versucht Thierry Breton die europäische Solarindustrie zwangszubeglücken? Gegen Gerüchte einer erneuten Antisubventionsuntersuchung – diesmal gegen chinesische PV-Module – wehrt sich nun die Branche selbst.
Morgen trifft der Industriekommissar online auf Solar-CEOs und Minister der Mitgliedstaaten. Zum einjährigen Bestehen der European Solar PV Industry Alliance wollen sie eigentlich eine erste Bilanz ziehen, wie der generalstabsmäßige Wiederaufbau der europäischen Produktionskapazitäten läuft. Doch die jüngsten Gerüchte stören die Arbeit am gemeinsamen Ziel gewaltig.
In einem offenen Brief an Breton warnen 429 Unternehmen und Verbände der Solarwirtschaft, dass ihnen handelspolitische Schutzmaßnahmen nur schaden und die Energiewende gefährden würden – Strafzölle hätten schon einmal Beschäftigungszahlen und Investitionen einbrechen lassen. “Wir haben bessere, schnellere und wirksamere Lösungen für die Krise, mit der die europäischen Hersteller konfrontiert sind”, sagt Walburga Hemetsberger, CEO von SolarPower Europe.
Die gewünschten Alternativen laufen alle auf eine Maßnahme hinaus: mehr staatliche Förderung. In Zeiten knapper Kassen keine frohe Botschaft für Thierry Breton.
Für die zentrale Entscheidung der COP28 zum “Global Stocktake” (GST) stehen den Delegationen harte Verhandlungen bevor. Denn die Vorstellungen der einzelnen Staaten und Ländergruppen, welche Folgen aus der ersten globalen Bestandsaufnahme zum Klimaschutz zu ziehen sind, gehen weit auseinander. Sie widersprechen sich teilweise sogar direkt. Das zeigt ein Überblick über die Vorschläge, die 23 UN-Staaten und Ländergruppen und etwa 50 internationale Organisationen dem Klimasekretariat UNFCCC vorgelegt haben. Table.Media hat die Dokumente ausgewertet.
Der GST zieht zum ersten Mal seit dem Beschluss des Pariser Abkommens 2015 eine Bilanz, was im Klimaschutz seitdem erreicht wurde und wie es weitergehen soll. Im September gab es eine Zusammenfassung der Erkenntnisse aus dem “technischen Dialog”. Dann fasste das UNFCCC-Sekretariat die Ergebnisse aus seiner Sicht zusammen. Auf der COP28 muss nun ein Dokument vorgelegt werden, das Grundlage für eine Entscheidung sein soll.
In den bisherigen Papieren gibt es große Übereinstimmung bei der Benennung von Lücken im bisherigen Klimaschutz. Beispielsweise beim Punkt, Emissionsreduzierungen. Die nötigen Einsparungen von minus 43 Prozent bis 2030 sind nicht absehbar. Auch finanziell gibt es Defizite. Die Industrieländer haben für die Jahre 2020 und 2021 ihre Zusage von 100 Milliarden Dollar Klimahilfen pro Jahr nicht eingehalten.
In anderen Punkten gehen die Vorstellungen und Sichtweisen weit auseinander. Das zeigt ein Überblick über die wichtigsten Akteure und ihre besonderen Schwerpunkte.
Die Europäische Union sieht sich gern als Vorreiter in Sachen Klimaschutz. Der Block aus 27 Staaten hat seit 1990 seinen CO₂-Ausstoß um etwa 25 Prozent gesenkt, für 2030 mit dem “Green Deal” ein Minus von 55 Prozent angestrebt und für 2050 Netto-Null-Emissionen. Die Mitgliedsstaaten der EU sind die größten Finanziers im internationalen Klimaschutz und bemühen sich um strategische Bündnisse mit Schwellen- und Entwicklungsländern. In die Schlusserklärung gehört für Europa deshalb:
China ist der vielleicht mächtigste Player bei den Klimaverhandlungen. Die Großmacht verfolgt ihre eigenen Ziele, leidet unter den Klimafolgen und treibt zu Hause den Ausbau der Erneuerbaren massiv voran. Gleichzeitig ist es vom fossilen Wirtschaftsmodell und dem Export abhängig. Das Land definiert sich nach wie vor als Entwicklungsland, um die Verhandlungsgruppe der G77/China zusammenzuhalten. Diese Rolle kommt nun etwa bei den Finanzierungsfragen des “Loss and Damage” Fonds immer stärker unter Druck. China als derzeit bei Weitem größter CO₂-Emittent will deshalb unter anderem:
Die USA sind traditionell der große Gegenspieler Chinas. Mit dem politischen und ökonomischen Rivalen verbindet Washington Konkurrenz und Kooperation. Soll der Klimaprozess funktionieren, müssen sich China und die USA einig sein. Doch bei den Forderungen zum abschließenden GST-Beschluss der COP28 markiert die US-Regierung, die zu Hause vor einem Wahljahr steht, ihre Positionen:
Die Position der G77 und China wird vom derzeitigen Vorsitz Kuba vorgetragen. Sie entspricht weitgehend den bekannten Positionen dieses großen Zusammenschlusses von Entwicklungsländern in der UNO (inzwischen etwa 130 Staaten). Auch ihre Untergruppen wie LDC oder Basic ebenso wie große Länder wie China oder Indien wiederholen viele dieser Standpunkte:
Die Gruppe um Brasilien, Südafrika, Indien und China (BASIC) sieht sich als Führungsgruppe der G77/China. Gleichzeitig sind sie derzeit vor dem Hintergrund der geopolitischen Spannungen und der Vergrößerung der BRICS-Gruppe, die außerdem noch Russland enthält, deutlich selbstbewusster. Die Forderungen der BASIC sind deutlich schärfer formuliert als die Erklärung der G77. Für sie ist die Klimakrise “die abstoßende Erbschaft von Kolonialismus und Imperialismus der letzten fünf Jahrhunderte”.
Die afrikanischen Länder legen größten Wert darauf, dass die Erklärung nachhaltige Entwicklung ihres Kontinents mit Klimazielen verbindet. Es müsse “Fortschritt bei den SDG” geben, eine Erklärung zum GST dürfe auf keinen Fall “die Unterentwicklung Afrikas vertiefen”. Oberstes Ziel müsse es sein, den 600 Millionen Menschen in Afrika ohne Zugang zu Strom und den 900 Millionen ohne sauberes Wasser zu helfen. Außerdem fordern sie:
Saudi-Arabien findet sich in mehreren Rollen wieder. Als dominanter Ölproduzent, dem die momentanen Preise große Gewinne sichern, als traditioneller Bremser in den Verhandlungen, der taktisch klug agiert. Gleichzeitig will das Land global eine wichtigere Rolle spielen und auch in der Zukunft einer dekarbonisierten Wirtschaft eine wichtige Rolle einnehmen. Die Forderungen des Königreichs:
Russland hält sich bei den Konferenzen traditionell im Hintergrund. Besonders seit dem Angriff auf die Ukraine suchen die Delegierten nicht die große Bühne, sind aber im Prozess immer präsent. Ihre Forderungen sind davon geprägt, dass die russische Volkswirtschaft zu einem großen Teil auf dem Export von Gas und Öl beruht. Deshalb:
CAN International, das “Climate Action Network”, ein Zusammenschluss von mehr als 1.900 Umwelt- und Entwicklungsorganisationen aus 130 Ländern, begleitet die COPs von Anfang an. Die Experten und Lobbyisten der Gruppen sitzen inzwischen in vielen Länderdelegationen. Die deutsche Klimabeauftragte Jennifer Morgan oder der kanadische Umweltminister Steven Guilbeault arbeiteten früher hier. CAN liefert traditionell neben Expertise auch die Stimme der armen Entwicklungsländer und des Naturschutzes. Konkret fordern sie von einer Erklärung zum GST:
Die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs) sind oft auch jene, die von der Klimakrise am stärksten getroffen werden: Ihr geografische Lage, ihre oft schwachen Institutionen, ihre Wirtschaftsstruktur und geringer Wohlstand führen dazu, dass Verluste und Schäden kaum abgepuffert werden können. Daher sind ihre Forderungen teilweise noch weitergehend. Sie plädieren unter anderem für folgende Elemente in der Erklärung:
Alle bisher erschienenen Texte zur COP28 lesen Sie hier.
