obwohl die regierungsinternen Querelen in Ljubljana um die slowenische Kandidatin für die EU-Kommission keineswegs ausgeräumt sind, will Ursula von der Leyen an ihrem Plan festhalten, am Dienstag das neue Personaltableau vorzustellen. Kommissionssprecher Eric Mamer sagte am Freitag in Brüssel, die Kommissionspräsidentin habe weiter die Absicht, am Dienstag den Spitzen des Europaparlaments in Straßburg ihre Kommissarsliste zu präsentieren.
Es könnte allerdings sein, dass von der Leyen zunächst eine unvollständige Liste ihres neuen Teams vorlegt und darin die strittigen Personalien noch ausklammert. Dazu gehört neben der slowenischen Nominierten Marta Kos, die weiter von der Opposition in Ljubljana blockiert wird, auch Italiens Kandidat Raffaele Fitto. Sozialdemokraten, Liberale und Grüne im Europaparlament wollen verhindern, dass der Fratelli-Mann einen Vizepräsidenten-Posten erhält.
Was für eine Liste, von der Leyen vorstellt, ließ Kommissionssprecher Mamer noch offen und sagte bedeutungsschwanger, bis Dienstag sei noch “eine lange Zeit”. Bis Sonntagabend ergab sich jedoch noch kein neuer Stand. Es ist also gut möglich, dass von der Leyens Liste am Dienstag noch nicht die finalen Zuschnitte der Kommissars-Portfolios enthält.
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Europäische Automobilhersteller wollen die EU-Kommission auffordern, die Vorgaben der CO₂-Flottenregulierung für Pkw für das Jahr 2025 entweder um zwei Jahre zu verschieben oder gravierend anzupassen. Im EU-Dachverband ACEA will Renault-CEO Luca de Meo, derzeit ACEA-Präsident, sich am Mittwoch im Präsidium den Vorstoß bei der Kommission absegnen lassen. Die Kommission soll aufgefordert werden, per Artikel 122 der Europäischen Verträge, die 2025er-Ziele um zwei Jahre zu verschieben. Artikel 122 gilt als Notstandsparagraf der EU-Verfassung. Im ACEA-Präsidium sind die CEOs der Hersteller vertreten.
Bei einer Änderung über Artikel 122 könnte der Rat auf Initiative der Kommission und ohne Beteiligung des Parlaments “die der Wirtschaftslage angemessenen Maßnahmen beschließen, insbesondere falls gravierende Schwierigkeiten in der Versorgung mit bestimmten Waren, vor allem im Energiebereich, auftreten”, wie es in Absatz 1 heißt. Der Paragraf ist wiederholt angewandt worden, etwa im Zuge der Pandemie und der Energiekrise. Eine Anwaltskanzlei habe den Weg über Artikel 122 geprüft und für aussichtsreich befunden, heißt es aus ACEA-Kreisen. Am Mittwoch hatte de Meo den anderen CEOs den Vorschlag bereits vorgestellt und dabei breite Unterstützung bekommen.
2025 werden die CO₂-Flottengrenzwerte, die die Hersteller bezogen auf ihre Neuwagen-Flotte einhalten müssen, um 15 Prozent gesenkt. Falls die Hersteller ihre spezifischen Ziele verfehlen, werden Strafzahlungen fällig. Da der Absatz an batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) aller europäischen Hersteller nicht den Anforderungen des Gesetzgebers entspricht, müssen sie internen Schätzungen zufolge für 2025 mit Strafzahlungen von rund 15 Milliarden Euro rechnen.
Beim Verfehlen der Grenzwerte muss der betreffende Hersteller 95 Euro Strafe zahlen – und zwar je Neufahrzeug und für jedes Gramm, um das seine Flotte im Durchschnitt über den gesetzten Zielen lag. Die Milliardenzahlungen der Branche würden in den allgemeinen EU-Haushalt fließen.
2025 sinkt der Flottengrenzwert für neue Pkw von durchschnittlich 95 Gramm CO₂ je gefahrenen Kilometer auf 93,6 Gramm. Jeder Hersteller bekommt spezifische CO₂-Flottenziele, abhängig vom durchschnittlichen Gewicht seiner Fahrzeug-Palette. Bislang ist es den großen Herstellern stets gelungen, ihre Ziele einzuhalten. 2025 wird dies absehbar nicht gelingen. Allenfalls BMW und Stellantis werden Chancen eingeräumt, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. VW, Mercedes, Renault und Ford rechnen mit milliardenschweren Bußgeldern. Die herstellerspezifischen Ziele für 2025 stehen im Detail noch nicht fest.
Der VW-Konzern, zu dem auch Porsche, Skoda, Cupra und Audi gehören, rechnet mit einem spezifischen Ziel unter 100 Gramm je gefahrenem Kilometer. 2023 und 2024 beträgt das VW-Ziel 122 Gramm. Es wurde 2023 mit 118,4 Gramm um 3,6 Gramm unterschritten. VW lieferte 2023 in der EU 472.400 BEV aus, dies entspricht einem Anteil von 12,5 Prozent. Im ersten Halbjahr 2024 lieferte VW in der EU 184.100 BEV aus, dies entspricht einem BEV-Anteil von 9,5 Prozent. Externen Schätzungen zufolge müsste VW für 2025 mit Strafzahlungen an die EU in Höhe von über vier Milliarden Euro rechnen. Gegenüber 2023 müsste VW 2025 Schätzungen zufolge den BEV-Absatz in Europa um 300.000 Fahrzeuge erhöhen oder den BEV-Anteil auf 24 Prozent steigern, um Strafzahlungen zu entgehen.
Mercedes hatte 2023 ein spezifisches Flottenziel von 128 Gramm je gefahrenem Kilometer. Nach vorläufigen Daten lag die Flotte 2023 im Schnitt bei 108 Gramm, hat also die EU-Ziele um 20 Gramm unterschritten. In der EU hat Mercedes 2023 rund 110.000 BEV ausgeliefert. Im ersten Halbjahr 2024 ist der BEV-Absatz leicht zurückgegangen auf 52.000 Fahrzeuge.
BMW hatte 2023 ein spezifisches Flottenziel von 128,5 Gramm je gefahrenem Kilometer. Nach BMW-interner Berechnung kam der Hersteller 2023 auf einen Wert von 102,1 Gramm und unterschritt damit die Vorgaben der EU um durchschnittlich 26,4 Gramm. Zahlen zum BEV-Absatz in der EU weist BMW nicht aus. Wie zu hören ist, trägt BMW-Chef Oliver Zipse den Vorstoß der Branche für eine Änderung der 2025er-Ziele mit, obwohl BMW womöglich keine Strafzahlungen drohen.
