die Augen von Europas Klimapolitikern und NGOs richten sich heute und morgen auf Wopke Hoekstra. Der neue Klimakommissar trifft am Dienstag in Abu Dhabi erstmals auf den COP-Präsidenten Sultan Al Jaber. Am heutigen ersten Tag der Pre-COP stehen Themen wie Klimaanpassung und Finanzierung auf dem Programm. In Abu Dhabi kann der kritisch beäugte Niederländer erstmals zeigen, ob er in Verhandlungskreisen Akzente setzen kann.
Wegen seiner beruflichen Vergangenheit beim Ölkonzern Shell hatte Hoekstra bei den Anhörungen im EU-Parlament zunächst einen schweren Stand. Bei der Pre-COP wird er nun in großer Runde mit anderen Ministern die Kernthemen der in einem Monat startenden Klimakonferenz diskutieren. Eines davon hatte er noch am Freitag beim European Climate Stocktake in Brüssel diplomatisch zu umschiffen versucht.
Wenn die EU das Fit-for-55-Paket umsetze, könne sie ihre Emissionen bis 2030 um 57 Prozent senken, wiederholte Hoekstra frühere Rechnungen. Wohl wissend allerdings, dass die EU in ihrem kürzlich beschlossenen Verhandlungsmandat für die COP keine Erhöhung ihres UN-Klimaziels über 55 Prozent hinaus festgeschrieben hat.
Die Kommission soll Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die EU-Gelder bekommen, strenger kontrollieren und transparenter über die Zahlungsflüsse an die Organisationen informieren. Die Kommission soll zudem ein NGO-Gesetz vorlegen mit einer klaren Definition, was eine NGO ist. Auch soll sie Verträge, die die Kommission mit ihnen abschließt, gegenüber dem Europaparlament offenlegen. Das fordert ein Bericht von Markus Pieper (CDU), den er am 7. November im Haushaltskontrollausschuss (CONT) vorstellen wird.
Die Resolution trägt den Titel “Transparenz und Rechenschaftspflicht von Nichtregierungsorganisationen, die aus dem EU-Haushalt finanziert werden”. Zuvor hatte die Generaldirektion für Interne Politikbereiche eine Studie zur NGO-Finanzierung vorgelegt. Demnach haben Nichtregierungsorganisationen von der Kommission oder Agenturen zwischen 2020 und 2022 insgesamt 17,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt bekommen. Dies sind 4,5 Prozent der Mittel, über welche die Datenbank der Kommission, Financial Transparency Systems (FTS), in dem Zeitraum Rechenschaft gibt. Laut Pieper-Bericht haben NGOs 2022 die Summe von 2,2 Milliarden Euro bekommen. Die tatsächliche Summe sei wahrscheinlich deutlich höher, da es keine Definition für solche Organisationen gebe.
Der Pieper-Bericht erwähnt Fälle von “Betrug und finanziellen Unregelmäßigkeiten insbesondere in Situationen, wo NGOs auch Mitglied in weiteren Netzwerken und Plattformen” waren. In derartigen Konstellationen bestehe das Risiko von Interessenskonflikten.
Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) wird aufgefordert, für Parlament und Europäischen Rechnungshof (ECA) eine Liste von NGOs auszuarbeiten, die Gesetze verletzt hätten. Der Bericht rügt, dass Transparenzvorschriften umgangen werden können, wenn etwa Gelder an dritte Empfänger weitergeleitet werden und dann Absichten von anderen Geldgebern verfolgt würden. Die FTS-Datenbank gebe auch nicht Auskunft, wie EU-Gelder weitergeleitet werden an dritte NGOs, etwa im Falle von geteiltem oder indirektem Management. Der Bericht kritisiert, dass in der Datenbank FTS erst sechs bis 18 Monate später die Auszahlung der EU-Gelder ausgewiesen werde. Künftig solle dies nicht länger als sechs Monate dauern.
Der Bericht kritisiert, dass Organisationen, die einen Großteil ihrer Mittel aus dem EU-Ausland bezogen haben, “Forschung betrieben haben, die sich regelmäßig negativ auf die europäische Industrie und die Verkehrsanbieter auswirkt” habe. Dies ist ein Hinweis auf eine NGO, die sich bei der Gesetzgebung zum Verbrenneraus bei Pkw und Nutzfahrzeugen sowie bei Euro 7 deutlich eingebracht hat.
Der Bericht führt zudem ein Beispiel an, wo eine von der Kommission bezahlte NGO im Fall des Nature Restoration Law im Sinne der Kommission agiert habe. Hier entstehe der “Eindruck, dass die Exekutive Lobbyarbeit bei der Legislative betrieben habe”, was eine unangemessene Verwendung von EU-Steuerzahlermitteln gewesen wäre. Obwohl das Parlament darauf gedrungen habe, habe die Kommission nicht die Verträge mit der betreffenden Organisation herausgegeben.
Die Resolution setzt der Kommission Fristen, um die Kontrolle und Transparenz zu verbessern:
Außerdem fordert der Bericht, dass die Transparenzregeln für NGOs verschärft werden:
Bereits vor der Vorstellung im Ausschuss mobilisiert der Pieper-Bericht Abwehr. Civil Society Europe, eine Dachorganisation von 22 zivilgesellschaftlichen Organisationen mit Sitz in Brüssel, bittet den Schattenberichterstatter von Renew dafür zu sorgen, dass der Pieper-Bericht gestoppt wird. In dem Schreiben, das Table.Media vorliegt, heißt es: Pieper mache Vorschläge, “die klar über die Zuständigkeit des Haushaltskontrollausschusses hinausgehen und eindeutig die Bürgerrechte tangieren.”
Dazu zähle der Wunsch an den Rechnungshof, “einen Sonderbericht herauszugeben, um die internen demokratischen Strukturen der NGOs, die direkten und indirekten Zu- und Abflüsse von EU- und anderen Geldern zu untersuchen. Sowie zu prüfen, inwieweit diese mit den demokratischen und Menschenrechten und den Werten der EU in Einklang stehen”.