Reisen ist mit modernen Transportmöglichkeiten und Pauschalangeboten immer bequemer, zugleich aber auch immer komplizierter geworden. Wer zahlt, wie viel und wann, wenn eine Pauschalreise storniert werden muss? Warum gelten bei der Bahn andere Fahrgastrechte als im Flugverkehr? Wer steht dafür ein, wenn ich wegen einer Verspätung bei der Bahn meinen Flug verpasse? In der aktuellen Regulierung gibt es viele Defizite. Das haben nicht zuletzt die Corona-Pandemie und auch die Insolvenz des Reiseunternehmens Thomas Cook gezeigt.
Das hat die Kommission veranlasst, noch kurz vor dem Ende ihres Mandats ein ganzes Gesetzespaket aus neuen und zu überarbeiteten Vorschriften zur Mobilität von Reisenden (Passenger Mobility Package) vorzulegen. Außerdem startet sie eine Initiative zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Mobilitätsdatenraums (European Mobility Data Space, EMDS).
EU-Parlamentarier begrüßen die Vorschläge der Kommission, kritisieren aber den Zeitpunkt. “Es ist grundsätzlich richtig, das Thema Fahrgastrechte anzupacken”, sagt Jens Gieseke (CDU), verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Gruppe. Europa dürfe die Verbraucher nicht allein lassen. Das gelte vor allem dann, wenn sich Buchungsportale und Verkehrsgesellschaften den Schwarzen Peter gegenseitig in die Schuhe schöben. “Eine einheitliche Erstattung bei Reisen mit verschiedenen Verkehrsträgern wäre auf jeden Fall zu begrüßen.”
Thomas Rudner (SPD) meint, es gehe dabei “um mehr als nur um die Behebung vergangener Probleme. Es geht darum, einen Standard zu setzen, der die Rechte Reisender auch in der Zukunft respektiert und schützt.” Das Parlament werde den Vorschlag genau prüfen und auch eigene Vorschläge unterbreiten, um den Schutz von Fluggästen und faire Praktiken in der Reiseindustrie sicherzustellen.
“Wenn die Kommission zum Ende der Legislaturperiode einen Vorschlag für die Überarbeitung der Passagierrechte vorschlägt, dann weiß man, wie hoch im Kurs das Thema Verbraucherfreundlichkeit bei der Kommission steht”, kritisiert Markus Ferber (CSU). Dass die Vorschläge so spät in der Legislatur kommen, bedeute, dass Fahrgäste und ihre Rechte ganz hinten in der Rangordnung stehen. “Das ist nicht nur abenteuerlich, sondern enttäuschend.”
Das von der Kommission vorgeschlagene Mobilitätspaket für Reisende umfasst drei Bereiche:
Heute liegen immer noch viele Daten ungenutzt brach. Im Mai ergab eine Umfrage des Bitkom, dass nur vier von zehn Unternehmen Daten von anderen nutzen oder eigene Daten an andere weitergeben. Würden Mobilitätsdaten verschiedener Verkehrsträger gesammelt, analysiert und untereinander ausgetauscht, könnte Mobilität insgesamt effizienter und damit auch nachhaltiger werden. Für diesen Austausch eignen sich Datenräume (Data Spaces), die ein durch Regeln und Standards abgesichertes Umfeld bieten.
Die EU plant mehrere Datenräume für verschiedene Sektoren, wie etwa den European Industrial Data Space für Daten aus der Produktion oder den Gesundheitsdatenraum. Der jetzt vorgeschlagene European Mobility Data Space kann dabei auf vorhandene Projekte – auch aus Deutschland – aufbauen.
“Für uns ist es eine sehr wichtige Entwicklung, dass auf europäischer Ebene die Dinge zusammenlaufen”, sagt Tobias Miethaner, Sprecher der Geschäftsführung des vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr geförderten Mobility Data Space (MDS). “Wir sind heute bereits in einem sehr guten Austausch mit anderen Initiativen aus anderen Mitgliedstaaten.” Auch 20 Prozent der Teilnehmer an dem deutschen Leuchtturmprojekt hätten ihren Sitz nicht in Deutschland.
Der Mobility Data Space wolle seinen Ansatz auf europäischer Ebene einbringen und habe sich auch bereits stark in den EMDS eingebracht, erläutert Miethaner. “Unser Mobility Data Space kann als Blueprint für andere dienen.” Der MDS sei sehr breit aufgestellt und habe zum Thema intermodales Reisen die wichtigsten Player an Bord. “Wir sind offen für weitere Teilnehmer, zum Beispiel aus der Logistik. Auch für Google sind wir offen.” Letztlich müsse es darum gehen, das Konzept europaweit auszurollen, Deutschland sei als Markt zu klein. “Die EU kann dabei eine gute Schnittstelle sein.”
Mit dem Inkrafttreten des Data Acts, sollte es zudem eine weitere Grundlage geben, auf der der Austausch von Daten stattfinden kann. “Aber beim Data Act gibt es noch große Unsicherheiten, welche Daten bereitgestellt werden müssen”, sagt Miethaner. Aber dort, wo neue Daten bereitgestellt würden, könne die Vernetzung über den MDS erfolgen. “Am Ende geht es aber nicht nur darum, dass wir möglichst viele Daten auf dem Marktplatz haben, sondern dass es viele Anwendungsfälle gibt und daraus neue Geschäftsmodelle und ein Mehrwert für den Nutzer entstehen.” Ein verbesserter Service zum Beispiel.
01.12.2023 – 09:00-16:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ECIIA, Conference The ESG Day
The European Confederation of Institutes of Internal Auditing (ECIIA) provides a forward-looking overview of the EU Sustainability regulatory developments, with a particular focus on Sustainability Reporting, and the European Sustainability Reporting Standards. INFOS
01.12.2023 – 11:30-14:00 Uhr, Berlin
EC, Podiumsdiskussion Wie kann die energetische Gebäudesanierung verbraucherfreundlich gestaltet werden?
Die Europäische Kommission (EC) lädt zur Debatte rund um eine verbraucherfreundliche Gebäudesanierung ein. INFOS & ANMELDUNG
03.12.2023 – 08:30-11:00 Uhr, Dubai (online)
FSR, Panel Discussion The Evolving Voluntary Carbon Market: Reconciling the paradox between innovation and supervision
The Florence School of Regulation (FSR) discusses the contrasting trends of increasing transparency and innovation in the realm of carbon credits. INFOS & REGISTRATION
04.12.-05.12.2023, Brüssel (Belgien)
EESC, Conference European Migration Forum
The European Economic and Social Committee (EESC) addresses the specific needs, skills and communication for the stronger inclusion of migration. INFOS & REGISTRATION
05.12.2023 – 08:30-12:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
EC, Symposium Regions 2030 Final Event: Monitoring the SDGs in the EU Regions
The European Commission (EC) aims to design and develop an indicator set for monitoring the Sustainable Development Goals (SDGs) at regional level in Europe. INFOS & REGISTRATION
05.12.2023 – 12:00 Uhr, Berlin
EBD Briefing zum Vorsitz Liechtensteins im Ministerkomitee des Europarates
Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) lädt zum Briefing anlässlich des Vorsitzes Liechtensteins im Ministerkomitee des Europarates ein. INFOS & ANMELDUNG
Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI) hat das Verhandlungsergebnis zum EU-Renaturierungsgesetz angenommen. Damit ermöglicht der Umweltausschuss, dass der Gesetzentwurf final vom Plenum abgestimmt werden kann.
Die Ausschussmitglieder haben mit 53 gegen 28 Stimmen bei vier Enthaltungen den Gesetzentwurf angenommen. Um das Gesetzgebungsverfahren abzuschließen, muss das Plenum des Parlaments über den Gesetzentwurf noch abstimmen. Dies wird voraussichtlich in der Woche vom 26. Februar sein. Dann muss der Rat auch seine förmliche Zustimmung erteilen. Da der Text bereits letzte Woche grünes Licht von den EU-Mitgliedstaaten erhalten hat, ist dies nur noch eine Formalität.
Damit nähert sich das Ende einer sehr turbulenten legislativen Reise, die vor dem Sommer angefangen hatte. EVP, Konservative sowie die rechtsextreme ID-Fraktion hatten sich gegen den ursprünglichen Vorschlag, den die Europäische Kommission vorgelegt hatte, ausgesprochen. Die gestrige Abstimmung zeigt, dass einige EVP-Abgeordnete nun die aktuelle Fassung des Textes unterstützen, was Jutta Paulus, Umweltexpertin und Verhandlerin der Grünen für das Renaturierungsgesetz begrüßt. “Ich freue mich, dass einige Abgeordnete der EVP den Feldzug ihres Vorsitzenden Manfred Weber gegen den Green Deal nicht mehr unterstützen und für das Verhandlungsergebnis gestimmt haben. Daher erwarte ich eine solide Mehrheit bei der Plenarabstimmung”, sagte sie.
Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur ist eine der wichtigsten Säulen des Green Deal. Es sieht vor, dass die Mitgliedstaaten konkrete Maßnahmen ergreifen müssen, um 20 Prozent aller Land- und Meeresflächen bis 2030 und bis 2050 alle sanierungsbedürftigen Ökosysteme wiederherzustellen. 80 Prozent der Lebensräume in der EU sind in schlechtem Zustand. Mit dieser Vereinbarung ist die EU die erste Region, die ihre internationalen Verpflichtungen aus dem UN-Abkommen von Kunming und Montreal – das von 196 Ländern ratifiziert wurde – in einen verbindlichen Rechtsrahmen umsetzt. cst
Die Verhandlungsführer des Rates und des Europäischen Parlaments haben in der Nacht zum Mittwoch eine vorläufige politische Einigung über die Überarbeitung der Richtlinie über Industrieemissionen (IED) und die Verordnung über die Einrichtung eines Industrieemissionsportals (IEP) erzielt. Die Vereinbarung ist vorläufig, bis sie von beiden Institutionen formell angenommen wird.
Ziel sei es, die Verschmutzung bis 2050 auf ein Niveau zu senken, das für die menschliche Gesundheit nicht mehr schädlich sei. Das sagte Teresa Ribera, die spanische Ministerin für den ökologischen Wandel, die die EU-Mitgliedstaaten bei den Gesprächen im Namen der spanischen EU-Ratspräsidentschaft vertrat. “Die neuen Regeln werden die Verschmutzungsgrenzen auf ein effektiveres Niveau setzen und der Industrie eine klare Anleitung für die richtigen Investitionen geben, um ihre Emissionen effektiv zu reduzieren”, sagte Ribera.
Die Vereinbarung zielt darauf ab, die Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung durch Unternehmen zu verringern, indem bestehende Vorschriften für Emissionen und Abfalldeponien überarbeitet werden. Außerdem soll ein europäisches Register für die Freisetzung und Verbringung von Schadstoffen, das sogenannte E-PRTR, aktualisiert werden.
Die aktualisierten Vorschriften werden ab 2030 für intensive Schweinehaltungsbetriebe mit mehr als 350 Großvieheinheiten gelten – eine Referenzeinheit, die je nach Alter und Größe insgesamt mehr als 1.000 Schweine umfasst. Sie wird auch für Geflügelbetriebe mit mehr als 300 Großvieheinheiten Legehennen – oder mehr als 21.400 Hühnern – gelten.
Die überarbeiteten Vorschriften würden auch für den industriellen Abbau von Erzen wie Eisen, Kupfer, Gold, Nickel und Platin gelten. Die Europäische Kommission könnte zu einem späteren Zeitpunkt auch den Abbau von Industriemineralien einbeziehen. Außerdem wird eine “Gegenseitigkeitsklausel” (“reciprocity clause”) dafür sorgen, dass importierte landwirtschaftliche Erzeugnisse vergleichbaren Anforderungen genügen müssen, wie sie für europäische Landwirte gelten.
“Wir haben Rinder aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie über Industrieemissionen herausgehalten“, sagte der Berichterstatter Radan Kanev (EVP) in einer Erklärung. “Die Europäische Kommission muss nun eine neue Folgenabschätzung vornehmen und fair und transparent mit den Landwirten kommunizieren, bevor sie dem Parlament einen neuen Legislativvorschlag zur Einbeziehung von Rindern vorlegt”, fügte Kanev hinzu.
Die Einigung hat zu Kritik seitens der Umweltverbände geführt. Für das Europäische Umweltbüro (EEB), Europas größtem Netzwerk von Umwelt-Bürgerorganisationen, wird die Einigung den Zielen des Green Deal “nicht gerecht”. Die “Ausklammerung” industrieller Viehzuchtbetriebe aus dem Geltungsbereich, die “jahrzehntelangen Verzögerungen” bei der Umgestaltung der Industrie und der “fehlende Schutz” der von illegaler Verschmutzung betroffenen Menschen “untergraben das Potenzial einer Verordnung, die ein Schutzschild für die Bürger und nicht für die Verursacher sein sollte.” Das teilte das EEB weiter mit. cst
Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) hat sich dagegen ausgesprochen, Basismodelle (Foundation Models) aus der Regulierung des AI Acts herauszunehmen und stattdessen auf eine Selbstregulierung zu setzen. Rechtsunsicherheit würde Bürger und Unternehmen verunsichern, schreiben sie in einem gemeinsamen Statement.
“Die kommende KI-Verordnung sollte daher für alle Beteiligten – auch für Hersteller und Anbieter von Basismodellen – festlegen, welche Anforderungen sie erfüllen müssen. Eine einseitige Verschiebung der rechtlichen Verantwortung auf die letzten Stufen der Wertschöpfungskette wäre datenschutzrechtlich und wirtschaftlich die falsche Wahl”, schreiben die Datenschutzbehörden. Nur mit der notwendigen Vertrauenswürdigkeit werde es eine hohe Akzeptanz für die mit KI verbundenen Chancen geben.
Gemeinsam mit Frankreich und Italien hatte Deutschland vorgeschlagen, auf eine Regulierung von Basismodellen (Foundation Models) im AI Act zu verzichten und auf eine “regulierte Selbstregulierung“ zu setzen. Auch andere Mitgliedsländer schließen sich dem an. Das Parlament hat in seinem Vorschlag dagegen mehrheitlich eine Regulierung von Foundation Models vorgeschlagen.
Zur Position der Bundesregierung sagte das federführende Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) am Mittwoch auf Anfrage: Es gehe um einen Regulierungsrahmen, der die Sicherheitsrisiken von KI-Anwendungen adressiere, ohne die Innovationskraft dieser jungen, vielversprechenden Technologie auszubremsen. “Gesetze und staatliche Kontrolle sollten daher dort ansetzen, wo es um die Anwendung künstlicher Intelligenz in der Wirtschaft und im Alltagsleben geht. Die Entwicklung von KI-Modellen, die sich noch nicht in der Anwendung befinden und noch nicht auf den Markt gebracht wurden, soll hingegen nicht gesondert staatlich reglementiert werden.”
Am Mittwoch saßen die Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten zusammen, um ihre Position abzustimmen. Die Verhandlungen liefen ganz gut, hieß es aus Brüssel. Das Thema Foundation Models steht erst am Freitag auf der Agenda. Am 6. Dezember ist der nächste Trilog, der eigentlich der letzte sein sollte. Die spanische Ratspräsidentschaft will jetzt schnell zu einer Einigung kommen. Doch in Kreisen der Bundesregierung heißt es bereits: Die Belgier, die im Januar den Vorsitz im Rat übernehmen, seien gute und effiziente Verhandlungsführer. vis
Die Europäische Union muss nach Ansicht des Autobauerverbands ACEA bei der Regulierung in den kommenden Jahren einen Gang zurückschalten. ACEA-Präsident Luca de Meo warnte am Mittwoch in Brüssel vor einem “Tsunami” an neuen Regeln, der auf die Schlüsselbranche zurolle. Bis 2030 stünden im Schnitt acht bis neun neue Vorschriften im Jahr an. Der damit verbundene Aufwand für die Ingenieure sei zu groß, die Vorschriften verteuerten Autos.
“Die große Sorge ist, wenn die Regulierung so weitergeht, treibt das die Produktkosten in eine Dimension, dass der europäische Markt viel kleiner wird“, warnte de Meo, der zugleich Renault-Chef ist und den Herstellerverband ein weiteres Jahr führen wird. Es gebe Szenarien mit einer Halbierung in den nächsten zehn bis 15 Jahren.
In einem “Manifest” zur Europawahl und der nächsten Legislaturperiode der EU-Kommission fordern die Autohersteller eine umfassende Industriestrategie, damit die Umstellung auf klimafreundliche Elektroautos bewältigt werden kann. “Regulierung aufzutürmen ist keine Strategie – wir brauchen eine Strategie, andernfalls verliert Europa an Boden”, betonte de Meo.
