die Dichte der Treffen unterstreicht Dringlichkeit und Dramatik der Lage in der Ukraine. Für heute Nachmittag hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg die Verteidigungsminister zu einer virtuellen Krisensitzung des Nato-Ukraine-Rates einberufen. Zugeschaltet ist auch Präsident Wolodymyr Selenskyj, der schon am Mittwoch auf dem Sondergipfel der EU den Staats- und Regierungschefs ins Gewissen geredet hat: Die Ukraine braucht angesichts des russischen Dauerbeschusses dringend mehr Luftabwehrsysteme, wobei der Fokus auf den Patriots ist.
Bundeskanzler Olaf Scholz ist diese Woche mit gutem Beispiel vorangegangen und hat angekündigt, dass Deutschland rasch ein komplettes Exemplar liefern wird. Die Ukraine benötigt nach den Worten des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba aber mindestens sieben zusätzliche Patriotsysteme, um zumindest die wichtigsten Städte und zivilen Infrastrukturen vor russischen Angriffen zu schützen. “Wir arbeiten mit den Verbündeten, um sicherzustellen, dass sie einige ihrer Systeme der Ukraine zur Verfügung stellen”, sagte Jens Stoltenberg gestern beim Treffen der Außenminister der G7-Staaten in Capri.
Man muss sich fragen, weshalb die Verbündeten sich so schwertun, der Ukraine mit dieser ausgesprochenen Defensivwaffe gegen den russischen Raketenterror zu helfen. Der US-Rüstungskonzern Raytheon hat nach eigenen Angaben 240 Abschussvorrichtungen produziert und ausgeliefert, wobei die amerikanischen Streitkräfte das größte Arsenal vorrätig haben. Neben Deutschland verfügen in Europa auch Spanien, Griechenland, die Niederlande, Rumänien, Schweden und Polen über das System.
Der Nato-Generalsekretär dürfte heute seinen dringenden Appell wiederholen, wobei am Montag die Außen- und Verteidigungsminister der EU an der Reihe sind mit ihrem Krisentreffen. Der sonst zurückhaltende Jens Stoltenberg klingt inzwischen immer alarmierter: Jeder Tag der Verzögerung bedeute mehr Tod und Zerstörung in der Ukraine, sagte der Norweger. Und es sei jetzt wichtiger, der Ukraine zu helfen, als die Nato-Vorgaben zur Verteidigung zu erfüllen. Eigenbedarf ist mit anderen Worten keine Entschuldigung mehr für die Verbündeten. Europa wird derzeit in der Ukraine verteidigt.
Kommen Sie gut ins Wochenende!
Es gab eine ganze Reihe von EU-Gesetzesvorhaben, in denen sich Deutschland zuletzt gegen die Mehrheit der Mitgliedstaaten stellte: Bei Lieferkettenrichtlinie, Plattformarbeitsrichtlinie und Zwangsarbeitsverordnung etwa enthielt sich die Ampel-Koalition mangels gemeinsamer Position, bei anderen wie Verpackungsverordnung und CO₂-Flottengrenzwerten für LKW einigten sich SPD, Grüne und FDP erst in letzter Minute. Die strittigen Vorhaben wurden schließlich im Rat beschlossen, notfalls eben ohne Zustimmung des Mitgliedstaates mit dem größten Stimmengewicht.
Die Häufung von deutschen Enthaltungen ist bemerkenswert, wie eine neue Datenbank zeigt. Die Stiftung Wissenschaft und Politik hat darin das Abstimmungsverhalten der nationalen Regierungen in mehr als 1.300 öffentlichen Abstimmungen im EU-Rat erfasst, und zwar seit Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages Ende 2009. Der EU Council Monitor der SWP ist nun hier online verfügbar. Eine erste Auswertung der Daten stellten die Experten der Stiftung Table.Briefings vorab zur Verfügung.
Aktuell erfasst die Datenbank die Abstimmungen bis September 2023 – die Enthaltungen der vergangenen Wochen sind darin also noch nicht berücksichtigt. Künftig soll der EU Council Monitor dann regelmäßig aktualisiert werden.
Die Datenbank zeigt, dass sich Deutschland im Laufe von gut 13 Jahren 34 Mal bei den Abstimmungen enthalten hat und 28 Mal dagegen votierte, also im Durchschnitt jeweils gut zweimal pro Jahr. Die Nein-Stimmen und Enthaltungen häuften sich zur Mitte der Amtszeit von Kanzlerin Angela Merkel, den Höchstwert markiert das Jahr 2013 mit 14 solchen Voten.
Die Ampel-Regierung hatte sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, die europapolitische Koordinierung zu verbessern. SPD, Grüne und FDP konnten diesen Vorsatz zunächst auch umsetzen, jedenfalls gemessen am Abstimmungsverhalten im Rat. In den vergangenen Monaten erreichten die politischen Meinungsverschiedenheiten der drei Koalitionsparteien dann aber auch Brüssel.
Über den gesamten Erfassungszeitraum liegt Deutschland im vorderen Mittelfeld der EU-Staaten, wie eine neue Analyse der SWP-Forschenden Nicolai von Ondarza und Isabella Stürzer zeigt. Lange lag Großbritannien mit weitem Abstand vorne bei Enthaltungen und Nein-Stimmen, 2020 trat das Vereinigte Königreich dann aus der EU aus. Seither führen Ungarn und Polen diese Statistik an, gefolgt von Bulgarien und Österreich. Am anderen Ende des Spektrums finden sich Italien und Frankreich, das in den gut 13 Jahren nur fünfmal von den anderen Mitgliedstaaten überstimmt worden sei.
Mit Blick auf die insgesamt mehr als 1.300 Abstimmungen stellen die SWP-Forschenden aber fest: “Das Überstimmen einzelner Regierungen oder gar größerer Gruppen von Regierungen bleibt eine Seltenheit.” Im Durchschnitt hätten die Mitgliedstaaten bei knapp 83 Prozent der Abstimmungen im Rat einen Konsens ohne Gegenstimmen erzielt, obwohl eine qualifizierte Mehrheit gereicht hätte. Das zeige zum einen, dass die in den Verhandlungen gefundenen Kompromisse in der Regel von allen Mitgliedstaaten mitgetragen werden könnten. Zudem scheuten die nationalen Regierungen es, größere Gruppen von Staaten zu überstimmen.
Die hohe Konsensrate zeigt aus Sicht von Ondarza und Stürzer aber ebenso, “dass Mehrheitsentscheidungen allein keine Lösung für Schwierigkeiten der EU in puncto Handlungsfähigkeit sind”. Auch bei Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit (QMV) können Verhandlungen im Rat lange dauern, wenn die EU-Staaten in große Gruppen gespalten seien.
Insbesondere Kanzler Olaf Scholz setzt sich dafür ein, Mehrheitsentscheidungen auf Gebiete wie die Außen- und Sicherheitspolitik sowie die Steuerpolitik auszudehnen, in denen noch Einstimmigkeit erforderlich ist. Die Bundesregierung initiierte im vergangenen Jahr eine “Freundesgruppe für Qualifizierte Mehrheitsentscheidungen in der Außen- und Sicherheitspolitik der EU”, der inzwischen zehn weitere EU-Staaten angehören.
Um skeptische Regierungen an Bord zu holen, wollen sie die Einführung von QMV zunächst auf begrenzte Politikfelder beschränken, insbesondere auf Beschlüsse über Sanktionen, zivile GSVP-Operationen oder Stellungnahmen zu Menschenrechtsfragen. Dies soll ohne eine Änderung der EU-Verträge geschehen, mithilfe von Brückenklauseln. Um diese zu aktivieren, ist aber wiederum Einstimmigkeit erforderlich.
Ondarza und Stürzer warnen zudem: “Angesichts der eher begrenzten Ausweitung (von QMV) wäre die EU am Ende nicht substanziell handlungsfähiger.” Sie empfehlen, mit Blick auf die mögliche Aufnahme neuer Mitgliedstaaten zusätzlich ein größeres Reformpaket, das die Ausdehnung von Mehrheitsentscheidungen auf ganze neue Politikfelder umfasst. “Dies gäbe der EU einen echten Schub in puncto Handlungsfähigkeit.”
Um die Bedenken gerade der kleineren Mitgliedstaaten zu adressieren, empfehlen sie ein “Souveränitätssicherheitsnetz“, wie es eine deutsch-französische Expertengruppe vorgeschlagen hatte. So könnten einzelne Regierungen Entscheidungen auf die höchste Ebene der Staats- und Regierungschefs verlegen, wenn vitale nationale Interessen betroffen seien. Im Europäischen Rat müsste dann ein Konsens erarbeitet werden.
