Table.Briefing: Europe

Nato ringt um Ukraine-Unterstützung + Folgen der Einigung zur Gasspeicherumlage

Liebe Leserin, lieber Leser,

ab Montag wird in Bonn über das Erbe der UN-Klimakonferenz COP28 und die dort beschlossene “Abkehr von fossilen Brennstoffen” verhandelt. Auch wenn bei der UN-Zwischenkonferenz (SB60) weder Staatschefs noch die zuständigen Minister zusammensitzen, sind die beiden Verhandlungswochen das wichtigste Vorbereitungstreffen der Delegationen auf dem Weg zur COP29 in Baku.

Schließlich geht es ums Geld. Die derzeitige internationale Klimafinanzierung – 100 Milliarden Dollar pro Jahr von Industriestaaten für Entwicklungsländer – läuft aus. Die Höhe des nächsten Finanzziels soll erst in Baku beschlossen werden. In Bonn könnte sich aber schon abzeichnen, wer zu den Geber- und wer zu den Nehmerländern zählt. Die große Frage: Schaffen es die Europäer und die Industriestaaten, große Emittenten wie China und Saudi-Arabien zu überzeugen, sich künftig an der Klimafinanzierung zu beteiligen?

Für Europa wird es in Bonn auch darum gehen, den Fall der Fälle vorzubereiten: Was passiert, wenn Donald Trump nächstes Jahr wieder ins Weiße Haus einzieht und womöglich erneut aus dem Paris-Abkommen aussteigt? Ein weiteres Mal den wichtigsten Partner im Kampf für mehr Klimaschutz zu verlieren, könnte die europäischen Bemühungen um Jahre zurückwerfen.

Und auch hier dürfte das Geld der entscheidende Faktor sein. Trump wird sich wohl kaum als Partner für mehr internationale Klimafinanzierung entpuppen. Viele Aufgaben für eine Konferenz, die weniger im Lichte der Öffentlichkeit steht.

Starten Sie gut ins Wochenende.

Ihr
Lukas Knigge
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Analyse

Nato: Warum das Bündnis um eine gemeinsame Linie bei der Ukraine-Unterstützung kämpft

Ein Thema überschattet das informelle Treffen der Nato-Außenminister in Prag, das eigentlich den Gipfel Anfang Juli in Washington vorbereiten soll. Soll die Ukraine mit westlichen Waffen auch militärische Ziele in Russland beschießen dürfen?

“Ich glaube, es ist die Zeit gekommen, diese Einschränkungen zu überdenken”, sagte Jens Stoltenberg bei der Ankunft mit Blick auf die Vorgaben der meisten Verbündeten. Der Nato-Generalsekretär begründete dies damit, dass sich der Charakter des Krieges geändert habe. Russland habe die meiste Logistik auf die russische Seite der Grenze verlegt und beschieße die Ukraine aus der relativen Sicherheit. Stoltenberg betonte gleichzeitig, dass die Frage der Aufhebung der Einschränkungen Sache der Mitgliedstaaten sei. Dies sei eine nationale Entscheidung.

Blinken drängt auf Kursänderung

Tschechiens Außenminister und Gastgeber Jan Lipavský betonte, sein Land habe kein Problem damit, dass die Ukraine sich gegen einen Aggressor verteidige, und zwar auch durch Angriffe auf russischem Territorium: “Wenn ein Flugzeug mit Raketen unterwegs ist, dann ist es besser, es abzuschießen.”

Neben Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerte sich auch die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen diese Woche ähnlich. Laut Medienberichten drängt US-Außenminister Antony Blinken in Washington seinerseits auf eine Kursänderung. Das US-Nachrichtenportal Politico berichtete am Donnerstag, dass US-Präsident Joe Biden der Ukraine “im Geheimen” die Erlaubnis gegeben haben soll, von Charkiw aus amerikanische Waffen auf Streitkräfte auf russischem Boden einzusetzen. An der Haltung, Raketen mit großer Reichweite innerhalb Russlands zuzulassen, habe sich aber nichts geändert, sagte ein US-Sprecher. Auch Nato-Botschafterin Julianne Smith hatte bei einem Briefing im Vorfeld des Treffens in Prag gesagt, dass sich an der Haltung der USA bisher nichts geändert habe.

Was passiert, wenn Trump wiederkehrt?

Nach dem Empfang am Donnerstagabend bei Tschechiens Präsident Petr Pavel steht am Freitag die Frage im Vordergrund, wie die Nato-Mitgliedstaaten ihre Unterstützung für die Ukraine organisatorisch und finanziell nachhaltig organisieren können. Damit der Nato-Gipfel vom 9. bis 11. Juli in Washington ein Erfolg werden kann, gilt es noch größere Differenzen zwischen den Verbündeten zu überwinden.

Anfang April hatte Jens Stoltenberg erstmals seinen Plan präsentiert, die Ukraine über die kommenden fünf Jahre mit gemeinsamen Mitteln in der Höhe von 100 Milliarden Euro zu unterstützen. Damit sollte die Militärhilfe auch mit Blick auf ein mögliches Comeback von Donald Trump auf eine stabile Grundlage gestellt werden.

Diplomaten warnen vor nicht abgesicherten Zahlen

Das Echo auf den Vorstoß war aber eher kritisch. Diplomaten warnten davor, mit Zahlen zu jonglieren, die nicht abgesichert seien. Es werde da über frisches Geld geredet, das gar nicht vorhanden sei. Mehrere Mitgliedstaaten befürchten zudem Doppelgleisigkeit mit der EU, die über die Friedensfazilität Rüstungsgüter mitfinanziert. Die Nato habe seit 2022 ein Budget für non-letale Unterstützung für die Ukraine und bereits hier Mühe, das Geld auch auszugeben.

In Washington dürfte deshalb ein “Ukraine-Paket” präsentiert werden, in dem vor allem bilaterale Beiträge addiert werden. Die Verbündeten hätten die Ukraine in den vergangenen zwei Jahren mit insgesamt 80 Milliarden Euro unterstützt, schrieb Stoltenberg nun in seinem Einladungsbrief für Prag. Diese Unterstützung müsse in ähnlichem Umfang fortgeschrieben werden.

Die Ungarn wollen nicht mitmachen

Weniger umstritten ist Jens Stoltenbergs Vorschlag, die Militärhilfe neu zu organisieren. Bisher geschah dies ad hoc im US-geführten Ramstein-Format. Neu soll die Hilfe im Rahmen der Nato-Strukturen koordiniert werden. Damit es bis Washington klappt, müssen die Verbündeten allerdings Ungarn noch an Bord holen. Dessen Außenminister hat öffentlich verkündet, bei der “verrückten Nato-Mission” nicht mitmachen zu wollen, die das Bündnis noch stärker in den Krieg hineinziehen werde.

Der Generalsekretär soll dem Vernehmen nach mit Budapest ein Opt-out verhandelt haben, um den Weg für das stärkere Engagement der Nato auch mit Blick auf ein ziviles Verbindungsbüro in Kiew freizumachen.

Stoltenberg will über neue Rolle der Nato sprechen

Es sei nötig, über die neue Rolle der Nato zu reden, um Lücken und Verspätung bei der Unterstützung der Ukraine in Zukunft zu vermeiden, warb Stoltenberg mit Blick auf Probleme bei Munitionsbeschaffung und Luftverteidigung in Prag für seinen Vorstoß. Dass die Verbündeten oft Mühe haben, ihren Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen, zeigt sich auch bei der tschechischen Munitionsinitiative, 800.000 Artilleriegeschosse außerhalb Europas aufzukaufen.

15 Staaten hätten angekündigt, sich an der Finanzierung zu beteiligen, doch erst fünf hätten bisher tatsächlich bezahlt, hieß es in Prag. Erste Geschosse sollen noch im Juni an die Ukraine geliefert werden, sagte der tschechische Außenminister Lipavský.

Noch keine Einladung der Nato an die Ukraine

Heikles Thema und Teil des Ukraine-Pakets am Gipfel ist auch die Frage einer künftigen Mitgliedschaft im Bündnis. Die Formulierungen seien noch in Diskussion, doch eine Einladung an die Ukraine werde es auch in Washington nicht geben, heißt es. Die Suche nach einer Sprachregelung sei nicht einfach. Damit der Gipfel in Washington zum Erfolg werden könne, sei auf beiden Seiten das richtige Erwartungsmanagement zentral.

