in der Vergangenheit mussten auch Kabinettsmitglieder von Kommissaren mit sicherheitsrelevanten Portfolios keine Sicherheitsüberprüfung bestehen. Auf nationaler Ebene ist diese Überprüfung seit Langem gang und gäbe. In der Von-der-Leyen-Kommission II wird es diese Überprüfung nun zum ersten Mal geben.
Zuständig dafür sind die nationalen Geheimdienste. Ihnen gegenüber müssen die Bewerber für Kabinettsposten etwa bei der Kommissionspräsidentin, dem Verteidigungskommissar oder dem Innenkommissar lückenlos Auskunft geben über ihren Lebenslauf. So will die Kommission sicherstellen, dass keine U-Boote verfeindeter Geheimdienste im Berlaymont anheuern.
Wenn die neue Kommission ihr Amt am 1. Dezember antritt, wird es noch Wochen dauern, bis alle Bewerbungsverfahren und – falls nötig – Sicherheitsüberprüfungen abgeschlossen und die Kabinette komplett arbeitsfähig sind. Noch laufen die Besetzungen.
Am Montag sind die Personalien von zwei ehemaligen prominenten Parlamentariern in der neuen Kommission bekannt geworden. Die frühere EVP-Vizefraktionschefin Esther de Lange aus den Niederlanden wird Kabinettschefin von Agrarkommissar Christophe Hansen – ihrem früheren Fraktionskollegen.
Und Philippe Lamberts, bis zur Wahl Co-Fraktionschef der Grünen, wird Berater von Ursula von der Leyen und der Kommission für das Thema Transformation der Industrie zu CO₂-Neutralität. Von der Leyen hat ihn auch deswegen ausgewählt, weil er nicht nur Politiker ist, sondern auch Erfahrungen als Manager in der Industrie (IBM) mitbringt. Er soll die “Brücke” sein der Von-der-Leyen-Kommission zu Industrie, NGOs, Politik und Verwaltung. Sicherlich nicht zufällig machte von der Leyen diese Personalie an jenem Tag öffentlich, an dem die grüne Fraktion debattierte, wie sie morgen über die neue Kommission abstimmen wird.
Ich wünsche Ihnen einen spannenden Tag!
Das Ansteigen der Netzentgelte alarmiert auch die EU-Kommission. “In Anbetracht der zu erwartenden Belastung der Verbraucher muss die derzeitige Finanzierung, bei der Endverbraucher die Rechnung über die Netzentgelte bezahlen, möglicherweise überdacht werden.” So steht es im Briefing Book der Generaldirektion Energie vom Juli für den künftigen Energiekommissar Dan Jørgensen, das Table.Briefings am Montag vorlag. Alternative Finanzierungsquellen nennt die Kommission darin nicht.
Der angekündigte Investitionsplan für Energie solle jedoch eine eigene Finanzierung für Verteilnetze vorsehen, wie sie auch die kommende polnische Ratspräsidentschaft anstrebt. Sicher zeigt sich die Kommission aber bereits darin, dass im kommenden Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) zusätzliche Töpfe neben der Connecting Europe Facility (CEF) nötig werden.
Die Kommission erwägt Alternativen zu Sanktionen, um die Einfuhr von Gas und Kernbrennstoffen aus Russland zu erschweren. “Die Kommission ist bereit, die Vorteile eines möglichen Einfuhrzolls oder einer Preisobergrenze [für Erdgas] zu prüfen”, heißt es in dem Briefing Book der Generaldirektion Energie. Erwogen würden auch Zölle auf russischen Kernbrennstoff.
“Eine Herausforderung besteht darin, zu verhindern, dass russisches Gas seinen Marktanteil behält oder ausbaut, indem mehr Lieferungen über die Türkei erfolgen“, heißt es weiter. Russisches Gas fließt einerseits noch über TurkStream in die EU. Gemeint ist möglicherweise aber auch Gas aus Aserbaidschan, welches das Land Medienberichten zufolge vermehrt aus Russland zukaufen könnte. Was die Konversion und Anreicherung von Uran sowie Ersatzteile für Reaktoren russischer Bauart angeht, “ist die Kommission bereit, sich stärker für die Diversifizierung einzusetzen”.
Zu russischem Gas strebt außerdem die polnische Ratspräsidentschaft Schlussfolgerungen des Rates an und zwar bis zum Treffen der Energieminister im Juni, wie ein EU-Diplomat zu Table.Briefings sagte.
Überraschenderweise kündigt die Generaldirektion für den Bereich Energiesicherheit so viele Gesetzesvorschläge an wie für kein anderes Themenfeld.
Der europäische Bericht zur Neuaufteilung der Stromgebotszonen könnte doch erst im ersten Quartal 2025 vorliegen, wie in Brüssel zu hören ist. Danach will die Kommission aber schnell handeln. In dem Briefing schreibt sie von der “Notwendigkeit, im Rahmen der laufenden Überprüfung der Gebotszonen auf eine zeitnahe Neuordnung zu drängen”. Für notwendig hält die Kommission auch die strikte Einhaltung der 70-Prozent-Anforderung für den grenzüberschreitenden Stromhandel. Im Gespräch ist noch die Teilung Deutschlands in zwei Strompreiszonen, wie zuletzt zu vernehmen war.
Eine erneute Strommarktreform strebt die Kommission – wie von Jørgensen in seiner Anhörung bereits angekündigt – zunächst nicht an. Im Briefing Book stellt die Generaldirektion für 2025 aber ein Weißbuch in Aussicht. White Paper enthalten erste Ideen, die noch längere Zeit konsultiert werden.
Laut dem Briefing Book ist eine eigene Strategie geplant, um Energieeffizienz stärker zu fördern: “Dazu könnte ein Finanzierungsmechanismus auf EU-Ebene gehören, um die nationalen Beiträge der Mitgliedstaaten zum verbindlichen EU-Energieeffizienzziel aufzustocken.” Finanzieren könne die EU damit Kreditgarantien für Energiedienstleister und Effizienzauktionen.
Die Auktionen dürften vor allem an die Industrie gerichtet sein. Das BMWK führt mit der Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft bereits Ausschreibungen durch, damit Unternehmen auf CO2-ärmere Anlagen oder Prozesswärme aus erneuerbaren Energien umstellen. Energiedienstleister bieten an, solche Investitionen mit Contracting-Modellen vorzufinanzieren. In Deutschland gab es in diesem Markt einmal staatliche Garantien für KMU, die aber kaum genutzt wurden. Die Kommission visiert nun Garantien der Europäischen Investitionsbank (EIB) in größerem Maßstab an.
