Table.Briefing: Europe

Puigdemonts Provokation + Was Meloni mit der Verfassungsreform will + Hilfestellung bei CSRD

Liebe Leserin, lieber Leser,

heute wird es spannend: Nach fast sieben Jahren im belgischen Exil will Carles Puigdemont von der separatistischen Junts-Partei nach Spanien zurückkehren. Das ist gewagt, denn dem Separatistenführer droht bei Einreise die Verhaftung. Puigdemont war 2016 zum Regionalpräsident Kataloniens gewählt worden. Er initiierte ein Referendum, rief anschließend die Unabhängigkeit von Spanien aus. Später wurde er vom Senat abgesetzt und danach zu einer langjährigen Haftstrafe wegen “Aufruhrs” verurteilt. Er war seinerzeit seiner Verhaftung zuvorgekommen, indem er nach Mitteleuropa flüchtete.

Doch die Rückkehr von Puigdemont hat Kalkül. Sie fällt auf den Tag, an dem der Sozialist Salvador Illa im Regionalparlament zum Regionalpräsidenten gewählt werden soll. Mit den Stimmen einer weiteren separatistischen Partei namens ERC. Das ist ein Teil des politischen Deals, durch den der Sozialist Pedro Sánchez wieder Ministerpräsident wurde. Im Gegenzug versprach Sánchez Amnestie für führende Köpfe der Separatistenbewegung. Doch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes machte dem einen Strich durch die Rechnung und zerschlug die Hoffnung Puigdemonts und anderer Mitstreiter auf Straffreiheit.

Die spannende Frage ist nun: Wird Puigdemont festgenommen? Dann könnte die ERC davon Abstand nehmen, Illa zu wählen. Viel steht auf dem Spiel: Sánchez, der mit der Wahl Illas die Ära von separatistischen Regionalpräsidenten in Katalonien beenden will, hatte den Deal mit dem Versprechen garniert, der Region das Recht zu geben, eigenständig Steuern einzutreiben. Er ist also bereit, die Finanzhoheit des Zentralstaates aufzugeben. Das umstrittene Vorhaben könnte aber heute ebenso scheitern wie Illa.

Ganz gleich von wo aus Sie das politische Spektakel beobachten – ich hoffe, dass Sie gut durch den Tag kommen!

Ihre
Isabel Cuesta Camacho
Bild von Isabel  Cuesta Camacho

Analyse

Italien: Was Meloni mit der Verfassungsreform erreichen will

Kaum war der Bericht der EU-Kommission zur Rechtsstaatlichkeit Ende Juli veröffentlicht, machten die ersten Fake-News die Runde: Brüssel lehne die Verfassungsreform Italiens ab, hieß es unter anderem. “Der Bericht lässt alle Befürchtungen wieder aufleben, die wir wiederholt über die negativen Auswirkungen der Direktwahl des Regierungschefs geäußert haben”, schreibt zum Beispiel Dario Parrini, Senator des Partito Democratico, auf seiner Facebook-Seite.

Dabei wird die Verfassungsreform, das Großprojekt von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, im Bericht der Kommission nur leicht gestreift: Einige Interessengruppen hätten Bedenken hinsichtlich der vorgeschlagenen Änderungen am derzeitigen System des institutionellen Machtausgleichs geäußert, heißt es. Manche würden bezweifeln, dass diese zu mehr Stabilität führten.

Direktwahl wäre Novum in der EU

Als Fakt wird noch festgestellt: Mit dieser Reform wäre es dem Staatspräsidenten nicht mehr möglich, alternative Mehrheiten zu bilden. Er könnte außerdem keine Experten mehr als Regierungschefs ernennen. Damit ist kurz und knapp zusammengefasst, worum es Meloni geht: Mit der “Mutter aller Reformen”, wie sie ihr Vorhaben bezeichnet, sollen die Ministerpräsidenten Italiens künftig direkt vom Volk gewählt werden. Ein Novum in der Europäischen Union.

In Italien werden bislang spätestens alle fünf Jahre die beiden Parlamentskammern gewählt. Der Präsident der Republik beauftragt danach eine Person seiner Wahl mit der Regierungsbildung und ernennt in Absprache mit dieser die Minister. Die Opposition sieht in der geplanten Verfassungsänderung eine endgültige autoritäre Wende – eingeleitet von Giorgia Meloni, der Chefin der rechtsnationalen Fratelli d’Italia, einer Nachfolgeorganisation des MSI, in dem sich nach dem Zweiten Weltkrieg die Gefolgsleute von Diktator Mussolini tummelten.

Mehrheitsbonus vom Tisch

Mit der Direktwahl des Regierungschefs würde die Macht des Staatspräsidenten stark eingeschränkt – und der gilt vielen als Garant der Verfassung, als politischer Anker, als verlässliche Größe. Das mag mit dem aktuellen Amtsinhaber zusammenhängen: Sergio Mattarella lenkt seit neun Jahren jedes politische Chaos in halbwegs geordnete Bahnen. Fast 60 Prozent der Italienerinnen und Italiener vertrauen Mattarella. Auf Platz zwei in der Vertrauensfrage landet Giorgia Meloni mit 35 Prozent.

Einige besonders umstrittene Punkte aus dem Ursprungstext Melonis wurden bereits gestrichen, wie ein Mehrheitsbonus, der dem Wahlsieger automatisch mindestens 55 Prozent der Sitze in beiden Parlamentskammern gesichert hätte. Die Zahl zumindest ist nun vom Tisch, dafür wird nun die Möglichkeit von Stichwahlen diskutiert. Neu ist im aktuellen Text eine Begrenzung auf zwei Amtszeiten.

Sind alle Pläne praxistauglich?

