Table.Briefing: Europe

Sorgfaltspflichten im Trilog + Abstimmung über Rohstoffgesetz + Tusk gewählt

Liebe Leserin, lieber Leser,

Věra Jourová und Didier Reynders werden dem Vernehmen nach heute im “College” zu Ungarn vortragen. Sie werden erklären, dass die Budapester Regierung die Voraussetzungen für die Auszahlung eines Teils der Gelder geschaffen hat, die die EU wegen Verstößen Ungarns gegen die Rechtsstaatlichkeit und andere EU-Werte bislang zurückhält. Konkret geht es um rund zehn Milliarden Euro, die die Kommission wegen Angriffen Ungarns auf die Unabhängigkeit der Justiz nicht ausgezahlt hat.

Hier hat Budapest die Forderungen aus Brüssel erfüllt. Daher kommt die Kommission nicht umhin, dies festzustellen. Andernfalls, so die Einschätzung der Kommissionsjuristen, hätte Viktor Orbán gute Chancen, wenn er die Kommission vor dem EuGH verklagen würde. Konkret heißt das: Seine Regierung kann nun die Programme bei Kohäsionsfonds, Mare und ESF+ starten. Wenn die Rechnungen ordentlich eingereicht werden, muss die Kommission die Gelder Zug um Zug auszahlen.   

So gut wie nichts getan hat Ungarn dagegen im Bereich der akademischen Freiheit, beim Schutz von Kindern und bei den Asylverfahren. Auch hier besteht die Kommission auf Änderungen. Daher bleiben noch 11,7 Milliarden Euro von insgesamt 21,7 Milliarden EU-Geldern geblockt. Weitere 6,3 Milliarden bleiben unter der Konditionalität gesperrt. Auch beim Corona-Wiederaufbaufonds und bei RepowerEU hat Ungarn noch nicht die Voraussetzungen erfüllt und muss auf Milliarden warten. Unter dem Strich bleiben nach der Kommissionssitzung 24 Milliarden EU-Gelder für Ungarn blockiert, und “nur” elf Milliarden werden fließen.

Ausgerechnet in dieser Woche: Am Donnerstag und Freitag streiten beim Europäischen Rat die 26 Mitgliedstaaten mit Ungarn um den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine, um die Milliardenhilfen für die Ukraine und um den MFR. Jetzt muss die Kommission diese Entscheidung treffen.

Sie wird dafür viel Kritik einstecken. Dass die Entscheidung jetzt ansteht, das ist kein Zufall. Es gilt eine Neun-Tages-Frist, wenn ein Mitgliedstaat die Voraussetzungen für die Freigabe der Mittel anzeigt. Orbán hätte genauso gut den Antrag früher oder später stellen können. Das hat er aber nicht getan. So treffen die Schmach, an Ungarn auszahlen zu müssen, und der Gipfel mit dem Showdown terminlich unmittelbar zusammen. Der Autokrat spielt sich als Choreograf auf.

Ihr
Markus Grabitz
Bild von Markus  Grabitz

Analyse

EU-Sorgfaltspflichtengesetz: Sonderrolle für Finanzdienstleister

Es wird voraussichtlich der finale Trilog zum EU-Sorgfaltspflichtengesetz zu dem Kommission, Rat und Parlament am Mittwochabend zusammentreffen. Die letzte große Hürde für eine Einigung ist die Frage, ob auch Finanzdienstleister in dem geplanten europäischen Standard für verantwortungsbewusstes unternehmerisches Handeln (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) berücksichtigt werden.

Nach Informationen von Table.Media aus Verhandlungskreisen dürfte die spanische Ratspräsidentschaft vorschlagen, die Finanzdienstleister aus der Richtlinie ganz auszuklammern. Das wäre für die Kommission, aber vor allem für das EU-Parlament ein schmerzhaftes Zugeständnis. Festgehalten werden könnte aber, dass Finanzdienstleister zu einem späteren Zeitpunkt noch in das Gesetz aufgenommen werden oder anderweitig reguliert werden könnten.

Sollten die Trilogverhandlungen für die CSDDD scheitern, könnte das gesamte Vorhaben scheitern. Denn es ist fraglich, ob sich im nächsten EU-Parlament erneut eine große Mehrheit für eine solche Regulierung starkmachen würde, so wie es jetzt der Fall ist.

Sonderrolle für Finanzdienstleister

Auf Druck von Frankreich hatten die Mitgliedstaaten bereits in ihrer Allgemeinen Ausrichtung eine Sonderrolle für den Finanzsektor beschlossen. Demnach sollte es jedem Mitgliedstaat selbst überlassen werden, ob Finanzdienstleistungen unter das Gesetz fallen oder nicht.

Das Parlament fordert, die Sorgfaltspflichten auf den nachgelagerten Teil der Wertschöpfungskette von Finanzunternehmen anzuwenden und die Hauptmärkte des Finanzsektors einzubeziehen. Deutschland hatte sich zusammen mit Dänemark, den Niederlanden und Finnland für Sorgfaltspflichten bei Kredit- und Versicherungsdienstleistungen eingesetzt. Frankreich lehnt dies aber kategorisch ab.

Gesamtmetall lehnt das Gesetz ab

Eine Einigung bei der CSDDD versuchen einige große europäische Unternehmensverbände auf den letzten Metern zu verhindern, darunter der Bundesverband Deutscher Arbeitgeber (BDA) und Gesamtmetall aus Deutschland. “Die Bundesregierung darf dieser Richtlinie so nicht zustimmen!”, teilte Gesamtmetall am Montag mit. Verhindern will der Verband eine zivilrechtlichen Haftung der Unternehmen bei Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in der gesamten Lieferkette.

Die beiden deutschen Verbände haben sich nach Informationen von Table.Media auch mit Verbänden aus Italien und Frankreich zusammengetan, um eine im Vergleich zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz schärfere europäische Richtlinie zu verhindern. Nach Ansicht von Beobachtern wird Frankreich aber für die Richtlinie votieren, wenn die Finanzdienstleister ausgeklammert werden. Als unwahrscheinlich gilt es auch, dass die italienische Regierung den Rechtsakt ablehnt, weil die katholische Kirche dafür ist.

Möglich erscheint dagegen, dass Deutschland sich am Ende in der Abstimmung des Rates enthalten könnte. Das wäre zwar ungewöhnlich, aber Deutschland hatte dies zuletzt im Falle der E-Fuels schon einmal auf Druck der FDP getan.

Haltung in Deutschland ist gespalten

Mit einer Erklärung fordert dagegen die Responsible Business Alliance, ein Zusammenschluss von nahezu 600 großen Unternehmen, gemeinsam mit anderen wirtschaftlichen Akteuren “eine politische Einigung im Hinblick auf die Verabschiedung der endgültigen Fassung des Gesetzes zu erzielen”. Obwohl sie zu bestimmten Aspekten des Gesetzes unterschiedliche Ansichten verträten:

  • “sind wir uns einig, dass ein gemeinsamer EU-weiter Rechtsrahmen als Teil einer intelligenten und kohärenten Mischung aus politischen und legislativen Maßnahmen notwendig ist”.
  • Begrüßen sie die Bemühungen der Mitgesetzgeber einen risikobasierten Ansatz zu wählen, der auf weltweit anerkannten Sorgfaltspflichten aufbaut.
  • Wichtig sei, dass die Richtlinie die Einbeziehung von Stakeholdern als entscheidende Komponente einer effektiven Sorgfaltspflicht integriere,
  • die Rolle von Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretern anerkenne
  • und eine effektive Zusammenarbeit zwischen Unternehmen fördere, auch im Rahmen von Industrie- und Multi-Stakeholder-Initiativen.

In Deutschland ist die Haltung der Wirtschaft in Sachen Lieferkettenregulierung gespalten, auch innerhalb des BDI gehen die Meinungen auseinander. Zudem teilen viele Unternehmen die ablehnende Haltung großer Verbänden keineswegs, selbst KMU stehen einer raschen Einführung eines europäischen Lieferkettengesetzes positiv gegenüber.

Zivilgesellschaft fordert Einbezug der Finanzwirtschaft

In der Zivilgesellschaft stößt ein möglicher Ausschluss der Finanzwirtschaft aus dem CSDDD auf scharfe Kritik. Als zivilgesellschaftliche Organisationen, die seit Jahren auf die Verwicklungen von Banken, Versicherungen und Investoren in menschenrechtsverletzende oder klimaschädliche Projekte aufmerksam machten, “wissen wir um die fatalen Folgen bislang fehlender verbindlicher Sorgfaltspflichten der Finanzindustrie”, appellieren diverse NGO wie Brot für die Welt, Urgewald und Deutsche Umwelthilfe an die Bundesregierung. Sie pochen auf einen Einbezug der Finanzdienstleister.

Zahlreiche Finanzunternehmen bekennen sich zu freiwilligen Standards wie den UN Principles for Responsible Investment (UN PRI) oder dem Global Compact. Allerdings führten Verstöße durch die von den Finanzinstituten finanzierte Unternehmen zu keinen ernsthaften Konsequenzen im Sinne der Betroffenen, monieren die NGO. In dieser Hinsicht gleichen sich die Real- und die Finanzwirtschaft. Auch in der Realwirtschaft haben freiwillige Vereinbarungen die Verhältnisse in den Lieferketten kaum verbessert, weswegen Staaten nun verbindliche Vorgaben mit Gesetzen einführen.

Finanzakteure gehören zu den großen Verursachern der Klimakrise. Allein 2022 haben Banken mehr als 150 Milliarden Dollar in Unternehmen gesteckt, deren fossile Energieprojekte die Klimaziele unerreichbar machen könnten. Würden die 425 weltweit größten Projekte fortgesetzt, würden sie das Vierfache des ohnehin rasch schwindenden globalen Emissionsbudgets verbrauchen.

Europa ist weltweit die zweitgrößte Quelle für institutionelle Investitionen in die fossile Energieindustrie. Zahlreiche Verbände der Finanzindustrie sprechen sich zudem für eine Regulierung aus, etwa aus den Niederlanden, Dänemark oder Schweden. Auch die EZB befürwortet den Einbezug der Finanzwirtschaft.