Beim vorangegangenen Gipfel in Vilnius hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi über die sozialen Medien seine Enttäuschung über die ausgebliebene Einladung verbreitet. Ähnliche negative Schlagzeilen will man bei der Nato für Washington um jeden Preis vermeiden.

Stoltenberg-Nachfolge: Ungarn, Slowakei und Rumänien blockieren

Um negative Schlagzeilen zu vermeiden, wäre auch dringend eine Einigung auf den Nachfolger von Jens Stoltenberg nötig. Dessen Amtszeit läuft Ende September definitiv aus. Eigentlich sollte Favorit Mark Rutte bereits in Prag als künftiger Generalsekretär ausgerufen werden. Er hat inzwischen die Unterstützung von 29 der 32 Mitgliedstaaten. Doch neben Ungarn blockieren auch die Slowakei und Rumänien eine Einigung. Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis hat sich selbst als Kandidat ins Spiel gebracht hat.

Immerhin hat sich zuletzt türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hinter Rutte eingereiht. In Nato-Kreisen zeigt man sich zuversichtlich, dass die Personalie vor Washington geregelt und offener Gipfelstreit um die Stoltenberg-Nachfolge vermieden werden kann.

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News

Energierat: Welche Folgen die Einigung zur Gasspeicherumlage für deutsche Kunden hat

Nach monatelangen Verhandlungen mit der EU-Kommission verzichtet Deutschland ab Anfang 2025 darauf, die Gasspeicherumlage an den Grenzen zu erheben. Das gab Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold am Donnerstag am Rande des Energierates bekannt. Mehrere Staaten von Österreich bis Ungarn hatten bei der Kommission immer wieder gegen die Umlage interveniert, weil die zusätzlichen Kosten die Abkehr von russischem Gas behinderten.

Nach früheren Dokumenten von Trading Hub Europe (THE) wird der weitaus größte Teil des benötigten Finanzvolumens bis Ende 2024 bezahlt worden sein. Die noch ausstehenden Kosten müssen zwar ab 2025 allein deutsche Gaskunden bezahlen. Die zusätzlichen Belastungen werden jedoch nur für energieintensive Unternehmen eine nennenswerte Größenordnung erreichen, ergab eine Berechnung von Table.Briefings im Februar. Eine aktuellere Berechnungsgrundlage hat THE trotz einer jüngst angekündigten Erhöhung noch nicht veröffentlicht.

Kapazitätsmechanismen in sechs bis acht Wochen

Um das Auslaufen russischer Energieimporte sicherzustellen, schlugen Deutschland und Tschechien am Donnerstag vor, eine hochrangige Arbeitsgruppe einzurichten. “Es gab breite Unterstützung für mehr europäische Zusammenarbeit”, sagte Belgiens Ressortchefin Tinne Van der Straeten. Die Ständigen Vertreter würden noch im Juni über zusätzliche Maßnahmen diskutieren. Allerdings hätten einige Mitgliedstaaten immer noch die üblichen Bedenken geäußert: langfristige Verträge, Versorgungssicherheit und Energiepreise.

Zu Kapazitätsmechanismen kündigte Energiekommissarin Kadri Simson an, dass die Genehmigung schon in sehr naher Zukunft nur noch sechs bis acht Wochen dauern werde, falls die Mitgliedstaaten bestimmte Präqualifizierungskriterien erfüllen. Das wäre weitaus mehr Entgegenkommen, als Beobachter in Brüssel erwartet hatten. Für die Förderung des Neubaus von gesicherten Erzeugungskapazitäten hatten sie mit nicht viel mehr als Best Practices oder Leitlinien gerechnet.

Arbeitsgruppe gegen Betrug mit Biokraftstoffen

Deutschland hatte die Kommission außerdem wiederholt aufgerufen, mehr gegen Betrug mit Biokraftstoffen zu tun und Nachhaltigkeitszertifizierungen nicht mehr anzuerkennen, wenn europäische Prüfer keinen Zugang zu Produktionsstätten in Drittländern erhalten. Simson kündigte lediglich an, stärker auf die Durchsetzung der bestehenden Durchführungsverordnung für Zertifizierungen zu achten und eine Arbeitsgruppe mit den Mitgliedstaaten einzusetzen. Eine neue Datenbank für Zertifizierungen, welche die Transparenz erhöhen soll, werde ab November auch für gasförmige Kraft- und Brennstoffe verfügbar sein.

Die Energieminister beschlossen am Donnerstag zudem eine Schlussfolgerung zum Netzausbau und den Ausstieg aus dem Energiecharta-Vertrag. Für den Bau des Südlichen Wasserstoffkorridors, der das Gas aus Nordafrika bis nach Süddeutschland transportieren soll, unterzeichneten Deutschland, Österreich und Italien eine Absichtserklärung. ber

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EU-Handelsminister hinterfragen Effekt autonomer Handelsregulierungen auf Drittstaaten

Am Donnerstag trafen sich die EU-Handelsminister in Brüssel, um über die Zukunft der EU-Handelspolitik und über die Handelsbeziehungen mit Afrika zu sprechen. Laut Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis sprachen die Minister in beiden Agendapunkten die Probleme an, welche die autonomen Handelsmaßnahmen der EU für ihre Handelspartner mit sich bringen.

“Es ist wahr, wenn wir unsere autonomen Maßnahmen gestalten, ist es sehr wichtig, dass wir deren Effekt auf unsere Handelspartner – speziell Entwicklungsländer – mitdenken”, sagte Dombrovskis auf der anschließenden Pressekonferenz. “Es findet aktuell ein intensiver Austausch mit verschiedenen Ländern statt, um die Einführung von CBAM und der Entwaldungsverordnung vorzubereiten”.

Umsetzung läuft auf Hochtouren

Die Berichtspflichten für den CO₂-Grenzausgleichsmechanismus CBAM haben schon in diesem Jahr begonnen und der CO₂-Grenzpreis wird ab 2026 an der EU-Grenze eingefordert. Die Entwaldungsverordnung verlangt von Firmen, dass sie sich ab Ende dieses Jahres an die verschärften Regeln für entwaldungsfreie Lieferketten halten müssen.

Im Interview mit Table.Briefings forderte auch der Vorsitzende des Handelsausschusses des EU-Parlaments, Bernd Lange (SPD), dass die EU sich bei der Umsetzung der autonomen Handelsmaßnahmen flexibler und kooperativer zeigen solle.

Neben CBAM und der Entwaldungsverordnung dürften auch andere EU-Regulierungen in die Kritik der europäischen Handelspartner geraten. “Kürzlich äußerten einige unserer Handelspartner, inklusive Entwicklungsländer, Bedenken an der jüngsten Entscheidung der Ko-Gesetzgeber über die Verpackungsverordnung“, sagte Dombrovskis am Donnerstag.

Während der Handelsratssitzung nahmen die Handelsminister auch das Partnerschaftsabkommen mit Kenia formell an. Somit tritt das Handelsabkommen am 1. Juli in Kraft. jaa

  • CBAM
  • Freihandelsabkommen
  • Handelspolitik

E-Autos aus China: Warum die Entscheidung zu Strafzöllen der EU auf sich warten lässt

Die EU-Kommission hält sich weiter bedeckt darüber, wann sie über mögliche Strafzölle auf chinesische E-Autos entscheiden wird. EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis sagte am Donnerstag, das Untersuchungsverfahren wegen staatlicher Förderung für chinesische Elektroautos “nimmt seinen Lauf”. Über das genaue Datum, wann die Maßnahmen bekannt gegeben werden sollen, sei noch nicht entschieden worden.

