Table.Briefing: Europe

Neues Ringen um Glyphosat + Regeln für ChatGPT + Gastbeitrag Steffi Lemke

Liebe Leserin, lieber Leser,

in der vergangenen Woche hatte in Luxemburg ein Gericht das nationale Verbot des Wirkstoffs Glyphosat aufgehoben. EU-weit ist Glyphosat somit noch mindestens bis zum 15. Dezember 2023 zugelassen. Wie sich der Einsatz des Pflanzenschutzmittels auf die Mikroorganismen der Erde auswirkt und wie die Chancen für ein EU-weites Verbot von Glyphosat stehen, analysiert Timo Landenberger.

Die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz hat in den vergangenen Monaten augenscheinlich an Tempo gewonnen. Die Verhandler im Europäischen Parlament müssen einen Weg finden, Angebote wie ChatGPT angemessen zu regulieren. Ein Moratorium, wie es unter anderem Tesla-Gründer Elon Musk gefordert hatte, lehnen sie ab. Corinna Visser hat sich bei den Berichterstattern im Europäischen Parlament umgehört.

Am Wochenende treffen sich die G7-Umweltminister in Japan. Deutschland setzt den Fokus auf Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft. In die Pflicht nehmen möchte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) dabei die Unternehmen. Sie können “durch nachhaltige Lieferketten oder langlebiges Produktdesign ganz praktisch etwas gegen Ressourcenverschwendung tun“, schreibt Lemke in einem Standpunkt für Table.Media.

Daheim bleiben muss hingegen Josep Borrell. Eigentlich wollte der EU-Außenbeauftragte heute in Peking ankommen. Doch wegen einer Corona-Infektion hat er seine Reise abgesagt. Er sei positiv auf Covid-19 getestet worden und müsse die Reise deshalb verschieben, schrieb Borrell auf Twitter. Es gehe ihm gut und er habe keine Symptome.

Ihr
Matthias Wulff
Bild von Matthias  Wulff

Analyse

Nach Gerichtsurteil: Debatte um Glyphosat-Verbot geht weiter

Nachdem der luxemburgische Verwaltungsgerichtshof das nationale Verbot des Unkrautvernichters Glyphosat gekippt hat, gewinnt die Debatte um den umstrittenen Wirkstoff auch auf EU-Ebene wieder an Fahrt. Zumal die Reduktion chemischer Pflanzenschutzmittel im Rahmen der Pestizide-Verordnung zu den derzeit umstrittensten Zielen der europäischen Umwelt- und Agrarpolitik gehört.

Als erstes EU-Mitglied hatte Luxemburg im Januar 2021 ein nationales Glyphosat-Verbot beschlossen. Der Chemiekonzern und Glyphosat-Hersteller Bayer hatte dagegen geklagt und nun auch in zweiter Instanz recht bekommen. Solange der Wirkstoff auf EU-Ebene erlaubt sei, gebe es keinen Grund für einen nationalen Alleingang, hieß es in der Begründung des Gerichts. Demnach stelle Glyphosat “kein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier” dar.

Toxikologe: nicht nur krebserregend

Norbert Fraeyman, Toxikologe von der Universität Gent, sieht das anders. Die Frage nach der Schädlichkeit des Wirkstoffs werde zu sehr auf die Karzinogenität beschränkt. Glyphosat sei zwar krebserregend, aber der Faktor tatsächlich um ein Vielfaches geringer als beispielsweise beim Rauchen und in etwa auf derselben Stufe mit Fleischkonsum. Viel wichtiger, aber kaum beachtet seien die negativen Auswirkungen auf das Mikrobiom und damit auf das zentrale Nervensystem. Das habe nicht nur gesundheitliche Folgen für die Menschen, sondern bedrohe auch zahlreiche Insekten- und Vogelarten.

Im Jahr 2015 hatte die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation Glyphosat als “wahrscheinlich krebserregend” eingestuft und damit eine hitzige Debatte losgetreten. Dennoch ist es heute das am meisten verwendete Herbizid weltweit und genau das sei das Hauptproblem, so Fraeyman. Denn infolge der übermäßigen Verwendung hätten inzwischen zahlreiche Unkräuter Resistenzen gegen den Wirkstoff entwickelt, was in der Landwirtschaft zu einem immer noch stärkeren Einsatz führe.

“Glyphosat muss im Agrarbereich verboten werden”, fordert der Wissenschaftler. “Und zwar nicht nur, weil es karzinogen ist, sondern aufgrund seines extrem hohen toxischen Gesamtprofils und des Aufwands, der nötig wäre, um die Folgen einzudämmen.”

Zulassung noch bis 15.12.2023

2017 stand ein EU-weites Glyphosat-Verbot erstmals auf der Agenda in Brüssel. Eine entsprechende Bürgerinitiative erreichte über eine Million Unterschriften. Doch einige Organisationen, darunter die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), kamen zu der Einschätzung, der Wirkstoff sei unbedenklich. So wurde die Zulassung, auch mit Zustimmung der Bundesregierung, für weitere fünf Jahre erteilt.

Im Dezember 2022 verlängerte die EU-Kommission nach langem Hin und Her mit den Mitgliedsstaaten die Genehmigung nochmals um ein Jahr bis Mitte Dezember. Der offizielle Grund: Das Prüfungsverfahren für eine erneute Zulassung durch die EFSA war noch nicht abgeschlossen. Mit einem entsprechenden Ergebnis wird im Juli gerechnet, mit einer Abstimmung im Herbst.

Ob es dann zu einem EU-weiten Verbot von Glyphosat komme, sei zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu beurteilen, sagt die Europaabgeordnete Sarah Wiener (Grüne). Noch sei unter den Mitgliedsstaaten keine mehrheitliche Tendenz absehbar. “Wenn das Verbot in diesem Jahr nicht kommt, dann auf jeden Fall später”. Die Forschung sei eindeutig, Risiko und Schäden für Artenvielfalt und Gesundheit seien untragbar geworden, sagt die Agrarpolitikerin und fordert von der Kommission, das Vorsorgeprinzip zu beachten.

“Strengstes System der Welt”

“Europa hat das strengste Zulassungssystem für Pflanzenschutzmittel der Welt”, hält der Industrieverband Agrar dagegen. In Europa zugelassene Pflanzenschutzmittel seien sicher und würden zur Ertrags- und Qualitätssicherung auch dringend benötigt.

Trotzdem sei die Landwirtschaft bereit, den Einsatz noch weiter zu reduzieren, sagt Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands. Das könne jedoch nur über technische und freiwillige Lösungen funktionieren, keinesfalls über Verbote, die immer zu Konsequenzen im Anbau führten.

“In diesem Fall bietet sich als Alternative nur an, wieder verstärkt den Pflug einzusetzen. Dies benötigt wiederum viel mehr Energie und führt damit zu einer deutlichen Erhöhung des CO₂-Ausstoßes. Das Verbot dieses Wirkstoffes ist vor dem Hintergrund des Klimawandels also kontraproduktiv”, so Krüsken.

Die Bundesregierung will dennoch an ihren Verbotsplänen festhalten und Glyphosat gemäß Koalitionsvertrag bis Ende 2023 vom Markt nehmen. “Sollte auf EU-Ebene die Genehmigung verlängert werden, prüfen wir weitere Schritte für ein nationales Anwendungsverbot“, so eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums.

Schon jetzt gelten in Deutschland seit der Novellierung der Pflanzenschutzverordnung im Herbst 2021 strenge Regeln zur Anwendung von Glyphosat. So darf das Herbizid in der Landwirtschaft nur eingesetzt werden, wenn andere Maßnahmen nicht durchgeführt werden können. In Garten- oder Parkanlagen ist die Anwendung bereits verboten.

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Parlament will Allzweck-KI in AI Act einfügen

Die Verhandler, die sich im Europäischen Parlament mit dem AI Act befassen, lehnen ein Moratorium über die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz ab. Elon Musk und andere Prominente hatten in einem offenen Brief eine sechsmonatige Entwicklungspause für KI gefordert. Anlass dazu gab die rasante Entwicklung etwa bei großen Sprachmodellen (LLM) wie ChatGPT.

Allerdings wollen die Berichterstatter Allzweck-KI (General Purpose AI, GPAI) oder genauer leistungsstarke Grundmodelle, zu denen auch ChatGPT zählt, noch in den AI Act mit aufnehmen. Für eine Einigung bleibt aber nur wenig Zeit, wenn die Abstimmung in den Ausschüssen (IMCO und LIBE) am 26. April wie geplant stattfinden soll.

Kein Moratorium für die Entwicklung von KI

“Von ein Moratorium halte ich nichts, weil wir damit die Realität ignorieren”, sagt etwa Axel Voss, Schattenberichterstatter für die EVP. Wenn die Entwicklung im Westen jetzt stoppe, werde sie im Osten dieser Welt weitergehen. Deshalb könne man nicht einfach den Kopf in den Sand stecken. “Wir müssen uns auch als Gesetzgeber mehr am Riemen reißen und einfach schneller agieren oder zumindest eine Richtung vorgeben, wo die Entwicklung von KI hingehen soll”, meint Voss. “Eine Pause wird nicht funktionieren.”

Ausnahmsweise ist Sergey Lagodinsky, Schattenberichterstatter der Grünen/EFA, hier mit ihm einig. Lagodinsky hält die Forderungen nach einem Moratorium für populistisch und sieht keinen Grund, ihr zu folgen. “Wir wollen KI regulieren, und zwar so regulieren, dass wir auch nachlegen können, sollte das nötig sein.”

Allzweck-KI passt nicht in die Systematik des AI Act

Doch wenn es zum Beispiel um die Regulierung von GPAI geht, gibt es eine Schwierigkeit. Eigentlich passt Allzweck-KI nicht in die Systematik des Gesetzes, und die Kommission hatte sie in ihrem Vorschlag auch nicht vorgesehen. Denn der AI Act verfolgt einen risikobasierten Ansatz.