Sollte die EU an den Flottengrenzwerten für 2025 festhalten, würden die europäischen Hersteller wohl mit weiteren außerordentlichen Rabatten versuchen, den BEV-Absatz zu steigern, um den Flottenverbrauch zu senken und Strafzahlungen zu vermeiden. Sie stünden vor der betriebswirtschaftlichen Alternative, milliardenschwere Nachlässe zu geben (mit drastischen Folgen für die Restwerte von jungen Gebrauchtwagen) oder empfindliche Bußen an die EU zahlen zu müssen. In beiden Fällen würden die Gewinne der Hersteller einbrechen und die finanziellen Möglichkeiten, in die Transformation der Branche zu investieren, eingeschränkt werden.
VDA-Präsidentin Hildegard Müller macht einen anderen Vorschlag, um die 2025er-Ziele anzupassen. Die im Gesetz für 2026 vorgesehene Überprüfung der CO₂-Flottengesetzgebung solle auf 2025 vorgezogen werden. Dabei, so das Kalkül, werde festgestellt werden müssen, dass wegen der BEV-Absatzschwäche die 2025er-Ziele nicht haltbar seien und überarbeitet werden müssten. In diesem Zuge könnten die Strafzahlungen für 2025 angepasst oder ausgesetzt werden.
Die Änderung der CO₂-Flottengesetzgebung würde im Zuge eines regulären Gesetzgebungsverfahrens, also mit Beteiligung des EU-Parlaments, ablaufen. Das Verfahren könnte ein bis zwei Jahre dauern und bedürfte der Zustimmung im Parlament. Müller fordert auch, die Überprüfung der CO₂-Flottenregulierung für schwere Nutzfahrzeuge von 2027 auf 2026 vorzuziehen.
Transport and Environment, die Dachorganisation der EU-Umweltverbände, fordert indessen das Europäische Parlament auf, die Abschwächung der 2025er-Ziele zu verhindern. Die Forderungen der Branche seien “absurd”, teilte der Verband mit.
Martin Theuringer, wie bewerten Sie die wirtschaftliche Lage der europäischen Stahlindustrie?
Die wirtschaftliche Lage ist sowohl in Deutschland als auch in Europa sehr ernst. Für die Stahlindustrie in Deutschland gilt dies in besonderem Maße. In Teilen geht es sogar um die Existenz.
Wie unterscheidet sich die Situation zwischen Deutschland und Resteuropa?
Um Ihnen eine Zahl zu geben: Die Stahlnachfrage in Deutschland liegt gegenwärtig 30 Prozent unter dem Level, das wir 2018 hatten. In Europa sind wir etwa bei einem Niveau von minus 20 Prozent. Es wird weniger produziert in Deutschland, weniger investiert und es wird weniger gebaut.
Woran liegt das?
Es sind drei Punkte, die besonders belasten. Erstens: Die Strompreise in Deutschland sind nicht nur zu hoch gegenüber den Wettbewerbern in den USA und China, sondern auch im europäischen Vergleich. Zweitens: Die stahlverarbeitenden Branchen, also unsere Abnehmer in Deutschland, stehen unter einem besonderen Anpassungsdruck infolge des russischen Angriffskriegs und einer veränderten geopolitischen Lage. Drittens haben wir eine hohe politische Unsicherheit in Deutschland. Die ganze Frage der Finanzierung der Transformation ist ja noch nicht geklärt. Und ohne Planungssicherheit werden Investitionen zurückgehalten oder ins Ausland verlagert.
Welchen Anteil hat der Außenhandel an der aktuellen Situation?
Wir merken den deutlich gestiegenen Importdruck als Folge der enormen globalen Überkapazitäten, die nun auf den EU-Markt drängen und auch auf Drittmärkten EU-Anbieter verdrängen. Das wirkt im Moment ganz akut krisenverschärfend. Und es ist in den letzten Wochen noch mal deutlich dramatischer geworden durch die Nachfrageschwäche in China, die zu einem enormen Anstieg der chinesischen Exporte führt, sowohl auf dem europäischen Markt als auch auf Drittmärkten. Chinesische Importe erreichen dieses Jahr wieder ein Niveau von über 100 Millionen Tonnen. Das haben wir zuletzt 2016 gesehen.
Was erwarten Sie von der Europäischen Kommission?
Der Fokus muss darauf gerichtet sein, den europäischen Markt vor unfairer Konkurrenz zu schützen. Akut ist, dass man die bestehenden Möglichkeiten ausschöpft und das dafür vorgesehene Instrumentarium nutzt. Das ist das Antidumping-Recht, aber auch die Möglichkeit, mit breit angelegten Antisubventionsverfahren gegen den chinesischen Importdruck vorzugehen.
Macht die Kommission das denn nicht schon?
Das Problem in der bestehenden Praxis ist immer, dass die Antidumping-Verfahren sehr punktuell wirken. Sie richten sich gegen ein spezifisches Produkt und gegen sehr spezifische Anbieter. Das ist häufig nicht wirksam, weil es dann zahlreiche Umgehungsmöglichkeiten gibt. Deswegen fordern wir, dass es wirklich ein breit angelegtes Verfahren gibt, weil wir wissen, dass die gesamte chinesische Stahlindustrie in hohem Maße subventioniert ist.
Sollte die Einführung des CO₂-Grenzausgleichs (CBAM) 2026 da nicht helfen?
Natürlich brauchen wir einen funktionierenden Grenzausgleich, wenn die kostenlose Zuteilung allmählich ausläuft und das Carbon-Leakage-Risiko deutlich anwächst. Da gibt es noch unheimlich viel zu tun, denn es bestehen noch schwerwiegende Funktionsprobleme.
Zum Beispiel?
Der Grenzausgleich schafft in der Theorie Chancengleichheit auf dem europäischen Markt. Aber wir exportieren natürlich auch in Drittländer und das ist dann nicht mehr möglich, weil wir auch für unsere Exporte hohe CO₂-Kosten tragen, die unsere Wettbewerber nicht haben. Ein zweites großes Problem ist, dass die europäische Industrie mit ihrer gesamten Produktion belastet wird, Hersteller außerhalb der EU aber nur mit dem Teil, der nach Europa exportiert wird. Es wird leicht möglich sein für chinesische Hersteller, gezielt Produktion “grün” zu machen und diese Produktion dann nach Europa zu bringen, während der Rest der chinesischen Produktion “grau” bleibt. Drittens haben wir ein Problem für die nachgelagerten, ebenfalls stahlintensiven Bereiche. Denken Sie zum Beispiel an Schrauben oder an Metallhersteller. Die werden infolge steigender CO₂-Preise einen Kostenschock erhalten und müssen dann im internationalen Wettbewerb mit Anbietern konkurrieren, die diese Belastung nicht haben.