Dombrovskis erinnerte an die Neun-Monats-Frist, innerhalb welcher vorläufige Maßnahmen angewandt werden müssen. Die Frist läuft Anfang Juli ab, denn das Verfahren war Anfang Oktober 2023 eingeleitet worden. Am Mittwoch hatte die EU-Kommission bekannt gegeben, die Entscheidung auf nach die EU-Wahlen zu verschieben. Als Grund dafür nannte sie den laufenden Wahlkampf. cyb/ari

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Getreide aus Russland: Warum die EU die Zölle anhebt

Die EU-Staaten haben sich auf höhere Zölle auf Getreide, Ölsaaten und andere ausgewählte Produkte aus Russland und Belarus verständigt. Damit würden die Abgaben auf diese Waren so weit erhöht, dass ihre Einfuhr de facto gestoppt würde, teilten die EU-Staaten am Donnerstag in Brüssel mit. Ölsaaten sind Pflanzen, aus denen Öl gewonnen werden kann, etwa Sonnenblumenkerne oder Raps. Getreideimporte aus Russland in die EU waren in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 

Nach Angaben der EU sollen die Zölle unter anderem eine Destabilisierung des EU-Marktes verhindern. Die EU-Kommission sieht ein reales Risiko, dass Russland mit übertrieben günstigen Agrarexporten Preise für EU-Bauern kaputtmachen und die ohnehin schon angespannte Stimmung weiter anheizen könnte. Zudem soll Russland weniger mit seinen Agrarexporten verdienen und so die Finanzierung des Angriffskriegs gegen die Ukraine erschwert werden. Die Maßnahmen sollen zum 1. Juli in Kraft treten.

Auswirkungen auf andere Weltregionen

Wie aus Zahlen des Statistikamts Eurostat hervorgeht, wurde in den Vorkriegsjahren 2020 und 2021 Getreide für knapp 120 Millionen Euro (2020) und gut 290 Millionen Euro (2021) aus Russland in die EU importiert. 2022 waren es rund 325 Millionen Euro und ein Jahr später fast 440 Millionen Euro. 

Brisant ist die Entscheidung zu zusätzlichen Zöllen auch deshalb, weil die EU die Ein- und Ausfuhr von Agrarprodukten eigentlich nicht beschränken wollte. Früheren Angaben zufolge sollen russische Exporte in andere Weltregionen durch die Abgaben nicht teurer werden. Durch Maßnahmen gegen Lebensmittelexporte besteht das Risiko, dass Preise steigen und damit vor allem Menschen in armen Ländern größere Ernährungsprobleme bekommen. dpa

  • Handelspolitik
  • Russland
  • Sanktionen

Recht auf Reparatur: Rat gibt endgültige Zustimmung

Die EU-Mitgliedstaaten haben am Donnerstag endgültig der Richtlinie zum Recht auf Reparatur zugestimmt. Damit kann das Gesetz, das Reparaturen einfacher und erschwinglicher machen und damit die Kreislaufwirtschaft stärken soll, in einigen Wochen in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten haben anschließend zwei Jahre Zeit, um die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen, also bis Sommer 2026.

Zu den neuen Vorschriften gehört unter anderem eine Pflicht für Hersteller, auch nach Ablauf der gesetzlichen Garantie für bestimmte Produkte wie Waschmaschinen und Kühlschränke Reparaturen anzubieten und auf ihrer Website über Ersatzteile zu informieren. Verbraucher müssen über diese Reparaturpflicht informiert werden und kostenlosen Online-Zugang zu Information über Reparaturpreise erhalten. Die Mitgliedstaaten müssen zudem finanzielle Anreize für Reparaturen schaffen, etwa in Form von Gutscheinen oder Fonds. leo

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  • Recht auf Reparatur

Streit mit Italien: Warum der Gerichtshof der EU US-Tech-Konzernen recht gibt

Google, Amazon und Airbnb haben im Streit mit Italien einen Erfolg vor dem Gerichtshof der EU errungen. Die Justiz in Luxemburg stärkte den Konzernen den Rücken in der Frage, ob sie einer italienischen Vorschrift zufolge Informationen über das eigene Unternehmen bereitstellen müssen.

“Ein Mitgliedstaat darf einem Anbieter von Online-Diensten, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, keine zusätzlichen Verpflichtungen auferlegen“, urteilten die Richterinnen und Richter am Donnerstag. Das EU-Recht stehe “Maßnahmen wie den von Italien erlassenen entgegen”.

Die italienische Justiz muss nun entscheiden

Die US-Tech-Unternehmen Google und Airbnb haben ihre Europa-Hauptsitze jeweils in Irland und der Online-Händler Amazon in Luxemburg. Der US-Online-Reisedienstleister Expedia ist in Spanien ansässig. Die Unternehmen wehren sich jeweils vor einem italienischen Gericht gegen Vorschriften von 2020 und 2021. Demnach sollen in Italien Online-Vermittlerdienste zum Zweck von Fairness und Transparenz in einem Register Informationen über sich preisgeben und einen finanziellen Beitrag zahlen. Erfüllen die Firmen diese Verpflichtungen nicht, sind Sanktionen vorgesehen.

Die Firmen argumentieren, dass diese Anforderungen gegen EU-Recht verstoßen. Der Gerichtshof der Europäischen Union gab ihnen nun recht. Die Justiz in Italien entscheidet über die jeweils anhängigen Rechtsstreits, muss aber das Urteil des EU-Gerichts dabei berücksichtigen. rtr

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Must-Reads

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Kolumne

What’s cooking in der Normandie? Was der 80. Jahrestag des D-Day mir bedeutet

D-Day Normandie Omaha
Der Friedhof in Colleville sur Mer mit seinen 9.388 Stelen aus weißem Marmor überragt “Omaha Beach”, einen der fünf Strände in der Normandie, an denen die alliierten Soldaten landeten.

Vor 80 Jahren, am 6. Juni 1944, fand eine der größten Seeoperationen der Geschichte statt. Unter dem Codenamen “Operation Neptun” leitete die heute als “D-Day” bekannte Militäroperation die Befreiung Europas vom Joch des Nationalsozialismus ein. An diesem Tag und den darauffolgenden Tagen landeten etwa 156.000 alliierte Soldaten an den Stränden der Normandie, wo viele von ihnen einen grausamen Tod fanden.

Ich betone dies absichtlich: Mein Großvater landete in der Normandie. Als US-amerikanischer Student in San Francisco war er nach dem japanischen Bombenangriff auf Pearl Harbor in die Armee eingetreten. Er sprach nie über die Landung der Alliierten. Wenn seine Enkelkinder ihn danach fragten, antwortete er stets, dass er sich nicht mehr erinnern könne. Allein sein Schweigen drückte schon viel aus. Wie schwer diese besondere Erinnerung wog, wurde umso deutlicher, als er auf dem imposanten US-amerikanischen Friedhof in Colleville sur Mer nach Namen suchte, die ihm vertraut waren.

“Blutiges Omaha”

Dieser Friedhof mit seinen 9.388 Stelen aus weißem Marmor überragt “Omaha Beach”, einen der fünf Strände in der Normandie, an denen die alliierten Soldaten landeten. Er wird auch als “blutiges Omaha” bezeichnet, denn er war Schauplatz erbitterter Kämpfe. Im Dorf Saint-Laurent-sur-Mer wird der Höhepunkt der Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag der Landung der Alliierten am 6. Juni stattfinden. Dort wird der französische Präsident Emmanuel Macron 25 Staatsoberhäupter begrüßen, darunter US-Präsident Joe Biden und den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Zu den prominenten Abwesenden der Gedenkfeierlichkeiten wird der russische Präsident Wladimir Putin zählen. Die Mission Libération, eine öffentliche Interessenvereinigung, die mit der Organisation der Gedenkfeier beauftragt ist, gab bekannt, dass “Russland zu den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag eingeladen wird, nicht aber sein Präsident”.

Macron wird auch 250 Veteranen im Alter zwischen 96 und 104 Jahren, die im Zweiten Weltkrieg gekämpft haben, ehren. Aber nicht nur. Drei Tage vor den Europawahlen in Frankreich wird dies für den französischen Präsidenten auch eine Gelegenheit sein, an die Werte zu erinnern, die mit dem Kampf gegen Nazismus und Faschismus verbunden sind. Das wird er dem Rassemblement National entgegenschleudern, der rechtsextremen Partei von Marine Le Pen.

Der Rassemblement National liegt in den Wahlumfragen bei 30 Prozent – und damit weit vor Macrons Wahlbündnis mit dem neuen Namen Besoin d’Europe, die von der Europaabgeordneten Valerie Hayer angeführt wird. Sie steht bei 15 Prozent.