Das Ziel von Melonis Reform: Die Regierungen Italiens sollen stabiler werden, die ständigen Wechsel aufhören. Und das Wichtigste: Die Person, die die Regierung anführt, soll eindeutig vom Volk für genau diese Aufgabe ausgewählt worden sein. Ansätze, die durchaus ihre Berechtigung haben. Melonis Regierung ist Nummer 68 der vergangenen 75 Jahre. Die durchschnittliche Amtszeit von italienischen Regierungen liegt bei 18 Monaten.

Meloni ist zudem die erste italienische Regierungschefin seit Berlusconi, die sich im Wahlkampf explizit als Ministerpräsidentin beworben – und durchgesetzt hatte. Ihre Vorgänger Mario Monti, Enrico Letta, Matteo Renzi, Paolo Gentiloni, Giuseppe Conte oder Mario Draghi – bekamen den Job, ohne dass sie sich vorher für dieses Amt beim Bürger beworben hätten.

Bei Regierungskrisen hätte der Staatspräsident künftig nur einmal pro Legislatur die Möglichkeit, die Regierungsgeschäfte an jemand anderen abzugeben. Diese andere Person muss ein gewählter Abgeordneter aus dem Mehrheitsbündnis des ursprünglich gewählten Ministerpräsidenten sein. Er oder sie muss sich an dessen Programm halten. Spätestens hier stellt sich die Frage nach der Praxistauglichkeit.

Referendum könnte über Reform entscheiden

Ob es aber überhaupt zu einer Verfassungsänderung kommen wird, ist nicht ausgemacht. Im Juni nahm der aktuelle Entwurf die erste Hürde, der Senat stimmte ihm zu. Eine Verfassungsänderung muss jede der beiden Parlamentskammern zwei Mal durchlaufen und letztendlich mit Zweidrittelmehrheit verabschiedet werden. Kommen diese Zahlen nicht zustande – was wahrscheinlich ist – muss das Volk befragt werden. Ein solches Referendum könnte im Frühjahr 2025, zur Halbzeit der aktuellen Legislatur, anstehen.

Ein heikler Punkt. Denn die Zustimmung für Melonis Verfassungsreform ist nicht besonders hoch. In einer Umfrage vom Ende Juni erklärten nur 29 Prozent der Befragten, dafür zu sein, den Premier künftig direkt zu wählen. 2016 stürzte bereits Ministerpräsident Matteo Renzi, damals noch die Lichtgestalt des Partito Democratico, über seine Pläne, die Verfassung zu reformieren. Auch er wollte das Amt des Ministerpräsidenten stärken.

Mit einem neuen Wahlrecht sollte auch in den damaligen Plänen der Linken das Parteienbündnis, das bei einer Wahl mehr als 40 Prozent, oder eine anschließende Stichwahl gewinnt, automatisch die Mehrheit der Parlamentssitze zugesprochen bekommen. “Renzi will sich unauffällig zum Diktator machen“, hieß es damals von den Gegnern des Vorhabens. Die Volksabstimmung scheiterte, Renzi trat zurück. Meloni hat bereits verkündet, dies nicht zu tun, sollte ihre Volksbefragung ebenfalls scheitern.

  • Giorgia Meloni
  • Italien
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Termine

13.08.2024 – 17:00-18:30 Uhr, Dresden
FNF, Podiumsdiskussion Weniger Zettel, mehr Wirtschaft!
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) diskutiert mit Marco Buschmann über das Meseberger Entlastungspaket der Bundesregierung und den Bürokratieabbau. INFOS & ANMELDUNG

13.08.2024 – 18:00-19:15 Uhr, online
FNF, Diskussion Der Erfolg des Wirtschaftens – FAZ Herausgeber Wirtschaft Gerald Braunberger im Gespräch
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) spricht mit FAZ-Herausgeber Gerald Braunberger über die aktuellen globalen Herausforderungen für die Wirtschaft. INFOS & ANMELDUNG

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News

Verkehr und Gebäude: Warum die DUH die Bundesregierung erneut verklagt

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eine weitere Klimaklage gegen die Bundesregierung erhoben – diesmal auf Basis von EU-Regeln und bezogen auf die Emissionen der Sektoren Verkehr, Gebäude und Landnutzung. Unter Berufung auf die EU-Klimaschutzverordnung und die LULUCF-Verordnung beantragt die Organisation in ihrer Klageschrift, das Gericht möge die Bundesregierung dazu verpflichten, einen Plan mit “zusätzlichen Aktionen” vorzulegen, die ausreichten, um diese Emissionen gemäß der EU-Vorgaben zu senken. Daneben fordert die DUH “umgehende Sofortmaßnahmen wie ein Tempolimit, eine Sanierungsoffensive bei öffentlichen Gebäuden und eine massive Reduktion des Holzeinschlags in Wäldern”.

In den sogenannten ESR-Sektoren (Effort Sharing Regulation) sind alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, gemeinsam ihre Emissionen in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Kleinindustrie, Abfall und Landwirtschaft bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zu 2005 zu reduzieren. Deutschlands Beitrag liegt sogar bei einer Halbierung der Emissionen. Bleibe Deutschland auf dem derzeitigen Kurs, werde es das Ziel “krachend verfehlen”, so die DUH, “insbesondere wegen der massiv überhöhten Emissionen in den Sektoren Verkehr und Gebäude”. Kein anderes Mitgliedsland stehe derart schlecht da. Das Umweltbundesamt schätzt den Umfang der Zielverfehlung bis 2030 in seinem aktuellen Treibhausgasprojektionsbericht auf 126 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente.