Im Briefing Book kündigt die Generaldirektion Legislativvorschläge für die Erneuerbare-Energien-Politik nach 2030 an. Ein Erneuerbaren-Ziel für 2040 hatte Jørgensen bereits in seiner Anhörung angekündigt. “Ob es verpflichtend oder indikativ sein wird, muss man sehen”, war danach aus der EVP-Fraktion im Parlament zu hören.
Die bereits bekannte Elektrifizierungsstrategie soll auch den Erneuerbaren helfen. Durch die unflexible Nachfrage gibt es immer mehr Stunden mit negativen Preisen und Wind- und Solarparks haben es schwerer, sich am Markt zu refinanzieren. “Auf EU-Ebene ist eine Debatte über einen gemeinsamen Ansatz erforderlich, um Strom als Energieträger attraktiver zu machen“, heißt es im Briefing.
Für die Solarbranche wird Unterstützung durch die EIB angekündigt, um europäische Produktionsstätten zu fördern. Im Juli hatte die EIB bereits eine Rückbürgschaft an die Deutsche Bank vergeben, um die Fertigung von Windenergieanlagen abzusichern.
Vergangene Woche sind in Litauen erneut die Menschen auf die Straße gegangen. In Vilnius demonstrierten Tausende vor dem Parlament anlässlich der Ernennung des Sozialdemokraten Gintautas Paluckas zum Ministerpräsidenten. Der Protest entzündete sich weniger an Paluckas selbst, sondern an dessen Vorhaben, die nationalistische und populistische Partei Nemuno aušra (Morgenröte von Nemunas) in die Regierung zu holen.
Deren Vorsitzender Remigijus Žemaitaitis steht wegen mutmaßlich antisemitischer Kommentare massiv in der Kritik. Im Frühjahr hatte das Verfassungsgericht geurteilt, dass Žemaitaitis mit seinen Äußerungen seinen Eid als Abgeordneter gebrochen und gegen die Verfassung verstoßen habe. Er trat daraufhin als Abgeordneter zurück. So entging er einem Amtsenthebungsverfahren und einem Wahlverbot und konnte mit der neu gegründeten Nemuno aušra an den Parlamentswahlen teilnehmen. Strafrechtliche Ermittlungen zu seinen Aussagen laufen noch.
Viele Menschen in Litauen empfinden das Verhalten der Sozialdemokraten als schweren Vertrauensbruch. Im Wahlkampf hatte die Sozialdemokratische Partei Litauens (LSDP) noch ausgeschlossen, mit Nemuno aušra zu koalieren, zudem hatte die Vorsitzende Vilija Blinkevičiūtė versprochen, im Falle eines Sieges das Amt der Regierungschefin zu übernehmen. Doch nach der Wahl blieb Blinkevičiūtė als Abgeordnete im Europaparlament. Paluckas wurde Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten und entschied sich zu der auch international umstrittenen Koalition.
Andere Bündnisoptionen kamen für die Sozialdemokraten offenbar nicht infrage. Möglich wäre etwa eine große Koalition mit dem Vaterlandsbund (TS-LKD, gehört der EVP an) gewesen, der bisher die Regierung angeführt und an Wählergunst verloren hat. Gemeinsam mit der Mitte-links-Partei Demokratische Union für Litauen (DSVL) kommt das Dreierbündnis nun auf eine Mehrheit von 86 der 141 Sitze im Seimas.
In der LSDP hat man die Hoffnung, Žemaitaitis und seine Parteikollegen so einhegen zu können, dass sie keinen Schaden anrichten. Der Parteichef ist zwar schon lange in der Politik, Nemuno aušra aber ist eine junge Partei, die sich eilig für die diesjährigen Wahlen gegründet hat. Gefestigt sind ihre Strukturen nicht.
Scharfe Kritik kam von Politikern aus den USA, aus Israel, Polen und Deutschland. “Es ist eine Schande, dass die Sozialdemokraten in Litauen ein Bündnis mit einer antisemitischen, homophoben und nationalistischen Partei eingehen”, schrieb der SPD-Politiker Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, auf der Plattform X.
Die sozialdemokratischen Partner in Europa betrachten das Vorgehen der LSDP mit Sorge. “Formale Bündnisse mit radikalen Nationalisten und erst recht, wenn diese antisemitisch eingefärbt sind, kommen eigentlich für die Mitglieder der sozialdemokratischen Parteienfamilie nicht in Betracht“, sagte Kai-Olaf Lang, Experte für EU und Osteuropa bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, zu Table.Briefings.
Heikel sei die Situation besonders vor dem Hintergrund des anhaltenden Konflikts im Europaparlament. Dort wirft die S&D der EVP vor, gemeinsame Sache mit Rechtsaußen zu machen. Dass die LSDP nach ihrem spektakulären Wahlsieg nun genau diesen Weg nimmt, ist für Europas Sozialdemokraten ein Problem.
Die litauischen Sozialdemokraten sind nun vor allem darum bemüht, keine Zweifel an ihrer außenpolitischen Verlässlichkeit aufkommen zu lassen. Dies ist auch bedeutsam mit Blick auf die deutsche Brigade, die ab 2027 dauerhaft in Litauen stationiert sein soll. Am Tag seiner Wahl als Ministerpräsident versicherte Paluckas, dass sich an Litauens Politik gegenüber Russland und Belarus nichts ändern werde. Im Koalitionsabkommen stehen die Zusammenarbeit mit den Nato-Partnern und die Finanzierung der Verteidigung ganz oben auf der Prioritätenliste der drei Parteien.
Nemuno aušra soll zudem keinen Zugriff auf die Regierungsposten im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik bekommen. Das ist auch insofern bedeutsam, als bei Žemaitaitis eine gewisse Nähe zu russischen und belarussischen Positionen befürchtet wird.
Außenminister werden soll Kęstutis Budrys, bislang Berater des Staatspräsidenten Gitanas Nausėda. Als Verteidigungsministerin vorgesehen ist die Sozialdemokratin Dovilė Šakalienė. Beide befürworten die Unterstützung der Ukraine und einen entschiedenen Kurs gegen Russland.
Außenpolitisch dürften die neuen Gesichter sogar eine gute Nachricht sein: “In gewisser Weise könnte die Außen- und Sicherheitspolitik ein wenig effektiver als bislang werden”, sagt Kai-Olaf Lang. Denn die Zusammenarbeit zwischen dem Präsidenten und dem bisherigen Außenminister Gabrielius Landsbergis war nicht immer frei von Spannungen. Dass mit Kęstutis Budrys ein Mann aus der direkten Umgebung Nausėdas Außenminister werden soll, deute darauf hin, dass Regierung und Staatsoberhaupt sich nun enger abstimmen.
