geht mehr Soziales, wenn Wettbewerbsfähigkeit das Gebot der Stunde ist? Das ist die zentrale Frage, die sich bei den heute beginnenden Trilogverhandlungen zur Reform der Europäischen Betriebsräte stellen wird. Das Dossier ist das Erste aus dem Bereich Arbeit und Soziales, das in der neuen Legislaturperiode verhandelt wird. Es ist noch übriggeblieben aus dem vorherigen Mandat, in dem Gewerkschafter und Sozialpolitiker deutlichen Rückenwind erfuhren. In der aktuellen Kommission, aber auch im Rat und im Parlament sind Sozialpolitiker heute weniger stark präsent.
Die Reform der Richtlinie zu den Europäischen Betriebsräten segelt unter dem Radar, es ist kein Blockbuster-Vorhaben wie die Mindestlohnrichtlinie oder das Plattformarbeitsgesetz. Das ist aber nicht zwingend ein Nachteil bei der Verhandlung der umstrittensten Punkte: Die verbindliche Einbindung der Betriebsräte in die Entscheidungsprozesse, sowie die Sanktionen für Unternehmen, die ihren Einbindungspflichten nicht nachkommen.
Nach Angaben der Kommission sind die bisherigen Sanktionen “nicht abschreckend genug”. In Deutschland ist es derzeit nur eine Ordnungswidrigkeit. Die betroffenen multinationalen Unternehmen müssen selbst im schlimmsten Fall maximal 15.000 Euro zahlen. Das Parlament verlangt in seiner Position einen Strafrahmen in der Höhe von bis zu zwei Prozent des weltweiten Umsatzes.
Die Verhandlungen mit dem Rat werden an einigen Punkten kompliziert werden, räumt der Parlamentsberichterstatter Dennis Radtke (CDU) im Gespräch mit Table.Briefings ein: “Wir haben als Europäisches Parlament ein sehr ambitioniertes Verhandlungsmandat verabschiedet, während der Rat an einigen Stellen den Kommissionsentwurf abgeschwächt hat.” Gleichzeitig rechnet er damit, die Verhandlungen unter der polnischen Ratspräsidentschaft, also bis Ende Juni, abschließen zu können.
Ich wünsche Ihnen einen spannenden Tag!
Jeden Tag erreichen zwölf Millionen Pakete mit Waren im Wert von weniger als 150 Euro die europäischen Grenzen. Das sind nach Angaben der Kommission doppelt so viele wie im Jahr 2023 und dreimal so viele wie im Jahr 2022. Im vergangenen Jahr waren es in der Summe 4,6 Milliarden Sendungen, die zollfrei in die EU gelangten. Das enorme Wachstum der Importe bringt eine Vielzahl von Herausforderungen mit sich.
Zu diesen Herausforderungen gehören illegale und unsichere Produkte, die nicht den EU-Normen entsprechen, der beträchtliche CO₂-Fußabdruck für Herstellung, Transport und Abfall sowie Wettbewerbsverzerrungen, wenn Händler aus Drittländern Kosten vermeiden. Diese Herausforderungen will die EU-Kommission jetzt angehen und hat dazu ein Maßnahmenpaket zum E-Commerce vorgestellt.
Die Kommission wolle sicherstellen, dass Verbraucher und Unternehmen weiterhin die Vorteile des Online-Shoppings genießen können, während die Risiken gefährlicher Produkte, die die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher bedrohen, minimiert werden, sagte Exekutiv-Vizepräsidentin Henna Virkkunen. “Wir wollen einen wettbewerbsfähigen E-Commerce-Sektor sehen, der die Verbraucher schützt, attraktive Produkte anbietet und die Umwelt respektiert.”
Die gewaltige Zunahme an Billigimporten geht nach Angaben der Kommission zu einem großen Teil zurück auf die enormen Verkaufserfolge von chinesischen Online-Marktplätzen wie Shein und Temu. Gleichzeitig fallen diese beiden Plattformen immer wieder auf, weil es Probleme beim Verbraucherschutz und Sicherheitsstandards gibt.
So wirft die Kommission beispielsweise Temu vor, manipulative Muster (Dark Patterns) zu verwenden, verstärkten Kaufdruck auszuüben und süchtig machende Designs einzusetzen. Am 31. Oktober 2024 leitete die Kommission ein förmliches Verfahren ein, um zu prüfen, ob Temu gegen den Digital Services Act (DSA) verstoßen hat.
Jetzt leitet die Kommission auch eine Untersuchung gegen Shein ein, um mögliche Verstöße gegen den europäischen Verbraucherschutz zu prüfen. Dabei geht es unter anderem um mutmaßlich missbräuchliche Vertragsbedingungen und unlautere Geschäftspraktiken.
Insgesamt hat die Kommission sieben Maßnahmenbereiche identifiziert, um den E-Commerce besser zu organisieren:
Vor allem im Zollbereich plant die Kommission seit längerem umfassende Reformen. Da die Menge an direkt an Verbraucher gelieferten Paketen stark gestiegen ist, reichen die derzeitigen Zollprozesse und -ressourcen nicht mehr aus. Die Kommission ist bei den Reformen jedoch auf die Unterstützung des Europäischen Parlaments und des Rates angewiesen. Sie hat bereits am 17. Mai 2023 einen Vorschlag für eine umfassende Reform der EU-Zollunion vorgelegt. Das Parlament hat seine Position im März 2024 gefunden, der Rat noch nicht. Es liegt jetzt an der polnischen Ratspräsidentschaft, das Thema voranzutreiben.
Vorgesehen hat die Kommission unter anderem:
Die Europäische Verbraucherorganisation Beuc, begrüßte die von der EU-Kommission vorgelegten Pläne und fordert ein rasches Handeln zur Durchsetzung bestehender Gesetze. “Die Tests von Verbrauchergruppen zeigen, dass viele online verkaufte Produkte wie Spielzeug und Textilien unsicher sind”, sagte Beuc-Generaldirektor Agustín Reyna. “Wenn es der EU ernst damit ist, Verbraucher zu schützen und den Weg zur Dekarbonisierung einzuschlagen, muss sie sicherstellen, dass sich alle an die gleichen Regeln halten.”
Unter anderem forderte Beuc, mit dem kommenden Gesetz über digitale Fairness das Verbraucherrecht zu aktualisieren. Das soll die Beweislast für Verfehlungen erleichtern und Verbraucher besser vor schädlichen Geschäftspraktiken wie Dark Patterns, süchtig machendem Design, Influencer-Marketing und unfairer Personalisierung schützen.
Leider verfüge die europäische Wirtschaftszone heute nicht über Schutzmaßnahmen gegen E-Commerce-Geschäftsmodelle von außerhalb der EU, die den Binnenmarkt ausnutzten, EU-Standards nicht einhielten und keine Zölle auf ihre Produkte zahlten, sagte Robert Gentz. Der Mitgründer und -CEO des Berliner Shein- und Temu-Wettbewerbers Zalando bewertete es daher positiv, dass die Kommission “einige pragmatische Lösungen in Betracht zieht”. Gentz forderte die “rasche Abschaffung der Zollfreigrenze und die konsequente Durchsetzung der EU-Vorschriften für alle Marktteilnehmer”.
Die Zahl ist im Raum, seit Ursula von der Leyen sie lanciert hat: Europa müsse in den kommenden zehn Jahren 500 Milliarden Euro zusätzlich in Verteidigung investieren, so die Kommissionspräsidentin. Verteidigungskommissar Andrius Kubilius wiederum hält allein mit Blick auf die militärische Mobilität Investitionen in Brücken, Eisenbahnen und Straßen in der Höhe von 200 Milliarden Euro für nötig.
Der Litauer wird die Optionen für die Finanzierung in seinem Weißbuch auflisten, das er am 19. März präsentieren soll. Im April werden die Finanzminister das Thema an ihrem informellen Treffen in Warschau diskutieren. Beim EU-Gipfel im Juni wollen die Staats- und Regierungschefs über mögliche europäische Verteidigungsprojekte entscheiden und welche Finanzierungsoptionen verfolgt werden sollen.