Es ist ein ambitioniertes Vorhaben, das sich US-Präsident Joe Biden vorgenommen hat. Mit milliardenschweren Anreizen will seine Regierung eine saubere Wasserstoffindustrie im Land aufbauen – und zwar “from scratch”, wie es heißt, also von Grund auf neu. Derzeit deckt Wasserstoff noch weniger als 4 Prozent des Energiebedarfs der USA, und 95 Prozent davon sind sogenannter grauer Wasserstoff, der mit Erdgas hergestellt wird.
Experten sind skeptisch, dass eine kostengünstige und vor allem vollständig emissionsfreie Produktion gelingen kann. Neben dem grünen Wasserstoff (Produktion aus erneuerbaren Energien) wird zunächst auch der umstrittene blaue (Produktion aus Erdgas mit CCS) und pinke (Produktion aus Atomenergie) gefördert. Und nicht zuletzt wartet die Branche noch auf entscheidende Klarstellungen von der US-Regierung.
Den Anfang sollen sieben Milliarden US-Dollar aus dem Infrastrukturgesetz machen. Die Mittel fließen zunächst in den Aufbau von sieben regionalen Wasserstoff-Hubs, wie die US-Regierung jüngst angekündigt hat. Laut deren Prognose sollen die Anreize private Investitionen in Höhe von mehr als 40 Milliarden US-Dollar auslösen und Zehntausende Arbeitsplätze schaffen. Zusammen dürften die Zentren dann mehr als drei Millionen Tonnen als sauber betitelten Wasserstoff (grün, blau, pink) pro Jahr produzieren und damit fast ein Drittel des für 2030 angestrebten Ziels erreichen.
In folgenden Regionen sollen die Knotenpunkte entstehen:
1: California Hydrogen Hub – Kalifornien; erneuerbare Energien und Biomasse
2: Appalachian Hydrogen Hub – West Virginia, Ohio, Pennsylvania; Erdgas mit CCS
3: Midwest Hydrogen Hub – Illinois, Indiana, Michigan; verschiedene Energiequellen
4: Gulf Coast Hydrogen Hub – Texas; Erdgas mit CCS und erneuerbare Energien
5: Mid-Atlantic Hydrogen Hub – Pennsylvania, Delaware, New Jersey; erneuerbare Energie und Kernenergie
6: Heartland Hydrogen Hub – Minnesota, North Dakota, South Dakota; verschiedene Energiequellen
7: Pacific Northwest Hydrogen Hub – Washington, Oregon, Montana; erneuerbare Energien
Erst im Juni hatte die US-Regierung ihre lange erwartete Wasserstoffstrategie vorgestellt. Demnach sollen bis 2030 jährlich zehn Millionen Tonnen sauberer Wasserstoff produziert werden. Bis 2040 sollen es 20 Millionen und bis 2050 insgesamt 50 Millionen Tonnen sein. Drei Zielen hat sich die US-Regierung besonders verschrieben:
Die jüngsten sieben Milliarden US-Dollar für die Hubs seien aber nur ein Bruchteil der nötigen Investitionen für die Wasserstoffpläne des US-Energieministeriums, sagt Sean O’Leary, leitender Forscher am Energie-Thinktank “Ohio River Valley Institute” Table.Media. Er schätzt, dass die Summe gerade einmal zwei Prozent der erforderlichen Investitionen entspricht. Stattdessen geht O’Leary davon aus, dass deutlich mehr Förderungen aus Steuergutschriften des Bundes stammen werden – vor allem aus dem “Inflation Reduction Act” (IRA). Der hält mindestens 370 Milliarden US-Dollar für den Aufbau grüner Technologien bereit. Besonders großzügig ist dort die Förderung namens “45V“. Je geringer der CO₂-Ausstoß bei der Produktion, desto höher die Steuergutschrift – bis zu drei US-Dollar pro Kilogramm können Hersteller über zehn Jahre hinweg verbuchen.
Dass der Plan der US-Regierung aufgeht, daran hat O’Leary trotz der hohen Subventionen Zweifel. “Die Steuergutschriften sind davon abhängig, dass die Industrie auch bereit ist, enorme Investitionen zu tätigen”, sagt er. “Und es gibt Anzeichen dafür, dass dies nicht der Fall sein wird. Zumindest nicht in dem Maße, wie es das Energieministerium hofft.” Denn einige der geförderten Technologien seien trotz der Subventionen entweder teuer oder riskant, sagt O’Leary. Laut Internationaler Energieagentur (IEA) liegen die Produktionskosten von grünem Wasserstoff pro Kilogramm um bis zu fünf US-Dollar über denen von blauem Wasserstoffs. Der allerdings wird von Klimaschützern massiv kritisiert.
“Es ist äußerst enttäuschend zu sehen, dass die Biden-Regierung Mittel für Wasserstoff-Hubs bereitstellt, die auf fossilen Brennstoffen basieren”, sagt Robert Howarth. Er ist Professor für Ökologie am Atkinson Center for Sustainability in Cornell. Das gelte auch dann, wenn durch das CCS-Verfahren ein Großteil der Emissionen abgeschieden und gespeichert wird. “Es ist einfach nicht möglich, Erdgas zu fördern, zu verarbeiten, zu transportieren und zu speichern, ohne dass ein Teil davon als Methan in die Atmosphäre gelangt.”
Zu teuer oder nicht sauber genug – das könnte langfristig auch ein weiteres Ziel der US-Regierung gefährden: den Export von Wasserstoff. Zwar enthält die Wasserstoffstrategie dazu keine konkreten Vorgaben. Allerdings heißt es: “Weitere langfristige Möglichkeiten umfassen das Potenzial für den Export von sauberem Wasserstoff […] und die Energiesicherheit für unsere Verbündeten.”