Zudem könne dies als Zugeständnis an den Präsidenten gesehen werden. Der in der Bevölkerung beliebte Nausėda hat die geplante Koalition offen kritisiert und angekündigt, keine Mitglieder von Nemuno aušra als Minister zu ernennen. Ministerpräsident Paluckas hat nun bis Anfang Dezember Zeit, sein Kabinett zusammenzustellen.
27.11.-29.11.2024, online
ERA Annual Conference on European Copyright Law 2024
The Academy of European Law (ERA) gives an update on the ongoing EU initiatives and recent case law adopted by the CJEU in the field of copyright law. INFOS & REGISTRATION
27.11.2024 – 18:00-21:00 Uhr, Berlin
D21, Podiumsdiskussion Digital, doppelt, nachhaltig? Digitale Zwillinge und ihr Beitrag zur Nachhaltigkeit
Die Initiative D21 geht der Frage nach, wie die digitale Transformation sowohl unter ökologischen als auch gesellschaftlichen Aspekten nachhaltig gestaltet werden kann. INFOS & ANMELDUNG
27.11.2024 – 18:00 Uhr, online
Europäische Kommission, Diskussion Die Lage nach den US-Wahlen und ihre Bedeutung für die EU
Die Europäische Kommission diskutiert die Konsequenzen der US-Wahlen für Europa. INFOS & ANMELDUNG
27.11.2024 – 18:30-20:00 Uhr
DGAP, Podiumsdiskussion Putins hybrider Krieg gegen Deutschland
Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) diskutiert, was Deutschland besonders verwundbar macht und wie der Kreml mit hybrider Kriegsführung versucht, die politische Debatte hierzulande zu beeinflussen. INFOS & ANMELDUNG
28.11.-29.11.2024, Düsseldorf
WSI, Workshop Digitaler Wandel und seine Auswirkungen in ländlichen Regionen
Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) befasst sich mit der Rolle der Digitalisierung in regionalen Transformationsprozessen. INFOS & ANMELDUNG
28.11.-29.11.2024, Florenz (Italien)
FSR Climate Annual Conference
The Florence School of Regulation (FSR) covers some of the main climate policies at the EU and national and subnational levels. INFOS & REGISTRATION
28.11.2024 – 10:00-16:00 Uhr, Berlin
ZIA, Workshop Nachhaltiges Immobilienmanagement – Wirtschaftlichkeit im Einklang mit ESG-Verantwortung
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) informiert über die Transformationsprozesse im Immobilienmanagement. INFOS & ANMELDUNG
Ein rechtsradikaler Kritiker der Nato, der Russland mehrfach gelobt hat, wird in Rumänien in einer Stichwahl am 8. Dezember gegen die konservative Oppositionsführerin antreten. Das Ergebnis könnte die pro-westliche Ausrichtung des Landes nach einem unerwarteten Ausgang der ersten Wahlrunde gefährden.
Bis Redaktionsschluss unserer Montagausgabe hatte es noch nach einem Kopf-an-Kopfrennen mit dem amtieren Ministerpräsidenten ausgesehen. Doch das Blatt hat sich gewendet: Der unabhängige Rechtsaußen-Politiker Calin Georgescu erhielt nach Angaben der Wahlbehörde 22,94 Prozent der Stimmen bei der Wahl am Sonntag. Elena Lasconi von der konservativ-liberalen Reformpartei USR liegt mit 19,18 Prozent auf Platz zwei.
Das Ergebnis ist überraschend, da Meinungsumfragen vor der Wahl den sozialdemokratischen Premierminister Marcel Ciolacu als klaren Favoriten sahen. Er verpasste den zweiten Wahlgang um weniger als 3000 Stimmen. Ciolacu kündigte an, als Parteivorsitzender zurückzutreten, wolle jedoch bis zur Parlamentswahl am 1. Dezember im Amt des Premierministers bleiben.
Der Wahlkampf drehte sich hauptsächlich um die steigenden Lebenshaltungskosten in Rumänien. Das Land hat den höchsten Anteil armutsgefährdeter Menschen in der EU. “Ich habe für die Benachteiligten, die Gedemütigten, die Übersehenen in dieser Welt gestimmt”, sagte Georgescu am Sonntag. “Heute ist die Stimme ein Gebet für die Nation.” Georgescu lag vor der Wahl in Umfragen nur im einstelligen Bereich und setzte auf eine kampagnenbetonte Strategie mit Schwerpunkt auf Tiktok.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte auf die Wahlergebnisse angesprochen: “Ich würde noch keine Prognosen abgeben. Wir kennen die Weltanschauung dieses Kandidaten in Bezug auf die Beziehungen zu unserem Land noch nicht wirklich.”
Rechtsradikale Gruppierungen dürften durch Georgescus Erfolg bei der Parlamentswahl am 1. Dezember, an der 19 Millionen Bürger teilnehmen, zusätzlichen Rückenwind erhalten. Die etablierten Parteien haben bislang keinen der beiden Präsidentschaftskandidaten offiziell unterstützt.
Georgescu bezeichnete einen Nato-Raketenschild in Rumänien als “Schande der Diplomatie” und äußerte Zweifel, ob das westliche Militärbündnis im Falle eines russischen Angriffs eines seiner Mitglieder verteidigen würde. Er erklärte, Rumäniens beste Zukunft liege in der “russischen Weisheit”, vermied jedoch eine eindeutige Aussage darüber, ob er Russland unterstützt.
Rumänien, das bis 1989 vier Jahrzehnte unter kommunistischer Herrschaft stand, hat eine 650 Kilometer lange Grenze zur Ukraine. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 hat das Land den Export von Millionen Tonnen Getreide über seinen Schwarzmeerhafen Constanța ermöglicht und militärische Unterstützung, einschließlich einer Patriot-Luftabwehrbatterie, bereitgestellt.
Der Präsident, dessen Amtszeit auf zwei Perioden von jeweils fünf Jahren begrenzt ist, hat eine semi-exekutive Rolle. Dazu gehören die Führung der rumänischen Streitkräfte und der Vorsitz im obersten Verteidigungsrat, der über militärische Hilfe entscheidet. Er vertritt Rumänien bei EU- und NATO-Gipfeln und ernennt den Premierminister, die obersten Richter, Staatsanwälte sowie die Leiter der Geheimdienste. Der derzeitige Präsident Klaus Iohannis hatte sich 2014 mit dem Versprechen durchgesetzt, den Kampf gegen die endemische Korruption zu verstärken. rtr
Die EU-Kommission hat die von China verhängten, vorläufigen Anti-Dumpingmaßnahmen gegen die Einfuhr von Branntwein offiziell bei der Welthandelsorganisation (WTO) angefochten. “Chinas vorläufige Maßnahmen gegenüber EU-Brandy stehen nicht im Einklang mit den WTO-Regeln”, hieß es in einer Mitteilung der Brüsseler Behörde am Montag. Außerdem habe die Volksrepublik “nicht nachgewiesen, dass ihrer Brandy-Industrie eine Schädigung droht“. Der formelle Konsultationsantrag bei der WTO ist der erste Schritt im Streitbeilegungsverfahren.