Verteidigung der demokratischen Werte

Die Verteidigung demokratischer Werte und Grundrechte, Solidarität angesichts neuer Herausforderungen, starke Bündnisse und die Erhaltung des Friedens auf dem Kontinent werden wohl im Mittelpunkt von Macrons Rede stehen.

Und hier erlaube ich mir wieder eine persönliche Bemerkung. Denn es gibt die Worte, es gibt das Schweigen und es gibt das Leben, das weitergeht: Einige Wochen nach der Landung verliebte sich mein US-amerikanischer Großvater auf einem der Volksbälle, mit denen die Befreiung gefeiert wurde, in eine schöne Pariserin, meine Großmutter. Die US-Armee schickte sie dann beide nach Deutschland, nach Frankfurt. Und es war meine Großmutter, die schließlich von den Ruinen und dem Hunger erzählte, den sie dort nach dem Krieg gesehen hatte.

Jahre später, zwei Wochen nach dem Tod meines Großvaters, begrüßte die Frau, die während des Krieges die deutsche Besatzung in Paris erdulden und mitansehen musste, wie ihre Freundin ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert wurde, die Geburt ihrer deutsch-französischen Urenkelin – meiner Tochter – mit all der Liebe, die sie auszeichnete.

Macht wird durch Worte erlangt. Manche mögen abstrakt und weit entfernt erscheinen. Diese persönliche Geschichte reiht sich in viele andere ein, die erzählt wurden oder es wert sind, erzählt zu werden, und sie können den abstrakten Worten Frieden und Versöhnung Gestalt verleihen

  • Deutschland
  • Emmanuel Macron
  • Europawahlen 2024
  • Frankreich
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  • USA

Heads

Christiane Kesper – Fokus auf Entwicklung 

Christiane Kesper leitet seit 2022 das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Brüssel.

36 Jahre, so lang wird Christiane Kesper Teil der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) gewesen sein, wenn sie ihr Amt als Leiterin des Brüsseler Büros der FES Anfang Juni altersbedingt an ihren Nachfolger Tobias Mörschel abgibt. Über die Rolle der Stiftung im politischen Alltagsgeschehen – sowohl in Berlin als auch in Brüssel – weiß wohl kaum jemand so gut Bescheid wie die 64-Jährige

Luxemburger Kind deutscher Eltern 

Schon ihre Kindheit und die Jugend waren dabei geprägt von einem europäischen Gefühl. Kesper kam 1959 in Luxemburg zur Welt. Ihre Eltern hatten “sehr jung und abenteuerlustig” acht Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs den Schritt raus aus Deutschland gewagt, um im westlichen Nachbarland eine berufliche Chance wahrzunehmen.  

Später ging Kesper in Belgien zur Schule. “Als deutsches Kind im Ausland war mir Europa immer nah”, erinnert sie sich. Ebenso fühlte sie sich früh der Politik verbunden. Speziell der Fokus auf Entwicklungspolitik bestimmte ihre weitere Laufbahn. Eben jenen wählte sie auch für ihr Studium der VWL und Politikwissenschaft in Heidelberg. Ein Postgraduiertenstudium beim Deutschen Institut für Entwicklungspolitik ebnete ihr dann den Weg zur Friedrich-Ebert-Stiftung – als eine der ersten Frauen im Bereich der Projektassistenz. 

Über Guatemala und Brüssel nach Berlin 

Kesper zog es zum Start 1988 nach Guatemala, wo sie zwei Jahre als Juniorexpertin im Bereich der Gesellschaftspolitik tätig war. “Das hat mich damals sehr überrascht, weil ich kein Wort Spanisch gesprochen habe”, kommentiert Kesper diesen ersten Schritt. Danach sei eine Tätigkeit in Libyen und anderen Teilen der Welt möglich gewesen. Stattdessen heuerte sie von 1992 von 1995 erstmals in Brüssel an, bevor sie den größten Teil ihrer Laufbahn in Berlin verbrachte. 

Bis 2022 war sie auch dort in der Entwicklungspolitik aktiv, ab 2008 leitete sie die Abteilung internationale Entwicklungszusammenarbeit. Dort war sie für circa 80 Projekte in Ländern des globalen Südens verantwortlich und stand 180 Mitarbeitern und etwa 580 Ortskräften vor. Kesper blickt zurück: “Angesichts der zahlreichen Projektstandorte mussten wir oftmals eine Krise in der Welt nach der anderen managen, zuletzt die gefährliche Ausreise unserer Ortskräfte aus Afghanistan.” 

Die Rückkehr nach Brüssel als Schritt zurück? 

Warum dann also überhaupt 2022 der Schritt zurück nach Brüssel, mit weniger Verantwortung und weniger Mitarbeitern? Es ist die Faszination Europa, mit der Kesper diesen Schritt erklärt. “Um Europapolitik zu verbessern, muss man nun einmal dahin gehen, wo Entscheidungen getroffen werden. Das hat mich an der Aufgabe gereizt”, sagt sie.  

In Brüssel organisiert sie mit der FES, die vom Auswärtigen Amt mit Haushaltsmitteln gefördert wird, verschiedene Events. Diese sollen dafür sorgen, den “an der EU interessierten Menschen die politischen Prozesse verständlich zu machen und ein Bewusstsein für europapolitische Fragen zu fördern”. Zwar hat die Stiftung keinerlei Entscheidungsmacht, dennoch findet es Kesper sehr attraktiv, die aktuellen Themen der Zeit für die Menschen aufzuarbeiten.  

“Wenn die EU geopolitisch eine Chance haben soll, dann muss sie einheitlicher auftreten” 

In Themen von Migration über Sicherheitspolitik bis zu Gleichstellung und Soziales suche Kesper mit ihren Mitarbeitern und anderen Organisationen – wie der Foundation for European Progressive Studies – immer wieder nach Strategien für eine maximale Wirkkraft. “Wir analysieren, wo es in der Brüsseler Debatte Leerstellen gibt und versuchen diese durch ein progressives und internationales Beratungsangebot zu füllen. Das geschieht in der Hoffnung, dass dieses von den Akteuren angenommen wird”, erklärt sie. Besonderen Wert lege sie bei den Veranstaltungen daher darauf, dass die “Entscheider aus allen europäischen Institutionen dabei sind”. 

Auch eine mögliche Reform der EU hat Kesper weit oben auf der Liste. Vor allem mit Blick auf ein in seiner Zusammensetzung möglicherweise stark verändertes Parlament hat sie klare Vorstellungen für die Zukunft. Sie fordert: “Wenn die EU geopolitisch eine Chance haben soll, dann muss sie dafür sorgen, dass sie einheitlicher auftritt.” Die als “German Vote” bekannt gewordene fehlende Einigkeit der deutschen Koalitionspartner sei dabei ein Negativbeispiel aus der jüngeren Vergangenheit. “In Zukunft müssen progressive Kräfte in der EU unbedingt geschlossen auftreten und sich nicht spalten lassen oder selbst zergliedern“, sagt Kesper weiter. 

Extra-Motivation nach der Europawahl? 

Insgesamt geht die Noch-Leiterin des Brüsseler Büros davon aus, dass eine mögliche Veränderung des Europaparlaments bei ihren Kollegen sogar weitere Energie freisetzen könnte. “Ein erstarkter Rechtspopulismus würde unsere Arbeit für ein progressives demokratisches Europa noch wichtiger machen und für viele in unserem Arbeitsumfeld eine Extra-Motivation bedeuten”, sagt sie. Auch das sei ein Grund, warum sie der Stiftung auch nach ihrem Ausscheiden in wenigen Wochen weiter verbunden bleiben werde. Jasper Bennink

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    ab Montag wird in Bonn über das Erbe der UN-Klimakonferenz COP28 und die dort beschlossene “Abkehr von fossilen Brennstoffen” verhandelt. Auch wenn bei der UN-Zwischenkonferenz (SB60) weder Staatschefs noch die zuständigen Minister zusammensitzen, sind die beiden Verhandlungswochen das wichtigste Vorbereitungstreffen der Delegationen auf dem Weg zur COP29 in Baku.

