Peter Strohschneider, Mario Draghi, nun Sauli Niinistö: Es ist inzwischen geübte Praxis von Ursula von der Leyen, von ihr in Auftrag gegebene Berichte gemeinsam mit den Autoren vorzustellen. An diesem Mittwoch ist der ehemalige finnische Präsident Niinistö an der Reihe, seine Empfehlungen zur Stärkung der Resilienz der EU zu präsentieren. Sie zielen nicht allein auf die militärische Schlagkraft, sondern ebenso auf die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaften, sei es gegen Desinformation oder Naturkatastrophen.
Von der Leyen sieht Niinistös Heimat als Vorbild an Resilienz: Finnland habe gelernt, mit dem aggressiven Nachbarn Russland zu leben, “jeder Teil der finnischen Gesellschaft ist in der Lage, in Krisenzeiten lebenswichtige Funktionen zu sichern”, sagte die Kommissionspräsidentin im März, als Niinistö seine Arbeit aufnahm.
Dessen Bericht werde die Basis für die Arbeit der nächsten fünf Jahre auf dem Gebiet sein, heißt es in der Kommission, vergleichbar mit dem Draghi-Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit. Zusätzlich arbeitet die Behörde derzeit an einem Weißbuch, das die militärischen Lücken in der Verteidigungsfähigkeit beziffern soll. Von der Leyen und der neue Nato-Generalsekretär Mark Rutte kündigten nach einem Treffen gestern überdies an, eine hochrangige Taskforce einzusetzen, um die Kooperation zwischen EU und Nato zu stärken.
Der Niinistö-Bericht ist aber nicht der einzige, den die Kommission heute veröffentlichen wird: Das College wird die jährlichen Fortschrittsberichte über die EU-Beitrittskandidaten annehmen. Darin dürfte die Kommission besonders die Fortschritte in der Ukraine und Moldau loben, sich mit konkreten Empfehlungen zu Georgien angesichts der ungewissen Entwicklungen nach der Wahl dort aber zurückhalten.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP/Renew) muss sich als SEDE-Vorsitzende weiter gedulden. Die geplante Aufwertung ihres Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung zum Vollausschuss soll nun erst im neuen Jahr kommen und nicht mehr diesen Herbst. Das neue Zieldatum sei der 1. Januar, heißt es aus dem EU-Parlament. Grund für die Verzögerung ist, dass man sich jetzt auf die Anhörungen konzentrieren und die Bestätigung der nächsten Kommission abwarten will.
Im Hintergrund geht es aber auch um Einfluss und Macht. Die Differenzen zum Zuschnitt von SEDE und drei anderen Ausschüssen sind noch nicht bereinigt. Als symptomatisch für das Kompetenzgerangel werten Beobachter, dass Stand jetzt der Industrieausschuss ITRE und der außenpolitische Ausschuss AFET für die Beratungen über das Programm zur Europäischen Verteidigungsindustrie EDIP zuständig sein soll, immerhin die wichtigste Gesetzgebung im Bereich Verteidigung.
Die Konferenz der Präsidenten hat hingegen für SEDE derzeit bei diesem Dossier keine Rolle vorgesehen. Die bisherigen Vollausschüsse hätten kein großes Interesse, Kompetenzen oder Dossiers abzugeben, spricht ein Abgeordneter von einem bevorstehenden Machtkampf. Gleichzeitig soll Renew einen ersten Entwurf für den Annex 6 vorgelegt haben, der insbesondere bei der EVP als größter Fraktion als “übergriffig” und zu detailliert betrachtet wurde.
Sicherheit und Verteidigung sei ein Modethema, bei dem alle mitreden wollen, heißt es im EU-Parlament. Die Frage ist, ob SEDE sich um Verteidigungs- und Sicherheitspolitik im weiteren Sinn kümmert oder nur um die Verteidigungsindustrie. Je nach Zuschnitt müssten neben AFET und ITRE auch der Binnenmarkt– sowie der Verkehrsausschuss TRAN Zuständigkeiten abgeben.
Sinnvoll wäre etwa, dass SEDE sich um militärische Mobilität oder um neue Entwicklungen bei Dual-Use-Gütern kümmern könnte. Zu den Zuständigkeiten könnten auch gemeinsame Beschaffungen oder künftige europäische Fähigkeiten gehören – etwa bei einer gemeinsamen Luftabwehr.
Der AFET-Vorsitzende David McAllister müsse sich noch bewegen, heißt es. Aber etwa auch der französische Konservative François-Xavier Bellamy, derzeit als Berichterstatter für EDIP vorgesehen. Immerhin soll EVP-Fraktionschef Manfred Weber ein Machtwort gesprochen haben, dass SEDE nicht leere Hülle bleibt.
Offen ist, ob es bei der ursprünglichen Idee einer Paketlösung auch bei der Aufwertung von SANT, den Ausschüssen für Wohnungsbau und Schutz der Demokratie bleibt. Einige Akteure befürchten, dass damit weitere Verzögerungen vorprogrammiert sind. Mehr Ausschüsse bedeuteten zudem mehr Überschneidungen, die allerdings die überlappenden Zuständigkeiten auch in der neuen Kommission widerspiegelten. Symptomatisch sei, dass bei den Anhörungen der Kommissare ab nächster Woche oft drei Ausschüsse involviert seien.
Die Gefahr besteht nach wie vor, dass SEDE zwar aufgewertet, aber am Ende ein Phantomausschuss ohne wirkliche Kompetenzen wird. Der forsche Auftritt von Marie-Agnes Strack-Zimmermann sei bei der Diskussion um den Zuschnitt von SEDE nicht immer hilfreich gewesen, sagen Kritiker der Newcomerin. Andere wiederum loben den Ehrgeiz der deutschen Liberalen, die sich nicht fürchte, für ihre politischen Anliegen zu kämpfen.
Dabei sollte der neue Vollausschuss zu Sicherheit und Verteidigung die Antwort darauf sein, dass es erstmals einen Verteidigungskommissar geben wird. Dessen Kompetenzen sollten sich in den Zuständigkeiten von SEDE widerspiegeln.
Der designierte Verteidigungskommissar Andrius Kubilius soll dabei vor einem ähnlichen Dilemma stehen wie die SEDE-Vorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die Erwartungen an den neuen Kommissar seien groß, doch der Litauer fürchtet dem Vernehmen nach, am Ende ein theoretisch weitläufiges Tätigkeitsfeld ohne große Zuständigkeiten vorzufinden.
Die Wahllokale waren seit zwei Stunden geschlossen in Bulgarien. Da reklamierte Bojko Borissow den Regierungsanspruch in der Zentrale seiner rechtsgerichteten Partei Gerb (Bürger für eine Europäische Entwicklung Bulgariens) für sich: “Ich werde mit jedem regieren, der unser Programm unterstützt. Alle sind heute Abend potenzielle Partner außer die Kollegen von ´Wiedergeburt`, denen ich zum guten Ergebnis gratuliere, die ich aber rein ideologisch nicht zulassen kann”, sagte Borissow vor Journalisten. Wiedergeburt ist eine äußerst rechte, prorussische Partei in Bulgarien.
Nach der siebten Parlamentswahl innerhalb von dreieinhalb Jahren ziehen nun acht Parteien und Parteienbündnisse ins bulgarische Parlament ein. Die Wahlbeteiligung stieg um rund vier Prozent auf knapp 39 Prozent.
Zwar ist Borissows Mitte-Rechts-Bündnis Gerb-SDS mit 26,38 Prozent die mit Abstand stärkste Kraft geworden – er repräsentiert aufgrund der noch immer niedrigen Wahlbeteiligung aber gerade mal jeden zwölften Wahlberechtigten. Doch eine erneute Regierung des vorherigen dreimaligen Ministerpräsidenten Borissow steht noch in den Sternen. Zu unklar sind die Koalitionsperspektiven.