Während die europäische Stahlindustrie leidet, wird weiterhin viel russischer Stahl importiert. Russland ist unter den Top 5 der Herkunftsländer der europäischen Rohstahlimporte – ein Importverbot ist erst für 2028 geplant. Verschärft das die Probleme für Ihre Industrie?
Das ist etwas, was uns sehr besorgt. Wir haben es erstmal sehr begrüßt, dass die EU nach Beginn der russischen Invasion schnell reagiert und zeitnah Sanktionen gegen russische Stahlfertigerzeugnisse verhängt hat. Aber ein ganz erheblicher Teil der russischen Stahlimporte in die Europäische Union sind Zwischenprodukte der Stahlerzeugung. Die werden dann hier in Europa weiter ausgewalzt. Und das ist ein großes Problem, weil natürlich auch innerhalb von Europa unterausgelastete Kapazitäten vorliegen. Da kommt es also auch zu Verdrängungseffekten. Wir verstehen es auch politisch nicht, weil wir mit diesen Ausnahmen natürlich auch die russische Kriegswirtschaft unterstützen. Unsere Forderung ist, dass diese schädlichen Regelungen im nächsten Sanktionspaket korrigiert werden und dass wir dann Importverbote für alle russischen Stahlerzeugnisse sehen.
Im vergangenen Jahr scheiterten die Verhandlungen für ein nachhaltiges Arrangement über die Stahlzölle mit den USA. Wie geht es da weiter?
Eine Einigung zwischen der EU und den USA wäre sehr wünschenswert gewesen, um gegen Überkapazitäten am besten gemeinsam vorzugehen. Die Frist für die Einigung wurde jetzt erstmal auf den März 2025 verlängert. Je nach Ausgang der Wahl – vor allem, wenn Präsident Trump gewinnt – ist damit zu rechnen, dass die USA erneut unilateral vorgehen. Das wäre wiederum mit enormen Gefahren verbunden, weil dann die Strafzölle gemäß Section 232 gegen die EU reaktiviert werden würden.
Hätte die EU den USA mehr entgegenkommen sollen? Die Amerikaner wollten ja viel stärker gegen chinesische Überproduktion vorgehen.
Wir hätten uns gewünscht, dass die Kommission Wege findet, mit den USA ein entschlossenes Signal zu setzen, gemeinsam gegen emissionsintensive Überproduktion vorzugehen, die vor allem aus Asien kommt.
Damit die geplante 50-Milliarde-Dollar-Unterstützung von G7-Ländern und der EU für die Ukraine ausbezahlt werden kann, braucht das Weiße Haus Garantien, dass die russischen Zentralbankgelder eingefroren bleiben. Denn die Erträge der Zentralbankgelder werden als Sicherheit gebraucht, um den milliardenschweren Kredit zugunsten der Ukraine aufzunehmen. Aktuell müssen die Sanktionen alle sechs Monate erneuert werden, was potenziellen Veto-Playern wie Ungarn immer wieder die Möglichkeit gibt, die Sanktionen zu blockieren.
Am vergangenen Freitag präsentierte von der Leyens Kabinettschef Björn Seibert den EU-Botschaftern laut mehreren Quellen drei Optionen, um das Sanktionsregime für die eingefrorenen russischen Zentralbankgelder zu stabilisieren:
Wie mehrere Quellen in Brüssel bestätigen, scheinen alle drei Varianten für die USA akzeptabel. In einem nächsten Schritt wird die Kommission eine Gesetzesänderung im Sinne einer der präsentierten Optionen vorlegen. Bis spätestens Ende des Jahres muss sich die EU auf eine Lösung geeinigt haben. jaa
Der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich kritisch zu den am Montag gestarteten ausgeweiteten Grenzkontrollen bei der Einreise nach Deutschland geäußert. “Ich bin kein Freund von Grenzkontrollen, weil sie mit massiven Unannehmlichkeiten für die Pendler verbunden sind”, sagte Juncker der Deutschen Presse-Agentur in Luxemburg.
Stationäre Grenzkontrollen hält er für besonders problematisch. “Wenn es Kontrollen geben muss, dann wären mobile statt stationäre Kontrollen nicht an der Grenze, sondern im Hinterland weniger schwierig für Betroffene”, sagte er mit Blick auf die Grenze zu Luxemburg. Mehr als 50.000 deutsche Grenzgänger arbeiten in dem Nachbarland.
Im Schengen-Raum haben auch andere Länder wieder zeitlich befristete Grenzkontrollen eingeführt. “Ich sehe das mit Sorge”, sagte Juncker. “Im gelebten Europa: Dass man jetzt ohne viel Federlesen die Errungenschaft der europäischen Integration zur Disposition stellt, das macht mich schon besorgt.” Es dürfe nicht sein, “dass man wieder in den Köpfen und in den Herzen der Menschen Grenzen entstehen lässt”.
Die Polizei in Dänemark warnt derweil vor Staus. Aufgrund der stichprobenartigen Kontrollen bei der Einreise nach Deutschland könne es vom Montag an auf dänischer Seite zu Verzögerungen kommen, teilte die Polizei mit.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte zuvor versprochen, Pendler müssten nicht mit größeren Verkehrsstörungen rechnen. Sie sagte zudem, Deutschland mache bei den ausgeweiteten Grenzkontrollen “keinen Alleingang in Europa”. Man handele eng abgestimmt mit den Nachbarländern.
In Regierungskreisen heißt es, Bundeskanzler Olaf Scholz habe am Samstag mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie mit den Regierungschefs von Österreich und Luxemburg, Karl Nehammer und Luc Frieden, telefoniert. Weitere Gespräche mit EU-Regierungen seien geplant. Am Freitag hatte Scholz mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk gesprochen, der Kritik an den Plänen der Bundesregierung geäußert hatte.