Spielraum für Kompromisse

Bei den morgigen Verhandlungen besteht durchaus noch Spielraum für Kompromisse: Beim vergangenen Trilogtreffen auf politischer Ebene am 22. November waren unter anderem auch die Bestimmungen zu Klimaschutzplänen und zur Haftung offen geblieben.

Es geht zum einen um die Frage, ob Unternehmen verpflichtet sein sollen, Klimaschutzpläne nicht nur zu erstellen, sondern auch umzusetzen. Der Rat will diese Umsetzungspflicht streichen und die Pläne auf das EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ausrichten. Das Parlament fordert die Verpflichtung zur Umsetzung sowie eine Ausrichtung der Pläne auf das Klimaziel für 2030, also eine Emissionsreduzierung um 55 Prozent.

Zum anderen geht es um die zivilrechtliche Haftung des Unternehmens im Falle einer Verletzung der Sorgfaltspflicht und entsprechenden negativen Auswirkungen. Während der Rat einen unangemessenen Eingriff in das Deliktsrecht der Mitgliedstaaten verhindern will und deshalb bestimmte Bedingungen für eine Haftung aufstellt, will das Parlament die Bestimmungen ausweiten. Es fordert etwa, Unternehmen auch haftbar zu machen, wenn sie Multi-Stakeholder-Initiativen oder Vertragsklauseln nutzen.

Die spanische Ratspräsidentschaft hatte sich in einem Kompromissvorschlag bereit gezeigt, den Zugang zu Gerichten in einigen Punkten zu erleichtern. Möglicherweise könnte auch ein Teil der Managervergütung an die Einhaltung von Sorgfaltspflichten geknüpft werden.

Mit einem Ergebnis ist wohl frühestens am Donnerstag in den Morgenstunden zu rechnen. Das Treffen beginnt am Mittwoch um 21 Uhr – und die Liste der Themen ist noch lang.

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CRMA: Erste Projekte könnten im Sommer ausgewählt werden

Der Critical Raw Materials Act (CRMA) befindet sich kurz vor dem Ziel. Nachdem sich das Parlament Mitte November mit dem Rat auf einen finalen Gesetzestext geeinigt hat, werden die Abgeordneten heute Morgen in Straßburg das Ergebnis diskutieren und dann mittags darüber abstimmen. Der federführende Industrieausschuss (ITRE) hat diese am vergangenen Donnerstag nahezu einstimmig angenommen. Auch im Plenum gilt die Abstimmung als Formsache.

Für das Parlament waren die Verhandlungen erfolgreich, in vielen Punkten konnten sich die Abgeordneten durchsetzen. Die Verhandlungen seien sehr offen gewesen, die spanische Ratspräsidentschaft habe sich sehr aufgeschlossen gezeigt für neue Ideen, sagte Berichterstatterin Nicola Beer (Renew) gestern bei einem Pressegespräch. Etwa in der Frage des Recyclings kritischer Rohstoffe: Hier wurde die Benchmark auf mindestens 25 Prozent des jährlichen Rohstoffverbrauchs der EU erhöht. Als Basis sollen nicht nur Projektionen zukünftiger Abfälle dienen, sondern auch bereits vorhandene Abfallvorkommen, die kritische Rohstoffe enthalten.

Der finale Gesetzestext soll auch die Substitution der Rohstoffe ankurbeln. Das Parlament hat durchgesetzt, dass auch Substitutionsprojekte den Status strategischer Projekte erhalten. “Alles, was wir recyceln oder ersetzen können, müssen wir nicht abbauen oder importieren”, erklärte Beer.

Beer: “Es kann jetzt sehr, sehr schnell gehen

Wenn das Parlament und der Rat den Rechtsakt formal angenommen haben, wird die Verordnung im Amtsblatt der EU veröffentlicht und tritt 20 Tage später in Kraft. Laut Nicola Beer könnten bereits im kommenden Sommer die ersten strategischen Projekte ausgewählt werden. “Es kann jetzt sehr, sehr schnell gehen“, sagte sie – das sei aber auch notwendig: “Wir sind relativ spät dran, was die geopolitische Lage betrifft. Wir sehen, dass die Chinesen immer stärker anziehen, auch in ihrer Aggressivität.”

Die Industrie habe den ganzen Prozess mit Interesse verfolgt, betont auch Hildegard Bentele (EVP). “Wir haben deutliche Signale, dass die Unternehmen bereit sind und auf den Startschuss warten.” In der Industrie-Initiative European Raw Materials Alliance (ERMA) seien bereits diverse Projekte identifiziert.

Die Unternehmen müssen laut dem neuen Gesetz eine Bewerbung für ein strategisches Projekt bei der EU-Kommission einreichen, das bestimmte Bedingungen erfüllt. Diese Projekte erhalten dann Vorrang bei der Genehmigung in den Behörden und stehen im “überwiegenden öffentlichen Interesse”.

Für die Grünen ist dieser letzte Punkt ein Wermutstropfen, erklärt Henrike Hahn: Auch in Schutzgebieten wird die Genehmigung von strategischen Rohstoffprojekten wegen des überwiegenden öffentlichen Interesses möglich sein. Das Parlament konnte sich hier nicht durchsetzen. Allerdings ändere der CRMA nichts daran, dass bestehende Umweltgesetzgebung eingehalten und jeder Antrag individuell geprüft werden müsse. Es gehe also mit den neuen Vorgaben in erster Linie um den zeitlichen Ablauf des Genehmigungsverfahrens.

FPIC-Prinzip indirekt im Gesetz enthalten

Die schwierigsten Themen, über die Rat und Parlament bis zuletzt verhandelten, waren zum einen das Mitbestimmungsrecht indigener Völker. Das Parlament hatte die explizite Erwähnung des Prinzips der freien, vorherigen und informierten Zustimmung (free, prior and informed consent, FPIC) im Gesetz gefordert. Im Rat hatte Schweden jedoch ein Veto eingelegt. Am Ende werten Grüne und Vertreter der Zivilgesellschaft die Einigung trotzdem als positiv: Die UN-Deklaration der Rechte indigener Völker (UNDRIP) wird in die Kriterien für strategische Projekte aufgenommen und explizit im Gesetz erwähnt. Diese beinhaltet auch das FPIC-Prinzip.

Zum anderen blieb auch das Thema Tiefseebergbau bis zuletzt strittig. Der juristische Dienst des Rats habe rechtliche Bedenken wegen der Zuständigkeit der Meeresbodenbehörde gehabt, heißt es. Die endgültige Fassung besagt nun, dass die Kommission im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip “einem Tiefseebergbauprojekt erst dann den strategischen Status zuerkennen kann, wenn die Auswirkungen auf die Meeresumwelt, die biologische Vielfalt und menschliche Tätigkeiten ausreichend erforscht wurden”. Außerdem müssen die Risiken bekannt sein, und die Technologien und Betriebsverfahren müssen nachweisen, dass die Umwelt nicht ernsthaft geschädigt wird.

Industrie sieht Schwächen bei Finanzierung

Die Reaktionen in der deutschen Industrie fallen grundsätzlich positiv aus. “Durch die Einigung zum Critical Raw Materials Act kann Europa seine Souveränität und Resilienz bei der Rohstoffversorgung ausbauen”, erklärt Anne Lauenroth vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI). Allerdings drohen Taxonomie, Lieferketten- und Chemikalienregulierung sowie hohe Energiepreise die notwendigen Investitionen in den Auf- und Ausbau der benötigten Kapazitäten auszubremsen, kritisiert sie.

Auch die fehlende Finanzierung gefährde den Erfolg des Gesetzes. Der CRMA setzt vor allem darauf, durch Planungssicherheit private Investitionen anzuschieben. Ein Rohstofffonds wurde nicht aufgesetzt; das Parlament will sich jedoch weiterhin dafür einsetzen. In der Finanzierungsfrage müsse Europa jedoch ohnehin klotzen. “Allein im Rahmen seiner Seidenstraßen-Initiative hat China für strategische Infrastruktur- und Rohstoffprojekte seit 2013 rund 962 Milliarden Dollar investiert“, sagte Lauenroth. “Will Europa mithalten, braucht es jetzt innovative Lösungen, mindestens eine strategische Verknüpfung existierender Finanzierungstöpfe und -instrumente auf nationaler und europäischer Ebene.”

Um verschiedene Instrumente und Finanzströme der Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungsfinanzierung miteinander zu kombinieren, nimmt die EU-Kommission zurzeit eine Bestandsaufnahme vor. Insbesondere im Rahmen der Global-Gateway-Initiative sollen verstärkt Pakete aus verschiedenen Instrumenten geschnürt werden.

“Der CRMA ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung”, sagt auch Oliver Blank, Bereichsleiter für Global Affairs beim Verband der Elektroindustrie (ZVEI). Er sieht ein Problem in einer fehlenden grenzüberschreitenden Komponente. “Gerade beim Aufbau von Recyclingstrukturen in Europa wird es nicht ohne europaweite Standards und gemeinsame Infrastrukturen gehen.” Daher bestehe das Risiko, dass es in einigen Jahren, wenn etwa viele Elektroautos am Ende ihrer Lebenszeit angekommen seien und recycelt werden können, keinen effizienten, europäischen Sekundärrohstoffmarkt gebe, sondern ein nationales Klein-klein.

Zivilgesellschaft begrüßt Erhöhung der Recyclingziele

Auch die Zivilgesellschaft sieht einige positive Anstöße im CRMA. “Es ist zu begrüßen, dass sich die EU auf höhere Recyclingziele geeinigt hat”, sagt Michael Reckordt von der NGO PowerShift. “Gleichzeitig ist noch unklar, inwieweit auch der global ungerechte und ökologisch destruktive Rohstoffverbrauch in der EU angegangen wird. Denn dieser hohe Verbrauch ist Ausgangspunkt für die Verletzung von Menschen- und Arbeitsrechten, Indigenen Rechten und Umweltstandards.”

Im Gesetz enthalten ist eine Vorgabe zur Mäßigung des erwarteten Verbrauchs an kritischen Rohstoffen. Die Kommission ist verpflichtet, innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes ein entsprechendes Referenzszenario zu erstellen. Wie genau der Verbrauch dann reduziert werden soll, bleibt jedoch unklar.