    Schließlich geht es ums Geld. Die derzeitige internationale Klimafinanzierung – 100 Milliarden Dollar pro Jahr von Industriestaaten für Entwicklungsländer – läuft aus. Die Höhe des nächsten Finanzziels soll erst in Baku beschlossen werden. In Bonn könnte sich aber schon abzeichnen, wer zu den Geber- und wer zu den Nehmerländern zählt. Die große Frage: Schaffen es die Europäer und die Industriestaaten, große Emittenten wie China und Saudi-Arabien zu überzeugen, sich künftig an der Klimafinanzierung zu beteiligen?

    Für Europa wird es in Bonn auch darum gehen, den Fall der Fälle vorzubereiten: Was passiert, wenn Donald Trump nächstes Jahr wieder ins Weiße Haus einzieht und womöglich erneut aus dem Paris-Abkommen aussteigt? Ein weiteres Mal den wichtigsten Partner im Kampf für mehr Klimaschutz zu verlieren, könnte die europäischen Bemühungen um Jahre zurückwerfen.

    Und auch hier dürfte das Geld der entscheidende Faktor sein. Trump wird sich wohl kaum als Partner für mehr internationale Klimafinanzierung entpuppen. Viele Aufgaben für eine Konferenz, die weniger im Lichte der Öffentlichkeit steht.

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    Nato: Warum das Bündnis um eine gemeinsame Linie bei der Ukraine-Unterstützung kämpft

    Ein Thema überschattet das informelle Treffen der Nato-Außenminister in Prag, das eigentlich den Gipfel Anfang Juli in Washington vorbereiten soll. Soll die Ukraine mit westlichen Waffen auch militärische Ziele in Russland beschießen dürfen?

    “Ich glaube, es ist die Zeit gekommen, diese Einschränkungen zu überdenken”, sagte Jens Stoltenberg bei der Ankunft mit Blick auf die Vorgaben der meisten Verbündeten. Der Nato-Generalsekretär begründete dies damit, dass sich der Charakter des Krieges geändert habe. Russland habe die meiste Logistik auf die russische Seite der Grenze verlegt und beschieße die Ukraine aus der relativen Sicherheit. Stoltenberg betonte gleichzeitig, dass die Frage der Aufhebung der Einschränkungen Sache der Mitgliedstaaten sei. Dies sei eine nationale Entscheidung.

    Blinken drängt auf Kursänderung

    Tschechiens Außenminister und Gastgeber Jan Lipavský betonte, sein Land habe kein Problem damit, dass die Ukraine sich gegen einen Aggressor verteidige, und zwar auch durch Angriffe auf russischem Territorium: “Wenn ein Flugzeug mit Raketen unterwegs ist, dann ist es besser, es abzuschießen.”

    Neben Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerte sich auch die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen diese Woche ähnlich. Laut Medienberichten drängt US-Außenminister Antony Blinken in Washington seinerseits auf eine Kursänderung. Das US-Nachrichtenportal Politico berichtete am Donnerstag, dass US-Präsident Joe Biden der Ukraine “im Geheimen” die Erlaubnis gegeben haben soll, von Charkiw aus amerikanische Waffen auf Streitkräfte auf russischem Boden einzusetzen. An der Haltung, Raketen mit großer Reichweite innerhalb Russlands zuzulassen, habe sich aber nichts geändert, sagte ein US-Sprecher. Auch Nato-Botschafterin Julianne Smith hatte bei einem Briefing im Vorfeld des Treffens in Prag gesagt, dass sich an der Haltung der USA bisher nichts geändert habe.

    Was passiert, wenn Trump wiederkehrt?

    Nach dem Empfang am Donnerstagabend bei Tschechiens Präsident Petr Pavel steht am Freitag die Frage im Vordergrund, wie die Nato-Mitgliedstaaten ihre Unterstützung für die Ukraine organisatorisch und finanziell nachhaltig organisieren können. Damit der Nato-Gipfel vom 9. bis 11. Juli in Washington ein Erfolg werden kann, gilt es noch größere Differenzen zwischen den Verbündeten zu überwinden.

    Anfang April hatte Jens Stoltenberg erstmals seinen Plan präsentiert, die Ukraine über die kommenden fünf Jahre mit gemeinsamen Mitteln in der Höhe von 100 Milliarden Euro zu unterstützen. Damit sollte die Militärhilfe auch mit Blick auf ein mögliches Comeback von Donald Trump auf eine stabile Grundlage gestellt werden.

    Diplomaten warnen vor nicht abgesicherten Zahlen

    Das Echo auf den Vorstoß war aber eher kritisch. Diplomaten warnten davor, mit Zahlen zu jonglieren, die nicht abgesichert seien. Es werde da über frisches Geld geredet, das gar nicht vorhanden sei. Mehrere Mitgliedstaaten befürchten zudem Doppelgleisigkeit mit der EU, die über die Friedensfazilität Rüstungsgüter mitfinanziert. Die Nato habe seit 2022 ein Budget für non-letale Unterstützung für die Ukraine und bereits hier Mühe, das Geld auch auszugeben.

    In Washington dürfte deshalb ein “Ukraine-Paket” präsentiert werden, in dem vor allem bilaterale Beiträge addiert werden. Die Verbündeten hätten die Ukraine in den vergangenen zwei Jahren mit insgesamt 80 Milliarden Euro unterstützt, schrieb Stoltenberg nun in seinem Einladungsbrief für Prag. Diese Unterstützung müsse in ähnlichem Umfang fortgeschrieben werden.

    Die Ungarn wollen nicht mitmachen

    Weniger umstritten ist Jens Stoltenbergs Vorschlag, die Militärhilfe neu zu organisieren. Bisher geschah dies ad hoc im US-geführten Ramstein-Format. Neu soll die Hilfe im Rahmen der Nato-Strukturen koordiniert werden. Damit es bis Washington klappt, müssen die Verbündeten allerdings Ungarn noch an Bord holen. Dessen Außenminister hat öffentlich verkündet, bei der “verrückten Nato-Mission” nicht mitmachen zu wollen, die das Bündnis noch stärker in den Krieg hineinziehen werde.

    Der Generalsekretär soll dem Vernehmen nach mit Budapest ein Opt-out verhandelt haben, um den Weg für das stärkere Engagement der Nato auch mit Blick auf ein ziviles Verbindungsbüro in Kiew freizumachen.

    Stoltenberg will über neue Rolle der Nato sprechen

    Es sei nötig, über die neue Rolle der Nato zu reden, um Lücken und Verspätung bei der Unterstützung der Ukraine in Zukunft zu vermeiden, warb Stoltenberg mit Blick auf Probleme bei Munitionsbeschaffung und Luftverteidigung in Prag für seinen Vorstoß. Dass die Verbündeten oft Mühe haben, ihren Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen, zeigt sich auch bei der tschechischen Munitionsinitiative, 800.000 Artilleriegeschosse außerhalb Europas aufzukaufen.

    15 Staaten hätten angekündigt, sich an der Finanzierung zu beteiligen, doch erst fünf hätten bisher tatsächlich bezahlt, hieß es in Prag. Erste Geschosse sollen noch im Juni an die Ukraine geliefert werden, sagte der tschechische Außenminister Lipavský.

    Noch keine Einladung der Nato an die Ukraine

    Heikles Thema und Teil des Ukraine-Pakets am Gipfel ist auch die Frage einer künftigen Mitgliedschaft im Bündnis. Die Formulierungen seien noch in Diskussion, doch eine Einladung an die Ukraine werde es auch in Washington nicht geben, heißt es. Die Suche nach einer Sprachregelung sei nicht einfach. Damit der Gipfel in Washington zum Erfolg werden könne, sei auf beiden Seiten das richtige Erwartungsmanagement zentral.

    Beim vorangegangenen Gipfel in Vilnius hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi über die sozialen Medien seine Enttäuschung über die ausgebliebene Einladung verbreitet. Ähnliche negative Schlagzeilen will man bei der Nato für Washington um jeden Preis vermeiden.

