heute und morgen findet das Familientreffen der europäischen Sozialisten statt. Im spanischen Málaga schart der Chef der Parteienfamilie, der ehemalige schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven, führende Europaabgeordnete und die Spitzen der nationalen sozialdemokratischen Parteien bei dem SPE-Kongress um sich. Der für Internationales zuständige Co-Chef der SPD, Lars Klingbeil, kommt, ebenso wie Gastgeber Pedro Sánchez, Chef der spanischen PSOE, sowie Elly Schlein, Chefin des italienischen Partido Democratico. Die Fraktionschefin im Europaparlament, Iratxe García Pérez, reist selbstverständlich an wie auch Katarina Barley, Erstplatzierte auf der deutschen Liste und Vize-Präsidentin des Parlaments.
Interessant wird nicht so sehr, was die führenden Politiker der zweitgrößten europäischen Parteienfamilie auf offener Bühne sagen. Die Musik spielt eher, wenn sich die Spitzengenossen hinter verschlossener Tür im Führungskreis treffen. Spannend wird, was sie unter vier Augen oder in kleiner Runde besprechen.
Sieben Monate vor der Europawahl weiß nicht einmal die Parteispitze, mit welchen Zugpferden die Sozialisten in den Wahlkampf ziehen wollen. Wer wird Spitzenkandidat? Zwei, die noch vor einigen Monaten selbstverständlich Anwärter für den Top-Job in der Kommission waren, stehen wohl nicht mehr bereit: der Niederländer Frans Timmermans und die Finnin Sanna Marin, die ehemalige Ministerpräsidentin. Macht es am Ende Parteichef Löfven selbst?
Portugals António Costa, der als Bewerber für die Nachfolge von Charles Michel als Ratspräsident galt, ist mindestens bis zu einer möglichen Entlastung in der Korruptionsaffäre durch die Justiz auch aus dem Rennen. Auch die Stoßrichtung der Kampagne muss jetzt vereinbart werden, bevor dann ein weiteres Familientreffen im Frühjahr den oder die Spitzenkandidatin offiziell kürt und den Startschuss für den Wahlkampf gibt. Adelante, compañeros.
Nach neunstündigen Verhandlungen haben sich die Verhandlungsführer am Donnerstagabend auf ein Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law) geeinigt. Der Text weicht stark von dem Vorschlag ab, den die Kommission im Juni 2022 vorgelegt hatte. Sowohl die Grünen als auch die EVP konnten dabei Erfolge verbuchen.
Wie erwartet waren die Verhandlungen um Artikel 9 (Landwirtschaftliche Ökosysteme) besonders schwierig, insbesondere um Absatz 4, der sich auf Torfmoore bezieht. Das Parlament hatte auf Druck der EVP diesen Artikel komplett gelöscht. Im Kompromiss sind die Zielvorgaben für die Wiederherstellung entwässerter Torfgebiete wieder enthalten. Das war ein besonderes Anliegen der Grünen.
“Moore als natürliche Verbündete gegen die Klimakrise sollen wieder vernässt und geschützt werden”, sagte Schattenberichterstatterin Jutta Paulus (Grüne). Trotz Ausnahmen beim Verschlechterungsverbot oder der Verwendung einzelner Indikatoren bleiben die übergeordneten Ziele und alle als schützenswert festgelegten Ökosysteme Teil des neuen Gesetzes, betont sie.
Dafür sieht der Text vor die Einführung eine sogenannte Notbremse vor. Sie ermöglicht es, die Bestimmungen für landwirtschaftliche Ökosysteme unter außergewöhnlichen Umständen vorübergehend auszusetzen. Dies war ein Hauptanliegen der EVP, um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten. “Entscheidend ist, dass die Wiederherstellung der Natur und die Verwirklichung unserer Klimaziele Hand in Hand mit Land- und Forstwirtschaft gehen. Nur dann können wir die Ernährungssicherheit Europas sichern”, sagte Christine Schneider (CDU), Verhandlungsführerin der EVP-Fraktion.
Auch um das Nichtverschlechterungsgebot (Artikel 4 und 5) wurde intensiv gerungen. Zwar sollen renaturierte Flächen in gutem ökologischem Zustand bleiben, aber der Text erlaubt den Mitgliedstaaten Flexibilität und eine Reihe von Ausnahmen. Der Geltungsbereich der Wiederherstellung wurde nicht ausschließlich auf Natura-2000-Gebiete beschränkt, was der initialen Position der Kommission entspricht. Aber hier wurden ebenfalls Flexibilisierungen hinzugefügt, die schließlich die Gesamtfläche, die wiederhergestellt werden muss, verringern können.
Das Renaturierungsgesetz soll als zentraler Teil des Green New Deals dafür sorgen, degradierte Ökosysteme wieder in einen guten Zustand zu versetzen. Ziel des Gesetzgebungsvorschlags der Europäischen Kommission war es, die Mitgliedsstaaten zu verpflichten, Maßnahmen zu ergreifen, wie etwa Städte zu begrünen, trockengelegte Moore wieder zu vernässen, Meeresökosysteme instand zu setzen oder Flüsse und Wälder naturnaher zu gestalten. Auch Äcker und Weiden sollen insekten- und vogelfreundlicher gestaltet und der Rückgang an Bestäubern aufgehalten werden.
Dieser Gesetzesvorschlag muss auch in einem internationalen Kontext gesehen werden. Er soll zu einem die EU in die Lage versetzen, ihre internationale Verpflichtung aus dem Biodiversitätsabkommen von Kunming-Montreal zu erfüllen, mindestens 30 Prozent der degradierten Ökosysteme wiederherzustellen. Und tatsächlich sieht die Einigung vor, dass die Mitgliedsländer bis 2030 mindestens 30 Prozent der unter das neue Gesetz fallenden Arten von Lebensräumen in einen guten Zustand versetzen müssen. Der Anteil soll bis 2040 auf 60 Prozent und bis 2050 auf 90 Prozent ansteigen.
Zu anderem soll er dazu beitragen, dass die EU ihre Klimaziele erreichen kann: Laut Weltklimarat IPCC müssen nämlich zwischen 30 und 50 Prozent der kohlenstoffreichen Ökosysteme wie zum Beispiel Moore und Wälder renaturiert werden, um die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Außerdem ist die CO₂-Speicherung durch gesunde Ökosysteme fest im EU-Klimaziel für 2030 einberechnet, wodurch zehn Prozent der notwendigen Emissionsminderungen erreicht werden sollen.
Die Einigung im Trilog steht zwar, aber sie könnte trotzdem noch scheitern. Denn sowohl das Parlament als auch der Rat müssen anschließend noch über das Verhandlungsergebnis abstimmen, bevor die Verordnung in Kraft treten kann. Vor dem Sommer haben die beiden Gremien den Verordnungsentwurf nur mit knapper Mehrheit angenommen.
Eine unerwartete gerichtliche Untersuchung, die den inneren Kreis der Regierung von António Costa erschüttert hat, stürzt Portugal in eine politische Krise und hat eine Periode plötzlicher Erneuerung für die Sozialistische Partei eingeleitet. Zudem bietet sie der Mitte-rechts-Opposition eine einzigartige Gelegenheit, die Macht zu ergreifen. Diese Krise fällt jedoch in eine Zeit, in der die populistische rechte Partei Chega in den Umfragen bedeutende Gewinne verzeichnet.
Der politische Tsunami traf Portugal am Montag, als bekannt wurde, dass mehrere Regierungsbüros durchsucht wurden, was zur Festnahme und Befragung von Personen im Umfeld des Ministerpräsidenten führte, einschließlich seines Stabschefs. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigene Angaben auch gegen Costa. Als Konsequenz trat er zurück. Allerdings bestreitet er jegliches Fehlverhalten und bleibt zunächst kommissarisch im Amt. Er versicherte, dass er sich zumindest kurzfristig aus der portugiesischen Innenpolitik zurückziehen werde.
Nach fast acht Jahren unter António Costa ist ein politischer Wandel in Portugal unvermeidlich. Am Donnerstagabend kündigte Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa an, die Parlamentswahl auf den 10. März vorzuziehen. Er werde das Parlament jedoch erst nach der Schlussabstimmung über den Haushaltsentwurf 2024 auflösen, die am 29. November stattfinden soll.
Das konservative Staatsoberhaupt hatte auch die Möglichkeit, Costas Sozialistischer Partei (PS) angesichts ihrer Mehrheit im Parlament die Bildung einer neuen Regierung zu ermöglichen. In einer Umfrage sprachen sich jedoch fast 70 Prozent der Wahlberechtigten für eine vorgezogene Wahl aus.
Falls seine Zeit als Premierminister definitiv endet, könnten sich für Costa neue Türen öffnen. Voraussetzung ist, dass er die Verdachtsmomente, die gegen ihn vorgebracht werden, schnell ausräumen kann. António Costas Name fiel in der Debatte über die Nachfolge von EU-Ratspräsident Charles Michel.
Bislang schien der portugiesische Premierminister zu Hause festzustecken. Es gab immensen öffentlichen Druck, nicht dem Weg von José Manuel Durão Barroso im Jahr 2004 zu folgen. Der nutzte eine politische Krise im Heimatland, um als Kommissionspräsident Karriere in der EU zu machen. Mit seinem vorzeitigen Rücktritt ist Costas Weg nach Brüssel zu einer politisch realisierbaren Option geworden.
Die Mitte-links-PS, seit Jahrzehnten eine dominante Kraft in der portugiesischen Politik, wird eine enorme Beschleunigung des Erneuerungsprozesses erleben, der sich in den vergangenen Jahren langsam aufgebaut hat. Die Partei wird Zeit haben, sich zu organisieren und bei einer Vorwahl unter allen Parteimitgliedern (und möglicherweise auch Sympathisanten) einen neuen Anführer zu wählen. Aber potenzielle Kandidaten müssen ihre Entscheidung schnell treffen.