Besonders schädliche KI-Praktiken, die gegen die Werte der Union verstoßen, sind verboten. Anwendungen von KI-Systemen, von denen hohe Risiken für die Grundrechte und die Sicherheit ausgehen, sind erlaubt, unterliegen aber der Regulierung. Für andere KI-Systeme, die kein hohes Risiko darstellen, gelten nur Transparenzpflichten. Die Verpflichtungen hängen also mit dem Anwendungsfall zusammen, GPAI ist jedoch definitionsgemäß auf keine bestimmte Anwendung reduziert.

Wie genau die Berichterstatter Brando Benifei (S&D) und Dragoş Tudorache (Renew) leistungsstarke Grundmodelle nun in die Regulierung einbauen wollen, ist noch offen. “Wir werden eine Reihe von Regeln vorschlagen”, heißt es aus dem Umfeld. Welche das sein werden, wissen auch die Schattenberichterstatter noch nicht.

Keine eigene Kategorie für ChatGPT und andere

Die Grünen, sagt Lagodinsky, wollten GPAI von Beginn an in die Regulierung mit aufnehmen. “Die Berichterstatter und die anderen Fraktionen wollten das gar nicht adressieren – bis ChatGPT kam”, erinnert er sich. Sein ursprünglicher Vorschlag sah vor, Grundmodelle, die nachvollziehbar und voraussehbar im Hochrisikobereich zum Einsatz kommen, als Hochrisikotechnologie zu behandeln. “Ich möchte noch einmal betonen, bei Hochrisiko geht es ja nicht um Verbot, sondern um Transparenz- und Dokumentationspflichten“, sagt Lagodinsky. Das werde oft verwechselt.

Für GPAI eine eigene Kategorie in der Verordnung zu schaffen, wie oft in der öffentlichen Debatte gefordert, hält Voss für übertrieben. “Natürlich können wir uns über die Gefährlichkeit von ChatGPT unterhalten”, sagt Voss. Seine Fragen an den Entwickler OpenAI hat Voss in einem offenen Brief formuliert.

Aber bei der Gesetzgebung könne es das Parlament doch nicht dem Zufall überlassen, was gerade zu dem Zeitpunkt veröffentlicht wurde und was deswegen ins Gesetz komme oder nicht. “Sondern was wir festlegen, muss generell gelten.”

GPAI steht erst einmal nicht auf der Tagesordnung

Experten müssten entscheiden, ob ChatGPT eine KI mit hohem Risiko sei oder nicht. “Wir geben nur den Rahmen vor, an dem die Entwickler sich orientieren sollen”, sagt Voss. “Wir werden uns nicht jede einzelne Anwendung vornehmen, was ich schon bei der Gesichtserkennung für problematisch empfinde.”

Bei GPAI gehe es darum, eine faire Lastenteilung zu erreichen. Wenn das Grundmodell selbst noch keine Hochrisikoanwendung darstelle, so sei es doch möglich, eine Hochrisikoanwendung darauf aufzubauen. “Die Betreiber brauchen dann die Information vom Entwickler des Grundmodells, um die Anforderungen aus dem AI Act zu erfüllen.”

Doch Allzweck-KI ist nicht der einzige offene Diskussionspunkt. “Ich sehe noch viele offene Baustellen“, sagt Lagodinsky. Auf der Tagesordnung des Shadows Meeting am heutigen Donnerstag stehen:

  • Begriffsbestimmungen und Schlussbestimmungen
  • Pflichten der Nutzer von Hochrisiko-KI-Systemen
  • Normen und Spezifikationen
  • Governance
  • Durchsetzung
  • Klassifizierung von Hochrisikosystemen
  • Verbotene Praktiken

Kommende Woche sind noch zwei weitere Treffen der Schattenberichterstatter angesetzt. Dann müssen die Verhandlungen – auch zu Allzweck-KI – abgeschlossen werden, um den Zeitplan zu halten.

“Atmende Gesetze” zur KI

“Ich persönlich gehe mit einem großen Fortschritts- und Innovationsoptimismus an die Sache ran”, erklärt Lagodinsky. Es gehe eben nicht darum, die Anwendung von KI zu verbieten. “Wir sollten genauer schauen, in welche Richtung die Entwicklungen gehen und reaktionsfähig bleiben, um das Gesetz in Zukunft weiterzuentwickeln und anzupassen.” Dies sei durchaus möglich, etwa über die Klassifizierung der Hochrisikosysteme im Anhang. Der Anhang, den die Kommission ergänzen könne, öffne ein “Fenster für exekutive Flexibilität“.

Auch hier äußert sich Voss ähnlich: “Bei digitalen Entwicklungen brauchen wir eher atmende Dokumente, die eine gewisse Flexibilität haben, bei der die Problemreduzierung auch zwischendurch mal erfolgen sollte.” Er meint zudem, der Gesetzgeber solle nicht immer in Regulierung denken, sondern vielleicht auch in Guidelines. Auch diese könne man parlamentarisch absichern. “Es sollte ja nicht an Legitimation fehlen”, meint Voss. “Aber so, wie wir es bislang handhaben, sind wir viel zu langsam.”

Voss hat auch bereits einen Vorschlag für die kommende Legislatur: “Wir müssen darüber nachdenken, wie man all diese ganzen Governance-Anforderungen aus KI, Datenschutz, DSA und DMA, aus Data Governance und Data Act zusammenführt“, fordert Voss. Alles isoliert zu betrachten, ergebe keinen Sinn. “Wir brauchen einen horizontalen Ansatz, um festzulegen, was geht und was nicht.”

  • Digitalisierung
  • Digitalpolitik
  • Künstliche Intelligenz-Verordnung

Termine

14.04.-16.04.2023, Straßburg (Frankreich)
KAS, Seminar Frankreich: Atommacht in Europa
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) beschäftigt sich mit der aktuellen politischen Situation in Frankreich. INFOS & ANMELDUNG

14.04.-16.04.2023, Bonn
FES, Seminar Konfliktfeld Energie- und Klimapolitik: Die EU zwischen Klimakrise und ökonomischen Zukunftsmärkten
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) setzt sich damit auseinander, unter welchen Bedingungen die Klimakrise sowohl ökonomisch als auch gesellschaftlich bewältigt werden kann und welche Chancen sich daraus für den Zusammenhalt innerhalb der EU ergeben. INFOS & ANMELDUNG

14.04.2023 – 09:00-10:00 Uhr, online
BDI, Diskussion Europas Platz in der Welt: Strategische Offenheit & europäische Autonomie
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) diskutiert über die handelspolitischen Instrumente, die Europa zur Durchsetzung seiner Interessen benötigt. INFOS & ANMELDUNG

14.04.2023 – 10:30-12:00 Uhr, online
KAS, Vortrag Der Europäische Emissionshandel – Herzstück der europäischen Klimapolitik: kosteneffizient und wirksam
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert die Reform des Europäischen Emissionshandels. INFOS & ANMELDUNG

17.04.-21.04.2023, Straßburg (Frankreich)
Akademie Frankenwarte, Seminar Europa vor Ort erleben: Wie gelingt der europäische Einigungsprozess in unruhigen Zeiten?
Die Akademie Frankenwarte thematisiert das Grundverständnis der europäischen Institutionen und diskutiert Perspektiven des europäischen Zusammenlebens. INFOS & ANMELDUNG

18.04.-04.07.2023, online
FSR, Seminar The EU Green Deal
The Florence School of Regulation (FSR) provides an overview of the most recent developments in energy and climate policy in the EU. INFOS & REGISTRATION

18.04.-19.04.2023, Lissabon (Portugal)
Conference Green Hydrogen Summit
This event educates on how to take advantage of the opportunities Green Hydrogen will offer financially and environmentally and provides the connections to make it possible. INFOS & REGISTRATION

18.04.2023 – 10:00-16:30 Uhr, online
BDE, Seminar Grenzüberschreitende Abfallverbringung
Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) stellt die Grundlagen und Änderungen im europäischen und nationalen Abfallverbringungsrecht vor. INFOS & ANMELDUNG

18.04.2023 – 10:15-10:45 Uhr, Bergamo (Italien)
Conference Creating the Regulatory Frameworks to Enable the EU to Deliver on Waste Targets
This conference addresses the EU Waste targets. INFOS & REGISTRATION

18.04.2023 – 19:00-20:30 Uhr, Frankfurt am Main
FNF, Podiumsdiskussion Krieg in Europa: Desinformation und Propaganda Russlands im Krieg gegen die Ukraine
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) thematisiert Vorgehens- und Wirkungsweisen russischer Propaganda in zwei unterschiedlichen Regionen sowie Strategien der Gegenwehr. INFOS & ANMELDUNG

News

Bundesregierung will EU-weite Liberalisierung von Cannabis

Nachdem die deutschen Pläne für die Cannabis-Legalisierung einer Prüfung durch die EU-Kommission nicht standgehalten hatten, plant Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nun wissenschaftlich begleitete Modellprojekte für den Verkauf. Sie sollen auch andere EU-Staaten von einer liberalen Cannabis-Politik überzeugen. In Brüssel will die Bundesregierung künftig zudem für eine Überarbeitung der EU-Gesetze werben.

Die Ampelkoalition hatte sich im Koalitionsvertrag eine Legalisierung von Cannabis vorgenommen und die Eckpunkte im Oktober vorgelegt. Damit sollte der Verkauf von Cannabis in zertifizierten Geschäften möglich werden. Das neue Gesetz hätte einer Notifizierung durch die EU-Kommission bedurft. Deshalb habe er die Eckpunkte der Kommission vorab zur Prüfung vorgelegt, sagte Lauterbach am Mittwoch in Berlin. Auf Grundlage der Gespräche im November habe er entschieden, die Eckpunkte noch einmal zu überarbeiten – und zwar mit Blick auf die gesamte EU, betonte Lauterbach.

Unterstützer für deutschen Kurs

Die Bundesregierung plant laut dem Minister eine konzertierte Aktion, um andere europäische Staaten für einen liberaleren Kurs in Sachen Cannabis zu gewinnen. Es gebe einige, die so dächten, wie Deutschland und für die der deutsche Weg ein Vorbild sein könnte. Ob schon Länder ihre Unterstützung schon signalisiert hätten, wollte Lauterbach nicht preisgeben. “Wir bewegen uns im Strafrecht“, sagte er. “Da genügt es, wenn sich sieben Länder auf eine Änderung einigen”. Deshalb sei er zuversichtlich.