Der Status quo ist die Option, die derzeit insbesondere Deutschland und die Niederlande bevorzugen. Ergänzt durch Umschichtungen im Rahmen des kommenden MFR, wobei hier angesichts absehbarer Verteilungskämpfe der Spielraum klein sein dürfte. Verteidigung sei Sache der Mitgliedstaaten, stellte Bundeskanzler Olaf Scholz noch einmal klar. Entsprechend sollen die Rüstungsausgaben über die nationalen Haushalte finanziert werden.
Der Druck auf die nationalen Haushalte steigt, vor allem auch auf größere EU-Staaten wie Spanien und Italien, die das Zwei-Prozent-Ziel der Nato noch nicht erreichen. Noch deutlich mehr Geld wird nötig sein, wenn die Nato wie erwartet bei ihrem Juni-Gipfel die Untergrenze auf drei oder 3,5 Prozent anhebt.
Die Frage ist, wie Frankreich oder Italien mit hohen Schulden und Haushaltsdefiziten die zusätzlichen Ausgaben national stemmen sollen. “Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten”, sagte Ursula von der Leyen nach dem informellen Gipfel: Die Kommission werde schauen, wie die Flexibilität des Stabilitäts- und Wachstumspaktes noch mehr genutzt werden könne.
Ohne eine Änderung der EU-Fiskalregeln sind die Möglichkeiten aber begrenzt. Die Fiskalregeln erlauben keine Ausnahme von Verteidigungsausgaben aus der Defizitberechnung. Die Kommission kann gestiegene Verteidigungsausgaben aber bei der Entscheidung berücksichtigen, ob sie ein Defizitverfahren gegen einen Mitgliedstaat eröffnet.
Eine Finanzierung über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wirkt auf den ersten Blick wie eine attraktive Option. Schließlich scheinen dort 500 Milliarden Euro mehr oder weniger brachzuliegen. Während der Eurokrise wurde der Topf angelegt, um Mitgliedstaaten im Notfall mit günstigen Krediten zu unterstützen. Das Problem dabei ist, dass eine Nutzung des ESM auch dessen komplexe Governance einbeziehen müsste, die nicht für das Problem der Verteidigungsfinanzierung konzipiert ist, erklärt Lucas Guttenberg, Senior Advisor für europäische Wirtschaftspolitik bei der Bertelsmann Stiftung.
Zudem würden durch den ESM nur günstigere Kredite vergeben. Die Limitierung, die durch die europäischen Fiskalregeln gegeben ist, würde so nicht umgangen. Der zusätzliche finanzielle Spielraum dieser Option würde sich auf die Differenz der Zinskosten zwischen normalen Krediten und den vergünstigten ESM-Krediten begrenzen. Auch wenn die gesamte 500-Milliarden-Kapazität des ESM ausgenutzt würde, käme dabei also nur ein zusätzlicher finanzieller Spielraum von ein paar wenigen Milliarden Euro heraus. “Das Chaos ist groß, der Nutzen ist klein”, resümiert Guttenberg die ESM-Option. Dazu kommt, dass die ESM-Mittel dann fehlen würden, wenn sie bei einer erneuten Eurokrise für ihren eigentlichen Zweck benötigt würden.
Das Governance-Problem des ESM könnte zum Beispiel mit einem SURE-ähnlichen Programm umgangen werden. SURE war die erste Reaktion der EU auf die Covid-Pandemie. Die EU nahm am Markt Kredite auf und vergab diese Kredite zum selben Zinssatz an die Mitgliedstaaten. Wie das ESM-Konstrukt werden dabei aber nur Zinskosten gesenkt und kaum relevante finanzielle Spielräume geschaffen. Zudem wäre es eine Umverteilung von Ländern mit niedrigen Zinskosten zu Ländern mit hohen Zinskosten, was nicht zwingend mit der Verteilung der Bedürfnisse nach höheren Verteidigungsausgaben übereinstimmt.
Balten und Polen wollen die Verteidigungsbonds, Dänemark und Finnland sind neuerdings offen: Die Finanzierung über gemeinsame europäische Schulden würde im Gegensatz zu den anderen Optionen neue finanzielle Spielräume schaffen. Unklar ist aber, wie das Geld eingesetzt würde. Das Corona-Wiederaufbauprogramm Next Generation EU verteilte Zuschüsse an Mitgliedstaaten, die auf der Grundlage ihrer Pandemie-Betroffenheit errechnet wurden.
Bei einem ähnlichen Programm für Verteidigung wäre nicht klar, ob die Gelder auf Basis des aktuellen finanziellen Spielraums, der Wirtschaftskraft, der geografischen Nähe zu Russland oder anderen Kriterien verteilt werden sollten. Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Mitgliedstaaten gegenseitig ihre Armeen finanzieren wollen. “Wer die Verteidigungsfinanzierung vergemeinschaften will, vollzieht einen großen Integrationsschritt und muss auch verteidigungspolitische Entscheidungsstrukturen integrieren“, sagt Guttenberg von der Bertelsmann-Stiftung.
Etwas größere Chancen dürfte die gemeinschaftliche Finanzierung bei Projekten haben, bei denen ein klarer europäischer Mehrwert ersichtlich ist. Ein Beispiel wäre ein europäisches Raketenabwehrsystem, wie es Polens Regierungschef Donald Tusk zusammen mit dem griechischen Amtskollegen Kyriakos Mitsotakis vorgeschlagen hat. Eine europäische Finanzierung fordern Polen und Balten auch für eine militärische Befestigung der Ostflanke. Mit Blick auf Verteidigung im Weltraum oder im Cyberspace gäbe es weitere Projekte, die national nicht zu stemmen sind. Beim Schutz vor Raketen verfolgt Deutschland aber mit der “European Sky Shield Initiative” ein eigenes Projekt, das national finanziert werden soll.
Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) ist zuletzt als mögliche Option in den Fokus geraten. Die EIB kann aber keine finanziellen Spielräume in den Staatsbudgets schaffen. Sie kann nur die Privatwirtschaft unterstützen, Produktionskapazitäten hochzufahren. Und dies auch nur, wenn es um Dual-Use-Finanzierungen geht. Die EIB will ohnehin mit Blick auf ihr Kreditrating nicht zur Verteidigungsbank werden. 19 EU-Staaten haben jedoch im Januar die EIB aufgefordert, Möglichkeiten für eine noch flexiblere Auslegung der Regeln auszuloten.
Dabei fehlt es bei der EIB gar nicht an Geld. Man habe acht Milliarden Euro für Dual Use zur Verfügung gestellt, wovon bisher aber nur eine Milliarde genutzt worden sei, sagte EIB-Präsidentin Nadia Calviño vergangene Woche bei der Jahrespressekonferenz. Der limitierende Faktor sei nicht die Zurückhaltung der EIB, sondern der Mangel an Nachfrage der Industrie. Womit das Dilemma deutlich wird: Europa müsste mehr in seine Verteidigung investieren, die Industrie wartet auf Bestellungen, von denen zu wenige kommen, weil in den Mitgliedstaaten die Mittel knapp sind oder andere Themen Vorrang haben.
07.02.2025, 8:30-16:00 Uhr, Brüssel
EURAC, Conference Cultural Final E-Conference: “Driving sustainable housing forward: decarbonizing buildings with Plus Energy solutions for comfortable and affordable living”.
The Cultural Final E-Conference will focus on advancing sustainable housing by decarbonizing buildings through Plus Energy solutions for comfortable and affordable living. INFOS & REGISTRATION
10.02.2025, 16:00-17:30 Uhr, online
Eurogas, Seminar The role of biomethane within the GHG protocol
The webinar will explore the role of biomethane within the GHG protocol, featuring discussions from various stakeholders on its impact and integration into greenhouse gas accounting. INFOS & REGISTRATION
10. bis 13.02.2025, 09:00 Uhr, Nova Gorica (Slovenia)
Seminar First Winter Camp on Vocational Excellence
The first Winter Camp on Vocational Excellence will focus on enhancing learning experiences in Vocational Education and Training (VET), using innovative methods, fostering partnerships, and establishing effective governance and funding mechanisms, with insights from experienced Centres of Vocational Excellence. INFOS & REGISTRATION
11.02.2025,14:00-15.30 Uhr, online
FEAD, Workshop Household Hazardous Waste
The Hazards Out project, in collaboration with ACR+ and Hazardous Waste Europe, is organizing workshops to exchange best practices and promote collaboration on the mandatory separate collection of hazardous household waste (HHW), featuring insights from key industry and policy experts. INFOS & REGISTRATION
Die Gesetzgebungsvorschläge der Kommission für eine neue KMU-Definition und zur Entbürokratisierung sollen im zweiten Quartal kommen. Laut einem Entwurf des Arbeitsprogramms, das das College kommende Woche beschließen will, ist ein “Omnibus”-Paket “on small mid caps and the removal of paper requirements” im zweiten Quartal geplant wie auch ein “Omnibus” “on investment simplification”. Contexte hat den Entwurf veröffentlicht. Der erste Omnibus zu den Berichtspflichten soll gemäß der aktuellen Kommissionsagenda bereits am 26. Februar kommen.