Das chinesische Handelsministerium teilte mit, China werde die Angelegenheit gemäß den WTO-Regeln behandeln. Der Schritt der EU folgt auf chinesische Anti-Dumping-Maßnahmen von bis zu 39 Prozent auf EU-Branntwein, die als Reaktion auf EU-Ausgleichszölle auf chinesische E-Autos gelten.
Der Handelsstreit hat besonders in Frankreich Besorgnis ausgelöst, wo die Cognac-Hersteller des Landes China als einen wichtigen Exportmarkt betrachten. Das französische Handelsministerium hatte angekündigt, zusammen mit der Europäischen Kommission daran zu arbeiten, Pekings Zölle anzufechten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte Chinas Untersuchung zuvor als “reine Vergeltung” bezeichnet.
Überlegungen des Herstellers Hennessy, Flaschen in China abzufüllen, hatten zu einem Streik in einem Werk im Südwesten Frankreichs geführt. Cognac-Produzent Remy kündigte indes an, die Preise in China erhöhen und die Kosten in Bereichen wie Herstellung und Werbeausgaben senken zu wollen. ari
Die europäischen Verbraucher werden mit immer mehr Versprechen, Logos, Slogans, Gütesiegeln und Bewertungen bombardiert, die nicht nur verwirrend, sondern geradezu irreführend sein können. Zu diesem Fazit kommt der Europäische Rechnungshof in seinem am Montag veröffentlichten Sonderbericht zur Lebensmittelkennzeichnung in der EU auf der Grundlage von Erhebungen in Litauen, Belgien und Italien. “Die Unternehmen legen bei den Angaben auf den Verpackungen große Kreativität an den Tag. Die EU-Vorschriften hielten mit dem sich ständig entwickelnden Markt jedoch nicht Schritt”, fasst Keit Pentus-Rosimannus die Ergebnisse zusammen, die als Mitglied des Europäischen Rechnungshofs für die Prüfung zuständig ist.
Unternehmen könnten teils selbst auf Produkten mit hohem Fett-, Salz- und Zuckergehalt nährwert- und gesundheitsbezogene Vorteile herausstellen, stellen die Prüfer fest. Angaben wie “frisch” oder “natürlich” sowie umweltbezogene Aussagen, die Greenwashing gleichkämen, könnte mit den aktuellen Vorschriften kein Einhalt geboten werden, bedauern sie. Zugleich sei die Nutzung der Aufschriften “vegan” oder “vegetarisch” nicht reglementiert, da es an EU-weiten Definitionen fehle.
Die Prüfer des EU-Rechnungshofes fordern die Kommission vor diesem Hintergrund auf, die Lücken im EU-Rechtsrahmen zur Lebensmittelkennzeichnung zu schließen – insbesondere über die ausstehenden Aktualisierungen in der Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) und der Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben. Gleichzeitig seien viele Fragen zur Ursprungskennzeichnung und zu alkoholischen Getränken noch offen, in deren Zusammenhang die Kommission Maßnahmen ergreifen sollte, heißt es im Bericht. Eine für die vergangene Amtszeit angekündigte Reform der EU-Regeln zur Lebensmittelkennzeichnung hat die Kommission bisher nicht vorgelegt.
Auch das Fehlen “einer Liste der von der EU zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben auf Pflanzenpräparaten sowie von EU-Vorschriften zur Kennzeichnung von Lebensmitteln, die für Vegetarier beziehungsweise Veganer geeignet sind”, bemängeln die Prüfer des Rechnungshofes. Zugleich fordern sie die Kommission auf, Kennzeichnungspraktiken besser zu analysieren und das Verständnis der Lebensmittelkennzeichnung seitens der Verbraucher zu verbessern.
Zwar funktionierten die Kontrollen bei vorgeschriebenen Angaben in der Regel gut, bei freiwilligen Angaben mangele es daran jedoch, heißt es im Bericht. Zudem seien die bei Verstößen verhängten Bußgelder nach Ansicht der Prüfer häufig nicht abschreckend, wirksam oder verhältnismäßig.
Trotz alledem habe die EU zwischen 2021 und 2025 nur rund 5,5 Millionen Euro für Sensibilisierungskampagnen zur Lebensmittelkennzeichnung zur Verfügung gestellt, die viele EU-Länder allerdings nur sporadisch durchgeführt hätten, heißt es im Bericht des Rechnungshofes. heu
Die Europäische Kommission ruft Unternehmen und Interessierte auf, Vorschläge des US-Konzerns Corning zu kommentieren, die auf die Beilegung kartellrechtlicher Bedenken abzielen. Die Verpflichtungen sollen sicherstellen, dass der Wettbewerb auf dem Markt für Spezialglas erhalten bleibt. Das unter der Marke Gorilla Glass bekannte Alkali-Aluminosilikatglas von Corning wird vor allem in Smartphones, Tablets und ähnlichen Geräten eingesetzt.
Bereits seit dem 6. November 2024 untersucht die Kommission, ob Corning seine marktbeherrschende Stellung missbraucht hat. Im Fokus stehen exklusive Liefervereinbarungen mit Geräteherstellern und Glasverarbeitern, die Konkurrenten vom Markt ausgeschlossen und so Verbraucherinteressen geschädigt haben könnten.
Um die Bedenken auszuräumen, schlägt Corning vor, weltweit auf exklusive Klauseln in Verträgen zu verzichten und die Abhängigkeit von Kunden auf maximal 50 Prozent ihrer Nachfrage zu begrenzen. Die Verpflichtungen sollen neun Jahre lang gelten und von einer unabhängigen Instanz überwacht werden. Interessierte können bis sechs Wochen nach Veröffentlichung der Verpflichtungen im Amtsblatt der EU Stellungnahmen einreichen. vis
In einer außerordentlichen Fraktionssitzung am Montagabend haben die Mitglieder der Fraktion Grüne/EFA diskutiert, ob sie am Mittwoch im Europäischen Parlament für oder gegen die neue Kommission stimmen werden. Eine eindeutige Entscheidung ist dabei nicht gefallen.
Denn nach Informationen von Table.Briefings wollen 26 Fraktionsmitglieder für die Kommission stimmen und 20 dagegen. Sechs Fraktionsmitglieder sind demnach noch unentschieden. Voraussichtlich braucht Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für ihren Kommissionsvorschlag die Stimmen der Grünen/EFA diesmal allerdings nicht, um ihren Vorschlag durchzubringen. vis
in der Vergangenheit mussten auch Kabinettsmitglieder von Kommissaren mit sicherheitsrelevanten Portfolios keine Sicherheitsüberprüfung bestehen. Auf nationaler Ebene ist diese Überprüfung seit Langem gang und gäbe. In der Von-der-Leyen-Kommission II wird es diese Überprüfung nun zum ersten Mal geben.