Auf Rang zwei hinter Borrissows Gerb landete mit 14,2 Prozent das konservativ-liberale Parteienbündnis PP-DB (Wir setzen den Wandel fort, PP, und Demokratisches Bulgarien,DB). Dritter wurden die Nationalisten von Wiedergeburt (13,35 Prozent). Dahinter folgten DPS-NN, die Bulgarische Sozialistische Partei (BSP), APS, So ein Volk gibt (ITN) und der parlamentarische Frischling Schwert.
Zahlreiche rote Linien markieren die Beziehungen der Parteien untereinander. Immerhin stimmen die euro-atlantisch orientierten Gerb und die ebenfalls prowestlichen liberal-konservativen Zweitplatzierten PP/DB in politischen Grundsatzfragen überein. So etwa bei Bulgariens Anspruch auf unbeschränkten Zugang zum Schengener Raum, zügige Annahme des Euros und militärische Unterstützung der Ukraine. So gilt eine Koalition zwischen nicht nur als rechnerisch notwendig, sondern auch als politisch konsequent.
Alleine würde es für die beiden aber nicht reichen. Die Gretchenfrage ist daher, ob sie sich auf einen dritten Koalitionspartner verständigen können, beziehungsweise einen solchen finden werden. Falls nicht, dürften die Bulgaren und Bulgarinnen im März 2025 ihr achtes Parlament in knapp vier Jahren wählen.
Die liberal-konservativen PP/DB haben die Reform des Rechtswesens und den Kampf gegen Korruption zu ihrer Priorität erklärt. Das soll eine Zusammenarbeit mit DPS-NN ausschließen. Der Führer jener Partei, Deljan Peevski, wurde vom US-amerikanischen Finanzamt im Jahr 2021 wegen Korruptionsverdachts mit Magnitsky-Sanktionen belegt.
Tatsächlich gehören die DPS-NN und auch die APS zu den heimlichen Gewinnern der neuerlichen Parlamentswahl. Bis zum Juli bildeten beide Fraktionen noch eine Partei – die auf die ethnischen und religiösen Minderheiten der Türken, Pomaken und Roma fokussierte Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS). Vereint wäre diese “Türkenpartei” zweitstärkste politische Kraft geworden.
Insbesondere der Umstand, dass Peevskis DPS-NN mit 11,5 Prozent gute vier Prozent mehr Wählerstimmen erringen konnte als die von DPS-Gründer Ahmed Dogan angeführte APS, weckt allerdings bei einigen Beobachtern Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl. Verdient oder unverdient genießt Dogan unter traditionellen DPS-Wählern eine noch aus den 1980er Jahren stammende Heldenverehrung als Widerständler gegen die Zwangsassimilierung der bulgarischen Muslime durch das kommunistische Regime.
Dagegen ist Deljan Peevski in seiner gut zwanzigjährigen, mit Skandalen gespickten Karriere zur umstrittensten politischen Figur des Balkanlands geworden. Seine Ernennung zum Chef der “Staatlichen Agentur für Nationale Sicherheit” (DANS) löste im Juni 2013 die größten und längsten Massenproteste im postkommunistischen Bulgarien aus.
Wahlprotokolle aus Roma-Vierteln in mehreren Städten dokumentieren merkwürdige Stimmverteilungen mit null Stimmen für die meisten Parteien und unverhältnismäßig hohen Stimmanteilen für GERB und DPS-NN. In der Kleinstadt Belitsa erfasste die Videoüberwachung in einem Wahllokal eine Frau, die im Beisein anderer Mitglieder der Wahlkommission auf leeren Stimmzetteln die Ziffern 8 und 18 für DPS-NN und Gerb markierte.
Es wäre nun Aufgabe staatlicher Ermittlungsbehörden, aufzuklären, ob es sich dabei um Einzelfälle handelt oder ein Massenphänomen. Erfahrungen aus vorangegangenen Wahlen lassen bezweifeln, dass dies geschehen wird. Frank Stier
Ist die Strategie der Bundesregierung gescheitert, mit subventionierten Großprojekten wie Chip- oder Batteriefabriken die Transformation der hiesigen Industrie voranzutreiben?
Ich kann nicht sagen, ob die Strategie damit gescheitert ist. Aber natürlich sollte die Politik sich jetzt mit den Ursachen der Absagen auseinandersetzen. Dabei unterscheiden sich die Projekte. Chiphersteller entscheiden sich gerade gegen Projekte, weil sie sich um die weltweite Chipkonjunktur sorgen. Ich sehe in diesen Absagen einen Glücksfall. Wir haben damit die Gelegenheit, die Strategie zu überdenken. Nicht alle Großprojekte sind allerdings schlecht. Ich hielte sogar solche für notwendig, mit denen sich zum Beispiel die gefährliche Abhängigkeit von China bei Antibiotika beenden ließe. In der Regel kann man staatliches Geld aber besser verwenden, als Fabriken zu subventionieren.
Also etwa keine staatliche Förderung von grünem Stahl?
Das Pilotprojekt von Thyssen-Krupp zu fördern, kann man vertreten. Hier geht es um den Aufbau einer neuen, möglicherweise umweltschonenderen Technologie. Es wäre allerdings falsch, die gesamte hiesige Stahlproduktion zu subventionieren.
Manche Experten halten es für erforderlich, bestimmte Kernindustrien in Deutschland zu erhalten, um grünes Wachstum zu ermöglichen und den Wandel zur Kreislaufwirtschaft zu schaffen. Als eine solche Kernindustrie sehen sie die Grundstoffindustrie. Ergibt diese Argumentation Sinn?
Viele Leute argumentieren so, aber dafür gibt es keine überzeugende Evidenz. Manche behaupten, dass Folgeindustrien abwandern, wenn die Grundstoffindustrie weggeht. Auch dafür fehlt empirische Evidenz. Das heißt nicht, dass der Effekt nicht eintreten kann, aber als Basis für staatliche Eingriffe sind reine Vermutungen ein bisschen wenig.
Aber bedingen sich nicht bestimmte Industriecluster und Forschungsstrukturen, die wiederum wichtig für Innovationen sind?
Wenn man wirklich über Forschung und Entwicklung redet, dann sind Cluster wichtig. Clustereffekte ergeben sich schlicht, wenn Menschen miteinander reden, man eher neue Beschäftigte kriegt, Kooperationen entstehen et cetera – das ist aber noch kein Grund für staatliche Subventionen. Wenn Unternehmen davon profitieren, in der Nähe anderer Industrieunternehmen zu sein, gehen sie auch aus eigenem Antrieb dorthin. Und wenn ein Cluster zerfällt, ist das in der Regel ein Zeichen, dass der Standort nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Dann muss man ihn vielleicht auch aufgeben.
Können Politiker aus der Deindustrialisierung von Regionen wie in Nordengland oder dem Rust Belt in den USA lernen, wie man solche Entwicklungen verhindern kann?
Ich fürchte, der Niedergang von Industrien ist der Preis wirtschaftlicher Entwicklung. Die Deindustrialisierung in manchen Regionen durch den China-Schock zeigt, dass es in der Tat keine Garantie dafür gibt, dass sich solche Regionen erholen. Aber es ist auch keine Lösung, dortige Firmen in der Breite dauerhaft zu subventionieren.
Was bedeutet das für die Transformation in Deutschland?
Ein gewisser Strukturwandel ist unumgänglich. Aber wir sind derzeit nicht in einer Situation, wo ganze Landstriche quasi deindustrialisiert werden. Das gab es in Deutschland im Ruhrgebiet und bestimmten Teilen Ostdeutschlands. Aber das sehe ich jetzt nicht. Für wichtig halte ich es allerdings, dass die Politik auf ein industriefreundliches Umfeld achtet.