Tobias Kind-Rieper vom WWF sieht weiterhin Lücken unter anderem im Bereich der strategischen Rohstoffpartnerschaften: “Strategische Partnerschaften mit Drittländern müssen gut beurteilt werden können und dürfen nicht ausschließlich auf Zertifizierungssysteme gestützt sein”, erklärt er. “Transparenz über die Vereinbarung zwischen der EU und den Drittstaaten muss ermöglicht werden, sowie die Beteiligung der Zivilgesellschaft vor allem in den Drittstaaten.”

  • Critical Raw Materials Act
  • CRMA
  • Geopolitik
  • kritische Rohstoffe
  • Rohstoffe
  • Rohstoffstrategie

Termine

12.12.2023 – 14:50-18:15 Uhr, Berlin
FZE, Konferenz Die Carbon Managementstrategie der Bundesregierung
Das Forum für Zukunftsenergien (FZE) lädt zur Diskussion über die Carbon-Managementstrategie der Bundesregierung. INFOS & ANMELDUNG

13.12.2023 – 10:00-11:00 Uhr, online
TÜV, Seminar Kommunale Wärmeplanung: Wie werden Städte klimaneutral?
Der TÜV informiert über die rechtlichen Rahmenbedingungen der kommunalen Wärmeplanung. INFOS & ANMELDUNG

13.12.2023 – 19:00 Uhr, Hamburg
Körber Stiftung, Podiumsdiskussion Eskalation in Nahost: Deutschland und der Israel-Hamas-Krieg
Die Körber Stiftung diskutiert die Auswirkungen des Kriegs zwischen der Hamas und Israel. INFOS & ANMELDUNG

14.12.2023 – 08:00-12:30 Uhr, Garlstedt
KAS, Seminar Die transatlantische Solidarität – Die Politiken der USA, der EU und der NATO gegenüber China und Russland
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert die Politik der EU und der NATO im Konflikt mit der Machtpolitik autoritärer Regime. INFOS & ANMELDUNG

14.12.2023 – 09:30-11:30 Uhr, online
ASEW, Seminar SWOT-Analyse in der Produktentwicklung
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) stellt die internen Stärken und Schwächen verschiedener Geschäftsfelder von Stadtwerken gegenüber. INFOS & ANMELDUNG

14.12.2023 – 10:00-11:30 Uhr, online
ASEW, Seminar Doch nicht das Ende? Second Life für EE-Anlagen
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) wirft einen Blick auf den aktuellen Stand bei der Errichtung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen. INFOS & ANMELDUNG

14.12.2023 – 14:00-16:00 Uhr, online
EUI, Seminar The Digital Markets Act: towards meaningful consumer choice in the digital age?
The Centre for a digital Society (EUI) discusses the implications of the Digital Markets Act for consumers. INFOS & REGISTRATION

14.12.2023 – 15:00-16:30 Uhr, online
Hydrogene Europe, Discussion Post COP28: What’s next for international hydrogen partnerships?
Hydrogen Europe address the next climate ambitions from the phase out of fossil fuels to the improvement of energy efficiency.  INFOS & ANMELDUNG

News

Polnisches Parlament wählt Donald Tusk zum Regierungschef

Polish Parliament elects Donald Tusk as the new prime minister Photo: Piotr Molecki/East News Session of the Polish Sejm lower chamber of the Parliament during which the leader of the Koalicja Obywatelska Civic Coalition Donald Tusk was elected by the Parliament as the new Polish prime minister on December 11, 2023 in Warsaw, Poland. Pictured: Donald Tusk deliveres his speech after the vote.
Am Ziel: Nach fast acht Wochen Wartezeit hat das polnische Parlament den früheren Oppositionsführer Donald Tusk mit großer Mehrheit zum künftigen Regierungschef gewählt.


Fast zwei Monate nach den Wahlen hat Polens Sejm einen neuen Ministerpräsidenten gewählt: Donald Tusk. Der Führer der demokratischen Opposition, die am 15. Oktober ein klares Votum der Wähler bekam und sich sofort danach bereit erklärte, eine Regierungskoalition zu bilden, bekam 248 Stimmen. Das sind 17 Stimmen mehr als die notwendige Mehrheit. Tusk wird bereits am heutigen Dienstag seine Regierung vorstellen, denn die Koalition hat sich längst auf die Besetzung der Ministerien geeinigt.

Damit geht eine politische Farce zu Ende. Die acht Jahre regierende PiS-Partei von Jarosław Kaczyński nutzte alle Tricks, um sich so lang wie möglich an die Macht zu klammern. Sie ist zwar als die stärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen, doch von Anfang an war allen klar, dass niemand mit Kaczyński koalieren will. Dennoch hat Polens Präsident Andrzej Duda, der von der PiS gestellt wurde, den alten Premier Mateus Morawiecki vor einem Monat mit einer Regierungsbildung beauftragt.

Morawiecki erhält nur 190 Stimmen

In dieser Zeit haben die PiS-Politiker alles unternommen, um Tusk und seiner neuen Mannschaft so viele Stolpersteine wie möglich in den Weg zu legen. So feuerten sie die Krise an der ukrainischen Grenze an, wo polnische Spediteure seit vier Wochen alle Grenzgänge blockieren. Ihre Minister vernichteten Dokumente, die kriminelle Entscheidungen belegen würden und gaben Millionen Steuergelder an befreundete Stiftungen aus, wo einige von ihnen einen sicheren Job bekommen werden. Präsident Duda ernannte kurz vor Toresschluss Hunderte neue Richter, um die Kontrolle der PiS über die Gerichte zu zementieren.

Auch die heutige Parlamentsdebatte fühlte sich wie absurdes Theater an. Obwohl die PiS wusste, dass ihre Regierung durchfallen wird, hat sie vor dem TV-Publikum stundenlang die “großen Erfolge” ihrer zwei Amtszeiten betont. Der “Ministerpräsident” Morawiecki sprach 69 Minuten und hat sich als Verteidiger der Frauen und als Befürworter der Beendigung des polnisch-polnischen Krieges präsentiert. Dabei hetzte er im Wahlkampf wie kein zweiter gegen Donald Tusk. Er bekam nur 190 Stimmen, 266 Abgeordnete sprachen ihm ihr Misstrauen aus.

Keine Glückwünsche für den Sieger

Dennoch versuchten die PiS-Granden bis zum Schluss, Donald Tusk zu diskreditieren und vor der EU zu warnen. Statt Tusk zu seiner Wahl zu gratulieren, wie das zum gute Ton gehört, beschimpfte Kaczyński den neu gewählten Ministerpräsident wieder einmal als “Berliner Agenten”. Andrzej Rybak

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EU bereitet Sanktionen gegen radikale Siedler vor

Die EU bereitet Sanktionen gegen radikale israelische Siedler im Westjordanland vor. Die Arbeiten hätten begonnen, sagte EU-Chefdiplomat Josep Borrell nach einem Treffen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel. Als Grundlage dient das bestehende Sanktionsinstrument zur Bestrafung von schweren Menschenrechtsverstößen. Es würde Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten ermöglichen.

Parallel diskutieren die Mitgliedstaaten über weitere Sanktionen gegen die islamistische Terrororganisation Hamas. Bereits am Freitag hatte die EU zwei Anführer der Hamas auf ihre Terrorliste gesetzt. Damit reagiere man “auf die Bedrohung durch die Hamas und ihre brutalen und wahllosen Terroranschläge in Israel am 7. Oktober”, hieß es in einer Erklärung der 27 EU-Staaten.

Betroffen sind der militärische Hamas-Anführer Mohammed Deif und sein Stellvertreter Marwan Issa. Sie werden mit einer Vermögenssperre belegt. Deutschland, Frankreich und Italien wollen aber noch weiter gehen und ein neues, speziell auf Hamas zugeschnittenes Sanktionsregime schaffen. Auf dieser Rechtsgrundlage könnten dann weitere Strafen erlassen werden.

Ukraine: Borrell appelliert an Ungarn

Ein weiteres Thema des Außenministertreffens war der Krieg in der Ukraine. Ungarn droht immer noch, die geplanten Beschlüsse beim EU-Gipfel am Donnerstag zu blockieren. Doch nun steht der als notorischer Neinsager bekannte Regierungschef Viktor Orbán selbst unter Druck.

“Ich hoffe, dass die europäische Geschlossenheit nicht zerbrechen wird, denn dies ist nicht der Moment, unsere Unterstützung für die Ukraine zu schwächen. Im Gegenteil, dies ist der Moment, sie zu verstärken”, sagte Borrell. Geplant sind neue Finanzhilfen und die Eröffnung von EU-Beitrittsgesprächen.

Maßnahmen gegen iranische Drohnenproduktion

Die EU verstärkt auch den Druck auf Iran. Sie verhängte am Montag weitere Sanktionen, um das Land an der Herstellung von Drohnen für den russischen Angriff auf die Ukraine zu hindern. Betroffen sind nach einem EU-Beschluss fünf Unternehmen und sechs Personen.

Konkret geht es laut EU-Amtsblatt um die Unternehmen Shakad Sanat Asmari und Saad Sazeh Faraz Sharif sowie die Baharestan Kish Company, die Kimia Part Sivan Company und die Sarmad Electronic Sepahan Company. Zudem wurde der Direktor der iranischen Organisation der Luft- und Raumfahrtindustrien (AIO), Nader Khoon Siavash, gelistet.

Es handelt sich um die ersten Strafen nach einem neuen Sanktionsregime, das speziell für Irans Unterstützung des russischen Kriegs in der Ukraine geschaffen wurde. eb

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Kommission genehmigt Milliarden für RWE

Deutschland darf RWE mit 2,6 Milliarden Euro für den vorzeitigen Braunkohleausstieg im Rheinischen Revier entschädigen. “Durch die Maßnahme wird die Stilllegung von Braunkohlekraftwerden gefördert, was im Einklang mit den Zielen des europäischen Grünen Deals zur Dekarbonisierung der Wirtschaft beiträgt”, teilte Kommission-Vize Margrethe Vestager am Montag mit.