    Stoltenberg-Nachfolge: Ungarn, Slowakei und Rumänien blockieren

    Um negative Schlagzeilen zu vermeiden, wäre auch dringend eine Einigung auf den Nachfolger von Jens Stoltenberg nötig. Dessen Amtszeit läuft Ende September definitiv aus. Eigentlich sollte Favorit Mark Rutte bereits in Prag als künftiger Generalsekretär ausgerufen werden. Er hat inzwischen die Unterstützung von 29 der 32 Mitgliedstaaten. Doch neben Ungarn blockieren auch die Slowakei und Rumänien eine Einigung. Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis hat sich selbst als Kandidat ins Spiel gebracht hat.

    Immerhin hat sich zuletzt türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hinter Rutte eingereiht. In Nato-Kreisen zeigt man sich zuversichtlich, dass die Personalie vor Washington geregelt und offener Gipfelstreit um die Stoltenberg-Nachfolge vermieden werden kann.

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    Energierat: Welche Folgen die Einigung zur Gasspeicherumlage für deutsche Kunden hat

    Nach monatelangen Verhandlungen mit der EU-Kommission verzichtet Deutschland ab Anfang 2025 darauf, die Gasspeicherumlage an den Grenzen zu erheben. Das gab Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold am Donnerstag am Rande des Energierates bekannt. Mehrere Staaten von Österreich bis Ungarn hatten bei der Kommission immer wieder gegen die Umlage interveniert, weil die zusätzlichen Kosten die Abkehr von russischem Gas behinderten.

    Nach früheren Dokumenten von Trading Hub Europe (THE) wird der weitaus größte Teil des benötigten Finanzvolumens bis Ende 2024 bezahlt worden sein. Die noch ausstehenden Kosten müssen zwar ab 2025 allein deutsche Gaskunden bezahlen. Die zusätzlichen Belastungen werden jedoch nur für energieintensive Unternehmen eine nennenswerte Größenordnung erreichen, ergab eine Berechnung von Table.Briefings im Februar. Eine aktuellere Berechnungsgrundlage hat THE trotz einer jüngst angekündigten Erhöhung noch nicht veröffentlicht.

    Kapazitätsmechanismen in sechs bis acht Wochen

    Um das Auslaufen russischer Energieimporte sicherzustellen, schlugen Deutschland und Tschechien am Donnerstag vor, eine hochrangige Arbeitsgruppe einzurichten. “Es gab breite Unterstützung für mehr europäische Zusammenarbeit”, sagte Belgiens Ressortchefin Tinne Van der Straeten. Die Ständigen Vertreter würden noch im Juni über zusätzliche Maßnahmen diskutieren. Allerdings hätten einige Mitgliedstaaten immer noch die üblichen Bedenken geäußert: langfristige Verträge, Versorgungssicherheit und Energiepreise.

    Zu Kapazitätsmechanismen kündigte Energiekommissarin Kadri Simson an, dass die Genehmigung schon in sehr naher Zukunft nur noch sechs bis acht Wochen dauern werde, falls die Mitgliedstaaten bestimmte Präqualifizierungskriterien erfüllen. Das wäre weitaus mehr Entgegenkommen, als Beobachter in Brüssel erwartet hatten. Für die Förderung des Neubaus von gesicherten Erzeugungskapazitäten hatten sie mit nicht viel mehr als Best Practices oder Leitlinien gerechnet.

    Arbeitsgruppe gegen Betrug mit Biokraftstoffen

    Deutschland hatte die Kommission außerdem wiederholt aufgerufen, mehr gegen Betrug mit Biokraftstoffen zu tun und Nachhaltigkeitszertifizierungen nicht mehr anzuerkennen, wenn europäische Prüfer keinen Zugang zu Produktionsstätten in Drittländern erhalten. Simson kündigte lediglich an, stärker auf die Durchsetzung der bestehenden Durchführungsverordnung für Zertifizierungen zu achten und eine Arbeitsgruppe mit den Mitgliedstaaten einzusetzen. Eine neue Datenbank für Zertifizierungen, welche die Transparenz erhöhen soll, werde ab November auch für gasförmige Kraft- und Brennstoffe verfügbar sein.

    Die Energieminister beschlossen am Donnerstag zudem eine Schlussfolgerung zum Netzausbau und den Ausstieg aus dem Energiecharta-Vertrag. Für den Bau des Südlichen Wasserstoffkorridors, der das Gas aus Nordafrika bis nach Süddeutschland transportieren soll, unterzeichneten Deutschland, Österreich und Italien eine Absichtserklärung. ber

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    EU-Handelsminister hinterfragen Effekt autonomer Handelsregulierungen auf Drittstaaten

    Am Donnerstag trafen sich die EU-Handelsminister in Brüssel, um über die Zukunft der EU-Handelspolitik und über die Handelsbeziehungen mit Afrika zu sprechen. Laut Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis sprachen die Minister in beiden Agendapunkten die Probleme an, welche die autonomen Handelsmaßnahmen der EU für ihre Handelspartner mit sich bringen.

    “Es ist wahr, wenn wir unsere autonomen Maßnahmen gestalten, ist es sehr wichtig, dass wir deren Effekt auf unsere Handelspartner – speziell Entwicklungsländer – mitdenken”, sagte Dombrovskis auf der anschließenden Pressekonferenz. “Es findet aktuell ein intensiver Austausch mit verschiedenen Ländern statt, um die Einführung von CBAM und der Entwaldungsverordnung vorzubereiten”.

    Umsetzung läuft auf Hochtouren

    Die Berichtspflichten für den CO₂-Grenzausgleichsmechanismus CBAM haben schon in diesem Jahr begonnen und der CO₂-Grenzpreis wird ab 2026 an der EU-Grenze eingefordert. Die Entwaldungsverordnung verlangt von Firmen, dass sie sich ab Ende dieses Jahres an die verschärften Regeln für entwaldungsfreie Lieferketten halten müssen.

    Im Interview mit Table.Briefings forderte auch der Vorsitzende des Handelsausschusses des EU-Parlaments, Bernd Lange (SPD), dass die EU sich bei der Umsetzung der autonomen Handelsmaßnahmen flexibler und kooperativer zeigen solle.

    Neben CBAM und der Entwaldungsverordnung dürften auch andere EU-Regulierungen in die Kritik der europäischen Handelspartner geraten. “Kürzlich äußerten einige unserer Handelspartner, inklusive Entwicklungsländer, Bedenken an der jüngsten Entscheidung der Ko-Gesetzgeber über die Verpackungsverordnung“, sagte Dombrovskis am Donnerstag.

    Während der Handelsratssitzung nahmen die Handelsminister auch das Partnerschaftsabkommen mit Kenia formell an. Somit tritt das Handelsabkommen am 1. Juli in Kraft. jaa

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    E-Autos aus China: Warum die Entscheidung zu Strafzöllen der EU auf sich warten lässt

    Die EU-Kommission hält sich weiter bedeckt darüber, wann sie über mögliche Strafzölle auf chinesische E-Autos entscheiden wird. EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis sagte am Donnerstag, das Untersuchungsverfahren wegen staatlicher Förderung für chinesische Elektroautos “nimmt seinen Lauf”. Über das genaue Datum, wann die Maßnahmen bekannt gegeben werden sollen, sei noch nicht entschieden worden.

    Dombrovskis erinnerte an die Neun-Monats-Frist, innerhalb welcher vorläufige Maßnahmen angewandt werden müssen. Die Frist läuft Anfang Juli ab, denn das Verfahren war Anfang Oktober 2023 eingeleitet worden. Am Mittwoch hatte die EU-Kommission bekannt gegeben, die Entscheidung auf nach die EU-Wahlen zu verschieben. Als Grund dafür nannte sie den laufenden Wahlkampf. cyb/ari

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    Getreide aus Russland: Warum die EU die Zölle anhebt

    Die EU-Staaten haben sich auf höhere Zölle auf Getreide, Ölsaaten und andere ausgewählte Produkte aus Russland und Belarus verständigt. Damit würden die Abgaben auf diese Waren so weit erhöht, dass ihre Einfuhr de facto gestoppt würde, teilten die EU-Staaten am Donnerstag in Brüssel mit. Ölsaaten sind Pflanzen, aus denen Öl gewonnen werden kann, etwa Sonnenblumenkerne oder Raps. Getreideimporte aus Russland in die EU waren in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 

    Nach Angaben der EU sollen die Zölle unter anderem eine Destabilisierung des EU-Marktes verhindern. Die EU-Kommission sieht ein reales Risiko, dass Russland mit übertrieben günstigen Agrarexporten Preise für EU-Bauern kaputtmachen und die ohnehin schon angespannte Stimmung weiter anheizen könnte. Zudem soll Russland weniger mit seinen Agrarexporten verdienen und so die Finanzierung des Angriffskriegs gegen die Ukraine erschwert werden. Die Maßnahmen sollen zum 1. Juli in Kraft treten.