Neu ist zudem: Die Aufnahme eines Emissionsziels für 2040 in das EU-Klimagesetz ist jetzt für das zweite Quartal 2025 geplant. Bei den anderen Vorhaben der Kommission gibt es keine Unterschiede zu dem kürzlich vorgestellten Fahrplan im Rahmen des Wettbewerbsfähigkeitskompass.
Anders als erwartet, will die Kommission in diesem Jahr keinen Vorschlag mehr für die Regulierung alternativer Tabakprodukte machen. mgr
Das Gericht der Europäischen Union hat eine von Polen angestrengte Klage gegen die Vollstreckung von Zwangsgeldern abgewiesen. Wie die Richter in Luxemburg mitteilten, wurde ein Betrag in Höhe von rund 320 Millionen Euro zu Recht mit verschiedenen Forderungen Polens gegenüber der Union verrechnet. Die zuständige EU-Kommission habe mit der Einziehung der geschuldeten Beträge nicht gegen Unionsrecht verstoßen, hieß es.
Die Zwangsgelder gegen Polen waren 2021 im Zuge eines Streits über eine Justizreform der damaligen PiS-Regierung verhängt worden. Diese verstieß aus Sicht der EU-Kommission in Teilen gegen Rechtsstaatlichkeitsregeln der EU, was auch der Europäische Gerichtshof bestätigte. Ein Ende des Streits brachte erst der Regierungswechsel 2023. Die neue Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk sagte damals zu, die kritisierten Reformen wieder rückgängig zu machen.
Gegen die Entscheidung des Gerichts kann Polen theoretisch noch Einspruch beim Europäischen Gerichtshof einlegen. Ob dies geschehen wird, blieb vorerst unklar. Die Klage vor dem untergeordneten EU-Gericht war noch zu Zeiten der nationalkonservativen PiS-Regierung gestartet worden. dpa
Der Europäische Rechnungshof hat den Aktionsplan der EU zur militärischen Mobilität unter die Lupe genommen. Dabei kam er zu ernüchternden Ergebnissen. Die Streitkräfte der EU-Staaten seien nach wie vor nicht in der Lage, sich auf dem Territorium der Union rasch zu bewegen, kritisieren die Prüfer in einem neuen Bericht. Das Ziel, Truppen, Ausrüstung und Nachschub in Europa schnell und reibungslos zu verlegen, sei nicht erreicht.
Konzeptionsschwächen stünden einem schnellen Fortschritt im Weg, heißt es im Bericht. Mit 1,7 Milliarden Euro für die laufende Haushaltsperiode 2021 bis 2027 hätten die Mittel einem Bruchteil der Bedürfnisse entsprochen und seien deshalb bereits im zweiten Jahr aufgebraucht gewesen.
Vor allem vor dem Hintergrund der Gesamtaufwendung für Verteidigung in der Höhe von 280 Milliarden Euro allein im vergangenen Jahr wirkten die Mittel wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Nun bestehe eine Finanzierungslücke von vier Jahren, schreiben die Prüfer. Eine stabile und vorhersehbare Förderung sei damit erschwert.
Mit Blick auf künftige Finanzierungen fordern die Prüfer eine zentrale Anlaufstelle für militärische Mobilität in der EU und klare Regeln bei den Zuständigkeiten. Heute sei die Verwaltung vielschichtig und zersplittert. Es sei häufig unklar, wer wofür zuständig sei. Die EU-Kommission habe Projekte auf Einzelfallbasis, nicht immer an den strategisch wichtigen Standorten und ohne Blick auf die Gesamtlage ausgewählt.
Mitfinanziert habe die Kommission hauptsächlich Projekte im Osten. Grenzüberschreitende Projekte oder die südliche Route Richtung Ukraine habe sie dagegen kaum berücksichtigt. Dabei habe die Kommission teilweise Projekte ausgewählt, bevor die dringendsten Prioritäten klar gewesen seien.
Militärische Mobilität ist eine Priorität auf der Agenda von Verteidigungskommissar Andrius Kubilius, der den Bedarf auf 200 Milliarden Euro beziffert hat. Sie sei von entscheidender Bedeutung für eine überzeugende Verteidigungsfähigkeit der EU, sagt der zuständige Prüfer Marek Opiola.
Aktuell müssen Panzer große Umwege fahren und können Brücken nicht nutzen, weil diese nicht tragfähig genug sind. Auch überbordende Bürokratie bremst die Verlegung aus. So verlangen EU-Staaten untereinander teilweise für eine Genehmigung eine Vorlaufzeit von 45 Tagen. sti
Für ihren Aktionsplan zu erschwinglichen Energiepreisen strebt die Kommission eine verbesserte Aufsicht über den Gasmarkt an. Eine stärkere Aufsicht und mehr Wettbewerb bei Gas sei einer der Optionen, die die Kommission derzeit für den Aktionsplan diskutiere, sagte Energiekommissar Dan Jørgensen am Mittwoch bei einer Konferenz der “Financial Times”. Den Aktionsplan will die Kommission am 26. Februar mit dem Clean Industrial Deal vorlegen.
Als zwei weitere Punkte nannte Jørgensen die “nicht-energiebezogenen Bestandteile von Energierechnungen” – also Steuern – und “Anreize für Instrumente, die helfen, Energierechnungen von den Preisen für fossile Energien zu entkoppeln”. Damit dürfte im Wesentlichen der weitere Ausbau von erneuerbaren Energien gemeint sein und der Zugang einzelner Kundengruppen zu konkreten Anlagen. Möglich wären aber auch Anreize für die Flexibilisierung des Verbrauchs.
Langfristig müsse der Energiebinnenmarkt weiter gestärkt werden, sagte der Kommissar weiter. Die finanziellen Vorteile für Verbraucher ließen sich durch eine weitere Vertiefung bis 2030 von 34 auf 40 Milliarden Euro pro Jahr erhöhen.
Mehr Investitionen in saubere Energie waren außerdem ein Hauptpunkt bei einer Diskussion von Jørgensen mit Vertretern der Energiewirtschaft am 30. Januar. Die Generaldirektion Energie wollte von den Teilnehmern wissen, mit welchen Instrumenten sich mehr privates Kapital mobilisieren ließe.
Der DG ging es vor allem um nicht-legislative Maßnahmen, die schnell wirken – ebenso beim Thema niedrigere Energiepreise, wie aus Unterlagen hervorgeht, die Table.Briefings vorliegen. Im Vordergrund der Diskussion standen demnach kurzfristige Maßnahmen zur Implementierung der in der vorigen Legislatur beschlossenen Reform des Strommarkts und der Erneuerbaren-Richtlinie sowie des Aktionsplans für Netze und der Strategien für Wind- und Solarenergie. ber
Die Europäische Kommission sieht nur wenige Fortschritte der Mitgliedstaaten beim Schutz der natürlichen Gewässer. Diese Woche stellte Umweltkommissarin Jessika Roswall in Brüssel die Ergebnisse dreier Evaluationen vor, die sich mit der Umsetzung
Die Ergebnisse sollen auch in der Wasser-Resilienzstrategie berücksichtigt werden, die Roswall für “später in diesem Frühjahr” ankündigte.
Als größten Erfolg wertete Roswall die Verringerung von Müll an Meeresstränden um 29 Prozent im Vergleich zur Evaluation vor sechs Jahren. An der Ostsee sank dieser Wert sogar um 45 Prozent. Ein Mix aus öffentlichem Druck, politischem Handlungswillen und einer soliden Gesetzeslage hätten die positive Veränderung ermöglicht, heißt es in dem Bericht zur Meeresstrategie.