Ein möglicher Kandidat sticht hervor: Pedro Nuno Santos, der in diesem Jahr nach umstrittenen Entscheidungen bezüglich der Fluggesellschaft TAP von seinem Amt als Infrastrukturminister zurückgetreten war, gilt als Favorit. Santos spielte eine entscheidende Rolle bei der Bildung der Allianz zwischen PS und den weiter links stehenden Parteien. Diese ermöglichte es Costa 2015, Premierminister zu werden.
Sie hat aber seitdem oft die Rolle einer inoffiziellen Opposition innerhalb der Partei eingenommen. Santos repräsentiert den linken Flügel der PS, der unter den Parteimitgliedern vermutlich eine Mehrheit hat. Und er gilt als der Fähigste, wenn es darum geht, die Linke in Portugal zu vereinen und die Partei an der Macht zu halten.
Der gemäßigte Flügel der Partei, in dem jetzt Costas treue Unterstützer sitzen, wird sich dem Aufstieg von Pedro Nuno Santos widersetzen. Einige aktuelle Minister wie Mariana Vieira da Silva, Fernando Medina oder José Luís Carneiro sind potenzielle Namen im internen Wahlkampf. José Luís Carneiro, der derzeitige Minister für Inneres, soll bereits Unterstützung an der Basis der PS sammeln.
Dennoch bleibt Pedro Nuno Santos der Favorit, was eine Verschiebung nach links innerhalb der Sozialistischen Partei zum wahrscheinlichsten Szenario macht. Dies erhöht die Chancen einer post-elektoralen Allianz mit der Kommunistischen Partei und dem Linken Block, falls nötig.
Auf der anderen Seite des politischen Spektrums hat der Mitte-rechts-PSD-Führer Luís Montenegro, der es trotz wirtschaftlicher Herausforderungen wie hoher Inflation und steigender Zinsen nicht geschafft hat, Costas PS in den Umfragen zu übertreffen, nun eine einzigartige Gelegenheit, Premierminister zu werden. Allerdings muss er eine neue Fähigkeit demonstrieren, nicht nur das Zentrum, sondern auch das rechte Wählerspektrum in Portugal anzuziehen.
Während seiner Führung haben die beiden Parteien rechts von ihm, die liberale Iniciativa Liberal und die rechtsextreme, populistische Chega, an Stärke gewonnen. Chega unter der Führung von André Ventura liegt in den Umfragen nun konstant über zwölf Prozent – und bequem auf dem dritten Platz unter allen politischen Kräften in Portugal.
Montenegro hat eine Regierungsbildung mit der extremen Rechten ausgeschlossen. Angesichts der politischen Landschaft vor dem Beben in dieser Woche scheint es jedoch für die PSD schwierig zu sein, ohne Chegas Unterstützung eine parlamentarische Mehrheit zu gewinnen. Darüber hinaus wird das Thema Korruption die bevorstehenden Wahlen unweigerlich beherrschen. Es ist das Thema, das die Wahlerfolge der Rechtspopulisten unter André Ventura in den vergangenen Jahren angetrieben hat.
Während sich die politische Landschaft in nur einer Woche deutlich verändert hat, sind größere politische Richtungsänderungen unwahrscheinlich. PSD und andere rechte Parteien befürworten ambitioniertere Steuersenkungen, während eine linkere PS voraussichtlich großzügiger in Einkommens- und Sozialpolitik sein wird. In einem Land jedoch, das sich noch an das Trauma der Troika-Intervention im Jahr 2011 erinnert, ist es unwahrscheinlich, dass irgendein Szenario in den nächsten Wahlen das Ende der vorsichtigen Fiskalpolitik einläuten wird. Portugals öffentliche Verschuldung ist im EU-Vergleich vom zweiten auf den sechsten Platz gesunken – hinter Griechenland, Italien, Frankreich, Belgien und Spanien. Sergio Anibal
Lichtblick für Moldau: Die EU-Kommission hat am Mittwoch grünes Licht zur Aufnahme der Beitrittsverhandlungen zur EU gegeben, “sobald die Bedingungen dafür erfüllt sind”. Im Dezember müssen noch die Mitgliedstaaten zustimmen, dann könnten die Verhandlungen im kommenden Jahr beginnen, zwei Jahre nach dem offiziellen Antrag.
Moldaus Präsidentin Maia Sandu begrüßte die Bewertung als einen “wichtigen Meilenstein”. Die Regierung werde weiterhin unermüdlich dafür arbeiten, die Bedingungen zu erfüllen, schrieb Sandu auf X.
Auf Moldau kommt damit ein Kraftakt zu. Neben weiteren Reformen, allen voran im Bereich der Korruption, in der Justiz, bei der Finanzregulierung und bei der Deoligarchisierung, muss die Regierung der ehemaligen Sowjetrepublik auch gegen hybride Angriffe aus Russland in nie dagewesenem Ausmaß ankämpfen.
Die als ärmstes Land Europas geltende Republik befindet sich erst seit der Wahl von Sandu zur Präsidentin im Jahr 2020 auf einem konstanten, wenn auch fragilen pro-westlichen Kurs. Seither versucht Russland das Land mit allen Mitteln der hybriden Kriegsführung wie Propaganda und Desinformation in den Medien, fingierte anti-westliche Demonstrationen, illegale Parteienfinanzierung durch pro-russische Oligarchen und Stimmenkauf zur Wahlbeeinflussung zu destabilisieren.
Umgerechnet rund 50 Millionen Euro investierte Russland in die Bezahlung anti-westlicher Demonstranten in diesem Frühjahr und die Beeinflussung der Kommunalwahlen am vergangenen Wochenende, sagte der Chef der moldawischen Sicherheits- und Informationsbehörde, Alexandru Musteata kürzlich. Dazu kommen Cyberattacken auf Kritische Infrastruktur und Verwaltung.
Der Druck aus Moskau dürfte vor den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr und den Parlamentswahlen in 2025 noch einmal zunehmen. Vor allem die von der Regierung in Chișinău unabhängigen Regionen Gagausien und Transnistrien sowie der Norden des Landes sind fast vollständig pro-russisch eingestellt. Aber auch in der Hauptstadt, bei der regierenden “Partei der Aktion und Solidarität” (PAS) und an der Spitze der Regierung ist eine dauerhafte europäische orientierte Regierung nicht gesichert.
Um das Land auf Kurs zu halten und resilient gegen Desinformation und Cyberattacken zu machen, setzt Sandu auf die Beratung durch internationale Experten, unter anderem aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Japan, der Nato und vor allem der EU.
Die Europäische Union ist mit zwei Missionen vor Ort. Das “Schnelle Cyber-Reaktionsteam” unterstützt im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (Permanent Structured Cooperation, PESCO) bei der militärischen Sicherung ihres Nationalen Cyberraums. Vor allem zu Beginn der russischen Invasion in der Ukraine, als viele Hunderttausende Menschen über die Grenze nach Moldau flüchteten, hatten Cyberattacken die Verwaltung unvorbereitet getroffen. Auch die Nato hatte damals ein “Cyber Support Team” geschickt.
Die zweite Mission, die EU-Partnerschaftsmission Moldau (EUPM Moldau), nahm im Mai dieses Jahres ihre Arbeit auf und ist bis Mai 2025 mandatiert. Die 40 Expertinnen und Experten beraten, unter der Leitung des Rumänen Cosmin Dinescu, die Regierung und zivile Organisationen. Dem Land mit gut 2,5 Millionen Einwohnern fehlt es hauptsächlich an geschulten Fachkräften, im Bildungswesen sowie in der Kommunikation mit der Bevölkerung, an Netzwerken und Austauschplattformen. Es ist die erste Beratungsmission der EU, die sich auf hybride Bedrohungen und Cyberattacken spezialisiert hat.
Eines der sichtbarsten Ergebnisse bislang ist der Aufbau eines Zentrums für die Strategische Kommunikation, das Desinformation früh erkennen, eine richtige Kommunikationsstrategie dagegen erarbeiten soll und die EU sichtbarer machen soll. Denn häufig werden von der EU bezahlte Infrastrukturprojekte als von Russland finanzierte ausgegeben, und so das Narrativ von Russland als Investor bedient.
Falschinformationen wie diesen muss Moldau künftig früh gegensteuern, will es verhindern, dass bei den anstehenden Wahlen wieder eine anti-westliche Stimmung aufkommt.
13.11.-14.11.2023
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
Themen: Gedankenaustausch zu Russlands Aggression gegen die Ukraine, zu Armenien/Aserbaidschan, zur Lage in Israel und in der Region und zur außenpolitischen Dimension der wirtschaftlichen Sicherheit. Vorläufige Tagesordnung
13.11.-14.11.2023
Informelle Ministertagung Wohnungsbau
Themen: Erschwinglicher, integrativer und hochwertiger Wohnraum für alle, nationale Städtepolitik für eine nachhaltige und integrative bebaute Umwelt. Vorläufige Tagesordnung
13.11.2023
Trilog: Critical Raw Materials Act
Themen: Drittes Verhandlungstreffen zum Critical Raw Materials Act, der Verordnung für eine sichere und nachhaltige Rohstoffversorgung. Unter anderem steht die umstrittene Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Rohstoffprojekte auf der Tagesordnung.