    Auswirkungen auf andere Weltregionen

    Wie aus Zahlen des Statistikamts Eurostat hervorgeht, wurde in den Vorkriegsjahren 2020 und 2021 Getreide für knapp 120 Millionen Euro (2020) und gut 290 Millionen Euro (2021) aus Russland in die EU importiert. 2022 waren es rund 325 Millionen Euro und ein Jahr später fast 440 Millionen Euro. 

    Brisant ist die Entscheidung zu zusätzlichen Zöllen auch deshalb, weil die EU die Ein- und Ausfuhr von Agrarprodukten eigentlich nicht beschränken wollte. Früheren Angaben zufolge sollen russische Exporte in andere Weltregionen durch die Abgaben nicht teurer werden. Durch Maßnahmen gegen Lebensmittelexporte besteht das Risiko, dass Preise steigen und damit vor allem Menschen in armen Ländern größere Ernährungsprobleme bekommen. dpa

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    Recht auf Reparatur: Rat gibt endgültige Zustimmung

    Die EU-Mitgliedstaaten haben am Donnerstag endgültig der Richtlinie zum Recht auf Reparatur zugestimmt. Damit kann das Gesetz, das Reparaturen einfacher und erschwinglicher machen und damit die Kreislaufwirtschaft stärken soll, in einigen Wochen in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten haben anschließend zwei Jahre Zeit, um die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen, also bis Sommer 2026.

    Zu den neuen Vorschriften gehört unter anderem eine Pflicht für Hersteller, auch nach Ablauf der gesetzlichen Garantie für bestimmte Produkte wie Waschmaschinen und Kühlschränke Reparaturen anzubieten und auf ihrer Website über Ersatzteile zu informieren. Verbraucher müssen über diese Reparaturpflicht informiert werden und kostenlosen Online-Zugang zu Information über Reparaturpreise erhalten. Die Mitgliedstaaten müssen zudem finanzielle Anreize für Reparaturen schaffen, etwa in Form von Gutscheinen oder Fonds. leo

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    Streit mit Italien: Warum der Gerichtshof der EU US-Tech-Konzernen recht gibt

    Google, Amazon und Airbnb haben im Streit mit Italien einen Erfolg vor dem Gerichtshof der EU errungen. Die Justiz in Luxemburg stärkte den Konzernen den Rücken in der Frage, ob sie einer italienischen Vorschrift zufolge Informationen über das eigene Unternehmen bereitstellen müssen.

    “Ein Mitgliedstaat darf einem Anbieter von Online-Diensten, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, keine zusätzlichen Verpflichtungen auferlegen“, urteilten die Richterinnen und Richter am Donnerstag. Das EU-Recht stehe “Maßnahmen wie den von Italien erlassenen entgegen”.

    Die italienische Justiz muss nun entscheiden

    Die US-Tech-Unternehmen Google und Airbnb haben ihre Europa-Hauptsitze jeweils in Irland und der Online-Händler Amazon in Luxemburg. Der US-Online-Reisedienstleister Expedia ist in Spanien ansässig. Die Unternehmen wehren sich jeweils vor einem italienischen Gericht gegen Vorschriften von 2020 und 2021. Demnach sollen in Italien Online-Vermittlerdienste zum Zweck von Fairness und Transparenz in einem Register Informationen über sich preisgeben und einen finanziellen Beitrag zahlen. Erfüllen die Firmen diese Verpflichtungen nicht, sind Sanktionen vorgesehen.

    Die Firmen argumentieren, dass diese Anforderungen gegen EU-Recht verstoßen. Der Gerichtshof der Europäischen Union gab ihnen nun recht. Die Justiz in Italien entscheidet über die jeweils anhängigen Rechtsstreits, muss aber das Urteil des EU-Gerichts dabei berücksichtigen. rtr

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    Must-Reads

    ZDF-Politbarometer: Interesse an der Europawahl nimmt zu ZDF
    EU geht mit höheren Zöllen gegen russische Agrarimporte vor ZEIT
    EU-Mitgliedsstaaten beschließen Bargeldobergrenze DER STANDARD
    EU tritt aus umstrittenem Energieabkommen aus ZEIT
    EuGH stärkt Verbraucherrechte: Mieter-Dienst Conny muss auf Zah­lungspf­licht hin­weisen LTO
    E-Voting in Estland: Wahlverhalten bislang nicht verändert TAGESSCHAU
    EU-Linke sagt Wagenknecht ab: “Kein Platz für BSW-Personenkult” FR
    Orban-Kontrahent Magyar: “Wir sind das allerkorrupteste Land der EU” TAGESSCHAU
    Europawahl wird in Belgien von den National- und Regionalwahlen überschattet AACHENER ZEITUNG
    Italien im EU-Wahlfieber: Meloni verbeißt sich an der Migrationsfrage EURONEWS
    Estland: Präsident verkündet Gesetz zu eingefrorenem Russland-Geld WEB.DE
    Vor Parlamentswahl: Britische Firmen fordern engere Beziehungen zur EU SPIEGEL
    Bosch-Chef Stefan Hartung: Ich bin als Manager heilfroh über die EU WELT
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    Kolumne

    What’s cooking in der Normandie? Was der 80. Jahrestag des D-Day mir bedeutet

    D-Day Normandie Omaha
    Der Friedhof in Colleville sur Mer mit seinen 9.388 Stelen aus weißem Marmor überragt “Omaha Beach”, einen der fünf Strände in der Normandie, an denen die alliierten Soldaten landeten.

    Vor 80 Jahren, am 6. Juni 1944, fand eine der größten Seeoperationen der Geschichte statt. Unter dem Codenamen “Operation Neptun” leitete die heute als “D-Day” bekannte Militäroperation die Befreiung Europas vom Joch des Nationalsozialismus ein. An diesem Tag und den darauffolgenden Tagen landeten etwa 156.000 alliierte Soldaten an den Stränden der Normandie, wo viele von ihnen einen grausamen Tod fanden.

    Ich betone dies absichtlich: Mein Großvater landete in der Normandie. Als US-amerikanischer Student in San Francisco war er nach dem japanischen Bombenangriff auf Pearl Harbor in die Armee eingetreten. Er sprach nie über die Landung der Alliierten. Wenn seine Enkelkinder ihn danach fragten, antwortete er stets, dass er sich nicht mehr erinnern könne. Allein sein Schweigen drückte schon viel aus. Wie schwer diese besondere Erinnerung wog, wurde umso deutlicher, als er auf dem imposanten US-amerikanischen Friedhof in Colleville sur Mer nach Namen suchte, die ihm vertraut waren.

    “Blutiges Omaha”

    Dieser Friedhof mit seinen 9.388 Stelen aus weißem Marmor überragt “Omaha Beach”, einen der fünf Strände in der Normandie, an denen die alliierten Soldaten landeten. Er wird auch als “blutiges Omaha” bezeichnet, denn er war Schauplatz erbitterter Kämpfe. Im Dorf Saint-Laurent-sur-Mer wird der Höhepunkt der Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag der Landung der Alliierten am 6. Juni stattfinden. Dort wird der französische Präsident Emmanuel Macron 25 Staatsoberhäupter begrüßen, darunter US-Präsident Joe Biden und den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

    Zu den prominenten Abwesenden der Gedenkfeierlichkeiten wird der russische Präsident Wladimir Putin zählen. Die Mission Libération, eine öffentliche Interessenvereinigung, die mit der Organisation der Gedenkfeier beauftragt ist, gab bekannt, dass “Russland zu den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag eingeladen wird, nicht aber sein Präsident”.