In den meisten anderen Untersuchungsfeldern zeigte sich nur wenig Veränderung im Vergleich zur letzten Evaluation. So blieb etwa der EU-weite Wert für einen “guten” oder “hohen ökologischen Status” von inländischen Oberflächengewässern mit 39,5 Prozent fast unverändert. Die Werte beim “chemischen Status” von Oberflächengewässern verschlechterten sich sogar.
Lediglich knapp 27 Prozent statt zuvor 33,5 Prozent der Gewässer wiesen nur wenig Verschmutzung durch Chemikalien wie Quecksilber und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe wie Naphthalin auf. Diese Stoffe gelangen durch Verbrennung von fossilen Energieträgern erst in die Luft und später ins Wasser. Auch Metalle sowie Biozide und Pestizide seien europaweit für die anhaltende chemische Verschmutzung verantwortlich.
Zu den Ewigkeitschemikalien PFAS steht in den Berichten kaum etwas, da entsprechende Messungen erst zukünftig erwartet werden. Besonders bedeutsam sei aber die Verunreinigung etwa der Ostsee durch Nitrate aus der Landwirtschaft.
Beamte der EU-Kommission wiesen darauf hin, dass die Berichte einerseits unvollständig seien, da nicht alle Mitgliedstaaten ihre Daten rechtzeitig und vollständig übermittelt hätten. Andererseits “sieht man jetzt mehr als vor sechs Jahren”, hieß es, da Mitgliedstaaten die Wasser-Überwachungssysteme “eindeutig verbessert” hätten. “Wo man mehr schaut, sieht man mitunter auch mehr Verschmutzung”, hieß es aus der Kommission. Es sei dadurch aber schwer festzustellen, woher Veränderungen in den Daten herrührten. av
Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), Christoph Heusgen, hat die Europäer aufgefordert, eine Lösung im sich abzeichnenden Konflikt mit den USA um Grönland zu suchen. “Ich könnte mir gut vorstellen, dass man versucht, Grönland dann auch dazuzugewinnen, Mitglied der Nato zu werden”, sagte Heusgen am Mittwoch im Reuters-TV-Interview.
Denkbar sei auch eine EU-Mitgliedschaft oder -Assoziierung. “Ich glaube, dass man damit die Probleme …, die es gibt, lösen könnte.” In Grönland gibt es derzeit Tendenzen, sich endgültig von Dänemark zu lösen und unabhängig zu werden.
Zugleich kritisierte Heusgen US-Präsident Donald Trump für seinen Anspruch auf die riesige Insel. “Eine militärische Übernahme, wie Präsident Trump das angekündigt hat, wäre ein Verstoß gegen internationales Recht. Das wäre ein Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen. Das ist jetzt was, was auf keinen Fall passieren kann”, sagte Heusgen.
Er sprach sich dafür aus, dass auch die Bundeswehr zum Einsatz kommt, wenn die Nato auf Grönland stationiert werden sollte. “Wenn wir gefragt werden, wenn wir die Fähigkeiten haben, sollten wir natürlich einen Beitrag dazu leisten.”
Heusgen betonte aber, dass eine Debatte über die strategische Bedeutung Grönlands sehr wichtig sei. Die MSC habe das Thema arktische Sicherheit seit langem auf der Tagesordnung. “Wir sehen, dass da oben ein gewisses Vakuum ist beziehungsweise sich eine neue Konstellation ergibt. Die muss man auf dem Radarschirm haben.” Grönland sei in der Region ein wichtiger Standort, sagte er mit Blick auf das schmelzende Eis und die zunehmende Präsenz auch Russlands und Chinas in der Arktis. rtr
Zuerst klotzen die USA mit dem 500-Milliarden-Programm Stargate. Dann erschüttert China die Börsen mit dem raffinierten KI-Modell Deepseek – und wo bleibt Europa? Beim AI Action Summit, der Anfang kommender Woche in Paris stattfindet, beraten Fachleute aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über den europäischen Kurs in einer zunehmend bipolaren KI-Welt.
“Wir sollten uns nicht entmutigen lassen, sondern an unseren Werten festhalten und nach Verbündeten suchen“, sagt die Rechtswissenschaftlerin Sandra Wachter. Sie wird als Expertin für Datenethik am Pariser KI-Gipfel teilnehmen und hat in den vergangenen Jahren maßgeblich zur Gestaltung des europäischen AI Acts beigetragen. Wer bei KI-Produkten weder auf Nachhaltigkeit noch auf Fairness achte, der schade sich mittelfristig selbst, sagt Wachter.
Die Juristin arbeitet am Oxford Internet Institute der Oxford University. Am 1. März tritt sie ihre Humboldt-Professur für Künstliche Intelligenz an der gemeinsamen Digital-Engineering-Fakultät des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) und der Universität Potsdam an. Es handelt sich um die letzte von insgesamt 20 zusätzlichen Humboldt-Professuren für KI, die vom BMBF mit je 3,5 Millionen Euro ausgestattet und von der Alexander von Humboldt-Stiftung vergeben wurden. Am 5. Mai findet die offizielle Preisverleihung in Berlin statt. “Ich bin überwältigt, diesen tollen Forschungspreis zu bekommen”, sagt die junge Wissenschaftlerin, “die Berufung ist eine große Ehre”.
Sandra Wachter ist in Wien geboren und aufgewachsen. Ursprünglich habe sie Medizintechnik studieren wollen, erzählt sie, sich dann aber doch für ein Jurastudium mit Promotion an der Universität Wien entschieden. Das Faible für Technisches blieb bestehen. “Als ich erkannte, wie sehr unsere Gesellschaft von neuen Technologien beeinflusst wird, bin ich nach Oxford gegangen, um noch einen Master in Soziologie zu machen.” Nach einem Forschungsaufenthalt an der Harvard Law School wurde Wachter 2017 in die Fakultät des Oxford Internet Institute aufgenommen. Seither hat sie viele Regierungen, Unternehmen und NGOs zu ethischen und regulatorischen Fragen rund um neue Technologien beraten.
Für die meisten Menschen sei KI eine mächtige Black Box mit völlig undurchsichtiger Mechanik, sagt Wachter. Das will sie ändern. “Wer von einer KI-Entscheidung betroffen ist, sollte ein Recht darauf haben zu verstehen, warum die Künstliche Intelligenz diese oder jene Entscheidung getroffen hat.” Beispielsweise Bankkunden, deren Darlehensantrag ohne Angabe von Gründen zurückgewiesen wurde. Dahinter stehe oft eine KI, die ein bestimmtes Mindesteinkommen voraussetze. “In diesem Fall müsste die Bank mitteilen, dass es das Darlehen erst ab einem Jahresverdienst von, sagen wir, 50.000 Euro gibt”, sagt Wachter.
Erklärbare KI, so heißt ein neues Forschungsgebiet, das Wachter mitbegründet hat und das sie als Humboldt-Professorin am HPI-Cluster “Data and AI” weiterentwickeln will. Dort verspricht man sich von ihr starke Impulse für eine transparente und faire KI, aber auch Ideen für praktikable Regulierungs- und Kontrollverfahren, die Innovationen nicht ersticken. Darüber hinaus sollen in Zusammenarbeit mit dem HPI-Cluster “Digital Health”-Standards für die ethische Gestaltung von KI-Systemen für medizinischen Anwendungen entwickelt werden.
In den kommenden Monaten will Wachter erst einmal ein interdisziplinäres Team aufbauen, mit Informatikern, Sozialwissenschaftlern, Juristen, Psychologen und Ethikern. Wichtig sei die Vernetzung mit der “riesengroßen Szene des KI-Hotspots Berlin”, den Hochschulen, dem Weizenbaum-Institut und NGOs wie Algorithm Watch. Über Jahre gewachsene Verbindungen nach Großbritannien und in die USA will Wachter für neue Kooperationen nutzen.