Die Autoindustrie pocht auf faire Wettbewerbsbedingungen, etwa gegenüber China. Die Bedingungen für Investitionen und Beschäftigung müssten günstig, Energie bezahlbar bleiben, so dass in Europa erschwingliche kleinere E-Autos gebaut werden könnten. Die Nachfrage müsse mit Kaufanreizen und Steuervorteilen angekurbelt werden, das Ladestellennetz bis zu zehnmal so schnell verdichtet werden wie bisher. Es gelte, Prioritäten zu setzen und sich auf das Umsetzen der Klimaschutzvorschriften des “Green Deal” zu konzentrieren, ergänzte ACEA-Generaldirektorin Sigrid de Vries.
Für das kommende Jahr rechnet der Verband mit einem deutlich langsameren Wachstum der Neuzulassungen in der Europäischen Union als 2023. Nach der Prognose sollen 2024 mit rund 10,7 Millionen 2,5 Prozent mehr Neuwagen als in diesem Jahr auf die Straße kommen. Der Marktanteil von Elektroautos werde von rund 14 auf 20 Prozent steigen. Das laufende Jahr soll mit einem Plus von zwölf Prozent enden, so dass mit 10,4 Millionen neuen Pkw der Markt noch rund ein Fünftel unter 2019 liegt, dem Jahr vor Ausbruch der Corona-Pandemie. rtr
Die Regierung der Slowakei hat ein Importverbot für bestimmte Agrarprodukte aus der Ukraine verlängert und ausgeweitet. Das ursprüngliche Importverbot war bis zum Jahresende befristet und auf Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumensamen beschränkt gewesen. Die am Mittwoch beschlossene neue Regelung gilt zeitlich unbefristet und für zehn weitere Produkte, darunter Hopfen, Honig, Rohr- und Rübenzucker. Ähnliche Beschränkungen hatten davor auch Polen und Ungarn verhängt.
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 kann das Land seine Schwarzmeerhäfen kaum noch zur Ausfuhr in alle Welt nutzen. So kommen ukrainische Agrarprodukte überwiegend über die Landesgrenzen Richtung Europa. Die Europäische Union erlaubte es Bulgarien, Polen, Rumänien, der Slowakei und Ungarn, den Verkauf auf dem heimischen Markt zu verbieten, um die Preise nicht kaputtzumachen. Die EU-Bestimmungen liefen im September aus. Polen, Ungarn und die Slowakei führten daraufhin eigenmächtig Importverbote ein.
Die slowakischen Bauern hätten durch die Einfuhr von ukrainischem Billiggetreide Verluste von rund 110 Millionen Euro erlitten, sagte der slowakische Landwirtschaftsminister Richard Takáč der Nachrichtenagentur TASR. Kompensationszahlungen der Europäischen Union deckten mit rund fünf Millionen Euro nur einen Bruchteil davon ab. Die Maßnahme sei daher unausweichlich, solange die EU nicht wieder zu einer gemeinsamen Importbeschränkung zurückkehre.
Den Transit ukrainischer Agrarprodukte wolle man weiterhin ermöglichen, aber strenger kontrollieren. Derzeit blieben rund 80 Prozent der eigentlich nur zum Transit vorgesehenen Agrarprodukte im Land und schadeten damit heimischen Produzenten, sagte Takáč. dpa
Staatsgebiet, Staatsgewalt und Staatsvolk: das sind die traditionellen Kriterien, mit denen Völkerrechtler einen Staat messen. Doch die Europäische Union gleicht mehr einem Mosaik denn einem monolithischen Block und wird entsprechend als “Staatenverbund” beschrieben. Die Idee eines gemeinsamen “Staatsvolkes” steht einer tieferen europäischen Integration entgegen. Was bedeutet das für die aktuellen Reform- und Erweiterungsbemühungen der EU, die im kommenden Jahr intensiviert werden sollen?
Ein Staatsvolk formt sich durch ein gemeinsames Bewusstsein der Zusammengehörigkeit, doch die Vielsprachigkeit Europas wirkt sich hier zweischneidig aus. Sie ist einerseits Ausdruck der reichen kulturellen Diversität, andererseits aber auch eine Barriere für die Entstehung einer breit gefühlten europäischen Öffentlichkeit.
Im Europäischen Parlament manifestiert sich diese Spaltung etwa in der Verteilung der Sitze nach Mitgliedstaaten und in der Wahl der EU-Abgeordneten durch nationale Wahlen. Dieses System bringt die nationale Identität in den europäischen Diskurs ein, erweckt jedoch auch den Eindruck einer Fragmentierung.
Mit den jüngsten Erfolgen in generativer Künstlicher Intelligenz (KI) bietet sich ein Ausweg aus der babylonischen Sprachverwirrung. Dank neuer KI-Schreibassistenten können Sprachbarrieren schneller überwunden werden. Durch die Bereitstellung präziser Übersetzungen helfen Technologien wie DeepL und ChatGPT Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, die Bräuche und Perspektiven des jeweils anderen zu verstehen. Mit Video-Apps kann man sogar lippensynchron in diversen Sprachen sprechen und Videos erzeugen. Der globale Markt für solche zunehmend KI-betriebenen Sprachdienstleistungen wird bis 2027 voraussichtlich 72,2 Milliarden Dollar erreichen.
Indem sie einen grenzüberschreitenden Dialog fördern, erlauben solche technologischen Hilfsmittel, die Vielfalt Europas in einen gemeinsamen Erfahrungsraum zu transformieren. Neun von zehn EU-Bürgern schätzen Fremdsprachen als sehr nützlich ein. Was bisher nur einer Elite zugänglich war – die Simultanübersetzung in Echtzeit im Europäischen Parlament – könnte bald zum Alltag jedes europäischen Bürgers gehören, ob in virtuellen Welten oder durch portable Technologie. Das hätte auch positive Auswirkungen auf den Binnenmarkt, denn Verbraucher kaufen lieber Produkte in ihrer Muttersprache.
Während einer Epochenwende, in der aufgrund geopolitischer Spannungen intensiv über Erweiterungen und Reformen nachgedacht werden muss, könnte eine exponentielle Digitalisierung als Katalysator für mehr Integration wirken. Die Anwendung von KI-Technologien im Fremdsprachen-Unterricht führt bereits heute zu bemerkenswerten Fortschritten beim Spracherwerb und wirkt motivierend.
Indes kann die Digitalisierung auch vorhandene Differenzen intensivieren. Dies zeigt sich aktuell in den divergierenden Social-Media-Diskussionen zum Israel-Hamas-Konflikt. Hier reflektiert die Technologie nicht nur sprachliche Unterschiede, sondern auch stark unterschiedliche Wertvorstellungen und politische Ideen. Die Art, wie brisante Themen wie etwa Migration oder kriegerische Auseinandersetzungen in EU-Mitgliedsstaaten online diskutiert werden, offenbart eine Vielschichtigkeit, die durch die Technologie zwar erlebbar gemacht, aber nicht zwangsläufig vereinheitlicht wird. Zudem können mit generativen KI-Tools schnell und kostenfrei Deepfakes erstellt werden.
Selbst die beste Simultanübersetzung kann die feinen Nuancen von Begriffen und Konzepten, die aus unterschiedlichen historischen und kulturellen Kontexten stammen, nicht immer einfangen. Die Geschichte und die kulturellen Besonderheiten jedes Landes prägen die Wahrnehmung und Interpretation von Informationen, Normen und Gesetzen – ein Umstand, der sich seit Beginn der europäischen Vertragsverhandlungen beobachten lässt.
Ein gemeinsamer Diskurs, geführt auf der Basis einer geteilten Sprache – und sei es nur über eine KI-Anwendung – ermöglicht es immerhin, solche Unterschiede zu erkennen und auszuhandeln. Nur durch fortwährenden Dialog können die Mitgliedsstaaten der EU einen “common ground” identifizieren und eine Zukunft gestalten, die sowohl ihre individuelle Geschichte respektiert als auch ein kollektives europäisches Bewusstsein schafft. Dafür braucht es zuallererst eine gemeinsame Sprache, die zunehmend digital vermittelt und virtuell erlebt werden wird.
Dr. Patrick Stockebrandt ist Fachbereichsleiter für Verbraucher und Gesundheit am Centrum für Europäische Politik (cep) in Freiburg.