Scholz begründete die Grenzkontrollen auch damit, dass andere EU-Staaten ihre Verpflichtungen im Rahmen einer gemeinsamen Migrationspolitik nicht erfüllen. “Wir können uns ja leider nicht ganz darauf verlassen, dass alle unsere Nachbarn das so machen, wie sie es machen sollen.” Das gehört zur Wahrheit dazu, sagte er am Samstag bei einem Bürgerdialog in Prenzlau.
Die Bundespolizei kann Reisende seit Montagnacht bei der Einreise aus Luxemburg, Belgien, den Niederlanden und Dänemark kontrollieren. Bisher macht sie das nur an den Grenzen zu Polen, Tschechien, Österreich, der Schweiz und Frankreich. dpa/rtr
Die Europäische Kommission sieht ein wachsendes Interesse am AI Pact. Der Pakt ist freiwillig und gibt Organisationen die Möglichkeit, die Anforderungen des AI Act frühzeitig umzusetzen. Fast 100 Unternehmen, darunter multinationale Konzerne, aber auch europäische KMUs aus verschiedenen Sektoren, haben die Verpflichtungserklärungen bereits unterzeichnet, heißt es aus der Kommission. Namen nannte die Behörde nicht. Der Pakt soll Unternehmen die Einhaltung der neuen Vorschriften erleichtern.
Der AI Pact besteht aus zwei Säulen:
Seit Inkrafttreten des AI Act am 1. August 2024 laufen gestaffelte Übergangsfristen: Die allgemeinen Regeln für KI-Systeme gelten ab einem Jahr nach Inkrafttreten, die Anforderungen für Hochrisikosysteme in drei Jahren. Verbote für bestimmte Anwendungen, wie etwa Social Scoring durch Behörden, gelten jedoch bereits nach einem halben Jahr, also ab dem 2. Februar 2025.
Am 25. September organisiert das AI Office der EU-Kommission eine hochrangige Auftaktveranstaltung, um den Start des AI Pact offiziell zu markieren. Unternehmen können den Pakt jederzeit unterzeichnen, da es sich um einen offenen, fortlaufenden Prozess handelt. Die Kommission sieht großes Potenzial und plant, das Engagement weiter zu fördern, um einen verantwortungsvollen und transparenten Einsatz von KI in Europa zu sichern.
Auch Säule I des AI Pact gewinnt nach Angaben der Kommission an Zuspruch. Inzwischen sollen mehr als 1000 Organisationen Interesse bekundet haben. vis
Dennis Radtke führt künftig den CDU-Arbeitnehmerflügel und tritt damit die Nachfolge des langjährigen Vorsitzenden Karl-Josef Laumann an. Der 45-jährige Radtke wurde in Weimar auf der Bundestagung der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) mit 83,1 Prozent der gültigen Stimmen zum neuen Vorsitzenden gewählt.
Laumann war nach 19 Jahren an der Spitze nicht mehr zur Wahl angetreten. Er ist nun CDA-Ehrenvorsitzender. Der 67-Jährige bleibt aber als CDU-Vize sowie Arbeits- und Sozialminister in Nordrhein-Westfalen eine wichtige Stimme für die Arbeitnehmerinteressen in seiner Partei.
Radtke gehört dem CDA-Bundesvorstand seit 2007 an. Er war zuletzt stellvertretender Bundesvorsitzender. Er ist Mitglied der Gewerkschaft IG BCE und CDU-Europaabgeordneter mit den Schwerpunkten Industrie, Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.
Radtke erklärte nach seiner Wahl, die CDU müsse mit “einem Angebot für die Millionen Beschäftigten in den Bundestagswahlkampf gehen”. Zusammen mit Laumann als CDU-Vize wolle er erreichen, “dass soziale Themen wieder prägnanter in der CDU besetzt werden”. Die Ampel-Regierung habe für Arbeitnehmer nichts im Angebot. “Die CDU muss erkennbar sein als Anwalt derjenigen, die sich jeden Tag anstrengen und es trotzdem schwer haben”, mahnte der neue CDA-Vorsitzende.
In seiner Bewerbungsrede sagte Radtke, die Fußstapfen, die Laumann hinterlasse, seien “riesig”. Er gehe das neue Amt mit Demut, Freude und Gottvertrauen an. Die CDA versteht sich als das soziale Gewissen der CDU. Zu den früheren Bundesvorsitzenden gehörte auch der ehemalige Arbeitsminister Norbert Blüm. Der gelernte Maschinenschlosser Laumann stand seit 2005 an der Spitze der CDU-Vereinigung. dpa
Wer zuletzt in der Member’s Bar des Straßburger Europaparlaments oder in den Straßen des Brüsseler Europaviertels verkehrte, konnte dort mit einiger Wahrscheinlichkeit Sven Giegold begegnen. Der frühere Europaabgeordnete der Grünen weilt derzeit häufig an seiner alten Wirkungsstätte. Nicht aus Nostalgie, sondern um als Robert Habecks Europa-Staatssekretär für die deutschen Positionen zu werben (oder zumindest für Habecks).
“Jetzt, zu Beginn der neuen Wahlperiode, werden die Ideen für die nächsten fünf Jahre entwickelt”, sagt er. “Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um in Brüssel und Straßburg zu sein.“
Mitte Juli reiste Giegold nach Straßburg, um den frisch (wieder-)gewählten Europaabgeordneten die eigenen Prioritäten für die neue Legislaturperiode mitzugeben, und um dem Team von Ursula von der Leyen möglichst noch einige Stichpunkte in ihre Antrittsrede für die zweite Amtszeit zu diktieren. Nach der Sommerpause war der 54-Jährige schon zweimal in Brüssel, er traf Kommissionsvize Maroš Šefčovič, neun Generaldirektoren der Kommission, Kabinettsmitglieder und nochmal einige Abgeordnete. Von einer solchen Liste können andere Interessenvertreter nur träumen.
Beim Klinkenputzen mussten Giegold und seine Mitstreiter zahlreiche Einlasskontrollen passieren – und bewerteten sie anschließend spaßeshalber mit Schulnoten. Nicht gut kommt “die Tür” im Berlaymont weg, Hauptsitz der Kommission: “Verlassen des Gebäudes braucht Unterstützung durch drei Sicherheitsbeamte an den unterschiedlichen Stationen”, notierten sie. Dafür gibt es nur ein C+, befriedigend. Die DG COMP nimmt es nach Giegolds Geschmack mal wieder zu genau: “Scanner stoppt einen wegen Metallgürtel, fehlende Verhältnismäßigkeit wie bei Art. 107 AEUV”, notiert er. Das ist der Artikel zur Beihilfenkontrolle. Till Hoppe
obwohl die regierungsinternen Querelen in Ljubljana um die slowenische Kandidatin für die EU-Kommission keineswegs ausgeräumt sind, will Ursula von der Leyen an ihrem Plan festhalten, am Dienstag das neue Personaltableau vorzustellen. Kommissionssprecher Eric Mamer sagte am Freitag in Brüssel, die Kommissionspräsidentin habe weiter die Absicht, am Dienstag den Spitzen des Europaparlaments in Straßburg ihre Kommissarsliste zu präsentieren.