Nach einer Diskussion mit Enrico Letta über dessen Binnenmarktbericht stand am zweiten Tag des Sondergipfels das Projekt der Kapitalmarktunion auf der Agenda. Die EU diskutiert schon seit zehn Jahren über die Kapitalmarktunion. Oft haben sich die Regierungschefs im Grundsatz schon dafür ausgesprochen, aber im Konkreten gebremst.
Stellvertretend dafür stand diesmal der neue irische Premierminister Simon Harris. Vor der Sitzung am Donnerstagmorgen sagte er, “wir wollen eine Kapitalmarktunion sehen”, nur um gleich danach anzuhängen, “aber wir wollen eine Kapitalmarktunion sehen, welche die Sorgen der Mitgliedstaaten berücksichtigt“.
Deshalb hatten Kanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron darauf gedrungen, die Kapitalmarktunion en détail auf der Chef-Ebene zu diskutieren. Die Diskussion zog sich in die Länge, weil die Formulierungen im Entwurf der Schlussfolgerungen etlichen Staats- und Regierungschefs zu weit gingen und neu verhandelt werden mussten.
Nach dem Gipfel zeigte sich Scholz aber zufrieden: Man habe “sehr konkrete Sachen” beschlossen, etwa bei der Harmonisierung des Insolvenzrechts, einer besser harmonisierten Aufsicht und der Besteuerung von Finanzunternehmen.
Konkret beauftragten die Regierungschefs die EU-Kommission und die Finanzminister, folgende Punkte zu priorisieren:
Am umstrittensten war der Punkt zur zentralisierten Marktaufsicht. Irland und Luxemburg wehren sich mit Händen und Füßen gegen eine Kompetenzabgabe in diesem Bereich.
Aber auch andere, vor allem kleinere Mitgliedstaaten sind misstrauisch. Hinter der Argumentation für eine zentralisierte Marktüberwachung vermuten sie eine Strategie Frankreichs. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA hat ihren Sitz nämlich in Paris. Eine Stärkung der ESMA würde neue Jobs in Frankreich schaffen. Und weil Finanzmarktakteure gerne in physischer Nähe ihrer Aufsichtsbehörden sind, dürfte dies auch den Pariser Finanzplatz stärken. Kleine Staaten wie Schweden, die schon über gut entwickelte, nationale Kapitalmärkte verfügen, fürchten, dass diese Stärkung des Pariser Finanzplatzes auf ihre Kosten ginge.
Zudem hört man von EU-Diplomaten auch das Argument, dass der Fokus auf die zentralisierte Marktaufsicht verfehlt sei. Bevor man die Kapitalmärkte regulieren könne, müsse man zuerst den Markt schaffen. Dem widersprechen die Befürworter der zentralisierten Marktaufsicht, die in ihr einen Katalysator sehen für die Harmonisierung der Märkte, die dann unweigerlich auch mehr Kapital anziehen würde.
Aufgrund der nach wie vor substanziellen Meinungsverschiedenheiten unter den Mitgliedstaaten sind die Formulierungen in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rats nicht einfach verständlich. Dies könnte die Weiterarbeit bei diesem Thema erschweren. Einige EU-Diplomaten gehen deshalb davon aus, dass der Beschluss der Finanzminister vom März die relevante Leitlinie bleibt. Andere argumentieren, dass der Gipfel ein Momentum geschaffen habe, das mehr Ambition ermöglicht.
Als nächsten Schritt sollen die EU-Kommission und die Finanzminister die Arbeit vorantreiben. Bei ihrem Gipfel im Juni wollen sich dann die Staats- und Regierungschefs erneut des Themas annehmen. “Nun bleiben wir dran und werden das Thema nicht mehr fallenlassen”, sagte Scholz. Die Sonderinteressen einiger Länder bei Aufsicht- oder Steuerfragen seien “nichts mehr wert” angesichts der Aufgabe, “die unglaublichen Kapitalreserven Europas so zu mobilisieren, dass sie in das Wachstum unserer Unternehmen investiert werden”. Einige kleinere Mitgliedstaaten dürften der Interpretation des Bundeskanzlers widersprechen.
Trotz Unstimmigkeiten und unklarer Formulierungen wertete Enrico Letta die Entscheidungen zur Kapitalmarktunion am Schluss des langen Gipfeltages als “ersten entscheidenden Schritt” vorwärts. Nur wenn die EU sicherstellen könne, dass ein größerer Teil der europäischen Ersparnisse in europäische Unternehmen fließe, könne sie ihre Unabhängigkeit garantieren.
Kommerzielle, vordergründig frei zugängliche Angebote im Netz gehen derzeit durch schwere Zeiten. Die Drittanbieter-Werbecookie-Problematik führt zu massiven Umbrüchen. Doch auch die Suche nach alternativen Finanzierungsmodellen ist für die Anbieter nicht leicht. Die aktuell in der Öffentlichkeit am meisten beachtete Debatte dreht sich vordergründig um Meta. De facto geht es jedoch um die Zukunft der gesamten Werbewirtschaft.
Die Frage ist: Dürfen Anbieter die Nutzer eines Dienstes zwingen, entweder die von ihnen festgelegte Summe für den Dienst zu bezahlen, oder alternativ in eine umfängliche Datennutzung auch mit umstrittenen Tracking-Methoden einzuwilligen, wenn sie den Service weiter nutzen wollen? Meta hatte im vergangenen Jahr angekündigt, Nutzern in der EU die Wahl zu lassen: Entweder sie zahlen für die werbefreie Nutzung von Facebook und Instagram etwa zehn Euro monatlich – oder sie müssen zwingend einwilligen, dass Dienstleister für Onlinewerbung ihre Daten auch für Tracking nutzen können.
Eine Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) zu “Pay or Okay” dazu wurde seit einigen Wochen erwartet. Angefragt hatten die Hamburger Datenschutzaufsicht sowie die entsprechende norwegische und niederländische Behörde. Womit aber nicht zu rechnen war: mit welcher Schärfe die im höchsten Gremium der Datenschutzaufsichtsbehörden Europas sitzenden Vertreter jetzt in die Debatte gehen.
Das Statement von Anu Talus, der Vorsitzenden des Gremiums, klingt da noch vergleichsweise konziliant. “Für die Verarbeitung Verantwortliche sollten stets darauf achten, dass das Grundrecht auf Datenschutz nicht zu einer Funktion wird, für deren Inanspruchnahme der Einzelne bezahlen muss. Der Einzelne sollte sich über den Wert und die Folgen seiner Entscheidung im Klaren sein.”
Doch die Stellungnahme der Datenschutzaufsichtsbehörden hat es in sich. Sie argumentieren gestuft: Sie sagen nicht rundheraus nein zu Pay-or-Okay-Modellen. Stattdessen argumentieren sie, dass die “bezahle oder willige in maximale Datennutzung ein”-Logik der europäischen Idee der informationellen Selbstbestimmung maßgeblich widerspreche, wie sie in der Datenschutzgrundverordnung steht.
Es brauche eine “echte Wahlfreiheit” für eine Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten. Bereits eine Gestaltung, die eine Verarbeitung abzulehnen schwieriger mache als die Einwilligung, unterlaufe die Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung. Essenzielle Dienstleistungen müssten auch ohne so erlangte Einwilligungen zugänglich sein, lautet die Auffassung der Datenschutzaufsichtsbehörden. Denn gerade bei diesen Angeboten sei das Machtgefälle zwischen Anbieter und Nutzer so groß, dass es im Sinne der DSGVO an den Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung von vornherein mangele. Als essenziell betrachten sie dabei auch jene Anbieter, die die Teilnahme am demokratischen Diskurs ermöglichen.
Bemerkenswert an der EDSA-Einschätzung ist allerdings ein Zugeständnis. Es solle im Einzelfall geprüft werden, ob eine Gebühr überhaupt und wenn ja, welcher Betrag unter den gegebenen Umständen angemessen sei, schreiben die Datenschützer. Auf diesem Weg müsse verhindert werden, “dass das Grundrecht auf Datenschutz zu einem Merkmal wird, für das die betroffenen Personen zahlen müssen, oder zu einem Premiummerkmal, das den Wohlhabenden vorbehalten ist.” Zuvor hatten einzelne Datenschutzaufsichtsbehörden und Aktivisten einen noch rigoroseren Kurs der kompletten Ablehnung gefordert.