13.11.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Menschenrechte (DROI)
Themen: Gedankenaustausch über die jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Menschenrechte in Tunesien, Workshop zu Zwangstransfers und Abschiebungen ukrainischer Kinder (Reaktionen und Maßnahmen zur Rechenschaftspflicht). Vorläufige Tagesordnung
13.11.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Öffentliche Gesundheit (SANT)
Themen: Berichtsentwurf zum Umsetzungsbericht über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel. Vorläufige Tagesordnung
13.11.2023 – 15:00-18:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
Themen: Berichtsentwurf zum Bericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit 2023, Berichtsentwurf zur Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität, Berichtsentwurf zur Lage der Grundrechte in der EU in den Jahren 2022 und 2023. Vorläufige Tagesordnung
13.11.2023 – 15:00-17:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE)
Themen: Aktueller Stand der neuen GSVP-Initiative zur Unterstützung der westafrikanischen Länder im Golf von Guinea, Gedankenaustausch mit General Robert Brieger (Vorsitzender des EU-Militärausschusses) über die aktuellen Prioritäten des EU-Militärausschusses und die Umsetzung der Schnellen Einsatzfähigkeit. Vorläufige Tagesordnung
13.11.2023 – 15:00-17:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
Themen: Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt, Transparenz und Zielgerichtetheit der politischen Werbung, Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen. Vorläufige Tagesordnung
14.11.2023
Trilog: Methan-Regulierung
Themen: EU-Parlament und Rat konnten sich am 10. Oktober nicht auf einen Kompromiss zur Überarbeitung der Methan-Verordnung einigen, nun treffen sich die Verhandlungsführer wieder. Kern der Verhandlungen werden Ambitionsniveau, generelles Reduktionsziel und Methanimport in die EU sein.
15.11.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Paket zur Mobilität von Talenten (Mitteilung über die Maximierung des Potenzials der Talentmobilität, Gesetzgebung zur Einrichtung eines EU-Talentpools, Empfehlung zur Anerkennung von Qualifikationen von Drittstaatsangehörigen, Empfehlung zum Rahmen für die Mobilität zu Lernzwecken). Vorläufige Tagesordnung
15.11.2023
Tagung des AKP-EU-Ministerrats
Themen: Die Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP) und die EU kommen zu Beratungen zusammen. Infos
15.11.2023 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
Themen: Orientierungsaussprache zum europäischen Wahlrecht, Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates am 14./15. Dezember 2023, Sachstand zu den Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigtem Königreich. Vorläufige Tagesordnung
16.11.2023 – 10:00-11:45 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Berichtsentwurf zu den Beziehungen zwischen EU und USA, Berichtsentwurf zu den Beziehungen zu Japan, Berichtsentwurf zu den Beziehungen zwischen der EU und China, Entwurf einer Stellungnahme zur Transparenz und Rechenschaftspflicht von aus dem EU-Haushalt finanzierten nichtstaatlichen Organisationen, Berichtsentwurf zur Umsetzung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (Europa in der Welt). Vorläufige Tagesordnung
Spaniens Sozialisten und die separatistische Partei Junts per Catalunya haben am Donnerstag ein Abkommen über die Amnestie der am Prozess von 2017 beteiligten Personen geschlossen. Die Einigung macht den Weg frei für die Amtseinführung des Kandidaten Pedro Sánchez. Sie könnte kommende Woche stattfinden. Bei dem Abkommen handele es sich nicht um eine Vereinbarung zur Amtseinführung, sondern um eine Legislaturvereinbarung für die kommenden vier Jahre, sagte Santos Cerdán, Unterzeichner der Vereinbarung für die Sozialisten und Organisationssekretär der PSOE.
Cerdán versicherte, dass die Einigung über das Amnestiegesetz geschlossen sei und Personen einbeziehe, “die von 2012 bis 2023 mit dem ‘procés’ in Verbindung standen”. Gemeint sind damit die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen, die die spanische Justiz für illegal erklärt hatte.
Das Abkommen “kommt zu einem Schlüsselmoment für das Land” und “stellt eine historische Chance dar, einen Konflikt zu lösen, der nur auf politischem Wege gelöst werden kann und muss”, erklärte Cerdán bei der Präsentation des Abkommens in Brüssel.
Bei seinem Auftritt vor den Medien in Brüssel sagte der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont, dass die künftige Amnestie eine Wiedergutmachung für das bieten werde, was er als politische Verfolgung bezeichnet. Bezüglich des Paktes sagte Puigdemont, dass einige Punkte noch nicht endgültig geklärt seien, und verwies auf deren Erfüllung. “Wir trauen Versprechungen nicht”, betonte er.
Die vierseitige Vereinbarung sieht vor, dass das Amnestiegesetz auch Fälle von “Lawfare” abdeckt. Die Partei des vor der Justiz geflohenen Carles Puigdemont fordert, dass das Amnestiegesetz ausdrücklich anerkennt, dass der Staat die an der Procés 2017 beteiligten Personen juristisch verfolgt hat. Ziel sei es, dass die Amnestie die meisten Fälle aus dem Unabhängigkeitsprozess abdeckt und entlastet. Auf diese Weise will Puigdemont sich selbst und andere wie seinen ehemaligen Stabschef Josep Lluís Alay schützen, die im Fall “Tsunami-Democràtic” wegen terroristischer Straftaten angeklagt sind.
Ein weiterer Punkt der Vereinbarung zwischen den politischen Parteien ist der Erlass der Schulden in Höhe von 15 Milliarden Euro, die Katalonien über den autonomen Liquiditätsfonds (Fondo de Liquidez Autonómico, FLA) beim Staat aufgenommen hat.
Der Schuldenerlass war bereits am 2. November zwischen der PSOE und der anderen separatistischen Partei, Esquerra per Catalunya (ERC) vereinbart worden, die Sánchez für seine Amtseinführung braucht. Dank des Schuldenerlasses kann die katalanische Staatskasse in den kommenden Jahren zusätzlich 1,3 Milliarden Euro an Zinszahlungen einsparen.
Die wichtigste Oppositionspartei, die Volkspartei, bezeichnet den Pakt zwischen PSOE und Junts als “demütigend und beschämend”. iccc
Die deutsche Einigung zum Industriestrom muss nach einer Experteneinschätzung von der EU-Kommission beihilferechtlich genehmigt werden. “Die im heutigen Strompreispaket vorgesehenen Regelungen zur deutschen Strompreiskompensation erfordern eine Änderung der deutschen Strompreiskompensations-Förderrichtlinie“, sagte gestern Götz Reichert vom Centrum für Europäische Politik (cep) zu Table.Media. Diese Änderungen müssten von der EU-Kommission bewilligt werden.
Entscheidend ist laut Reichert die vorgesehene Streichung des Selbstbehalts bei der Strompreiskompensation und die zusätzliche Entlastung für besonders stromintensive Betriebe. Bisher mussten auch Unternehmen mit hohem Energieverbrauch einen kleinen Teil der CO2-Kosten ihres verbrauchten Stroms zahlen. Grundlage für die Prüfung durch die Kommission sind nach Reicherts Angaben insbesondere die “Post-2021-ETS”-Beihilfeleitlinien der EU. ber
Für ärmere Mitgliedstaaten soll die neue Luftreinhaltungsrichtlinie erst bis zu zehn Jahre später gelten. Die Grenzwerte würden dann in Mitgliedstaaten, deren Wirtschaftsleistung pro Einwohner unter dem EU-Durchschnitt liegt, nicht 2030, sondern erst 2040 in Kraft treten. Diese Regelung wollen die Mitgliedstaaten bei den Trilogverhandlungen durchsetzen. Sie ist Teil des Kompromisses, für den die spanische Ratspräsidentschaft auf AStV-I-Ebene eine qualifizierte Mehrheit bekommen hat.
Die Bundesregierung hat sich enthalten. Sie lehnt das Inkrafttreten nach Wirtschaftsleistung entschieden ab. Es würde wohlhabendere Mitgliedsländer benachteiligen, weil sie zusätzliche Lasten schultern müssten. Und es würde auch die Bevölkerung in weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten benachteiligen, die länger einer höheren Schadstoffbelastung ausgesetzt wären. Die Bundesregierung will einem Trilogergebnis nur zustimmen, wenn die Regelung zu dem Inkrafttreten nach Wirtschaftsleistung nicht Teil des Paketes ist.
Die Trilogverhandlungen sollen bereits am Donnerstag beginnen. Bei den Grenzwerten stellt sich der Rat hinter den Vorschlag der Kommission. Die Kommission hatte vorgeschlagen, die Grenzwerte 2030 an die Empfehlungen der WHO anzunähern, diese aber nicht eins zu eins umzusetzen.
Der Grenzwert etwa für Feinstaub (PM2,5) soll demnach von 25 Mikrogramm je Kubikmeter Luft 2030 auf zehn Mikrogramm gesenkt werden. Der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO₂) wiederum soll von 40 Mikrogramm auf 20 Mikrogramm sinken. Die WHO schlägt als Grenzwerte fünf Mikrogramm für Feinpartikel und zehn Mikrogramm für Stickoxide vor. Die Mitgliedstaaten wollen die Kommission verpflichten, die Gesetzgebung 2030 zu überprüfen. Das Parlament will die WHO-Grenzwerte eins zu eins umsetzen. mgr
Bei der Schadstoffnorm Euro 7 für Pkw, Lieferwagen, Lkw und Busse hat das Europaparlament den Vorschlag des Umweltausschusses (ENVI) angenommen. Im Plenum stimmten 329 Abgeordnete für den Kompromiss, den Christdemokraten, Liberale und EKR getragen hatten. 230 Abgeordnete stimmten dagegen. 41 enthielten sich.
