wenn die Bundesregierung heute ihre Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie vorstellt, wird auch viel Europa mitschwingen. Vom kontinentalen Wasserstoff-Backbone bis zur Abstimmung bei Importen reichen die Absichtserklärungen. Doch was europäische Koordinierung betrifft, ist dieser und kommenden Bundesregierungen gerade beim Wasserstoff ausreichend Beharrungsvermögen zu wünschen.
“Um im globalen Wettbewerb die benötigten Mengen zu beschaffen und Kosten zu senken, wird eine Zusammenarbeit europäischer Mitgliedstaaten angestrebt“, heißt es etwa in dem Papier. Doch bis der gemeinsame Einkauf über eine europäische Wasserstoffbank funktioniert, werden Jahre vergehen, schätzt ein EU-Diplomat. Gleichzeitig brauchen Industrie und Energiewirtschaft dringend ausreichende Mengen, um die Transformation zu bewältigen.
Von der Kommission vermisst Berlin immer noch die ein oder andere Festlegung – etwa Kriterien für den Umgang mit CO₂, das bei der Produktion von blauem Wasserstoff aus Erdgas abgeschieden wird. Bei bilateralen Absprachen mit Speicherländern sind teils heikle Fragen zu klären: Was, wenn in Norwegen die Regierung wechseln sollte und eine neue von der Bundesrepublik Garantien für unvorhergesehene Schäden verlangt, die möglicherweise erst in Jahrzehnten auftreten? So lautet eine Sorge der deutschen Industrie.
Die Wasserstoffstrategie ist also nur ein Zwischenschritt jahrelanger politischer Arbeiten – und weiterer Berichte von Europe.Table.
Wer tritt noch einmal an? Wer hört auf? Müssen männliche Abgeordnete Platz machen für Frauen? Spätestens im Februar müssen die Listen der deutschen Parteien für die Europawahl 2024 stehen. 96 Sitze sind in Deutschland zu vergeben. Da es auch 2024 bei der Wahl keine Sperrklausel geben wird, gilt in etwa die Faustformel: Für ein Prozent der abgegebenen Stimmen gibt es ein Mandat. Wir geben einen Überblick, was sich auf den Listen der proeuropäischen Parteien in Deutschland abzeichnet.
CDU und CSU haben derzeit 29 Abgeordnete im Straßburger Parlament. In den Umfragen zur Bundestagswahl kommen CDU und CSU aktuell auf 28 Prozent. Wenn die Deutschen bei der Europawahl am 9. Juni entsprechend abstimmen sollten, hätten CDU und CSU im nächsten Europaparlament keine Aussicht auf zusätzliche Sitze.
Die Nervosität in Nordrhein-Westfalen ist groß, weil Landeschef Hendrik Wüst angekündigt hat, auf der Liste je zur Hälfte Frauen und Männer zu platzieren, nach dem Reißverschluss-Verfahren. Im Europaparlament aus NRW vertreten ist bisher nur eine Frau, Sabine Verheyen, sowie fünf Männer: Stefan Berger, Peter Liese, Markus Pieper, Dennis Radtke und Axel Voss.
Alle sechs MEPs möchten weiter machen. Verheyen und Radtke gelten als gesetzt. Berger, Liese, Pieper und Voss bangen hingegen um einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste. Es ist noch nicht absehbar, welche Frauen kandidieren könnten. Sollte bis zum Wahltermin noch ein Abgeordneter aus NRW ausscheiden, wäre Birgit Ernst aus Ostwestfalen Nachrückerin.
Von den deutschen Unionsabgeordneten hat Peter Jahr angekündigt, nicht mehr zu kandidieren. Unter den Bewerbern, die seine Nachfolge antreten wollen, gilt Thomas Schmidt, Minister für Regionalentwicklung in Sachsen, als chancenreich. Nicht wieder nominiert wurde von ihrem Landesverband Karolin Braunsberger-Reinhold, gegen die im Frühjahr Vorwürfe sexueller Belästigung bekannt wurden. Auf Platz eins in Sachsen-Anhalt rückt nun Alexandra Mehnert.