Die geplante weitreichende Legalisierung wird in Deutschland fürs Erste nicht kommen. Das habe der europäische und internationale Rahmen nicht zugelassen. Stattdessen will die Bundesregierung in einem ersten Gesetz nach der Sommerpause Volljährigen erlauben, bis zu 25 Gramm zu besitzen beziehungsweise drei Pflanzen Cannabis privat anzubauen. Auch nicht-kommerziellen Vereine mit maximal 500 Mitgliedern sollen zu Genusszwecken anbauen und an die Mitglieder abgeben dürfen.

Der Verkauf in Geschäften soll im Rahmen des Modellprojekts zunächst nur regional zugelassen werden. Die wissenschaftliche Auswertung soll – wenn möglich – Argumente für Gesetzesänderungen in Deutschland und der gesamten EU liefern. “Das ist eine Gelegenheit, die europäische Cannabis-Politik auf Grundlage evidenzbasierter Erkenntnisse weiterzuentwickeln”, sagte Lauterbach. vew

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Ukraine: Metsola drängt auf schnelle Beitrittsgespräche

Das Europaparlament und das Parlament der Ukraine, die Werchowna Rada, wollen gemeinsam den geplanten EU-Beitritt des Landes begleiten. Zum Auftakt ihrer ungewöhnlichen Zusammenarbeit hielten beide Kammern am Mittwoch in Brüssel eine gemeinsame Sitzung ab. Das Treffen wurde von EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und ihrem ukrainischen Amtskollegen Ruslan Stefanchuk geleitet.

Die EU hatte der Ukraine im Juni 2022 den Kandidatenstatus verliehen. Allerdings ist der eigentliche Beitrittsprozess noch nicht eröffnet, dazu bedarf es eines weiteren einstimmigen Beschlusses aller 27 Mitgliedsländer. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte bei seinem Besuch in Brüssel im Februar einen Start der Beitrittskonferenz noch in diesem Jahr verlangt. Allerdings hat die Ukraine noch nicht alle Bedingungen erfüllt.

Um den Prozess zu beschleunigen, wollen die Abgeordneten der EU und der Ukraine eng zusammenarbeiten. Man werde über den “Wiederaufbau einer europäischen Ukraine” und den Ablauf des EU-Beitrittsverfahrens sprechen, hieß es bei der ersten Sitzung in Brüssel. Im Mittelpunkt sollen die Wirtschaftspolitik, die Rechtsstaatlichkeit und die Korruptionsbekämpfung stehen. Auch die Angleichung an das EU-Recht steht auf der Tagesordnung.

“Das heutige Treffen ist der Start einer vertieften, umfassenden und konkreten sektoriellen Kooperation zwischen unseren beiden Institutionen”, sagte Metsola. Die Ukraine werde im Europaparlament immer einen Freund und Verbündeten finden. “Meine Hoffnung ist, dass die Beitrittsverhandlungen noch in diesem Jahr beginnen können“, fügte sie hinzu.

Metsola war im April 2022 als erste EU-Politikerin in das damals noch umkämpfte Kiew gereist. Für Fortschritte beim EU-Beitritt ist sie jedoch auf die EU-Kommission angewiesen. Die Brüsseler Behörde will im Herbst eine Bewertung der Reformfortschritte vorlegen. Auf dieser Grundlage wollen die EU-Staaten dann über das weitere Vorgehen entscheiden. ebo

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Italien ruft Notstand wegen Migration aus und nimmt EU in die Pflicht

Die italienische Regierung sieht die EU in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass weniger Migranten über die Mittelmeerroute ins Land kommen. Nachdem das Kabinett am Dienstag einen landesweiten Notstand angesichts der steigenden Zahlen ausgerufen hatte, sagte der Minister für Katastrophenschutz, Nello Musumeci: “Es muss klar sein, dass der Notstand das Problem nicht löst.” Nur ein “bewusstes und verantwortungsvolles Eingreifen der Europäischen Union” könne zur Bewältigung beitragen. Mit dem Notstand könne die Regierung zunächst allerdings einfacher Gelder und Hilfsmittel frei machen. Die Regierung erwartet laut einer Mitteilung in den kommenden Monaten eine weitere Zunahme der Ankünfte von Migranten.

Die EU-Kommission kündigte an, die Details des Notstands zu prüfen. Man sei eng mit den italienischen Behörden in Kontakt, sagte eine Sprecherin. Zugleiche gebe es schon jetzt ein breites Spektrum an Unterstützung für das Land. Die Sprecherin nannte etwa Hilfe durch EU-Behörden wie Frontex oder Europol vor Ort. Außerdem erhalte Italien am meisten Geld aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU.

Der Notstand gilt nach Angaben der Regierung für sechs Monate und soll die besonders betroffenen Regionen im Süden entlasten. Dafür würden zunächst fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt, hieß es weiter. Das Geld soll demnach aus dem Fonds für nationale Notfälle bereitgestellt werden. Es sollen zudem einfacher neue Aufnahmezentren für Flüchtlinge errichtet werden können. Üblicherweise wird zu dieser Maßnahme gegriffen, um auf Naturkatastrophen zu reagieren, wie etwa Erdbeben oder Dürre-Rekorde im Sommer 2022.

Italien diskutiert seit geraumer Zeit über die Ankunft Tausender Bootsmigranten. Unter den EU-Mitgliedstaaten gibt es seit Jahren Streit in der Frage der Verteilung der Schutzsuchenden. Das Innenministerium in Rom registrierte in diesem Jahr bereits mehr als 31 000 Menschen, die auf Booten Italien erreichten oder im Mittelmeer gerettet und an Land gebracht wurden – im Vorjahreszeitraum waren es rund 7900. dpa

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Pioneer: Britischer Plan B zu Horizon Europe

Die neue britische Wissenschafts- und Technologieministerin Michelle Donelan war zum Antrittsbesuch bei EU-Kommissarin Mariya Gabriel. Wichtiges Anliegen war ihr die Assoziierung des Vereinigten Königreichs zu Horizon Europe, allerdings möchte man in London auch für ein Scheitern der Verhandlungen gerüstet sein: Laut einer Mitteilung des britischen Ministeriums präferiert man die Anbindung an die EU auf der Grundlage “eines guten Deals für die britischen Forscher, Unternehmen und Steuerzahler”.

Jedoch: “Wenn wir die Assoziierung nicht zu fairen und angemessenen Bedingungen erreichen können, werden wir Pioneer implementieren – unsere mutige, ehrgeizige Alternative.”  

Mit Pioneer – Global Science for Global Good möchte das Vereinigte Königreich seinen Anspruch untermauern, eine “science and technology superpower” zu sein. Entlang von vier Pfeilern sollen – im Falle eines Scheiterns der Gespräche mit der EU – mit dem neuen Programm Förderrichtlinien etabliert werden:   

  • Talent: Hier möchte man Forschende aller Karrierestufen unterstützen und dabei nachhaltiger fördern als vergleichbare EU-Programme. 
  • Innovation: In diesem Bereich sollen unter anderem SRTI (Science, Research and Innovation) “Moonshot Programme” entwickelt und gefördert werden. 
  • Globale Zusammenarbeit: Erweiterung der International Science Partnerships Fund (ISPF) sowie Unterstützung der Third Country Participation in Horizon Europe. 
  • Investitionen in das F&E-System: Über Pioneer sollen große Forschungsinfrastrukturen gefördert werden, die sonst mit EU-Mitteln unterstützt würden. 

Das langfristig angelegte Pioneer-Programm würde nach einer Stakeholderbeteiligung bei Bedarf so schnell wie möglich eingerichtet. Zur Überbrückung besteht derzeit noch der Horizon Europe Guarantee Fund. Das von UK Research and Innovation bereitgestellte Bürgschaftssystem unterstützt Forscher und Innovatoren, die bei Horizont-Europa erfolgreich waren, aber aufgrund der Verzögerungen bei der Assoziierung keine EU-Mittel erhalten können. 

Die Scientific Community in Großbritannien ist sich trotz allem weitgehend einig, dass eine Assoziierung mit Horizon Europe die erste Wahl bleiben sollte. Julia Black, Präsidentin der British Academy, sagte“Für die British Academy und die gesamte Forschungsgemeinschaft hat die Assoziierung des Vereinigten Königreichs an Horizon Europe nach wie vor oberste Priorität.” Sir Adrian Smith, President of the Royal Society, unterstreicht ebenfalls seine Präferenz für eine Assoziierung, fügt jedoch hinzu: “Angesichts der Hürden, die einer Assoziierung im Wege stehen, war es seitens der Regierung klug und notwendig, einen Notfallplan für den Fall des Scheiterns der Gespräche in Betracht zu ziehen.” mw

Eva Kaili in Hausarrest überstellt

Im EU-Korruptionsskandal darf die ehemalige Vizepräsidentin des Europaparlaments, Eva Kaili, das Gefängnis unter Auflagen verlassen. Die Griechin dürfe nach rund vier Monaten im Gefängnis ihre weitere Untersuchungshaft mit elektronischer Überwachung in Hausarrest verbringen, berichteten mehrere Medien am Mittwoch unter Berufung auf Kailis Anwalt und die Staatsanwaltschaft. Sie war in dem Skandal die letzte Verdächtige, die ihre Untersuchungshaft im Gefängnis verbrachte.

In dem Ende vergangenen Jahres öffentlich gewordenen Bestechungsskandal geht es um mutmaßliche Einflussnahme auf Entscheidungen des EU-Parlaments durch die Regierungen von Katar und Marokko. Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten Korruption, Geldwäsche und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor.