Der Vorschlag setzt neue Grenzwerte für Schadstoffe am Auspuff von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor und definiert die Testbedingungen. Auch der Reifenabrieb und Bremsstaub werden darin reguliert. Mit dem Beschluss des Parlaments ist nun der Weg für den Trilog frei. mgr
In die Debatte über die neuen europäischen Schuldenregeln kommt Bewegung. Bundesfinanzminister Christian Lindner führte am Rande der Ecofin-Beratungen in Brüssel aus, es habe bei der Reform der Fiskalregeln substanzielle Fortschritte gegeben. “Es ist jetzt allgemein anerkannt, dass wir eine Sicherheitslinie beim Abbau der Staatsverschuldung brauchen, und es bezogen auf die jährlichen Haushaltsdefizite eine Berücksichtigung von Vorgaben geben muss”, so der Minister. Gleichwohl sei noch viel Arbeit zu leisten.
Lindner unterstrich, die Instrumente seien anerkannt, jetzt müsse noch die Kalibrierung mit Zahlen und Anforderungen erfolgen. “Es geht jetzt um das Ambitionsniveau.” Deutschland stehe für ein ambitioniertes Vorgehen, um Defizite und Staatsschuldenquoten zu reduzieren. “Die EU muss weiter dem Gedanken der Stabilität verpflichtet sein, und dazu müssen die neuen Fiskalregeln einen Beitrag leisten.” Der Annäherung vorausgegangen war ein Treffen Lindners mit seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire am Dienstag im Vorfeld des Ecofin-Treffens.
Auch der französische Finanzminister hob am Rande der Beratungen hervor, man mache Fortschritte und bewege sich in die richtige Richtung. Le Maire wird in den kommenden Tagen nach Berlin reisen, um zu versuchen, auf eine deutsch-französische Einigung für die neuen Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts hinzuarbeiten. Lindner machte in Brüssel deutlich, sollte es zu einer Einigung zwischen Paris und Berlin kommen, könne dies helfen, einen Konsens unter sämtlichen EU-Staaten über die neuen Schuldenregeln zu erzielen.
Die amtierende EU-Ratsvorsitzende Nadia Calviño kündigte zum Abschluss der Beratungen an, in den kommenden Tagen einen Gesetzesentwurf für das neue Fiskalregelwerk vorlegen zu wollen. Außerdem wolle die spanische Präsidentschaft Ende November einen Sonderrat der EU-Finanzminister einberufen. Madrid sei überzeugt, es bedürfe zwei Ministertreffen, um auf der regulären Sitzung im Dezember die politische Einigung, die sogenannte Allgemeine Ausrichtung, zu erreichen. Diese ist Voraussetzung, um seitens der Mitgliedstaaten in die Verhandlungen mit dem EU-Parlament einsteigen zu können, das bei der Fiskalreform mitentscheidender Gesetzgeber ist. cr
Im Steuerstreit mit der Europäischen Union droht Apple eine 13 Milliarden Euro schwere Nachzahlung. Wegen handwerklicher Mängel empfahl Generalanwalt Giovanni Pitruzzella dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag, ein Urteil zugunsten des US-Konzerns aufzuheben und an die Vorinstanz zurückzuüberweisen. Das Gericht ist an diese Empfehlung zwar nicht gebunden, folgt ihr aber in vier von fünf Fällen.
Der EU-Kommission zufolge hatte Irland, wo die Europa-Zentrale von Apple sitzt, dem US-Unternehmen 2016 eine unzulässig niedrige Steuerquote von 0,005 Prozent eingeräumt. Diese verletze die Beihilfe-Richtlinien der Staatengemeinschaft. Sie forderte Irland auf, 13 Milliarden Euro an Steuern von Apple nachzufordern. Eine untere europäische Gerichtsinstanz hatte Apples Einspruch gegen diesen Bescheid 2020 stattgegeben.
Generalanwalt Pitruzzella kritisierte in seinem Gutachten diverse Rechtsfehler in dem Urteil von vor drei Jahren. Unter anderem müssten die von der Kommission vorgebrachten methodischen Fehler der irischen Behörden bei der Festlegung der Steuerquote neu bewertet werden.
Apple hingegen verwies darauf, dass die vorinstanzliche Entscheidung klar ergeben habe, dass der US-Techkonzern keinen selektiven Vorteil und keine staatliche Beihilfe erhalten habe. “Wir glauben, dass dies bestätigt werden sollte.” Ähnlich äußerte sich der irische Finanzminister Michael McGrath. “Irland war und ist auch weiterhin der Ansicht, dass der korrekte Betrag an Steuern gezahlt wurde und dass Apple keine staatlichen Beihilfen gewährt wurden.” rtr
Mit einer klaren Mehrheit von 481 Ja-Stimmen zu 31 Nein-Stimmen bei 71 Enthaltungen hat das Plenum des Europäischen Parlaments am Donnerstag den Data Act angenommen. Nun bedarf es noch der formellen Zustimmung des Rates, damit der Data Act Gesetz wird. Vorgesehen ist die Vorbereitung im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) am 22. November und die Annahme im Rat für den 27. November.
“Der Data Act wird ein neues Daten-agiles System schaffen, das einen einfachen Zugang zu einer nahezu unendlichen Menge an hochwertigen Daten ermöglicht”, kommentierte die Berichterstatterin Pilar del Castillo Vera (EPP) das Ergebnis. Das Gesetz werde entscheidend sein, um bestehende Geschäftsmodelle und Prozesse zu optimieren, die Entwicklung neuer zu fördern und neuen Wert zu schaffen. “Mit anderen Worten, eine Chance für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.”
Schattenberichterstatter Damian Boeselager (Grüne/EFA) benannte als eine der wichtigsten Änderungen, die das Gesetz bringe, dass der Data Act das Eigentumsrecht im digitalen Raum etabliere (kein Eigentumsrecht an Daten, wie wir in der gestrigen Ausgabe fälschlicherweise geschrieben hatten). Damit werde der vergütungsfreie Zugriff von Herstellern auf die Daten aus Produkten beendet, die ihnen nicht mehr gehören. vis
Der eine, Gérald Darmanin, 41 Jahre alt und seit 2020 französischer Innenminister, kommt von den Konservativen und will nun seine soziale Ader pflegen. Der zweite, Gabriel Attal, 34, frisch ernannter Bildungsminister, hat seine Ochsentour bei den Sozialisten absolviert und machte zu Beginn des neuen Schuljahres mit dem Verbot der Abaya auf sich aufmerksam.
Die Werdegänge von Gérald Darmanin und Gabriel Attal sind sehr unterschiedlich, die gegenseitige Sympathie äußerst begrenzt, heißt es in Paris. Die Rivalität ist unübersehbar, beide Politiker rangeln um Einfluss in der Zeit nach dem Ende der Amtszeit von Emmanuel Macron.
Gérald Darmanin will eine sozial-konservative Richtung verkörpern. Er wiederholt gerne, mit der Arbeiterklasse sprechen zu wollen, die sich, von den traditionellen Parteien vernachlässigt, in die Arme der extremen Rechten wirft. Er verweist auf seine bescheidene Herkunft, erinnert daran, er sei “Sohn einer Putzfrau” und “Enkel zweier Gastarbeiter-Großväter”.
Die Ernennung Darmanins zum Innenminister hatte für Empörung gesorgt – insbesondere feministische Stimmen kritisieren seine Berufung, obwohl zu diesem Zeitpunkt gegen ihn eine Klage wegen Vergewaltigung lief. Das Verfahren wurde aber eingestellt.
Gabriel Attal, ein Pariser, der aussieht wie ein leitender Angestellter, pflegt einen ganz anderen Stil. Der Sohn eines Filmproduzenten, der eine Privatschule im schicken 6. Arrondissement von Paris besuchte, ist der Meinung, dass die sozial schwächeren Wähler an den Rassemblement National verloren sind. Seiner Meinung nach sind es die “Mittelschichten”, die es in erster Linie anzusprechen gilt. Diejenigen, die “unsere Wirtschaft durch ihre Arbeit am Laufen halten” und “unsere öffentlichen Dienstleistungen durch ihre Steuern finanzieren”, ohne von Sozialleistungen oder Renten zu “profitieren”, erklärte er im Mai in Le Monde.
Im Privatleben ist Attal, der ehemalige Sprecher der Regierung Macron, mit Stéphane Séjourné verheiratet, dem Vorsitzenden der Renew-Fraktion im Europäischen Parlament. Séjourné war zu Beginn der ersten Amtszeit einflussreicher Berater von Emmanuel Macron. Das Tandem stieg also im Pariser Politberieb sehr schnell in wichtige Positionen auf: Der eine flüsterte dem Präsidenten ins Ohr, während der andere im Namen der Regierung sprach, um eine Formulierung von Le Monde aufzugreifen.
Gérald Darmanin und Gabriel Attal pflegen also jeweils ihren eigenen Stil. Der erste überschreitet rhetorisch Grenzen und provoziert, während der andere treu der Linie des Präsidenten folgt. In seinem Ministerium, das zum “reservierten Bereich” des Staatsoberhauptes gehört, setzt Gabriel Attal den Willen des Staatspräsidenten buchstabengetreu um. Es sei an dieser Stelle daran erinnert: Das Bildungswesen ist in Frankreich eine zentralstaatliche Aufgabe und Paris hat enormes Gewicht bei Entscheidungen, die Schüler und Lehrer in Lille ebenso betreffen wie in Nizza.
Für Emmanuel Macron stützt sich zudem auf seine beiden Minister in einem nationalen politischen Kontext, der durch Terroranschläge zutiefst erschüttert wurde. Die Morde an den Lehrern Samuel Paty im Oktober 2020 und Dominique Bernard im Oktober dieses Jahres reihen sich in eine lange Liste von Terrorakten ein, die das Land bereits erlebt hat.