In Baden-Württemberg könnte EP-Vizepräsident Rainer Wieland den Einzug verpassen. Er hatte 2019 Platz eins auf der Landesliste belegt, nun nur noch Platz fünf. Auf die Spitzenposition im Südwesten gerückt ist diesmal Andrea Wechsler. Daniel Caspary, Andreas Schwab und Norbert Lins belegen die weiteren aussichtsreichen Plätze.
Die CSU stellt die Europaliste nach der Landtagswahl am 8. Oktober auf. In der bayerischen Landesgruppe besteht Geschlechterparität. Alle sechs Mandatsträger wollen wieder kandidieren. Unklar ist, ob Marlene Mortler wieder die Unterstützung von Parteichef Markus Söder bekommt.
Die deutsche Gruppe der SPD besteht aus 16 Abgeordneten. In den Umfragen kommt die Partei derzeit auf 18 Prozent. Es könnte also demnächst in Straßburg ein oder zwei sozialdemokratische Abgeordnete mehr geben. Joachim Schuster und Dietmar Köster wollen nicht wieder antreten. Die Partei will eine Geschlechts-paritätisch besetzte Liste vorlegen, die von Katarina Barley angeführt wird. Thomas Rudner, Nachrücker für den kürzlich ausgeschiedenen Ismael Ertug, überlegt noch, ob er kandidiert. Von 16 Abgeordneten streben acht der männlichen MEPs sicher eine Kandidatur an.
Rangeleien werden um die vier aussichtsreichen Plätzen der NRW-SPD erwartet. Jens Geier, der Chef der deutschen Gruppe, will auf Platz eins der Landesliste antreten. Birgit Sippel hat eine starke Hausmacht und gilt als gesetzt für Platz zwei.
Der Bundestagsabgeordneten Michelle Müntefering, die nach Brüssel strebt und aus dem gleichen Bezirk kommt, werden daher wenig Chancen eingeräumt, Sippel zu verdrängen. Die Kölner Hanna Fritz und Arno Gildemeister beanspruchen einen der nächsten Plätze. Die Abgeordnete Petra Kammerevert will wieder antreten und beansprucht Platz vier der Landesliste.
Die parteiintern einflussreiche Ministerpräsidentin Manuela Schwesig will durchsetzen, dass Sabrina Repp aus Mecklenburg-Vorpommern einen aussichtsreichen Platz auf der Liste bekommt. Repp ist Vize-Chefin der Jusos im Land. Es wird damit gerechnet, dass der Parteivorstand mindestens einen ostdeutschen Bewerber unter die ersten zehn Plätze bringt. Dem sächsischen MEP Matthias Ecke werden Chancen auf einen aussichtsreichen Listenplatz gegeben.
Neu ins Europaparlament einziehen wird wohl die Chefin der bayerischen SPD, Ronja Endres. Sie beansprucht Platz eins der Landesliste. Auf Platz zwei will die Abgeordnete Maria Noichl kandidieren. Dafür will die niedersächsische SPD mit zwei Männern auf den ersten beiden Listenplätzen antreten: Bernd Lange und Tiemo Wölken. Üblicherweise wechseln sich Männer und Frauen auf den Listen ab. Es könnte sein, dass der Parteivorstand einer weiblichen Kandidatin aus Niedersachsen noch zu einem aussichtsreichen Listenplatz verhilft.
Die Grünen sind mit 21 Abgeordneten aus Deutschland im Europaparlament vertreten. In den Bundes-Umfragen kommt die Partei auf 13 Prozent. Es könnte also sein, dass im nächsten Parlament weniger Grüne aus Deutschland sein werden.
Die prominenten Abgeordneten Reinhard Bütikofer und Ska Keller werden nicht mehr antreten. Die MEP Romeo Franz und Pierette Herzberger-Fofana haben geringe Chancen auf einen aussichtsreichen Platz auf der Europaliste, die beim Parteitag im November in Karlsruhe abgestimmt wird. Ihre Landesverbände Rheinland-Pfalz und Bayern haben die beiden Abgeordneten nicht mit dem Votum für die Kandidatur ausgestattet.
Chancen auf einen aussichtsreichen Listenplatz hat neben den Abgeordneten mit einem solchen Votum die Wissenschaftlerin Janka Oertel. Oertel ist Asien-Expertin beim European Council on Foreign Relations (ECFR). Ihre Kandidatur wird von den Realos unterstützt.