Dazu kommt: Wer von den Steuergutschriften aus dem IRA profitiert, ist längst noch nicht geklärt. Zwar wurde beschlossen, dass mit den milliardenschweren Mitteln sauberer Wasserstoff gefördert werden solle. Doch die konkreten Bedingungen für die Subventionen muss der Internal Revenue Service (IRS), die oberste Steuerbehörde, erst noch in Leitlinien gießen. Dazu könnten dann auch Mindeststandards zur Verwendung erneuerbarer Energien zählen. In der Branche ist bereits von einem “Make-or-Break”-Moment die Rede. Soll heißen: Die IRS-Bedingungen dürften maßgeblich über die Zukunft der gesamten Industrie mitentscheiden.
Diese ungeklärte Frage ist längst zum Spielfeld mächtiger Lobbygruppen geworden. In großangelegten Werbekampagnen fordern sie je nach Interessenlage entweder besonders strikte oder besonders laxe Förderkriterien. Bis zum Jahresende wollen die Behörden eine Entscheidung fällen. Laurin Meyer, New York
Die G7 haben sich auf einen Code of Conduct zu KI geeinigt. Dieser Kodex soll aller Voraussicht nach am heutigen Montag veröffentlicht werden. Das erfuhr Table.Media aus Regierungskreisen. Die Einigung erfolgte während einer Delegationsreise von Volker Wissing in den USA. Zweck der Reise des Bundesministers für Digitales und Verkehr nach Washington und New York war es, sich über die weitere Vorgehensweise in Sachen KI mit den USA abzustimmen. Thema waren auch gemeinsame Rahmenbedingungen für autonomes Fahren.
Der Code of Condct ist ein Teil des G7 Hiroshima AI Process, den die Staats- und Regierungschefs der G7 initiiert haben. Es habe noch einige Anpassungen beim Code of Conduct gegeben, hieß es aus den Regierungskreisen. Wissing habe dazu Gespräche mit Handelsministerin Gina Raimondo und Nathaniel Fick, US-Botschafter für Cyberspace und Digitalpolitik, geführt. Es sei um letzte Formulierungen gegangen, darum sei es wichtig gewesen, dass der Minister persönlich vor Ort gewesen sei.
Auch die Rückmeldungen von NGOs und aus der Wirtschaft würden in den Prozess eingearbeitet. Der Bundesregierung sei es wichtig, das Ganze als ein lebendiges Dokument zu betrachten, sodass innerhalb der G7 daran weitergearbeitet werden könne. Auch solle ein Gremium gesucht werden, das über die G7 hinausgehe, um den Prozess international zu festigen. Der Bundesregierung etwa schwebe vor, dies in den Prozess der OECD einzuspielen, hieß es aus den Kreisen. Die EU ist an dem G7 Hiroshima AI Process ebenfalls beteiligt und hatte zuletzt eine Konsultation zu den Guiding Principles für generative Künstliche Intelligenz durchgeführt.
Nach Angaben aus den Regierungskreisen hieß es weiter, dass US-Präsident Joe Biden am Montag eine Executive Order zum Thema KI erlassen werde. Darin soll es voraussichtlich um die Frage gehen, wie die US-Verwaltung mit KI umgehen soll, etwa was Ausschreibungsregeln betrifft. So könne die Regierung ebenfalls Standards bei KI setzen. Auf internationaler Ebene hätten die USA zugesagt, den G7-Prozess zu KI weiter zu unterstützen.
Diese Woche reist Wissing zum AI Safety Summit nach Großbritannien. Dort soll es vor allem um globale Risiken gehen, die von Künstlicher Intelligenz ausgehen. vis
Bundeskanzler Olaf Scholz hat einen schnellen Abschluss der Neuordnung des EU-Haushalts angemahnt und deutliche Kritik an der bisherigen Arbeit geübt. “Es muss noch mehr Intensität in diese Aufgabe gesteckt werden, damit es uns gelingt, das rechtzeitig zu schaffen“, sagte Scholz zum Ende des EU-Gipfels am vergangenen Freitag. Einigkeit sah der Kanzler nach dem Treffen der Staats- und Regierungschefs nur bei zusätzlicher Unterstützung für die Ukraine. “Das ist von allen schon jetzt geäußert worden, sodass wir die entsprechenden Beschlüsse fassen können“, sagte Scholz trotz des Widerstands von Ungarns Regierungschef Viktor Orbán.
Strittig sind noch rund 16 Milliarden Euro, welche die Kommission für die Überprüfung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) bis 2027 beantragt hat. Gedacht sind sie für die Plattform für strategische Technologien (STEP), Folgen von Naturkatastrophen, Migrationspolitik sowie gestiegene Zins- und Verwaltungskosten. Scholz bekräftigte am Freitag, dass die Mittel durch Umschichtungen und Repriorisierungen im EU-Haushalt aufgebracht werden müssten: “Ich will auch nicht verhehlen, dass dafür bisher noch nicht sehr viel Arbeit geschehen ist.”
Die Kritik dürfte sich auch an die spanische Ratspräsidentschaft richten, vor allem aber an Ursula von der Leyen. “Wir brauchen Input von der Kommission“, hatte am Tag vor dem Gipfel ein ranghoher Vertrauter von Scholz gesagt. Nur die Kommission könne einschätzen, in welchen Haushaltsposten schon wie viel abgeflossen ist und Projektionen über noch zu erwartende Ausgaben vornehmen. Von der Leyen sagte dagegen nach dem Gipfel, die Mitgliedstaaten fügten noch den ein oder anderen prioritären Bereich für zusätzliche Ausgaben hinzu und nannte als Beispiel die Verteidigung. Im Großen und Ganzen seien die Prioritäten der Kommission aber bei dem Treffen akzeptiert worden.
Ein endgültiger Beschluss zum MFR wird erst im Dezember erwartet. Ende des Jahres sei es aber zu spät, wenn man nicht zum Start des neuen Haushaltsjahres Anfang 2024 in Schwierigkeiten geraten wolle, kritisierte der Sprecher der deutschen Grünen im Parlament, Rasmus Andresen. Deswegen fordere die Fraktion nach wie vor einen Sondergipfel im November. ber
Russland reagiert mit einer Drohung auf jüngste Äußerungen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über eingefrorene russische Staatsgelder. Russland werde Vermögenswerte konfiszieren, die EU-Staaten gehören, die es als unfreundlich betrachtet, falls die EU eingefrorene russische Gelder “stiehlt”, um die Ukraine zu finanzieren, sagte am Sonntag der Dumavorsitzende Wjatscheslaw Wolodin.