Es könnte allerdings sein, dass von der Leyen zunächst eine unvollständige Liste ihres neuen Teams vorlegt und darin die strittigen Personalien noch ausklammert. Dazu gehört neben der slowenischen Nominierten Marta Kos, die weiter von der Opposition in Ljubljana blockiert wird, auch Italiens Kandidat Raffaele Fitto. Sozialdemokraten, Liberale und Grüne im Europaparlament wollen verhindern, dass der Fratelli-Mann einen Vizepräsidenten-Posten erhält.
Was für eine Liste, von der Leyen vorstellt, ließ Kommissionssprecher Mamer noch offen und sagte bedeutungsschwanger, bis Dienstag sei noch “eine lange Zeit”. Bis Sonntagabend ergab sich jedoch noch kein neuer Stand. Es ist also gut möglich, dass von der Leyens Liste am Dienstag noch nicht die finalen Zuschnitte der Kommissars-Portfolios enthält.
Starten Sie gut in die Woche!
Europäische Automobilhersteller wollen die EU-Kommission auffordern, die Vorgaben der CO₂-Flottenregulierung für Pkw für das Jahr 2025 entweder um zwei Jahre zu verschieben oder gravierend anzupassen. Im EU-Dachverband ACEA will Renault-CEO Luca de Meo, derzeit ACEA-Präsident, sich am Mittwoch im Präsidium den Vorstoß bei der Kommission absegnen lassen. Die Kommission soll aufgefordert werden, per Artikel 122 der Europäischen Verträge, die 2025er-Ziele um zwei Jahre zu verschieben. Artikel 122 gilt als Notstandsparagraf der EU-Verfassung. Im ACEA-Präsidium sind die CEOs der Hersteller vertreten.
Bei einer Änderung über Artikel 122 könnte der Rat auf Initiative der Kommission und ohne Beteiligung des Parlaments “die der Wirtschaftslage angemessenen Maßnahmen beschließen, insbesondere falls gravierende Schwierigkeiten in der Versorgung mit bestimmten Waren, vor allem im Energiebereich, auftreten”, wie es in Absatz 1 heißt. Der Paragraf ist wiederholt angewandt worden, etwa im Zuge der Pandemie und der Energiekrise. Eine Anwaltskanzlei habe den Weg über Artikel 122 geprüft und für aussichtsreich befunden, heißt es aus ACEA-Kreisen. Am Mittwoch hatte de Meo den anderen CEOs den Vorschlag bereits vorgestellt und dabei breite Unterstützung bekommen.
2025 werden die CO₂-Flottengrenzwerte, die die Hersteller bezogen auf ihre Neuwagen-Flotte einhalten müssen, um 15 Prozent gesenkt. Falls die Hersteller ihre spezifischen Ziele verfehlen, werden Strafzahlungen fällig. Da der Absatz an batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) aller europäischen Hersteller nicht den Anforderungen des Gesetzgebers entspricht, müssen sie internen Schätzungen zufolge für 2025 mit Strafzahlungen von rund 15 Milliarden Euro rechnen.
Beim Verfehlen der Grenzwerte muss der betreffende Hersteller 95 Euro Strafe zahlen – und zwar je Neufahrzeug und für jedes Gramm, um das seine Flotte im Durchschnitt über den gesetzten Zielen lag. Die Milliardenzahlungen der Branche würden in den allgemeinen EU-Haushalt fließen.
2025 sinkt der Flottengrenzwert für neue Pkw von durchschnittlich 95 Gramm CO₂ je gefahrenen Kilometer auf 93,6 Gramm. Jeder Hersteller bekommt spezifische CO₂-Flottenziele, abhängig vom durchschnittlichen Gewicht seiner Fahrzeug-Palette. Bislang ist es den großen Herstellern stets gelungen, ihre Ziele einzuhalten. 2025 wird dies absehbar nicht gelingen. Allenfalls BMW und Stellantis werden Chancen eingeräumt, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. VW, Mercedes, Renault und Ford rechnen mit milliardenschweren Bußgeldern. Die herstellerspezifischen Ziele für 2025 stehen im Detail noch nicht fest.
Der VW-Konzern, zu dem auch Porsche, Skoda, Cupra und Audi gehören, rechnet mit einem spezifischen Ziel unter 100 Gramm je gefahrenem Kilometer. 2023 und 2024 beträgt das VW-Ziel 122 Gramm. Es wurde 2023 mit 118,4 Gramm um 3,6 Gramm unterschritten. VW lieferte 2023 in der EU 472.400 BEV aus, dies entspricht einem Anteil von 12,5 Prozent. Im ersten Halbjahr 2024 lieferte VW in der EU 184.100 BEV aus, dies entspricht einem BEV-Anteil von 9,5 Prozent. Externen Schätzungen zufolge müsste VW für 2025 mit Strafzahlungen an die EU in Höhe von über vier Milliarden Euro rechnen. Gegenüber 2023 müsste VW 2025 Schätzungen zufolge den BEV-Absatz in Europa um 300.000 Fahrzeuge erhöhen oder den BEV-Anteil auf 24 Prozent steigern, um Strafzahlungen zu entgehen.
Mercedes hatte 2023 ein spezifisches Flottenziel von 128 Gramm je gefahrenem Kilometer. Nach vorläufigen Daten lag die Flotte 2023 im Schnitt bei 108 Gramm, hat also die EU-Ziele um 20 Gramm unterschritten. In der EU hat Mercedes 2023 rund 110.000 BEV ausgeliefert. Im ersten Halbjahr 2024 ist der BEV-Absatz leicht zurückgegangen auf 52.000 Fahrzeuge.
BMW hatte 2023 ein spezifisches Flottenziel von 128,5 Gramm je gefahrenem Kilometer. Nach BMW-interner Berechnung kam der Hersteller 2023 auf einen Wert von 102,1 Gramm und unterschritt damit die Vorgaben der EU um durchschnittlich 26,4 Gramm. Zahlen zum BEV-Absatz in der EU weist BMW nicht aus. Wie zu hören ist, trägt BMW-Chef Oliver Zipse den Vorstoß der Branche für eine Änderung der 2025er-Ziele mit, obwohl BMW womöglich keine Strafzahlungen drohen.