Die FDP hat fünf Abgeordnete in Straßburg. In den Umfragen liegt sie bei sieben Prozent. Sie kann also damit rechnen, mindestens so viele Sitze zu haben wie bisher. Nicola Beer wird nicht mehr antreten, weil sie zur Europäischen Investitionsbank (EIB) geht. Spitzenkandidatin soll dafür Marie-Agnes Strack-Zimmermann werden. Die Abgeordneten Andreas Glück, Svenja Hahn, Moritz Körner und Jan-Christoph Oetjen wollen wieder kandidieren.
Die Linke stellt fünf Abgeordnete in Straßburg. In den Umfragen kommt sie auf vier Prozent. Sollte sie sich bis zur Wahl nicht noch spalten, könnte sie also auf vier Sitze hoffen. Die Abgeordneten Cornelia Ernst, Martina Michels und Hartmut Scholz treten nicht mehr an. Parteichef Martin Schirdewan strebt wieder ins Europaparlament und beansprucht Listenplatz eins. Er hat vorgeschlagen, dass die Aktivistin Carola Rackete auf Platz zwei kandidiert, MEP Özlem Demirel auf Platz drei und der Sozialmediziner Gerhard Trabert auf Platz vier. Die Europaliste wird im September aufgestellt.
Eine ganze Reihe Mitgliedstaaten wollen, dass die Ausnahmen zur Stilllegung und zum Fruchtwechsel innerhalb der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) verlängert werden. Ein Vorstoß Rumäniens erhielt beim Treffen der EU-Agrarminister am Dienstag viel Zuspruch. Um die Verluste der Landwirte aufgrund des Ukraine-Krieges und der Inflation auszugleichen, müssten Sonderregeln weitergehen. Rumänien argumentierte, der Krieg dauere an, daher sollten es auch die Ausnahmen.
Die EU-Kommission hatte im Herbst vergangenen Jahres als Reaktion auf den Krieg und die drohende weltweite Lebensmittelknappheit für 2023 Ausnahmen von zwei Auflagen gewährt, die erst Anfang des Jahres durch die GAP-Reform in Kraft getreten wären. Zum einen müssen Betriebe in diesem Jahr noch keine jährlichen Fruchtwechsel vornehmen oder Zwischenfrüchte aussähen (GLÖZ 7). Zum anderen wurde vorerst auf die verpflichtende 4-prozentige Stilllegung von Ackerflächen verzichtet (GLÖZ 8).
Insgesamt 14 Staaten unterstützten eine Verlängerung, darunter Italien, Bulgarien, Griechenland und Schweden. Frankreich äußerte Verständnis für diese Position, schlug sich aber nicht eindeutig auf die Seite der Länder.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir war der einzige EU-Minister, der sich am Dienstag offen gegen den Antrag Rumäniens stellte. Somit hielt er Wort, dass er nur befristete Ausnahmen unterstütze. Özdemir wies als Begründung auf den “dramatischen Rückgang der Biodiversität” hin. Die derzeitige Situation zeige vielmehr die Dringlichkeit, die Anpassung an den Klimawandel sowie die Biodiversität voranzutreiben. Zudem stünde die Verlässlichkeit der EU-Regeln infrage, wenn sie je nach Witterungsbedingungen immer wieder angepasst würden.
Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski erteilte der Forderung Rumäniens ebenfalls eine Absage. Die Situation sei jetzt eine andere als im vergangenen Jahr, als man sich um die kurzfristigen Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit sorgte. Jetzt mache man sich langfristige Gedanken über einen Preisverfall durch die Einfuhren von Getreide aus der Ukraine. Da müsse man die Glaubwürdigkeit der GAP im Zuge des grünen Übergangs der Landwirtschaft auch im Auge behalten.
Zudem wies Wojciechowski darauf hin, dass für eine Verlängerung der Ausnahmeregeln die Einbeziehung des EU-Parlaments als Co-Gesetzgeber nötig sei. Für Änderungen am Grundrechtsakt brauche es ein vollständiges Gesetzgebungsverfahren.