Deutschland droht Milliarden-Zahlung

Hält Deutschland die ESR-Ziele nicht ein, müsste es ab 2030 zum Ausgleich Emissionszertifikate aus anderen EU-Staaten erwerben. Der DUH zufolge könnte das Zahlungen “in zweistelliger Milliardenhöhe” bedeuten. Ab dem Jahr 2027 wird es zudem auch für den Verkehrs- und Gebäudesektor einen EU-Emissionshandel geben (ETS 2).

Im Landnutzungssektor (LULUCF) verpflichtet das EU-Recht Deutschland, klare Ziele für die Speicherung von Kohlendioxid in Ökosystemen wie Wäldern oder Mooren zu erfüllen. Auch hier sieht die DUH “bislang keine ausreichenden Korrekturmaßnahmen” und zieht deshalb vor Gericht. Derzeit klagt die Organisation auf unterschiedlichen Ebenen mehrfach gegen die Bundesregierung, um diese zu einer ehrgeizigeren Klimapolitik zu verpflichten. Unter anderem laufen Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und dem Bundesverfassungsgericht. ae

  • ETS 2
  • EU-Klimapolitik
  • Gebäudesektor
  • Klima & Umwelt
  • Klimaklagen
  • Landwirtschaft
  • Menschenrechte
  • Verkehr

CSRD: Kommission veröffentlicht FAQ für Unternehmen

Die EU-Kommission will Unternehmen bei der Umsetzung der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) unterstützen. Deshalb hat sie eine Zusammenstellung häufig gestellter Fragen (FAQ) veröffentlicht. Finanzkommissarin Mairead McGuinness erklärte, die Klarstellungen sollen die Notwendigkeit für Unternehmen verringern, externe Beratung oder Rechtsberatung einzuholen

Das Dokument enthält neben einem Überblick über die Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung Antworten der Kommission auf häufig gestellte Fragen zu den folgenden Themen:

  • über die zu berichtenden Nachhaltigkeitsinformationen der Rechnungslegungsrichtlinie,
  • über die Gewährleistung der Nachhaltigkeitsberichterstattung,
  • über Anforderungen an Unternehmen in Drittländern,
  • und über den Zusammenhang mit der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR).

Für jedes Thema werden unter anderem Fragen zum Anwendungsbereich, zu Fristen und Ausnahmen beantwortet. Beispielsweise geht es darum, wann Unternehmen Schätzungen verwenden dürfen, anstatt Informationen über die Wertschöpfungskette von Lieferanten oder Partnern zu sammeln. Laut der Kommission wurden bei der Zusammenstellung Fragen von Unternehmen berücksichtigt.

Die CSRD ist im Januar 2023 in Kraft getreten. Die erste Gruppe von Unternehmen muss 2025 mit der Berichterstattung für das Geschäftsjahr 2024 beginnen. leo

  • CSRD
  • Klima & Umwelt
  • Nachhaltigkeitsberichterstattung
  • Unternehmen

Mercosur: Wieso neue Termine Diplomaten optimistisch stimmen

Nach Monaten Pause kommt wieder Bewegung in die EU-Mercosur-Gespräche zu einem gemeinsamen Handelsabkommen. Unterhändler der EU und der beteiligten südamerikanischen Staaten werden sich am 4. und 6. September in Brasilia zu den ersten persönlichen Gesprächen seit April treffen. Diplomaten glauben, dass das Freihandelsabkommen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden könnte.

“Wir reisen nach Brasilia zu einer persönlichen Verhandlungsrunde am 4. und 6. September”, sagte ein europäischer Diplomat. “Der Zeitplan für einen Abschluss Ende des Jahres ist realistisch“, sagte er. Sowohl Brasilien als auch Uruguay bestätigten die Termine für das Treffen.

Das uruguayische Außenministerium erklärte, dass der Verhandlungsprozess “entschlossen weitergeht” und die technische Arbeit zwischen beiden Seiten “ununterbrochen” fortgesetzt wird. “Es gibt ein Interesse des Mercosur am Abschluss dieses Abkommens”, sagte ein Sprecher des uruguayischen Außenministeriums am Mittwoch gegenüber Reuters.

Viele Konflikte bisher nicht beigelegt

Die Gespräche hatten im März einen Rückschlag erlitten, als der französische Präsident Emmanuel Macron das Abkommen bei einem Besuch in Brasilien als “sehr schlecht” bezeichnet hatte und auf den Widerstand der französischen Landwirte verwies. Die Verhandlungen wurden bis nach den EU-Parlamentswahlen im Juni auf Eis gelegt.

Diplomaten sagten, dass die Themen, die auf dem Tisch liegen, dieselben bleiben, einschließlich des europäischen Schutzes der Namen von Lebensmittelprodukten und des brasilianischen Widerstands gegen die EU-Entwaldungsregeln, die kommendes Jahr in Kraft treten sollen und die Exporte beeinträchtigen könnte. rtr