Darmanin wirkt nach dreieinhalb Jahren im Amt verschlissen, seine Sicherheitsbilanz hängt ihm wie ein Mühlstein um den Hals. Attal hingegen wurde erst vor drei Monaten befördert – er muss sich erst einmal beweisen.
heute und morgen findet das Familientreffen der europäischen Sozialisten statt. Im spanischen Málaga schart der Chef der Parteienfamilie, der ehemalige schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven, führende Europaabgeordnete und die Spitzen der nationalen sozialdemokratischen Parteien bei dem SPE-Kongress um sich. Der für Internationales zuständige Co-Chef der SPD, Lars Klingbeil, kommt, ebenso wie Gastgeber Pedro Sánchez, Chef der spanischen PSOE, sowie Elly Schlein, Chefin des italienischen Partido Democratico. Die Fraktionschefin im Europaparlament, Iratxe García Pérez, reist selbstverständlich an wie auch Katarina Barley, Erstplatzierte auf der deutschen Liste und Vize-Präsidentin des Parlaments.
Interessant wird nicht so sehr, was die führenden Politiker der zweitgrößten europäischen Parteienfamilie auf offener Bühne sagen. Die Musik spielt eher, wenn sich die Spitzengenossen hinter verschlossener Tür im Führungskreis treffen. Spannend wird, was sie unter vier Augen oder in kleiner Runde besprechen.
Sieben Monate vor der Europawahl weiß nicht einmal die Parteispitze, mit welchen Zugpferden die Sozialisten in den Wahlkampf ziehen wollen. Wer wird Spitzenkandidat? Zwei, die noch vor einigen Monaten selbstverständlich Anwärter für den Top-Job in der Kommission waren, stehen wohl nicht mehr bereit: der Niederländer Frans Timmermans und die Finnin Sanna Marin, die ehemalige Ministerpräsidentin. Macht es am Ende Parteichef Löfven selbst?
Portugals António Costa, der als Bewerber für die Nachfolge von Charles Michel als Ratspräsident galt, ist mindestens bis zu einer möglichen Entlastung in der Korruptionsaffäre durch die Justiz auch aus dem Rennen. Auch die Stoßrichtung der Kampagne muss jetzt vereinbart werden, bevor dann ein weiteres Familientreffen im Frühjahr den oder die Spitzenkandidatin offiziell kürt und den Startschuss für den Wahlkampf gibt. Adelante, compañeros.
Nach neunstündigen Verhandlungen haben sich die Verhandlungsführer am Donnerstagabend auf ein Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law) geeinigt. Der Text weicht stark von dem Vorschlag ab, den die Kommission im Juni 2022 vorgelegt hatte. Sowohl die Grünen als auch die EVP konnten dabei Erfolge verbuchen.
Wie erwartet waren die Verhandlungen um Artikel 9 (Landwirtschaftliche Ökosysteme) besonders schwierig, insbesondere um Absatz 4, der sich auf Torfmoore bezieht. Das Parlament hatte auf Druck der EVP diesen Artikel komplett gelöscht. Im Kompromiss sind die Zielvorgaben für die Wiederherstellung entwässerter Torfgebiete wieder enthalten. Das war ein besonderes Anliegen der Grünen.
“Moore als natürliche Verbündete gegen die Klimakrise sollen wieder vernässt und geschützt werden”, sagte Schattenberichterstatterin Jutta Paulus (Grüne). Trotz Ausnahmen beim Verschlechterungsverbot oder der Verwendung einzelner Indikatoren bleiben die übergeordneten Ziele und alle als schützenswert festgelegten Ökosysteme Teil des neuen Gesetzes, betont sie.
Dafür sieht der Text vor die Einführung eine sogenannte Notbremse vor. Sie ermöglicht es, die Bestimmungen für landwirtschaftliche Ökosysteme unter außergewöhnlichen Umständen vorübergehend auszusetzen. Dies war ein Hauptanliegen der EVP, um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten. “Entscheidend ist, dass die Wiederherstellung der Natur und die Verwirklichung unserer Klimaziele Hand in Hand mit Land- und Forstwirtschaft gehen. Nur dann können wir die Ernährungssicherheit Europas sichern”, sagte Christine Schneider (CDU), Verhandlungsführerin der EVP-Fraktion.
Auch um das Nichtverschlechterungsgebot (Artikel 4 und 5) wurde intensiv gerungen. Zwar sollen renaturierte Flächen in gutem ökologischem Zustand bleiben, aber der Text erlaubt den Mitgliedstaaten Flexibilität und eine Reihe von Ausnahmen. Der Geltungsbereich der Wiederherstellung wurde nicht ausschließlich auf Natura-2000-Gebiete beschränkt, was der initialen Position der Kommission entspricht. Aber hier wurden ebenfalls Flexibilisierungen hinzugefügt, die schließlich die Gesamtfläche, die wiederhergestellt werden muss, verringern können.
Das Renaturierungsgesetz soll als zentraler Teil des Green New Deals dafür sorgen, degradierte Ökosysteme wieder in einen guten Zustand zu versetzen. Ziel des Gesetzgebungsvorschlags der Europäischen Kommission war es, die Mitgliedsstaaten zu verpflichten, Maßnahmen zu ergreifen, wie etwa Städte zu begrünen, trockengelegte Moore wieder zu vernässen, Meeresökosysteme instand zu setzen oder Flüsse und Wälder naturnaher zu gestalten. Auch Äcker und Weiden sollen insekten- und vogelfreundlicher gestaltet und der Rückgang an Bestäubern aufgehalten werden.
Dieser Gesetzesvorschlag muss auch in einem internationalen Kontext gesehen werden. Er soll zu einem die EU in die Lage versetzen, ihre internationale Verpflichtung aus dem Biodiversitätsabkommen von Kunming-Montreal zu erfüllen, mindestens 30 Prozent der degradierten Ökosysteme wiederherzustellen. Und tatsächlich sieht die Einigung vor, dass die Mitgliedsländer bis 2030 mindestens 30 Prozent der unter das neue Gesetz fallenden Arten von Lebensräumen in einen guten Zustand versetzen müssen. Der Anteil soll bis 2040 auf 60 Prozent und bis 2050 auf 90 Prozent ansteigen.
Zu anderem soll er dazu beitragen, dass die EU ihre Klimaziele erreichen kann: Laut Weltklimarat IPCC müssen nämlich zwischen 30 und 50 Prozent der kohlenstoffreichen Ökosysteme wie zum Beispiel Moore und Wälder renaturiert werden, um die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Außerdem ist die CO₂-Speicherung durch gesunde Ökosysteme fest im EU-Klimaziel für 2030 einberechnet, wodurch zehn Prozent der notwendigen Emissionsminderungen erreicht werden sollen.
Die Einigung im Trilog steht zwar, aber sie könnte trotzdem noch scheitern. Denn sowohl das Parlament als auch der Rat müssen anschließend noch über das Verhandlungsergebnis abstimmen, bevor die Verordnung in Kraft treten kann. Vor dem Sommer haben die beiden Gremien den Verordnungsentwurf nur mit knapper Mehrheit angenommen.
Eine unerwartete gerichtliche Untersuchung, die den inneren Kreis der Regierung von António Costa erschüttert hat, stürzt Portugal in eine politische Krise und hat eine Periode plötzlicher Erneuerung für die Sozialistische Partei eingeleitet. Zudem bietet sie der Mitte-rechts-Opposition eine einzigartige Gelegenheit, die Macht zu ergreifen. Diese Krise fällt jedoch in eine Zeit, in der die populistische rechte Partei Chega in den Umfragen bedeutende Gewinne verzeichnet.
Der politische Tsunami traf Portugal am Montag, als bekannt wurde, dass mehrere Regierungsbüros durchsucht wurden, was zur Festnahme und Befragung von Personen im Umfeld des Ministerpräsidenten führte, einschließlich seines Stabschefs. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigene Angaben auch gegen Costa. Als Konsequenz trat er zurück. Allerdings bestreitet er jegliches Fehlverhalten und bleibt zunächst kommissarisch im Amt. Er versicherte, dass er sich zumindest kurzfristig aus der portugiesischen Innenpolitik zurückziehen werde.
Nach fast acht Jahren unter António Costa ist ein politischer Wandel in Portugal unvermeidlich. Am Donnerstagabend kündigte Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa an, die Parlamentswahl auf den 10. März vorzuziehen. Er werde das Parlament jedoch erst nach der Schlussabstimmung über den Haushaltsentwurf 2024 auflösen, die am 29. November stattfinden soll.
Das konservative Staatsoberhaupt hatte auch die Möglichkeit, Costas Sozialistischer Partei (PS) angesichts ihrer Mehrheit im Parlament die Bildung einer neuen Regierung zu ermöglichen. In einer Umfrage sprachen sich jedoch fast 70 Prozent der Wahlberechtigten für eine vorgezogene Wahl aus.
Falls seine Zeit als Premierminister definitiv endet, könnten sich für Costa neue Türen öffnen. Voraussetzung ist, dass er die Verdachtsmomente, die gegen ihn vorgebracht werden, schnell ausräumen kann. António Costas Name fiel in der Debatte über die Nachfolge von EU-Ratspräsident Charles Michel.
Bislang schien der portugiesische Premierminister zu Hause festzustecken. Es gab immensen öffentlichen Druck, nicht dem Weg von José Manuel Durão Barroso im Jahr 2004 zu folgen. Der nutzte eine politische Krise im Heimatland, um als Kommissionspräsident Karriere in der EU zu machen. Mit seinem vorzeitigen Rücktritt ist Costas Weg nach Brüssel zu einer politisch realisierbaren Option geworden.
Die Mitte-links-PS, seit Jahrzehnten eine dominante Kraft in der portugiesischen Politik, wird eine enorme Beschleunigung des Erneuerungsprozesses erleben, der sich in den vergangenen Jahren langsam aufgebaut hat. Die Partei wird Zeit haben, sich zu organisieren und bei einer Vorwahl unter allen Parteimitgliedern (und möglicherweise auch Sympathisanten) einen neuen Anführer zu wählen. Aber potenzielle Kandidaten müssen ihre Entscheidung schnell treffen.