Den Bundesverband Digitale Wirtschaft, der sich intensiv um die Belange der Onlinewerbewirtschaft kümmert, überzeugt die Argumentation der Aufsichtsbehörden trotzdem nicht. Moritz Holzgraefe, Vizepräsident des BVDW sagt: “Die Argumentation, dass durch die erforderliche Entscheidung im ,Pay or Consent’-Modell Datenschutz zu einem ,Feature’ werde, entbehrt jeglicher Grundlage.” Die Nutzerrechte blieben in allen Konstellationen erhalten. Das Grundrecht auf Datenschutz sei ein Grundrecht, und ein wichtiges Recht. “Es existiert jedoch weder im Vakuum noch ist es eine Art ,Supergrundrecht’. Deshalb muss es in Einklang mit anderen Grundrechten – wie der Privatautonomie – gebracht werden.”
Die Beschlüsse des Europäischen Datenschutzausschusses sind für die Entscheidungspraxis der Datenschutzaufsichtsbehörden maßgeblich. Für die verbindliche Rechtsauslegung zuständig bleibt am Ende jedoch der Europäische Gerichtshof.
22.04.2024 – 08:30 Uhr
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
Themen: Gedankenaustausch zu Russlands Aggression gegen die Ukraine, Gedankenaustausch zur Lage im Nahen Osten, Gedankenaustausch zum Sudan. Vorläufige Tagesordnung
22.04.2024 – 17:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Umweltverschmutzung, Reparatur von Waren, Verbot von Zwangsarbeit
Themen: Aussprachen zur Vermeidung der Freisetzung von Kunststoffgranulat und zur Verringerung der Umweltverschmutzung durch Mikroplastik, zu gemeinsamen Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren und zum Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt. Vorläufige Tagesordnung
22.04.2024 – 19:15-22:00 Uhr
Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Abstimmungen zu verschiedenen Aspekten des Haushalts 2024 und 2025. Vorläufige Tagesordnung
22.04.2024 – 20:00-22:00 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) und des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Dialog über Aufbau und Resilienz mit Valdis Dombrovskis (Exekutiv-Vizepräsident für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen) und Paolo Gentiloni (Mitglied der Kommission mit Zuständigkeit für Wirtschaft). Vorläufige Tagesordnung
23.04.-24.04.2024
Informelle Ministertagung Gesundheit
Themen: Aussprachen zu Arbeitskräften im Gesundheitswesen, zur Arzneimittelgesetzgebung und zum Europäischen Plan zur Krebsbekämpfung. Infos
23.04.2024
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Empfehlung der Kommission zu integrierten Kinderschutzsystemen. Vorläufige Tagesordnung
23.04.2024 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Wirtschaftspolitik, Netto-Null-Technologieprodukte, Ausbaus von Gigabit-Netzen
Themen: Aussprache zur wirksamen Koordinierung der Wirtschaftspolitik und zu multilateraler haushaltspolitischer Überwachung, Abstimmung zum Rahmen für Maßnahmen zur Stärkung des europäischen Ökosystems der Fertigung von Netto-Null-Technologieprodukten (Netto-Null-Industrie-Verordnung), Abstimmung zu den Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Gigabit-Netzen für die elektronische Kommunikation. Vorläufige Tagesordnung
24.04.2024
EuGH-Urteil zum Zugriff auf Frontex-Dokumente
Themen: Der Europäische Gerichtshof entscheidet darüber, ob Sea Watch der Zugang zu einer Reihe an Frontex-Dokumenten verwehrt werden darf. Klage
24.04.2024
EuGH-Urteil zum Unionsmarktrecht
Themen: Der Europäische Gerichtshof spricht ein Urteil über Wortmarkenrechte in der EU. Klage
24.04.2024 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: EU-Erweiterung, transeuropäisches Verkehrsnetzes, Verpackungsabfälle
Themen: Aussprache zur Erklärungen des Rates und der Kommission zum 20. Jahrestag der größten EU-Erweiterung in der Geschichte der EU, Abstimmung zum Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, Abstimmung zu Verpackungen und Verpackungsabfällen. Vorläufige Tagesordnung
25.04.2024
EuGH-Urteil zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit
Themen: Der Europäische Gerichtshof spricht ein Urteil zum Staatsangehörigkeitsrecht. Vorabentscheidungsersuchen
25.04.2024 – 09:00-14:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Ökodesign-Verordnung, EGF, fossile Brennstoffe
Themen: Abstimmung zur Ökodesign-Verordnung, Abstimmung zur Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung, Abstimmung zum Entschließungsantrag zu Verantwortlichkeiten von im Bereich fossiler Brennstoffe tätigen Unternehmen in der Krise der Lebenshaltungskosten. Vorläufige Tagesordnung
Der Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments hat sich für eine Reform der Einlagensicherung in Europa ausgesprochen. 26 Abgeordnete stimmten am Donnerstag für den Entwurf von Berichterstatter Othmar Karas, 18 dagegen (bei drei Enthaltungen). Dessen Bericht soll nun noch im Plenum abgestimmt werden, allerdings erst nach der Europawahl vom 6. bis 9. Juni.
Die deutschen Sparkassen und Volksbanken sehen die Vorschläge kritisch und hatten unter den Abgeordneten dafür geworben, diese abzulehnen. Auch in der Bundesregierung gibt es Vorbehalte, insbesondere weil die Reform das System der Institutssicherungssysteme von Sparkassen und Genossenschaftsbanken betrifft.
Nach den Plänen sollen die Banken neben der nationalen Einlagensicherung zusätzlich Mittel in einen neuen europäischen Topf einzahlen. Dieser soll einspringen, wenn das national eingesammelte Geld nicht ausreicht, um die Kunden einer ins Straucheln geratenen Bank zu entschädigen. Sparkassen und Bundesregierung fürchten aber, dass dadurch die besonderen Sicherungssysteme von Sparkassen und Genossenschaftsbanken ausgehöhlt werden könnten. tho
Im Streit um eine mögliche Teilung der deutschen Stromgebotszone will die Kommission derzeit keinen Druck auf Deutschland ausüben. “Es ist nicht so, dass wir ein bestimmtes Modell durchdrücken wollen“, sagte Michael Schütz aus der Generaldirektion Energie am Donnerstag bei einem Live Briefing von Europe.Table anlässlich der Berliner Energietage. Es gehe vielmehr darum, einen europäischen Strombinnenmarkt zu schaffen und auch einen “gerechten Ausgleich von Chancen und Lasten zwischen den Mitgliedstaaten”.
Ende des Jahres werden die Übertragungsnetzbetreiber in Zentraleuropa einen Bericht mit einer Empfehlung über eine mögliche Neuaufteilung der Gebotszonen vorlegen. Deutschland könnten dann höhere Stromgroßhandelspreise im Westen und Süden des Landes drohen. Schütz warnte lediglich vor einem zu engen Blick: “Mein Appell ist, bitte über die deutschen und luxemburgischen Grenzen hinauszuschauen. Gerade, was in Deutschland passiert – Deutschland hat neun Nachbarländer -, hat Auswirkungen auf die Nachbarstaaten.”
“Aus unserer Sicht wird eine Gebotszonenteilung die aktuellen Herausforderungen bei Weitem nicht lösen. Weder der dringende Neubau von gesicherter Kraftwerksleistung noch die räumliche Allokation [von Last und Erzeugung] würde gelöst“, sagte Peter Scheerer vom Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW.
Falls es zu einer Gebotszonenteilung kommen sollte, sieht das Beratungsunternehmen Aurora Energy Research etwaige Kompensationszahlungen als vergleichsweise gering an. “Selbst der Effekt bei einem verspäteten Netzausbau ist immer noch relativ klein im Vergleich zu den ohnehin schon hohen Stromkosten”, sagte Berater Nicolas Leicht.
Eine Verlagerung von Industriebetrieben aus dem Süden in nördliche Bundesländer hält Bernd Weber, Gründer und Geschäftsführer des Thinktanks EPICO KlimaInnovation, für unwahrscheinlich: “Ich habe geringe Sorgen, dass sich die bayerischen Motorenwerke umbenennen in Bremer Motorenwerke.”
Auch das Energiewendeministerium in Kiel versuchte, Ängste vor einer möglichen Gebotszonenteilung zu nehmen. “Die Preisunterschiede wären nicht so riesig und entscheidend sind eher andere Standortfaktoren als billiger Strom. Die Frage ist eher, ob die Industrie die entsprechende Leistung an einem Umspannwerk zur Verfügung hat und das nicht in einem Zeitfaktor von acht bis zehn Jahren”, sagte Markus Hirschfeld, stellvertretender Abteilungsleiter Klimaschutz und Energiewende. Den Zugang zu grüner Energie sieht auch Weber als immer wichtigeren Standortfaktor.