  • Anti-Entwaldung
  • Brasilien
  • Handelspolitik
  • Mercosur

Must-Reads

Reform des EU-Asylsystems : Deutschland nimmt die meisten Flüchtlinge auf – und die Zahl wird noch steigen TAGESSPIEGEL
Verbrenner: EU kassiert laut Gutachten zu Unrecht Milliarden Euro an Strafen WELT
TurkStream: Russische Gasexporte in die EU steigen trotz Abkopplung wieder an TELEPOLIS
EZB-Ratsmitglied: “Weitere Senkungen, wenn Inflation mitspielt” KLEINE ZEITUNG
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Ukraine: Hoffnung auf weitere EU-Agrarhilfen TAGESSPIEGEL
Großbritannien: Starmer stoppt den Ruanda-Deal – und bittet plötzlich die EU, illegale Migranten fernzuhalten WELT
Kosovo schließt serbische Post: Laut EU-Kommission verstößt das gegen die Dialogvereinbarung EURONEWS
Belgien: Antisemitismus – Klage gegen bekannten Autor Herman Brusselmans SÜDDEUTSCHE
Belgien verhindert aktiv russische Klagen gegen die Einfrierung von Vermögenswerten BRF
Spirale der ergebnislosen Wahlen: Bulgariens Beitritt zur Eurozone könnte sich verzögern EURONEWS
Diskriminierung: Bulgarien verbietet LGBTQ-Inhalte an Schulen ZEIT
Gewaltdelikte in Kopenhagen: Dänemark prüft Grenzkontrollen zu Schweden EURACTIV
Italien: Meloni setzt Medien unter Druck DEUTSCHLANDFUNK
Italien-Urlaubern droht Preisschock: Neue Touristensteuer geplant WATSON
Österreich: Taylor-Swift-Konzerte in Wien wegen Terrorgefahr abgesagt DEUTSCHLANDFUNK
Rente: Schweizer Regierung räumt milliardenschweren Rechenfehler ein FR
“Novak ist größer als Nadal”: Tennislegende Djokovic soll in Serbien ein Museum bekommen SPIEGEL
Offizielle Daten: Arbeitslosigkeit in Spanien sinkt dank des Tourismus FVW
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Standpunkt

Gemeinsam stark in Europa: Grüner Wasserstoff für Klima und Industrie

Von Katherina Reiche, Marcel Galjee, Tom Hautekiet
Tom Hautekiet, Katherina Reiche und Marcel Galjee beraten die Regierungen in Belgien, Deutschland und den Niederlanden zum Aufbau der Wasserstoffwirtschaft.

Die Europäische Union steht vor einer immensen Herausforderung: Sie muss ihre ambitionierten Klimaziele erreichen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrie und Technologien stärken. Diese Ziele können wir nur mit massivem Einsatz von grünem Wasserstoff erreichen. Doch noch fehlen dafür die notwendigen Rahmenbedingungen.

Deshalb sind jetzt entscheidende politische Weichenstellungen nötig. Insbesondere für Deutschland, die Niederlande und Belgien müssen dringend die richtigen Schritte eingeleitet werden, um die hohe Nachfrage zu decken und eine ausreichende sowie bezahlbare Versorgung mit grünem Wasserstoff sicherzustellen.

Deutschland, die Niederlande und Belgien bilden gemeinsam eine bedeutende Wirtschaftsregion im Herzen Europas. Sie steht für 30 Prozent der europäischen Industrieproduktion und 40 Prozent des Wasserstoffverbrauchs. Ihre Branchen wie Stahl, Chemie, Prozesswärme, Strom und Transport werden voraussichtlich die Hauptabnehmer von grünem Wasserstoff sein.

Aktionsplan für Europas Import-Drehscheibe

Mit der Nordsee als Zentrum für die Produktion von grünem Wasserstoff, einem dichten Gaspipelinenetz und weltweit bedeutenden Häfen sind diese Länder bestens positioniert, um Europas Import-Drehscheibe für grünen Wasserstoff zu werden. Trotz dieser Chancen stellt die Entwicklung eines Marktes für flüssigen grünen Wasserstoff nach wie vor eine große Herausforderung dar.

Um ihre Position als Industriezentrum, Technologieführer und Hotspot für grünen Wasserstoff zu sichern, benötigen die drei Länder einen gezielten Aktionsplan. Daher haben die nationalen Wasserstoffräte Deutschlands, der Niederlande und Belgiens im Mai 2024 eine Absichtserklärung unterzeichnet. Sie wollen bei gemeinsamen Themen eng zusammenarbeiten und so die Wasserstoffwirtschaft in diesen Ländern voranbringen.

Wasserstoffproduktion in Deutschland vor hohen Hürden

Was sollten das neue EU-Parlament und die Kommission konkret unternehmen?

Die Kostenlücke schließen: Die Ergebnisse der ersten Auktion der Europäischen Wasserstoffbank zeigen: Es ist unwahrscheinlich, dass Europas wichtigstes Finanzierungsprogramm für Wasserstoff die Produktionsanlagen in Deutschland, den Niederlanden und Belgien unterstützen wird. Die Kostenlücke zwischen Wasserstoffproduktionskosten und Marktpreis ist zu groß.

Daher muss ein umfassendes gesamteuropäisches Wasserstoffnetz aufgebaut werden, um den Zugang zu kostengünstigerem Wasserstoff aus Nord- und Südeuropa zu ermöglichen. Gleichzeitig benötigen Deutschland, die Niederlande und Belgien einen gezielten Plan für den Übergang zu grünem Wasserstoff. Dabei muss die Kostenlücke geschlossen werden: durch Entlastung bei den anfänglichen Produktionskosten und gezielte Unterstützung der Abnehmerbranchen. Hierfür benötigen wir intelligente Finanzierungsoptionen.

Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen: Das europäische Regulierungsumfeld erschwert einen schnellen Markthochlauf für Wasserstoff. Restriktive Regelungen wie die Bedingungen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff schränken mögliche Lösungen ein. Komplexe Vorschriften für staatliche Beihilfen, verstreute Finanzierungsmechanismen und fehlende einheitliche Zertifizierungsverfahren für grünen Wasserstoff behindern die schnelle Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft in dieser Dreiländer-Region.

Realistische Szenarien für industrielle Zentren

Die regulatorischen Rahmenbedingungen müssen deutlich mehr Flexibilität ermöglichen. Nur so können Deutschland, Belgien und die Niederlande ihren Beitrag leisten, damit Europa klimaneutral wird und gleichzeitig die führende Position seiner Industrie behauptet.