Zu Beginn des Verfahrens 2021 hatte sich die Kommission noch skeptisch gezeigt. Die Entschädigung sei auf ein Mindestmaß zu beschränken und man habe Zweifel, ob eine Entschädigung in Höhe der entgangenen Gewinne dieses Kriterium erfüllt. Nach eingehender Prüfung stellte die Kommission nun fest: “Der Nettogegenwartswert der entgangenen Gewinne von RWE ist messbar höher als der Nettogegenwartswert der Entschädigung.”

Kommission zu LEAG: praktikable Lösung möglich

Zuvor hatte die Bundesregierung der Kommission Ende 2022 eine wesentliche Änderung der Parameter mitgeteilt: Drei Standorte sollten nun nicht mehr 2038, sondern 2030 stillgelegt werden. Gegen die ursprüngliche Vereinbarung hatte es nach Medienberichten auch Gegenwehr bei kommunalen Versorgern gegeben, die eine Wettbewerbsverzerrung beklagten.

Noch offen ist die Genehmigung von 1,75 Milliarden Euro für die LEAG-Kraftwerke in der Lausitz. “Die einseitige Entscheidung zu Gunsten der Entschädigungszahlung für RWE ist aus sächsischer Sicht eine Enttäuschung. Man gewinnt den Eindruck, dass die Bundesregierung sich zu wenig für die Braunkohleunternehmen in Ostdeutschland, Leag und Mibrag, einsetzt”, sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nach der Brüsseler Entscheidung.

Zur Entschädigung für die LEAG teilte die Kommission am Montag mit, sie arbeite eng mit den deutschen Behörden zusammen, um zu praktikablen Lösungen für die Herausforderungen aus dem Kohleausstieg zu gelangen. “Der heutige Beschluss zeigt, dass solche Lösungen gefunden werden können.” ber

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Scholz setzt noch auf Einigung über EU-Haushalte auf dem Gipfel

Bundeskanzler Olaf Scholz setzt trotz großer Differenzen unter den 27 EU-Staaten weiter auf eine Verständigung über die künftigen EU-Haushalte auf dem am Donnerstag beginnenden EU-Gipfel in Brüssel. Er würde gerne eine Einigung erzielen, sagte Scholz am Montag in Berlin nach einem Treffen mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte.

“Die ist aber noch nicht da”, betonte der Kanzler. Es müsse eine andere Prioritätensetzung in den EU-Haushalten geben. “Das kann nicht alles mit frischem Geld gelöst werden”, fügte er hinzu. Auch Rutte sprach davon, dass die Meinungen “ein bisschen” auseinander liegen.

Auf dem Gipfel wird es zum einen darum gehen, ob die Nationalstaaten für die EU-Haushalte bis 2027 mehr Geld zuschießen müssen, weil etwa die Zinsausgaben im Etat höher sind als erwartet. Zum anderen wollen Scholz und Rutte erreichen, dass die finanzielle Unterstützung der EU für die Ukraine längerfristiger verankert wird. Andere Regierungen wollen anderen Prioritäten setzen. rtr

Presseschau

EU lehnt Entwurf für Abschlussdokument des Klimagipfels ab FAZ
Die Ukraine warnt Europa vor “verheerenden Folgen” SÜDDEUTSCHE
Blockade der EU-Ukraine-Politik: Europa erhöht den Druck auf Orbán massiv RP-ONLINE
EU-Sanktionen: Russisches Geld für die Ukraine? FAZ
Studie berechnet Folgen des Ukraine-Beitritts – 17 Prozent des Haushalts WELT
EU-Außenminister beraten in Brüssel ZDF
EU bereitet Sanktionen gegen gewaltbereite israelische Siedler vor SPIEGEL
EU will Einsatz von Bargeld einschränken – und hat eine Zahlungs-Obergrenze im Visier MERKUR
Morawiecki verliert Vertrauensabstimmung -Parlament bestimmt Tusk zum Regierungschef WELT
EU-Zwangsgelder sind laut polnischem Gericht verfassungswidrig ZEIT
EU genehmigt Milliardenzahlung für Ende von Kraftwerken in der Region KSTA
Sachsen verlangt nach EU-Votum Klarheit für ostdeutsche Kohlereviere MDR
Keine Mehrheit unter EU-Ländern für neue Gentechnik-Regeln N-TV
Handelsverband kritisiert EU-Plan zu Ladesäulen GOLEM
Neue Nachtzüge durch Europa gehen an den Start: “Das Land ihrer Träume liegt am Ende der Nacht” FR
Österreicher sind in EU am zufriedensten – sagt die Statistik DER STANDARD

Heads

Thanasis Bakolas: Der Mann, der für Manfred Weber bei der EVP aufräumen soll

Der Grieche Thanasis Bakolas ist seit Sommer 2022 Generalsekretär der EVP.

Als Thanasis Bakolas im Juni 2022 nach Brüssel kam und Generalsekretär der christdemokratischen Parteienfamilie EVP wurde, war er in der EU-Szene ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. In Griechenland hatte er als Berater von Kyriakos Mitsotakis in der Nea Dimokratia Karriere gemacht. Bakolas (56) hat durchaus Dinge gemeinsam mit dem heutigen Ministerpräsidenten Griechenlands. Bakolas und Mitsotakis haben in den USA an Eliteuniversitäten studiert. Diese Erfahrung hat beide geprägt, in ihrem Auftreten und in ihrer Art, Englisch zu sprechen. Als Mitsotakis die Regierung in Athen übernahm, machte er Bakolas zu seinem Berater, zuständig für die EU und die USA.

Dann holte Manfred Weber Bakolas nach Brüssel. Und zwar in dem Moment 2022, als Weber, seit 2014 Chef der größten Fraktion im Europaparlament, auch Chef der Parteienfamilie wurde. Weber verpflichtete mit ihm einen engen Mitarbeiter eines seiner größten Fürsprecher in Europa: 2018 hatte die christdemokratische Parteienfamilie Weber zum Spitzenkandidaten für die Europawahl 2019 ausgerufen. Nominiert wurde der Niederbayer zuerst von drei Parteien: CDU und CSU, was insofern keine Überraschung war, als dass dieser Ruf aus seiner politischen Heimat kam – und von der Nea Dimokratia unter Führung von Mitsotakis in Griechenland.

Webers Machtbasis ist die Fraktion

Bakolas hat Weber während der Staatsschuldenkrise kennengelernt, als dieser Griechenland besuchte. Damals war Mitsotakis in der Opposition gegen Regierungschef Alexis Tsipras (Syriza). Weber, der Fraktionschef der Christdemokraten im Straßburger Parlament, und Mitsotakis, der Oppositionschef in Athen, haben eng zusammengearbeitet.

Der Generalsekretär der EVP ist ein introvertierter Mensch. Bei seinem digitalen Interview mit Table.Media gibt er wenig mehr von sich preis, als dass er raucht. Die Mission, die ihm Weber vor anderthalb Jahren mit auf den Weg gegeben hat, ist klar: Bakolas soll in der Parteizentrale aufräumen. Die Machtbasis Webers war immer die Fraktion, mit ihren 178 Abgeordneten und den mehr als 200 Mitarbeitern.

Partei verfügt über einen kleinen Apparat

Die Partei mit Sitz in der Rue de Commerce in Brüssel verfügt dagegen nur über einen kleinen Apparat. Wenig mehr als 30 Mitarbeiter sind dort tätig. Jahrelang führte die Partei ein Eigenleben. Nicht selten arbeiteten Parteifunktionäre nicht mit der Fraktion, sondern eher gegen sie. Das spürte Weber selbst bitter im Wahlkampf 2019, in dem er nicht sonderlich gut abgeschnitten hat. Weber wusste, dass er diese Schwachstelle für den nächsten Wahlkampf beseitigen musste.

So wurde Bakolas oberster Parteimanager. Er hat den langjährigen stellvertretenden deutschen Generalsekretär in Rente geschickt. Er hat etliche lukrative Verträge von Beratern gelöst und sich damit im Apparat nicht viele Freunde gemacht. Bakolas hat auch dafür gesorgt, dass die Partei überhaupt erst einmal einen Social Media Auftritt bekommen hat.

Bakolas geht mit Kritik an Sánchez nach draußen

Bislang ist Bakolas wenig in der Öffentlichkeit aufgetreten. Erst in letzter Zeit gibt er gelegentlich Interviews. So kritisiert er etwa die Regierungsbildung in Spanien. Er wirft dem sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez vor, gegen die EU-Werte zu verstoßen und das Rechtsstaatsprinzip zu verletzen. Außerdem sei er unehrlich: “Pedro Sánchez hatte vor den Wahlen eine völlig andere Position zur Amnestie. Um an der Macht zu bleiben, machte er Konzessionen an die Separatisten.” 

Heftig ins Gericht geht er auch mit den externen Beobachtern, die die Koalition in Madrid um die Überwachung des umstrittenen Amnestieabkommens gebeten hat: “Das erste Treffen wird in der Schweiz stattfinden. Was sagt diese Art der internationalen Intervention über die Demokratie in Spanien aus?”

Verantwortlich für die Kampagne

Bakolas’ Vorgänger als Generalsekretär hatte neben seinem Parteiamt auch ein Abgeordnetenmandat im Europaparlament. Bakolas ist dagegen hauptamtlich Manager der Partei. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehört es jetzt, die Kampagne vorzubereiten. Der Wahlkampf startet diesmal später als 2019. Er wird auch weniger aufwendig betrieben werden als die Kampagne, in der Manfred Weber Spitzenkandidat war und Kommissionspräsident werden wollte. Am 6. und 7. März findet der Parteikongress der Christdemokraten in Bukarest statt. Bakolas trägt redaktionelle Verantwortung für das Wahlprogramm, das Manifest, zu dem die Mitgliedsparteien aus allen EU-Staaten Beiträge leisten.