Was genau sollte die Bundesregierung tun?
Infrastruktur, Bürokratie, Steuern und Abgaben, Ausbildung, Fachkräfte, Energie – es gibt eine Menge Felder, wo die Politik mehr tun sollte und nicht die Gefahr besteht, dass man größere Fehler macht. Damit wäre viel für die Industrie gewonnen. Wie sich die Firmen in diesem Umfeld dann entwickeln, das sollte man dem Markt überlassen. Außerdem sehen wir ja nicht nur eine Schrumpfung von bestimmten Industriebetrieben. Viele wollen expandieren, finden aber keine Arbeitskräfte. Wenn andere Firmen aufgrund des Strukturwandels Arbeitsplätze streichen, muss das nicht nachteilig sein. Es wäre etwas anderes, wenn wir fünf Millionen Arbeitslose hätten – die haben wir aber nicht. Aus diesem Grund wäre die deutsche Politik gut beraten, generell gute Bedingungen für Investitionen zu schaffen, aber Strukturwandel zuzulassen.
Und das halten Sie auch für richtig, obwohl andere Staaten wie die USA oder China ihre Industrien massiv subventionieren?
Die Amerikaner subventionieren ja vor allem Chipfabriken und Fabriken im Bereich der grünen Wirtschaft. Das ist eine schlechte und teure Politik. Die Strategie des Inflation Reduction Act sollten wir auf keinen Fall kopieren. Wir sind in Europa auch weiter. In den USA muss die Politik erst einmal dafür sorgen, dass die CO₂-Emissionen sinken. Dafür haben wir in Europa den CO₂-Preis. Die Fabriken für Wärmepumpen oder Solarzellen, die in den USA derzeit neu gebaut werden, verschwinden wahrscheinlich wieder, sobald die Subventionen wegfallen. Denn die USA haben hier keinen erkennbaren komparativen Vorteil.
Was lernen wir daraus?
Wir sollten uns in Europa und insbesondere in Deutschland auf die politischen Maßnahmen konzentrieren, die unumstritten sind und bei denen die Nützlichkeit klar ist. Meinetwegen auch Industrieansiedlungen im Bereich Forschung und Entwicklung. Aber bitte nicht irgendwelche Massenproduktion wie Batterien oder Solarpaneele subventionieren, bei denen wir wissen, dass sie mittelfristig ohnehin in Schwellenländer abwandern.
Staatssekretär Sven Giegold will im Zuge der Neuaufstellung der Grünen-Spitze das Bundeswirtschaftsministerium verlassen. Er ist nach Informationen von Table.Briefings als stellvertretender Parteivorsitzender der Grünen vorgesehen.
Weil der Posten im BMWK nicht mit einer Parteifunktion vereinbar ist und Giegold offenbar fest mit seiner Wahl rechnet, kündigte er am Dienstagabend an, zum 15. November aus diesem Amt zu scheiden. Die Bundesdelegiertenkonferenz, in der die neue Grünenspitze gewählt wird, findet vom 15. – 17. November statt.
Giegold war seit 2021 als Staatssekretär im BMWK zuständig für Europa- und Wirtschaftspolitik. Der frühere Europaabgeordnete verfügt über gute Kontakte zu Kirchen und sozialen Bewegungen. Ursprünglich war er auch als politischer Geschäftsführer im Gespräch; dagegen gab es aber im Realo-Flügel Widerstand. Auch Robert Habeck, der seinem scheidenden Staatssekretär am Dienstag “für drei Jahre vertrauensvolle Zusammenarbeit”, dankte, soll diesen Plan kritisch gesehen haben.
Neben Giegold soll Manuela Rottmann neu in den Grünen-Vorstand als Schatzmeisterin kommen. Politische Geschäftsführerin wird, wie Table.Briefings am Montag meldete, die bisherige Partei-Vize Pegah Edalatian. Wer sonst noch für die Grünen-Spitze vorgeschlagen ist und welche Risiken damit verbunden sind, lesen Sie im Berlin.Table.
Die EU-Kommission will auch nach dem Inkrafttreten der Zusatzzölle auf chinesische E-Autos über Alternativen mit Peking verhandeln. Sowohl die chinesische Regierung als auch die Kommission hätten ein Interesse, “zügig eine Lösung zu finden”, sagte ein EU-Beamter am Dienstag. Zuvor hatte die Kommission die Zölle final beschlossen. Sie sollen fünf Jahre lang gelten.
Die Behörde legte damit die endgültige Höhe der Zusatzabgaben fest: Für E-Autos des Herstellers BYD wird eine Zusatzabgabe von 17,0 Prozent fällig, wie aus der Verordnung hervorgeht. Bei Elektrofahrzeugen des Produzenten Geely beträgt die Abgabe 18,8 Prozent, während der Höchstsatz bei 35,3 Prozent liegt, etwa für SAIC. Der US-Hersteller Tesla muss 7,8 Prozent abführen.
Auch deutsche Hersteller sind betroffen, insbesondere VW mit Cupra, BMW mit dem Mini und Mercedes mit dem Smart. Sie müssen 20,7 Prozent auf die aus China importierten Fahrzeuge abführen. Eine Sonderbehandlung für die europäischen Hersteller sei rechtlich nicht möglich, sagte der EU-Beamte.
Die Zölle-Verordnung wurde noch Dienstagabend im Amtsblatt veröffentlicht, die Zölle traten deshalb noch um Mitternacht in Kraft. Anfang des Monats hatte eine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten für die Strafzölle gestimmt. Deutschland votierte dagegen. Die Bedenken Berlins bezogen sich auf die Gefahr eines neuen Handelskonflikts und mögliche Vergeltungsmaßnahmen gegen deutsche Unternehmen, allen voran die deutsche Autoindustrie. VDA-Präsidentin Hildegard Müller forderte gestern alle Seiten auf, “mit aller Entschlossenheit” nach einer WTO-konformen Lösung zu suchen, um die zusätzlichen Zölle wieder abzuschaffen.
Wann die EU-Delegation für eine weitere Verhandlungsrunde nach Peking reist, ist noch offen. Eine Deadline für die Gespräche gibt es nicht. Die Kommission verhandelt mit der chinesischen Seite und einzelnen Herstellern, insbesondere über Mindestpreise für die aus China importierten Fahrzeuge. Die EU-Seite fordert spezifische und nachprüfbare Zusagen der Hersteller für die einzelnen Modelle. Das lehnt die chinesische Seite ab – wohl auch aus Sorge, damit einen Präzedenzfall für andere Industrien zu schaffen.
Bislang ist noch ungewiss, wie China auf die endgültige Einführung der Zölle reagieren wird. Die Regierung in Peking warf der EU schon vor der Verabschiedung Protektionismus vor und hatte als mögliche Vergeltungsmaßnahmen Zusatzabgaben auf den Import von Schweinefleisch und Milchprodukten in Erwägung gezogen. Eine bereits eingeleitete Untersuchung gegen Branntwein-Importe resultierte bereits in Anti-Dumping-Maßnahmen Chinas gegen die EU.
In diesem Zusammenhang drohte das chinesische Handelsministerium höhere Zölle auf die Einfuhr von Verbrennern mit großem Hubraum aus der EU an. Zahlreiche Premium-Fahrzeuge der Marken Mercedes-Benz, Audi und BMW könnten unter die neue Regelung fallen. Denn obwohl die Konzerne Werke in China betreiben, werden hochmotorige Limousinen oder SUVs zumeist nicht in der Volksrepublik produziert, sondern importiert. Beobachter bezweifeln jedoch, dass die chinesische Führung den Handelskonflikt mit den Europäern so kurz vor der Präsidentschaftswahl in den USA eskalieren lassen wird. Sollte dort Donald Trump gewinnen, sind stabile Wirtschaftsbeziehungen zu Europa umso wichtiger.