Europa muss alles daransetzen, die Einführung von grünem Wasserstoff mit allen Kräften voranzutreiben. Wir benötigen realistische Szenarien für die Regionen, die am meisten darauf angewiesen sind und dazu beitragen, dass der Übergang zu sauberem Wasserstoff gelingt. Spezielle und flexible Übergangsregelungen für die Förderung von sauberem Wasserstoff in Deutschland, den Niederlanden und Belgien sind zentral, um Europas industrielle und technologische Führungsposition weltweit zu sichern.

Jetzt ist der Moment zu handeln!

Katherina Reiche ist Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrats (NWR) der Bundesregierung.

Marcel Galjee ist Vorsitzender von NLHydrogen.

Tom Hautekiet ist Vorsitzender des Belgischen Wasserstoffrats (BHC).

  • Belgien
  • Grüner Wasserstoff
  • Niederlande
  • Wasserstoff

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    heute wird es spannend: Nach fast sieben Jahren im belgischen Exil will Carles Puigdemont von der separatistischen Junts-Partei nach Spanien zurückkehren. Das ist gewagt, denn dem Separatistenführer droht bei Einreise die Verhaftung. Puigdemont war 2016 zum Regionalpräsident Kataloniens gewählt worden. Er initiierte ein Referendum, rief anschließend die Unabhängigkeit von Spanien aus. Später wurde er vom Senat abgesetzt und danach zu einer langjährigen Haftstrafe wegen “Aufruhrs” verurteilt. Er war seinerzeit seiner Verhaftung zuvorgekommen, indem er nach Mitteleuropa flüchtete.

    Doch die Rückkehr von Puigdemont hat Kalkül. Sie fällt auf den Tag, an dem der Sozialist Salvador Illa im Regionalparlament zum Regionalpräsidenten gewählt werden soll. Mit den Stimmen einer weiteren separatistischen Partei namens ERC. Das ist ein Teil des politischen Deals, durch den der Sozialist Pedro Sánchez wieder Ministerpräsident wurde. Im Gegenzug versprach Sánchez Amnestie für führende Köpfe der Separatistenbewegung. Doch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes machte dem einen Strich durch die Rechnung und zerschlug die Hoffnung Puigdemonts und anderer Mitstreiter auf Straffreiheit.

    Die spannende Frage ist nun: Wird Puigdemont festgenommen? Dann könnte die ERC davon Abstand nehmen, Illa zu wählen. Viel steht auf dem Spiel: Sánchez, der mit der Wahl Illas die Ära von separatistischen Regionalpräsidenten in Katalonien beenden will, hatte den Deal mit dem Versprechen garniert, der Region das Recht zu geben, eigenständig Steuern einzutreiben. Er ist also bereit, die Finanzhoheit des Zentralstaates aufzugeben. Das umstrittene Vorhaben könnte aber heute ebenso scheitern wie Illa.

    Ganz gleich von wo aus Sie das politische Spektakel beobachten – ich hoffe, dass Sie gut durch den Tag kommen!

    Ihre
    Isabel Cuesta Camacho
    Bild von Isabel  Cuesta Camacho

    Analyse

    Italien: Was Meloni mit der Verfassungsreform erreichen will

    Kaum war der Bericht der EU-Kommission zur Rechtsstaatlichkeit Ende Juli veröffentlicht, machten die ersten Fake-News die Runde: Brüssel lehne die Verfassungsreform Italiens ab, hieß es unter anderem. “Der Bericht lässt alle Befürchtungen wieder aufleben, die wir wiederholt über die negativen Auswirkungen der Direktwahl des Regierungschefs geäußert haben”, schreibt zum Beispiel Dario Parrini, Senator des Partito Democratico, auf seiner Facebook-Seite.

    Dabei wird die Verfassungsreform, das Großprojekt von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, im Bericht der Kommission nur leicht gestreift: Einige Interessengruppen hätten Bedenken hinsichtlich der vorgeschlagenen Änderungen am derzeitigen System des institutionellen Machtausgleichs geäußert, heißt es. Manche würden bezweifeln, dass diese zu mehr Stabilität führten.

    Direktwahl wäre Novum in der EU

    Als Fakt wird noch festgestellt: Mit dieser Reform wäre es dem Staatspräsidenten nicht mehr möglich, alternative Mehrheiten zu bilden. Er könnte außerdem keine Experten mehr als Regierungschefs ernennen. Damit ist kurz und knapp zusammengefasst, worum es Meloni geht: Mit der “Mutter aller Reformen”, wie sie ihr Vorhaben bezeichnet, sollen die Ministerpräsidenten Italiens künftig direkt vom Volk gewählt werden. Ein Novum in der Europäischen Union.

    In Italien werden bislang spätestens alle fünf Jahre die beiden Parlamentskammern gewählt. Der Präsident der Republik beauftragt danach eine Person seiner Wahl mit der Regierungsbildung und ernennt in Absprache mit dieser die Minister. Die Opposition sieht in der geplanten Verfassungsänderung eine endgültige autoritäre Wende – eingeleitet von Giorgia Meloni, der Chefin der rechtsnationalen Fratelli d’Italia, einer Nachfolgeorganisation des MSI, in dem sich nach dem Zweiten Weltkrieg die Gefolgsleute von Diktator Mussolini tummelten.

    Mehrheitsbonus vom Tisch

    Mit der Direktwahl des Regierungschefs würde die Macht des Staatspräsidenten stark eingeschränkt – und der gilt vielen als Garant der Verfassung, als politischer Anker, als verlässliche Größe. Das mag mit dem aktuellen Amtsinhaber zusammenhängen: Sergio Mattarella lenkt seit neun Jahren jedes politische Chaos in halbwegs geordnete Bahnen. Fast 60 Prozent der Italienerinnen und Italiener vertrauen Mattarella. Auf Platz zwei in der Vertrauensfrage landet Giorgia Meloni mit 35 Prozent.