Ein möglicher Kandidat sticht hervor: Pedro Nuno Santos, der in diesem Jahr nach umstrittenen Entscheidungen bezüglich der Fluggesellschaft TAP von seinem Amt als Infrastrukturminister zurückgetreten war, gilt als Favorit. Santos spielte eine entscheidende Rolle bei der Bildung der Allianz zwischen PS und den weiter links stehenden Parteien. Diese ermöglichte es Costa 2015, Premierminister zu werden.
Sie hat aber seitdem oft die Rolle einer inoffiziellen Opposition innerhalb der Partei eingenommen. Santos repräsentiert den linken Flügel der PS, der unter den Parteimitgliedern vermutlich eine Mehrheit hat. Und er gilt als der Fähigste, wenn es darum geht, die Linke in Portugal zu vereinen und die Partei an der Macht zu halten.
Der gemäßigte Flügel der Partei, in dem jetzt Costas treue Unterstützer sitzen, wird sich dem Aufstieg von Pedro Nuno Santos widersetzen. Einige aktuelle Minister wie Mariana Vieira da Silva, Fernando Medina oder José Luís Carneiro sind potenzielle Namen im internen Wahlkampf. José Luís Carneiro, der derzeitige Minister für Inneres, soll bereits Unterstützung an der Basis der PS sammeln.
Dennoch bleibt Pedro Nuno Santos der Favorit, was eine Verschiebung nach links innerhalb der Sozialistischen Partei zum wahrscheinlichsten Szenario macht. Dies erhöht die Chancen einer post-elektoralen Allianz mit der Kommunistischen Partei und dem Linken Block, falls nötig.
Auf der anderen Seite des politischen Spektrums hat der Mitte-rechts-PSD-Führer Luís Montenegro, der es trotz wirtschaftlicher Herausforderungen wie hoher Inflation und steigender Zinsen nicht geschafft hat, Costas PS in den Umfragen zu übertreffen, nun eine einzigartige Gelegenheit, Premierminister zu werden. Allerdings muss er eine neue Fähigkeit demonstrieren, nicht nur das Zentrum, sondern auch das rechte Wählerspektrum in Portugal anzuziehen.
Während seiner Führung haben die beiden Parteien rechts von ihm, die liberale Iniciativa Liberal und die rechtsextreme, populistische Chega, an Stärke gewonnen. Chega unter der Führung von André Ventura liegt in den Umfragen nun konstant über zwölf Prozent – und bequem auf dem dritten Platz unter allen politischen Kräften in Portugal.
Montenegro hat eine Regierungsbildung mit der extremen Rechten ausgeschlossen. Angesichts der politischen Landschaft vor dem Beben in dieser Woche scheint es jedoch für die PSD schwierig zu sein, ohne Chegas Unterstützung eine parlamentarische Mehrheit zu gewinnen. Darüber hinaus wird das Thema Korruption die bevorstehenden Wahlen unweigerlich beherrschen. Es ist das Thema, das die Wahlerfolge der Rechtspopulisten unter André Ventura in den vergangenen Jahren angetrieben hat.
Während sich die politische Landschaft in nur einer Woche deutlich verändert hat, sind größere politische Richtungsänderungen unwahrscheinlich. PSD und andere rechte Parteien befürworten ambitioniertere Steuersenkungen, während eine linkere PS voraussichtlich großzügiger in Einkommens- und Sozialpolitik sein wird. In einem Land jedoch, das sich noch an das Trauma der Troika-Intervention im Jahr 2011 erinnert, ist es unwahrscheinlich, dass irgendein Szenario in den nächsten Wahlen das Ende der vorsichtigen Fiskalpolitik einläuten wird. Portugals öffentliche Verschuldung ist im EU-Vergleich vom zweiten auf den sechsten Platz gesunken – hinter Griechenland, Italien, Frankreich, Belgien und Spanien. Sergio Anibal
Lichtblick für Moldau: Die EU-Kommission hat am Mittwoch grünes Licht zur Aufnahme der Beitrittsverhandlungen zur EU gegeben, “sobald die Bedingungen dafür erfüllt sind”. Im Dezember müssen noch die Mitgliedstaaten zustimmen, dann könnten die Verhandlungen im kommenden Jahr beginnen, zwei Jahre nach dem offiziellen Antrag.
Moldaus Präsidentin Maia Sandu begrüßte die Bewertung als einen “wichtigen Meilenstein”. Die Regierung werde weiterhin unermüdlich dafür arbeiten, die Bedingungen zu erfüllen, schrieb Sandu auf X.
Auf Moldau kommt damit ein Kraftakt zu. Neben weiteren Reformen, allen voran im Bereich der Korruption, in der Justiz, bei der Finanzregulierung und bei der Deoligarchisierung, muss die Regierung der ehemaligen Sowjetrepublik auch gegen hybride Angriffe aus Russland in nie dagewesenem Ausmaß ankämpfen.
Die als ärmstes Land Europas geltende Republik befindet sich erst seit der Wahl von Sandu zur Präsidentin im Jahr 2020 auf einem konstanten, wenn auch fragilen pro-westlichen Kurs. Seither versucht Russland das Land mit allen Mitteln der hybriden Kriegsführung wie Propaganda und Desinformation in den Medien, fingierte anti-westliche Demonstrationen, illegale Parteienfinanzierung durch pro-russische Oligarchen und Stimmenkauf zur Wahlbeeinflussung zu destabilisieren.
Umgerechnet rund 50 Millionen Euro investierte Russland in die Bezahlung anti-westlicher Demonstranten in diesem Frühjahr und die Beeinflussung der Kommunalwahlen am vergangenen Wochenende, sagte der Chef der moldawischen Sicherheits- und Informationsbehörde, Alexandru Musteata kürzlich. Dazu kommen Cyberattacken auf Kritische Infrastruktur und Verwaltung.
Der Druck aus Moskau dürfte vor den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr und den Parlamentswahlen in 2025 noch einmal zunehmen. Vor allem die von der Regierung in Chișinău unabhängigen Regionen Gagausien und Transnistrien sowie der Norden des Landes sind fast vollständig pro-russisch eingestellt. Aber auch in der Hauptstadt, bei der regierenden “Partei der Aktion und Solidarität” (PAS) und an der Spitze der Regierung ist eine dauerhafte europäische orientierte Regierung nicht gesichert.
Um das Land auf Kurs zu halten und resilient gegen Desinformation und Cyberattacken zu machen, setzt Sandu auf die Beratung durch internationale Experten, unter anderem aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Japan, der Nato und vor allem der EU.
Die Europäische Union ist mit zwei Missionen vor Ort. Das “Schnelle Cyber-Reaktionsteam” unterstützt im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (Permanent Structured Cooperation, PESCO) bei der militärischen Sicherung ihres Nationalen Cyberraums. Vor allem zu Beginn der russischen Invasion in der Ukraine, als viele Hunderttausende Menschen über die Grenze nach Moldau flüchteten, hatten Cyberattacken die Verwaltung unvorbereitet getroffen. Auch die Nato hatte damals ein “Cyber Support Team” geschickt.
Die zweite Mission, die EU-Partnerschaftsmission Moldau (EUPM Moldau), nahm im Mai dieses Jahres ihre Arbeit auf und ist bis Mai 2025 mandatiert. Die 40 Expertinnen und Experten beraten, unter der Leitung des Rumänen Cosmin Dinescu, die Regierung und zivile Organisationen. Dem Land mit gut 2,5 Millionen Einwohnern fehlt es hauptsächlich an geschulten Fachkräften, im Bildungswesen sowie in der Kommunikation mit der Bevölkerung, an Netzwerken und Austauschplattformen. Es ist die erste Beratungsmission der EU, die sich auf hybride Bedrohungen und Cyberattacken spezialisiert hat.
Eines der sichtbarsten Ergebnisse bislang ist der Aufbau eines Zentrums für die Strategische Kommunikation, das Desinformation früh erkennen, eine richtige Kommunikationsstrategie dagegen erarbeiten soll und die EU sichtbarer machen soll. Denn häufig werden von der EU bezahlte Infrastrukturprojekte als von Russland finanzierte ausgegeben, und so das Narrativ von Russland als Investor bedient.
Falschinformationen wie diesen muss Moldau künftig früh gegensteuern, will es verhindern, dass bei den anstehenden Wahlen wieder eine anti-westliche Stimmung aufkommt.
13.11.-14.11.2023
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
Themen: Gedankenaustausch zu Russlands Aggression gegen die Ukraine, zu Armenien/Aserbaidschan, zur Lage in Israel und in der Region und zur außenpolitischen Dimension der wirtschaftlichen Sicherheit. Vorläufige Tagesordnung
13.11.-14.11.2023
Informelle Ministertagung Wohnungsbau
Themen: Erschwinglicher, integrativer und hochwertiger Wohnraum für alle, nationale Städtepolitik für eine nachhaltige und integrative bebaute Umwelt. Vorläufige Tagesordnung
13.11.2023
Trilog: Critical Raw Materials Act
Themen: Drittes Verhandlungstreffen zum Critical Raw Materials Act, der Verordnung für eine sichere und nachhaltige Rohstoffversorgung. Unter anderem steht die umstrittene Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Rohstoffprojekte auf der Tagesordnung.