    Macron wird auch 250 Veteranen im Alter zwischen 96 und 104 Jahren, die im Zweiten Weltkrieg gekämpft haben, ehren. Aber nicht nur. Drei Tage vor den Europawahlen in Frankreich wird dies für den französischen Präsidenten auch eine Gelegenheit sein, an die Werte zu erinnern, die mit dem Kampf gegen Nazismus und Faschismus verbunden sind. Das wird er dem Rassemblement National entgegenschleudern, der rechtsextremen Partei von Marine Le Pen.

    Der Rassemblement National liegt in den Wahlumfragen bei 30 Prozent – und damit weit vor Macrons Wahlbündnis mit dem neuen Namen Besoin d’Europe, die von der Europaabgeordneten Valerie Hayer angeführt wird. Sie steht bei 15 Prozent.

    Verteidigung der demokratischen Werte

    Die Verteidigung demokratischer Werte und Grundrechte, Solidarität angesichts neuer Herausforderungen, starke Bündnisse und die Erhaltung des Friedens auf dem Kontinent werden wohl im Mittelpunkt von Macrons Rede stehen.

    Und hier erlaube ich mir wieder eine persönliche Bemerkung. Denn es gibt die Worte, es gibt das Schweigen und es gibt das Leben, das weitergeht: Einige Wochen nach der Landung verliebte sich mein US-amerikanischer Großvater auf einem der Volksbälle, mit denen die Befreiung gefeiert wurde, in eine schöne Pariserin, meine Großmutter. Die US-Armee schickte sie dann beide nach Deutschland, nach Frankfurt. Und es war meine Großmutter, die schließlich von den Ruinen und dem Hunger erzählte, den sie dort nach dem Krieg gesehen hatte.

    Jahre später, zwei Wochen nach dem Tod meines Großvaters, begrüßte die Frau, die während des Krieges die deutsche Besatzung in Paris erdulden und mitansehen musste, wie ihre Freundin ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert wurde, die Geburt ihrer deutsch-französischen Urenkelin – meiner Tochter – mit all der Liebe, die sie auszeichnete.

    Macht wird durch Worte erlangt. Manche mögen abstrakt und weit entfernt erscheinen. Diese persönliche Geschichte reiht sich in viele andere ein, die erzählt wurden oder es wert sind, erzählt zu werden, und sie können den abstrakten Worten Frieden und Versöhnung Gestalt verleihen

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    Christiane Kesper – Fokus auf Entwicklung 

    Christiane Kesper leitet seit 2022 das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Brüssel.

    36 Jahre, so lang wird Christiane Kesper Teil der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) gewesen sein, wenn sie ihr Amt als Leiterin des Brüsseler Büros der FES Anfang Juni altersbedingt an ihren Nachfolger Tobias Mörschel abgibt. Über die Rolle der Stiftung im politischen Alltagsgeschehen – sowohl in Berlin als auch in Brüssel – weiß wohl kaum jemand so gut Bescheid wie die 64-Jährige

    Luxemburger Kind deutscher Eltern 

    Schon ihre Kindheit und die Jugend waren dabei geprägt von einem europäischen Gefühl. Kesper kam 1959 in Luxemburg zur Welt. Ihre Eltern hatten “sehr jung und abenteuerlustig” acht Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs den Schritt raus aus Deutschland gewagt, um im westlichen Nachbarland eine berufliche Chance wahrzunehmen.  

    Später ging Kesper in Belgien zur Schule. “Als deutsches Kind im Ausland war mir Europa immer nah”, erinnert sie sich. Ebenso fühlte sie sich früh der Politik verbunden. Speziell der Fokus auf Entwicklungspolitik bestimmte ihre weitere Laufbahn. Eben jenen wählte sie auch für ihr Studium der VWL und Politikwissenschaft in Heidelberg. Ein Postgraduiertenstudium beim Deutschen Institut für Entwicklungspolitik ebnete ihr dann den Weg zur Friedrich-Ebert-Stiftung – als eine der ersten Frauen im Bereich der Projektassistenz. 

    Über Guatemala und Brüssel nach Berlin 

    Kesper zog es zum Start 1988 nach Guatemala, wo sie zwei Jahre als Juniorexpertin im Bereich der Gesellschaftspolitik tätig war. “Das hat mich damals sehr überrascht, weil ich kein Wort Spanisch gesprochen habe”, kommentiert Kesper diesen ersten Schritt. Danach sei eine Tätigkeit in Libyen und anderen Teilen der Welt möglich gewesen. Stattdessen heuerte sie von 1992 von 1995 erstmals in Brüssel an, bevor sie den größten Teil ihrer Laufbahn in Berlin verbrachte. 

    Bis 2022 war sie auch dort in der Entwicklungspolitik aktiv, ab 2008 leitete sie die Abteilung internationale Entwicklungszusammenarbeit. Dort war sie für circa 80 Projekte in Ländern des globalen Südens verantwortlich und stand 180 Mitarbeitern und etwa 580 Ortskräften vor. Kesper blickt zurück: “Angesichts der zahlreichen Projektstandorte mussten wir oftmals eine Krise in der Welt nach der anderen managen, zuletzt die gefährliche Ausreise unserer Ortskräfte aus Afghanistan.” 

    Die Rückkehr nach Brüssel als Schritt zurück? 

    Warum dann also überhaupt 2022 der Schritt zurück nach Brüssel, mit weniger Verantwortung und weniger Mitarbeitern? Es ist die Faszination Europa, mit der Kesper diesen Schritt erklärt. “Um Europapolitik zu verbessern, muss man nun einmal dahin gehen, wo Entscheidungen getroffen werden. Das hat mich an der Aufgabe gereizt”, sagt sie.  

    In Brüssel organisiert sie mit der FES, die vom Auswärtigen Amt mit Haushaltsmitteln gefördert wird, verschiedene Events. Diese sollen dafür sorgen, den “an der EU interessierten Menschen die politischen Prozesse verständlich zu machen und ein Bewusstsein für europapolitische Fragen zu fördern”. Zwar hat die Stiftung keinerlei Entscheidungsmacht, dennoch findet es Kesper sehr attraktiv, die aktuellen Themen der Zeit für die Menschen aufzuarbeiten.  

    “Wenn die EU geopolitisch eine Chance haben soll, dann muss sie einheitlicher auftreten” 

    In Themen von Migration über Sicherheitspolitik bis zu Gleichstellung und Soziales suche Kesper mit ihren Mitarbeitern und anderen Organisationen – wie der Foundation for European Progressive Studies – immer wieder nach Strategien für eine maximale Wirkkraft. “Wir analysieren, wo es in der Brüsseler Debatte Leerstellen gibt und versuchen diese durch ein progressives und internationales Beratungsangebot zu füllen. Das geschieht in der Hoffnung, dass dieses von den Akteuren angenommen wird”, erklärt sie. Besonderen Wert lege sie bei den Veranstaltungen daher darauf, dass die “Entscheider aus allen europäischen Institutionen dabei sind”. 

    Auch eine mögliche Reform der EU hat Kesper weit oben auf der Liste. Vor allem mit Blick auf ein in seiner Zusammensetzung möglicherweise stark verändertes Parlament hat sie klare Vorstellungen für die Zukunft. Sie fordert: “Wenn die EU geopolitisch eine Chance haben soll, dann muss sie dafür sorgen, dass sie einheitlicher auftritt.” Die als “German Vote” bekannt gewordene fehlende Einigkeit der deutschen Koalitionspartner sei dabei ein Negativbeispiel aus der jüngeren Vergangenheit. “In Zukunft müssen progressive Kräfte in der EU unbedingt geschlossen auftreten und sich nicht spalten lassen oder selbst zergliedern“, sagt Kesper weiter. 

    Extra-Motivation nach der Europawahl? 

    Insgesamt geht die Noch-Leiterin des Brüsseler Büros davon aus, dass eine mögliche Veränderung des Europaparlaments bei ihren Kollegen sogar weitere Energie freisetzen könnte. “Ein erstarkter Rechtspopulismus würde unsere Arbeit für ein progressives demokratisches Europa noch wichtiger machen und für viele in unserem Arbeitsumfeld eine Extra-Motivation bedeuten”, sagt sie. Auch das sei ein Grund, warum sie der Stiftung auch nach ihrem Ausscheiden in wenigen Wochen weiter verbunden bleiben werde. Jasper Bennink

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