Der mutmaßliche Drahtzieher Antonio Panzeri durfte das Gefängnis bereits vergangene Woche verlassen. Er hatte im Januar eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft unterschrieben, in der er umfassende Zusammenarbeit zur Aufklärung des Skandals zusagt. Der belgische Europaabgeordnete Marc Tarabella wurde am Dienstag in den Hausarrest entlassen. Für Kailis Lebensgefährten Francesco Giorgi gilt dies bereits seit Ende Februar. Wegen möglicher Verstrickungen in den Skandal steht zudem der Europarlamentarier Andrea Cozzolino in Neapel unter Hausarrest. dpa

EU-Kommission hat Bedenken bei VMware-Übernahme durch Broadcom

Die EU-Kommission hat Bedenken gegen die geplante Übernahme des Cloud-Spezialisten VMware durch den US-Chipkonzern Broadcom. Man vertrete die vorläufige Auffassung, dass die geplante Übernahme den Wettbewerb auf dem Markt für bestimmte Hardwarekomponenten beschränken könnte, teilte die Kommission am Mittwochabend mit. Einer Prüfung zufolge bestehe das Risiko, dass der US-Konzern Broadcom Wettbewerbern den Zugang zu spezieller Software von VMware verschlechtern könnte und so den Markt gegen deren Hardware abschotten würde. Broadcom hat nun Gelegenheit, Stellung zu nehmen und die Bedenken der Kommission auszuräumen.

Vor knapp einem Jahr war bekanntgeworden, dass der Chipkonzern Broadcom sein Software-Geschäft mit der Übernahme von VMware verstärken will. Broadcom hatte damals 142,5 Dollar pro Aktie geboten, was einen Preis von insgesamt rund 61 Milliarden Dollar (rund 55,5 Mrd. Euro) bedeutete. Broadcom sollte zudem acht Milliarden Dollar an Schulden von VMware übernehmen. VMware ist auf Cloud-basierte Software für Unternehmen spezialisiert und gehörte bis zur Abspaltung 2021 mehrheitlich zum US-Computerkonzern Dell Technologies. dpa

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Presseschau

Das erste Mal: EU Parlament und ukrainische Rada tagen zusammen EURONEWS
Internes Papier: EU-Diplomaten behalten sich Ende der Militärhilfe für Ukraine vor BERLINER-ZEITUNG
Macrons Schatten auf Baerbocks China-Besuch ZEIT
EU-Außenbeauftragter Borrell mit Corona infiziert: China-Reise verschoben MERKUR
EU: Macron steht mit dem Wunsch nach Autonomie nicht allein SUEDDEUTSCHE
EU-Parlament: Abgesetzte Vizepräsidentin Kaili kommt aus dem Gefängnis frei und begibt sich in den Hausarrest DEUTSCHLANDFUNK
EU und USA verurteilen Luftangriffe auf Oppositionelle in Myanmar ZEIT
UN: Zahl toter Geflüchteter im Mittelmeer so hoch wie seit 2017 nicht ZEIT
Notstand: Italien fordert Eingreifen der EU in Flüchtlingsfrage ZEIT
Faeser unter Druck: Innenministerin will Flüchtlingszahlen in Europa stärker begrenzen OZ-ONLINE
Griechischer Regierungschef Mitsotakis fordert Obergrenze für Wirtschaftsflüchtlinge WELT
Frankreich will Leistung seiner Atomkraftwerke steigern N-TV
Studie zu Erneuerbaren Energien: Europäische Union hinkt bei Windkraftausbau hinterher RP-ONLINE
Montenegro will EU-Beitrittsgespräche beschleunigen OSTEXPERTE
Verkehrsinfrastruktur: EU-Kommission wirbt für Quersubventionierung DVZ
EU unterstützt deutsch-polnische Projekte in Vorpommern mit Millionen OSTSEE-ZEITUNG
Oil-spill devastation in Nigeria – and how the EU can fix it EUOBSERVER
EU-Kommission hat Bedenken gegen Milliardenkauf von Broadcom MORGENPOST
EU-Abgeordnete fordern Neuverhandlung des EU-US-Datentransferrahmens EURACTIV
Kontrolle von Online-Inhalten: EU-Abgeordnete will Ausnahmeregelung für Medien EURACTIV
Im Wettlauf mit der KI fällt die EU weiter zurück SUEDDEUTSCHE
Europa bricht mit Sonde “Juice” zum Jupiter auf FAZ
Italien setzt OpenAI Frist im Streit über Datenschutz HANDELSBLATT

Standpunkt

Mit Ressourcenschonung gegen die globalen Umweltkrisen

Von Steffi Lemke
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) reist am Wochenende nach Sapporo zum G7-Umweltministertreffen.

Beim Umweltschutz denken viele Menschen zuerst an saubere Flüsse, blühende Wiesen und Naturschutzgebiete. Beim Klimaschutz hat man Windparks, E-Autos und Wärmepumpen im Kopf. Zweifellos sind erneuerbare Energien und Naturschutz zentrale Bausteine, um unser Land klimaneutral zu machen und die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren. Ein anderer Baustein wird dabei aber – noch – häufig vergessen: die vielen Dinge, die jeden Tag hergestellt, verkauft und verbraucht werden.

Überall dort, wo etwas produziert wird, seien es Turnschuhe, Handys oder Einfamilienhäuser, werden wertvolle Ressourcen verbraucht. Und zwar jedes Jahr mehr. Zwischen 1970 und 2017 hat sich weltweit der Verbrauch natürlicher Ressourcen verdreifacht. Ohne geeignete Maßnahmen würde er sich bis 2060 noch einmal verdoppeln.

Rohstoffe für Güter müssen abgebaut, aus dem Boden gepumpt sowie in vielen Fällen aufwändig vom Gestein getrennt oder mit Chemikalien aufbereitet werden. Sie müssen transportiert, weiterverarbeitet und verpackt werden – alles mit hohem Energieeinsatz und CO₂-Ausstoß und teils massiven Belastungen für Böden, Gewässer, Flora und Fauna. Nach Berechnungen des Weltressourcenrats IRP sind mindestens die Hälfte aller Treibhausgasemissionen und etwa 90 Prozent des Biodiversitätsverlustes und der globalen Wasserprobleme auf die Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen zurückzuführen.

Das Ziel: Stoffkreisläufe wie in der Natur

Wenn wir unsere Wirtschaft klimaneutral und naturverträglich machen wollen, ist die Ressourcenschonung der schlafende Riese. Ihn gilt es zu wecken.

Ziel muss es sein, deutlich weniger Primärrohstoffe zu verbrauchen – also Rohstoffe, die neu in den Wirtschaftskreislauf gelangen – und Stoffkreisläufe zu schließen. Das hat die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vereinbart. Die Natur macht es uns vor, sie ist ein einziger Kreislauf: In einem Wald fallen Blätter auf den Boden. Insekten, Pilze und Mikroorganismen zersetzen sie und bilden so wertvollen Humus, der wieder Bäume und Pflanzen ernährt.

Die Natur sollte uns ein Vorbild sein. Rohstoffe, die bereits im Kreislauf sind, müssen als Sekundärrohstoffe ein zweites, drittes und viertes Leben bekommen. Das geht weit über Recycling hinaus. Produkte müssen von Anfang an so gestaltet werden, dass sie langlebig sind, leicht zu reparieren und zu zerlegen, und ihre Bestandteile verwertbar. Erst dann schließt sich der Kreis zur Kreislaufwirtschaft, die die Ressourcenverschwendung beendet. In Zeiten knapper und teurer Rohstoffe sichern wir damit auch die Widerstands- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft.

Die besondere Verantwortung der G7

Als Umweltministerin setze ich mich dafür ein, bei der Lösung der globalen Umweltkrisen noch stärker auf Ressourcenschutz zu setzen.

Dazu möchte ich unter anderem das anstehende Treffen der G7-Umweltministerinnen und -minister am 15. und 16. April in Japan nutzen. Die großen Industrienationen sind auch die großen Ressourcenverbraucher und stehen damit besonders in der Verantwortung. Im letzten Jahr, unter deutscher Präsidentschaft, haben die G7-Staaten den Zusammenhang zwischen Ressourcenverbrauch und der globalen Dreifachkrise von Biodiversitätsverlust, Klimakrise und Umweltverschmutzung anerkannt. In der Berlin Roadmap haben wir uns auf einen Arbeitsplan für einen schonenderen Umgang mit Ressourcen verständigt.

Grundsätze für Unternehmen: Lieferketten, Produktdesign

Darauf aufbauend wollen wir in Japan Grundsätze für Unternehmen verabschieden. Sie sollen Unternehmen darin unterstützen, Ressourcen einzusparen und den Grundsatz der Kreislaufwirtschaft in ihrer Firmenpolitik zu verwirklichen – denn die Unternehmen sind es, die zum Beispiel durch nachhaltige Lieferketten oder langlebiges Produktdesign ganz praktisch etwas gegen Ressourcenverschwendung tun können.

Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft möchte ich überall dort verankern, wo es um die Bewältigung der großen Umweltkrisen geht: bei den Klimakonferenzen, bei den Weltnaturkonferenzen, bei der Umsetzung der Agenda 2030. Deutschland hat zum Beispiel auf der letzten UN-Klimakonferenz eine Zusammenarbeit zwischen dem Weltklimarat IPCC und dem Weltressourcenrat IRP angestoßen. Diesen Weg werden wir konsequent weitergehen.

Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie

Für Deutschland erarbeitet das Bundesumweltministerium derzeit eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie. Die Strategie schafft einen neuen Rahmen dafür, dass Rohstoffe sparsam genutzt und durch recycelte Materialien ersetzt werden. Einzelheiten werden wir ab April in intensivem Austausch mit den anderen Ressorts und Fachleuten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft diskutieren und entwickeln.

Zur Bekämpfung von Klimakrise, Artenaussterben und Umweltverschmutzung sollten wir alle Hebel nutzen. Der Ressourcenverbrauch ist mit all diesen Krisen untrennbar verknüpft. Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft sind deshalb ein unverzichtbarer Teil ihrer Lösung.