Dr. Anselm Küsters ist Fachbereichsleiter für Digitalisierung und Neue Technologien am Centrum für Europäische Politik (cep) in Berlin.
versucht Thierry Breton die europäische Solarindustrie zwangszubeglücken? Gegen Gerüchte einer erneuten Antisubventionsuntersuchung – diesmal gegen chinesische PV-Module – wehrt sich nun die Branche selbst.
Morgen trifft der Industriekommissar online auf Solar-CEOs und Minister der Mitgliedstaaten. Zum einjährigen Bestehen der European Solar PV Industry Alliance wollen sie eigentlich eine erste Bilanz ziehen, wie der generalstabsmäßige Wiederaufbau der europäischen Produktionskapazitäten läuft. Doch die jüngsten Gerüchte stören die Arbeit am gemeinsamen Ziel gewaltig.
In einem offenen Brief an Breton warnen 429 Unternehmen und Verbände der Solarwirtschaft, dass ihnen handelspolitische Schutzmaßnahmen nur schaden und die Energiewende gefährden würden – Strafzölle hätten schon einmal Beschäftigungszahlen und Investitionen einbrechen lassen. “Wir haben bessere, schnellere und wirksamere Lösungen für die Krise, mit der die europäischen Hersteller konfrontiert sind”, sagt Walburga Hemetsberger, CEO von SolarPower Europe.
Die gewünschten Alternativen laufen alle auf eine Maßnahme hinaus: mehr staatliche Förderung. In Zeiten knapper Kassen keine frohe Botschaft für Thierry Breton.
Für die zentrale Entscheidung der COP28 zum “Global Stocktake” (GST) stehen den Delegationen harte Verhandlungen bevor. Denn die Vorstellungen der einzelnen Staaten und Ländergruppen, welche Folgen aus der ersten globalen Bestandsaufnahme zum Klimaschutz zu ziehen sind, gehen weit auseinander. Sie widersprechen sich teilweise sogar direkt. Das zeigt ein Überblick über die Vorschläge, die 23 UN-Staaten und Ländergruppen und etwa 50 internationale Organisationen dem Klimasekretariat UNFCCC vorgelegt haben. Table.Media hat die Dokumente ausgewertet.
Der GST zieht zum ersten Mal seit dem Beschluss des Pariser Abkommens 2015 eine Bilanz, was im Klimaschutz seitdem erreicht wurde und wie es weitergehen soll. Im September gab es eine Zusammenfassung der Erkenntnisse aus dem “technischen Dialog”. Dann fasste das UNFCCC-Sekretariat die Ergebnisse aus seiner Sicht zusammen. Auf der COP28 muss nun ein Dokument vorgelegt werden, das Grundlage für eine Entscheidung sein soll.
In den bisherigen Papieren gibt es große Übereinstimmung bei der Benennung von Lücken im bisherigen Klimaschutz. Beispielsweise beim Punkt, Emissionsreduzierungen. Die nötigen Einsparungen von minus 43 Prozent bis 2030 sind nicht absehbar. Auch finanziell gibt es Defizite. Die Industrieländer haben für die Jahre 2020 und 2021 ihre Zusage von 100 Milliarden Dollar Klimahilfen pro Jahr nicht eingehalten.
In anderen Punkten gehen die Vorstellungen und Sichtweisen weit auseinander. Das zeigt ein Überblick über die wichtigsten Akteure und ihre besonderen Schwerpunkte.
Die Europäische Union sieht sich gern als Vorreiter in Sachen Klimaschutz. Der Block aus 27 Staaten hat seit 1990 seinen CO₂-Ausstoß um etwa 25 Prozent gesenkt, für 2030 mit dem “Green Deal” ein Minus von 55 Prozent angestrebt und für 2050 Netto-Null-Emissionen. Die Mitgliedsstaaten der EU sind die größten Finanziers im internationalen Klimaschutz und bemühen sich um strategische Bündnisse mit Schwellen- und Entwicklungsländern. In die Schlusserklärung gehört für Europa deshalb:
China ist der vielleicht mächtigste Player bei den Klimaverhandlungen. Die Großmacht verfolgt ihre eigenen Ziele, leidet unter den Klimafolgen und treibt zu Hause den Ausbau der Erneuerbaren massiv voran. Gleichzeitig ist es vom fossilen Wirtschaftsmodell und dem Export abhängig. Das Land definiert sich nach wie vor als Entwicklungsland, um die Verhandlungsgruppe der G77/China zusammenzuhalten. Diese Rolle kommt nun etwa bei den Finanzierungsfragen des “Loss and Damage” Fonds immer stärker unter Druck. China als derzeit bei Weitem größter CO₂-Emittent will deshalb unter anderem:
Die USA sind traditionell der große Gegenspieler Chinas. Mit dem politischen und ökonomischen Rivalen verbindet Washington Konkurrenz und Kooperation. Soll der Klimaprozess funktionieren, müssen sich China und die USA einig sein. Doch bei den Forderungen zum abschließenden GST-Beschluss der COP28 markiert die US-Regierung, die zu Hause vor einem Wahljahr steht, ihre Positionen:
Die Position der G77 und China wird vom derzeitigen Vorsitz Kuba vorgetragen. Sie entspricht weitgehend den bekannten Positionen dieses großen Zusammenschlusses von Entwicklungsländern in der UNO (inzwischen etwa 130 Staaten). Auch ihre Untergruppen wie LDC oder Basic ebenso wie große Länder wie China oder Indien wiederholen viele dieser Standpunkte:
Die Gruppe um Brasilien, Südafrika, Indien und China (BASIC) sieht sich als Führungsgruppe der G77/China. Gleichzeitig sind sie derzeit vor dem Hintergrund der geopolitischen Spannungen und der Vergrößerung der BRICS-Gruppe, die außerdem noch Russland enthält, deutlich selbstbewusster. Die Forderungen der BASIC sind deutlich schärfer formuliert als die Erklärung der G77. Für sie ist die Klimakrise “die abstoßende Erbschaft von Kolonialismus und Imperialismus der letzten fünf Jahrhunderte”.
Die afrikanischen Länder legen größten Wert darauf, dass die Erklärung nachhaltige Entwicklung ihres Kontinents mit Klimazielen verbindet. Es müsse “Fortschritt bei den SDG” geben, eine Erklärung zum GST dürfe auf keinen Fall “die Unterentwicklung Afrikas vertiefen”. Oberstes Ziel müsse es sein, den 600 Millionen Menschen in Afrika ohne Zugang zu Strom und den 900 Millionen ohne sauberes Wasser zu helfen. Außerdem fordern sie:
Saudi-Arabien findet sich in mehreren Rollen wieder. Als dominanter Ölproduzent, dem die momentanen Preise große Gewinne sichern, als traditioneller Bremser in den Verhandlungen, der taktisch klug agiert. Gleichzeitig will das Land global eine wichtigere Rolle spielen und auch in der Zukunft einer dekarbonisierten Wirtschaft eine wichtige Rolle einnehmen. Die Forderungen des Königreichs:
Russland hält sich bei den Konferenzen traditionell im Hintergrund. Besonders seit dem Angriff auf die Ukraine suchen die Delegierten nicht die große Bühne, sind aber im Prozess immer präsent. Ihre Forderungen sind davon geprägt, dass die russische Volkswirtschaft zu einem großen Teil auf dem Export von Gas und Öl beruht. Deshalb:
CAN International, das “Climate Action Network”, ein Zusammenschluss von mehr als 1.900 Umwelt- und Entwicklungsorganisationen aus 130 Ländern, begleitet die COPs von Anfang an. Die Experten und Lobbyisten der Gruppen sitzen inzwischen in vielen Länderdelegationen. Die deutsche Klimabeauftragte Jennifer Morgan oder der kanadische Umweltminister Steven Guilbeault arbeiteten früher hier. CAN liefert traditionell neben Expertise auch die Stimme der armen Entwicklungsländer und des Naturschutzes. Konkret fordern sie von einer Erklärung zum GST:
Die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs) sind oft auch jene, die von der Klimakrise am stärksten getroffen werden: Ihr geografische Lage, ihre oft schwachen Institutionen, ihre Wirtschaftsstruktur und geringer Wohlstand führen dazu, dass Verluste und Schäden kaum abgepuffert werden können. Daher sind ihre Forderungen teilweise noch weitergehend. Sie plädieren unter anderem für folgende Elemente in der Erklärung:
Alle bisher erschienenen Texte zur COP28 lesen Sie hier.
