Der Dritte im Bunde ist der erwähnte Steve Witkoff, ein milliardenschwerer Immobilienunternehmer aus New York. Der offizielle Ukraine-Beauftragte Trumps, der pensionierte General Keith Kellogg, ist nicht in Riad dabei.

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    • OSZE
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    Termine

    19.02.2025, 13:00 – 15:00 Uhr
    Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Diskussion Warum Wirtschaft und Wissenschaft eine mutige Biodiversitätspolitik erwarten
    Die Veranstaltung thematisiert die Bedeutung des Biodiversitätsschutzes für nachhaltigen Wohlstand, gesunde Menschen und die Wirtschaft, und diskutiert die Frage, wie eine mutige Biodiversitätspolitik in der nächsten Legislaturperiode erfolgreich umgesetzt werden kann. INFOS & ANMELDUNG

    19.02.2025, 14:00 – 15:30 Uhr, online
    Florence School of Regulation, Webinar Methane Emissions from the Biogas and Biomethane supply chains
    This debate will discuss the findings of the JRC Report on methane emissions coming from the biogas and biomethane supply chains. The panel debate will expand to the wider role that biogas and biomethane will have in the upcoming decade and assess their contribution to reaching the EU decarbonisation targets.  INFOS & REGISTRATION

    19.02.2025, Brussels
    ESOMAR, Conference ESOMAR Citizen Insight Summit
    The ESOMAR Citizen Insights Summit is a premier gathering designed to explore the intersection of insights, public policy, and democracy. This event brings together experts, policymakers, industry leaders, and civil society to discuss the critical role of data-driven insights in shaping a more engaged and informed society. INFOS & REGISTRATION

    20.02.2025, 17:30 – 18:30 Uhr, online
    DGAP, Webinar Große Pläne, klamme Kassen: Europa in der Ära Trump
    Jan Techau, Director Europe bei der Eurasia Group, diskutiert mit weiteren Teilnehmern, wie ein erfolgreicher Politikwechsel nach dem Bruch der Ampelkoalition aussehen kann. Angesichts der gescheiterten Regierung an der Finanzierungsfrage sowie großer innen- und außenpolitischer Herausforderungen wie Ukraine, Nahost und China. INFOS & ANMELDUNG

    19.02.2025, 18:00 – 20:00 Uhr, Frankfurt
    DGAP, Discussion Living Diplomacy: Voices from the field
    Living Diplomacy: “Voices from the field” explores the realities of diplomacy through insights from experts like Adrian Pollmann, Anne-Marie Flynn, and Thomas Kleine-Brockhoff, discussing the evolving role of diplomats, the importance of international relations, and the impact of shared global norms. INFOS & REGISTRATION

    20.02.2025, 20:00 Uhr
    Digital Europe, Discussion Masters of Digital 2025
    This event will bring together Europe’s leading digital minds, innovators, and policymakers to discuss the role of digital competitiveness. Not only in terms of economic gain, but also in its growing importance for security and resilience INFOS & REGISTRATION

    20.02.2025, 09:00 – 16:00 Uhr, Wildau (Brandenburg)
    TH Wildau, Workshop Der EU AI Act – Was kommt auf KMUs zu?
    Bei diesem Event werden die Auswirkungen der am 1. August 2024 in Kraft getretenen EU KI-Verordnung auf KMUs thematisiert und aufgezeigt, wie Verantwortliche ihre Mitarbeitenden dafür sensibilisieren können. INFOS & ANMELDUNG

    News

    Start-up- und Scale-up-Strategie: Kommission startet Konsultation

    Die Kommission sammelt Input für die Start-up- und Scale-up-Strategie, die sie im zweiten Quartal dieses Jahres vorlegen will. Dazu hat sie eine Online-Konsultation auf dem “Have your say”-Portal gestartet, die bis zum 17. März läuft. Jeder kann sich daran beteiligen. Um die Meinungen der Interessengruppen einzuholen, veranstaltet die Kommission auch das Europäische Start-up- und Scale-up-Forum. Es fand am 17. Februar zum ersten Mal statt.