Zudem hat Frankreich bereits angekündigt, die Einfuhrzölle auf Branntweine anfechten zu wollen. Paris hält sie für politisch und ungerechtfertigt. Ein Diplomat bezeichnete sie als “inakzeptable Manipulation der Handelsregeln”. Die französische Handelsministerin, Sophie Primas, reist nächste Woche nach Shanghai, auch um Chinas Handelsminister Wang Wentao zu treffen. Auch die Europäische Kommission sagte, sie werde die vorläufigen Antidumpingmaßnahmen auf Brandy-Importe aus der EU bei der Welthandelsorganisation anfechten. fpe/tho
In ihrer Sitzung am Dienstag haben die Ständigen Vertreter weiter an der Budapester Erklärung gearbeitet. Sie soll beim informellen Gipfel am 8. November in Budapest beschlossen werden und hat das Thema Neuer Deal für Wettbewerbsfähigkeit. Zum jetzigen Zeitpunkt umfasst der Entwurf zehn Seiten. Table.Briefings liegt das Papier vor, Sie können es hier lesen. mgr
Die Kommission hat am Dienstag das Arbeitsprogramm des Europäischen Innovationsrats (EIC) vorgelegt. Das Programm wird im kommenden Jahr 1,4 Milliarden Euro ausgeben können, um die europäische Deep-Tech-Forschung sowie Start-ups mit hohem Potenzial zu unterstützen. Für sein Arbeitsprogramm 2025 hat der EIC knapp 200 Millionen Euro mehr zur Verfügung als 2024.
Nach Angaben der Kommission bringt das neue Arbeitsprogramm neben der Aufstockung der Mittel weitere Verbesserungen mit sich. Dazu gehören ein besserer Zugang zu Beteiligungskapital im Rahmen des Scale-up-Programms (STEP). Auch seien weitere Verbesserungen auf der Grundlage der Empfehlungen des EIC-Beirats erfolgt. Die gezielte Unterstützung, insbesondere im Rahmen der STEP-Aufforderung zur Aufstockung, werde dazu beitragen, kritische Finanzierungslücken zu schließen und ein stärkeres, widerstandsfähigeres Innovationsökosystem in Europa aufzubauen, sagte Iliana Ivanova, noch amtierende Kommissarin für Innovation und Forschung.
Die Kommission hat den Europäischen Innovationsrat nach einer Pilotphase (2018 bis 2020) im Jahr 2021 als festen Bestandteil von Horizon Europe etabliert. Eine Besonderheit des EIC ist die Förderung einzelner Unternehmen, vorwiegend Start-ups und KMUs, welche sowohl in Form von Zuschüssen als auch Investitionen unterstützt werden. Die Investitionen erfolgen derzeit durch direkte Eigenkapitalbeteiligungen oder quasi-Eigenkapital und werden vom EIC-Fonds verwaltet. Dieser Fonds zielt auch darauf ab, private Co-Investitionen anzuziehen, um das Wachstum innovativer Unternehmen in strategischen Sektoren weiter zu fördern.
Die wichtigsten Punkte im neuen EIC-Arbeitsprogramm:
Die drei Hauptförderschienen des EIC-Arbeitsprogramms sind:
Kritik an den bisherigen EIC-Programmen gab es vor allem wegen der komplexen Antragsverfahren und administrativen Anforderungen. Viele Start-ups sahen sich durch die hohen Auflagen behindert. Mit den Anpassungen des Programms und zusätzlichen Fördermöglichkeiten will die EU Prozesse vereinfachen und flexibler reagieren. vis
In einem Positionspapier der eFuel Alliance fordert der Branchenverband dringenden Handlungsbedarf bei den regulatorischen Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene. Wenn man den Rechtsrahmen nicht ändere, werde der Hochlauf von Wasserstoff und Derivaten viel langsamer gehen, erklärte Ralf Diemer, Hauptgeschäftsführer der eFuel Alliance. Selbst niedrige Quoten für E-Fuels seien dann nur schwer zu erfüllen.
Die Industrie sehe sich insbesondere durch unklare Quotenregelungen und einschränkende Anforderungen der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III) sowie durch zu komplexe Vorgaben der delegierten Rechtsakte zur Produktion von RFNBOs (Renewable Fuels of Non-Biological Origin) gehemmt, heißt es in dem Papier. Laut der eFuel Alliance erschweren diese Regelungen potenziellen Investoren den Markteintritt und verhindern die Entwicklung einer starken Wertschöpfungskette für erneuerbare Kraftstoffe in Europa. Mit den diesbezüglichen Ausführungen des designierten Energiekommissars Dan Jørgensen zeigte sich der Verband bislang noch nicht zufrieden und kündigte an, dass Europaabgeordnete Jørgensen bei seiner Anhörung kommende Woche noch weiter befragen werden.
Neben regulatorischen Unsicherheiten stelle auch der Ausschluss des Straßenverkehrs als Zielmarkt für E-Fuels eine Hürde dar. Es schränke die Nachfrage nach E-Fuels ein und verlangsame das Wachstum, insbesondere da bei Straßenfahrzeugen vergleichsweise stabilere Abnahmeverträge möglich seien. Die eFuel Alliance fordert daher die Anerkennung von E-Fuels als CO₂-reduzierende Technologie im Straßenverkehr.
Um eine nachhaltige und langfristige Investitionssicherheit zu gewährleisten, schlägt der Branchenverband vor, ambitioniertere Quoten für die Nutzung erneuerbarer Kraftstoffe zu beschließen, Abnahmemengen durch finanzielle Anreize für Übererfüllungen zu belohnen und Förderprogramme wie den EU-Innovationsfonds zu nutzen. Die EU solle zudem eine Anpassung der Energiesteuerrichtlinie prüfen, um erneuerbare Kraftstoffe nicht mehr wie fossile Energieträger zu besteuern. luk
Die designierte EU-Kommissarin Roxana Mînzatu möchte berufliche (Weiter-)Bildung stärken sowie einen Aktionsplan für Grundkompetenzen ausarbeiten. Der Aktionsplan soll dem “besorgniserregenden Leistungsrückgang” in den Bereichen Lesen und Schreiben, Mathematik und Naturwissenschaften sowie den unzureichenden digitalen Kompetenzen entgegenwirken. Dies geht aus den schriftlichen Antworten der rumänischen Europaabgeordneten auf Fragen des Europäischen Parlaments hervor. Diese wurden jetzt bereits vor der für den 12. November geplanten persönlichen Anhörung von Mînzatu vor dem Parlament veröffentlicht.
Sollte Mînzatu im November als geschäftsführende Vizepräsidentin für “People, Skills and Preparedness” bestätigt werden, plant sie eine “Union der Kompetenzen”, die den Arbeits- und Fachkräftemangel mildern und Bildung europaweit stärken soll. Zudem kündigte sie “Investitionen in Menschen” an: “Die nächste Kommission wird eine Investitionskommission sein.”
Zudem setzt Mînzatu auf digitales Lernen – vom frühkindlichen bis zum lebenslangen Lernen. Der Aktionsplan für digitale Bildung 2021-2027 sei eine gute Basis, doch die Reformen müssten weiter beschleunigt werden. Es brauche digitale Tools im Klassenzimmer und “fortgeschrittene digitale Kompetenzen” in Bereichen wie KI, Programmierung und Cybersicherheit.