Den Ausbau grüner Energien sieht der Bundesverband Erneuerbarer Energie allerdings durch eine Gebotszonenteilung in Gefahr, weil der Marktwert in den Niedrigpreiszonen deutlich sinken könnte. Allein für die Windenergie ergebe sich so eine Mehrbelastung von zwei Milliarden Euro, sagte Matthias Stark vom BEE. ber
An der Europawahl am 9. Juni nehmen in Deutschland 35 Parteien und sonstige politische Vereinigungen teil. Sie treten mit gemeinsamen Listen bundesweit an oder wie etwa die CSU in Bayern mit Listen für nur ein Bundesland. Dies hat am Donnerstag der Bundeswahlausschuss nach einer öffentlichen Sitzung in Wiesbaden mitgeteilt.
Dabei befasste sich das Gremium mit sieben Beschwerden von Kleinparteien gegen eine vorherige Zurückweisung – wovon eine Eingabe erfolgreich war: Die Partei der Humanisten nimmt nun mit 21 Bewerbern an der Abstimmung teil.
Der Bundeswahlausschuss besteht aus der Bundeswahlleiterin Ruth Brand als Vorsitzende sowie acht Beisitzern und zwei Richtern des Bundesverwaltungsgerichts. Die Beisitzer werden auf Vorschlag der Parteien von der Bundeswahlleiterin berufen.
Im Juni werden insgesamt 720 Mitglieder des Europäischen Parlaments gewählt, 15 mehr als bei der letzten Wahl. 96 davon werden aus Deutschland kommen. dpa
In Kroatien zeichnet sich nach der Parlamentswahl eine schwierige Regierungsbildung ab, die auch einen Rechtsruck zur Folge haben könnte. Die bürgerliche Partei HDZ von Ministerpräsident Andrej Plenković blieb zwar stärkste Kraft, verfehlte aber die absolute Mehrheit. Plenković schloss am Donnerstag eine Koalition mit der drittplatzierten rechtsnationalistischen Partei Domovinski Pokret (Heimatbewegung) nicht aus. “Wir werden mit jenen reden, die bereit sind, zu reden”, sagte er kroatischen Medien auf eine entsprechende Frage am Rande des EU-Gipfeltreffens in Brüssel.
Wie die Wahlkommission nach Auszählung fast aller Stimmzettel bekannt gab, erhielt die Partei von Plenković mit ihren Verbündeten 34,4 Prozent der Wählerstimmen. Das entspricht 61 von insgesamt 151 Parlamentsmandaten. Es sind 5 Mandate weniger für die HDZ als bei der vergangenen Wahl. Auf Platz zwei kam das dem Staatspräsidenten Zoran Milanović nahestehende linksliberale Oppositionsbündnis Rijeke Pravde (Flüsse der Gerechtigkeit) unter der Führung der sozialdemokratischen SDP mit 25,4 Prozent der Stimmen (42 Mandate).
Platz drei belegte Domovinski Pokret mit 9,6 Prozent der Stimmen. Die EU-skeptische und antiserbische Partei, der mehrere ehemalige HDZ-Politiker angehören, bekommt damit 14 Mandate. Die grün-liberale Partei Mozemo (Wir können) kam auf 9,1 Prozent (10 Mandate) und das konservativ-rechtspopulistische Bündnis unter Führung der Partei Most (Brücke) auf 8,0 Prozent (11 Mandate).
Auch Domovinski Pokret hatte Gesprächsbereitschaft mit HDZ signalisiert. Als mögliches Szenario kursierte in Zagreb auch die Aussicht, dass Präsident Milanović versuchen könnte, eine Koalition aus Domovinski Pokret und der sozialdemokratischen SDP zu zimmern. Milanović kommt aus der SDP, ist aber zuletzt mit rechten und prorussischen Positionen aufgefallen. Als denkbar galt auch, dass Plenković zusammen mit Vertretern ethnischer Minderheiten und Überläufern aus anderen Parteien eine Mehrheit erreichen könnte. Zuletzt regierte der Ministerpräsident mit Unterstützung der Minderheiten-Parteien und liberaler Kleinparteien.
Milanović entscheidet als Staatschef darüber, wer den Regierungsauftrag bekommt. Er deutete am Donnerstag an, dass er nicht Plenković dafür nominieren werde. Schon vor der Wahl hatte Milanović angekündigt, selbst Ministerpräsident werden zu wollen, obwohl das Verfassungsgericht des Landes dies für unvereinbar mit seiner Position als Staatschef erklärt hatte. dpa
Um den Einzug ins Europaparlament muss sie nicht bangen: Andrea Wechsler, die bislang noch keine parlamentarische Erfahrung hat, führt bei der Wahl am 9. Juni die CDU-Liste in Baden-Württemberg an. Dass die Juristin, Hochschullehrerin und Mittelstandspolitikerin auf dem prominenten ersten Platz der Landesliste im Südwesten kandidiert, hat sie auch dem nachhaltigen Druck der Frauen in der Union zu verdanken.
Während bei SPD, Grünen und FDP schon lange Frauen auf aussichtsreichen Listenplätzen kandidieren, hat die Bundes-CDU erst 2022 verbindliche Quoten beschlossen. Die Europaliste wurde in Baden-Württemberg bereits im Frühjahr 2023 aufgestellt, zu einem Zeitpunkt, als die Quoten der Bundes-CDU noch nicht galten. Lange sah es daher so als, als wolle die Südwest-CDU wie beim letzten und vorletzten Mal nur mit Männern auf den aussichtsreichen Plätzen antreten.
Die vier bisherigen Abgeordneten aus dem Südwesten – Rainer Wieland, am längsten amtierender Vizepräsident des Europaparlaments, Daniel Caspary, Chef der deutschen Gruppe, Binnenmarktexperte Andreas Schwab und Norbert Lins, Chef des Agrarausschusses – wollten eigentlich alle weitermachen. Die Südwest-CDU wäre damit auch fast durchgekommen.
Doch dann zeigte sich Wieland, der seit 1997 dem Parlament angehört und 67 ist, bereit, seinen Platz eins auf der Liste, der dem Bezirk Nordwürttemberg vorbehalten ist, kampflos an Wechsler abzugeben. Wieland kandidiert jetzt auf Platz fünf der Landesliste im Südwesten.
Wechsler und Wieland machen gemeinsam Wahlkampf. Etwa in dem Format “EU und Du”. Wechsler geht neue Wege. Sie spricht mit Kurzvideos die jüngeren Wähler an. Sie persönlich hält nichts von Tiktok. Ihren beiden Kindern habe sie den Gebrauch von Tiktok verboten. Sie nutzt die Plattform dennoch, um auch Zielgruppen anzusprechen, die die CDU mit den klassischen Methoden nicht erreicht. Im Wahlkampf zählt sie zu den ganz wenigen CDU-Politikern, die auf der umstrittenen chinesischen Plattform präsent sind.
Noch nicht im Europaparlament zu sein, hilft in diesem Fall. Die Parlamentsverwaltung hat die Nutzung von Tiktok über Geräte des Parlaments verboten. Wechsler erklärt in den Kurzvideos die Politik der EU: Was es mit der Untersuchung der Kommission zu Tiktok auf sich habe. Dass der Wegfall der Roaming-Gebühren ein großer Erfolg der EU-Regulierung ist. Und was Europa dafür tut, dass Männer und Frauen die gleiche Entlohnung bekommen. Ob sie damit 16-jährige Erstwähler erreicht? Schwer zu sagen. Sie versucht es aber.
Wechsler ist in Bayern aufgewachsen und wohnt jetzt mit ihrem Mann und ihren beiden Kinder in Ludwigsburg. Bei der letzten Landtagswahl im Südwesten hatte sie erfolglos für den Landtag kandidiert. Dank der aussichtsreichen Platzierung auf der Liste wird ihr der Sprung in die professionelle Politik diesmal gelingen.
Sie hat ein ausgeprägtes wirtschaftspolitisches Profil, hat Jura studiert und ist seit 2013 Professorin für Wirtschaftsprivatrecht an der Hochschule in Pforzheim. Wechsler engagiert sich schon länger in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) der CDU. Bevor sie an die Hochschule gegangen ist, hat sie als Unternehmensberaterin gearbeitet, unter anderem für McKinsey. Zurzeit leitet sie ein Zentrum für Unternehmensgründungen.