    Die Strategie zielt darauf ab, ein innovationsfreundliches Umfeld zu schaffen. Dies soll europäischen innovativen Start-ups erleichtern, im Binnenmarkt zu wachsen und zu expandieren. Die Hauptziele der Strategie sind:

    • die Innovationskluft zwischen der EU und ihren globalen Wettbewerbern schließen
    • die Wettbewerbsfähigkeit steigern.

    Mit der Strategie will die Behörde die Schwierigkeiten angehen, mit denen europäische Start-ups und Scale-ups beim Zugang zu Kapital, Märkten, Dienstleistungen, Infrastruktur sowie Talenten konfrontiert sind. Die geplante Strategie stellt die Kommission in engem Zusammenhang mit dem Wettbewerbsfähigkeitskompass, vor allem der Savings and Investments Union, der Single Market Strategy oder der Union of Skills. vis

    • EU-Kommission
    • Innovationspolitik
    • Start-ups
    • Wettbewerbsfähigkeit
    • Wettbewerbspolitik

    Autodialog: Datenzugang und SEPs Thema bei Virkkunen-Arbeitssitzung

    Hersteller und Zulieferer haben an Kommissionsvize Henna Virkkunen bei der dritten Arbeitssitzung im Rahmen des Autodialogs zum Thema Digitales appelliert, den Gesetzesvorschlag zu Standardessentiellen Patenten (SEPs) wieder zu aktivieren. Dafür sprachen sich Vertreter der Branchenverbände ACEA und CLEPA sowie vom Zulieferer Continental aus. SEPs sind Patente, die Teil eines Standards sind, etwa dem Mobilfunkstandard 5G, der beim vernetzten Autofahren eine Rolle spielt.

    Die Kommission hatte überraschend mit ihrem Arbeitsprogramm angekündigt, den Gesetzgebungsvorschlag auf Eis zu legen. Virkkunen ließ dem Vernehmen nach nicht erkennen, ob ihre Behörde neue Pläne vorlegen oder einen anderen Ansatz wählen will.

    Außerdem diskutierten die Teilnehmer der Runde, an der auch Forschungskommissarin Ekaterina Zaharieva teilnahm, den Zugang zu Daten aus dem Fahrbetrieb. Bei diesem Thema sind sich allerdings Hersteller wie BMW und Mercedes sowie Zulieferer wie Bosch nicht einig. CLEPA-Generalsekretär Benjamin Krieger machte sich für den Abbau von Hemmnissen zwischen den Mitgliedstaaten beim autonomen Fahren stark: “Die USA und andere Länder investieren massiv in Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz und Cloud Computing und sind in Sachen digitale Marktplätze führend.” Europa müsse mit einem mutigen Ansatz reagieren, um einen florierenden Markt für digitale Mobilitätsdienste zu gewährleisten und ausreichende Investitionen zu sichern, damit die nächste Generation von vernetzten und automatisierten Fahrzeugen hier entwickelt werde.

    Wölken fordert Einblick in Dokumente

    Der Europaabgeordnete Tiemo Wölken (SPD) kritisierte, dass die Kommission den SEP-Vorschlag auf Eis legen will. Er fordert in diesem Zusammenhang, dass die Kommission Informationen zum Treffen zwischen Kommissionschefin Ursula von der Leyen und US-Vizepräsident J.D. Vance am 11. Februar am Rande des AI-Summits in Paris herausgibt. Es gebe Gerüchte, sagte Wölken, dass von der Leyen im Arbeitsprogramm der Kommission die KI Haftungsrichtlinie und die SEP-Verordnung “auf Bitten des US-Vizepräsidenten” abgeräumt habe. “Die SEP-Verordnung ist dem US-Unternehmen Qualcomm schon lange ein Dorn im Auge, denn dort verdient man mit dem Status Quo jedes Jahr Milliarden an Lizenzgebühren.” Er hoffe, dass die Kommissionspräsidentin “mit diesen Gerüchten aufräumt und den Rückzug der Vorschläge rückgängig macht”, erklärte Wölken. mgr