Reisen ist mit modernen Transportmöglichkeiten und Pauschalangeboten immer bequemer, zugleich aber auch immer komplizierter geworden. Wer zahlt, wie viel und wann, wenn eine Pauschalreise storniert werden muss? Warum gelten bei der Bahn andere Fahrgastrechte als im Flugverkehr? Wer steht dafür ein, wenn ich wegen einer Verspätung bei der Bahn meinen Flug verpasse? In der aktuellen Regulierung gibt es viele Defizite. Das haben nicht zuletzt die Corona-Pandemie und auch die Insolvenz des Reiseunternehmens Thomas Cook gezeigt.
Das hat die Kommission veranlasst, noch kurz vor dem Ende ihres Mandats ein ganzes Gesetzespaket aus neuen und zu überarbeiteten Vorschriften zur Mobilität von Reisenden (Passenger Mobility Package) vorzulegen. Außerdem startet sie eine Initiative zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Mobilitätsdatenraums (European Mobility Data Space, EMDS).
EU-Parlamentarier begrüßen die Vorschläge der Kommission, kritisieren aber den Zeitpunkt. “Es ist grundsätzlich richtig, das Thema Fahrgastrechte anzupacken”, sagt Jens Gieseke (CDU), verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Gruppe. Europa dürfe die Verbraucher nicht allein lassen. Das gelte vor allem dann, wenn sich Buchungsportale und Verkehrsgesellschaften den Schwarzen Peter gegenseitig in die Schuhe schöben. “Eine einheitliche Erstattung bei Reisen mit verschiedenen Verkehrsträgern wäre auf jeden Fall zu begrüßen.”
Thomas Rudner (SPD) meint, es gehe dabei “um mehr als nur um die Behebung vergangener Probleme. Es geht darum, einen Standard zu setzen, der die Rechte Reisender auch in der Zukunft respektiert und schützt.” Das Parlament werde den Vorschlag genau prüfen und auch eigene Vorschläge unterbreiten, um den Schutz von Fluggästen und faire Praktiken in der Reiseindustrie sicherzustellen.
“Wenn die Kommission zum Ende der Legislaturperiode einen Vorschlag für die Überarbeitung der Passagierrechte vorschlägt, dann weiß man, wie hoch im Kurs das Thema Verbraucherfreundlichkeit bei der Kommission steht”, kritisiert Markus Ferber (CSU). Dass die Vorschläge so spät in der Legislatur kommen, bedeute, dass Fahrgäste und ihre Rechte ganz hinten in der Rangordnung stehen. “Das ist nicht nur abenteuerlich, sondern enttäuschend.”
Das von der Kommission vorgeschlagene Mobilitätspaket für Reisende umfasst drei Bereiche:
Heute liegen immer noch viele Daten ungenutzt brach. Im Mai ergab eine Umfrage des Bitkom, dass nur vier von zehn Unternehmen Daten von anderen nutzen oder eigene Daten an andere weitergeben. Würden Mobilitätsdaten verschiedener Verkehrsträger gesammelt, analysiert und untereinander ausgetauscht, könnte Mobilität insgesamt effizienter und damit auch nachhaltiger werden. Für diesen Austausch eignen sich Datenräume (Data Spaces), die ein durch Regeln und Standards abgesichertes Umfeld bieten.
Die EU plant mehrere Datenräume für verschiedene Sektoren, wie etwa den European Industrial Data Space für Daten aus der Produktion oder den Gesundheitsdatenraum. Der jetzt vorgeschlagene European Mobility Data Space kann dabei auf vorhandene Projekte – auch aus Deutschland – aufbauen.
“Für uns ist es eine sehr wichtige Entwicklung, dass auf europäischer Ebene die Dinge zusammenlaufen”, sagt Tobias Miethaner, Sprecher der Geschäftsführung des vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr geförderten Mobility Data Space (MDS). “Wir sind heute bereits in einem sehr guten Austausch mit anderen Initiativen aus anderen Mitgliedstaaten.” Auch 20 Prozent der Teilnehmer an dem deutschen Leuchtturmprojekt hätten ihren Sitz nicht in Deutschland.
Der Mobility Data Space wolle seinen Ansatz auf europäischer Ebene einbringen und habe sich auch bereits stark in den EMDS eingebracht, erläutert Miethaner. “Unser Mobility Data Space kann als Blueprint für andere dienen.” Der MDS sei sehr breit aufgestellt und habe zum Thema intermodales Reisen die wichtigsten Player an Bord. “Wir sind offen für weitere Teilnehmer, zum Beispiel aus der Logistik. Auch für Google sind wir offen.” Letztlich müsse es darum gehen, das Konzept europaweit auszurollen, Deutschland sei als Markt zu klein. “Die EU kann dabei eine gute Schnittstelle sein.”
Mit dem Inkrafttreten des Data Acts, sollte es zudem eine weitere Grundlage geben, auf der der Austausch von Daten stattfinden kann. “Aber beim Data Act gibt es noch große Unsicherheiten, welche Daten bereitgestellt werden müssen”, sagt Miethaner. Aber dort, wo neue Daten bereitgestellt würden, könne die Vernetzung über den MDS erfolgen. “Am Ende geht es aber nicht nur darum, dass wir möglichst viele Daten auf dem Marktplatz haben, sondern dass es viele Anwendungsfälle gibt und daraus neue Geschäftsmodelle und ein Mehrwert für den Nutzer entstehen.” Ein verbesserter Service zum Beispiel.
01.12.2023 – 09:00-16:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ECIIA, Conference The ESG Day
The European Confederation of Institutes of Internal Auditing (ECIIA) provides a forward-looking overview of the EU Sustainability regulatory developments, with a particular focus on Sustainability Reporting, and the European Sustainability Reporting Standards. INFOS
01.12.2023 – 11:30-14:00 Uhr, Berlin
EC, Podiumsdiskussion Wie kann die energetische Gebäudesanierung verbraucherfreundlich gestaltet werden?
Die Europäische Kommission (EC) lädt zur Debatte rund um eine verbraucherfreundliche Gebäudesanierung ein. INFOS & ANMELDUNG
03.12.2023 – 08:30-11:00 Uhr, Dubai (online)
FSR, Panel Discussion The Evolving Voluntary Carbon Market: Reconciling the paradox between innovation and supervision
The Florence School of Regulation (FSR) discusses the contrasting trends of increasing transparency and innovation in the realm of carbon credits. INFOS & REGISTRATION
04.12.-05.12.2023, Brüssel (Belgien)
EESC, Conference European Migration Forum
The European Economic and Social Committee (EESC) addresses the specific needs, skills and communication for the stronger inclusion of migration. INFOS & REGISTRATION
05.12.2023 – 08:30-12:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
EC, Symposium Regions 2030 Final Event: Monitoring the SDGs in the EU Regions
The European Commission (EC) aims to design and develop an indicator set for monitoring the Sustainable Development Goals (SDGs) at regional level in Europe. INFOS & REGISTRATION
05.12.2023 – 12:00 Uhr, Berlin
EBD Briefing zum Vorsitz Liechtensteins im Ministerkomitee des Europarates
Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) lädt zum Briefing anlässlich des Vorsitzes Liechtensteins im Ministerkomitee des Europarates ein. INFOS & ANMELDUNG
Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI) hat das Verhandlungsergebnis zum EU-Renaturierungsgesetz angenommen. Damit ermöglicht der Umweltausschuss, dass der Gesetzentwurf final vom Plenum abgestimmt werden kann.
Die Ausschussmitglieder haben mit 53 gegen 28 Stimmen bei vier Enthaltungen den Gesetzentwurf angenommen. Um das Gesetzgebungsverfahren abzuschließen, muss das Plenum des Parlaments über den Gesetzentwurf noch abstimmen. Dies wird voraussichtlich in der Woche vom 26. Februar sein. Dann muss der Rat auch seine förmliche Zustimmung erteilen. Da der Text bereits letzte Woche grünes Licht von den EU-Mitgliedstaaten erhalten hat, ist dies nur noch eine Formalität.
Damit nähert sich das Ende einer sehr turbulenten legislativen Reise, die vor dem Sommer angefangen hatte. EVP, Konservative sowie die rechtsextreme ID-Fraktion hatten sich gegen den ursprünglichen Vorschlag, den die Europäische Kommission vorgelegt hatte, ausgesprochen. Die gestrige Abstimmung zeigt, dass einige EVP-Abgeordnete nun die aktuelle Fassung des Textes unterstützen, was Jutta Paulus, Umweltexpertin und Verhandlerin der Grünen für das Renaturierungsgesetz begrüßt. “Ich freue mich, dass einige Abgeordnete der EVP den Feldzug ihres Vorsitzenden Manfred Weber gegen den Green Deal nicht mehr unterstützen und für das Verhandlungsergebnis gestimmt haben. Daher erwarte ich eine solide Mehrheit bei der Plenarabstimmung”, sagte sie.
Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur ist eine der wichtigsten Säulen des Green Deal. Es sieht vor, dass die Mitgliedstaaten konkrete Maßnahmen ergreifen müssen, um 20 Prozent aller Land- und Meeresflächen bis 2030 und bis 2050 alle sanierungsbedürftigen Ökosysteme wiederherzustellen. 80 Prozent der Lebensräume in der EU sind in schlechtem Zustand. Mit dieser Vereinbarung ist die EU die erste Region, die ihre internationalen Verpflichtungen aus dem UN-Abkommen von Kunming und Montreal – das von 196 Ländern ratifiziert wurde – in einen verbindlichen Rechtsrahmen umsetzt. cst
Die Verhandlungsführer des Rates und des Europäischen Parlaments haben in der Nacht zum Mittwoch eine vorläufige politische Einigung über die Überarbeitung der Richtlinie über Industrieemissionen (IED) und die Verordnung über die Einrichtung eines Industrieemissionsportals (IEP) erzielt. Die Vereinbarung ist vorläufig, bis sie von beiden Institutionen formell angenommen wird.
Ziel sei es, die Verschmutzung bis 2050 auf ein Niveau zu senken, das für die menschliche Gesundheit nicht mehr schädlich sei. Das sagte Teresa Ribera, die spanische Ministerin für den ökologischen Wandel, die die EU-Mitgliedstaaten bei den Gesprächen im Namen der spanischen EU-Ratspräsidentschaft vertrat. “Die neuen Regeln werden die Verschmutzungsgrenzen auf ein effektiveres Niveau setzen und der Industrie eine klare Anleitung für die richtigen Investitionen geben, um ihre Emissionen effektiv zu reduzieren”, sagte Ribera.
Die Vereinbarung zielt darauf ab, die Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung durch Unternehmen zu verringern, indem bestehende Vorschriften für Emissionen und Abfalldeponien überarbeitet werden. Außerdem soll ein europäisches Register für die Freisetzung und Verbringung von Schadstoffen, das sogenannte E-PRTR, aktualisiert werden.
Die aktualisierten Vorschriften werden ab 2030 für intensive Schweinehaltungsbetriebe mit mehr als 350 Großvieheinheiten gelten – eine Referenzeinheit, die je nach Alter und Größe insgesamt mehr als 1.000 Schweine umfasst. Sie wird auch für Geflügelbetriebe mit mehr als 300 Großvieheinheiten Legehennen – oder mehr als 21.400 Hühnern – gelten.
Die überarbeiteten Vorschriften würden auch für den industriellen Abbau von Erzen wie Eisen, Kupfer, Gold, Nickel und Platin gelten. Die Europäische Kommission könnte zu einem späteren Zeitpunkt auch den Abbau von Industriemineralien einbeziehen. Außerdem wird eine “Gegenseitigkeitsklausel” (“reciprocity clause”) dafür sorgen, dass importierte landwirtschaftliche Erzeugnisse vergleichbaren Anforderungen genügen müssen, wie sie für europäische Landwirte gelten.
“Wir haben Rinder aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie über Industrieemissionen herausgehalten“, sagte der Berichterstatter Radan Kanev (EVP) in einer Erklärung. “Die Europäische Kommission muss nun eine neue Folgenabschätzung vornehmen und fair und transparent mit den Landwirten kommunizieren, bevor sie dem Parlament einen neuen Legislativvorschlag zur Einbeziehung von Rindern vorlegt”, fügte Kanev hinzu.
Die Einigung hat zu Kritik seitens der Umweltverbände geführt. Für das Europäische Umweltbüro (EEB), Europas größtem Netzwerk von Umwelt-Bürgerorganisationen, wird die Einigung den Zielen des Green Deal “nicht gerecht”. Die “Ausklammerung” industrieller Viehzuchtbetriebe aus dem Geltungsbereich, die “jahrzehntelangen Verzögerungen” bei der Umgestaltung der Industrie und der “fehlende Schutz” der von illegaler Verschmutzung betroffenen Menschen “untergraben das Potenzial einer Verordnung, die ein Schutzschild für die Bürger und nicht für die Verursacher sein sollte.” Das teilte das EEB weiter mit. cst
Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) hat sich dagegen ausgesprochen, Basismodelle (Foundation Models) aus der Regulierung des AI Acts herauszunehmen und stattdessen auf eine Selbstregulierung zu setzen. Rechtsunsicherheit würde Bürger und Unternehmen verunsichern, schreiben sie in einem gemeinsamen Statement.
“Die kommende KI-Verordnung sollte daher für alle Beteiligten – auch für Hersteller und Anbieter von Basismodellen – festlegen, welche Anforderungen sie erfüllen müssen. Eine einseitige Verschiebung der rechtlichen Verantwortung auf die letzten Stufen der Wertschöpfungskette wäre datenschutzrechtlich und wirtschaftlich die falsche Wahl”, schreiben die Datenschutzbehörden. Nur mit der notwendigen Vertrauenswürdigkeit werde es eine hohe Akzeptanz für die mit KI verbundenen Chancen geben.
Gemeinsam mit Frankreich und Italien hatte Deutschland vorgeschlagen, auf eine Regulierung von Basismodellen (Foundation Models) im AI Act zu verzichten und auf eine “regulierte Selbstregulierung“ zu setzen. Auch andere Mitgliedsländer schließen sich dem an. Das Parlament hat in seinem Vorschlag dagegen mehrheitlich eine Regulierung von Foundation Models vorgeschlagen.
Zur Position der Bundesregierung sagte das federführende Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) am Mittwoch auf Anfrage: Es gehe um einen Regulierungsrahmen, der die Sicherheitsrisiken von KI-Anwendungen adressiere, ohne die Innovationskraft dieser jungen, vielversprechenden Technologie auszubremsen. “Gesetze und staatliche Kontrolle sollten daher dort ansetzen, wo es um die Anwendung künstlicher Intelligenz in der Wirtschaft und im Alltagsleben geht. Die Entwicklung von KI-Modellen, die sich noch nicht in der Anwendung befinden und noch nicht auf den Markt gebracht wurden, soll hingegen nicht gesondert staatlich reglementiert werden.”
Am Mittwoch saßen die Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten zusammen, um ihre Position abzustimmen. Die Verhandlungen liefen ganz gut, hieß es aus Brüssel. Das Thema Foundation Models steht erst am Freitag auf der Agenda. Am 6. Dezember ist der nächste Trilog, der eigentlich der letzte sein sollte. Die spanische Ratspräsidentschaft will jetzt schnell zu einer Einigung kommen. Doch in Kreisen der Bundesregierung heißt es bereits: Die Belgier, die im Januar den Vorsitz im Rat übernehmen, seien gute und effiziente Verhandlungsführer. vis
Die Europäische Union muss nach Ansicht des Autobauerverbands ACEA bei der Regulierung in den kommenden Jahren einen Gang zurückschalten. ACEA-Präsident Luca de Meo warnte am Mittwoch in Brüssel vor einem “Tsunami” an neuen Regeln, der auf die Schlüsselbranche zurolle. Bis 2030 stünden im Schnitt acht bis neun neue Vorschriften im Jahr an. Der damit verbundene Aufwand für die Ingenieure sei zu groß, die Vorschriften verteuerten Autos.
“Die große Sorge ist, wenn die Regulierung so weitergeht, treibt das die Produktkosten in eine Dimension, dass der europäische Markt viel kleiner wird“, warnte de Meo, der zugleich Renault-Chef ist und den Herstellerverband ein weiteres Jahr führen wird. Es gebe Szenarien mit einer Halbierung in den nächsten zehn bis 15 Jahren.
In einem “Manifest” zur Europawahl und der nächsten Legislaturperiode der EU-Kommission fordern die Autohersteller eine umfassende Industriestrategie, damit die Umstellung auf klimafreundliche Elektroautos bewältigt werden kann. “Regulierung aufzutürmen ist keine Strategie – wir brauchen eine Strategie, andernfalls verliert Europa an Boden”, betonte de Meo.