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    in der vergangenen Woche hatte in Luxemburg ein Gericht das nationale Verbot des Wirkstoffs Glyphosat aufgehoben. EU-weit ist Glyphosat somit noch mindestens bis zum 15. Dezember 2023 zugelassen. Wie sich der Einsatz des Pflanzenschutzmittels auf die Mikroorganismen der Erde auswirkt und wie die Chancen für ein EU-weites Verbot von Glyphosat stehen, analysiert Timo Landenberger.

    Die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz hat in den vergangenen Monaten augenscheinlich an Tempo gewonnen. Die Verhandler im Europäischen Parlament müssen einen Weg finden, Angebote wie ChatGPT angemessen zu regulieren. Ein Moratorium, wie es unter anderem Tesla-Gründer Elon Musk gefordert hatte, lehnen sie ab. Corinna Visser hat sich bei den Berichterstattern im Europäischen Parlament umgehört.

    Am Wochenende treffen sich die G7-Umweltminister in Japan. Deutschland setzt den Fokus auf Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft. In die Pflicht nehmen möchte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) dabei die Unternehmen. Sie können “durch nachhaltige Lieferketten oder langlebiges Produktdesign ganz praktisch etwas gegen Ressourcenverschwendung tun“, schreibt Lemke in einem Standpunkt für Table.Media.

    Daheim bleiben muss hingegen Josep Borrell. Eigentlich wollte der EU-Außenbeauftragte heute in Peking ankommen. Doch wegen einer Corona-Infektion hat er seine Reise abgesagt. Er sei positiv auf Covid-19 getestet worden und müsse die Reise deshalb verschieben, schrieb Borrell auf Twitter. Es gehe ihm gut und er habe keine Symptome.

    Ihr
    Matthias Wulff
    Bild von Matthias  Wulff

    Analyse

    Nach Gerichtsurteil: Debatte um Glyphosat-Verbot geht weiter

    Nachdem der luxemburgische Verwaltungsgerichtshof das nationale Verbot des Unkrautvernichters Glyphosat gekippt hat, gewinnt die Debatte um den umstrittenen Wirkstoff auch auf EU-Ebene wieder an Fahrt. Zumal die Reduktion chemischer Pflanzenschutzmittel im Rahmen der Pestizide-Verordnung zu den derzeit umstrittensten Zielen der europäischen Umwelt- und Agrarpolitik gehört.

    Als erstes EU-Mitglied hatte Luxemburg im Januar 2021 ein nationales Glyphosat-Verbot beschlossen. Der Chemiekonzern und Glyphosat-Hersteller Bayer hatte dagegen geklagt und nun auch in zweiter Instanz recht bekommen. Solange der Wirkstoff auf EU-Ebene erlaubt sei, gebe es keinen Grund für einen nationalen Alleingang, hieß es in der Begründung des Gerichts. Demnach stelle Glyphosat “kein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier” dar.

    Toxikologe: nicht nur krebserregend

    Norbert Fraeyman, Toxikologe von der Universität Gent, sieht das anders. Die Frage nach der Schädlichkeit des Wirkstoffs werde zu sehr auf die Karzinogenität beschränkt. Glyphosat sei zwar krebserregend, aber der Faktor tatsächlich um ein Vielfaches geringer als beispielsweise beim Rauchen und in etwa auf derselben Stufe mit Fleischkonsum. Viel wichtiger, aber kaum beachtet seien die negativen Auswirkungen auf das Mikrobiom und damit auf das zentrale Nervensystem. Das habe nicht nur gesundheitliche Folgen für die Menschen, sondern bedrohe auch zahlreiche Insekten- und Vogelarten.

    Im Jahr 2015 hatte die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation Glyphosat als “wahrscheinlich krebserregend” eingestuft und damit eine hitzige Debatte losgetreten. Dennoch ist es heute das am meisten verwendete Herbizid weltweit und genau das sei das Hauptproblem, so Fraeyman. Denn infolge der übermäßigen Verwendung hätten inzwischen zahlreiche Unkräuter Resistenzen gegen den Wirkstoff entwickelt, was in der Landwirtschaft zu einem immer noch stärkeren Einsatz führe.

    “Glyphosat muss im Agrarbereich verboten werden”, fordert der Wissenschaftler. “Und zwar nicht nur, weil es karzinogen ist, sondern aufgrund seines extrem hohen toxischen Gesamtprofils und des Aufwands, der nötig wäre, um die Folgen einzudämmen.”

    Zulassung noch bis 15.12.2023

    2017 stand ein EU-weites Glyphosat-Verbot erstmals auf der Agenda in Brüssel. Eine entsprechende Bürgerinitiative erreichte über eine Million Unterschriften. Doch einige Organisationen, darunter die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), kamen zu der Einschätzung, der Wirkstoff sei unbedenklich. So wurde die Zulassung, auch mit Zustimmung der Bundesregierung, für weitere fünf Jahre erteilt.

    Im Dezember 2022 verlängerte die EU-Kommission nach langem Hin und Her mit den Mitgliedsstaaten die Genehmigung nochmals um ein Jahr bis Mitte Dezember. Der offizielle Grund: Das Prüfungsverfahren für eine erneute Zulassung durch die EFSA war noch nicht abgeschlossen. Mit einem entsprechenden Ergebnis wird im Juli gerechnet, mit einer Abstimmung im Herbst.

    Ob es dann zu einem EU-weiten Verbot von Glyphosat komme, sei zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu beurteilen, sagt die Europaabgeordnete Sarah Wiener (Grüne). Noch sei unter den Mitgliedsstaaten keine mehrheitliche Tendenz absehbar. “Wenn das Verbot in diesem Jahr nicht kommt, dann auf jeden Fall später”. Die Forschung sei eindeutig, Risiko und Schäden für Artenvielfalt und Gesundheit seien untragbar geworden, sagt die Agrarpolitikerin und fordert von der Kommission, das Vorsorgeprinzip zu beachten.

    “Strengstes System der Welt”

    “Europa hat das strengste Zulassungssystem für Pflanzenschutzmittel der Welt”, hält der Industrieverband Agrar dagegen. In Europa zugelassene Pflanzenschutzmittel seien sicher und würden zur Ertrags- und Qualitätssicherung auch dringend benötigt.

    Trotzdem sei die Landwirtschaft bereit, den Einsatz noch weiter zu reduzieren, sagt Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands. Das könne jedoch nur über technische und freiwillige Lösungen funktionieren, keinesfalls über Verbote, die immer zu Konsequenzen im Anbau führten.

    “In diesem Fall bietet sich als Alternative nur an, wieder verstärkt den Pflug einzusetzen. Dies benötigt wiederum viel mehr Energie und führt damit zu einer deutlichen Erhöhung des CO₂-Ausstoßes. Das Verbot dieses Wirkstoffes ist vor dem Hintergrund des Klimawandels also kontraproduktiv”, so Krüsken.

    Die Bundesregierung will dennoch an ihren Verbotsplänen festhalten und Glyphosat gemäß Koalitionsvertrag bis Ende 2023 vom Markt nehmen. “Sollte auf EU-Ebene die Genehmigung verlängert werden, prüfen wir weitere Schritte für ein nationales Anwendungsverbot“, so eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums.

    Schon jetzt gelten in Deutschland seit der Novellierung der Pflanzenschutzverordnung im Herbst 2021 strenge Regeln zur Anwendung von Glyphosat. So darf das Herbizid in der Landwirtschaft nur eingesetzt werden, wenn andere Maßnahmen nicht durchgeführt werden können. In Garten- oder Parkanlagen ist die Anwendung bereits verboten.

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    Parlament will Allzweck-KI in AI Act einfügen

    Die Verhandler, die sich im Europäischen Parlament mit dem AI Act befassen, lehnen ein Moratorium über die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz ab. Elon Musk und andere Prominente hatten in einem offenen Brief eine sechsmonatige Entwicklungspause für KI gefordert. Anlass dazu gab die rasante Entwicklung etwa bei großen Sprachmodellen (LLM) wie ChatGPT.

    Allerdings wollen die Berichterstatter Allzweck-KI (General Purpose AI, GPAI) oder genauer leistungsstarke Grundmodelle, zu denen auch ChatGPT zählt, noch in den AI Act mit aufnehmen. Für eine Einigung bleibt aber nur wenig Zeit, wenn die Abstimmung in den Ausschüssen (IMCO und LIBE) am 26. April wie geplant stattfinden soll.

    Kein Moratorium für die Entwicklung von KI

    “Von ein Moratorium halte ich nichts, weil wir damit die Realität ignorieren”, sagt etwa Axel Voss, Schattenberichterstatter für die EVP. Wenn die Entwicklung im Westen jetzt stoppe, werde sie im Osten dieser Welt weitergehen. Deshalb könne man nicht einfach den Kopf in den Sand stecken. “Wir müssen uns auch als Gesetzgeber mehr am Riemen reißen und einfach schneller agieren oder zumindest eine Richtung vorgeben, wo die Entwicklung von KI hingehen soll”, meint Voss. “Eine Pause wird nicht funktionieren.”

    Ausnahmsweise ist Sergey Lagodinsky, Schattenberichterstatter der Grünen/EFA, hier mit ihm einig. Lagodinsky hält die Forderungen nach einem Moratorium für populistisch und sieht keinen Grund, ihr zu folgen. “Wir wollen KI regulieren, und zwar so regulieren, dass wir auch nachlegen können, sollte das nötig sein.”

    Allzweck-KI passt nicht in die Systematik des AI Act

    Doch wenn es zum Beispiel um die Regulierung von GPAI geht, gibt es eine Schwierigkeit. Eigentlich passt Allzweck-KI nicht in die Systematik des Gesetzes, und die Kommission hatte sie in ihrem Vorschlag auch nicht vorgesehen. Denn der AI Act verfolgt einen risikobasierten Ansatz.

    Besonders schädliche KI-Praktiken, die gegen die Werte der Union verstoßen, sind verboten. Anwendungen von KI-Systemen, von denen hohe Risiken für die Grundrechte und die Sicherheit ausgehen, sind erlaubt, unterliegen aber der Regulierung. Für andere KI-Systeme, die kein hohes Risiko darstellen, gelten nur Transparenzpflichten. Die Verpflichtungen hängen also mit dem Anwendungsfall zusammen, GPAI ist jedoch definitionsgemäß auf keine bestimmte Anwendung reduziert.