Von der Leyen hatte am vergangenen Freitag gesagt, dass die Kommission an einem Gesetzesvorschlag arbeite, einen Teil der Gewinne aus den eingefrorenen russischen Staatsgeldern zu bündeln, um die Ukraine beim Wiederaufbau nach dem Krieg zu unterstützen. Den Wert der eingefrorenen russischen Staatsgelder hatte sie auf 211 Milliarden Euro beziffert und daran erinnert, dass die EU beschlossen habe, dass Russland für den Wiederaufbau der Ukraine aufkommen müsse.
Wolodin sagte: “Eine solche Entscheidung würde eine symmetrische Antwort der Russischen Föderation erfordern. In diesem Fall würden weit mehr Vermögenswerte, die unfreundlichen Ländern gehören, beschlagnahmt werden als unsere eingefrorenen Gelder in Europa.” Viele der russischen Vermögenswerte befinden sich in Belgien. rtr
Die Ukraine wird ab 2025 kein russisches Erdgas mehr Richtung Westen durchleiten. Das sagte der Chef des staatlichen ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz, Olexij Tschernyschow, in einem Interview mit dem US-Auslandssender Radio Liberty. Ende 2024 laufe der Transitvertrag mit dem russischen Konzern Gazprom aus. Die Ukraine würde auch schon früher aussteigen, zumal Gazprom für den Transit nicht wie vereinbart zahle, sagte Tschernyschow.
Schon jetzt halte die Ukraine nur am Transit fest, weil mehrere europäische Länder noch auf russisches Gas angewiesen seien. Die Ukraine habe die eigene Gasförderung gesteigert. Sie habe deshalb im kommenden Winter die Chance, erstmals den Bedarf aus eigenen Reserven zu decken, sagte Tschernyschow. Ukrainische Medien zitierten am Sonntag aus dem Interview.
Das Transit von russischem Erdgas durch die Ukraine läuft trotz des Moskauer Angriffskriegs gegen das Nachbarland weiter. Empfänger sind vor allem Länder ohne Zugang zum Meer, die nicht auf Flüssigerdgas (LNG) umstellen können. Ziel der EU ist, ab 2027 keine fossile Energie mehr aus Russland einzuführen. dpa
Ihre Rolle zwischen zwei Welten macht Astrid Irrgang sichtlich Freude. Seit vergangenem Jahr ist die gebürtige Hessin Geschäftsführerin des Zentrums für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) in Berlin. Hier werden Friedensfachkräfte und Militärs nicht nur ausgebildet, sondern auch in Einsatzgebiete entsandt – vom Kosovo bis in den Irak, von Mali bis nach Afghanistan. Im Auftrag des Auswärtigen Amtes.
Das ZIF bereitet die deutschen Entsandten auf ihre Arbeit in multilateralen Einsätzen vor. Dafür sei ein “vernetzter Ansatz” nötig, so Irrgang, denn nicht nur die Ressorts der Bundesregierung und das Personal, das sie in ein Krisengebiet schicken, sollen koordiniert auftreten – ihre Aktivitäten müssen auch mit internationalen Organisationen sowie lokalen Stellen im Einsatzgebiet abgestimmt werden. Irrgang definiert den “vernetzten Ansatz” als “Anforderung, den Instrumentenkasten für Maßnahmen und Strategien zur Konfliktbewältigung gemeinsam zu denken – aus verschiedenen Richtungen”.
Über Disziplin-Grenzen hinweg zu denken, diese Fähigkeit bringt die 1974 in Wiesbaden geborene Irrgang mit. Für die Promotion in Geschichte an der Universität Freiburg wertete sie die Feldpost eines jungen Wehrmachtsoffiziers aus: “Vom richtigen Leben im falschen” hatte sie ihre Doktorarbeit betitelt. Die Historikerin war geleitet von der Frage, wie aus einem hoffnungsfrohen Abiturienten ein teils auch zynischer Panzerkommandant werden konnte.
Die Wechselwirkungen zwischen Zivilem und Militärischem begleiten Irrgang nun auch beim ZIF schon mehr als ein Jahrzehnt lang. 2012 fing sie am Westberliner Ludwigkirchplatz als Leiterin der Personalabteilung an, ehe sie 2014 zur stellvertretenden Direktorin und 2022 zur Geschäftsführerin aufstieg. Zuvor war sie unter anderem für die Bundeszentrale für politische Bildung tätig – und verbrachte 2008 mehrere Monate als Visiting Officer im Büro des Nato-Generalsekretärs in Brüssel. Für den Frieden arbeiten, in Zeiten von Krieg, da fühlt sich Irrgang zu Hause: “Es gibt Menschen, die zwischen diesen Welten übersetzen können.”
Seit Beginn dieses Jahres ist sie zudem eine der Sprecherinnen im Beirat für Fragen der Inneren Führung, der direkt an Verteidigungsminister Boris Pistorius berichtet. Anderthalb Jahre nach Beginn des Ukraine-Kriegs ist für sie klar: “Es braucht ein neues Mindset, das Wehrhaftigkeit mit einschließt.” So sei die Zeitenwende, die Bundeskanzler Olaf Scholz nach der Invasion der Ukraine im Februar 2022 ausrief, zwar in der “sicherheitspolitischen Bubble angekommen, aber nicht darüber hinaus”.