Zuständig dafür sind die nationalen Geheimdienste. Ihnen gegenüber müssen die Bewerber für Kabinettsposten etwa bei der Kommissionspräsidentin, dem Verteidigungskommissar oder dem Innenkommissar lückenlos Auskunft geben über ihren Lebenslauf. So will die Kommission sicherstellen, dass keine U-Boote verfeindeter Geheimdienste im Berlaymont anheuern.
Wenn die neue Kommission ihr Amt am 1. Dezember antritt, wird es noch Wochen dauern, bis alle Bewerbungsverfahren und – falls nötig – Sicherheitsüberprüfungen abgeschlossen und die Kabinette komplett arbeitsfähig sind. Noch laufen die Besetzungen.
Am Montag sind die Personalien von zwei ehemaligen prominenten Parlamentariern in der neuen Kommission bekannt geworden. Die frühere EVP-Vizefraktionschefin Esther de Lange aus den Niederlanden wird Kabinettschefin von Agrarkommissar Christophe Hansen – ihrem früheren Fraktionskollegen.
Und Philippe Lamberts, bis zur Wahl Co-Fraktionschef der Grünen, wird Berater von Ursula von der Leyen und der Kommission für das Thema Transformation der Industrie zu CO₂-Neutralität. Von der Leyen hat ihn auch deswegen ausgewählt, weil er nicht nur Politiker ist, sondern auch Erfahrungen als Manager in der Industrie (IBM) mitbringt. Er soll die “Brücke” sein der Von-der-Leyen-Kommission zu Industrie, NGOs, Politik und Verwaltung. Sicherlich nicht zufällig machte von der Leyen diese Personalie an jenem Tag öffentlich, an dem die grüne Fraktion debattierte, wie sie morgen über die neue Kommission abstimmen wird.
Ich wünsche Ihnen einen spannenden Tag!
Das Ansteigen der Netzentgelte alarmiert auch die EU-Kommission. “In Anbetracht der zu erwartenden Belastung der Verbraucher muss die derzeitige Finanzierung, bei der Endverbraucher die Rechnung über die Netzentgelte bezahlen, möglicherweise überdacht werden.” So steht es im Briefing Book der Generaldirektion Energie vom Juli für den künftigen Energiekommissar Dan Jørgensen, das Table.Briefings am Montag vorlag. Alternative Finanzierungsquellen nennt die Kommission darin nicht.
Der angekündigte Investitionsplan für Energie solle jedoch eine eigene Finanzierung für Verteilnetze vorsehen, wie sie auch die kommende polnische Ratspräsidentschaft anstrebt. Sicher zeigt sich die Kommission aber bereits darin, dass im kommenden Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) zusätzliche Töpfe neben der Connecting Europe Facility (CEF) nötig werden.
Die Kommission erwägt Alternativen zu Sanktionen, um die Einfuhr von Gas und Kernbrennstoffen aus Russland zu erschweren. “Die Kommission ist bereit, die Vorteile eines möglichen Einfuhrzolls oder einer Preisobergrenze [für Erdgas] zu prüfen”, heißt es in dem Briefing Book der Generaldirektion Energie. Erwogen würden auch Zölle auf russischen Kernbrennstoff.
“Eine Herausforderung besteht darin, zu verhindern, dass russisches Gas seinen Marktanteil behält oder ausbaut, indem mehr Lieferungen über die Türkei erfolgen“, heißt es weiter. Russisches Gas fließt einerseits noch über TurkStream in die EU. Gemeint ist möglicherweise aber auch Gas aus Aserbaidschan, welches das Land Medienberichten zufolge vermehrt aus Russland zukaufen könnte. Was die Konversion und Anreicherung von Uran sowie Ersatzteile für Reaktoren russischer Bauart angeht, “ist die Kommission bereit, sich stärker für die Diversifizierung einzusetzen”.
Zu russischem Gas strebt außerdem die polnische Ratspräsidentschaft Schlussfolgerungen des Rates an und zwar bis zum Treffen der Energieminister im Juni, wie ein EU-Diplomat zu Table.Briefings sagte.
Überraschenderweise kündigt die Generaldirektion für den Bereich Energiesicherheit so viele Gesetzesvorschläge an wie für kein anderes Themenfeld.
Der europäische Bericht zur Neuaufteilung der Stromgebotszonen könnte doch erst im ersten Quartal 2025 vorliegen, wie in Brüssel zu hören ist. Danach will die Kommission aber schnell handeln. In dem Briefing schreibt sie von der “Notwendigkeit, im Rahmen der laufenden Überprüfung der Gebotszonen auf eine zeitnahe Neuordnung zu drängen”. Für notwendig hält die Kommission auch die strikte Einhaltung der 70-Prozent-Anforderung für den grenzüberschreitenden Stromhandel. Im Gespräch ist noch die Teilung Deutschlands in zwei Strompreiszonen, wie zuletzt zu vernehmen war.
Eine erneute Strommarktreform strebt die Kommission – wie von Jørgensen in seiner Anhörung bereits angekündigt – zunächst nicht an. Im Briefing Book stellt die Generaldirektion für 2025 aber ein Weißbuch in Aussicht. White Paper enthalten erste Ideen, die noch längere Zeit konsultiert werden.
Laut dem Briefing Book ist eine eigene Strategie geplant, um Energieeffizienz stärker zu fördern: “Dazu könnte ein Finanzierungsmechanismus auf EU-Ebene gehören, um die nationalen Beiträge der Mitgliedstaaten zum verbindlichen EU-Energieeffizienzziel aufzustocken.” Finanzieren könne die EU damit Kreditgarantien für Energiedienstleister und Effizienzauktionen.
Die Auktionen dürften vor allem an die Industrie gerichtet sein. Das BMWK führt mit der Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft bereits Ausschreibungen durch, damit Unternehmen auf CO2-ärmere Anlagen oder Prozesswärme aus erneuerbaren Energien umstellen. Energiedienstleister bieten an, solche Investitionen mit Contracting-Modellen vorzufinanzieren. In Deutschland gab es in diesem Markt einmal staatliche Garantien für KMU, die aber kaum genutzt wurden. Die Kommission visiert nun Garantien der Europäischen Investitionsbank (EIB) in größerem Maßstab an.