Damit würde es naheliegen, dass sie im Europaparlament die Arbeit im Industrie- oder Wirtschaftsausschuss anpeilt. Zumal in der Fraktion hier ein Platz frei wird: Markus Pieper, der über mehrere Wahlperioden hinweg, Mittelstandspolitik im Europaparlament vertreten hat, scheidet aus dem Europaparlament aus. Wünsche zu äußern, so weit will sich Wechsler nicht vorwagen. “Als Neue werde ich keine Ansprüche stellen, sondern warte ab, welche Themen mir die Fraktion vorschlägt.” Markus Grabitz
die Dichte der Treffen unterstreicht Dringlichkeit und Dramatik der Lage in der Ukraine. Für heute Nachmittag hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg die Verteidigungsminister zu einer virtuellen Krisensitzung des Nato-Ukraine-Rates einberufen. Zugeschaltet ist auch Präsident Wolodymyr Selenskyj, der schon am Mittwoch auf dem Sondergipfel der EU den Staats- und Regierungschefs ins Gewissen geredet hat: Die Ukraine braucht angesichts des russischen Dauerbeschusses dringend mehr Luftabwehrsysteme, wobei der Fokus auf den Patriots ist.
Bundeskanzler Olaf Scholz ist diese Woche mit gutem Beispiel vorangegangen und hat angekündigt, dass Deutschland rasch ein komplettes Exemplar liefern wird. Die Ukraine benötigt nach den Worten des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba aber mindestens sieben zusätzliche Patriotsysteme, um zumindest die wichtigsten Städte und zivilen Infrastrukturen vor russischen Angriffen zu schützen. “Wir arbeiten mit den Verbündeten, um sicherzustellen, dass sie einige ihrer Systeme der Ukraine zur Verfügung stellen”, sagte Jens Stoltenberg gestern beim Treffen der Außenminister der G7-Staaten in Capri.
Man muss sich fragen, weshalb die Verbündeten sich so schwertun, der Ukraine mit dieser ausgesprochenen Defensivwaffe gegen den russischen Raketenterror zu helfen. Der US-Rüstungskonzern Raytheon hat nach eigenen Angaben 240 Abschussvorrichtungen produziert und ausgeliefert, wobei die amerikanischen Streitkräfte das größte Arsenal vorrätig haben. Neben Deutschland verfügen in Europa auch Spanien, Griechenland, die Niederlande, Rumänien, Schweden und Polen über das System.
Der Nato-Generalsekretär dürfte heute seinen dringenden Appell wiederholen, wobei am Montag die Außen- und Verteidigungsminister der EU an der Reihe sind mit ihrem Krisentreffen. Der sonst zurückhaltende Jens Stoltenberg klingt inzwischen immer alarmierter: Jeder Tag der Verzögerung bedeute mehr Tod und Zerstörung in der Ukraine, sagte der Norweger. Und es sei jetzt wichtiger, der Ukraine zu helfen, als die Nato-Vorgaben zur Verteidigung zu erfüllen. Eigenbedarf ist mit anderen Worten keine Entschuldigung mehr für die Verbündeten. Europa wird derzeit in der Ukraine verteidigt.
Kommen Sie gut ins Wochenende!
Es gab eine ganze Reihe von EU-Gesetzesvorhaben, in denen sich Deutschland zuletzt gegen die Mehrheit der Mitgliedstaaten stellte: Bei Lieferkettenrichtlinie, Plattformarbeitsrichtlinie und Zwangsarbeitsverordnung etwa enthielt sich die Ampel-Koalition mangels gemeinsamer Position, bei anderen wie Verpackungsverordnung und CO₂-Flottengrenzwerten für LKW einigten sich SPD, Grüne und FDP erst in letzter Minute. Die strittigen Vorhaben wurden schließlich im Rat beschlossen, notfalls eben ohne Zustimmung des Mitgliedstaates mit dem größten Stimmengewicht.
Die Häufung von deutschen Enthaltungen ist bemerkenswert, wie eine neue Datenbank zeigt. Die Stiftung Wissenschaft und Politik hat darin das Abstimmungsverhalten der nationalen Regierungen in mehr als 1.300 öffentlichen Abstimmungen im EU-Rat erfasst, und zwar seit Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages Ende 2009. Der EU Council Monitor der SWP ist nun hier online verfügbar. Eine erste Auswertung der Daten stellten die Experten der Stiftung Table.Briefings vorab zur Verfügung.
Aktuell erfasst die Datenbank die Abstimmungen bis September 2023 – die Enthaltungen der vergangenen Wochen sind darin also noch nicht berücksichtigt. Künftig soll der EU Council Monitor dann regelmäßig aktualisiert werden.
Die Datenbank zeigt, dass sich Deutschland im Laufe von gut 13 Jahren 34 Mal bei den Abstimmungen enthalten hat und 28 Mal dagegen votierte, also im Durchschnitt jeweils gut zweimal pro Jahr. Die Nein-Stimmen und Enthaltungen häuften sich zur Mitte der Amtszeit von Kanzlerin Angela Merkel, den Höchstwert markiert das Jahr 2013 mit 14 solchen Voten.
Die Ampel-Regierung hatte sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, die europapolitische Koordinierung zu verbessern. SPD, Grüne und FDP konnten diesen Vorsatz zunächst auch umsetzen, jedenfalls gemessen am Abstimmungsverhalten im Rat. In den vergangenen Monaten erreichten die politischen Meinungsverschiedenheiten der drei Koalitionsparteien dann aber auch Brüssel.
Über den gesamten Erfassungszeitraum liegt Deutschland im vorderen Mittelfeld der EU-Staaten, wie eine neue Analyse der SWP-Forschenden Nicolai von Ondarza und Isabella Stürzer zeigt. Lange lag Großbritannien mit weitem Abstand vorne bei Enthaltungen und Nein-Stimmen, 2020 trat das Vereinigte Königreich dann aus der EU aus. Seither führen Ungarn und Polen diese Statistik an, gefolgt von Bulgarien und Österreich. Am anderen Ende des Spektrums finden sich Italien und Frankreich, das in den gut 13 Jahren nur fünfmal von den anderen Mitgliedstaaten überstimmt worden sei.
Mit Blick auf die insgesamt mehr als 1.300 Abstimmungen stellen die SWP-Forschenden aber fest: “Das Überstimmen einzelner Regierungen oder gar größerer Gruppen von Regierungen bleibt eine Seltenheit.” Im Durchschnitt hätten die Mitgliedstaaten bei knapp 83 Prozent der Abstimmungen im Rat einen Konsens ohne Gegenstimmen erzielt, obwohl eine qualifizierte Mehrheit gereicht hätte. Das zeige zum einen, dass die in den Verhandlungen gefundenen Kompromisse in der Regel von allen Mitgliedstaaten mitgetragen werden könnten. Zudem scheuten die nationalen Regierungen es, größere Gruppen von Staaten zu überstimmen.
Die hohe Konsensrate zeigt aus Sicht von Ondarza und Stürzer aber ebenso, “dass Mehrheitsentscheidungen allein keine Lösung für Schwierigkeiten der EU in puncto Handlungsfähigkeit sind”. Auch bei Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit (QMV) können Verhandlungen im Rat lange dauern, wenn die EU-Staaten in große Gruppen gespalten seien.
Insbesondere Kanzler Olaf Scholz setzt sich dafür ein, Mehrheitsentscheidungen auf Gebiete wie die Außen- und Sicherheitspolitik sowie die Steuerpolitik auszudehnen, in denen noch Einstimmigkeit erforderlich ist. Die Bundesregierung initiierte im vergangenen Jahr eine “Freundesgruppe für Qualifizierte Mehrheitsentscheidungen in der Außen- und Sicherheitspolitik der EU”, der inzwischen zehn weitere EU-Staaten angehören.
Um skeptische Regierungen an Bord zu holen, wollen sie die Einführung von QMV zunächst auf begrenzte Politikfelder beschränken, insbesondere auf Beschlüsse über Sanktionen, zivile GSVP-Operationen oder Stellungnahmen zu Menschenrechtsfragen. Dies soll ohne eine Änderung der EU-Verträge geschehen, mithilfe von Brückenklauseln. Um diese zu aktivieren, ist aber wiederum Einstimmigkeit erforderlich.
Ondarza und Stürzer warnen zudem: “Angesichts der eher begrenzten Ausweitung (von QMV) wäre die EU am Ende nicht substanziell handlungsfähiger.” Sie empfehlen, mit Blick auf die mögliche Aufnahme neuer Mitgliedstaaten zusätzlich ein größeres Reformpaket, das die Ausdehnung von Mehrheitsentscheidungen auf ganze neue Politikfelder umfasst. “Dies gäbe der EU einen echten Schub in puncto Handlungsfähigkeit.”
Um die Bedenken gerade der kleineren Mitgliedstaaten zu adressieren, empfehlen sie ein “Souveränitätssicherheitsnetz“, wie es eine deutsch-französische Expertengruppe vorgeschlagen hatte. So könnten einzelne Regierungen Entscheidungen auf die höchste Ebene der Staats- und Regierungschefs verlegen, wenn vitale nationale Interessen betroffen seien. Im Europäischen Rat müsste dann ein Konsens erarbeitet werden.