    Wie genau die Berichterstatter Brando Benifei (S&D) und Dragoş Tudorache (Renew) leistungsstarke Grundmodelle nun in die Regulierung einbauen wollen, ist noch offen. “Wir werden eine Reihe von Regeln vorschlagen”, heißt es aus dem Umfeld. Welche das sein werden, wissen auch die Schattenberichterstatter noch nicht.

    Keine eigene Kategorie für ChatGPT und andere

    Die Grünen, sagt Lagodinsky, wollten GPAI von Beginn an in die Regulierung mit aufnehmen. “Die Berichterstatter und die anderen Fraktionen wollten das gar nicht adressieren – bis ChatGPT kam”, erinnert er sich. Sein ursprünglicher Vorschlag sah vor, Grundmodelle, die nachvollziehbar und voraussehbar im Hochrisikobereich zum Einsatz kommen, als Hochrisikotechnologie zu behandeln. “Ich möchte noch einmal betonen, bei Hochrisiko geht es ja nicht um Verbot, sondern um Transparenz- und Dokumentationspflichten“, sagt Lagodinsky. Das werde oft verwechselt.

    Für GPAI eine eigene Kategorie in der Verordnung zu schaffen, wie oft in der öffentlichen Debatte gefordert, hält Voss für übertrieben. “Natürlich können wir uns über die Gefährlichkeit von ChatGPT unterhalten”, sagt Voss. Seine Fragen an den Entwickler OpenAI hat Voss in einem offenen Brief formuliert.

    Aber bei der Gesetzgebung könne es das Parlament doch nicht dem Zufall überlassen, was gerade zu dem Zeitpunkt veröffentlicht wurde und was deswegen ins Gesetz komme oder nicht. “Sondern was wir festlegen, muss generell gelten.”

    GPAI steht erst einmal nicht auf der Tagesordnung

    Experten müssten entscheiden, ob ChatGPT eine KI mit hohem Risiko sei oder nicht. “Wir geben nur den Rahmen vor, an dem die Entwickler sich orientieren sollen”, sagt Voss. “Wir werden uns nicht jede einzelne Anwendung vornehmen, was ich schon bei der Gesichtserkennung für problematisch empfinde.”

    Bei GPAI gehe es darum, eine faire Lastenteilung zu erreichen. Wenn das Grundmodell selbst noch keine Hochrisikoanwendung darstelle, so sei es doch möglich, eine Hochrisikoanwendung darauf aufzubauen. “Die Betreiber brauchen dann die Information vom Entwickler des Grundmodells, um die Anforderungen aus dem AI Act zu erfüllen.”

    Doch Allzweck-KI ist nicht der einzige offene Diskussionspunkt. “Ich sehe noch viele offene Baustellen“, sagt Lagodinsky. Auf der Tagesordnung des Shadows Meeting am heutigen Donnerstag stehen:

    • Begriffsbestimmungen und Schlussbestimmungen
    • Pflichten der Nutzer von Hochrisiko-KI-Systemen
    • Normen und Spezifikationen
    • Governance
    • Durchsetzung
    • Klassifizierung von Hochrisikosystemen
    • Verbotene Praktiken

    Kommende Woche sind noch zwei weitere Treffen der Schattenberichterstatter angesetzt. Dann müssen die Verhandlungen – auch zu Allzweck-KI – abgeschlossen werden, um den Zeitplan zu halten.

    “Atmende Gesetze” zur KI

    “Ich persönlich gehe mit einem großen Fortschritts- und Innovationsoptimismus an die Sache ran”, erklärt Lagodinsky. Es gehe eben nicht darum, die Anwendung von KI zu verbieten. “Wir sollten genauer schauen, in welche Richtung die Entwicklungen gehen und reaktionsfähig bleiben, um das Gesetz in Zukunft weiterzuentwickeln und anzupassen.” Dies sei durchaus möglich, etwa über die Klassifizierung der Hochrisikosysteme im Anhang. Der Anhang, den die Kommission ergänzen könne, öffne ein “Fenster für exekutive Flexibilität“.

    Auch hier äußert sich Voss ähnlich: “Bei digitalen Entwicklungen brauchen wir eher atmende Dokumente, die eine gewisse Flexibilität haben, bei der die Problemreduzierung auch zwischendurch mal erfolgen sollte.” Er meint zudem, der Gesetzgeber solle nicht immer in Regulierung denken, sondern vielleicht auch in Guidelines. Auch diese könne man parlamentarisch absichern. “Es sollte ja nicht an Legitimation fehlen”, meint Voss. “Aber so, wie wir es bislang handhaben, sind wir viel zu langsam.”

    Voss hat auch bereits einen Vorschlag für die kommende Legislatur: “Wir müssen darüber nachdenken, wie man all diese ganzen Governance-Anforderungen aus KI, Datenschutz, DSA und DMA, aus Data Governance und Data Act zusammenführt“, fordert Voss. Alles isoliert zu betrachten, ergebe keinen Sinn. “Wir brauchen einen horizontalen Ansatz, um festzulegen, was geht und was nicht.”

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    • Digitalpolitik
    • Künstliche Intelligenz-Verordnung

    Termine

    14.04.-16.04.2023, Straßburg (Frankreich)
    KAS, Seminar Frankreich: Atommacht in Europa
    Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) beschäftigt sich mit der aktuellen politischen Situation in Frankreich. INFOS & ANMELDUNG

    14.04.-16.04.2023, Bonn
    FES, Seminar Konfliktfeld Energie- und Klimapolitik: Die EU zwischen Klimakrise und ökonomischen Zukunftsmärkten
    Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) setzt sich damit auseinander, unter welchen Bedingungen die Klimakrise sowohl ökonomisch als auch gesellschaftlich bewältigt werden kann und welche Chancen sich daraus für den Zusammenhalt innerhalb der EU ergeben. INFOS & ANMELDUNG

    14.04.2023 – 09:00-10:00 Uhr, online
    BDI, Diskussion Europas Platz in der Welt: Strategische Offenheit & europäische Autonomie
    Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) diskutiert über die handelspolitischen Instrumente, die Europa zur Durchsetzung seiner Interessen benötigt. INFOS & ANMELDUNG

    14.04.2023 – 10:30-12:00 Uhr, online
    KAS, Vortrag Der Europäische Emissionshandel – Herzstück der europäischen Klimapolitik: kosteneffizient und wirksam
    Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert die Reform des Europäischen Emissionshandels. INFOS & ANMELDUNG

    17.04.-21.04.2023, Straßburg (Frankreich)
    Akademie Frankenwarte, Seminar Europa vor Ort erleben: Wie gelingt der europäische Einigungsprozess in unruhigen Zeiten?
    Die Akademie Frankenwarte thematisiert das Grundverständnis der europäischen Institutionen und diskutiert Perspektiven des europäischen Zusammenlebens. INFOS & ANMELDUNG

    18.04.-04.07.2023, online
    FSR, Seminar The EU Green Deal
    The Florence School of Regulation (FSR) provides an overview of the most recent developments in energy and climate policy in the EU. INFOS & REGISTRATION

    18.04.-19.04.2023, Lissabon (Portugal)
    Conference Green Hydrogen Summit
    This event educates on how to take advantage of the opportunities Green Hydrogen will offer financially and environmentally and provides the connections to make it possible. INFOS & REGISTRATION

    18.04.2023 – 10:00-16:30 Uhr, online
    BDE, Seminar Grenzüberschreitende Abfallverbringung
    Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) stellt die Grundlagen und Änderungen im europäischen und nationalen Abfallverbringungsrecht vor. INFOS & ANMELDUNG

    18.04.2023 – 10:15-10:45 Uhr, Bergamo (Italien)
    Conference Creating the Regulatory Frameworks to Enable the EU to Deliver on Waste Targets
    This conference addresses the EU Waste targets. INFOS & REGISTRATION

    18.04.2023 – 19:00-20:30 Uhr, Frankfurt am Main
    FNF, Podiumsdiskussion Krieg in Europa: Desinformation und Propaganda Russlands im Krieg gegen die Ukraine
    Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) thematisiert Vorgehens- und Wirkungsweisen russischer Propaganda in zwei unterschiedlichen Regionen sowie Strategien der Gegenwehr. INFOS & ANMELDUNG

    News

    Bundesregierung will EU-weite Liberalisierung von Cannabis

    Nachdem die deutschen Pläne für die Cannabis-Legalisierung einer Prüfung durch die EU-Kommission nicht standgehalten hatten, plant Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nun wissenschaftlich begleitete Modellprojekte für den Verkauf. Sie sollen auch andere EU-Staaten von einer liberalen Cannabis-Politik überzeugen. In Brüssel will die Bundesregierung künftig zudem für eine Überarbeitung der EU-Gesetze werben.

    Die Ampelkoalition hatte sich im Koalitionsvertrag eine Legalisierung von Cannabis vorgenommen und die Eckpunkte im Oktober vorgelegt. Damit sollte der Verkauf von Cannabis in zertifizierten Geschäften möglich werden. Das neue Gesetz hätte einer Notifizierung durch die EU-Kommission bedurft. Deshalb habe er die Eckpunkte der Kommission vorab zur Prüfung vorgelegt, sagte Lauterbach am Mittwoch in Berlin. Auf Grundlage der Gespräche im November habe er entschieden, die Eckpunkte noch einmal zu überarbeiten – und zwar mit Blick auf die gesamte EU, betonte Lauterbach.

    Unterstützer für deutschen Kurs

    Die Bundesregierung plant laut dem Minister eine konzertierte Aktion, um andere europäische Staaten für einen liberaleren Kurs in Sachen Cannabis zu gewinnen. Es gebe einige, die so dächten, wie Deutschland und für die der deutsche Weg ein Vorbild sein könnte. Ob schon Länder ihre Unterstützung schon signalisiert hätten, wollte Lauterbach nicht preisgeben. “Wir bewegen uns im Strafrecht“, sagte er. “Da genügt es, wenn sich sieben Länder auf eine Änderung einigen”. Deshalb sei er zuversichtlich.