Es ist keine Aufgabe, um die man Bakolas beneiden muss, die Kampagne zu planen. Bis heute, so beteuert er, weiß er nicht, welchen Spitzenkandidaten die EVP auf das Schild heben wird. Will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch eine Amtszeit machen? Und zu welchen Konditionen steht sie zur Verfügung? Die Antworten auf diese Fragen kennt sie vermutlich nur selbst. Isabel Cuesta

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Věra Jourová und Didier Reynders werden dem Vernehmen nach heute im “College” zu Ungarn vortragen. Sie werden erklären, dass die Budapester Regierung die Voraussetzungen für die Auszahlung eines Teils der Gelder geschaffen hat, die die EU wegen Verstößen Ungarns gegen die Rechtsstaatlichkeit und andere EU-Werte bislang zurückhält. Konkret geht es um rund zehn Milliarden Euro, die die Kommission wegen Angriffen Ungarns auf die Unabhängigkeit der Justiz nicht ausgezahlt hat.

    Hier hat Budapest die Forderungen aus Brüssel erfüllt. Daher kommt die Kommission nicht umhin, dies festzustellen. Andernfalls, so die Einschätzung der Kommissionsjuristen, hätte Viktor Orbán gute Chancen, wenn er die Kommission vor dem EuGH verklagen würde. Konkret heißt das: Seine Regierung kann nun die Programme bei Kohäsionsfonds, Mare und ESF+ starten. Wenn die Rechnungen ordentlich eingereicht werden, muss die Kommission die Gelder Zug um Zug auszahlen.   

    So gut wie nichts getan hat Ungarn dagegen im Bereich der akademischen Freiheit, beim Schutz von Kindern und bei den Asylverfahren. Auch hier besteht die Kommission auf Änderungen. Daher bleiben noch 11,7 Milliarden Euro von insgesamt 21,7 Milliarden EU-Geldern geblockt. Weitere 6,3 Milliarden bleiben unter der Konditionalität gesperrt. Auch beim Corona-Wiederaufbaufonds und bei RepowerEU hat Ungarn noch nicht die Voraussetzungen erfüllt und muss auf Milliarden warten. Unter dem Strich bleiben nach der Kommissionssitzung 24 Milliarden EU-Gelder für Ungarn blockiert, und “nur” elf Milliarden werden fließen.

    Ausgerechnet in dieser Woche: Am Donnerstag und Freitag streiten beim Europäischen Rat die 26 Mitgliedstaaten mit Ungarn um den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine, um die Milliardenhilfen für die Ukraine und um den MFR. Jetzt muss die Kommission diese Entscheidung treffen.

    Sie wird dafür viel Kritik einstecken. Dass die Entscheidung jetzt ansteht, das ist kein Zufall. Es gilt eine Neun-Tages-Frist, wenn ein Mitgliedstaat die Voraussetzungen für die Freigabe der Mittel anzeigt. Orbán hätte genauso gut den Antrag früher oder später stellen können. Das hat er aber nicht getan. So treffen die Schmach, an Ungarn auszahlen zu müssen, und der Gipfel mit dem Showdown terminlich unmittelbar zusammen. Der Autokrat spielt sich als Choreograf auf.

    Ihr
    Markus Grabitz
    Bild von Markus  Grabitz

    Analyse

    EU-Sorgfaltspflichtengesetz: Sonderrolle für Finanzdienstleister

    Es wird voraussichtlich der finale Trilog zum EU-Sorgfaltspflichtengesetz zu dem Kommission, Rat und Parlament am Mittwochabend zusammentreffen. Die letzte große Hürde für eine Einigung ist die Frage, ob auch Finanzdienstleister in dem geplanten europäischen Standard für verantwortungsbewusstes unternehmerisches Handeln (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) berücksichtigt werden.

    Nach Informationen von Table.Media aus Verhandlungskreisen dürfte die spanische Ratspräsidentschaft vorschlagen, die Finanzdienstleister aus der Richtlinie ganz auszuklammern. Das wäre für die Kommission, aber vor allem für das EU-Parlament ein schmerzhaftes Zugeständnis. Festgehalten werden könnte aber, dass Finanzdienstleister zu einem späteren Zeitpunkt noch in das Gesetz aufgenommen werden oder anderweitig reguliert werden könnten.

    Sollten die Trilogverhandlungen für die CSDDD scheitern, könnte das gesamte Vorhaben scheitern. Denn es ist fraglich, ob sich im nächsten EU-Parlament erneut eine große Mehrheit für eine solche Regulierung starkmachen würde, so wie es jetzt der Fall ist.

    Sonderrolle für Finanzdienstleister

    Auf Druck von Frankreich hatten die Mitgliedstaaten bereits in ihrer Allgemeinen Ausrichtung eine Sonderrolle für den Finanzsektor beschlossen. Demnach sollte es jedem Mitgliedstaat selbst überlassen werden, ob Finanzdienstleistungen unter das Gesetz fallen oder nicht.

    Das Parlament fordert, die Sorgfaltspflichten auf den nachgelagerten Teil der Wertschöpfungskette von Finanzunternehmen anzuwenden und die Hauptmärkte des Finanzsektors einzubeziehen. Deutschland hatte sich zusammen mit Dänemark, den Niederlanden und Finnland für Sorgfaltspflichten bei Kredit- und Versicherungsdienstleistungen eingesetzt. Frankreich lehnt dies aber kategorisch ab.

    Gesamtmetall lehnt das Gesetz ab

    Eine Einigung bei der CSDDD versuchen einige große europäische Unternehmensverbände auf den letzten Metern zu verhindern, darunter der Bundesverband Deutscher Arbeitgeber (BDA) und Gesamtmetall aus Deutschland. “Die Bundesregierung darf dieser Richtlinie so nicht zustimmen!”, teilte Gesamtmetall am Montag mit. Verhindern will der Verband eine zivilrechtlichen Haftung der Unternehmen bei Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in der gesamten Lieferkette.

    Die beiden deutschen Verbände haben sich nach Informationen von Table.Media auch mit Verbänden aus Italien und Frankreich zusammengetan, um eine im Vergleich zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz schärfere europäische Richtlinie zu verhindern. Nach Ansicht von Beobachtern wird Frankreich aber für die Richtlinie votieren, wenn die Finanzdienstleister ausgeklammert werden. Als unwahrscheinlich gilt es auch, dass die italienische Regierung den Rechtsakt ablehnt, weil die katholische Kirche dafür ist.

    Möglich erscheint dagegen, dass Deutschland sich am Ende in der Abstimmung des Rates enthalten könnte. Das wäre zwar ungewöhnlich, aber Deutschland hatte dies zuletzt im Falle der E-Fuels schon einmal auf Druck der FDP getan.

    Haltung in Deutschland ist gespalten

    Mit einer Erklärung fordert dagegen die Responsible Business Alliance, ein Zusammenschluss von nahezu 600 großen Unternehmen, gemeinsam mit anderen wirtschaftlichen Akteuren “eine politische Einigung im Hinblick auf die Verabschiedung der endgültigen Fassung des Gesetzes zu erzielen”. Obwohl sie zu bestimmten Aspekten des Gesetzes unterschiedliche Ansichten verträten:

    • “sind wir uns einig, dass ein gemeinsamer EU-weiter Rechtsrahmen als Teil einer intelligenten und kohärenten Mischung aus politischen und legislativen Maßnahmen notwendig ist”.
    • Begrüßen sie die Bemühungen der Mitgesetzgeber einen risikobasierten Ansatz zu wählen, der auf weltweit anerkannten Sorgfaltspflichten aufbaut.
    • Wichtig sei, dass die Richtlinie die Einbeziehung von Stakeholdern als entscheidende Komponente einer effektiven Sorgfaltspflicht integriere,
    • die Rolle von Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretern anerkenne
    • und eine effektive Zusammenarbeit zwischen Unternehmen fördere, auch im Rahmen von Industrie- und Multi-Stakeholder-Initiativen.

    In Deutschland ist die Haltung der Wirtschaft in Sachen Lieferkettenregulierung gespalten, auch innerhalb des BDI gehen die Meinungen auseinander. Zudem teilen viele Unternehmen die ablehnende Haltung großer Verbänden keineswegs, selbst KMU stehen einer raschen Einführung eines europäischen Lieferkettengesetzes positiv gegenüber.

    Zivilgesellschaft fordert Einbezug der Finanzwirtschaft

    In der Zivilgesellschaft stößt ein möglicher Ausschluss der Finanzwirtschaft aus dem CSDDD auf scharfe Kritik. Als zivilgesellschaftliche Organisationen, die seit Jahren auf die Verwicklungen von Banken, Versicherungen und Investoren in menschenrechtsverletzende oder klimaschädliche Projekte aufmerksam machten, “wissen wir um die fatalen Folgen bislang fehlender verbindlicher Sorgfaltspflichten der Finanzindustrie”, appellieren diverse NGO wie Brot für die Welt, Urgewald und Deutsche Umwelthilfe an die Bundesregierung. Sie pochen auf einen Einbezug der Finanzdienstleister.

    Zahlreiche Finanzunternehmen bekennen sich zu freiwilligen Standards wie den UN Principles for Responsible Investment (UN PRI) oder dem Global Compact. Allerdings führten Verstöße durch die von den Finanzinstituten finanzierte Unternehmen zu keinen ernsthaften Konsequenzen im Sinne der Betroffenen, monieren die NGO. In dieser Hinsicht gleichen sich die Real- und die Finanzwirtschaft. Auch in der Realwirtschaft haben freiwillige Vereinbarungen die Verhältnisse in den Lieferketten kaum verbessert, weswegen Staaten nun verbindliche Vorgaben mit Gesetzen einführen.

    Finanzakteure gehören zu den großen Verursachern der Klimakrise. Allein 2022 haben Banken mehr als 150 Milliarden Dollar in Unternehmen gesteckt, deren fossile Energieprojekte die Klimaziele unerreichbar machen könnten. Würden die 425 weltweit größten Projekte fortgesetzt, würden sie das Vierfache des ohnehin rasch schwindenden globalen Emissionsbudgets verbrauchen.

    Europa ist weltweit die zweitgrößte Quelle für institutionelle Investitionen in die fossile Energieindustrie. Zahlreiche Verbände der Finanzindustrie sprechen sich zudem für eine Regulierung aus, etwa aus den Niederlanden, Dänemark oder Schweden. Auch die EZB befürwortet den Einbezug der Finanzwirtschaft.