Im Briefing Book kündigt die Generaldirektion Legislativvorschläge für die Erneuerbare-Energien-Politik nach 2030 an. Ein Erneuerbaren-Ziel für 2040 hatte Jørgensen bereits in seiner Anhörung angekündigt. “Ob es verpflichtend oder indikativ sein wird, muss man sehen”, war danach aus der EVP-Fraktion im Parlament zu hören.
Die bereits bekannte Elektrifizierungsstrategie soll auch den Erneuerbaren helfen. Durch die unflexible Nachfrage gibt es immer mehr Stunden mit negativen Preisen und Wind- und Solarparks haben es schwerer, sich am Markt zu refinanzieren. “Auf EU-Ebene ist eine Debatte über einen gemeinsamen Ansatz erforderlich, um Strom als Energieträger attraktiver zu machen“, heißt es im Briefing.
Für die Solarbranche wird Unterstützung durch die EIB angekündigt, um europäische Produktionsstätten zu fördern. Im Juli hatte die EIB bereits eine Rückbürgschaft an die Deutsche Bank vergeben, um die Fertigung von Windenergieanlagen abzusichern.
Vergangene Woche sind in Litauen erneut die Menschen auf die Straße gegangen. In Vilnius demonstrierten Tausende vor dem Parlament anlässlich der Ernennung des Sozialdemokraten Gintautas Paluckas zum Ministerpräsidenten. Der Protest entzündete sich weniger an Paluckas selbst, sondern an dessen Vorhaben, die nationalistische und populistische Partei Nemuno aušra (Morgenröte von Nemunas) in die Regierung zu holen.
Deren Vorsitzender Remigijus Žemaitaitis steht wegen mutmaßlich antisemitischer Kommentare massiv in der Kritik. Im Frühjahr hatte das Verfassungsgericht geurteilt, dass Žemaitaitis mit seinen Äußerungen seinen Eid als Abgeordneter gebrochen und gegen die Verfassung verstoßen habe. Er trat daraufhin als Abgeordneter zurück. So entging er einem Amtsenthebungsverfahren und einem Wahlverbot und konnte mit der neu gegründeten Nemuno aušra an den Parlamentswahlen teilnehmen. Strafrechtliche Ermittlungen zu seinen Aussagen laufen noch.
Viele Menschen in Litauen empfinden das Verhalten der Sozialdemokraten als schweren Vertrauensbruch. Im Wahlkampf hatte die Sozialdemokratische Partei Litauens (LSDP) noch ausgeschlossen, mit Nemuno aušra zu koalieren, zudem hatte die Vorsitzende Vilija Blinkevičiūtė versprochen, im Falle eines Sieges das Amt der Regierungschefin zu übernehmen. Doch nach der Wahl blieb Blinkevičiūtė als Abgeordnete im Europaparlament. Paluckas wurde Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten und entschied sich zu der auch international umstrittenen Koalition.
Andere Bündnisoptionen kamen für die Sozialdemokraten offenbar nicht infrage. Möglich wäre etwa eine große Koalition mit dem Vaterlandsbund (TS-LKD, gehört der EVP an) gewesen, der bisher die Regierung angeführt und an Wählergunst verloren hat. Gemeinsam mit der Mitte-links-Partei Demokratische Union für Litauen (DSVL) kommt das Dreierbündnis nun auf eine Mehrheit von 86 der 141 Sitze im Seimas.
In der LSDP hat man die Hoffnung, Žemaitaitis und seine Parteikollegen so einhegen zu können, dass sie keinen Schaden anrichten. Der Parteichef ist zwar schon lange in der Politik, Nemuno aušra aber ist eine junge Partei, die sich eilig für die diesjährigen Wahlen gegründet hat. Gefestigt sind ihre Strukturen nicht.
Scharfe Kritik kam von Politikern aus den USA, aus Israel, Polen und Deutschland. “Es ist eine Schande, dass die Sozialdemokraten in Litauen ein Bündnis mit einer antisemitischen, homophoben und nationalistischen Partei eingehen”, schrieb der SPD-Politiker Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, auf der Plattform X.
Die sozialdemokratischen Partner in Europa betrachten das Vorgehen der LSDP mit Sorge. “Formale Bündnisse mit radikalen Nationalisten und erst recht, wenn diese antisemitisch eingefärbt sind, kommen eigentlich für die Mitglieder der sozialdemokratischen Parteienfamilie nicht in Betracht“, sagte Kai-Olaf Lang, Experte für EU und Osteuropa bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, zu Table.Briefings.
Heikel sei die Situation besonders vor dem Hintergrund des anhaltenden Konflikts im Europaparlament. Dort wirft die S&D der EVP vor, gemeinsame Sache mit Rechtsaußen zu machen. Dass die LSDP nach ihrem spektakulären Wahlsieg nun genau diesen Weg nimmt, ist für Europas Sozialdemokraten ein Problem.
Die litauischen Sozialdemokraten sind nun vor allem darum bemüht, keine Zweifel an ihrer außenpolitischen Verlässlichkeit aufkommen zu lassen. Dies ist auch bedeutsam mit Blick auf die deutsche Brigade, die ab 2027 dauerhaft in Litauen stationiert sein soll. Am Tag seiner Wahl als Ministerpräsident versicherte Paluckas, dass sich an Litauens Politik gegenüber Russland und Belarus nichts ändern werde. Im Koalitionsabkommen stehen die Zusammenarbeit mit den Nato-Partnern und die Finanzierung der Verteidigung ganz oben auf der Prioritätenliste der drei Parteien.
Nemuno aušra soll zudem keinen Zugriff auf die Regierungsposten im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik bekommen. Das ist auch insofern bedeutsam, als bei Žemaitaitis eine gewisse Nähe zu russischen und belarussischen Positionen befürchtet wird.
Außenminister werden soll Kęstutis Budrys, bislang Berater des Staatspräsidenten Gitanas Nausėda. Als Verteidigungsministerin vorgesehen ist die Sozialdemokratin Dovilė Šakalienė. Beide befürworten die Unterstützung der Ukraine und einen entschiedenen Kurs gegen Russland.
Außenpolitisch dürften die neuen Gesichter sogar eine gute Nachricht sein: “In gewisser Weise könnte die Außen- und Sicherheitspolitik ein wenig effektiver als bislang werden”, sagt Kai-Olaf Lang. Denn die Zusammenarbeit zwischen dem Präsidenten und dem bisherigen Außenminister Gabrielius Landsbergis war nicht immer frei von Spannungen. Dass mit Kęstutis Budrys ein Mann aus der direkten Umgebung Nausėdas Außenminister werden soll, deute darauf hin, dass Regierung und Staatsoberhaupt sich nun enger abstimmen.