Irrgang sieht ihre Rolle deshalb auch darin, ein resilienteres Denken tiefer in Gesellschaft und Politik zu verantworten: “Was wir sicherlich im eigenen Land ein Stück weit aus dem Blick verloren haben, ist die Bedeutung der Streitkräfte und die Wehrhaftigkeit, in einem Konfliktfall Interessen tatsächlich auch robust vertreten zu können.” Markus Bickel
die Augen von Europas Klimapolitikern und NGOs richten sich heute und morgen auf Wopke Hoekstra. Der neue Klimakommissar trifft am Dienstag in Abu Dhabi erstmals auf den COP-Präsidenten Sultan Al Jaber. Am heutigen ersten Tag der Pre-COP stehen Themen wie Klimaanpassung und Finanzierung auf dem Programm. In Abu Dhabi kann der kritisch beäugte Niederländer erstmals zeigen, ob er in Verhandlungskreisen Akzente setzen kann.
Wegen seiner beruflichen Vergangenheit beim Ölkonzern Shell hatte Hoekstra bei den Anhörungen im EU-Parlament zunächst einen schweren Stand. Bei der Pre-COP wird er nun in großer Runde mit anderen Ministern die Kernthemen der in einem Monat startenden Klimakonferenz diskutieren. Eines davon hatte er noch am Freitag beim European Climate Stocktake in Brüssel diplomatisch zu umschiffen versucht.
Wenn die EU das Fit-for-55-Paket umsetze, könne sie ihre Emissionen bis 2030 um 57 Prozent senken, wiederholte Hoekstra frühere Rechnungen. Wohl wissend allerdings, dass die EU in ihrem kürzlich beschlossenen Verhandlungsmandat für die COP keine Erhöhung ihres UN-Klimaziels über 55 Prozent hinaus festgeschrieben hat.
Die Kommission soll Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die EU-Gelder bekommen, strenger kontrollieren und transparenter über die Zahlungsflüsse an die Organisationen informieren. Die Kommission soll zudem ein NGO-Gesetz vorlegen mit einer klaren Definition, was eine NGO ist. Auch soll sie Verträge, die die Kommission mit ihnen abschließt, gegenüber dem Europaparlament offenlegen. Das fordert ein Bericht von Markus Pieper (CDU), den er am 7. November im Haushaltskontrollausschuss (CONT) vorstellen wird.
Die Resolution trägt den Titel “Transparenz und Rechenschaftspflicht von Nichtregierungsorganisationen, die aus dem EU-Haushalt finanziert werden”. Zuvor hatte die Generaldirektion für Interne Politikbereiche eine Studie zur NGO-Finanzierung vorgelegt. Demnach haben Nichtregierungsorganisationen von der Kommission oder Agenturen zwischen 2020 und 2022 insgesamt 17,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt bekommen. Dies sind 4,5 Prozent der Mittel, über welche die Datenbank der Kommission, Financial Transparency Systems (FTS), in dem Zeitraum Rechenschaft gibt. Laut Pieper-Bericht haben NGOs 2022 die Summe von 2,2 Milliarden Euro bekommen. Die tatsächliche Summe sei wahrscheinlich deutlich höher, da es keine Definition für solche Organisationen gebe.
Der Pieper-Bericht erwähnt Fälle von “Betrug und finanziellen Unregelmäßigkeiten insbesondere in Situationen, wo NGOs auch Mitglied in weiteren Netzwerken und Plattformen” waren. In derartigen Konstellationen bestehe das Risiko von Interessenskonflikten.
Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) wird aufgefordert, für Parlament und Europäischen Rechnungshof (ECA) eine Liste von NGOs auszuarbeiten, die Gesetze verletzt hätten. Der Bericht rügt, dass Transparenzvorschriften umgangen werden können, wenn etwa Gelder an dritte Empfänger weitergeleitet werden und dann Absichten von anderen Geldgebern verfolgt würden. Die FTS-Datenbank gebe auch nicht Auskunft, wie EU-Gelder weitergeleitet werden an dritte NGOs, etwa im Falle von geteiltem oder indirektem Management. Der Bericht kritisiert, dass in der Datenbank FTS erst sechs bis 18 Monate später die Auszahlung der EU-Gelder ausgewiesen werde. Künftig solle dies nicht länger als sechs Monate dauern.
Der Bericht kritisiert, dass Organisationen, die einen Großteil ihrer Mittel aus dem EU-Ausland bezogen haben, “Forschung betrieben haben, die sich regelmäßig negativ auf die europäische Industrie und die Verkehrsanbieter auswirkt” habe. Dies ist ein Hinweis auf eine NGO, die sich bei der Gesetzgebung zum Verbrenneraus bei Pkw und Nutzfahrzeugen sowie bei Euro 7 deutlich eingebracht hat.
Der Bericht führt zudem ein Beispiel an, wo eine von der Kommission bezahlte NGO im Fall des Nature Restoration Law im Sinne der Kommission agiert habe. Hier entstehe der “Eindruck, dass die Exekutive Lobbyarbeit bei der Legislative betrieben habe”, was eine unangemessene Verwendung von EU-Steuerzahlermitteln gewesen wäre. Obwohl das Parlament darauf gedrungen habe, habe die Kommission nicht die Verträge mit der betreffenden Organisation herausgegeben.
Die Resolution setzt der Kommission Fristen, um die Kontrolle und Transparenz zu verbessern:
Außerdem fordert der Bericht, dass die Transparenzregeln für NGOs verschärft werden:
Bereits vor der Vorstellung im Ausschuss mobilisiert der Pieper-Bericht Abwehr. Civil Society Europe, eine Dachorganisation von 22 zivilgesellschaftlichen Organisationen mit Sitz in Brüssel, bittet den Schattenberichterstatter von Renew dafür zu sorgen, dass der Pieper-Bericht gestoppt wird. In dem Schreiben, das Table.Media vorliegt, heißt es: Pieper mache Vorschläge, “die klar über die Zuständigkeit des Haushaltskontrollausschusses hinausgehen und eindeutig die Bürgerrechte tangieren.”
Dazu zähle der Wunsch an den Rechnungshof, “einen Sonderbericht herauszugeben, um die internen demokratischen Strukturen der NGOs, die direkten und indirekten Zu- und Abflüsse von EU- und anderen Geldern zu untersuchen. Sowie zu prüfen, inwieweit diese mit den demokratischen und Menschenrechten und den Werten der EU in Einklang stehen”.