Sollte die EU an den Flottengrenzwerten für 2025 festhalten, würden die europäischen Hersteller wohl mit weiteren außerordentlichen Rabatten versuchen, den BEV-Absatz zu steigern, um den Flottenverbrauch zu senken und Strafzahlungen zu vermeiden. Sie stünden vor der betriebswirtschaftlichen Alternative, milliardenschwere Nachlässe zu geben (mit drastischen Folgen für die Restwerte von jungen Gebrauchtwagen) oder empfindliche Bußen an die EU zahlen zu müssen. In beiden Fällen würden die Gewinne der Hersteller einbrechen und die finanziellen Möglichkeiten, in die Transformation der Branche zu investieren, eingeschränkt werden.
VDA-Präsidentin Hildegard Müller macht einen anderen Vorschlag, um die 2025er-Ziele anzupassen. Die im Gesetz für 2026 vorgesehene Überprüfung der CO₂-Flottengesetzgebung solle auf 2025 vorgezogen werden. Dabei, so das Kalkül, werde festgestellt werden müssen, dass wegen der BEV-Absatzschwäche die 2025er-Ziele nicht haltbar seien und überarbeitet werden müssten. In diesem Zuge könnten die Strafzahlungen für 2025 angepasst oder ausgesetzt werden.
Die Änderung der CO₂-Flottengesetzgebung würde im Zuge eines regulären Gesetzgebungsverfahrens, also mit Beteiligung des EU-Parlaments, ablaufen. Das Verfahren könnte ein bis zwei Jahre dauern und bedürfte der Zustimmung im Parlament. Müller fordert auch, die Überprüfung der CO₂-Flottenregulierung für schwere Nutzfahrzeuge von 2027 auf 2026 vorzuziehen.
Transport and Environment, die Dachorganisation der EU-Umweltverbände, fordert indessen das Europäische Parlament auf, die Abschwächung der 2025er-Ziele zu verhindern. Die Forderungen der Branche seien “absurd”, teilte der Verband mit.
Martin Theuringer, wie bewerten Sie die wirtschaftliche Lage der europäischen Stahlindustrie?
Die wirtschaftliche Lage ist sowohl in Deutschland als auch in Europa sehr ernst. Für die Stahlindustrie in Deutschland gilt dies in besonderem Maße. In Teilen geht es sogar um die Existenz.
Wie unterscheidet sich die Situation zwischen Deutschland und Resteuropa?
Um Ihnen eine Zahl zu geben: Die Stahlnachfrage in Deutschland liegt gegenwärtig 30 Prozent unter dem Level, das wir 2018 hatten. In Europa sind wir etwa bei einem Niveau von minus 20 Prozent. Es wird weniger produziert in Deutschland, weniger investiert und es wird weniger gebaut.
Woran liegt das?
Es sind drei Punkte, die besonders belasten. Erstens: Die Strompreise in Deutschland sind nicht nur zu hoch gegenüber den Wettbewerbern in den USA und China, sondern auch im europäischen Vergleich. Zweitens: Die stahlverarbeitenden Branchen, also unsere Abnehmer in Deutschland, stehen unter einem besonderen Anpassungsdruck infolge des russischen Angriffskriegs und einer veränderten geopolitischen Lage. Drittens haben wir eine hohe politische Unsicherheit in Deutschland. Die ganze Frage der Finanzierung der Transformation ist ja noch nicht geklärt. Und ohne Planungssicherheit werden Investitionen zurückgehalten oder ins Ausland verlagert.
Welchen Anteil hat der Außenhandel an der aktuellen Situation?
Wir merken den deutlich gestiegenen Importdruck als Folge der enormen globalen Überkapazitäten, die nun auf den EU-Markt drängen und auch auf Drittmärkten EU-Anbieter verdrängen. Das wirkt im Moment ganz akut krisenverschärfend. Und es ist in den letzten Wochen noch mal deutlich dramatischer geworden durch die Nachfrageschwäche in China, die zu einem enormen Anstieg der chinesischen Exporte führt, sowohl auf dem europäischen Markt als auch auf Drittmärkten. Chinesische Importe erreichen dieses Jahr wieder ein Niveau von über 100 Millionen Tonnen. Das haben wir zuletzt 2016 gesehen.
Was erwarten Sie von der Europäischen Kommission?
Der Fokus muss darauf gerichtet sein, den europäischen Markt vor unfairer Konkurrenz zu schützen. Akut ist, dass man die bestehenden Möglichkeiten ausschöpft und das dafür vorgesehene Instrumentarium nutzt. Das ist das Antidumping-Recht, aber auch die Möglichkeit, mit breit angelegten Antisubventionsverfahren gegen den chinesischen Importdruck vorzugehen.
Macht die Kommission das denn nicht schon?
Das Problem in der bestehenden Praxis ist immer, dass die Antidumping-Verfahren sehr punktuell wirken. Sie richten sich gegen ein spezifisches Produkt und gegen sehr spezifische Anbieter. Das ist häufig nicht wirksam, weil es dann zahlreiche Umgehungsmöglichkeiten gibt. Deswegen fordern wir, dass es wirklich ein breit angelegtes Verfahren gibt, weil wir wissen, dass die gesamte chinesische Stahlindustrie in hohem Maße subventioniert ist.
Sollte die Einführung des CO₂-Grenzausgleichs (CBAM) 2026 da nicht helfen?
Natürlich brauchen wir einen funktionierenden Grenzausgleich, wenn die kostenlose Zuteilung allmählich ausläuft und das Carbon-Leakage-Risiko deutlich anwächst. Da gibt es noch unheimlich viel zu tun, denn es bestehen noch schwerwiegende Funktionsprobleme.
Zum Beispiel?
Der Grenzausgleich schafft in der Theorie Chancengleichheit auf dem europäischen Markt. Aber wir exportieren natürlich auch in Drittländer und das ist dann nicht mehr möglich, weil wir auch für unsere Exporte hohe CO₂-Kosten tragen, die unsere Wettbewerber nicht haben. Ein zweites großes Problem ist, dass die europäische Industrie mit ihrer gesamten Produktion belastet wird, Hersteller außerhalb der EU aber nur mit dem Teil, der nach Europa exportiert wird. Es wird leicht möglich sein für chinesische Hersteller, gezielt Produktion “grün” zu machen und diese Produktion dann nach Europa zu bringen, während der Rest der chinesischen Produktion “grau” bleibt. Drittens haben wir ein Problem für die nachgelagerten, ebenfalls stahlintensiven Bereiche. Denken Sie zum Beispiel an Schrauben oder an Metallhersteller. Die werden infolge steigender CO₂-Preise einen Kostenschock erhalten und müssen dann im internationalen Wettbewerb mit Anbietern konkurrieren, die diese Belastung nicht haben.