Die Autoindustrie pocht auf faire Wettbewerbsbedingungen, etwa gegenüber China. Die Bedingungen für Investitionen und Beschäftigung müssten günstig, Energie bezahlbar bleiben, so dass in Europa erschwingliche kleinere E-Autos gebaut werden könnten. Die Nachfrage müsse mit Kaufanreizen und Steuervorteilen angekurbelt werden, das Ladestellennetz bis zu zehnmal so schnell verdichtet werden wie bisher. Es gelte, Prioritäten zu setzen und sich auf das Umsetzen der Klimaschutzvorschriften des “Green Deal” zu konzentrieren, ergänzte ACEA-Generaldirektorin Sigrid de Vries.
Für das kommende Jahr rechnet der Verband mit einem deutlich langsameren Wachstum der Neuzulassungen in der Europäischen Union als 2023. Nach der Prognose sollen 2024 mit rund 10,7 Millionen 2,5 Prozent mehr Neuwagen als in diesem Jahr auf die Straße kommen. Der Marktanteil von Elektroautos werde von rund 14 auf 20 Prozent steigen. Das laufende Jahr soll mit einem Plus von zwölf Prozent enden, so dass mit 10,4 Millionen neuen Pkw der Markt noch rund ein Fünftel unter 2019 liegt, dem Jahr vor Ausbruch der Corona-Pandemie. rtr
Die Regierung der Slowakei hat ein Importverbot für bestimmte Agrarprodukte aus der Ukraine verlängert und ausgeweitet. Das ursprüngliche Importverbot war bis zum Jahresende befristet und auf Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumensamen beschränkt gewesen. Die am Mittwoch beschlossene neue Regelung gilt zeitlich unbefristet und für zehn weitere Produkte, darunter Hopfen, Honig, Rohr- und Rübenzucker. Ähnliche Beschränkungen hatten davor auch Polen und Ungarn verhängt.
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 kann das Land seine Schwarzmeerhäfen kaum noch zur Ausfuhr in alle Welt nutzen. So kommen ukrainische Agrarprodukte überwiegend über die Landesgrenzen Richtung Europa. Die Europäische Union erlaubte es Bulgarien, Polen, Rumänien, der Slowakei und Ungarn, den Verkauf auf dem heimischen Markt zu verbieten, um die Preise nicht kaputtzumachen. Die EU-Bestimmungen liefen im September aus. Polen, Ungarn und die Slowakei führten daraufhin eigenmächtig Importverbote ein.
Die slowakischen Bauern hätten durch die Einfuhr von ukrainischem Billiggetreide Verluste von rund 110 Millionen Euro erlitten, sagte der slowakische Landwirtschaftsminister Richard Takáč der Nachrichtenagentur TASR. Kompensationszahlungen der Europäischen Union deckten mit rund fünf Millionen Euro nur einen Bruchteil davon ab. Die Maßnahme sei daher unausweichlich, solange die EU nicht wieder zu einer gemeinsamen Importbeschränkung zurückkehre.
Den Transit ukrainischer Agrarprodukte wolle man weiterhin ermöglichen, aber strenger kontrollieren. Derzeit blieben rund 80 Prozent der eigentlich nur zum Transit vorgesehenen Agrarprodukte im Land und schadeten damit heimischen Produzenten, sagte Takáč. dpa
Staatsgebiet, Staatsgewalt und Staatsvolk: das sind die traditionellen Kriterien, mit denen Völkerrechtler einen Staat messen. Doch die Europäische Union gleicht mehr einem Mosaik denn einem monolithischen Block und wird entsprechend als “Staatenverbund” beschrieben. Die Idee eines gemeinsamen “Staatsvolkes” steht einer tieferen europäischen Integration entgegen. Was bedeutet das für die aktuellen Reform- und Erweiterungsbemühungen der EU, die im kommenden Jahr intensiviert werden sollen?
Ein Staatsvolk formt sich durch ein gemeinsames Bewusstsein der Zusammengehörigkeit, doch die Vielsprachigkeit Europas wirkt sich hier zweischneidig aus. Sie ist einerseits Ausdruck der reichen kulturellen Diversität, andererseits aber auch eine Barriere für die Entstehung einer breit gefühlten europäischen Öffentlichkeit.
Im Europäischen Parlament manifestiert sich diese Spaltung etwa in der Verteilung der Sitze nach Mitgliedstaaten und in der Wahl der EU-Abgeordneten durch nationale Wahlen. Dieses System bringt die nationale Identität in den europäischen Diskurs ein, erweckt jedoch auch den Eindruck einer Fragmentierung.
Mit den jüngsten Erfolgen in generativer Künstlicher Intelligenz (KI) bietet sich ein Ausweg aus der babylonischen Sprachverwirrung. Dank neuer KI-Schreibassistenten können Sprachbarrieren schneller überwunden werden. Durch die Bereitstellung präziser Übersetzungen helfen Technologien wie DeepL und ChatGPT Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, die Bräuche und Perspektiven des jeweils anderen zu verstehen. Mit Video-Apps kann man sogar lippensynchron in diversen Sprachen sprechen und Videos erzeugen. Der globale Markt für solche zunehmend KI-betriebenen Sprachdienstleistungen wird bis 2027 voraussichtlich 72,2 Milliarden Dollar erreichen.
Indem sie einen grenzüberschreitenden Dialog fördern, erlauben solche technologischen Hilfsmittel, die Vielfalt Europas in einen gemeinsamen Erfahrungsraum zu transformieren. Neun von zehn EU-Bürgern schätzen Fremdsprachen als sehr nützlich ein. Was bisher nur einer Elite zugänglich war – die Simultanübersetzung in Echtzeit im Europäischen Parlament – könnte bald zum Alltag jedes europäischen Bürgers gehören, ob in virtuellen Welten oder durch portable Technologie. Das hätte auch positive Auswirkungen auf den Binnenmarkt, denn Verbraucher kaufen lieber Produkte in ihrer Muttersprache.
Während einer Epochenwende, in der aufgrund geopolitischer Spannungen intensiv über Erweiterungen und Reformen nachgedacht werden muss, könnte eine exponentielle Digitalisierung als Katalysator für mehr Integration wirken. Die Anwendung von KI-Technologien im Fremdsprachen-Unterricht führt bereits heute zu bemerkenswerten Fortschritten beim Spracherwerb und wirkt motivierend.
Indes kann die Digitalisierung auch vorhandene Differenzen intensivieren. Dies zeigt sich aktuell in den divergierenden Social-Media-Diskussionen zum Israel-Hamas-Konflikt. Hier reflektiert die Technologie nicht nur sprachliche Unterschiede, sondern auch stark unterschiedliche Wertvorstellungen und politische Ideen. Die Art, wie brisante Themen wie etwa Migration oder kriegerische Auseinandersetzungen in EU-Mitgliedsstaaten online diskutiert werden, offenbart eine Vielschichtigkeit, die durch die Technologie zwar erlebbar gemacht, aber nicht zwangsläufig vereinheitlicht wird. Zudem können mit generativen KI-Tools schnell und kostenfrei Deepfakes erstellt werden.
Selbst die beste Simultanübersetzung kann die feinen Nuancen von Begriffen und Konzepten, die aus unterschiedlichen historischen und kulturellen Kontexten stammen, nicht immer einfangen. Die Geschichte und die kulturellen Besonderheiten jedes Landes prägen die Wahrnehmung und Interpretation von Informationen, Normen und Gesetzen – ein Umstand, der sich seit Beginn der europäischen Vertragsverhandlungen beobachten lässt.
Ein gemeinsamer Diskurs, geführt auf der Basis einer geteilten Sprache – und sei es nur über eine KI-Anwendung – ermöglicht es immerhin, solche Unterschiede zu erkennen und auszuhandeln. Nur durch fortwährenden Dialog können die Mitgliedsstaaten der EU einen “common ground” identifizieren und eine Zukunft gestalten, die sowohl ihre individuelle Geschichte respektiert als auch ein kollektives europäisches Bewusstsein schafft. Dafür braucht es zuallererst eine gemeinsame Sprache, die zunehmend digital vermittelt und virtuell erlebt werden wird.
Dr. Patrick Stockebrandt ist Fachbereichsleiter für Verbraucher und Gesundheit am Centrum für Europäische Politik (cep) in Freiburg.
Dr. Anselm Küsters ist Fachbereichsleiter für Digitalisierung und Neue Technologien am Centrum für Europäische Politik (cep) in Berlin.