    Einige besonders umstrittene Punkte aus dem Ursprungstext Melonis wurden bereits gestrichen, wie ein Mehrheitsbonus, der dem Wahlsieger automatisch mindestens 55 Prozent der Sitze in beiden Parlamentskammern gesichert hätte. Die Zahl zumindest ist nun vom Tisch, dafür wird nun die Möglichkeit von Stichwahlen diskutiert. Neu ist im aktuellen Text eine Begrenzung auf zwei Amtszeiten.

    Sind alle Pläne praxistauglich?

    Das Ziel von Melonis Reform: Die Regierungen Italiens sollen stabiler werden, die ständigen Wechsel aufhören. Und das Wichtigste: Die Person, die die Regierung anführt, soll eindeutig vom Volk für genau diese Aufgabe ausgewählt worden sein. Ansätze, die durchaus ihre Berechtigung haben. Melonis Regierung ist Nummer 68 der vergangenen 75 Jahre. Die durchschnittliche Amtszeit von italienischen Regierungen liegt bei 18 Monaten.

    Meloni ist zudem die erste italienische Regierungschefin seit Berlusconi, die sich im Wahlkampf explizit als Ministerpräsidentin beworben – und durchgesetzt hatte. Ihre Vorgänger Mario Monti, Enrico Letta, Matteo Renzi, Paolo Gentiloni, Giuseppe Conte oder Mario Draghi – bekamen den Job, ohne dass sie sich vorher für dieses Amt beim Bürger beworben hätten.

    Bei Regierungskrisen hätte der Staatspräsident künftig nur einmal pro Legislatur die Möglichkeit, die Regierungsgeschäfte an jemand anderen abzugeben. Diese andere Person muss ein gewählter Abgeordneter aus dem Mehrheitsbündnis des ursprünglich gewählten Ministerpräsidenten sein. Er oder sie muss sich an dessen Programm halten. Spätestens hier stellt sich die Frage nach der Praxistauglichkeit.

    Referendum könnte über Reform entscheiden

    Ob es aber überhaupt zu einer Verfassungsänderung kommen wird, ist nicht ausgemacht. Im Juni nahm der aktuelle Entwurf die erste Hürde, der Senat stimmte ihm zu. Eine Verfassungsänderung muss jede der beiden Parlamentskammern zwei Mal durchlaufen und letztendlich mit Zweidrittelmehrheit verabschiedet werden. Kommen diese Zahlen nicht zustande – was wahrscheinlich ist – muss das Volk befragt werden. Ein solches Referendum könnte im Frühjahr 2025, zur Halbzeit der aktuellen Legislatur, anstehen.

    Ein heikler Punkt. Denn die Zustimmung für Melonis Verfassungsreform ist nicht besonders hoch. In einer Umfrage vom Ende Juni erklärten nur 29 Prozent der Befragten, dafür zu sein, den Premier künftig direkt zu wählen. 2016 stürzte bereits Ministerpräsident Matteo Renzi, damals noch die Lichtgestalt des Partito Democratico, über seine Pläne, die Verfassung zu reformieren. Auch er wollte das Amt des Ministerpräsidenten stärken.

    Mit einem neuen Wahlrecht sollte auch in den damaligen Plänen der Linken das Parteienbündnis, das bei einer Wahl mehr als 40 Prozent, oder eine anschließende Stichwahl gewinnt, automatisch die Mehrheit der Parlamentssitze zugesprochen bekommen. “Renzi will sich unauffällig zum Diktator machen“, hieß es damals von den Gegnern des Vorhabens. Die Volksabstimmung scheiterte, Renzi trat zurück. Meloni hat bereits verkündet, dies nicht zu tun, sollte ihre Volksbefragung ebenfalls scheitern.

    • Giorgia Meloni
    • Italien
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    Termine

    13.08.2024 – 17:00-18:30 Uhr, Dresden
    FNF, Podiumsdiskussion Weniger Zettel, mehr Wirtschaft!
    Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) diskutiert mit Marco Buschmann über das Meseberger Entlastungspaket der Bundesregierung und den Bürokratieabbau. INFOS & ANMELDUNG

    13.08.2024 – 18:00-19:15 Uhr, online
    FNF, Diskussion Der Erfolg des Wirtschaftens – FAZ Herausgeber Wirtschaft Gerald Braunberger im Gespräch
    Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) spricht mit FAZ-Herausgeber Gerald Braunberger über die aktuellen globalen Herausforderungen für die Wirtschaft. INFOS & ANMELDUNG

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    News

    Verkehr und Gebäude: Warum die DUH die Bundesregierung erneut verklagt

    Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eine weitere Klimaklage gegen die Bundesregierung erhoben – diesmal auf Basis von EU-Regeln und bezogen auf die Emissionen der Sektoren Verkehr, Gebäude und Landnutzung. Unter Berufung auf die EU-Klimaschutzverordnung und die LULUCF-Verordnung beantragt die Organisation in ihrer Klageschrift, das Gericht möge die Bundesregierung dazu verpflichten, einen Plan mit “zusätzlichen Aktionen” vorzulegen, die ausreichten, um diese Emissionen gemäß der EU-Vorgaben zu senken. Daneben fordert die DUH “umgehende Sofortmaßnahmen wie ein Tempolimit, eine Sanierungsoffensive bei öffentlichen Gebäuden und eine massive Reduktion des Holzeinschlags in Wäldern”.