Von einer vertrauenswürdigen KI, davon ist die neue Humboldt-Professorin überzeugt, wird die Wirtschaft schon bald profitieren. Hilfreich seien Label zur Kennzeichnung technisch und ethisch einwandfreier Produkte, an denen sich Verbraucherinnen und Verbraucher orientieren können. “Hier sehe ich eine große Chance für die europäische Industrie”, sagt Wachter. Und eine Gelegenheit für Konsumenten, ihre Marktmacht zu beweisen. Lilo Berg
geht mehr Soziales, wenn Wettbewerbsfähigkeit das Gebot der Stunde ist? Das ist die zentrale Frage, die sich bei den heute beginnenden Trilogverhandlungen zur Reform der Europäischen Betriebsräte stellen wird. Das Dossier ist das Erste aus dem Bereich Arbeit und Soziales, das in der neuen Legislaturperiode verhandelt wird. Es ist noch übriggeblieben aus dem vorherigen Mandat, in dem Gewerkschafter und Sozialpolitiker deutlichen Rückenwind erfuhren. In der aktuellen Kommission, aber auch im Rat und im Parlament sind Sozialpolitiker heute weniger stark präsent.
Die Reform der Richtlinie zu den Europäischen Betriebsräten segelt unter dem Radar, es ist kein Blockbuster-Vorhaben wie die Mindestlohnrichtlinie oder das Plattformarbeitsgesetz. Das ist aber nicht zwingend ein Nachteil bei der Verhandlung der umstrittensten Punkte: Die verbindliche Einbindung der Betriebsräte in die Entscheidungsprozesse, sowie die Sanktionen für Unternehmen, die ihren Einbindungspflichten nicht nachkommen.
Nach Angaben der Kommission sind die bisherigen Sanktionen “nicht abschreckend genug”. In Deutschland ist es derzeit nur eine Ordnungswidrigkeit. Die betroffenen multinationalen Unternehmen müssen selbst im schlimmsten Fall maximal 15.000 Euro zahlen. Das Parlament verlangt in seiner Position einen Strafrahmen in der Höhe von bis zu zwei Prozent des weltweiten Umsatzes.
Die Verhandlungen mit dem Rat werden an einigen Punkten kompliziert werden, räumt der Parlamentsberichterstatter Dennis Radtke (CDU) im Gespräch mit Table.Briefings ein: “Wir haben als Europäisches Parlament ein sehr ambitioniertes Verhandlungsmandat verabschiedet, während der Rat an einigen Stellen den Kommissionsentwurf abgeschwächt hat.” Gleichzeitig rechnet er damit, die Verhandlungen unter der polnischen Ratspräsidentschaft, also bis Ende Juni, abschließen zu können.
Ich wünsche Ihnen einen spannenden Tag!
Jeden Tag erreichen zwölf Millionen Pakete mit Waren im Wert von weniger als 150 Euro die europäischen Grenzen. Das sind nach Angaben der Kommission doppelt so viele wie im Jahr 2023 und dreimal so viele wie im Jahr 2022. Im vergangenen Jahr waren es in der Summe 4,6 Milliarden Sendungen, die zollfrei in die EU gelangten. Das enorme Wachstum der Importe bringt eine Vielzahl von Herausforderungen mit sich.
Zu diesen Herausforderungen gehören illegale und unsichere Produkte, die nicht den EU-Normen entsprechen, der beträchtliche CO₂-Fußabdruck für Herstellung, Transport und Abfall sowie Wettbewerbsverzerrungen, wenn Händler aus Drittländern Kosten vermeiden. Diese Herausforderungen will die EU-Kommission jetzt angehen und hat dazu ein Maßnahmenpaket zum E-Commerce vorgestellt.
Die Kommission wolle sicherstellen, dass Verbraucher und Unternehmen weiterhin die Vorteile des Online-Shoppings genießen können, während die Risiken gefährlicher Produkte, die die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher bedrohen, minimiert werden, sagte Exekutiv-Vizepräsidentin Henna Virkkunen. “Wir wollen einen wettbewerbsfähigen E-Commerce-Sektor sehen, der die Verbraucher schützt, attraktive Produkte anbietet und die Umwelt respektiert.”
Die gewaltige Zunahme an Billigimporten geht nach Angaben der Kommission zu einem großen Teil zurück auf die enormen Verkaufserfolge von chinesischen Online-Marktplätzen wie Shein und Temu. Gleichzeitig fallen diese beiden Plattformen immer wieder auf, weil es Probleme beim Verbraucherschutz und Sicherheitsstandards gibt.
So wirft die Kommission beispielsweise Temu vor, manipulative Muster (Dark Patterns) zu verwenden, verstärkten Kaufdruck auszuüben und süchtig machende Designs einzusetzen. Am 31. Oktober 2024 leitete die Kommission ein förmliches Verfahren ein, um zu prüfen, ob Temu gegen den Digital Services Act (DSA) verstoßen hat.
Jetzt leitet die Kommission auch eine Untersuchung gegen Shein ein, um mögliche Verstöße gegen den europäischen Verbraucherschutz zu prüfen. Dabei geht es unter anderem um mutmaßlich missbräuchliche Vertragsbedingungen und unlautere Geschäftspraktiken.
Insgesamt hat die Kommission sieben Maßnahmenbereiche identifiziert, um den E-Commerce besser zu organisieren:
Vor allem im Zollbereich plant die Kommission seit längerem umfassende Reformen. Da die Menge an direkt an Verbraucher gelieferten Paketen stark gestiegen ist, reichen die derzeitigen Zollprozesse und -ressourcen nicht mehr aus. Die Kommission ist bei den Reformen jedoch auf die Unterstützung des Europäischen Parlaments und des Rates angewiesen. Sie hat bereits am 17. Mai 2023 einen Vorschlag für eine umfassende Reform der EU-Zollunion vorgelegt. Das Parlament hat seine Position im März 2024 gefunden, der Rat noch nicht. Es liegt jetzt an der polnischen Ratspräsidentschaft, das Thema voranzutreiben.
Vorgesehen hat die Kommission unter anderem:
Die Europäische Verbraucherorganisation Beuc, begrüßte die von der EU-Kommission vorgelegten Pläne und fordert ein rasches Handeln zur Durchsetzung bestehender Gesetze. “Die Tests von Verbrauchergruppen zeigen, dass viele online verkaufte Produkte wie Spielzeug und Textilien unsicher sind”, sagte Beuc-Generaldirektor Agustín Reyna. “Wenn es der EU ernst damit ist, Verbraucher zu schützen und den Weg zur Dekarbonisierung einzuschlagen, muss sie sicherstellen, dass sich alle an die gleichen Regeln halten.”
Unter anderem forderte Beuc, mit dem kommenden Gesetz über digitale Fairness das Verbraucherrecht zu aktualisieren. Das soll die Beweislast für Verfehlungen erleichtern und Verbraucher besser vor schädlichen Geschäftspraktiken wie Dark Patterns, süchtig machendem Design, Influencer-Marketing und unfairer Personalisierung schützen.
Leider verfüge die europäische Wirtschaftszone heute nicht über Schutzmaßnahmen gegen E-Commerce-Geschäftsmodelle von außerhalb der EU, die den Binnenmarkt ausnutzten, EU-Standards nicht einhielten und keine Zölle auf ihre Produkte zahlten, sagte Robert Gentz. Der Mitgründer und -CEO des Berliner Shein- und Temu-Wettbewerbers Zalando bewertete es daher positiv, dass die Kommission “einige pragmatische Lösungen in Betracht zieht”. Gentz forderte die “rasche Abschaffung der Zollfreigrenze und die konsequente Durchsetzung der EU-Vorschriften für alle Marktteilnehmer”.
Die Zahl ist im Raum, seit Ursula von der Leyen sie lanciert hat: Europa müsse in den kommenden zehn Jahren 500 Milliarden Euro zusätzlich in Verteidigung investieren, so die Kommissionspräsidentin. Verteidigungskommissar Andrius Kubilius wiederum hält allein mit Blick auf die militärische Mobilität Investitionen in Brücken, Eisenbahnen und Straßen in der Höhe von 200 Milliarden Euro für nötig.
Der Litauer wird die Optionen für die Finanzierung in seinem Weißbuch auflisten, das er am 19. März präsentieren soll. Im April werden die Finanzminister das Thema an ihrem informellen Treffen in Warschau diskutieren. Beim EU-Gipfel im Juni wollen die Staats- und Regierungschefs über mögliche europäische Verteidigungsprojekte entscheiden und welche Finanzierungsoptionen verfolgt werden sollen.