13.11.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Menschenrechte (DROI)
Themen: Gedankenaustausch über die jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Menschenrechte in Tunesien, Workshop zu Zwangstransfers und Abschiebungen ukrainischer Kinder (Reaktionen und Maßnahmen zur Rechenschaftspflicht). Vorläufige Tagesordnung
13.11.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Öffentliche Gesundheit (SANT)
Themen: Berichtsentwurf zum Umsetzungsbericht über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel. Vorläufige Tagesordnung
13.11.2023 – 15:00-18:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
Themen: Berichtsentwurf zum Bericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit 2023, Berichtsentwurf zur Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität, Berichtsentwurf zur Lage der Grundrechte in der EU in den Jahren 2022 und 2023. Vorläufige Tagesordnung
13.11.2023 – 15:00-17:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE)
Themen: Aktueller Stand der neuen GSVP-Initiative zur Unterstützung der westafrikanischen Länder im Golf von Guinea, Gedankenaustausch mit General Robert Brieger (Vorsitzender des EU-Militärausschusses) über die aktuellen Prioritäten des EU-Militärausschusses und die Umsetzung der Schnellen Einsatzfähigkeit. Vorläufige Tagesordnung
13.11.2023 – 15:00-17:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
Themen: Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt, Transparenz und Zielgerichtetheit der politischen Werbung, Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen. Vorläufige Tagesordnung
14.11.2023
Trilog: Methan-Regulierung
Themen: EU-Parlament und Rat konnten sich am 10. Oktober nicht auf einen Kompromiss zur Überarbeitung der Methan-Verordnung einigen, nun treffen sich die Verhandlungsführer wieder. Kern der Verhandlungen werden Ambitionsniveau, generelles Reduktionsziel und Methanimport in die EU sein.
15.11.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Paket zur Mobilität von Talenten (Mitteilung über die Maximierung des Potenzials der Talentmobilität, Gesetzgebung zur Einrichtung eines EU-Talentpools, Empfehlung zur Anerkennung von Qualifikationen von Drittstaatsangehörigen, Empfehlung zum Rahmen für die Mobilität zu Lernzwecken). Vorläufige Tagesordnung
15.11.2023
Tagung des AKP-EU-Ministerrats
Themen: Die Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP) und die EU kommen zu Beratungen zusammen. Infos
15.11.2023 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
Themen: Orientierungsaussprache zum europäischen Wahlrecht, Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates am 14./15. Dezember 2023, Sachstand zu den Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigtem Königreich. Vorläufige Tagesordnung
16.11.2023 – 10:00-11:45 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Berichtsentwurf zu den Beziehungen zwischen EU und USA, Berichtsentwurf zu den Beziehungen zu Japan, Berichtsentwurf zu den Beziehungen zwischen der EU und China, Entwurf einer Stellungnahme zur Transparenz und Rechenschaftspflicht von aus dem EU-Haushalt finanzierten nichtstaatlichen Organisationen, Berichtsentwurf zur Umsetzung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (Europa in der Welt). Vorläufige Tagesordnung
Spaniens Sozialisten und die separatistische Partei Junts per Catalunya haben am Donnerstag ein Abkommen über die Amnestie der am Prozess von 2017 beteiligten Personen geschlossen. Die Einigung macht den Weg frei für die Amtseinführung des Kandidaten Pedro Sánchez. Sie könnte kommende Woche stattfinden. Bei dem Abkommen handele es sich nicht um eine Vereinbarung zur Amtseinführung, sondern um eine Legislaturvereinbarung für die kommenden vier Jahre, sagte Santos Cerdán, Unterzeichner der Vereinbarung für die Sozialisten und Organisationssekretär der PSOE.
Cerdán versicherte, dass die Einigung über das Amnestiegesetz geschlossen sei und Personen einbeziehe, “die von 2012 bis 2023 mit dem ‘procés’ in Verbindung standen”. Gemeint sind damit die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen, die die spanische Justiz für illegal erklärt hatte.
Das Abkommen “kommt zu einem Schlüsselmoment für das Land” und “stellt eine historische Chance dar, einen Konflikt zu lösen, der nur auf politischem Wege gelöst werden kann und muss”, erklärte Cerdán bei der Präsentation des Abkommens in Brüssel.
Bei seinem Auftritt vor den Medien in Brüssel sagte der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont, dass die künftige Amnestie eine Wiedergutmachung für das bieten werde, was er als politische Verfolgung bezeichnet. Bezüglich des Paktes sagte Puigdemont, dass einige Punkte noch nicht endgültig geklärt seien, und verwies auf deren Erfüllung. “Wir trauen Versprechungen nicht”, betonte er.
Die vierseitige Vereinbarung sieht vor, dass das Amnestiegesetz auch Fälle von “Lawfare” abdeckt. Die Partei des vor der Justiz geflohenen Carles Puigdemont fordert, dass das Amnestiegesetz ausdrücklich anerkennt, dass der Staat die an der Procés 2017 beteiligten Personen juristisch verfolgt hat. Ziel sei es, dass die Amnestie die meisten Fälle aus dem Unabhängigkeitsprozess abdeckt und entlastet. Auf diese Weise will Puigdemont sich selbst und andere wie seinen ehemaligen Stabschef Josep Lluís Alay schützen, die im Fall “Tsunami-Democràtic” wegen terroristischer Straftaten angeklagt sind.
Ein weiterer Punkt der Vereinbarung zwischen den politischen Parteien ist der Erlass der Schulden in Höhe von 15 Milliarden Euro, die Katalonien über den autonomen Liquiditätsfonds (Fondo de Liquidez Autonómico, FLA) beim Staat aufgenommen hat.
Der Schuldenerlass war bereits am 2. November zwischen der PSOE und der anderen separatistischen Partei, Esquerra per Catalunya (ERC) vereinbart worden, die Sánchez für seine Amtseinführung braucht. Dank des Schuldenerlasses kann die katalanische Staatskasse in den kommenden Jahren zusätzlich 1,3 Milliarden Euro an Zinszahlungen einsparen.
Die wichtigste Oppositionspartei, die Volkspartei, bezeichnet den Pakt zwischen PSOE und Junts als “demütigend und beschämend”. iccc
Die deutsche Einigung zum Industriestrom muss nach einer Experteneinschätzung von der EU-Kommission beihilferechtlich genehmigt werden. “Die im heutigen Strompreispaket vorgesehenen Regelungen zur deutschen Strompreiskompensation erfordern eine Änderung der deutschen Strompreiskompensations-Förderrichtlinie“, sagte gestern Götz Reichert vom Centrum für Europäische Politik (cep) zu Table.Media. Diese Änderungen müssten von der EU-Kommission bewilligt werden.
Entscheidend ist laut Reichert die vorgesehene Streichung des Selbstbehalts bei der Strompreiskompensation und die zusätzliche Entlastung für besonders stromintensive Betriebe. Bisher mussten auch Unternehmen mit hohem Energieverbrauch einen kleinen Teil der CO2-Kosten ihres verbrauchten Stroms zahlen. Grundlage für die Prüfung durch die Kommission sind nach Reicherts Angaben insbesondere die “Post-2021-ETS”-Beihilfeleitlinien der EU. ber
Für ärmere Mitgliedstaaten soll die neue Luftreinhaltungsrichtlinie erst bis zu zehn Jahre später gelten. Die Grenzwerte würden dann in Mitgliedstaaten, deren Wirtschaftsleistung pro Einwohner unter dem EU-Durchschnitt liegt, nicht 2030, sondern erst 2040 in Kraft treten. Diese Regelung wollen die Mitgliedstaaten bei den Trilogverhandlungen durchsetzen. Sie ist Teil des Kompromisses, für den die spanische Ratspräsidentschaft auf AStV-I-Ebene eine qualifizierte Mehrheit bekommen hat.
Die Bundesregierung hat sich enthalten. Sie lehnt das Inkrafttreten nach Wirtschaftsleistung entschieden ab. Es würde wohlhabendere Mitgliedsländer benachteiligen, weil sie zusätzliche Lasten schultern müssten. Und es würde auch die Bevölkerung in weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten benachteiligen, die länger einer höheren Schadstoffbelastung ausgesetzt wären. Die Bundesregierung will einem Trilogergebnis nur zustimmen, wenn die Regelung zu dem Inkrafttreten nach Wirtschaftsleistung nicht Teil des Paketes ist.
Die Trilogverhandlungen sollen bereits am Donnerstag beginnen. Bei den Grenzwerten stellt sich der Rat hinter den Vorschlag der Kommission. Die Kommission hatte vorgeschlagen, die Grenzwerte 2030 an die Empfehlungen der WHO anzunähern, diese aber nicht eins zu eins umzusetzen.
Der Grenzwert etwa für Feinstaub (PM2,5) soll demnach von 25 Mikrogramm je Kubikmeter Luft 2030 auf zehn Mikrogramm gesenkt werden. Der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO₂) wiederum soll von 40 Mikrogramm auf 20 Mikrogramm sinken. Die WHO schlägt als Grenzwerte fünf Mikrogramm für Feinpartikel und zehn Mikrogramm für Stickoxide vor. Die Mitgliedstaaten wollen die Kommission verpflichten, die Gesetzgebung 2030 zu überprüfen. Das Parlament will die WHO-Grenzwerte eins zu eins umsetzen. mgr
Bei der Schadstoffnorm Euro 7 für Pkw, Lieferwagen, Lkw und Busse hat das Europaparlament den Vorschlag des Umweltausschusses (ENVI) angenommen. Im Plenum stimmten 329 Abgeordnete für den Kompromiss, den Christdemokraten, Liberale und EKR getragen hatten. 230 Abgeordnete stimmten dagegen. 41 enthielten sich.