Nachhaltige Bildung soll weiterhin mit dem “GreenComp”-Rahmen unterstützt werden und Lehrkräfte-Akademien sollen Umweltthemen künftig noch intensiver vermitteln. Zudem will die Kommissarin das Erasmus+ Programm stärken und den Zugang zu Austauschprogrammen für benachteiligte Gruppen verbessern, um Chancengleichheit und die europäische Identität zu fördern. Vera Kraft
Peter Strohschneider, Mario Draghi, nun Sauli Niinistö: Es ist inzwischen geübte Praxis von Ursula von der Leyen, von ihr in Auftrag gegebene Berichte gemeinsam mit den Autoren vorzustellen. An diesem Mittwoch ist der ehemalige finnische Präsident Niinistö an der Reihe, seine Empfehlungen zur Stärkung der Resilienz der EU zu präsentieren. Sie zielen nicht allein auf die militärische Schlagkraft, sondern ebenso auf die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaften, sei es gegen Desinformation oder Naturkatastrophen.
Von der Leyen sieht Niinistös Heimat als Vorbild an Resilienz: Finnland habe gelernt, mit dem aggressiven Nachbarn Russland zu leben, “jeder Teil der finnischen Gesellschaft ist in der Lage, in Krisenzeiten lebenswichtige Funktionen zu sichern”, sagte die Kommissionspräsidentin im März, als Niinistö seine Arbeit aufnahm.
Dessen Bericht werde die Basis für die Arbeit der nächsten fünf Jahre auf dem Gebiet sein, heißt es in der Kommission, vergleichbar mit dem Draghi-Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit. Zusätzlich arbeitet die Behörde derzeit an einem Weißbuch, das die militärischen Lücken in der Verteidigungsfähigkeit beziffern soll. Von der Leyen und der neue Nato-Generalsekretär Mark Rutte kündigten nach einem Treffen gestern überdies an, eine hochrangige Taskforce einzusetzen, um die Kooperation zwischen EU und Nato zu stärken.
Der Niinistö-Bericht ist aber nicht der einzige, den die Kommission heute veröffentlichen wird: Das College wird die jährlichen Fortschrittsberichte über die EU-Beitrittskandidaten annehmen. Darin dürfte die Kommission besonders die Fortschritte in der Ukraine und Moldau loben, sich mit konkreten Empfehlungen zu Georgien angesichts der ungewissen Entwicklungen nach der Wahl dort aber zurückhalten.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP/Renew) muss sich als SEDE-Vorsitzende weiter gedulden. Die geplante Aufwertung ihres Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung zum Vollausschuss soll nun erst im neuen Jahr kommen und nicht mehr diesen Herbst. Das neue Zieldatum sei der 1. Januar, heißt es aus dem EU-Parlament. Grund für die Verzögerung ist, dass man sich jetzt auf die Anhörungen konzentrieren und die Bestätigung der nächsten Kommission abwarten will.
Im Hintergrund geht es aber auch um Einfluss und Macht. Die Differenzen zum Zuschnitt von SEDE und drei anderen Ausschüssen sind noch nicht bereinigt. Als symptomatisch für das Kompetenzgerangel werten Beobachter, dass Stand jetzt der Industrieausschuss ITRE und der außenpolitische Ausschuss AFET für die Beratungen über das Programm zur Europäischen Verteidigungsindustrie EDIP zuständig sein soll, immerhin die wichtigste Gesetzgebung im Bereich Verteidigung.
Die Konferenz der Präsidenten hat hingegen für SEDE derzeit bei diesem Dossier keine Rolle vorgesehen. Die bisherigen Vollausschüsse hätten kein großes Interesse, Kompetenzen oder Dossiers abzugeben, spricht ein Abgeordneter von einem bevorstehenden Machtkampf. Gleichzeitig soll Renew einen ersten Entwurf für den Annex 6 vorgelegt haben, der insbesondere bei der EVP als größter Fraktion als “übergriffig” und zu detailliert betrachtet wurde.
Sicherheit und Verteidigung sei ein Modethema, bei dem alle mitreden wollen, heißt es im EU-Parlament. Die Frage ist, ob SEDE sich um Verteidigungs- und Sicherheitspolitik im weiteren Sinn kümmert oder nur um die Verteidigungsindustrie. Je nach Zuschnitt müssten neben AFET und ITRE auch der Binnenmarkt– sowie der Verkehrsausschuss TRAN Zuständigkeiten abgeben.
Sinnvoll wäre etwa, dass SEDE sich um militärische Mobilität oder um neue Entwicklungen bei Dual-Use-Gütern kümmern könnte. Zu den Zuständigkeiten könnten auch gemeinsame Beschaffungen oder künftige europäische Fähigkeiten gehören – etwa bei einer gemeinsamen Luftabwehr.
Der AFET-Vorsitzende David McAllister müsse sich noch bewegen, heißt es. Aber etwa auch der französische Konservative François-Xavier Bellamy, derzeit als Berichterstatter für EDIP vorgesehen. Immerhin soll EVP-Fraktionschef Manfred Weber ein Machtwort gesprochen haben, dass SEDE nicht leere Hülle bleibt.
Offen ist, ob es bei der ursprünglichen Idee einer Paketlösung auch bei der Aufwertung von SANT, den Ausschüssen für Wohnungsbau und Schutz der Demokratie bleibt. Einige Akteure befürchten, dass damit weitere Verzögerungen vorprogrammiert sind. Mehr Ausschüsse bedeuteten zudem mehr Überschneidungen, die allerdings die überlappenden Zuständigkeiten auch in der neuen Kommission widerspiegelten. Symptomatisch sei, dass bei den Anhörungen der Kommissare ab nächster Woche oft drei Ausschüsse involviert seien.
Die Gefahr besteht nach wie vor, dass SEDE zwar aufgewertet, aber am Ende ein Phantomausschuss ohne wirkliche Kompetenzen wird. Der forsche Auftritt von Marie-Agnes Strack-Zimmermann sei bei der Diskussion um den Zuschnitt von SEDE nicht immer hilfreich gewesen, sagen Kritiker der Newcomerin. Andere wiederum loben den Ehrgeiz der deutschen Liberalen, die sich nicht fürchte, für ihre politischen Anliegen zu kämpfen.
Dabei sollte der neue Vollausschuss zu Sicherheit und Verteidigung die Antwort darauf sein, dass es erstmals einen Verteidigungskommissar geben wird. Dessen Kompetenzen sollten sich in den Zuständigkeiten von SEDE widerspiegeln.
Der designierte Verteidigungskommissar Andrius Kubilius soll dabei vor einem ähnlichen Dilemma stehen wie die SEDE-Vorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die Erwartungen an den neuen Kommissar seien groß, doch der Litauer fürchtet dem Vernehmen nach, am Ende ein theoretisch weitläufiges Tätigkeitsfeld ohne große Zuständigkeiten vorzufinden.
Die Wahllokale waren seit zwei Stunden geschlossen in Bulgarien. Da reklamierte Bojko Borissow den Regierungsanspruch in der Zentrale seiner rechtsgerichteten Partei Gerb (Bürger für eine Europäische Entwicklung Bulgariens) für sich: “Ich werde mit jedem regieren, der unser Programm unterstützt. Alle sind heute Abend potenzielle Partner außer die Kollegen von ´Wiedergeburt`, denen ich zum guten Ergebnis gratuliere, die ich aber rein ideologisch nicht zulassen kann”, sagte Borissow vor Journalisten. Wiedergeburt ist eine äußerst rechte, prorussische Partei in Bulgarien.
Nach der siebten Parlamentswahl innerhalb von dreieinhalb Jahren ziehen nun acht Parteien und Parteienbündnisse ins bulgarische Parlament ein. Die Wahlbeteiligung stieg um rund vier Prozent auf knapp 39 Prozent.
Zwar ist Borissows Mitte-Rechts-Bündnis Gerb-SDS mit 26,38 Prozent die mit Abstand stärkste Kraft geworden – er repräsentiert aufgrund der noch immer niedrigen Wahlbeteiligung aber gerade mal jeden zwölften Wahlberechtigten. Doch eine erneute Regierung des vorherigen dreimaligen Ministerpräsidenten Borissow steht noch in den Sternen. Zu unklar sind die Koalitionsperspektiven.