    Spielraum für Kompromisse

    Bei den morgigen Verhandlungen besteht durchaus noch Spielraum für Kompromisse: Beim vergangenen Trilogtreffen auf politischer Ebene am 22. November waren unter anderem auch die Bestimmungen zu Klimaschutzplänen und zur Haftung offen geblieben.

    Es geht zum einen um die Frage, ob Unternehmen verpflichtet sein sollen, Klimaschutzpläne nicht nur zu erstellen, sondern auch umzusetzen. Der Rat will diese Umsetzungspflicht streichen und die Pläne auf das EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ausrichten. Das Parlament fordert die Verpflichtung zur Umsetzung sowie eine Ausrichtung der Pläne auf das Klimaziel für 2030, also eine Emissionsreduzierung um 55 Prozent.

    Zum anderen geht es um die zivilrechtliche Haftung des Unternehmens im Falle einer Verletzung der Sorgfaltspflicht und entsprechenden negativen Auswirkungen. Während der Rat einen unangemessenen Eingriff in das Deliktsrecht der Mitgliedstaaten verhindern will und deshalb bestimmte Bedingungen für eine Haftung aufstellt, will das Parlament die Bestimmungen ausweiten. Es fordert etwa, Unternehmen auch haftbar zu machen, wenn sie Multi-Stakeholder-Initiativen oder Vertragsklauseln nutzen.

    Die spanische Ratspräsidentschaft hatte sich in einem Kompromissvorschlag bereit gezeigt, den Zugang zu Gerichten in einigen Punkten zu erleichtern. Möglicherweise könnte auch ein Teil der Managervergütung an die Einhaltung von Sorgfaltspflichten geknüpft werden.

    Mit einem Ergebnis ist wohl frühestens am Donnerstag in den Morgenstunden zu rechnen. Das Treffen beginnt am Mittwoch um 21 Uhr – und die Liste der Themen ist noch lang.

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    CRMA: Erste Projekte könnten im Sommer ausgewählt werden

    Der Critical Raw Materials Act (CRMA) befindet sich kurz vor dem Ziel. Nachdem sich das Parlament Mitte November mit dem Rat auf einen finalen Gesetzestext geeinigt hat, werden die Abgeordneten heute Morgen in Straßburg das Ergebnis diskutieren und dann mittags darüber abstimmen. Der federführende Industrieausschuss (ITRE) hat diese am vergangenen Donnerstag nahezu einstimmig angenommen. Auch im Plenum gilt die Abstimmung als Formsache.

    Für das Parlament waren die Verhandlungen erfolgreich, in vielen Punkten konnten sich die Abgeordneten durchsetzen. Die Verhandlungen seien sehr offen gewesen, die spanische Ratspräsidentschaft habe sich sehr aufgeschlossen gezeigt für neue Ideen, sagte Berichterstatterin Nicola Beer (Renew) gestern bei einem Pressegespräch. Etwa in der Frage des Recyclings kritischer Rohstoffe: Hier wurde die Benchmark auf mindestens 25 Prozent des jährlichen Rohstoffverbrauchs der EU erhöht. Als Basis sollen nicht nur Projektionen zukünftiger Abfälle dienen, sondern auch bereits vorhandene Abfallvorkommen, die kritische Rohstoffe enthalten.

    Der finale Gesetzestext soll auch die Substitution der Rohstoffe ankurbeln. Das Parlament hat durchgesetzt, dass auch Substitutionsprojekte den Status strategischer Projekte erhalten. “Alles, was wir recyceln oder ersetzen können, müssen wir nicht abbauen oder importieren”, erklärte Beer.

    Beer: “Es kann jetzt sehr, sehr schnell gehen

    Wenn das Parlament und der Rat den Rechtsakt formal angenommen haben, wird die Verordnung im Amtsblatt der EU veröffentlicht und tritt 20 Tage später in Kraft. Laut Nicola Beer könnten bereits im kommenden Sommer die ersten strategischen Projekte ausgewählt werden. “Es kann jetzt sehr, sehr schnell gehen“, sagte sie – das sei aber auch notwendig: “Wir sind relativ spät dran, was die geopolitische Lage betrifft. Wir sehen, dass die Chinesen immer stärker anziehen, auch in ihrer Aggressivität.”

    Die Industrie habe den ganzen Prozess mit Interesse verfolgt, betont auch Hildegard Bentele (EVP). “Wir haben deutliche Signale, dass die Unternehmen bereit sind und auf den Startschuss warten.” In der Industrie-Initiative European Raw Materials Alliance (ERMA) seien bereits diverse Projekte identifiziert.

    Die Unternehmen müssen laut dem neuen Gesetz eine Bewerbung für ein strategisches Projekt bei der EU-Kommission einreichen, das bestimmte Bedingungen erfüllt. Diese Projekte erhalten dann Vorrang bei der Genehmigung in den Behörden und stehen im “überwiegenden öffentlichen Interesse”.

    Für die Grünen ist dieser letzte Punkt ein Wermutstropfen, erklärt Henrike Hahn: Auch in Schutzgebieten wird die Genehmigung von strategischen Rohstoffprojekten wegen des überwiegenden öffentlichen Interesses möglich sein. Das Parlament konnte sich hier nicht durchsetzen. Allerdings ändere der CRMA nichts daran, dass bestehende Umweltgesetzgebung eingehalten und jeder Antrag individuell geprüft werden müsse. Es gehe also mit den neuen Vorgaben in erster Linie um den zeitlichen Ablauf des Genehmigungsverfahrens.

    FPIC-Prinzip indirekt im Gesetz enthalten

    Die schwierigsten Themen, über die Rat und Parlament bis zuletzt verhandelten, waren zum einen das Mitbestimmungsrecht indigener Völker. Das Parlament hatte die explizite Erwähnung des Prinzips der freien, vorherigen und informierten Zustimmung (free, prior and informed consent, FPIC) im Gesetz gefordert. Im Rat hatte Schweden jedoch ein Veto eingelegt. Am Ende werten Grüne und Vertreter der Zivilgesellschaft die Einigung trotzdem als positiv: Die UN-Deklaration der Rechte indigener Völker (UNDRIP) wird in die Kriterien für strategische Projekte aufgenommen und explizit im Gesetz erwähnt. Diese beinhaltet auch das FPIC-Prinzip.

    Zum anderen blieb auch das Thema Tiefseebergbau bis zuletzt strittig. Der juristische Dienst des Rats habe rechtliche Bedenken wegen der Zuständigkeit der Meeresbodenbehörde gehabt, heißt es. Die endgültige Fassung besagt nun, dass die Kommission im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip “einem Tiefseebergbauprojekt erst dann den strategischen Status zuerkennen kann, wenn die Auswirkungen auf die Meeresumwelt, die biologische Vielfalt und menschliche Tätigkeiten ausreichend erforscht wurden”. Außerdem müssen die Risiken bekannt sein, und die Technologien und Betriebsverfahren müssen nachweisen, dass die Umwelt nicht ernsthaft geschädigt wird.

    Industrie sieht Schwächen bei Finanzierung

    Die Reaktionen in der deutschen Industrie fallen grundsätzlich positiv aus. “Durch die Einigung zum Critical Raw Materials Act kann Europa seine Souveränität und Resilienz bei der Rohstoffversorgung ausbauen”, erklärt Anne Lauenroth vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI). Allerdings drohen Taxonomie, Lieferketten- und Chemikalienregulierung sowie hohe Energiepreise die notwendigen Investitionen in den Auf- und Ausbau der benötigten Kapazitäten auszubremsen, kritisiert sie.

    Auch die fehlende Finanzierung gefährde den Erfolg des Gesetzes. Der CRMA setzt vor allem darauf, durch Planungssicherheit private Investitionen anzuschieben. Ein Rohstofffonds wurde nicht aufgesetzt; das Parlament will sich jedoch weiterhin dafür einsetzen. In der Finanzierungsfrage müsse Europa jedoch ohnehin klotzen. “Allein im Rahmen seiner Seidenstraßen-Initiative hat China für strategische Infrastruktur- und Rohstoffprojekte seit 2013 rund 962 Milliarden Dollar investiert“, sagte Lauenroth. “Will Europa mithalten, braucht es jetzt innovative Lösungen, mindestens eine strategische Verknüpfung existierender Finanzierungstöpfe und -instrumente auf nationaler und europäischer Ebene.”

    Um verschiedene Instrumente und Finanzströme der Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungsfinanzierung miteinander zu kombinieren, nimmt die EU-Kommission zurzeit eine Bestandsaufnahme vor. Insbesondere im Rahmen der Global-Gateway-Initiative sollen verstärkt Pakete aus verschiedenen Instrumenten geschnürt werden.

    “Der CRMA ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung”, sagt auch Oliver Blank, Bereichsleiter für Global Affairs beim Verband der Elektroindustrie (ZVEI). Er sieht ein Problem in einer fehlenden grenzüberschreitenden Komponente. “Gerade beim Aufbau von Recyclingstrukturen in Europa wird es nicht ohne europaweite Standards und gemeinsame Infrastrukturen gehen.” Daher bestehe das Risiko, dass es in einigen Jahren, wenn etwa viele Elektroautos am Ende ihrer Lebenszeit angekommen seien und recycelt werden können, keinen effizienten, europäischen Sekundärrohstoffmarkt gebe, sondern ein nationales Klein-klein.

    Zivilgesellschaft begrüßt Erhöhung der Recyclingziele

    Auch die Zivilgesellschaft sieht einige positive Anstöße im CRMA. “Es ist zu begrüßen, dass sich die EU auf höhere Recyclingziele geeinigt hat”, sagt Michael Reckordt von der NGO PowerShift. “Gleichzeitig ist noch unklar, inwieweit auch der global ungerechte und ökologisch destruktive Rohstoffverbrauch in der EU angegangen wird. Denn dieser hohe Verbrauch ist Ausgangspunkt für die Verletzung von Menschen- und Arbeitsrechten, Indigenen Rechten und Umweltstandards.”

    Im Gesetz enthalten ist eine Vorgabe zur Mäßigung des erwarteten Verbrauchs an kritischen Rohstoffen. Die Kommission ist verpflichtet, innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes ein entsprechendes Referenzszenario zu erstellen. Wie genau der Verbrauch dann reduziert werden soll, bleibt jedoch unklar.