Der Vorschlag setzt neue Grenzwerte für Schadstoffe am Auspuff von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor und definiert die Testbedingungen. Auch der Reifenabrieb und Bremsstaub werden darin reguliert. Mit dem Beschluss des Parlaments ist nun der Weg für den Trilog frei. mgr
In die Debatte über die neuen europäischen Schuldenregeln kommt Bewegung. Bundesfinanzminister Christian Lindner führte am Rande der Ecofin-Beratungen in Brüssel aus, es habe bei der Reform der Fiskalregeln substanzielle Fortschritte gegeben. “Es ist jetzt allgemein anerkannt, dass wir eine Sicherheitslinie beim Abbau der Staatsverschuldung brauchen, und es bezogen auf die jährlichen Haushaltsdefizite eine Berücksichtigung von Vorgaben geben muss”, so der Minister. Gleichwohl sei noch viel Arbeit zu leisten.
Lindner unterstrich, die Instrumente seien anerkannt, jetzt müsse noch die Kalibrierung mit Zahlen und Anforderungen erfolgen. “Es geht jetzt um das Ambitionsniveau.” Deutschland stehe für ein ambitioniertes Vorgehen, um Defizite und Staatsschuldenquoten zu reduzieren. “Die EU muss weiter dem Gedanken der Stabilität verpflichtet sein, und dazu müssen die neuen Fiskalregeln einen Beitrag leisten.” Der Annäherung vorausgegangen war ein Treffen Lindners mit seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire am Dienstag im Vorfeld des Ecofin-Treffens.
Auch der französische Finanzminister hob am Rande der Beratungen hervor, man mache Fortschritte und bewege sich in die richtige Richtung. Le Maire wird in den kommenden Tagen nach Berlin reisen, um zu versuchen, auf eine deutsch-französische Einigung für die neuen Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts hinzuarbeiten. Lindner machte in Brüssel deutlich, sollte es zu einer Einigung zwischen Paris und Berlin kommen, könne dies helfen, einen Konsens unter sämtlichen EU-Staaten über die neuen Schuldenregeln zu erzielen.
Die amtierende EU-Ratsvorsitzende Nadia Calviño kündigte zum Abschluss der Beratungen an, in den kommenden Tagen einen Gesetzesentwurf für das neue Fiskalregelwerk vorlegen zu wollen. Außerdem wolle die spanische Präsidentschaft Ende November einen Sonderrat der EU-Finanzminister einberufen. Madrid sei überzeugt, es bedürfe zwei Ministertreffen, um auf der regulären Sitzung im Dezember die politische Einigung, die sogenannte Allgemeine Ausrichtung, zu erreichen. Diese ist Voraussetzung, um seitens der Mitgliedstaaten in die Verhandlungen mit dem EU-Parlament einsteigen zu können, das bei der Fiskalreform mitentscheidender Gesetzgeber ist. cr
Im Steuerstreit mit der Europäischen Union droht Apple eine 13 Milliarden Euro schwere Nachzahlung. Wegen handwerklicher Mängel empfahl Generalanwalt Giovanni Pitruzzella dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag, ein Urteil zugunsten des US-Konzerns aufzuheben und an die Vorinstanz zurückzuüberweisen. Das Gericht ist an diese Empfehlung zwar nicht gebunden, folgt ihr aber in vier von fünf Fällen.
Der EU-Kommission zufolge hatte Irland, wo die Europa-Zentrale von Apple sitzt, dem US-Unternehmen 2016 eine unzulässig niedrige Steuerquote von 0,005 Prozent eingeräumt. Diese verletze die Beihilfe-Richtlinien der Staatengemeinschaft. Sie forderte Irland auf, 13 Milliarden Euro an Steuern von Apple nachzufordern. Eine untere europäische Gerichtsinstanz hatte Apples Einspruch gegen diesen Bescheid 2020 stattgegeben.
Generalanwalt Pitruzzella kritisierte in seinem Gutachten diverse Rechtsfehler in dem Urteil von vor drei Jahren. Unter anderem müssten die von der Kommission vorgebrachten methodischen Fehler der irischen Behörden bei der Festlegung der Steuerquote neu bewertet werden.
Apple hingegen verwies darauf, dass die vorinstanzliche Entscheidung klar ergeben habe, dass der US-Techkonzern keinen selektiven Vorteil und keine staatliche Beihilfe erhalten habe. “Wir glauben, dass dies bestätigt werden sollte.” Ähnlich äußerte sich der irische Finanzminister Michael McGrath. “Irland war und ist auch weiterhin der Ansicht, dass der korrekte Betrag an Steuern gezahlt wurde und dass Apple keine staatlichen Beihilfen gewährt wurden.” rtr
Mit einer klaren Mehrheit von 481 Ja-Stimmen zu 31 Nein-Stimmen bei 71 Enthaltungen hat das Plenum des Europäischen Parlaments am Donnerstag den Data Act angenommen. Nun bedarf es noch der formellen Zustimmung des Rates, damit der Data Act Gesetz wird. Vorgesehen ist die Vorbereitung im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) am 22. November und die Annahme im Rat für den 27. November.
“Der Data Act wird ein neues Daten-agiles System schaffen, das einen einfachen Zugang zu einer nahezu unendlichen Menge an hochwertigen Daten ermöglicht”, kommentierte die Berichterstatterin Pilar del Castillo Vera (EPP) das Ergebnis. Das Gesetz werde entscheidend sein, um bestehende Geschäftsmodelle und Prozesse zu optimieren, die Entwicklung neuer zu fördern und neuen Wert zu schaffen. “Mit anderen Worten, eine Chance für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.”
Schattenberichterstatter Damian Boeselager (Grüne/EFA) benannte als eine der wichtigsten Änderungen, die das Gesetz bringe, dass der Data Act das Eigentumsrecht im digitalen Raum etabliere (kein Eigentumsrecht an Daten, wie wir in der gestrigen Ausgabe fälschlicherweise geschrieben hatten). Damit werde der vergütungsfreie Zugriff von Herstellern auf die Daten aus Produkten beendet, die ihnen nicht mehr gehören. vis
Der eine, Gérald Darmanin, 41 Jahre alt und seit 2020 französischer Innenminister, kommt von den Konservativen und will nun seine soziale Ader pflegen. Der zweite, Gabriel Attal, 34, frisch ernannter Bildungsminister, hat seine Ochsentour bei den Sozialisten absolviert und machte zu Beginn des neuen Schuljahres mit dem Verbot der Abaya auf sich aufmerksam.
Die Werdegänge von Gérald Darmanin und Gabriel Attal sind sehr unterschiedlich, die gegenseitige Sympathie äußerst begrenzt, heißt es in Paris. Die Rivalität ist unübersehbar, beide Politiker rangeln um Einfluss in der Zeit nach dem Ende der Amtszeit von Emmanuel Macron.
Gérald Darmanin will eine sozial-konservative Richtung verkörpern. Er wiederholt gerne, mit der Arbeiterklasse sprechen zu wollen, die sich, von den traditionellen Parteien vernachlässigt, in die Arme der extremen Rechten wirft. Er verweist auf seine bescheidene Herkunft, erinnert daran, er sei “Sohn einer Putzfrau” und “Enkel zweier Gastarbeiter-Großväter”.
Die Ernennung Darmanins zum Innenminister hatte für Empörung gesorgt – insbesondere feministische Stimmen kritisieren seine Berufung, obwohl zu diesem Zeitpunkt gegen ihn eine Klage wegen Vergewaltigung lief. Das Verfahren wurde aber eingestellt.
Gabriel Attal, ein Pariser, der aussieht wie ein leitender Angestellter, pflegt einen ganz anderen Stil. Der Sohn eines Filmproduzenten, der eine Privatschule im schicken 6. Arrondissement von Paris besuchte, ist der Meinung, dass die sozial schwächeren Wähler an den Rassemblement National verloren sind. Seiner Meinung nach sind es die “Mittelschichten”, die es in erster Linie anzusprechen gilt. Diejenigen, die “unsere Wirtschaft durch ihre Arbeit am Laufen halten” und “unsere öffentlichen Dienstleistungen durch ihre Steuern finanzieren”, ohne von Sozialleistungen oder Renten zu “profitieren”, erklärte er im Mai in Le Monde.
Im Privatleben ist Attal, der ehemalige Sprecher der Regierung Macron, mit Stéphane Séjourné verheiratet, dem Vorsitzenden der Renew-Fraktion im Europäischen Parlament. Séjourné war zu Beginn der ersten Amtszeit einflussreicher Berater von Emmanuel Macron. Das Tandem stieg also im Pariser Politberieb sehr schnell in wichtige Positionen auf: Der eine flüsterte dem Präsidenten ins Ohr, während der andere im Namen der Regierung sprach, um eine Formulierung von Le Monde aufzugreifen.
Gérald Darmanin und Gabriel Attal pflegen also jeweils ihren eigenen Stil. Der erste überschreitet rhetorisch Grenzen und provoziert, während der andere treu der Linie des Präsidenten folgt. In seinem Ministerium, das zum “reservierten Bereich” des Staatsoberhauptes gehört, setzt Gabriel Attal den Willen des Staatspräsidenten buchstabengetreu um. Es sei an dieser Stelle daran erinnert: Das Bildungswesen ist in Frankreich eine zentralstaatliche Aufgabe und Paris hat enormes Gewicht bei Entscheidungen, die Schüler und Lehrer in Lille ebenso betreffen wie in Nizza.
Für Emmanuel Macron stützt sich zudem auf seine beiden Minister in einem nationalen politischen Kontext, der durch Terroranschläge zutiefst erschüttert wurde. Die Morde an den Lehrern Samuel Paty im Oktober 2020 und Dominique Bernard im Oktober dieses Jahres reihen sich in eine lange Liste von Terrorakten ein, die das Land bereits erlebt hat.
Darmanin wirkt nach dreieinhalb Jahren im Amt verschlissen, seine Sicherheitsbilanz hängt ihm wie ein Mühlstein um den Hals. Attal hingegen wurde erst vor drei Monaten befördert – er muss sich erst einmal beweisen.