Es ist ein ambitioniertes Vorhaben, das sich US-Präsident Joe Biden vorgenommen hat. Mit milliardenschweren Anreizen will seine Regierung eine saubere Wasserstoffindustrie im Land aufbauen – und zwar “from scratch”, wie es heißt, also von Grund auf neu. Derzeit deckt Wasserstoff noch weniger als 4 Prozent des Energiebedarfs der USA, und 95 Prozent davon sind sogenannter grauer Wasserstoff, der mit Erdgas hergestellt wird.
Experten sind skeptisch, dass eine kostengünstige und vor allem vollständig emissionsfreie Produktion gelingen kann. Neben dem grünen Wasserstoff (Produktion aus erneuerbaren Energien) wird zunächst auch der umstrittene blaue (Produktion aus Erdgas mit CCS) und pinke (Produktion aus Atomenergie) gefördert. Und nicht zuletzt wartet die Branche noch auf entscheidende Klarstellungen von der US-Regierung.
Den Anfang sollen sieben Milliarden US-Dollar aus dem Infrastrukturgesetz machen. Die Mittel fließen zunächst in den Aufbau von sieben regionalen Wasserstoff-Hubs, wie die US-Regierung jüngst angekündigt hat. Laut deren Prognose sollen die Anreize private Investitionen in Höhe von mehr als 40 Milliarden US-Dollar auslösen und Zehntausende Arbeitsplätze schaffen. Zusammen dürften die Zentren dann mehr als drei Millionen Tonnen als sauber betitelten Wasserstoff (grün, blau, pink) pro Jahr produzieren und damit fast ein Drittel des für 2030 angestrebten Ziels erreichen.
In folgenden Regionen sollen die Knotenpunkte entstehen:
1: California Hydrogen Hub – Kalifornien; erneuerbare Energien und Biomasse
2: Appalachian Hydrogen Hub – West Virginia, Ohio, Pennsylvania; Erdgas mit CCS
3: Midwest Hydrogen Hub – Illinois, Indiana, Michigan; verschiedene Energiequellen
4: Gulf Coast Hydrogen Hub – Texas; Erdgas mit CCS und erneuerbare Energien
5: Mid-Atlantic Hydrogen Hub – Pennsylvania, Delaware, New Jersey; erneuerbare Energie und Kernenergie
6: Heartland Hydrogen Hub – Minnesota, North Dakota, South Dakota; verschiedene Energiequellen
7: Pacific Northwest Hydrogen Hub – Washington, Oregon, Montana; erneuerbare Energien
Erst im Juni hatte die US-Regierung ihre lange erwartete Wasserstoffstrategie vorgestellt. Demnach sollen bis 2030 jährlich zehn Millionen Tonnen sauberer Wasserstoff produziert werden. Bis 2040 sollen es 20 Millionen und bis 2050 insgesamt 50 Millionen Tonnen sein. Drei Zielen hat sich die US-Regierung besonders verschrieben:
Die jüngsten sieben Milliarden US-Dollar für die Hubs seien aber nur ein Bruchteil der nötigen Investitionen für die Wasserstoffpläne des US-Energieministeriums, sagt Sean O’Leary, leitender Forscher am Energie-Thinktank “Ohio River Valley Institute” Table.Media. Er schätzt, dass die Summe gerade einmal zwei Prozent der erforderlichen Investitionen entspricht. Stattdessen geht O’Leary davon aus, dass deutlich mehr Förderungen aus Steuergutschriften des Bundes stammen werden – vor allem aus dem “Inflation Reduction Act” (IRA). Der hält mindestens 370 Milliarden US-Dollar für den Aufbau grüner Technologien bereit. Besonders großzügig ist dort die Förderung namens “45V“. Je geringer der CO₂-Ausstoß bei der Produktion, desto höher die Steuergutschrift – bis zu drei US-Dollar pro Kilogramm können Hersteller über zehn Jahre hinweg verbuchen.
Dass der Plan der US-Regierung aufgeht, daran hat O’Leary trotz der hohen Subventionen Zweifel. “Die Steuergutschriften sind davon abhängig, dass die Industrie auch bereit ist, enorme Investitionen zu tätigen”, sagt er. “Und es gibt Anzeichen dafür, dass dies nicht der Fall sein wird. Zumindest nicht in dem Maße, wie es das Energieministerium hofft.” Denn einige der geförderten Technologien seien trotz der Subventionen entweder teuer oder riskant, sagt O’Leary. Laut Internationaler Energieagentur (IEA) liegen die Produktionskosten von grünem Wasserstoff pro Kilogramm um bis zu fünf US-Dollar über denen von blauem Wasserstoffs. Der allerdings wird von Klimaschützern massiv kritisiert.
“Es ist äußerst enttäuschend zu sehen, dass die Biden-Regierung Mittel für Wasserstoff-Hubs bereitstellt, die auf fossilen Brennstoffen basieren”, sagt Robert Howarth. Er ist Professor für Ökologie am Atkinson Center for Sustainability in Cornell. Das gelte auch dann, wenn durch das CCS-Verfahren ein Großteil der Emissionen abgeschieden und gespeichert wird. “Es ist einfach nicht möglich, Erdgas zu fördern, zu verarbeiten, zu transportieren und zu speichern, ohne dass ein Teil davon als Methan in die Atmosphäre gelangt.”
Zu teuer oder nicht sauber genug – das könnte langfristig auch ein weiteres Ziel der US-Regierung gefährden: den Export von Wasserstoff. Zwar enthält die Wasserstoffstrategie dazu keine konkreten Vorgaben. Allerdings heißt es: “Weitere langfristige Möglichkeiten umfassen das Potenzial für den Export von sauberem Wasserstoff […] und die Energiesicherheit für unsere Verbündeten.”