Auf Rang zwei hinter Borrissows Gerb landete mit 14,2 Prozent das konservativ-liberale Parteienbündnis PP-DB (Wir setzen den Wandel fort, PP, und Demokratisches Bulgarien,DB). Dritter wurden die Nationalisten von Wiedergeburt (13,35 Prozent). Dahinter folgten DPS-NN, die Bulgarische Sozialistische Partei (BSP), APS, So ein Volk gibt (ITN) und der parlamentarische Frischling Schwert.
Zahlreiche rote Linien markieren die Beziehungen der Parteien untereinander. Immerhin stimmen die euro-atlantisch orientierten Gerb und die ebenfalls prowestlichen liberal-konservativen Zweitplatzierten PP/DB in politischen Grundsatzfragen überein. So etwa bei Bulgariens Anspruch auf unbeschränkten Zugang zum Schengener Raum, zügige Annahme des Euros und militärische Unterstützung der Ukraine. So gilt eine Koalition zwischen nicht nur als rechnerisch notwendig, sondern auch als politisch konsequent.
Alleine würde es für die beiden aber nicht reichen. Die Gretchenfrage ist daher, ob sie sich auf einen dritten Koalitionspartner verständigen können, beziehungsweise einen solchen finden werden. Falls nicht, dürften die Bulgaren und Bulgarinnen im März 2025 ihr achtes Parlament in knapp vier Jahren wählen.
Die liberal-konservativen PP/DB haben die Reform des Rechtswesens und den Kampf gegen Korruption zu ihrer Priorität erklärt. Das soll eine Zusammenarbeit mit DPS-NN ausschließen. Der Führer jener Partei, Deljan Peevski, wurde vom US-amerikanischen Finanzamt im Jahr 2021 wegen Korruptionsverdachts mit Magnitsky-Sanktionen belegt.
Tatsächlich gehören die DPS-NN und auch die APS zu den heimlichen Gewinnern der neuerlichen Parlamentswahl. Bis zum Juli bildeten beide Fraktionen noch eine Partei – die auf die ethnischen und religiösen Minderheiten der Türken, Pomaken und Roma fokussierte Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS). Vereint wäre diese “Türkenpartei” zweitstärkste politische Kraft geworden.
Insbesondere der Umstand, dass Peevskis DPS-NN mit 11,5 Prozent gute vier Prozent mehr Wählerstimmen erringen konnte als die von DPS-Gründer Ahmed Dogan angeführte APS, weckt allerdings bei einigen Beobachtern Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl. Verdient oder unverdient genießt Dogan unter traditionellen DPS-Wählern eine noch aus den 1980er Jahren stammende Heldenverehrung als Widerständler gegen die Zwangsassimilierung der bulgarischen Muslime durch das kommunistische Regime.
Dagegen ist Deljan Peevski in seiner gut zwanzigjährigen, mit Skandalen gespickten Karriere zur umstrittensten politischen Figur des Balkanlands geworden. Seine Ernennung zum Chef der “Staatlichen Agentur für Nationale Sicherheit” (DANS) löste im Juni 2013 die größten und längsten Massenproteste im postkommunistischen Bulgarien aus.
Wahlprotokolle aus Roma-Vierteln in mehreren Städten dokumentieren merkwürdige Stimmverteilungen mit null Stimmen für die meisten Parteien und unverhältnismäßig hohen Stimmanteilen für GERB und DPS-NN. In der Kleinstadt Belitsa erfasste die Videoüberwachung in einem Wahllokal eine Frau, die im Beisein anderer Mitglieder der Wahlkommission auf leeren Stimmzetteln die Ziffern 8 und 18 für DPS-NN und Gerb markierte.
Es wäre nun Aufgabe staatlicher Ermittlungsbehörden, aufzuklären, ob es sich dabei um Einzelfälle handelt oder ein Massenphänomen. Erfahrungen aus vorangegangenen Wahlen lassen bezweifeln, dass dies geschehen wird. Frank Stier
Ist die Strategie der Bundesregierung gescheitert, mit subventionierten Großprojekten wie Chip- oder Batteriefabriken die Transformation der hiesigen Industrie voranzutreiben?
Ich kann nicht sagen, ob die Strategie damit gescheitert ist. Aber natürlich sollte die Politik sich jetzt mit den Ursachen der Absagen auseinandersetzen. Dabei unterscheiden sich die Projekte. Chiphersteller entscheiden sich gerade gegen Projekte, weil sie sich um die weltweite Chipkonjunktur sorgen. Ich sehe in diesen Absagen einen Glücksfall. Wir haben damit die Gelegenheit, die Strategie zu überdenken. Nicht alle Großprojekte sind allerdings schlecht. Ich hielte sogar solche für notwendig, mit denen sich zum Beispiel die gefährliche Abhängigkeit von China bei Antibiotika beenden ließe. In der Regel kann man staatliches Geld aber besser verwenden, als Fabriken zu subventionieren.
Also etwa keine staatliche Förderung von grünem Stahl?
Das Pilotprojekt von Thyssen-Krupp zu fördern, kann man vertreten. Hier geht es um den Aufbau einer neuen, möglicherweise umweltschonenderen Technologie. Es wäre allerdings falsch, die gesamte hiesige Stahlproduktion zu subventionieren.
Manche Experten halten es für erforderlich, bestimmte Kernindustrien in Deutschland zu erhalten, um grünes Wachstum zu ermöglichen und den Wandel zur Kreislaufwirtschaft zu schaffen. Als eine solche Kernindustrie sehen sie die Grundstoffindustrie. Ergibt diese Argumentation Sinn?
Viele Leute argumentieren so, aber dafür gibt es keine überzeugende Evidenz. Manche behaupten, dass Folgeindustrien abwandern, wenn die Grundstoffindustrie weggeht. Auch dafür fehlt empirische Evidenz. Das heißt nicht, dass der Effekt nicht eintreten kann, aber als Basis für staatliche Eingriffe sind reine Vermutungen ein bisschen wenig.
Aber bedingen sich nicht bestimmte Industriecluster und Forschungsstrukturen, die wiederum wichtig für Innovationen sind?
Wenn man wirklich über Forschung und Entwicklung redet, dann sind Cluster wichtig. Clustereffekte ergeben sich schlicht, wenn Menschen miteinander reden, man eher neue Beschäftigte kriegt, Kooperationen entstehen et cetera – das ist aber noch kein Grund für staatliche Subventionen. Wenn Unternehmen davon profitieren, in der Nähe anderer Industrieunternehmen zu sein, gehen sie auch aus eigenem Antrieb dorthin. Und wenn ein Cluster zerfällt, ist das in der Regel ein Zeichen, dass der Standort nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Dann muss man ihn vielleicht auch aufgeben.
Können Politiker aus der Deindustrialisierung von Regionen wie in Nordengland oder dem Rust Belt in den USA lernen, wie man solche Entwicklungen verhindern kann?
Ich fürchte, der Niedergang von Industrien ist der Preis wirtschaftlicher Entwicklung. Die Deindustrialisierung in manchen Regionen durch den China-Schock zeigt, dass es in der Tat keine Garantie dafür gibt, dass sich solche Regionen erholen. Aber es ist auch keine Lösung, dortige Firmen in der Breite dauerhaft zu subventionieren.
Was bedeutet das für die Transformation in Deutschland?
Ein gewisser Strukturwandel ist unumgänglich. Aber wir sind derzeit nicht in einer Situation, wo ganze Landstriche quasi deindustrialisiert werden. Das gab es in Deutschland im Ruhrgebiet und bestimmten Teilen Ostdeutschlands. Aber das sehe ich jetzt nicht. Für wichtig halte ich es allerdings, dass die Politik auf ein industriefreundliches Umfeld achtet.