Der Status quo ist die Option, die derzeit insbesondere Deutschland und die Niederlande bevorzugen. Ergänzt durch Umschichtungen im Rahmen des kommenden MFR, wobei hier angesichts absehbarer Verteilungskämpfe der Spielraum klein sein dürfte. Verteidigung sei Sache der Mitgliedstaaten, stellte Bundeskanzler Olaf Scholz noch einmal klar. Entsprechend sollen die Rüstungsausgaben über die nationalen Haushalte finanziert werden.
Der Druck auf die nationalen Haushalte steigt, vor allem auch auf größere EU-Staaten wie Spanien und Italien, die das Zwei-Prozent-Ziel der Nato noch nicht erreichen. Noch deutlich mehr Geld wird nötig sein, wenn die Nato wie erwartet bei ihrem Juni-Gipfel die Untergrenze auf drei oder 3,5 Prozent anhebt.
Die Frage ist, wie Frankreich oder Italien mit hohen Schulden und Haushaltsdefiziten die zusätzlichen Ausgaben national stemmen sollen. “Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten”, sagte Ursula von der Leyen nach dem informellen Gipfel: Die Kommission werde schauen, wie die Flexibilität des Stabilitäts- und Wachstumspaktes noch mehr genutzt werden könne.
Ohne eine Änderung der EU-Fiskalregeln sind die Möglichkeiten aber begrenzt. Die Fiskalregeln erlauben keine Ausnahme von Verteidigungsausgaben aus der Defizitberechnung. Die Kommission kann gestiegene Verteidigungsausgaben aber bei der Entscheidung berücksichtigen, ob sie ein Defizitverfahren gegen einen Mitgliedstaat eröffnet.
Eine Finanzierung über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wirkt auf den ersten Blick wie eine attraktive Option. Schließlich scheinen dort 500 Milliarden Euro mehr oder weniger brachzuliegen. Während der Eurokrise wurde der Topf angelegt, um Mitgliedstaaten im Notfall mit günstigen Krediten zu unterstützen. Das Problem dabei ist, dass eine Nutzung des ESM auch dessen komplexe Governance einbeziehen müsste, die nicht für das Problem der Verteidigungsfinanzierung konzipiert ist, erklärt Lucas Guttenberg, Senior Advisor für europäische Wirtschaftspolitik bei der Bertelsmann Stiftung.
Zudem würden durch den ESM nur günstigere Kredite vergeben. Die Limitierung, die durch die europäischen Fiskalregeln gegeben ist, würde so nicht umgangen. Der zusätzliche finanzielle Spielraum dieser Option würde sich auf die Differenz der Zinskosten zwischen normalen Krediten und den vergünstigten ESM-Krediten begrenzen. Auch wenn die gesamte 500-Milliarden-Kapazität des ESM ausgenutzt würde, käme dabei also nur ein zusätzlicher finanzieller Spielraum von ein paar wenigen Milliarden Euro heraus. “Das Chaos ist groß, der Nutzen ist klein”, resümiert Guttenberg die ESM-Option. Dazu kommt, dass die ESM-Mittel dann fehlen würden, wenn sie bei einer erneuten Eurokrise für ihren eigentlichen Zweck benötigt würden.
Das Governance-Problem des ESM könnte zum Beispiel mit einem SURE-ähnlichen Programm umgangen werden. SURE war die erste Reaktion der EU auf die Covid-Pandemie. Die EU nahm am Markt Kredite auf und vergab diese Kredite zum selben Zinssatz an die Mitgliedstaaten. Wie das ESM-Konstrukt werden dabei aber nur Zinskosten gesenkt und kaum relevante finanzielle Spielräume geschaffen. Zudem wäre es eine Umverteilung von Ländern mit niedrigen Zinskosten zu Ländern mit hohen Zinskosten, was nicht zwingend mit der Verteilung der Bedürfnisse nach höheren Verteidigungsausgaben übereinstimmt.
Balten und Polen wollen die Verteidigungsbonds, Dänemark und Finnland sind neuerdings offen: Die Finanzierung über gemeinsame europäische Schulden würde im Gegensatz zu den anderen Optionen neue finanzielle Spielräume schaffen. Unklar ist aber, wie das Geld eingesetzt würde. Das Corona-Wiederaufbauprogramm Next Generation EU verteilte Zuschüsse an Mitgliedstaaten, die auf der Grundlage ihrer Pandemie-Betroffenheit errechnet wurden.
Bei einem ähnlichen Programm für Verteidigung wäre nicht klar, ob die Gelder auf Basis des aktuellen finanziellen Spielraums, der Wirtschaftskraft, der geografischen Nähe zu Russland oder anderen Kriterien verteilt werden sollten. Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Mitgliedstaaten gegenseitig ihre Armeen finanzieren wollen. “Wer die Verteidigungsfinanzierung vergemeinschaften will, vollzieht einen großen Integrationsschritt und muss auch verteidigungspolitische Entscheidungsstrukturen integrieren“, sagt Guttenberg von der Bertelsmann-Stiftung.
Etwas größere Chancen dürfte die gemeinschaftliche Finanzierung bei Projekten haben, bei denen ein klarer europäischer Mehrwert ersichtlich ist. Ein Beispiel wäre ein europäisches Raketenabwehrsystem, wie es Polens Regierungschef Donald Tusk zusammen mit dem griechischen Amtskollegen Kyriakos Mitsotakis vorgeschlagen hat. Eine europäische Finanzierung fordern Polen und Balten auch für eine militärische Befestigung der Ostflanke. Mit Blick auf Verteidigung im Weltraum oder im Cyberspace gäbe es weitere Projekte, die national nicht zu stemmen sind. Beim Schutz vor Raketen verfolgt Deutschland aber mit der “European Sky Shield Initiative” ein eigenes Projekt, das national finanziert werden soll.
Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) ist zuletzt als mögliche Option in den Fokus geraten. Die EIB kann aber keine finanziellen Spielräume in den Staatsbudgets schaffen. Sie kann nur die Privatwirtschaft unterstützen, Produktionskapazitäten hochzufahren. Und dies auch nur, wenn es um Dual-Use-Finanzierungen geht. Die EIB will ohnehin mit Blick auf ihr Kreditrating nicht zur Verteidigungsbank werden. 19 EU-Staaten haben jedoch im Januar die EIB aufgefordert, Möglichkeiten für eine noch flexiblere Auslegung der Regeln auszuloten.
Dabei fehlt es bei der EIB gar nicht an Geld. Man habe acht Milliarden Euro für Dual Use zur Verfügung gestellt, wovon bisher aber nur eine Milliarde genutzt worden sei, sagte EIB-Präsidentin Nadia Calviño vergangene Woche bei der Jahrespressekonferenz. Der limitierende Faktor sei nicht die Zurückhaltung der EIB, sondern der Mangel an Nachfrage der Industrie. Womit das Dilemma deutlich wird: Europa müsste mehr in seine Verteidigung investieren, die Industrie wartet auf Bestellungen, von denen zu wenige kommen, weil in den Mitgliedstaaten die Mittel knapp sind oder andere Themen Vorrang haben.
07.02.2025, 8:30-16:00 Uhr, Brüssel
EURAC, Conference Cultural Final E-Conference: “Driving sustainable housing forward: decarbonizing buildings with Plus Energy solutions for comfortable and affordable living”.
The Cultural Final E-Conference will focus on advancing sustainable housing by decarbonizing buildings through Plus Energy solutions for comfortable and affordable living. INFOS & REGISTRATION
10.02.2025, 16:00-17:30 Uhr, online
Eurogas, Seminar The role of biomethane within the GHG protocol
The webinar will explore the role of biomethane within the GHG protocol, featuring discussions from various stakeholders on its impact and integration into greenhouse gas accounting. INFOS & REGISTRATION
10. bis 13.02.2025, 09:00 Uhr, Nova Gorica (Slovenia)
Seminar First Winter Camp on Vocational Excellence
The first Winter Camp on Vocational Excellence will focus on enhancing learning experiences in Vocational Education and Training (VET), using innovative methods, fostering partnerships, and establishing effective governance and funding mechanisms, with insights from experienced Centres of Vocational Excellence. INFOS & REGISTRATION
11.02.2025,14:00-15.30 Uhr, online
FEAD, Workshop Household Hazardous Waste
The Hazards Out project, in collaboration with ACR+ and Hazardous Waste Europe, is organizing workshops to exchange best practices and promote collaboration on the mandatory separate collection of hazardous household waste (HHW), featuring insights from key industry and policy experts. INFOS & REGISTRATION
Die Gesetzgebungsvorschläge der Kommission für eine neue KMU-Definition und zur Entbürokratisierung sollen im zweiten Quartal kommen. Laut einem Entwurf des Arbeitsprogramms, das das College kommende Woche beschließen will, ist ein “Omnibus”-Paket “on small mid caps and the removal of paper requirements” im zweiten Quartal geplant wie auch ein “Omnibus” “on investment simplification”. Contexte hat den Entwurf veröffentlicht. Der erste Omnibus zu den Berichtspflichten soll gemäß der aktuellen Kommissionsagenda bereits am 26. Februar kommen.