    Tobias Kind-Rieper vom WWF sieht weiterhin Lücken unter anderem im Bereich der strategischen Rohstoffpartnerschaften: “Strategische Partnerschaften mit Drittländern müssen gut beurteilt werden können und dürfen nicht ausschließlich auf Zertifizierungssysteme gestützt sein”, erklärt er. “Transparenz über die Vereinbarung zwischen der EU und den Drittstaaten muss ermöglicht werden, sowie die Beteiligung der Zivilgesellschaft vor allem in den Drittstaaten.”

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    Termine

    12.12.2023 – 14:50-18:15 Uhr, Berlin
    FZE, Konferenz Die Carbon Managementstrategie der Bundesregierung
    Das Forum für Zukunftsenergien (FZE) lädt zur Diskussion über die Carbon-Managementstrategie der Bundesregierung. INFOS & ANMELDUNG

    13.12.2023 – 10:00-11:00 Uhr, online
    TÜV, Seminar Kommunale Wärmeplanung: Wie werden Städte klimaneutral?
    Der TÜV informiert über die rechtlichen Rahmenbedingungen der kommunalen Wärmeplanung. INFOS & ANMELDUNG

    13.12.2023 – 19:00 Uhr, Hamburg
    Körber Stiftung, Podiumsdiskussion Eskalation in Nahost: Deutschland und der Israel-Hamas-Krieg
    Die Körber Stiftung diskutiert die Auswirkungen des Kriegs zwischen der Hamas und Israel. INFOS & ANMELDUNG

    14.12.2023 – 08:00-12:30 Uhr, Garlstedt
    KAS, Seminar Die transatlantische Solidarität – Die Politiken der USA, der EU und der NATO gegenüber China und Russland
    Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert die Politik der EU und der NATO im Konflikt mit der Machtpolitik autoritärer Regime. INFOS & ANMELDUNG

    14.12.2023 – 09:30-11:30 Uhr, online
    ASEW, Seminar SWOT-Analyse in der Produktentwicklung
    Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) stellt die internen Stärken und Schwächen verschiedener Geschäftsfelder von Stadtwerken gegenüber. INFOS & ANMELDUNG

    14.12.2023 – 10:00-11:30 Uhr, online
    ASEW, Seminar Doch nicht das Ende? Second Life für EE-Anlagen
    Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) wirft einen Blick auf den aktuellen Stand bei der Errichtung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen. INFOS & ANMELDUNG

    14.12.2023 – 14:00-16:00 Uhr, online
    EUI, Seminar The Digital Markets Act: towards meaningful consumer choice in the digital age?
    The Centre for a digital Society (EUI) discusses the implications of the Digital Markets Act for consumers. INFOS & REGISTRATION

    14.12.2023 – 15:00-16:30 Uhr, online
    Hydrogene Europe, Discussion Post COP28: What’s next for international hydrogen partnerships?
    Hydrogen Europe address the next climate ambitions from the phase out of fossil fuels to the improvement of energy efficiency.  INFOS & ANMELDUNG

    News

    Polnisches Parlament wählt Donald Tusk zum Regierungschef

    Polish Parliament elects Donald Tusk as the new prime minister Photo: Piotr Molecki/East News Session of the Polish Sejm lower chamber of the Parliament during which the leader of the Koalicja Obywatelska Civic Coalition Donald Tusk was elected by the Parliament as the new Polish prime minister on December 11, 2023 in Warsaw, Poland. Pictured: Donald Tusk deliveres his speech after the vote.
    Am Ziel: Nach fast acht Wochen Wartezeit hat das polnische Parlament den früheren Oppositionsführer Donald Tusk mit großer Mehrheit zum künftigen Regierungschef gewählt.


    Fast zwei Monate nach den Wahlen hat Polens Sejm einen neuen Ministerpräsidenten gewählt: Donald Tusk. Der Führer der demokratischen Opposition, die am 15. Oktober ein klares Votum der Wähler bekam und sich sofort danach bereit erklärte, eine Regierungskoalition zu bilden, bekam 248 Stimmen. Das sind 17 Stimmen mehr als die notwendige Mehrheit. Tusk wird bereits am heutigen Dienstag seine Regierung vorstellen, denn die Koalition hat sich längst auf die Besetzung der Ministerien geeinigt.

    Damit geht eine politische Farce zu Ende. Die acht Jahre regierende PiS-Partei von Jarosław Kaczyński nutzte alle Tricks, um sich so lang wie möglich an die Macht zu klammern. Sie ist zwar als die stärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen, doch von Anfang an war allen klar, dass niemand mit Kaczyński koalieren will. Dennoch hat Polens Präsident Andrzej Duda, der von der PiS gestellt wurde, den alten Premier Mateus Morawiecki vor einem Monat mit einer Regierungsbildung beauftragt.

    Morawiecki erhält nur 190 Stimmen

    In dieser Zeit haben die PiS-Politiker alles unternommen, um Tusk und seiner neuen Mannschaft so viele Stolpersteine wie möglich in den Weg zu legen. So feuerten sie die Krise an der ukrainischen Grenze an, wo polnische Spediteure seit vier Wochen alle Grenzgänge blockieren. Ihre Minister vernichteten Dokumente, die kriminelle Entscheidungen belegen würden und gaben Millionen Steuergelder an befreundete Stiftungen aus, wo einige von ihnen einen sicheren Job bekommen werden. Präsident Duda ernannte kurz vor Toresschluss Hunderte neue Richter, um die Kontrolle der PiS über die Gerichte zu zementieren.

    Auch die heutige Parlamentsdebatte fühlte sich wie absurdes Theater an. Obwohl die PiS wusste, dass ihre Regierung durchfallen wird, hat sie vor dem TV-Publikum stundenlang die “großen Erfolge” ihrer zwei Amtszeiten betont. Der “Ministerpräsident” Morawiecki sprach 69 Minuten und hat sich als Verteidiger der Frauen und als Befürworter der Beendigung des polnisch-polnischen Krieges präsentiert. Dabei hetzte er im Wahlkampf wie kein zweiter gegen Donald Tusk. Er bekam nur 190 Stimmen, 266 Abgeordnete sprachen ihm ihr Misstrauen aus.

    Keine Glückwünsche für den Sieger

    Dennoch versuchten die PiS-Granden bis zum Schluss, Donald Tusk zu diskreditieren und vor der EU zu warnen. Statt Tusk zu seiner Wahl zu gratulieren, wie das zum gute Ton gehört, beschimpfte Kaczyński den neu gewählten Ministerpräsident wieder einmal als “Berliner Agenten”. Andrzej Rybak

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    EU bereitet Sanktionen gegen radikale Siedler vor

    Die EU bereitet Sanktionen gegen radikale israelische Siedler im Westjordanland vor. Die Arbeiten hätten begonnen, sagte EU-Chefdiplomat Josep Borrell nach einem Treffen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel. Als Grundlage dient das bestehende Sanktionsinstrument zur Bestrafung von schweren Menschenrechtsverstößen. Es würde Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten ermöglichen.

    Parallel diskutieren die Mitgliedstaaten über weitere Sanktionen gegen die islamistische Terrororganisation Hamas. Bereits am Freitag hatte die EU zwei Anführer der Hamas auf ihre Terrorliste gesetzt. Damit reagiere man “auf die Bedrohung durch die Hamas und ihre brutalen und wahllosen Terroranschläge in Israel am 7. Oktober”, hieß es in einer Erklärung der 27 EU-Staaten.

    Betroffen sind der militärische Hamas-Anführer Mohammed Deif und sein Stellvertreter Marwan Issa. Sie werden mit einer Vermögenssperre belegt. Deutschland, Frankreich und Italien wollen aber noch weiter gehen und ein neues, speziell auf Hamas zugeschnittenes Sanktionsregime schaffen. Auf dieser Rechtsgrundlage könnten dann weitere Strafen erlassen werden.

    Ukraine: Borrell appelliert an Ungarn

    Ein weiteres Thema des Außenministertreffens war der Krieg in der Ukraine. Ungarn droht immer noch, die geplanten Beschlüsse beim EU-Gipfel am Donnerstag zu blockieren. Doch nun steht der als notorischer Neinsager bekannte Regierungschef Viktor Orbán selbst unter Druck.

    “Ich hoffe, dass die europäische Geschlossenheit nicht zerbrechen wird, denn dies ist nicht der Moment, unsere Unterstützung für die Ukraine zu schwächen. Im Gegenteil, dies ist der Moment, sie zu verstärken”, sagte Borrell. Geplant sind neue Finanzhilfen und die Eröffnung von EU-Beitrittsgesprächen.

    Maßnahmen gegen iranische Drohnenproduktion

    Die EU verstärkt auch den Druck auf Iran. Sie verhängte am Montag weitere Sanktionen, um das Land an der Herstellung von Drohnen für den russischen Angriff auf die Ukraine zu hindern. Betroffen sind nach einem EU-Beschluss fünf Unternehmen und sechs Personen.

    Konkret geht es laut EU-Amtsblatt um die Unternehmen Shakad Sanat Asmari und Saad Sazeh Faraz Sharif sowie die Baharestan Kish Company, die Kimia Part Sivan Company und die Sarmad Electronic Sepahan Company. Zudem wurde der Direktor der iranischen Organisation der Luft- und Raumfahrtindustrien (AIO), Nader Khoon Siavash, gelistet.

    Es handelt sich um die ersten Strafen nach einem neuen Sanktionsregime, das speziell für Irans Unterstützung des russischen Kriegs in der Ukraine geschaffen wurde. eb

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    Kommission genehmigt Milliarden für RWE

    Deutschland darf RWE mit 2,6 Milliarden Euro für den vorzeitigen Braunkohleausstieg im Rheinischen Revier entschädigen. “Durch die Maßnahme wird die Stilllegung von Braunkohlekraftwerden gefördert, was im Einklang mit den Zielen des europäischen Grünen Deals zur Dekarbonisierung der Wirtschaft beiträgt”, teilte Kommission-Vize Margrethe Vestager am Montag mit.