    Die geplante weitreichende Legalisierung wird in Deutschland fürs Erste nicht kommen. Das habe der europäische und internationale Rahmen nicht zugelassen. Stattdessen will die Bundesregierung in einem ersten Gesetz nach der Sommerpause Volljährigen erlauben, bis zu 25 Gramm zu besitzen beziehungsweise drei Pflanzen Cannabis privat anzubauen. Auch nicht-kommerziellen Vereine mit maximal 500 Mitgliedern sollen zu Genusszwecken anbauen und an die Mitglieder abgeben dürfen.

    Der Verkauf in Geschäften soll im Rahmen des Modellprojekts zunächst nur regional zugelassen werden. Die wissenschaftliche Auswertung soll – wenn möglich – Argumente für Gesetzesänderungen in Deutschland und der gesamten EU liefern. “Das ist eine Gelegenheit, die europäische Cannabis-Politik auf Grundlage evidenzbasierter Erkenntnisse weiterzuentwickeln”, sagte Lauterbach. vew

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    • Europapolitik

    Ukraine: Metsola drängt auf schnelle Beitrittsgespräche

    Das Europaparlament und das Parlament der Ukraine, die Werchowna Rada, wollen gemeinsam den geplanten EU-Beitritt des Landes begleiten. Zum Auftakt ihrer ungewöhnlichen Zusammenarbeit hielten beide Kammern am Mittwoch in Brüssel eine gemeinsame Sitzung ab. Das Treffen wurde von EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und ihrem ukrainischen Amtskollegen Ruslan Stefanchuk geleitet.

    Die EU hatte der Ukraine im Juni 2022 den Kandidatenstatus verliehen. Allerdings ist der eigentliche Beitrittsprozess noch nicht eröffnet, dazu bedarf es eines weiteren einstimmigen Beschlusses aller 27 Mitgliedsländer. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte bei seinem Besuch in Brüssel im Februar einen Start der Beitrittskonferenz noch in diesem Jahr verlangt. Allerdings hat die Ukraine noch nicht alle Bedingungen erfüllt.

    Um den Prozess zu beschleunigen, wollen die Abgeordneten der EU und der Ukraine eng zusammenarbeiten. Man werde über den “Wiederaufbau einer europäischen Ukraine” und den Ablauf des EU-Beitrittsverfahrens sprechen, hieß es bei der ersten Sitzung in Brüssel. Im Mittelpunkt sollen die Wirtschaftspolitik, die Rechtsstaatlichkeit und die Korruptionsbekämpfung stehen. Auch die Angleichung an das EU-Recht steht auf der Tagesordnung.

    “Das heutige Treffen ist der Start einer vertieften, umfassenden und konkreten sektoriellen Kooperation zwischen unseren beiden Institutionen”, sagte Metsola. Die Ukraine werde im Europaparlament immer einen Freund und Verbündeten finden. “Meine Hoffnung ist, dass die Beitrittsverhandlungen noch in diesem Jahr beginnen können“, fügte sie hinzu.

    Metsola war im April 2022 als erste EU-Politikerin in das damals noch umkämpfte Kiew gereist. Für Fortschritte beim EU-Beitritt ist sie jedoch auf die EU-Kommission angewiesen. Die Brüsseler Behörde will im Herbst eine Bewertung der Reformfortschritte vorlegen. Auf dieser Grundlage wollen die EU-Staaten dann über das weitere Vorgehen entscheiden. ebo

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    • Europäisches Parlament

    Italien ruft Notstand wegen Migration aus und nimmt EU in die Pflicht

    Die italienische Regierung sieht die EU in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass weniger Migranten über die Mittelmeerroute ins Land kommen. Nachdem das Kabinett am Dienstag einen landesweiten Notstand angesichts der steigenden Zahlen ausgerufen hatte, sagte der Minister für Katastrophenschutz, Nello Musumeci: “Es muss klar sein, dass der Notstand das Problem nicht löst.” Nur ein “bewusstes und verantwortungsvolles Eingreifen der Europäischen Union” könne zur Bewältigung beitragen. Mit dem Notstand könne die Regierung zunächst allerdings einfacher Gelder und Hilfsmittel frei machen. Die Regierung erwartet laut einer Mitteilung in den kommenden Monaten eine weitere Zunahme der Ankünfte von Migranten.

    Die EU-Kommission kündigte an, die Details des Notstands zu prüfen. Man sei eng mit den italienischen Behörden in Kontakt, sagte eine Sprecherin. Zugleiche gebe es schon jetzt ein breites Spektrum an Unterstützung für das Land. Die Sprecherin nannte etwa Hilfe durch EU-Behörden wie Frontex oder Europol vor Ort. Außerdem erhalte Italien am meisten Geld aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU.

    Der Notstand gilt nach Angaben der Regierung für sechs Monate und soll die besonders betroffenen Regionen im Süden entlasten. Dafür würden zunächst fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt, hieß es weiter. Das Geld soll demnach aus dem Fonds für nationale Notfälle bereitgestellt werden. Es sollen zudem einfacher neue Aufnahmezentren für Flüchtlinge errichtet werden können. Üblicherweise wird zu dieser Maßnahme gegriffen, um auf Naturkatastrophen zu reagieren, wie etwa Erdbeben oder Dürre-Rekorde im Sommer 2022.

    Italien diskutiert seit geraumer Zeit über die Ankunft Tausender Bootsmigranten. Unter den EU-Mitgliedstaaten gibt es seit Jahren Streit in der Frage der Verteilung der Schutzsuchenden. Das Innenministerium in Rom registrierte in diesem Jahr bereits mehr als 31 000 Menschen, die auf Booten Italien erreichten oder im Mittelmeer gerettet und an Land gebracht wurden – im Vorjahreszeitraum waren es rund 7900. dpa

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    Pioneer: Britischer Plan B zu Horizon Europe

    Die neue britische Wissenschafts- und Technologieministerin Michelle Donelan war zum Antrittsbesuch bei EU-Kommissarin Mariya Gabriel. Wichtiges Anliegen war ihr die Assoziierung des Vereinigten Königreichs zu Horizon Europe, allerdings möchte man in London auch für ein Scheitern der Verhandlungen gerüstet sein: Laut einer Mitteilung des britischen Ministeriums präferiert man die Anbindung an die EU auf der Grundlage “eines guten Deals für die britischen Forscher, Unternehmen und Steuerzahler”.

    Jedoch: “Wenn wir die Assoziierung nicht zu fairen und angemessenen Bedingungen erreichen können, werden wir Pioneer implementieren – unsere mutige, ehrgeizige Alternative.”  

    Mit Pioneer – Global Science for Global Good möchte das Vereinigte Königreich seinen Anspruch untermauern, eine “science and technology superpower” zu sein. Entlang von vier Pfeilern sollen – im Falle eines Scheiterns der Gespräche mit der EU – mit dem neuen Programm Förderrichtlinien etabliert werden:   

    • Talent: Hier möchte man Forschende aller Karrierestufen unterstützen und dabei nachhaltiger fördern als vergleichbare EU-Programme. 
    • Innovation: In diesem Bereich sollen unter anderem SRTI (Science, Research and Innovation) “Moonshot Programme” entwickelt und gefördert werden. 
    • Globale Zusammenarbeit: Erweiterung der International Science Partnerships Fund (ISPF) sowie Unterstützung der Third Country Participation in Horizon Europe. 
    • Investitionen in das F&E-System: Über Pioneer sollen große Forschungsinfrastrukturen gefördert werden, die sonst mit EU-Mitteln unterstützt würden. 

    Das langfristig angelegte Pioneer-Programm würde nach einer Stakeholderbeteiligung bei Bedarf so schnell wie möglich eingerichtet. Zur Überbrückung besteht derzeit noch der Horizon Europe Guarantee Fund. Das von UK Research and Innovation bereitgestellte Bürgschaftssystem unterstützt Forscher und Innovatoren, die bei Horizont-Europa erfolgreich waren, aber aufgrund der Verzögerungen bei der Assoziierung keine EU-Mittel erhalten können. 

    Die Scientific Community in Großbritannien ist sich trotz allem weitgehend einig, dass eine Assoziierung mit Horizon Europe die erste Wahl bleiben sollte. Julia Black, Präsidentin der British Academy, sagte“Für die British Academy und die gesamte Forschungsgemeinschaft hat die Assoziierung des Vereinigten Königreichs an Horizon Europe nach wie vor oberste Priorität.” Sir Adrian Smith, President of the Royal Society, unterstreicht ebenfalls seine Präferenz für eine Assoziierung, fügt jedoch hinzu: “Angesichts der Hürden, die einer Assoziierung im Wege stehen, war es seitens der Regierung klug und notwendig, einen Notfallplan für den Fall des Scheiterns der Gespräche in Betracht zu ziehen.” mw

    Eva Kaili in Hausarrest überstellt

    Im EU-Korruptionsskandal darf die ehemalige Vizepräsidentin des Europaparlaments, Eva Kaili, das Gefängnis unter Auflagen verlassen. Die Griechin dürfe nach rund vier Monaten im Gefängnis ihre weitere Untersuchungshaft mit elektronischer Überwachung in Hausarrest verbringen, berichteten mehrere Medien am Mittwoch unter Berufung auf Kailis Anwalt und die Staatsanwaltschaft. Sie war in dem Skandal die letzte Verdächtige, die ihre Untersuchungshaft im Gefängnis verbrachte.

    In dem Ende vergangenen Jahres öffentlich gewordenen Bestechungsskandal geht es um mutmaßliche Einflussnahme auf Entscheidungen des EU-Parlaments durch die Regierungen von Katar und Marokko. Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten Korruption, Geldwäsche und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor.