Neu ist zudem: Die Aufnahme eines Emissionsziels für 2040 in das EU-Klimagesetz ist jetzt für das zweite Quartal 2025 geplant. Bei den anderen Vorhaben der Kommission gibt es keine Unterschiede zu dem kürzlich vorgestellten Fahrplan im Rahmen des Wettbewerbsfähigkeitskompass.
Anders als erwartet, will die Kommission in diesem Jahr keinen Vorschlag mehr für die Regulierung alternativer Tabakprodukte machen. mgr
Das Gericht der Europäischen Union hat eine von Polen angestrengte Klage gegen die Vollstreckung von Zwangsgeldern abgewiesen. Wie die Richter in Luxemburg mitteilten, wurde ein Betrag in Höhe von rund 320 Millionen Euro zu Recht mit verschiedenen Forderungen Polens gegenüber der Union verrechnet. Die zuständige EU-Kommission habe mit der Einziehung der geschuldeten Beträge nicht gegen Unionsrecht verstoßen, hieß es.
Die Zwangsgelder gegen Polen waren 2021 im Zuge eines Streits über eine Justizreform der damaligen PiS-Regierung verhängt worden. Diese verstieß aus Sicht der EU-Kommission in Teilen gegen Rechtsstaatlichkeitsregeln der EU, was auch der Europäische Gerichtshof bestätigte. Ein Ende des Streits brachte erst der Regierungswechsel 2023. Die neue Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk sagte damals zu, die kritisierten Reformen wieder rückgängig zu machen.
Gegen die Entscheidung des Gerichts kann Polen theoretisch noch Einspruch beim Europäischen Gerichtshof einlegen. Ob dies geschehen wird, blieb vorerst unklar. Die Klage vor dem untergeordneten EU-Gericht war noch zu Zeiten der nationalkonservativen PiS-Regierung gestartet worden. dpa
Der Europäische Rechnungshof hat den Aktionsplan der EU zur militärischen Mobilität unter die Lupe genommen. Dabei kam er zu ernüchternden Ergebnissen. Die Streitkräfte der EU-Staaten seien nach wie vor nicht in der Lage, sich auf dem Territorium der Union rasch zu bewegen, kritisieren die Prüfer in einem neuen Bericht. Das Ziel, Truppen, Ausrüstung und Nachschub in Europa schnell und reibungslos zu verlegen, sei nicht erreicht.
Konzeptionsschwächen stünden einem schnellen Fortschritt im Weg, heißt es im Bericht. Mit 1,7 Milliarden Euro für die laufende Haushaltsperiode 2021 bis 2027 hätten die Mittel einem Bruchteil der Bedürfnisse entsprochen und seien deshalb bereits im zweiten Jahr aufgebraucht gewesen.
Vor allem vor dem Hintergrund der Gesamtaufwendung für Verteidigung in der Höhe von 280 Milliarden Euro allein im vergangenen Jahr wirkten die Mittel wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Nun bestehe eine Finanzierungslücke von vier Jahren, schreiben die Prüfer. Eine stabile und vorhersehbare Förderung sei damit erschwert.
Mit Blick auf künftige Finanzierungen fordern die Prüfer eine zentrale Anlaufstelle für militärische Mobilität in der EU und klare Regeln bei den Zuständigkeiten. Heute sei die Verwaltung vielschichtig und zersplittert. Es sei häufig unklar, wer wofür zuständig sei. Die EU-Kommission habe Projekte auf Einzelfallbasis, nicht immer an den strategisch wichtigen Standorten und ohne Blick auf die Gesamtlage ausgewählt.
Mitfinanziert habe die Kommission hauptsächlich Projekte im Osten. Grenzüberschreitende Projekte oder die südliche Route Richtung Ukraine habe sie dagegen kaum berücksichtigt. Dabei habe die Kommission teilweise Projekte ausgewählt, bevor die dringendsten Prioritäten klar gewesen seien.
Militärische Mobilität ist eine Priorität auf der Agenda von Verteidigungskommissar Andrius Kubilius, der den Bedarf auf 200 Milliarden Euro beziffert hat. Sie sei von entscheidender Bedeutung für eine überzeugende Verteidigungsfähigkeit der EU, sagt der zuständige Prüfer Marek Opiola.
Aktuell müssen Panzer große Umwege fahren und können Brücken nicht nutzen, weil diese nicht tragfähig genug sind. Auch überbordende Bürokratie bremst die Verlegung aus. So verlangen EU-Staaten untereinander teilweise für eine Genehmigung eine Vorlaufzeit von 45 Tagen. sti
Für ihren Aktionsplan zu erschwinglichen Energiepreisen strebt die Kommission eine verbesserte Aufsicht über den Gasmarkt an. Eine stärkere Aufsicht und mehr Wettbewerb bei Gas sei einer der Optionen, die die Kommission derzeit für den Aktionsplan diskutiere, sagte Energiekommissar Dan Jørgensen am Mittwoch bei einer Konferenz der “Financial Times”. Den Aktionsplan will die Kommission am 26. Februar mit dem Clean Industrial Deal vorlegen.
Als zwei weitere Punkte nannte Jørgensen die “nicht-energiebezogenen Bestandteile von Energierechnungen” – also Steuern – und “Anreize für Instrumente, die helfen, Energierechnungen von den Preisen für fossile Energien zu entkoppeln”. Damit dürfte im Wesentlichen der weitere Ausbau von erneuerbaren Energien gemeint sein und der Zugang einzelner Kundengruppen zu konkreten Anlagen. Möglich wären aber auch Anreize für die Flexibilisierung des Verbrauchs.
Langfristig müsse der Energiebinnenmarkt weiter gestärkt werden, sagte der Kommissar weiter. Die finanziellen Vorteile für Verbraucher ließen sich durch eine weitere Vertiefung bis 2030 von 34 auf 40 Milliarden Euro pro Jahr erhöhen.
Mehr Investitionen in saubere Energie waren außerdem ein Hauptpunkt bei einer Diskussion von Jørgensen mit Vertretern der Energiewirtschaft am 30. Januar. Die Generaldirektion Energie wollte von den Teilnehmern wissen, mit welchen Instrumenten sich mehr privates Kapital mobilisieren ließe.
Der DG ging es vor allem um nicht-legislative Maßnahmen, die schnell wirken – ebenso beim Thema niedrigere Energiepreise, wie aus Unterlagen hervorgeht, die Table.Briefings vorliegen. Im Vordergrund der Diskussion standen demnach kurzfristige Maßnahmen zur Implementierung der in der vorigen Legislatur beschlossenen Reform des Strommarkts und der Erneuerbaren-Richtlinie sowie des Aktionsplans für Netze und der Strategien für Wind- und Solarenergie. ber
Die Europäische Kommission sieht nur wenige Fortschritte der Mitgliedstaaten beim Schutz der natürlichen Gewässer. Diese Woche stellte Umweltkommissarin Jessika Roswall in Brüssel die Ergebnisse dreier Evaluationen vor, die sich mit der Umsetzung
Die Ergebnisse sollen auch in der Wasser-Resilienzstrategie berücksichtigt werden, die Roswall für “später in diesem Frühjahr” ankündigte.
Als größten Erfolg wertete Roswall die Verringerung von Müll an Meeresstränden um 29 Prozent im Vergleich zur Evaluation vor sechs Jahren. An der Ostsee sank dieser Wert sogar um 45 Prozent. Ein Mix aus öffentlichem Druck, politischem Handlungswillen und einer soliden Gesetzeslage hätten die positive Veränderung ermöglicht, heißt es in dem Bericht zur Meeresstrategie.