Dazu kommt: Wer von den Steuergutschriften aus dem IRA profitiert, ist längst noch nicht geklärt. Zwar wurde beschlossen, dass mit den milliardenschweren Mitteln sauberer Wasserstoff gefördert werden solle. Doch die konkreten Bedingungen für die Subventionen muss der Internal Revenue Service (IRS), die oberste Steuerbehörde, erst noch in Leitlinien gießen. Dazu könnten dann auch Mindeststandards zur Verwendung erneuerbarer Energien zählen. In der Branche ist bereits von einem “Make-or-Break”-Moment die Rede. Soll heißen: Die IRS-Bedingungen dürften maßgeblich über die Zukunft der gesamten Industrie mitentscheiden.
Diese ungeklärte Frage ist längst zum Spielfeld mächtiger Lobbygruppen geworden. In großangelegten Werbekampagnen fordern sie je nach Interessenlage entweder besonders strikte oder besonders laxe Förderkriterien. Bis zum Jahresende wollen die Behörden eine Entscheidung fällen. Laurin Meyer, New York
Die G7 haben sich auf einen Code of Conduct zu KI geeinigt. Dieser Kodex soll aller Voraussicht nach am heutigen Montag veröffentlicht werden. Das erfuhr Table.Media aus Regierungskreisen. Die Einigung erfolgte während einer Delegationsreise von Volker Wissing in den USA. Zweck der Reise des Bundesministers für Digitales und Verkehr nach Washington und New York war es, sich über die weitere Vorgehensweise in Sachen KI mit den USA abzustimmen. Thema waren auch gemeinsame Rahmenbedingungen für autonomes Fahren.
Der Code of Condct ist ein Teil des G7 Hiroshima AI Process, den die Staats- und Regierungschefs der G7 initiiert haben. Es habe noch einige Anpassungen beim Code of Conduct gegeben, hieß es aus den Regierungskreisen. Wissing habe dazu Gespräche mit Handelsministerin Gina Raimondo und Nathaniel Fick, US-Botschafter für Cyberspace und Digitalpolitik, geführt. Es sei um letzte Formulierungen gegangen, darum sei es wichtig gewesen, dass der Minister persönlich vor Ort gewesen sei.
Auch die Rückmeldungen von NGOs und aus der Wirtschaft würden in den Prozess eingearbeitet. Der Bundesregierung sei es wichtig, das Ganze als ein lebendiges Dokument zu betrachten, sodass innerhalb der G7 daran weitergearbeitet werden könne. Auch solle ein Gremium gesucht werden, das über die G7 hinausgehe, um den Prozess international zu festigen. Der Bundesregierung etwa schwebe vor, dies in den Prozess der OECD einzuspielen, hieß es aus den Kreisen. Die EU ist an dem G7 Hiroshima AI Process ebenfalls beteiligt und hatte zuletzt eine Konsultation zu den Guiding Principles für generative Künstliche Intelligenz durchgeführt.
Nach Angaben aus den Regierungskreisen hieß es weiter, dass US-Präsident Joe Biden am Montag eine Executive Order zum Thema KI erlassen werde. Darin soll es voraussichtlich um die Frage gehen, wie die US-Verwaltung mit KI umgehen soll, etwa was Ausschreibungsregeln betrifft. So könne die Regierung ebenfalls Standards bei KI setzen. Auf internationaler Ebene hätten die USA zugesagt, den G7-Prozess zu KI weiter zu unterstützen.
Diese Woche reist Wissing zum AI Safety Summit nach Großbritannien. Dort soll es vor allem um globale Risiken gehen, die von Künstlicher Intelligenz ausgehen. vis
Bundeskanzler Olaf Scholz hat einen schnellen Abschluss der Neuordnung des EU-Haushalts angemahnt und deutliche Kritik an der bisherigen Arbeit geübt. “Es muss noch mehr Intensität in diese Aufgabe gesteckt werden, damit es uns gelingt, das rechtzeitig zu schaffen“, sagte Scholz zum Ende des EU-Gipfels am vergangenen Freitag. Einigkeit sah der Kanzler nach dem Treffen der Staats- und Regierungschefs nur bei zusätzlicher Unterstützung für die Ukraine. “Das ist von allen schon jetzt geäußert worden, sodass wir die entsprechenden Beschlüsse fassen können“, sagte Scholz trotz des Widerstands von Ungarns Regierungschef Viktor Orbán.
Strittig sind noch rund 16 Milliarden Euro, welche die Kommission für die Überprüfung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) bis 2027 beantragt hat. Gedacht sind sie für die Plattform für strategische Technologien (STEP), Folgen von Naturkatastrophen, Migrationspolitik sowie gestiegene Zins- und Verwaltungskosten. Scholz bekräftigte am Freitag, dass die Mittel durch Umschichtungen und Repriorisierungen im EU-Haushalt aufgebracht werden müssten: “Ich will auch nicht verhehlen, dass dafür bisher noch nicht sehr viel Arbeit geschehen ist.”
Die Kritik dürfte sich auch an die spanische Ratspräsidentschaft richten, vor allem aber an Ursula von der Leyen. “Wir brauchen Input von der Kommission“, hatte am Tag vor dem Gipfel ein ranghoher Vertrauter von Scholz gesagt. Nur die Kommission könne einschätzen, in welchen Haushaltsposten schon wie viel abgeflossen ist und Projektionen über noch zu erwartende Ausgaben vornehmen. Von der Leyen sagte dagegen nach dem Gipfel, die Mitgliedstaaten fügten noch den ein oder anderen prioritären Bereich für zusätzliche Ausgaben hinzu und nannte als Beispiel die Verteidigung. Im Großen und Ganzen seien die Prioritäten der Kommission aber bei dem Treffen akzeptiert worden.
Ein endgültiger Beschluss zum MFR wird erst im Dezember erwartet. Ende des Jahres sei es aber zu spät, wenn man nicht zum Start des neuen Haushaltsjahres Anfang 2024 in Schwierigkeiten geraten wolle, kritisierte der Sprecher der deutschen Grünen im Parlament, Rasmus Andresen. Deswegen fordere die Fraktion nach wie vor einen Sondergipfel im November. ber
Russland reagiert mit einer Drohung auf jüngste Äußerungen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über eingefrorene russische Staatsgelder. Russland werde Vermögenswerte konfiszieren, die EU-Staaten gehören, die es als unfreundlich betrachtet, falls die EU eingefrorene russische Gelder “stiehlt”, um die Ukraine zu finanzieren, sagte am Sonntag der Dumavorsitzende Wjatscheslaw Wolodin.