Die derzeit gültigen Ausnahmeregelungen laufen noch bis Ende 2023. Jedoch fällt die diesjährige Herbstaussaat laut Bundeslandwirtschaftsministerium bereits in das Antragsjahr für GAP-Förderungen für 2024. Entsprechend müssten Landwirte die Regeln der GLÖZ 7 und 8 bereits diesen Herbst umsetzen, sofern die Ausnahmen nicht verlängert werden. luk
Die Energieeffizienzrichtlinie hat gestern die letzte Hürde im Rat genommen und kann damit in den nächsten Wochen in Kraft treten. Bis 2030 müssen die Mitgliedstaaten EU-weit 11,7 Prozent Endenergie gegenüber einem Referenzszenario einsparen. Ihre freiwilligen nationalen Beiträge müssen die Staaten in ihren Energie- und Klimaplänen (NECP) darlegen, der Entwurf des deutschen Plans verzögert sich weiter.
Die Effizienzrichtlinie regelt EU-weit auch die kommunale Wärmeplanung und die Dekarbonisierung von Fernwärmenetzen. Der deutsche Gesetzentwurf zur Fernwärme ist allerdings ambitionierter als die EU-Richtlinie, bestätigte gestern das Öko-Institut.
Mehrere EU-Staaten stimmten am Dienstag im Rat gegen die Richtlinie, neben Polen und Ungarn war es auch die neue Mitte-Rechts-Regierung von Finnland. Enthaltungen kamen von der Slowakei, Lettland, Portugal und Belgien. ber
Der Chef des Partido Popular (PP), Alberto Núñez Feijóo, hält trotz erster Absagen an dem Plan fest, genügend Unterstützung im Parlament für eine rechtsgerichtete Regierung zu bekommen. Die Parlamentswahl in Spanien am Sonntag hatte keine klaren Mehrheiten gebracht. Ein mögliches Bündnis von Feijóos PP und der rechten Vox-Partei wäre auf die Unterstützung weiterer Parteien angewiesen. Allerdings ist die Lage für Feijóo nicht besonders aussichtsreich.
Die Mitte-Rechts-Partei Baskische Nationalisten (PNV) teilte auf der Social-Media-Plattform X – ehemals Twitter – mit, ihr Vorsitzender habe Feijóo erklärt, mit ihm keine Gespräche über die Unterstützung führen zu wollen. Den katalanischen und baskischen Parteien, die für ihre regionale Unabhängigkeit eintreten, kommt angesichts der Mehrheitsverhältnisse eine Schlüsselrolle bei der Regierungsbildung zu.
“Die Behauptung, dass Sie aufgrund eines Gesprächs mit einer Gruppe keine Unterstützung haben, ist eine voreilige Schlussfolgerung“, erwiederte Feijóo am Dienstag. Er habe auch noch nicht mit der Vox-Führung gesprochen.
“Es wäre ein Fehler, die Separatisten regieren zu lassen“, fügte er hinzu und bezog sich dabei auf eine “Koalition der Verlierer”, die von den Sozialisten des amtierenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez angeführt würde. Die PSOE hatte 122 Sitze errungen.
Sánchez könnte eine weitere Amtszeit erreichen, wenn er die Unterstützung der Regionalparteien erhält. Der linke galizische Nationalblock hatte am Montag erklärt, ihr Abgeordneter werde für Sánchez stimmen, um eine Wiederholung der Wahl zu vermeiden.
Feijóo sagte, er wolle bald mit Sánchez sprechen. Ein Indiz, dass er noch versuchen könnte, die Sozialisten davon zu überzeugen, seine Regierung durch eine Enthaltung zu ermöglichen.
Die spanische Regionalpartei in Navarra (UPN), die über einen Sitz verfügt, ist die einzige andere Mitte-Rechts-Partei, die ihre Unterstützung für Feijóo zum Ausdruck gebracht hat. Seine Unterstützerbasis einschließlich Vox erreicht damit 170 Sitze, sechs weniger als die absolute Mehrheit.