    Der mutmaßliche Drahtzieher Antonio Panzeri durfte das Gefängnis bereits vergangene Woche verlassen. Er hatte im Januar eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft unterschrieben, in der er umfassende Zusammenarbeit zur Aufklärung des Skandals zusagt. Der belgische Europaabgeordnete Marc Tarabella wurde am Dienstag in den Hausarrest entlassen. Für Kailis Lebensgefährten Francesco Giorgi gilt dies bereits seit Ende Februar. Wegen möglicher Verstrickungen in den Skandal steht zudem der Europarlamentarier Andrea Cozzolino in Neapel unter Hausarrest. dpa

    EU-Kommission hat Bedenken bei VMware-Übernahme durch Broadcom

    Die EU-Kommission hat Bedenken gegen die geplante Übernahme des Cloud-Spezialisten VMware durch den US-Chipkonzern Broadcom. Man vertrete die vorläufige Auffassung, dass die geplante Übernahme den Wettbewerb auf dem Markt für bestimmte Hardwarekomponenten beschränken könnte, teilte die Kommission am Mittwochabend mit. Einer Prüfung zufolge bestehe das Risiko, dass der US-Konzern Broadcom Wettbewerbern den Zugang zu spezieller Software von VMware verschlechtern könnte und so den Markt gegen deren Hardware abschotten würde. Broadcom hat nun Gelegenheit, Stellung zu nehmen und die Bedenken der Kommission auszuräumen.

    Vor knapp einem Jahr war bekanntgeworden, dass der Chipkonzern Broadcom sein Software-Geschäft mit der Übernahme von VMware verstärken will. Broadcom hatte damals 142,5 Dollar pro Aktie geboten, was einen Preis von insgesamt rund 61 Milliarden Dollar (rund 55,5 Mrd. Euro) bedeutete. Broadcom sollte zudem acht Milliarden Dollar an Schulden von VMware übernehmen. VMware ist auf Cloud-basierte Software für Unternehmen spezialisiert und gehörte bis zur Abspaltung 2021 mehrheitlich zum US-Computerkonzern Dell Technologies. dpa

    • Digitalpolitik

    Presseschau

    Das erste Mal: EU Parlament und ukrainische Rada tagen zusammen EURONEWS
    Internes Papier: EU-Diplomaten behalten sich Ende der Militärhilfe für Ukraine vor BERLINER-ZEITUNG
    Macrons Schatten auf Baerbocks China-Besuch ZEIT
    EU-Außenbeauftragter Borrell mit Corona infiziert: China-Reise verschoben MERKUR
    EU: Macron steht mit dem Wunsch nach Autonomie nicht allein SUEDDEUTSCHE
    EU-Parlament: Abgesetzte Vizepräsidentin Kaili kommt aus dem Gefängnis frei und begibt sich in den Hausarrest DEUTSCHLANDFUNK
    EU und USA verurteilen Luftangriffe auf Oppositionelle in Myanmar ZEIT
    UN: Zahl toter Geflüchteter im Mittelmeer so hoch wie seit 2017 nicht ZEIT
    Notstand: Italien fordert Eingreifen der EU in Flüchtlingsfrage ZEIT
    Faeser unter Druck: Innenministerin will Flüchtlingszahlen in Europa stärker begrenzen OZ-ONLINE
    Griechischer Regierungschef Mitsotakis fordert Obergrenze für Wirtschaftsflüchtlinge WELT
    Frankreich will Leistung seiner Atomkraftwerke steigern N-TV
    Studie zu Erneuerbaren Energien: Europäische Union hinkt bei Windkraftausbau hinterher RP-ONLINE
    Montenegro will EU-Beitrittsgespräche beschleunigen OSTEXPERTE
    Verkehrsinfrastruktur: EU-Kommission wirbt für Quersubventionierung DVZ
    EU unterstützt deutsch-polnische Projekte in Vorpommern mit Millionen OSTSEE-ZEITUNG
    Oil-spill devastation in Nigeria – and how the EU can fix it EUOBSERVER
    EU-Kommission hat Bedenken gegen Milliardenkauf von Broadcom MORGENPOST
    EU-Abgeordnete fordern Neuverhandlung des EU-US-Datentransferrahmens EURACTIV
    Kontrolle von Online-Inhalten: EU-Abgeordnete will Ausnahmeregelung für Medien EURACTIV
    Im Wettlauf mit der KI fällt die EU weiter zurück SUEDDEUTSCHE
    Europa bricht mit Sonde “Juice” zum Jupiter auf FAZ
    Italien setzt OpenAI Frist im Streit über Datenschutz HANDELSBLATT

    Standpunkt

    Mit Ressourcenschonung gegen die globalen Umweltkrisen

    Von Steffi Lemke
    Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) reist am Wochenende nach Sapporo zum G7-Umweltministertreffen.

    Beim Umweltschutz denken viele Menschen zuerst an saubere Flüsse, blühende Wiesen und Naturschutzgebiete. Beim Klimaschutz hat man Windparks, E-Autos und Wärmepumpen im Kopf. Zweifellos sind erneuerbare Energien und Naturschutz zentrale Bausteine, um unser Land klimaneutral zu machen und die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren. Ein anderer Baustein wird dabei aber – noch – häufig vergessen: die vielen Dinge, die jeden Tag hergestellt, verkauft und verbraucht werden.

    Überall dort, wo etwas produziert wird, seien es Turnschuhe, Handys oder Einfamilienhäuser, werden wertvolle Ressourcen verbraucht. Und zwar jedes Jahr mehr. Zwischen 1970 und 2017 hat sich weltweit der Verbrauch natürlicher Ressourcen verdreifacht. Ohne geeignete Maßnahmen würde er sich bis 2060 noch einmal verdoppeln.

    Rohstoffe für Güter müssen abgebaut, aus dem Boden gepumpt sowie in vielen Fällen aufwändig vom Gestein getrennt oder mit Chemikalien aufbereitet werden. Sie müssen transportiert, weiterverarbeitet und verpackt werden – alles mit hohem Energieeinsatz und CO₂-Ausstoß und teils massiven Belastungen für Böden, Gewässer, Flora und Fauna. Nach Berechnungen des Weltressourcenrats IRP sind mindestens die Hälfte aller Treibhausgasemissionen und etwa 90 Prozent des Biodiversitätsverlustes und der globalen Wasserprobleme auf die Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen zurückzuführen.

    Das Ziel: Stoffkreisläufe wie in der Natur

    Wenn wir unsere Wirtschaft klimaneutral und naturverträglich machen wollen, ist die Ressourcenschonung der schlafende Riese. Ihn gilt es zu wecken.

    Ziel muss es sein, deutlich weniger Primärrohstoffe zu verbrauchen – also Rohstoffe, die neu in den Wirtschaftskreislauf gelangen – und Stoffkreisläufe zu schließen. Das hat die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vereinbart. Die Natur macht es uns vor, sie ist ein einziger Kreislauf: In einem Wald fallen Blätter auf den Boden. Insekten, Pilze und Mikroorganismen zersetzen sie und bilden so wertvollen Humus, der wieder Bäume und Pflanzen ernährt.

    Die Natur sollte uns ein Vorbild sein. Rohstoffe, die bereits im Kreislauf sind, müssen als Sekundärrohstoffe ein zweites, drittes und viertes Leben bekommen. Das geht weit über Recycling hinaus. Produkte müssen von Anfang an so gestaltet werden, dass sie langlebig sind, leicht zu reparieren und zu zerlegen, und ihre Bestandteile verwertbar. Erst dann schließt sich der Kreis zur Kreislaufwirtschaft, die die Ressourcenverschwendung beendet. In Zeiten knapper und teurer Rohstoffe sichern wir damit auch die Widerstands- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft.

    Die besondere Verantwortung der G7

    Als Umweltministerin setze ich mich dafür ein, bei der Lösung der globalen Umweltkrisen noch stärker auf Ressourcenschutz zu setzen.

    Dazu möchte ich unter anderem das anstehende Treffen der G7-Umweltministerinnen und -minister am 15. und 16. April in Japan nutzen. Die großen Industrienationen sind auch die großen Ressourcenverbraucher und stehen damit besonders in der Verantwortung. Im letzten Jahr, unter deutscher Präsidentschaft, haben die G7-Staaten den Zusammenhang zwischen Ressourcenverbrauch und der globalen Dreifachkrise von Biodiversitätsverlust, Klimakrise und Umweltverschmutzung anerkannt. In der Berlin Roadmap haben wir uns auf einen Arbeitsplan für einen schonenderen Umgang mit Ressourcen verständigt.

    Grundsätze für Unternehmen: Lieferketten, Produktdesign

    Darauf aufbauend wollen wir in Japan Grundsätze für Unternehmen verabschieden. Sie sollen Unternehmen darin unterstützen, Ressourcen einzusparen und den Grundsatz der Kreislaufwirtschaft in ihrer Firmenpolitik zu verwirklichen – denn die Unternehmen sind es, die zum Beispiel durch nachhaltige Lieferketten oder langlebiges Produktdesign ganz praktisch etwas gegen Ressourcenverschwendung tun können.

    Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft möchte ich überall dort verankern, wo es um die Bewältigung der großen Umweltkrisen geht: bei den Klimakonferenzen, bei den Weltnaturkonferenzen, bei der Umsetzung der Agenda 2030. Deutschland hat zum Beispiel auf der letzten UN-Klimakonferenz eine Zusammenarbeit zwischen dem Weltklimarat IPCC und dem Weltressourcenrat IRP angestoßen. Diesen Weg werden wir konsequent weitergehen.

    Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie

    Für Deutschland erarbeitet das Bundesumweltministerium derzeit eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie. Die Strategie schafft einen neuen Rahmen dafür, dass Rohstoffe sparsam genutzt und durch recycelte Materialien ersetzt werden. Einzelheiten werden wir ab April in intensivem Austausch mit den anderen Ressorts und Fachleuten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft diskutieren und entwickeln.

    Zur Bekämpfung von Klimakrise, Artenaussterben und Umweltverschmutzung sollten wir alle Hebel nutzen. Der Ressourcenverbrauch ist mit all diesen Krisen untrennbar verknüpft. Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft sind deshalb ein unverzichtbarer Teil ihrer Lösung.

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