Von der Leyen hatte am vergangenen Freitag gesagt, dass die Kommission an einem Gesetzesvorschlag arbeite, einen Teil der Gewinne aus den eingefrorenen russischen Staatsgeldern zu bündeln, um die Ukraine beim Wiederaufbau nach dem Krieg zu unterstützen. Den Wert der eingefrorenen russischen Staatsgelder hatte sie auf 211 Milliarden Euro beziffert und daran erinnert, dass die EU beschlossen habe, dass Russland für den Wiederaufbau der Ukraine aufkommen müsse.
Wolodin sagte: “Eine solche Entscheidung würde eine symmetrische Antwort der Russischen Föderation erfordern. In diesem Fall würden weit mehr Vermögenswerte, die unfreundlichen Ländern gehören, beschlagnahmt werden als unsere eingefrorenen Gelder in Europa.” Viele der russischen Vermögenswerte befinden sich in Belgien. rtr
Die Ukraine wird ab 2025 kein russisches Erdgas mehr Richtung Westen durchleiten. Das sagte der Chef des staatlichen ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz, Olexij Tschernyschow, in einem Interview mit dem US-Auslandssender Radio Liberty. Ende 2024 laufe der Transitvertrag mit dem russischen Konzern Gazprom aus. Die Ukraine würde auch schon früher aussteigen, zumal Gazprom für den Transit nicht wie vereinbart zahle, sagte Tschernyschow.
Schon jetzt halte die Ukraine nur am Transit fest, weil mehrere europäische Länder noch auf russisches Gas angewiesen seien. Die Ukraine habe die eigene Gasförderung gesteigert. Sie habe deshalb im kommenden Winter die Chance, erstmals den Bedarf aus eigenen Reserven zu decken, sagte Tschernyschow. Ukrainische Medien zitierten am Sonntag aus dem Interview.
Das Transit von russischem Erdgas durch die Ukraine läuft trotz des Moskauer Angriffskriegs gegen das Nachbarland weiter. Empfänger sind vor allem Länder ohne Zugang zum Meer, die nicht auf Flüssigerdgas (LNG) umstellen können. Ziel der EU ist, ab 2027 keine fossile Energie mehr aus Russland einzuführen. dpa
Ihre Rolle zwischen zwei Welten macht Astrid Irrgang sichtlich Freude. Seit vergangenem Jahr ist die gebürtige Hessin Geschäftsführerin des Zentrums für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) in Berlin. Hier werden Friedensfachkräfte und Militärs nicht nur ausgebildet, sondern auch in Einsatzgebiete entsandt – vom Kosovo bis in den Irak, von Mali bis nach Afghanistan. Im Auftrag des Auswärtigen Amtes.
Das ZIF bereitet die deutschen Entsandten auf ihre Arbeit in multilateralen Einsätzen vor. Dafür sei ein “vernetzter Ansatz” nötig, so Irrgang, denn nicht nur die Ressorts der Bundesregierung und das Personal, das sie in ein Krisengebiet schicken, sollen koordiniert auftreten – ihre Aktivitäten müssen auch mit internationalen Organisationen sowie lokalen Stellen im Einsatzgebiet abgestimmt werden. Irrgang definiert den “vernetzten Ansatz” als “Anforderung, den Instrumentenkasten für Maßnahmen und Strategien zur Konfliktbewältigung gemeinsam zu denken – aus verschiedenen Richtungen”.
Über Disziplin-Grenzen hinweg zu denken, diese Fähigkeit bringt die 1974 in Wiesbaden geborene Irrgang mit. Für die Promotion in Geschichte an der Universität Freiburg wertete sie die Feldpost eines jungen Wehrmachtsoffiziers aus: “Vom richtigen Leben im falschen” hatte sie ihre Doktorarbeit betitelt. Die Historikerin war geleitet von der Frage, wie aus einem hoffnungsfrohen Abiturienten ein teils auch zynischer Panzerkommandant werden konnte.
Die Wechselwirkungen zwischen Zivilem und Militärischem begleiten Irrgang nun auch beim ZIF schon mehr als ein Jahrzehnt lang. 2012 fing sie am Westberliner Ludwigkirchplatz als Leiterin der Personalabteilung an, ehe sie 2014 zur stellvertretenden Direktorin und 2022 zur Geschäftsführerin aufstieg. Zuvor war sie unter anderem für die Bundeszentrale für politische Bildung tätig – und verbrachte 2008 mehrere Monate als Visiting Officer im Büro des Nato-Generalsekretärs in Brüssel. Für den Frieden arbeiten, in Zeiten von Krieg, da fühlt sich Irrgang zu Hause: “Es gibt Menschen, die zwischen diesen Welten übersetzen können.”
Seit Beginn dieses Jahres ist sie zudem eine der Sprecherinnen im Beirat für Fragen der Inneren Führung, der direkt an Verteidigungsminister Boris Pistorius berichtet. Anderthalb Jahre nach Beginn des Ukraine-Kriegs ist für sie klar: “Es braucht ein neues Mindset, das Wehrhaftigkeit mit einschließt.” So sei die Zeitenwende, die Bundeskanzler Olaf Scholz nach der Invasion der Ukraine im Februar 2022 ausrief, zwar in der “sicherheitspolitischen Bubble angekommen, aber nicht darüber hinaus”.
Irrgang sieht ihre Rolle deshalb auch darin, ein resilienteres Denken tiefer in Gesellschaft und Politik zu verantworten: “Was wir sicherlich im eigenen Land ein Stück weit aus dem Blick verloren haben, ist die Bedeutung der Streitkräfte und die Wehrhaftigkeit, in einem Konfliktfall Interessen tatsächlich auch robust vertreten zu können.” Markus Bickel