    Zu Beginn des Verfahrens 2021 hatte sich die Kommission noch skeptisch gezeigt. Die Entschädigung sei auf ein Mindestmaß zu beschränken und man habe Zweifel, ob eine Entschädigung in Höhe der entgangenen Gewinne dieses Kriterium erfüllt. Nach eingehender Prüfung stellte die Kommission nun fest: “Der Nettogegenwartswert der entgangenen Gewinne von RWE ist messbar höher als der Nettogegenwartswert der Entschädigung.”

    Kommission zu LEAG: praktikable Lösung möglich

    Zuvor hatte die Bundesregierung der Kommission Ende 2022 eine wesentliche Änderung der Parameter mitgeteilt: Drei Standorte sollten nun nicht mehr 2038, sondern 2030 stillgelegt werden. Gegen die ursprüngliche Vereinbarung hatte es nach Medienberichten auch Gegenwehr bei kommunalen Versorgern gegeben, die eine Wettbewerbsverzerrung beklagten.

    Noch offen ist die Genehmigung von 1,75 Milliarden Euro für die LEAG-Kraftwerke in der Lausitz. “Die einseitige Entscheidung zu Gunsten der Entschädigungszahlung für RWE ist aus sächsischer Sicht eine Enttäuschung. Man gewinnt den Eindruck, dass die Bundesregierung sich zu wenig für die Braunkohleunternehmen in Ostdeutschland, Leag und Mibrag, einsetzt”, sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nach der Brüsseler Entscheidung.

    Zur Entschädigung für die LEAG teilte die Kommission am Montag mit, sie arbeite eng mit den deutschen Behörden zusammen, um zu praktikablen Lösungen für die Herausforderungen aus dem Kohleausstieg zu gelangen. “Der heutige Beschluss zeigt, dass solche Lösungen gefunden werden können.” ber

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    Scholz setzt noch auf Einigung über EU-Haushalte auf dem Gipfel

    Bundeskanzler Olaf Scholz setzt trotz großer Differenzen unter den 27 EU-Staaten weiter auf eine Verständigung über die künftigen EU-Haushalte auf dem am Donnerstag beginnenden EU-Gipfel in Brüssel. Er würde gerne eine Einigung erzielen, sagte Scholz am Montag in Berlin nach einem Treffen mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte.

    “Die ist aber noch nicht da”, betonte der Kanzler. Es müsse eine andere Prioritätensetzung in den EU-Haushalten geben. “Das kann nicht alles mit frischem Geld gelöst werden”, fügte er hinzu. Auch Rutte sprach davon, dass die Meinungen “ein bisschen” auseinander liegen.

    Auf dem Gipfel wird es zum einen darum gehen, ob die Nationalstaaten für die EU-Haushalte bis 2027 mehr Geld zuschießen müssen, weil etwa die Zinsausgaben im Etat höher sind als erwartet. Zum anderen wollen Scholz und Rutte erreichen, dass die finanzielle Unterstützung der EU für die Ukraine längerfristiger verankert wird. Andere Regierungen wollen anderen Prioritäten setzen. rtr

    Presseschau

    EU lehnt Entwurf für Abschlussdokument des Klimagipfels ab FAZ
    Die Ukraine warnt Europa vor “verheerenden Folgen” SÜDDEUTSCHE
    Blockade der EU-Ukraine-Politik: Europa erhöht den Druck auf Orbán massiv RP-ONLINE
    EU-Sanktionen: Russisches Geld für die Ukraine? FAZ
    Studie berechnet Folgen des Ukraine-Beitritts – 17 Prozent des Haushalts WELT
    EU-Außenminister beraten in Brüssel ZDF
    EU bereitet Sanktionen gegen gewaltbereite israelische Siedler vor SPIEGEL
    EU will Einsatz von Bargeld einschränken – und hat eine Zahlungs-Obergrenze im Visier MERKUR
    Morawiecki verliert Vertrauensabstimmung -Parlament bestimmt Tusk zum Regierungschef WELT
    EU-Zwangsgelder sind laut polnischem Gericht verfassungswidrig ZEIT
    EU genehmigt Milliardenzahlung für Ende von Kraftwerken in der Region KSTA
    Sachsen verlangt nach EU-Votum Klarheit für ostdeutsche Kohlereviere MDR
    Keine Mehrheit unter EU-Ländern für neue Gentechnik-Regeln N-TV
    Handelsverband kritisiert EU-Plan zu Ladesäulen GOLEM
    Neue Nachtzüge durch Europa gehen an den Start: “Das Land ihrer Träume liegt am Ende der Nacht” FR
    Österreicher sind in EU am zufriedensten – sagt die Statistik DER STANDARD

    Heads

    Thanasis Bakolas: Der Mann, der für Manfred Weber bei der EVP aufräumen soll

    Der Grieche Thanasis Bakolas ist seit Sommer 2022 Generalsekretär der EVP.

    Als Thanasis Bakolas im Juni 2022 nach Brüssel kam und Generalsekretär der christdemokratischen Parteienfamilie EVP wurde, war er in der EU-Szene ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. In Griechenland hatte er als Berater von Kyriakos Mitsotakis in der Nea Dimokratia Karriere gemacht. Bakolas (56) hat durchaus Dinge gemeinsam mit dem heutigen Ministerpräsidenten Griechenlands. Bakolas und Mitsotakis haben in den USA an Eliteuniversitäten studiert. Diese Erfahrung hat beide geprägt, in ihrem Auftreten und in ihrer Art, Englisch zu sprechen. Als Mitsotakis die Regierung in Athen übernahm, machte er Bakolas zu seinem Berater, zuständig für die EU und die USA.

    Dann holte Manfred Weber Bakolas nach Brüssel. Und zwar in dem Moment 2022, als Weber, seit 2014 Chef der größten Fraktion im Europaparlament, auch Chef der Parteienfamilie wurde. Weber verpflichtete mit ihm einen engen Mitarbeiter eines seiner größten Fürsprecher in Europa: 2018 hatte die christdemokratische Parteienfamilie Weber zum Spitzenkandidaten für die Europawahl 2019 ausgerufen. Nominiert wurde der Niederbayer zuerst von drei Parteien: CDU und CSU, was insofern keine Überraschung war, als dass dieser Ruf aus seiner politischen Heimat kam – und von der Nea Dimokratia unter Führung von Mitsotakis in Griechenland.

    Webers Machtbasis ist die Fraktion

    Bakolas hat Weber während der Staatsschuldenkrise kennengelernt, als dieser Griechenland besuchte. Damals war Mitsotakis in der Opposition gegen Regierungschef Alexis Tsipras (Syriza). Weber, der Fraktionschef der Christdemokraten im Straßburger Parlament, und Mitsotakis, der Oppositionschef in Athen, haben eng zusammengearbeitet.

    Der Generalsekretär der EVP ist ein introvertierter Mensch. Bei seinem digitalen Interview mit Table.Media gibt er wenig mehr von sich preis, als dass er raucht. Die Mission, die ihm Weber vor anderthalb Jahren mit auf den Weg gegeben hat, ist klar: Bakolas soll in der Parteizentrale aufräumen. Die Machtbasis Webers war immer die Fraktion, mit ihren 178 Abgeordneten und den mehr als 200 Mitarbeitern.

    Partei verfügt über einen kleinen Apparat

    Die Partei mit Sitz in der Rue de Commerce in Brüssel verfügt dagegen nur über einen kleinen Apparat. Wenig mehr als 30 Mitarbeiter sind dort tätig. Jahrelang führte die Partei ein Eigenleben. Nicht selten arbeiteten Parteifunktionäre nicht mit der Fraktion, sondern eher gegen sie. Das spürte Weber selbst bitter im Wahlkampf 2019, in dem er nicht sonderlich gut abgeschnitten hat. Weber wusste, dass er diese Schwachstelle für den nächsten Wahlkampf beseitigen musste.

    So wurde Bakolas oberster Parteimanager. Er hat den langjährigen stellvertretenden deutschen Generalsekretär in Rente geschickt. Er hat etliche lukrative Verträge von Beratern gelöst und sich damit im Apparat nicht viele Freunde gemacht. Bakolas hat auch dafür gesorgt, dass die Partei überhaupt erst einmal einen Social Media Auftritt bekommen hat.

    Bakolas geht mit Kritik an Sánchez nach draußen

    Bislang ist Bakolas wenig in der Öffentlichkeit aufgetreten. Erst in letzter Zeit gibt er gelegentlich Interviews. So kritisiert er etwa die Regierungsbildung in Spanien. Er wirft dem sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez vor, gegen die EU-Werte zu verstoßen und das Rechtsstaatsprinzip zu verletzen. Außerdem sei er unehrlich: “Pedro Sánchez hatte vor den Wahlen eine völlig andere Position zur Amnestie. Um an der Macht zu bleiben, machte er Konzessionen an die Separatisten.” 

    Heftig ins Gericht geht er auch mit den externen Beobachtern, die die Koalition in Madrid um die Überwachung des umstrittenen Amnestieabkommens gebeten hat: “Das erste Treffen wird in der Schweiz stattfinden. Was sagt diese Art der internationalen Intervention über die Demokratie in Spanien aus?”

    Verantwortlich für die Kampagne

    Bakolas’ Vorgänger als Generalsekretär hatte neben seinem Parteiamt auch ein Abgeordnetenmandat im Europaparlament. Bakolas ist dagegen hauptamtlich Manager der Partei. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehört es jetzt, die Kampagne vorzubereiten. Der Wahlkampf startet diesmal später als 2019. Er wird auch weniger aufwendig betrieben werden als die Kampagne, in der Manfred Weber Spitzenkandidat war und Kommissionspräsident werden wollte. Am 6. und 7. März findet der Parteikongress der Christdemokraten in Bukarest statt. Bakolas trägt redaktionelle Verantwortung für das Wahlprogramm, das Manifest, zu dem die Mitgliedsparteien aus allen EU-Staaten Beiträge leisten.

    Es ist keine Aufgabe, um die man Bakolas beneiden muss, die Kampagne zu planen. Bis heute, so beteuert er, weiß er nicht, welchen Spitzenkandidaten die EVP auf das Schild heben wird. Will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch eine Amtszeit machen? Und zu welchen Konditionen steht sie zur Verfügung? Die Antworten auf diese Fragen kennt sie vermutlich nur selbst. Isabel Cuesta

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