    In den sogenannten ESR-Sektoren (Effort Sharing Regulation) sind alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, gemeinsam ihre Emissionen in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Kleinindustrie, Abfall und Landwirtschaft bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zu 2005 zu reduzieren. Deutschlands Beitrag liegt sogar bei einer Halbierung der Emissionen. Bleibe Deutschland auf dem derzeitigen Kurs, werde es das Ziel “krachend verfehlen”, so die DUH, “insbesondere wegen der massiv überhöhten Emissionen in den Sektoren Verkehr und Gebäude”. Kein anderes Mitgliedsland stehe derart schlecht da. Das Umweltbundesamt schätzt den Umfang der Zielverfehlung bis 2030 in seinem aktuellen Treibhausgasprojektionsbericht auf 126 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente.

    Deutschland droht Milliarden-Zahlung

    Hält Deutschland die ESR-Ziele nicht ein, müsste es ab 2030 zum Ausgleich Emissionszertifikate aus anderen EU-Staaten erwerben. Der DUH zufolge könnte das Zahlungen “in zweistelliger Milliardenhöhe” bedeuten. Ab dem Jahr 2027 wird es zudem auch für den Verkehrs- und Gebäudesektor einen EU-Emissionshandel geben (ETS 2).

    Im Landnutzungssektor (LULUCF) verpflichtet das EU-Recht Deutschland, klare Ziele für die Speicherung von Kohlendioxid in Ökosystemen wie Wäldern oder Mooren zu erfüllen. Auch hier sieht die DUH “bislang keine ausreichenden Korrekturmaßnahmen” und zieht deshalb vor Gericht. Derzeit klagt die Organisation auf unterschiedlichen Ebenen mehrfach gegen die Bundesregierung, um diese zu einer ehrgeizigeren Klimapolitik zu verpflichten. Unter anderem laufen Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und dem Bundesverfassungsgericht. ae

    • ETS 2
    • EU-Klimapolitik
    • Gebäudesektor
    • Klima & Umwelt
    • Klimaklagen
    • Landwirtschaft
    • Menschenrechte
    • Verkehr

    CSRD: Kommission veröffentlicht FAQ für Unternehmen

    Die EU-Kommission will Unternehmen bei der Umsetzung der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) unterstützen. Deshalb hat sie eine Zusammenstellung häufig gestellter Fragen (FAQ) veröffentlicht. Finanzkommissarin Mairead McGuinness erklärte, die Klarstellungen sollen die Notwendigkeit für Unternehmen verringern, externe Beratung oder Rechtsberatung einzuholen

    Das Dokument enthält neben einem Überblick über die Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung Antworten der Kommission auf häufig gestellte Fragen zu den folgenden Themen:

    • über die zu berichtenden Nachhaltigkeitsinformationen der Rechnungslegungsrichtlinie,
    • über die Gewährleistung der Nachhaltigkeitsberichterstattung,
    • über Anforderungen an Unternehmen in Drittländern,
    • und über den Zusammenhang mit der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR).

    Für jedes Thema werden unter anderem Fragen zum Anwendungsbereich, zu Fristen und Ausnahmen beantwortet. Beispielsweise geht es darum, wann Unternehmen Schätzungen verwenden dürfen, anstatt Informationen über die Wertschöpfungskette von Lieferanten oder Partnern zu sammeln. Laut der Kommission wurden bei der Zusammenstellung Fragen von Unternehmen berücksichtigt.

    Die CSRD ist im Januar 2023 in Kraft getreten. Die erste Gruppe von Unternehmen muss 2025 mit der Berichterstattung für das Geschäftsjahr 2024 beginnen. leo

    • CSRD
    • Klima & Umwelt
    • Nachhaltigkeitsberichterstattung
    • Unternehmen

    Mercosur: Wieso neue Termine Diplomaten optimistisch stimmen

    Nach Monaten Pause kommt wieder Bewegung in die EU-Mercosur-Gespräche zu einem gemeinsamen Handelsabkommen. Unterhändler der EU und der beteiligten südamerikanischen Staaten werden sich am 4. und 6. September in Brasilia zu den ersten persönlichen Gesprächen seit April treffen. Diplomaten glauben, dass das Freihandelsabkommen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden könnte.

    “Wir reisen nach Brasilia zu einer persönlichen Verhandlungsrunde am 4. und 6. September”, sagte ein europäischer Diplomat. “Der Zeitplan für einen Abschluss Ende des Jahres ist realistisch“, sagte er. Sowohl Brasilien als auch Uruguay bestätigten die Termine für das Treffen.

    Das uruguayische Außenministerium erklärte, dass der Verhandlungsprozess “entschlossen weitergeht” und die technische Arbeit zwischen beiden Seiten “ununterbrochen” fortgesetzt wird. “Es gibt ein Interesse des Mercosur am Abschluss dieses Abkommens”, sagte ein Sprecher des uruguayischen Außenministeriums am Mittwoch gegenüber Reuters.

    Viele Konflikte bisher nicht beigelegt

    Die Gespräche hatten im März einen Rückschlag erlitten, als der französische Präsident Emmanuel Macron das Abkommen bei einem Besuch in Brasilien als “sehr schlecht” bezeichnet hatte und auf den Widerstand der französischen Landwirte verwies. Die Verhandlungen wurden bis nach den EU-Parlamentswahlen im Juni auf Eis gelegt.