Zudem könne dies als Zugeständnis an den Präsidenten gesehen werden. Der in der Bevölkerung beliebte Nausėda hat die geplante Koalition offen kritisiert und angekündigt, keine Mitglieder von Nemuno aušra als Minister zu ernennen. Ministerpräsident Paluckas hat nun bis Anfang Dezember Zeit, sein Kabinett zusammenzustellen.
27.11.-29.11.2024, online
ERA Annual Conference on European Copyright Law 2024
The Academy of European Law (ERA) gives an update on the ongoing EU initiatives and recent case law adopted by the CJEU in the field of copyright law. INFOS & REGISTRATION
27.11.2024 – 18:00-21:00 Uhr, Berlin
D21, Podiumsdiskussion Digital, doppelt, nachhaltig? Digitale Zwillinge und ihr Beitrag zur Nachhaltigkeit
Die Initiative D21 geht der Frage nach, wie die digitale Transformation sowohl unter ökologischen als auch gesellschaftlichen Aspekten nachhaltig gestaltet werden kann. INFOS & ANMELDUNG
27.11.2024 – 18:00 Uhr, online
Europäische Kommission, Diskussion Die Lage nach den US-Wahlen und ihre Bedeutung für die EU
Die Europäische Kommission diskutiert die Konsequenzen der US-Wahlen für Europa. INFOS & ANMELDUNG
27.11.2024 – 18:30-20:00 Uhr
DGAP, Podiumsdiskussion Putins hybrider Krieg gegen Deutschland
Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) diskutiert, was Deutschland besonders verwundbar macht und wie der Kreml mit hybrider Kriegsführung versucht, die politische Debatte hierzulande zu beeinflussen. INFOS & ANMELDUNG
28.11.-29.11.2024, Düsseldorf
WSI, Workshop Digitaler Wandel und seine Auswirkungen in ländlichen Regionen
Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) befasst sich mit der Rolle der Digitalisierung in regionalen Transformationsprozessen. INFOS & ANMELDUNG
28.11.-29.11.2024, Florenz (Italien)
FSR Climate Annual Conference
The Florence School of Regulation (FSR) covers some of the main climate policies at the EU and national and subnational levels. INFOS & REGISTRATION
28.11.2024 – 10:00-16:00 Uhr, Berlin
ZIA, Workshop Nachhaltiges Immobilienmanagement – Wirtschaftlichkeit im Einklang mit ESG-Verantwortung
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) informiert über die Transformationsprozesse im Immobilienmanagement. INFOS & ANMELDUNG
Ein rechtsradikaler Kritiker der Nato, der Russland mehrfach gelobt hat, wird in Rumänien in einer Stichwahl am 8. Dezember gegen die konservative Oppositionsführerin antreten. Das Ergebnis könnte die pro-westliche Ausrichtung des Landes nach einem unerwarteten Ausgang der ersten Wahlrunde gefährden.
Bis Redaktionsschluss unserer Montagausgabe hatte es noch nach einem Kopf-an-Kopfrennen mit dem amtieren Ministerpräsidenten ausgesehen. Doch das Blatt hat sich gewendet: Der unabhängige Rechtsaußen-Politiker Calin Georgescu erhielt nach Angaben der Wahlbehörde 22,94 Prozent der Stimmen bei der Wahl am Sonntag. Elena Lasconi von der konservativ-liberalen Reformpartei USR liegt mit 19,18 Prozent auf Platz zwei.
Das Ergebnis ist überraschend, da Meinungsumfragen vor der Wahl den sozialdemokratischen Premierminister Marcel Ciolacu als klaren Favoriten sahen. Er verpasste den zweiten Wahlgang um weniger als 3000 Stimmen. Ciolacu kündigte an, als Parteivorsitzender zurückzutreten, wolle jedoch bis zur Parlamentswahl am 1. Dezember im Amt des Premierministers bleiben.
Der Wahlkampf drehte sich hauptsächlich um die steigenden Lebenshaltungskosten in Rumänien. Das Land hat den höchsten Anteil armutsgefährdeter Menschen in der EU. “Ich habe für die Benachteiligten, die Gedemütigten, die Übersehenen in dieser Welt gestimmt”, sagte Georgescu am Sonntag. “Heute ist die Stimme ein Gebet für die Nation.” Georgescu lag vor der Wahl in Umfragen nur im einstelligen Bereich und setzte auf eine kampagnenbetonte Strategie mit Schwerpunkt auf Tiktok.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte auf die Wahlergebnisse angesprochen: “Ich würde noch keine Prognosen abgeben. Wir kennen die Weltanschauung dieses Kandidaten in Bezug auf die Beziehungen zu unserem Land noch nicht wirklich.”
Rechtsradikale Gruppierungen dürften durch Georgescus Erfolg bei der Parlamentswahl am 1. Dezember, an der 19 Millionen Bürger teilnehmen, zusätzlichen Rückenwind erhalten. Die etablierten Parteien haben bislang keinen der beiden Präsidentschaftskandidaten offiziell unterstützt.
Georgescu bezeichnete einen Nato-Raketenschild in Rumänien als “Schande der Diplomatie” und äußerte Zweifel, ob das westliche Militärbündnis im Falle eines russischen Angriffs eines seiner Mitglieder verteidigen würde. Er erklärte, Rumäniens beste Zukunft liege in der “russischen Weisheit”, vermied jedoch eine eindeutige Aussage darüber, ob er Russland unterstützt.
Rumänien, das bis 1989 vier Jahrzehnte unter kommunistischer Herrschaft stand, hat eine 650 Kilometer lange Grenze zur Ukraine. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 hat das Land den Export von Millionen Tonnen Getreide über seinen Schwarzmeerhafen Constanța ermöglicht und militärische Unterstützung, einschließlich einer Patriot-Luftabwehrbatterie, bereitgestellt.
Der Präsident, dessen Amtszeit auf zwei Perioden von jeweils fünf Jahren begrenzt ist, hat eine semi-exekutive Rolle. Dazu gehören die Führung der rumänischen Streitkräfte und der Vorsitz im obersten Verteidigungsrat, der über militärische Hilfe entscheidet. Er vertritt Rumänien bei EU- und NATO-Gipfeln und ernennt den Premierminister, die obersten Richter, Staatsanwälte sowie die Leiter der Geheimdienste. Der derzeitige Präsident Klaus Iohannis hatte sich 2014 mit dem Versprechen durchgesetzt, den Kampf gegen die endemische Korruption zu verstärken. rtr
Die EU-Kommission hat die von China verhängten, vorläufigen Anti-Dumpingmaßnahmen gegen die Einfuhr von Branntwein offiziell bei der Welthandelsorganisation (WTO) angefochten. “Chinas vorläufige Maßnahmen gegenüber EU-Brandy stehen nicht im Einklang mit den WTO-Regeln”, hieß es in einer Mitteilung der Brüsseler Behörde am Montag. Außerdem habe die Volksrepublik “nicht nachgewiesen, dass ihrer Brandy-Industrie eine Schädigung droht“. Der formelle Konsultationsantrag bei der WTO ist der erste Schritt im Streitbeilegungsverfahren.