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    Presseschau

    Verteidigung: Ursula von der Leyen öffnet die Schulden-Schleusen in der EU SÜDDEUTSCHE
    Sicherheitspolitik: Höhere Verteidigungsausgaben der EU-Staaten auf Kredit: Deutschland fordert Grenzen DEUTSCHLANDFUNK
    Scholz bremst, aber Frankreich macht Druck: Friedenstruppen könnten schon bald in der Ukraine stehen TAGESSPIEGEL
    Erstes Ministertreffen USA-Russland am Dienstag – ohne Ukraine und EU DER STANDARD
    EU-Kommission besucht Ukraine zu drittem Jahrestag des Kriegs STERN
    EU-Haushalt: EU will Agrarhaushalt 2028 streichen – Weniger Geld für Landwirte? AGRAR HEUTE
    Bürokratieabbau: EU-Kommission visiert Abschwächung von Mikroplastik-Vorschriften an EURACTIV
    Eurostat: Zahl der Asylanträge in der EU rückläufig DEUTSCHLANDFUNK
    Der nächste Streit zwischen der EU und Trump bahnt sich an: Facebook droht Europa FR
    Digital Services Act: X legt EU-Kommission neue Beweise zu geändertem Algorithmus vor ZEIT
    Regierungskrise in Österreich: ÖVP und SPÖ reden wieder über eine Koalition SPIEGEL
    Terroranschlag in Österreich: Der Täter radikalisierte sich auf Tiktok und hatte IS-Bezug NZZ
    Serbiens Präsident Vučić schließt Neuwahlen aus DER STANDARD
    Stimmungsbericht aus Nuuk: “Es ist Zeit für eine Revolution” – Wie Grönlands Bevölkerung auf die Trump-Attacken reagiert RND
    Drei Tage eher als 2024: Luxemburg erreicht als erstes europäisches Land den Overshoot Day LUXEMBURGER WORT
    Irlands Wohnungskrise: Der Frust ist groß – die Wut wächst DEUTSCHLANDFUNK KULTUR
    Britische Unterstützung für Kiew: Starmer erwägt Ukraine-Friedenstruppe ZDF
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    Polen: Rechte Rhetorik bei Präsidentschaftswahlkampf als notwendige Strategie? SÜDDEUTSCHE

    Standpunkt

    Mercosur: So strategisch wichtig ist das Abkommen

    Von Clara Brandi
    Clara Brandi ist Wissenschaftlerin am German Institute of Development and Sustainability (IDOS).
    Clara Brandi ist Wissenschaftlerin am German Institute of Development and Sustainability (IDOS).

    Nach jahrzehntelangem Ringen haben die Verhandlungspartner der EU und der Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) im Dezember 2024 eine politische Einigung über eine Freihandels-Partnerschaft erzielt. Sowohl das EU-Parlament als auch die EU-Mitgliedstaaten müssen dem Abkommen zustimmen – doch es ist weiterhin umstritten. Kritiker*innen führen Risiken für Landwirtschaft und Umwelt an.

    So kontrovers das geplante Freihandelsabkommen ist – es bietet sowohl wirtschaftliche als auch geopolitische Vorteile, etwa im Bereich Nachhaltigkeit und strategischer Rohstoffsicherung. Außerdem stärkt es regelbasierten Handel in Zeiten, in denen immer mehr das Recht des Stärkeren um sich greift. Die EU sollte das Abkommen daher unterstützen, um ihre strategischen Interessen mit Blick auf “economic security” zu wahren und eine gute Basis für die zukünftige Kooperation mit Mercosur zu schaffen.