    Diplomaten sagten, dass die Themen, die auf dem Tisch liegen, dieselben bleiben, einschließlich des europäischen Schutzes der Namen von Lebensmittelprodukten und des brasilianischen Widerstands gegen die EU-Entwaldungsregeln, die kommendes Jahr in Kraft treten sollen und die Exporte beeinträchtigen könnte. rtr

    • Anti-Entwaldung
    • Brasilien
    • Handelspolitik
    • Mercosur

    Must-Reads

    Reform des EU-Asylsystems : Deutschland nimmt die meisten Flüchtlinge auf – und die Zahl wird noch steigen TAGESSPIEGEL
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    Standpunkt

    Gemeinsam stark in Europa: Grüner Wasserstoff für Klima und Industrie

    Von Katherina Reiche, Marcel Galjee, Tom Hautekiet
    Tom Hautekiet, Katherina Reiche und Marcel Galjee beraten die Regierungen in Belgien, Deutschland und den Niederlanden zum Aufbau der Wasserstoffwirtschaft.

    Die Europäische Union steht vor einer immensen Herausforderung: Sie muss ihre ambitionierten Klimaziele erreichen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrie und Technologien stärken. Diese Ziele können wir nur mit massivem Einsatz von grünem Wasserstoff erreichen. Doch noch fehlen dafür die notwendigen Rahmenbedingungen.

    Deshalb sind jetzt entscheidende politische Weichenstellungen nötig. Insbesondere für Deutschland, die Niederlande und Belgien müssen dringend die richtigen Schritte eingeleitet werden, um die hohe Nachfrage zu decken und eine ausreichende sowie bezahlbare Versorgung mit grünem Wasserstoff sicherzustellen.

    Deutschland, die Niederlande und Belgien bilden gemeinsam eine bedeutende Wirtschaftsregion im Herzen Europas. Sie steht für 30 Prozent der europäischen Industrieproduktion und 40 Prozent des Wasserstoffverbrauchs. Ihre Branchen wie Stahl, Chemie, Prozesswärme, Strom und Transport werden voraussichtlich die Hauptabnehmer von grünem Wasserstoff sein.

    Aktionsplan für Europas Import-Drehscheibe

    Mit der Nordsee als Zentrum für die Produktion von grünem Wasserstoff, einem dichten Gaspipelinenetz und weltweit bedeutenden Häfen sind diese Länder bestens positioniert, um Europas Import-Drehscheibe für grünen Wasserstoff zu werden. Trotz dieser Chancen stellt die Entwicklung eines Marktes für flüssigen grünen Wasserstoff nach wie vor eine große Herausforderung dar.

    Um ihre Position als Industriezentrum, Technologieführer und Hotspot für grünen Wasserstoff zu sichern, benötigen die drei Länder einen gezielten Aktionsplan. Daher haben die nationalen Wasserstoffräte Deutschlands, der Niederlande und Belgiens im Mai 2024 eine Absichtserklärung unterzeichnet. Sie wollen bei gemeinsamen Themen eng zusammenarbeiten und so die Wasserstoffwirtschaft in diesen Ländern voranbringen.

    Wasserstoffproduktion in Deutschland vor hohen Hürden

    Was sollten das neue EU-Parlament und die Kommission konkret unternehmen?

    Die Kostenlücke schließen: Die Ergebnisse der ersten Auktion der Europäischen Wasserstoffbank zeigen: Es ist unwahrscheinlich, dass Europas wichtigstes Finanzierungsprogramm für Wasserstoff die Produktionsanlagen in Deutschland, den Niederlanden und Belgien unterstützen wird. Die Kostenlücke zwischen Wasserstoffproduktionskosten und Marktpreis ist zu groß.

    Daher muss ein umfassendes gesamteuropäisches Wasserstoffnetz aufgebaut werden, um den Zugang zu kostengünstigerem Wasserstoff aus Nord- und Südeuropa zu ermöglichen. Gleichzeitig benötigen Deutschland, die Niederlande und Belgien einen gezielten Plan für den Übergang zu grünem Wasserstoff. Dabei muss die Kostenlücke geschlossen werden: durch Entlastung bei den anfänglichen Produktionskosten und gezielte Unterstützung der Abnehmerbranchen. Hierfür benötigen wir intelligente Finanzierungsoptionen.

    Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen: Das europäische Regulierungsumfeld erschwert einen schnellen Markthochlauf für Wasserstoff. Restriktive Regelungen wie die Bedingungen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff schränken mögliche Lösungen ein. Komplexe Vorschriften für staatliche Beihilfen, verstreute Finanzierungsmechanismen und fehlende einheitliche Zertifizierungsverfahren für grünen Wasserstoff behindern die schnelle Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft in dieser Dreiländer-Region.

    Realistische Szenarien für industrielle Zentren

    Die regulatorischen Rahmenbedingungen müssen deutlich mehr Flexibilität ermöglichen. Nur so können Deutschland, Belgien und die Niederlande ihren Beitrag leisten, damit Europa klimaneutral wird und gleichzeitig die führende Position seiner Industrie behauptet.

    Europa muss alles daransetzen, die Einführung von grünem Wasserstoff mit allen Kräften voranzutreiben. Wir benötigen realistische Szenarien für die Regionen, die am meisten darauf angewiesen sind und dazu beitragen, dass der Übergang zu sauberem Wasserstoff gelingt. Spezielle und flexible Übergangsregelungen für die Förderung von sauberem Wasserstoff in Deutschland, den Niederlanden und Belgien sind zentral, um Europas industrielle und technologische Führungsposition weltweit zu sichern.

    Jetzt ist der Moment zu handeln!

    Katherina Reiche ist Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrats (NWR) der Bundesregierung.

    Marcel Galjee ist Vorsitzender von NLHydrogen.

    Tom Hautekiet ist Vorsitzender des Belgischen Wasserstoffrats (BHC).

    • Belgien
    • Grüner Wasserstoff
    • Niederlande
    • Wasserstoff

    Europe.Table Redaktion

    EUROPE.TABLE REDAKTION

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