Nach einer Diskussion mit Enrico Letta über dessen Binnenmarktbericht stand am zweiten Tag des Sondergipfels das Projekt der Kapitalmarktunion auf der Agenda. Die EU diskutiert schon seit zehn Jahren über die Kapitalmarktunion. Oft haben sich die Regierungschefs im Grundsatz schon dafür ausgesprochen, aber im Konkreten gebremst.
Stellvertretend dafür stand diesmal der neue irische Premierminister Simon Harris. Vor der Sitzung am Donnerstagmorgen sagte er, “wir wollen eine Kapitalmarktunion sehen”, nur um gleich danach anzuhängen, “aber wir wollen eine Kapitalmarktunion sehen, welche die Sorgen der Mitgliedstaaten berücksichtigt“.
Deshalb hatten Kanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron darauf gedrungen, die Kapitalmarktunion en détail auf der Chef-Ebene zu diskutieren. Die Diskussion zog sich in die Länge, weil die Formulierungen im Entwurf der Schlussfolgerungen etlichen Staats- und Regierungschefs zu weit gingen und neu verhandelt werden mussten.
Nach dem Gipfel zeigte sich Scholz aber zufrieden: Man habe “sehr konkrete Sachen” beschlossen, etwa bei der Harmonisierung des Insolvenzrechts, einer besser harmonisierten Aufsicht und der Besteuerung von Finanzunternehmen.
Konkret beauftragten die Regierungschefs die EU-Kommission und die Finanzminister, folgende Punkte zu priorisieren:
Am umstrittensten war der Punkt zur zentralisierten Marktaufsicht. Irland und Luxemburg wehren sich mit Händen und Füßen gegen eine Kompetenzabgabe in diesem Bereich.
Aber auch andere, vor allem kleinere Mitgliedstaaten sind misstrauisch. Hinter der Argumentation für eine zentralisierte Marktüberwachung vermuten sie eine Strategie Frankreichs. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA hat ihren Sitz nämlich in Paris. Eine Stärkung der ESMA würde neue Jobs in Frankreich schaffen. Und weil Finanzmarktakteure gerne in physischer Nähe ihrer Aufsichtsbehörden sind, dürfte dies auch den Pariser Finanzplatz stärken. Kleine Staaten wie Schweden, die schon über gut entwickelte, nationale Kapitalmärkte verfügen, fürchten, dass diese Stärkung des Pariser Finanzplatzes auf ihre Kosten ginge.
Zudem hört man von EU-Diplomaten auch das Argument, dass der Fokus auf die zentralisierte Marktaufsicht verfehlt sei. Bevor man die Kapitalmärkte regulieren könne, müsse man zuerst den Markt schaffen. Dem widersprechen die Befürworter der zentralisierten Marktaufsicht, die in ihr einen Katalysator sehen für die Harmonisierung der Märkte, die dann unweigerlich auch mehr Kapital anziehen würde.
Aufgrund der nach wie vor substanziellen Meinungsverschiedenheiten unter den Mitgliedstaaten sind die Formulierungen in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rats nicht einfach verständlich. Dies könnte die Weiterarbeit bei diesem Thema erschweren. Einige EU-Diplomaten gehen deshalb davon aus, dass der Beschluss der Finanzminister vom März die relevante Leitlinie bleibt. Andere argumentieren, dass der Gipfel ein Momentum geschaffen habe, das mehr Ambition ermöglicht.
Als nächsten Schritt sollen die EU-Kommission und die Finanzminister die Arbeit vorantreiben. Bei ihrem Gipfel im Juni wollen sich dann die Staats- und Regierungschefs erneut des Themas annehmen. “Nun bleiben wir dran und werden das Thema nicht mehr fallenlassen”, sagte Scholz. Die Sonderinteressen einiger Länder bei Aufsicht- oder Steuerfragen seien “nichts mehr wert” angesichts der Aufgabe, “die unglaublichen Kapitalreserven Europas so zu mobilisieren, dass sie in das Wachstum unserer Unternehmen investiert werden”. Einige kleinere Mitgliedstaaten dürften der Interpretation des Bundeskanzlers widersprechen.
Trotz Unstimmigkeiten und unklarer Formulierungen wertete Enrico Letta die Entscheidungen zur Kapitalmarktunion am Schluss des langen Gipfeltages als “ersten entscheidenden Schritt” vorwärts. Nur wenn die EU sicherstellen könne, dass ein größerer Teil der europäischen Ersparnisse in europäische Unternehmen fließe, könne sie ihre Unabhängigkeit garantieren.
Kommerzielle, vordergründig frei zugängliche Angebote im Netz gehen derzeit durch schwere Zeiten. Die Drittanbieter-Werbecookie-Problematik führt zu massiven Umbrüchen. Doch auch die Suche nach alternativen Finanzierungsmodellen ist für die Anbieter nicht leicht. Die aktuell in der Öffentlichkeit am meisten beachtete Debatte dreht sich vordergründig um Meta. De facto geht es jedoch um die Zukunft der gesamten Werbewirtschaft.
Die Frage ist: Dürfen Anbieter die Nutzer eines Dienstes zwingen, entweder die von ihnen festgelegte Summe für den Dienst zu bezahlen, oder alternativ in eine umfängliche Datennutzung auch mit umstrittenen Tracking-Methoden einzuwilligen, wenn sie den Service weiter nutzen wollen? Meta hatte im vergangenen Jahr angekündigt, Nutzern in der EU die Wahl zu lassen: Entweder sie zahlen für die werbefreie Nutzung von Facebook und Instagram etwa zehn Euro monatlich – oder sie müssen zwingend einwilligen, dass Dienstleister für Onlinewerbung ihre Daten auch für Tracking nutzen können.
Eine Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) zu “Pay or Okay” dazu wurde seit einigen Wochen erwartet. Angefragt hatten die Hamburger Datenschutzaufsicht sowie die entsprechende norwegische und niederländische Behörde. Womit aber nicht zu rechnen war: mit welcher Schärfe die im höchsten Gremium der Datenschutzaufsichtsbehörden Europas sitzenden Vertreter jetzt in die Debatte gehen.
Das Statement von Anu Talus, der Vorsitzenden des Gremiums, klingt da noch vergleichsweise konziliant. “Für die Verarbeitung Verantwortliche sollten stets darauf achten, dass das Grundrecht auf Datenschutz nicht zu einer Funktion wird, für deren Inanspruchnahme der Einzelne bezahlen muss. Der Einzelne sollte sich über den Wert und die Folgen seiner Entscheidung im Klaren sein.”
Doch die Stellungnahme der Datenschutzaufsichtsbehörden hat es in sich. Sie argumentieren gestuft: Sie sagen nicht rundheraus nein zu Pay-or-Okay-Modellen. Stattdessen argumentieren sie, dass die “bezahle oder willige in maximale Datennutzung ein”-Logik der europäischen Idee der informationellen Selbstbestimmung maßgeblich widerspreche, wie sie in der Datenschutzgrundverordnung steht.
Es brauche eine “echte Wahlfreiheit” für eine Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten. Bereits eine Gestaltung, die eine Verarbeitung abzulehnen schwieriger mache als die Einwilligung, unterlaufe die Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung. Essenzielle Dienstleistungen müssten auch ohne so erlangte Einwilligungen zugänglich sein, lautet die Auffassung der Datenschutzaufsichtsbehörden. Denn gerade bei diesen Angeboten sei das Machtgefälle zwischen Anbieter und Nutzer so groß, dass es im Sinne der DSGVO an den Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung von vornherein mangele. Als essenziell betrachten sie dabei auch jene Anbieter, die die Teilnahme am demokratischen Diskurs ermöglichen.
Bemerkenswert an der EDSA-Einschätzung ist allerdings ein Zugeständnis. Es solle im Einzelfall geprüft werden, ob eine Gebühr überhaupt und wenn ja, welcher Betrag unter den gegebenen Umständen angemessen sei, schreiben die Datenschützer. Auf diesem Weg müsse verhindert werden, “dass das Grundrecht auf Datenschutz zu einem Merkmal wird, für das die betroffenen Personen zahlen müssen, oder zu einem Premiummerkmal, das den Wohlhabenden vorbehalten ist.” Zuvor hatten einzelne Datenschutzaufsichtsbehörden und Aktivisten einen noch rigoroseren Kurs der kompletten Ablehnung gefordert.