    Schutz vor CBAM für Mercosur-Staaten

    Denn erstens bietet das Abkommen substanzielle wirtschaftliche Vorteile. Durch den Wegfall von Handelsbarrieren würden europäische Industrien sowie die wirtschaftliche Entwicklung in Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay profitieren. Deutschland würde stark von der Abschaffung der Zölle auf Industrieprodukte im Allgemeinen und auf Automobilprodukte im Speziellen profitieren. Für die Mercosur-Staaten eröffnet das Abkommen die Aussicht auf einen gewissen Schutz vor europäischen Regulierungen (z.B. dem CO₂-Grenzausgleichsmechanismus), indem es ein Rebalancing-Instrument vorsieht. Gleichzeitig stellt es sicher, dass EU-Standards im Handel nicht unterlaufen werden.

    Ein zweiter essenzieller Vorteil ist, dass das Abkommen die strategischen EU-Interessen im Bereich economic security stärkt. Es verbessert den Zugang zu kritischen Rohstoffen für die Energiewende, wie etwa Lithium, Nickel und Kupfer. Diese Handelspartnerschaft trägt so zur Sicherung der europäischen Rohstoffversorgung bei und verringert die Abhängigkeit von China.

    Garantien für Klimaschutz

    Drittens beinhaltet Mercosur starke Nachhaltigkeitsstandards und verankert das Pariser Klimaschutzabkommen als “essential element”. Dies gibt der EU die Möglichkeit, das Handelsabkommen teilweise oder vollständig auszusetzen, falls die Mercosur-Staaten wesentlichen Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen nicht nachkommen.

    Außerdem verstärkt das Abkommen Anreize für den Ausbau grüner Industrien, zum Beispiel durch eine schnellere Senkung der hohen Mercosur-Zölle auf Automobile für Elektro- und Hybridfahrzeuge. Nicht zu vergessen ist: Ohne das Abkommen könnten die Mercosur-Staaten ihre Handelsbeziehungen weiter mit China oder anderen Wirtschaftsmächten vertiefen, die weniger Umwelt- und Sozialstandards einfordern als die EU.

    Natürlich gibt es Herausforderungen. Die Kontrolle über Entwaldung bleibt ein sensibles Thema. Es ist beispielsweise keine Sanktionierung von Umweltverstößen vorgesehen (keine “Sanktionsbewehrung”). Hier könnte die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) Abhilfe bieten, die den Import von Produkten wie Soja, Kaffee oder Holz verbietet, die auf entwaldeten Flächen produziert wurden. Darüber hinaus bietet das Abkommen eine Basis, um auch in Zukunft bei Nachhaltigkeitsfragen in den Mercosur-Staaten aktiv Einfluss zu nehmen – eine Option, die ohne Abkommen so nicht existiert.

    Trotz Sorgen der Bauern mehr Vor- als Nachteile

    Auch europäische Landwirte haben Bedenken, insbesondere hinsichtlich Wettbewerbsnachteilen durch geringe Umweltstandards in den Mercosur-Staaten. Doch niedrige Importquoten, schrittweise Anpassungen, Schutzklauseln und geplante Kompensationen sollen mögliche Herausforderungen für Bauern in den europäischen Staaten abmildern.

    Zusammengefasst: Das EU-Mercosur-Abkommen stärkt Europas wirtschaftliche Sicherheit, indem es kritische Rohstoffquellen sichert, Handelsstrukturen diversifiziert und nachhaltige Produktionsweisen fördert – und es reduziert geopolitische Abhängigkeiten. Die Zukunft des Abkommens bleibt aber ungewiss. Deshalb ist es wichtig, sich vor Augen zu führen: Die Vorteile überwiegen die Risiken. Es liegt an der EU, das Abkommen zu nutzen, um wichtige Handelsbeziehungen und politische Partnerschaften für die Zukunft zu gestalten.

    Clara Brandi ist Wissenschaftlerin am German Institute of Development and Sustainability (IDOS) und Professorin für internationale Wirtschaft an der Universität Bonn.

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