In den meisten anderen Untersuchungsfeldern zeigte sich nur wenig Veränderung im Vergleich zur letzten Evaluation. So blieb etwa der EU-weite Wert für einen “guten” oder “hohen ökologischen Status” von inländischen Oberflächengewässern mit 39,5 Prozent fast unverändert. Die Werte beim “chemischen Status” von Oberflächengewässern verschlechterten sich sogar.
Lediglich knapp 27 Prozent statt zuvor 33,5 Prozent der Gewässer wiesen nur wenig Verschmutzung durch Chemikalien wie Quecksilber und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe wie Naphthalin auf. Diese Stoffe gelangen durch Verbrennung von fossilen Energieträgern erst in die Luft und später ins Wasser. Auch Metalle sowie Biozide und Pestizide seien europaweit für die anhaltende chemische Verschmutzung verantwortlich.
Zu den Ewigkeitschemikalien PFAS steht in den Berichten kaum etwas, da entsprechende Messungen erst zukünftig erwartet werden. Besonders bedeutsam sei aber die Verunreinigung etwa der Ostsee durch Nitrate aus der Landwirtschaft.
Beamte der EU-Kommission wiesen darauf hin, dass die Berichte einerseits unvollständig seien, da nicht alle Mitgliedstaaten ihre Daten rechtzeitig und vollständig übermittelt hätten. Andererseits “sieht man jetzt mehr als vor sechs Jahren”, hieß es, da Mitgliedstaaten die Wasser-Überwachungssysteme “eindeutig verbessert” hätten. “Wo man mehr schaut, sieht man mitunter auch mehr Verschmutzung”, hieß es aus der Kommission. Es sei dadurch aber schwer festzustellen, woher Veränderungen in den Daten herrührten. av
Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), Christoph Heusgen, hat die Europäer aufgefordert, eine Lösung im sich abzeichnenden Konflikt mit den USA um Grönland zu suchen. “Ich könnte mir gut vorstellen, dass man versucht, Grönland dann auch dazuzugewinnen, Mitglied der Nato zu werden”, sagte Heusgen am Mittwoch im Reuters-TV-Interview.
Denkbar sei auch eine EU-Mitgliedschaft oder -Assoziierung. “Ich glaube, dass man damit die Probleme …, die es gibt, lösen könnte.” In Grönland gibt es derzeit Tendenzen, sich endgültig von Dänemark zu lösen und unabhängig zu werden.
Zugleich kritisierte Heusgen US-Präsident Donald Trump für seinen Anspruch auf die riesige Insel. “Eine militärische Übernahme, wie Präsident Trump das angekündigt hat, wäre ein Verstoß gegen internationales Recht. Das wäre ein Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen. Das ist jetzt was, was auf keinen Fall passieren kann”, sagte Heusgen.
Er sprach sich dafür aus, dass auch die Bundeswehr zum Einsatz kommt, wenn die Nato auf Grönland stationiert werden sollte. “Wenn wir gefragt werden, wenn wir die Fähigkeiten haben, sollten wir natürlich einen Beitrag dazu leisten.”
Heusgen betonte aber, dass eine Debatte über die strategische Bedeutung Grönlands sehr wichtig sei. Die MSC habe das Thema arktische Sicherheit seit langem auf der Tagesordnung. “Wir sehen, dass da oben ein gewisses Vakuum ist beziehungsweise sich eine neue Konstellation ergibt. Die muss man auf dem Radarschirm haben.” Grönland sei in der Region ein wichtiger Standort, sagte er mit Blick auf das schmelzende Eis und die zunehmende Präsenz auch Russlands und Chinas in der Arktis. rtr
Zuerst klotzen die USA mit dem 500-Milliarden-Programm Stargate. Dann erschüttert China die Börsen mit dem raffinierten KI-Modell Deepseek – und wo bleibt Europa? Beim AI Action Summit, der Anfang kommender Woche in Paris stattfindet, beraten Fachleute aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über den europäischen Kurs in einer zunehmend bipolaren KI-Welt.
“Wir sollten uns nicht entmutigen lassen, sondern an unseren Werten festhalten und nach Verbündeten suchen“, sagt die Rechtswissenschaftlerin Sandra Wachter. Sie wird als Expertin für Datenethik am Pariser KI-Gipfel teilnehmen und hat in den vergangenen Jahren maßgeblich zur Gestaltung des europäischen AI Acts beigetragen. Wer bei KI-Produkten weder auf Nachhaltigkeit noch auf Fairness achte, der schade sich mittelfristig selbst, sagt Wachter.
Die Juristin arbeitet am Oxford Internet Institute der Oxford University. Am 1. März tritt sie ihre Humboldt-Professur für Künstliche Intelligenz an der gemeinsamen Digital-Engineering-Fakultät des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) und der Universität Potsdam an. Es handelt sich um die letzte von insgesamt 20 zusätzlichen Humboldt-Professuren für KI, die vom BMBF mit je 3,5 Millionen Euro ausgestattet und von der Alexander von Humboldt-Stiftung vergeben wurden. Am 5. Mai findet die offizielle Preisverleihung in Berlin statt. “Ich bin überwältigt, diesen tollen Forschungspreis zu bekommen”, sagt die junge Wissenschaftlerin, “die Berufung ist eine große Ehre”.
Sandra Wachter ist in Wien geboren und aufgewachsen. Ursprünglich habe sie Medizintechnik studieren wollen, erzählt sie, sich dann aber doch für ein Jurastudium mit Promotion an der Universität Wien entschieden. Das Faible für Technisches blieb bestehen. “Als ich erkannte, wie sehr unsere Gesellschaft von neuen Technologien beeinflusst wird, bin ich nach Oxford gegangen, um noch einen Master in Soziologie zu machen.” Nach einem Forschungsaufenthalt an der Harvard Law School wurde Wachter 2017 in die Fakultät des Oxford Internet Institute aufgenommen. Seither hat sie viele Regierungen, Unternehmen und NGOs zu ethischen und regulatorischen Fragen rund um neue Technologien beraten.
Für die meisten Menschen sei KI eine mächtige Black Box mit völlig undurchsichtiger Mechanik, sagt Wachter. Das will sie ändern. “Wer von einer KI-Entscheidung betroffen ist, sollte ein Recht darauf haben zu verstehen, warum die Künstliche Intelligenz diese oder jene Entscheidung getroffen hat.” Beispielsweise Bankkunden, deren Darlehensantrag ohne Angabe von Gründen zurückgewiesen wurde. Dahinter stehe oft eine KI, die ein bestimmtes Mindesteinkommen voraussetze. “In diesem Fall müsste die Bank mitteilen, dass es das Darlehen erst ab einem Jahresverdienst von, sagen wir, 50.000 Euro gibt”, sagt Wachter.
Erklärbare KI, so heißt ein neues Forschungsgebiet, das Wachter mitbegründet hat und das sie als Humboldt-Professorin am HPI-Cluster “Data and AI” weiterentwickeln will. Dort verspricht man sich von ihr starke Impulse für eine transparente und faire KI, aber auch Ideen für praktikable Regulierungs- und Kontrollverfahren, die Innovationen nicht ersticken. Darüber hinaus sollen in Zusammenarbeit mit dem HPI-Cluster “Digital Health”-Standards für die ethische Gestaltung von KI-Systemen für medizinischen Anwendungen entwickelt werden.
In den kommenden Monaten will Wachter erst einmal ein interdisziplinäres Team aufbauen, mit Informatikern, Sozialwissenschaftlern, Juristen, Psychologen und Ethikern. Wichtig sei die Vernetzung mit der “riesengroßen Szene des KI-Hotspots Berlin”, den Hochschulen, dem Weizenbaum-Institut und NGOs wie Algorithm Watch. Über Jahre gewachsene Verbindungen nach Großbritannien und in die USA will Wachter für neue Kooperationen nutzen.
Von einer vertrauenswürdigen KI, davon ist die neue Humboldt-Professorin überzeugt, wird die Wirtschaft schon bald profitieren. Hilfreich seien Label zur Kennzeichnung technisch und ethisch einwandfreier Produkte, an denen sich Verbraucherinnen und Verbraucher orientieren können. “Hier sehe ich eine große Chance für die europäische Industrie”, sagt Wachter. Und eine Gelegenheit für Konsumenten, ihre Marktmacht zu beweisen. Lilo Berg