Den Bundesverband Digitale Wirtschaft, der sich intensiv um die Belange der Onlinewerbewirtschaft kümmert, überzeugt die Argumentation der Aufsichtsbehörden trotzdem nicht. Moritz Holzgraefe, Vizepräsident des BVDW sagt: “Die Argumentation, dass durch die erforderliche Entscheidung im ,Pay or Consent’-Modell Datenschutz zu einem ,Feature’ werde, entbehrt jeglicher Grundlage.” Die Nutzerrechte blieben in allen Konstellationen erhalten. Das Grundrecht auf Datenschutz sei ein Grundrecht, und ein wichtiges Recht. “Es existiert jedoch weder im Vakuum noch ist es eine Art ,Supergrundrecht’. Deshalb muss es in Einklang mit anderen Grundrechten – wie der Privatautonomie – gebracht werden.”
Die Beschlüsse des Europäischen Datenschutzausschusses sind für die Entscheidungspraxis der Datenschutzaufsichtsbehörden maßgeblich. Für die verbindliche Rechtsauslegung zuständig bleibt am Ende jedoch der Europäische Gerichtshof.
22.04.2024 – 08:30 Uhr
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
Themen: Gedankenaustausch zu Russlands Aggression gegen die Ukraine, Gedankenaustausch zur Lage im Nahen Osten, Gedankenaustausch zum Sudan. Vorläufige Tagesordnung
22.04.2024 – 17:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Umweltverschmutzung, Reparatur von Waren, Verbot von Zwangsarbeit
Themen: Aussprachen zur Vermeidung der Freisetzung von Kunststoffgranulat und zur Verringerung der Umweltverschmutzung durch Mikroplastik, zu gemeinsamen Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren und zum Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt. Vorläufige Tagesordnung
22.04.2024 – 19:15-22:00 Uhr
Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Abstimmungen zu verschiedenen Aspekten des Haushalts 2024 und 2025. Vorläufige Tagesordnung
22.04.2024 – 20:00-22:00 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) und des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Dialog über Aufbau und Resilienz mit Valdis Dombrovskis (Exekutiv-Vizepräsident für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen) und Paolo Gentiloni (Mitglied der Kommission mit Zuständigkeit für Wirtschaft). Vorläufige Tagesordnung
23.04.-24.04.2024
Informelle Ministertagung Gesundheit
Themen: Aussprachen zu Arbeitskräften im Gesundheitswesen, zur Arzneimittelgesetzgebung und zum Europäischen Plan zur Krebsbekämpfung. Infos
23.04.2024
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Empfehlung der Kommission zu integrierten Kinderschutzsystemen. Vorläufige Tagesordnung
23.04.2024 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Wirtschaftspolitik, Netto-Null-Technologieprodukte, Ausbaus von Gigabit-Netzen
Themen: Aussprache zur wirksamen Koordinierung der Wirtschaftspolitik und zu multilateraler haushaltspolitischer Überwachung, Abstimmung zum Rahmen für Maßnahmen zur Stärkung des europäischen Ökosystems der Fertigung von Netto-Null-Technologieprodukten (Netto-Null-Industrie-Verordnung), Abstimmung zu den Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Gigabit-Netzen für die elektronische Kommunikation. Vorläufige Tagesordnung
24.04.2024
EuGH-Urteil zum Zugriff auf Frontex-Dokumente
Themen: Der Europäische Gerichtshof entscheidet darüber, ob Sea Watch der Zugang zu einer Reihe an Frontex-Dokumenten verwehrt werden darf. Klage
24.04.2024
EuGH-Urteil zum Unionsmarktrecht
Themen: Der Europäische Gerichtshof spricht ein Urteil über Wortmarkenrechte in der EU. Klage
24.04.2024 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: EU-Erweiterung, transeuropäisches Verkehrsnetzes, Verpackungsabfälle
Themen: Aussprache zur Erklärungen des Rates und der Kommission zum 20. Jahrestag der größten EU-Erweiterung in der Geschichte der EU, Abstimmung zum Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, Abstimmung zu Verpackungen und Verpackungsabfällen. Vorläufige Tagesordnung
25.04.2024
EuGH-Urteil zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit
Themen: Der Europäische Gerichtshof spricht ein Urteil zum Staatsangehörigkeitsrecht. Vorabentscheidungsersuchen
25.04.2024 – 09:00-14:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Ökodesign-Verordnung, EGF, fossile Brennstoffe
Themen: Abstimmung zur Ökodesign-Verordnung, Abstimmung zur Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung, Abstimmung zum Entschließungsantrag zu Verantwortlichkeiten von im Bereich fossiler Brennstoffe tätigen Unternehmen in der Krise der Lebenshaltungskosten. Vorläufige Tagesordnung
Der Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments hat sich für eine Reform der Einlagensicherung in Europa ausgesprochen. 26 Abgeordnete stimmten am Donnerstag für den Entwurf von Berichterstatter Othmar Karas, 18 dagegen (bei drei Enthaltungen). Dessen Bericht soll nun noch im Plenum abgestimmt werden, allerdings erst nach der Europawahl vom 6. bis 9. Juni.
Die deutschen Sparkassen und Volksbanken sehen die Vorschläge kritisch und hatten unter den Abgeordneten dafür geworben, diese abzulehnen. Auch in der Bundesregierung gibt es Vorbehalte, insbesondere weil die Reform das System der Institutssicherungssysteme von Sparkassen und Genossenschaftsbanken betrifft.
Nach den Plänen sollen die Banken neben der nationalen Einlagensicherung zusätzlich Mittel in einen neuen europäischen Topf einzahlen. Dieser soll einspringen, wenn das national eingesammelte Geld nicht ausreicht, um die Kunden einer ins Straucheln geratenen Bank zu entschädigen. Sparkassen und Bundesregierung fürchten aber, dass dadurch die besonderen Sicherungssysteme von Sparkassen und Genossenschaftsbanken ausgehöhlt werden könnten. tho
Im Streit um eine mögliche Teilung der deutschen Stromgebotszone will die Kommission derzeit keinen Druck auf Deutschland ausüben. “Es ist nicht so, dass wir ein bestimmtes Modell durchdrücken wollen“, sagte Michael Schütz aus der Generaldirektion Energie am Donnerstag bei einem Live Briefing von Europe.Table anlässlich der Berliner Energietage. Es gehe vielmehr darum, einen europäischen Strombinnenmarkt zu schaffen und auch einen “gerechten Ausgleich von Chancen und Lasten zwischen den Mitgliedstaaten”.
Ende des Jahres werden die Übertragungsnetzbetreiber in Zentraleuropa einen Bericht mit einer Empfehlung über eine mögliche Neuaufteilung der Gebotszonen vorlegen. Deutschland könnten dann höhere Stromgroßhandelspreise im Westen und Süden des Landes drohen. Schütz warnte lediglich vor einem zu engen Blick: “Mein Appell ist, bitte über die deutschen und luxemburgischen Grenzen hinauszuschauen. Gerade, was in Deutschland passiert – Deutschland hat neun Nachbarländer -, hat Auswirkungen auf die Nachbarstaaten.”
“Aus unserer Sicht wird eine Gebotszonenteilung die aktuellen Herausforderungen bei Weitem nicht lösen. Weder der dringende Neubau von gesicherter Kraftwerksleistung noch die räumliche Allokation [von Last und Erzeugung] würde gelöst“, sagte Peter Scheerer vom Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW.
Falls es zu einer Gebotszonenteilung kommen sollte, sieht das Beratungsunternehmen Aurora Energy Research etwaige Kompensationszahlungen als vergleichsweise gering an. “Selbst der Effekt bei einem verspäteten Netzausbau ist immer noch relativ klein im Vergleich zu den ohnehin schon hohen Stromkosten”, sagte Berater Nicolas Leicht.
Eine Verlagerung von Industriebetrieben aus dem Süden in nördliche Bundesländer hält Bernd Weber, Gründer und Geschäftsführer des Thinktanks EPICO KlimaInnovation, für unwahrscheinlich: “Ich habe geringe Sorgen, dass sich die bayerischen Motorenwerke umbenennen in Bremer Motorenwerke.”
Auch das Energiewendeministerium in Kiel versuchte, Ängste vor einer möglichen Gebotszonenteilung zu nehmen. “Die Preisunterschiede wären nicht so riesig und entscheidend sind eher andere Standortfaktoren als billiger Strom. Die Frage ist eher, ob die Industrie die entsprechende Leistung an einem Umspannwerk zur Verfügung hat und das nicht in einem Zeitfaktor von acht bis zehn Jahren”, sagte Markus Hirschfeld, stellvertretender Abteilungsleiter Klimaschutz und Energiewende. Den Zugang zu grüner Energie sieht auch Weber als immer wichtigeren Standortfaktor.