Das chinesische Handelsministerium teilte mit, China werde die Angelegenheit gemäß den WTO-Regeln behandeln. Der Schritt der EU folgt auf chinesische Anti-Dumping-Maßnahmen von bis zu 39 Prozent auf EU-Branntwein, die als Reaktion auf EU-Ausgleichszölle auf chinesische E-Autos gelten.
Der Handelsstreit hat besonders in Frankreich Besorgnis ausgelöst, wo die Cognac-Hersteller des Landes China als einen wichtigen Exportmarkt betrachten. Das französische Handelsministerium hatte angekündigt, zusammen mit der Europäischen Kommission daran zu arbeiten, Pekings Zölle anzufechten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte Chinas Untersuchung zuvor als “reine Vergeltung” bezeichnet.
Überlegungen des Herstellers Hennessy, Flaschen in China abzufüllen, hatten zu einem Streik in einem Werk im Südwesten Frankreichs geführt. Cognac-Produzent Remy kündigte indes an, die Preise in China erhöhen und die Kosten in Bereichen wie Herstellung und Werbeausgaben senken zu wollen. ari
Die europäischen Verbraucher werden mit immer mehr Versprechen, Logos, Slogans, Gütesiegeln und Bewertungen bombardiert, die nicht nur verwirrend, sondern geradezu irreführend sein können. Zu diesem Fazit kommt der Europäische Rechnungshof in seinem am Montag veröffentlichten Sonderbericht zur Lebensmittelkennzeichnung in der EU auf der Grundlage von Erhebungen in Litauen, Belgien und Italien. “Die Unternehmen legen bei den Angaben auf den Verpackungen große Kreativität an den Tag. Die EU-Vorschriften hielten mit dem sich ständig entwickelnden Markt jedoch nicht Schritt”, fasst Keit Pentus-Rosimannus die Ergebnisse zusammen, die als Mitglied des Europäischen Rechnungshofs für die Prüfung zuständig ist.
Unternehmen könnten teils selbst auf Produkten mit hohem Fett-, Salz- und Zuckergehalt nährwert- und gesundheitsbezogene Vorteile herausstellen, stellen die Prüfer fest. Angaben wie “frisch” oder “natürlich” sowie umweltbezogene Aussagen, die Greenwashing gleichkämen, könnte mit den aktuellen Vorschriften kein Einhalt geboten werden, bedauern sie. Zugleich sei die Nutzung der Aufschriften “vegan” oder “vegetarisch” nicht reglementiert, da es an EU-weiten Definitionen fehle.
Die Prüfer des EU-Rechnungshofes fordern die Kommission vor diesem Hintergrund auf, die Lücken im EU-Rechtsrahmen zur Lebensmittelkennzeichnung zu schließen – insbesondere über die ausstehenden Aktualisierungen in der Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) und der Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben. Gleichzeitig seien viele Fragen zur Ursprungskennzeichnung und zu alkoholischen Getränken noch offen, in deren Zusammenhang die Kommission Maßnahmen ergreifen sollte, heißt es im Bericht. Eine für die vergangene Amtszeit angekündigte Reform der EU-Regeln zur Lebensmittelkennzeichnung hat die Kommission bisher nicht vorgelegt.
Auch das Fehlen “einer Liste der von der EU zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben auf Pflanzenpräparaten sowie von EU-Vorschriften zur Kennzeichnung von Lebensmitteln, die für Vegetarier beziehungsweise Veganer geeignet sind”, bemängeln die Prüfer des Rechnungshofes. Zugleich fordern sie die Kommission auf, Kennzeichnungspraktiken besser zu analysieren und das Verständnis der Lebensmittelkennzeichnung seitens der Verbraucher zu verbessern.
Zwar funktionierten die Kontrollen bei vorgeschriebenen Angaben in der Regel gut, bei freiwilligen Angaben mangele es daran jedoch, heißt es im Bericht. Zudem seien die bei Verstößen verhängten Bußgelder nach Ansicht der Prüfer häufig nicht abschreckend, wirksam oder verhältnismäßig.
Trotz alledem habe die EU zwischen 2021 und 2025 nur rund 5,5 Millionen Euro für Sensibilisierungskampagnen zur Lebensmittelkennzeichnung zur Verfügung gestellt, die viele EU-Länder allerdings nur sporadisch durchgeführt hätten, heißt es im Bericht des Rechnungshofes. heu
Die Europäische Kommission ruft Unternehmen und Interessierte auf, Vorschläge des US-Konzerns Corning zu kommentieren, die auf die Beilegung kartellrechtlicher Bedenken abzielen. Die Verpflichtungen sollen sicherstellen, dass der Wettbewerb auf dem Markt für Spezialglas erhalten bleibt. Das unter der Marke Gorilla Glass bekannte Alkali-Aluminosilikatglas von Corning wird vor allem in Smartphones, Tablets und ähnlichen Geräten eingesetzt.
Bereits seit dem 6. November 2024 untersucht die Kommission, ob Corning seine marktbeherrschende Stellung missbraucht hat. Im Fokus stehen exklusive Liefervereinbarungen mit Geräteherstellern und Glasverarbeitern, die Konkurrenten vom Markt ausgeschlossen und so Verbraucherinteressen geschädigt haben könnten.
Um die Bedenken auszuräumen, schlägt Corning vor, weltweit auf exklusive Klauseln in Verträgen zu verzichten und die Abhängigkeit von Kunden auf maximal 50 Prozent ihrer Nachfrage zu begrenzen. Die Verpflichtungen sollen neun Jahre lang gelten und von einer unabhängigen Instanz überwacht werden. Interessierte können bis sechs Wochen nach Veröffentlichung der Verpflichtungen im Amtsblatt der EU Stellungnahmen einreichen. vis
In einer außerordentlichen Fraktionssitzung am Montagabend haben die Mitglieder der Fraktion Grüne/EFA diskutiert, ob sie am Mittwoch im Europäischen Parlament für oder gegen die neue Kommission stimmen werden. Eine eindeutige Entscheidung ist dabei nicht gefallen.
Denn nach Informationen von Table.Briefings wollen 26 Fraktionsmitglieder für die Kommission stimmen und 20 dagegen. Sechs Fraktionsmitglieder sind demnach noch unentschieden. Voraussichtlich braucht Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für ihren Kommissionsvorschlag die Stimmen der Grünen/EFA diesmal allerdings nicht, um ihren Vorschlag durchzubringen. vis