Während die europäische Stahlindustrie leidet, wird weiterhin viel russischer Stahl importiert. Russland ist unter den Top 5 der Herkunftsländer der europäischen Rohstahlimporte – ein Importverbot ist erst für 2028 geplant. Verschärft das die Probleme für Ihre Industrie?
Das ist etwas, was uns sehr besorgt. Wir haben es erstmal sehr begrüßt, dass die EU nach Beginn der russischen Invasion schnell reagiert und zeitnah Sanktionen gegen russische Stahlfertigerzeugnisse verhängt hat. Aber ein ganz erheblicher Teil der russischen Stahlimporte in die Europäische Union sind Zwischenprodukte der Stahlerzeugung. Die werden dann hier in Europa weiter ausgewalzt. Und das ist ein großes Problem, weil natürlich auch innerhalb von Europa unterausgelastete Kapazitäten vorliegen. Da kommt es also auch zu Verdrängungseffekten. Wir verstehen es auch politisch nicht, weil wir mit diesen Ausnahmen natürlich auch die russische Kriegswirtschaft unterstützen. Unsere Forderung ist, dass diese schädlichen Regelungen im nächsten Sanktionspaket korrigiert werden und dass wir dann Importverbote für alle russischen Stahlerzeugnisse sehen.
Im vergangenen Jahr scheiterten die Verhandlungen für ein nachhaltiges Arrangement über die Stahlzölle mit den USA. Wie geht es da weiter?
Eine Einigung zwischen der EU und den USA wäre sehr wünschenswert gewesen, um gegen Überkapazitäten am besten gemeinsam vorzugehen. Die Frist für die Einigung wurde jetzt erstmal auf den März 2025 verlängert. Je nach Ausgang der Wahl – vor allem, wenn Präsident Trump gewinnt – ist damit zu rechnen, dass die USA erneut unilateral vorgehen. Das wäre wiederum mit enormen Gefahren verbunden, weil dann die Strafzölle gemäß Section 232 gegen die EU reaktiviert werden würden.
Hätte die EU den USA mehr entgegenkommen sollen? Die Amerikaner wollten ja viel stärker gegen chinesische Überproduktion vorgehen.
Wir hätten uns gewünscht, dass die Kommission Wege findet, mit den USA ein entschlossenes Signal zu setzen, gemeinsam gegen emissionsintensive Überproduktion vorzugehen, die vor allem aus Asien kommt.
Damit die geplante 50-Milliarde-Dollar-Unterstützung von G7-Ländern und der EU für die Ukraine ausbezahlt werden kann, braucht das Weiße Haus Garantien, dass die russischen Zentralbankgelder eingefroren bleiben. Denn die Erträge der Zentralbankgelder werden als Sicherheit gebraucht, um den milliardenschweren Kredit zugunsten der Ukraine aufzunehmen. Aktuell müssen die Sanktionen alle sechs Monate erneuert werden, was potenziellen Veto-Playern wie Ungarn immer wieder die Möglichkeit gibt, die Sanktionen zu blockieren.
Am vergangenen Freitag präsentierte von der Leyens Kabinettschef Björn Seibert den EU-Botschaftern laut mehreren Quellen drei Optionen, um das Sanktionsregime für die eingefrorenen russischen Zentralbankgelder zu stabilisieren:
Wie mehrere Quellen in Brüssel bestätigen, scheinen alle drei Varianten für die USA akzeptabel. In einem nächsten Schritt wird die Kommission eine Gesetzesänderung im Sinne einer der präsentierten Optionen vorlegen. Bis spätestens Ende des Jahres muss sich die EU auf eine Lösung geeinigt haben. jaa
Der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich kritisch zu den am Montag gestarteten ausgeweiteten Grenzkontrollen bei der Einreise nach Deutschland geäußert. “Ich bin kein Freund von Grenzkontrollen, weil sie mit massiven Unannehmlichkeiten für die Pendler verbunden sind”, sagte Juncker der Deutschen Presse-Agentur in Luxemburg.
Stationäre Grenzkontrollen hält er für besonders problematisch. “Wenn es Kontrollen geben muss, dann wären mobile statt stationäre Kontrollen nicht an der Grenze, sondern im Hinterland weniger schwierig für Betroffene”, sagte er mit Blick auf die Grenze zu Luxemburg. Mehr als 50.000 deutsche Grenzgänger arbeiten in dem Nachbarland.
Im Schengen-Raum haben auch andere Länder wieder zeitlich befristete Grenzkontrollen eingeführt. “Ich sehe das mit Sorge”, sagte Juncker. “Im gelebten Europa: Dass man jetzt ohne viel Federlesen die Errungenschaft der europäischen Integration zur Disposition stellt, das macht mich schon besorgt.” Es dürfe nicht sein, “dass man wieder in den Köpfen und in den Herzen der Menschen Grenzen entstehen lässt”.
Die Polizei in Dänemark warnt derweil vor Staus. Aufgrund der stichprobenartigen Kontrollen bei der Einreise nach Deutschland könne es vom Montag an auf dänischer Seite zu Verzögerungen kommen, teilte die Polizei mit.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte zuvor versprochen, Pendler müssten nicht mit größeren Verkehrsstörungen rechnen. Sie sagte zudem, Deutschland mache bei den ausgeweiteten Grenzkontrollen “keinen Alleingang in Europa”. Man handele eng abgestimmt mit den Nachbarländern.
In Regierungskreisen heißt es, Bundeskanzler Olaf Scholz habe am Samstag mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie mit den Regierungschefs von Österreich und Luxemburg, Karl Nehammer und Luc Frieden, telefoniert. Weitere Gespräche mit EU-Regierungen seien geplant. Am Freitag hatte Scholz mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk gesprochen, der Kritik an den Plänen der Bundesregierung geäußert hatte.