Was genau sollte die Bundesregierung tun?
Infrastruktur, Bürokratie, Steuern und Abgaben, Ausbildung, Fachkräfte, Energie – es gibt eine Menge Felder, wo die Politik mehr tun sollte und nicht die Gefahr besteht, dass man größere Fehler macht. Damit wäre viel für die Industrie gewonnen. Wie sich die Firmen in diesem Umfeld dann entwickeln, das sollte man dem Markt überlassen. Außerdem sehen wir ja nicht nur eine Schrumpfung von bestimmten Industriebetrieben. Viele wollen expandieren, finden aber keine Arbeitskräfte. Wenn andere Firmen aufgrund des Strukturwandels Arbeitsplätze streichen, muss das nicht nachteilig sein. Es wäre etwas anderes, wenn wir fünf Millionen Arbeitslose hätten – die haben wir aber nicht. Aus diesem Grund wäre die deutsche Politik gut beraten, generell gute Bedingungen für Investitionen zu schaffen, aber Strukturwandel zuzulassen.
Und das halten Sie auch für richtig, obwohl andere Staaten wie die USA oder China ihre Industrien massiv subventionieren?
Die Amerikaner subventionieren ja vor allem Chipfabriken und Fabriken im Bereich der grünen Wirtschaft. Das ist eine schlechte und teure Politik. Die Strategie des Inflation Reduction Act sollten wir auf keinen Fall kopieren. Wir sind in Europa auch weiter. In den USA muss die Politik erst einmal dafür sorgen, dass die CO₂-Emissionen sinken. Dafür haben wir in Europa den CO₂-Preis. Die Fabriken für Wärmepumpen oder Solarzellen, die in den USA derzeit neu gebaut werden, verschwinden wahrscheinlich wieder, sobald die Subventionen wegfallen. Denn die USA haben hier keinen erkennbaren komparativen Vorteil.
Was lernen wir daraus?
Wir sollten uns in Europa und insbesondere in Deutschland auf die politischen Maßnahmen konzentrieren, die unumstritten sind und bei denen die Nützlichkeit klar ist. Meinetwegen auch Industrieansiedlungen im Bereich Forschung und Entwicklung. Aber bitte nicht irgendwelche Massenproduktion wie Batterien oder Solarpaneele subventionieren, bei denen wir wissen, dass sie mittelfristig ohnehin in Schwellenländer abwandern.
Staatssekretär Sven Giegold will im Zuge der Neuaufstellung der Grünen-Spitze das Bundeswirtschaftsministerium verlassen. Er ist nach Informationen von Table.Briefings als stellvertretender Parteivorsitzender der Grünen vorgesehen.
Weil der Posten im BMWK nicht mit einer Parteifunktion vereinbar ist und Giegold offenbar fest mit seiner Wahl rechnet, kündigte er am Dienstagabend an, zum 15. November aus diesem Amt zu scheiden. Die Bundesdelegiertenkonferenz, in der die neue Grünenspitze gewählt wird, findet vom 15. – 17. November statt.
Giegold war seit 2021 als Staatssekretär im BMWK zuständig für Europa- und Wirtschaftspolitik. Der frühere Europaabgeordnete verfügt über gute Kontakte zu Kirchen und sozialen Bewegungen. Ursprünglich war er auch als politischer Geschäftsführer im Gespräch; dagegen gab es aber im Realo-Flügel Widerstand. Auch Robert Habeck, der seinem scheidenden Staatssekretär am Dienstag “für drei Jahre vertrauensvolle Zusammenarbeit”, dankte, soll diesen Plan kritisch gesehen haben.
Neben Giegold soll Manuela Rottmann neu in den Grünen-Vorstand als Schatzmeisterin kommen. Politische Geschäftsführerin wird, wie Table.Briefings am Montag meldete, die bisherige Partei-Vize Pegah Edalatian. Wer sonst noch für die Grünen-Spitze vorgeschlagen ist und welche Risiken damit verbunden sind, lesen Sie im Berlin.Table.
Die EU-Kommission will auch nach dem Inkrafttreten der Zusatzzölle auf chinesische E-Autos über Alternativen mit Peking verhandeln. Sowohl die chinesische Regierung als auch die Kommission hätten ein Interesse, “zügig eine Lösung zu finden”, sagte ein EU-Beamter am Dienstag. Zuvor hatte die Kommission die Zölle final beschlossen. Sie sollen fünf Jahre lang gelten.
Die Behörde legte damit die endgültige Höhe der Zusatzabgaben fest: Für E-Autos des Herstellers BYD wird eine Zusatzabgabe von 17,0 Prozent fällig, wie aus der Verordnung hervorgeht. Bei Elektrofahrzeugen des Produzenten Geely beträgt die Abgabe 18,8 Prozent, während der Höchstsatz bei 35,3 Prozent liegt, etwa für SAIC. Der US-Hersteller Tesla muss 7,8 Prozent abführen.
Auch deutsche Hersteller sind betroffen, insbesondere VW mit Cupra, BMW mit dem Mini und Mercedes mit dem Smart. Sie müssen 20,7 Prozent auf die aus China importierten Fahrzeuge abführen. Eine Sonderbehandlung für die europäischen Hersteller sei rechtlich nicht möglich, sagte der EU-Beamte.
Die Zölle-Verordnung wurde noch Dienstagabend im Amtsblatt veröffentlicht, die Zölle traten deshalb noch um Mitternacht in Kraft. Anfang des Monats hatte eine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten für die Strafzölle gestimmt. Deutschland votierte dagegen. Die Bedenken Berlins bezogen sich auf die Gefahr eines neuen Handelskonflikts und mögliche Vergeltungsmaßnahmen gegen deutsche Unternehmen, allen voran die deutsche Autoindustrie. VDA-Präsidentin Hildegard Müller forderte gestern alle Seiten auf, “mit aller Entschlossenheit” nach einer WTO-konformen Lösung zu suchen, um die zusätzlichen Zölle wieder abzuschaffen.
Wann die EU-Delegation für eine weitere Verhandlungsrunde nach Peking reist, ist noch offen. Eine Deadline für die Gespräche gibt es nicht. Die Kommission verhandelt mit der chinesischen Seite und einzelnen Herstellern, insbesondere über Mindestpreise für die aus China importierten Fahrzeuge. Die EU-Seite fordert spezifische und nachprüfbare Zusagen der Hersteller für die einzelnen Modelle. Das lehnt die chinesische Seite ab – wohl auch aus Sorge, damit einen Präzedenzfall für andere Industrien zu schaffen.
Bislang ist noch ungewiss, wie China auf die endgültige Einführung der Zölle reagieren wird. Die Regierung in Peking warf der EU schon vor der Verabschiedung Protektionismus vor und hatte als mögliche Vergeltungsmaßnahmen Zusatzabgaben auf den Import von Schweinefleisch und Milchprodukten in Erwägung gezogen. Eine bereits eingeleitete Untersuchung gegen Branntwein-Importe resultierte bereits in Anti-Dumping-Maßnahmen Chinas gegen die EU.
In diesem Zusammenhang drohte das chinesische Handelsministerium höhere Zölle auf die Einfuhr von Verbrennern mit großem Hubraum aus der EU an. Zahlreiche Premium-Fahrzeuge der Marken Mercedes-Benz, Audi und BMW könnten unter die neue Regelung fallen. Denn obwohl die Konzerne Werke in China betreiben, werden hochmotorige Limousinen oder SUVs zumeist nicht in der Volksrepublik produziert, sondern importiert. Beobachter bezweifeln jedoch, dass die chinesische Führung den Handelskonflikt mit den Europäern so kurz vor der Präsidentschaftswahl in den USA eskalieren lassen wird. Sollte dort Donald Trump gewinnen, sind stabile Wirtschaftsbeziehungen zu Europa umso wichtiger.