Den Ausbau grüner Energien sieht der Bundesverband Erneuerbarer Energie allerdings durch eine Gebotszonenteilung in Gefahr, weil der Marktwert in den Niedrigpreiszonen deutlich sinken könnte. Allein für die Windenergie ergebe sich so eine Mehrbelastung von zwei Milliarden Euro, sagte Matthias Stark vom BEE. ber
An der Europawahl am 9. Juni nehmen in Deutschland 35 Parteien und sonstige politische Vereinigungen teil. Sie treten mit gemeinsamen Listen bundesweit an oder wie etwa die CSU in Bayern mit Listen für nur ein Bundesland. Dies hat am Donnerstag der Bundeswahlausschuss nach einer öffentlichen Sitzung in Wiesbaden mitgeteilt.
Dabei befasste sich das Gremium mit sieben Beschwerden von Kleinparteien gegen eine vorherige Zurückweisung – wovon eine Eingabe erfolgreich war: Die Partei der Humanisten nimmt nun mit 21 Bewerbern an der Abstimmung teil.
Der Bundeswahlausschuss besteht aus der Bundeswahlleiterin Ruth Brand als Vorsitzende sowie acht Beisitzern und zwei Richtern des Bundesverwaltungsgerichts. Die Beisitzer werden auf Vorschlag der Parteien von der Bundeswahlleiterin berufen.
Im Juni werden insgesamt 720 Mitglieder des Europäischen Parlaments gewählt, 15 mehr als bei der letzten Wahl. 96 davon werden aus Deutschland kommen. dpa
In Kroatien zeichnet sich nach der Parlamentswahl eine schwierige Regierungsbildung ab, die auch einen Rechtsruck zur Folge haben könnte. Die bürgerliche Partei HDZ von Ministerpräsident Andrej Plenković blieb zwar stärkste Kraft, verfehlte aber die absolute Mehrheit. Plenković schloss am Donnerstag eine Koalition mit der drittplatzierten rechtsnationalistischen Partei Domovinski Pokret (Heimatbewegung) nicht aus. “Wir werden mit jenen reden, die bereit sind, zu reden”, sagte er kroatischen Medien auf eine entsprechende Frage am Rande des EU-Gipfeltreffens in Brüssel.
Wie die Wahlkommission nach Auszählung fast aller Stimmzettel bekannt gab, erhielt die Partei von Plenković mit ihren Verbündeten 34,4 Prozent der Wählerstimmen. Das entspricht 61 von insgesamt 151 Parlamentsmandaten. Es sind 5 Mandate weniger für die HDZ als bei der vergangenen Wahl. Auf Platz zwei kam das dem Staatspräsidenten Zoran Milanović nahestehende linksliberale Oppositionsbündnis Rijeke Pravde (Flüsse der Gerechtigkeit) unter der Führung der sozialdemokratischen SDP mit 25,4 Prozent der Stimmen (42 Mandate).
Platz drei belegte Domovinski Pokret mit 9,6 Prozent der Stimmen. Die EU-skeptische und antiserbische Partei, der mehrere ehemalige HDZ-Politiker angehören, bekommt damit 14 Mandate. Die grün-liberale Partei Mozemo (Wir können) kam auf 9,1 Prozent (10 Mandate) und das konservativ-rechtspopulistische Bündnis unter Führung der Partei Most (Brücke) auf 8,0 Prozent (11 Mandate).
Auch Domovinski Pokret hatte Gesprächsbereitschaft mit HDZ signalisiert. Als mögliches Szenario kursierte in Zagreb auch die Aussicht, dass Präsident Milanović versuchen könnte, eine Koalition aus Domovinski Pokret und der sozialdemokratischen SDP zu zimmern. Milanović kommt aus der SDP, ist aber zuletzt mit rechten und prorussischen Positionen aufgefallen. Als denkbar galt auch, dass Plenković zusammen mit Vertretern ethnischer Minderheiten und Überläufern aus anderen Parteien eine Mehrheit erreichen könnte. Zuletzt regierte der Ministerpräsident mit Unterstützung der Minderheiten-Parteien und liberaler Kleinparteien.
Milanović entscheidet als Staatschef darüber, wer den Regierungsauftrag bekommt. Er deutete am Donnerstag an, dass er nicht Plenković dafür nominieren werde. Schon vor der Wahl hatte Milanović angekündigt, selbst Ministerpräsident werden zu wollen, obwohl das Verfassungsgericht des Landes dies für unvereinbar mit seiner Position als Staatschef erklärt hatte. dpa
Um den Einzug ins Europaparlament muss sie nicht bangen: Andrea Wechsler, die bislang noch keine parlamentarische Erfahrung hat, führt bei der Wahl am 9. Juni die CDU-Liste in Baden-Württemberg an. Dass die Juristin, Hochschullehrerin und Mittelstandspolitikerin auf dem prominenten ersten Platz der Landesliste im Südwesten kandidiert, hat sie auch dem nachhaltigen Druck der Frauen in der Union zu verdanken.
Während bei SPD, Grünen und FDP schon lange Frauen auf aussichtsreichen Listenplätzen kandidieren, hat die Bundes-CDU erst 2022 verbindliche Quoten beschlossen. Die Europaliste wurde in Baden-Württemberg bereits im Frühjahr 2023 aufgestellt, zu einem Zeitpunkt, als die Quoten der Bundes-CDU noch nicht galten. Lange sah es daher so als, als wolle die Südwest-CDU wie beim letzten und vorletzten Mal nur mit Männern auf den aussichtsreichen Plätzen antreten.
Die vier bisherigen Abgeordneten aus dem Südwesten – Rainer Wieland, am längsten amtierender Vizepräsident des Europaparlaments, Daniel Caspary, Chef der deutschen Gruppe, Binnenmarktexperte Andreas Schwab und Norbert Lins, Chef des Agrarausschusses – wollten eigentlich alle weitermachen. Die Südwest-CDU wäre damit auch fast durchgekommen.
Doch dann zeigte sich Wieland, der seit 1997 dem Parlament angehört und 67 ist, bereit, seinen Platz eins auf der Liste, der dem Bezirk Nordwürttemberg vorbehalten ist, kampflos an Wechsler abzugeben. Wieland kandidiert jetzt auf Platz fünf der Landesliste im Südwesten.
Wechsler und Wieland machen gemeinsam Wahlkampf. Etwa in dem Format “EU und Du”. Wechsler geht neue Wege. Sie spricht mit Kurzvideos die jüngeren Wähler an. Sie persönlich hält nichts von Tiktok. Ihren beiden Kindern habe sie den Gebrauch von Tiktok verboten. Sie nutzt die Plattform dennoch, um auch Zielgruppen anzusprechen, die die CDU mit den klassischen Methoden nicht erreicht. Im Wahlkampf zählt sie zu den ganz wenigen CDU-Politikern, die auf der umstrittenen chinesischen Plattform präsent sind.
Noch nicht im Europaparlament zu sein, hilft in diesem Fall. Die Parlamentsverwaltung hat die Nutzung von Tiktok über Geräte des Parlaments verboten. Wechsler erklärt in den Kurzvideos die Politik der EU: Was es mit der Untersuchung der Kommission zu Tiktok auf sich habe. Dass der Wegfall der Roaming-Gebühren ein großer Erfolg der EU-Regulierung ist. Und was Europa dafür tut, dass Männer und Frauen die gleiche Entlohnung bekommen. Ob sie damit 16-jährige Erstwähler erreicht? Schwer zu sagen. Sie versucht es aber.
Wechsler ist in Bayern aufgewachsen und wohnt jetzt mit ihrem Mann und ihren beiden Kinder in Ludwigsburg. Bei der letzten Landtagswahl im Südwesten hatte sie erfolglos für den Landtag kandidiert. Dank der aussichtsreichen Platzierung auf der Liste wird ihr der Sprung in die professionelle Politik diesmal gelingen.
Sie hat ein ausgeprägtes wirtschaftspolitisches Profil, hat Jura studiert und ist seit 2013 Professorin für Wirtschaftsprivatrecht an der Hochschule in Pforzheim. Wechsler engagiert sich schon länger in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) der CDU. Bevor sie an die Hochschule gegangen ist, hat sie als Unternehmensberaterin gearbeitet, unter anderem für McKinsey. Zurzeit leitet sie ein Zentrum für Unternehmensgründungen.
Damit würde es naheliegen, dass sie im Europaparlament die Arbeit im Industrie- oder Wirtschaftsausschuss anpeilt. Zumal in der Fraktion hier ein Platz frei wird: Markus Pieper, der über mehrere Wahlperioden hinweg, Mittelstandspolitik im Europaparlament vertreten hat, scheidet aus dem Europaparlament aus. Wünsche zu äußern, so weit will sich Wechsler nicht vorwagen. “Als Neue werde ich keine Ansprüche stellen, sondern warte ab, welche Themen mir die Fraktion vorschlägt.” Markus Grabitz