Scholz begründete die Grenzkontrollen auch damit, dass andere EU-Staaten ihre Verpflichtungen im Rahmen einer gemeinsamen Migrationspolitik nicht erfüllen. “Wir können uns ja leider nicht ganz darauf verlassen, dass alle unsere Nachbarn das so machen, wie sie es machen sollen.” Das gehört zur Wahrheit dazu, sagte er am Samstag bei einem Bürgerdialog in Prenzlau.
Die Bundespolizei kann Reisende seit Montagnacht bei der Einreise aus Luxemburg, Belgien, den Niederlanden und Dänemark kontrollieren. Bisher macht sie das nur an den Grenzen zu Polen, Tschechien, Österreich, der Schweiz und Frankreich. dpa/rtr
Die Europäische Kommission sieht ein wachsendes Interesse am AI Pact. Der Pakt ist freiwillig und gibt Organisationen die Möglichkeit, die Anforderungen des AI Act frühzeitig umzusetzen. Fast 100 Unternehmen, darunter multinationale Konzerne, aber auch europäische KMUs aus verschiedenen Sektoren, haben die Verpflichtungserklärungen bereits unterzeichnet, heißt es aus der Kommission. Namen nannte die Behörde nicht. Der Pakt soll Unternehmen die Einhaltung der neuen Vorschriften erleichtern.
Der AI Pact besteht aus zwei Säulen:
Seit Inkrafttreten des AI Act am 1. August 2024 laufen gestaffelte Übergangsfristen: Die allgemeinen Regeln für KI-Systeme gelten ab einem Jahr nach Inkrafttreten, die Anforderungen für Hochrisikosysteme in drei Jahren. Verbote für bestimmte Anwendungen, wie etwa Social Scoring durch Behörden, gelten jedoch bereits nach einem halben Jahr, also ab dem 2. Februar 2025.
Am 25. September organisiert das AI Office der EU-Kommission eine hochrangige Auftaktveranstaltung, um den Start des AI Pact offiziell zu markieren. Unternehmen können den Pakt jederzeit unterzeichnen, da es sich um einen offenen, fortlaufenden Prozess handelt. Die Kommission sieht großes Potenzial und plant, das Engagement weiter zu fördern, um einen verantwortungsvollen und transparenten Einsatz von KI in Europa zu sichern.
Auch Säule I des AI Pact gewinnt nach Angaben der Kommission an Zuspruch. Inzwischen sollen mehr als 1000 Organisationen Interesse bekundet haben. vis
Dennis Radtke führt künftig den CDU-Arbeitnehmerflügel und tritt damit die Nachfolge des langjährigen Vorsitzenden Karl-Josef Laumann an. Der 45-jährige Radtke wurde in Weimar auf der Bundestagung der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) mit 83,1 Prozent der gültigen Stimmen zum neuen Vorsitzenden gewählt.
Laumann war nach 19 Jahren an der Spitze nicht mehr zur Wahl angetreten. Er ist nun CDA-Ehrenvorsitzender. Der 67-Jährige bleibt aber als CDU-Vize sowie Arbeits- und Sozialminister in Nordrhein-Westfalen eine wichtige Stimme für die Arbeitnehmerinteressen in seiner Partei.
Radtke gehört dem CDA-Bundesvorstand seit 2007 an. Er war zuletzt stellvertretender Bundesvorsitzender. Er ist Mitglied der Gewerkschaft IG BCE und CDU-Europaabgeordneter mit den Schwerpunkten Industrie, Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.
Radtke erklärte nach seiner Wahl, die CDU müsse mit “einem Angebot für die Millionen Beschäftigten in den Bundestagswahlkampf gehen”. Zusammen mit Laumann als CDU-Vize wolle er erreichen, “dass soziale Themen wieder prägnanter in der CDU besetzt werden”. Die Ampel-Regierung habe für Arbeitnehmer nichts im Angebot. “Die CDU muss erkennbar sein als Anwalt derjenigen, die sich jeden Tag anstrengen und es trotzdem schwer haben”, mahnte der neue CDA-Vorsitzende.
In seiner Bewerbungsrede sagte Radtke, die Fußstapfen, die Laumann hinterlasse, seien “riesig”. Er gehe das neue Amt mit Demut, Freude und Gottvertrauen an. Die CDA versteht sich als das soziale Gewissen der CDU. Zu den früheren Bundesvorsitzenden gehörte auch der ehemalige Arbeitsminister Norbert Blüm. Der gelernte Maschinenschlosser Laumann stand seit 2005 an der Spitze der CDU-Vereinigung. dpa
Wer zuletzt in der Member’s Bar des Straßburger Europaparlaments oder in den Straßen des Brüsseler Europaviertels verkehrte, konnte dort mit einiger Wahrscheinlichkeit Sven Giegold begegnen. Der frühere Europaabgeordnete der Grünen weilt derzeit häufig an seiner alten Wirkungsstätte. Nicht aus Nostalgie, sondern um als Robert Habecks Europa-Staatssekretär für die deutschen Positionen zu werben (oder zumindest für Habecks).
“Jetzt, zu Beginn der neuen Wahlperiode, werden die Ideen für die nächsten fünf Jahre entwickelt”, sagt er. “Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um in Brüssel und Straßburg zu sein.“
Mitte Juli reiste Giegold nach Straßburg, um den frisch (wieder-)gewählten Europaabgeordneten die eigenen Prioritäten für die neue Legislaturperiode mitzugeben, und um dem Team von Ursula von der Leyen möglichst noch einige Stichpunkte in ihre Antrittsrede für die zweite Amtszeit zu diktieren. Nach der Sommerpause war der 54-Jährige schon zweimal in Brüssel, er traf Kommissionsvize Maroš Šefčovič, neun Generaldirektoren der Kommission, Kabinettsmitglieder und nochmal einige Abgeordnete. Von einer solchen Liste können andere Interessenvertreter nur träumen.
Beim Klinkenputzen mussten Giegold und seine Mitstreiter zahlreiche Einlasskontrollen passieren – und bewerteten sie anschließend spaßeshalber mit Schulnoten. Nicht gut kommt “die Tür” im Berlaymont weg, Hauptsitz der Kommission: “Verlassen des Gebäudes braucht Unterstützung durch drei Sicherheitsbeamte an den unterschiedlichen Stationen”, notierten sie. Dafür gibt es nur ein C+, befriedigend. Die DG COMP nimmt es nach Giegolds Geschmack mal wieder zu genau: “Scanner stoppt einen wegen Metallgürtel, fehlende Verhältnismäßigkeit wie bei Art. 107 AEUV”, notiert er. Das ist der Artikel zur Beihilfenkontrolle. Till Hoppe