Zudem hat Frankreich bereits angekündigt, die Einfuhrzölle auf Branntweine anfechten zu wollen. Paris hält sie für politisch und ungerechtfertigt. Ein Diplomat bezeichnete sie als “inakzeptable Manipulation der Handelsregeln”. Die französische Handelsministerin, Sophie Primas, reist nächste Woche nach Shanghai, auch um Chinas Handelsminister Wang Wentao zu treffen. Auch die Europäische Kommission sagte, sie werde die vorläufigen Antidumpingmaßnahmen auf Brandy-Importe aus der EU bei der Welthandelsorganisation anfechten. fpe/tho
In ihrer Sitzung am Dienstag haben die Ständigen Vertreter weiter an der Budapester Erklärung gearbeitet. Sie soll beim informellen Gipfel am 8. November in Budapest beschlossen werden und hat das Thema Neuer Deal für Wettbewerbsfähigkeit. Zum jetzigen Zeitpunkt umfasst der Entwurf zehn Seiten. Table.Briefings liegt das Papier vor, Sie können es hier lesen. mgr
Die Kommission hat am Dienstag das Arbeitsprogramm des Europäischen Innovationsrats (EIC) vorgelegt. Das Programm wird im kommenden Jahr 1,4 Milliarden Euro ausgeben können, um die europäische Deep-Tech-Forschung sowie Start-ups mit hohem Potenzial zu unterstützen. Für sein Arbeitsprogramm 2025 hat der EIC knapp 200 Millionen Euro mehr zur Verfügung als 2024.
Nach Angaben der Kommission bringt das neue Arbeitsprogramm neben der Aufstockung der Mittel weitere Verbesserungen mit sich. Dazu gehören ein besserer Zugang zu Beteiligungskapital im Rahmen des Scale-up-Programms (STEP). Auch seien weitere Verbesserungen auf der Grundlage der Empfehlungen des EIC-Beirats erfolgt. Die gezielte Unterstützung, insbesondere im Rahmen der STEP-Aufforderung zur Aufstockung, werde dazu beitragen, kritische Finanzierungslücken zu schließen und ein stärkeres, widerstandsfähigeres Innovationsökosystem in Europa aufzubauen, sagte Iliana Ivanova, noch amtierende Kommissarin für Innovation und Forschung.
Die Kommission hat den Europäischen Innovationsrat nach einer Pilotphase (2018 bis 2020) im Jahr 2021 als festen Bestandteil von Horizon Europe etabliert. Eine Besonderheit des EIC ist die Förderung einzelner Unternehmen, vorwiegend Start-ups und KMUs, welche sowohl in Form von Zuschüssen als auch Investitionen unterstützt werden. Die Investitionen erfolgen derzeit durch direkte Eigenkapitalbeteiligungen oder quasi-Eigenkapital und werden vom EIC-Fonds verwaltet. Dieser Fonds zielt auch darauf ab, private Co-Investitionen anzuziehen, um das Wachstum innovativer Unternehmen in strategischen Sektoren weiter zu fördern.
Die wichtigsten Punkte im neuen EIC-Arbeitsprogramm:
Die drei Hauptförderschienen des EIC-Arbeitsprogramms sind:
Kritik an den bisherigen EIC-Programmen gab es vor allem wegen der komplexen Antragsverfahren und administrativen Anforderungen. Viele Start-ups sahen sich durch die hohen Auflagen behindert. Mit den Anpassungen des Programms und zusätzlichen Fördermöglichkeiten will die EU Prozesse vereinfachen und flexibler reagieren. vis
In einem Positionspapier der eFuel Alliance fordert der Branchenverband dringenden Handlungsbedarf bei den regulatorischen Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene. Wenn man den Rechtsrahmen nicht ändere, werde der Hochlauf von Wasserstoff und Derivaten viel langsamer gehen, erklärte Ralf Diemer, Hauptgeschäftsführer der eFuel Alliance. Selbst niedrige Quoten für E-Fuels seien dann nur schwer zu erfüllen.
Die Industrie sehe sich insbesondere durch unklare Quotenregelungen und einschränkende Anforderungen der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III) sowie durch zu komplexe Vorgaben der delegierten Rechtsakte zur Produktion von RFNBOs (Renewable Fuels of Non-Biological Origin) gehemmt, heißt es in dem Papier. Laut der eFuel Alliance erschweren diese Regelungen potenziellen Investoren den Markteintritt und verhindern die Entwicklung einer starken Wertschöpfungskette für erneuerbare Kraftstoffe in Europa. Mit den diesbezüglichen Ausführungen des designierten Energiekommissars Dan Jørgensen zeigte sich der Verband bislang noch nicht zufrieden und kündigte an, dass Europaabgeordnete Jørgensen bei seiner Anhörung kommende Woche noch weiter befragen werden.
Neben regulatorischen Unsicherheiten stelle auch der Ausschluss des Straßenverkehrs als Zielmarkt für E-Fuels eine Hürde dar. Es schränke die Nachfrage nach E-Fuels ein und verlangsame das Wachstum, insbesondere da bei Straßenfahrzeugen vergleichsweise stabilere Abnahmeverträge möglich seien. Die eFuel Alliance fordert daher die Anerkennung von E-Fuels als CO₂-reduzierende Technologie im Straßenverkehr.
Um eine nachhaltige und langfristige Investitionssicherheit zu gewährleisten, schlägt der Branchenverband vor, ambitioniertere Quoten für die Nutzung erneuerbarer Kraftstoffe zu beschließen, Abnahmemengen durch finanzielle Anreize für Übererfüllungen zu belohnen und Förderprogramme wie den EU-Innovationsfonds zu nutzen. Die EU solle zudem eine Anpassung der Energiesteuerrichtlinie prüfen, um erneuerbare Kraftstoffe nicht mehr wie fossile Energieträger zu besteuern. luk
Die designierte EU-Kommissarin Roxana Mînzatu möchte berufliche (Weiter-)Bildung stärken sowie einen Aktionsplan für Grundkompetenzen ausarbeiten. Der Aktionsplan soll dem “besorgniserregenden Leistungsrückgang” in den Bereichen Lesen und Schreiben, Mathematik und Naturwissenschaften sowie den unzureichenden digitalen Kompetenzen entgegenwirken. Dies geht aus den schriftlichen Antworten der rumänischen Europaabgeordneten auf Fragen des Europäischen Parlaments hervor. Diese wurden jetzt bereits vor der für den 12. November geplanten persönlichen Anhörung von Mînzatu vor dem Parlament veröffentlicht.
Sollte Mînzatu im November als geschäftsführende Vizepräsidentin für “People, Skills and Preparedness” bestätigt werden, plant sie eine “Union der Kompetenzen”, die den Arbeits- und Fachkräftemangel mildern und Bildung europaweit stärken soll. Zudem kündigte sie “Investitionen in Menschen” an: “Die nächste Kommission wird eine Investitionskommission sein.”
Zudem setzt Mînzatu auf digitales Lernen – vom frühkindlichen bis zum lebenslangen Lernen. Der Aktionsplan für digitale Bildung 2021-2027 sei eine gute Basis, doch die Reformen müssten weiter beschleunigt werden. Es brauche digitale Tools im Klassenzimmer und “fortgeschrittene digitale Kompetenzen” in Bereichen wie KI, Programmierung und Cybersicherheit.
Nachhaltige Bildung soll weiterhin mit dem “GreenComp”-Rahmen unterstützt werden und Lehrkräfte-Akademien sollen Umweltthemen künftig noch intensiver vermitteln. Zudem will die Kommissarin das Erasmus+ Programm stärken und den Zugang zu Austauschprogrammen für benachteiligte Gruppen verbessern, um Chancengleichheit und die europäische Identität zu fördern. Vera Kraft