Die Kanarische Koalition, die ebenfalls mit einem Abgeordneten vertreten ist, regiert auf den Kanarischen Inseln gemeinsam mit der PP, hat aber wiederholt den Diskurs und die Politik von Vox abgelehnt. Die Parteivorsitzende Ana Oramas sagte, es gebe “keine Chance”, dass Feijóo Premierminister werde. Die übrigen Parteien haben ebenfalls ihre Ablehnung gegenüber einer Koalition mit der extremen Rechten signalisiert. rtr/lei
Im Prozess um die islamistischen Anschläge 2016 in Brüssel haben die Geschworenen mehrere der zehn Angeklagten des terroristischen Mordes schuldig gesprochen. Das verkündete Gerichtspräsidentin Laurence Massart am Dienstagabend in der belgischen Hauptstadt. Laut der Nachrichtenagentur Belga sind sechs Angeklagte für terroristischen Mord verurteilt worden. Über die Strafen soll ab September entschieden werden.
Bei den Terroranschlägen vom 22. März 2016 am Flughafen Brüssel-Zaventem und in einer Metrostation in der belgischen Hauptstadt starben 32 Menschen, 340 wurden verletzt. Das Urteil wurde von einer zwölfköpfigen Jury nach mehr als zweiwöchigen Beratungen ohne Kontakt zur Außenwelt gefällt. Die Geschworenen entschieden Belga zufolge auch, die Angeklagten für vier weitere Todesopfer zur Rechenschaft zu ziehen, die nach den Anschlägen gestorben waren – etwa nach langer Krankheit oder durch Suizid. Die offizielle Zahl der Todesopfer erhöht sich damit von 32 auf 36.
Es wird davon ausgegangen, dass einer der zehn Angeklagten mittlerweile wohl in Syrien gestorben ist. Acht Angeklagten vor Gericht wurde 32-facher terroristischer Mord, versuchter terroristischer Mord an fast 700 Menschen sowie die Beteiligung an Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Dem neunten legte die Staatsanwaltschaft lediglich den dritten Punkt zur Last. Der Anschlag von Brüssel wurde wohl von derselben Terrorzelle eingefädelt wie der Anschlag in Paris 2015. Daher standen sechs der verurteilten Attentäter von Paris auch in Brüssel vor Gericht – unter anderem der Hauptangeklagte im Pariser Prozess, Salah Abdeslam. dpa
New York City ist atemberaubend und verkörpert den Fortschritt, die Möglichkeiten unserer Zeit. Dort, am Hauptsitz der Vereinten Nationen, werden aber auch die Herausforderungen, denen wir als globale Gemeinschaft gegenüberstehen, wie unter dem Brennglas deutlich: Sind in der einen Straße milliardenschwere Banken dichtgedrängt, ist ein paar Blocks weiter die Armut himmelschreiend. Diese riesige Kluft zwischen Arm und Reich sehen wir an vielen Orten in der Welt. Im Globalen Süden sterben täglich tausende Kinder an den Folgen von Hunger und Mangelernährung. Ganze Staaten drohen in Schulden zu ertrinken – während Milliardäre neue Rekordgewinne machen und die Maschinerie des Konsums sich im Globalen Norden immer weiterdreht. Das zu ändern, hin zu mehr Gerechtigkeit, ist das Ziel der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und deren Ziele für Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG).
Um diese Agenda mit Leben zu füllen und sie trotz der großen Einschnitte von Krieg und Pandemie bis 2030 zu erreichen, trafen sich vom 10. bis zum 19. Juli Mitglieder von Regierungen, NGO und Expertinnen und Experten aus aller Welt beim Hochrangigen Politischen Forum für Nachhaltige Entwicklung der UN (HLPF) in New York. Als Europäische Union haben wir dort den eigenen Fortschrittsbericht vorgestellt und unsere Ideen zur weiteren Entwicklung der Reformagenda präzisiert. Mit den Kommissaren Urpilainen (Internationale Partnerschaften) und Gentiloni (Wirtschaft), den Präsidenten des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen sowie den beiden Berichterstattern des EU-Parlaments hat sich die EU dabei im Stil moderner Governance als Team unterschiedlicher Stakeholder präsentiert.
Der Tenor der Treffen in New York war deutlich: UN-Generalsekretär António Guterres, die Sonderberaterin des UN-Generalsekretärs für Afrika, Cristina Duarte, und alle unserer Gesprächspartnerinnen und -partner haben immer wieder klargemacht, dass die Bekämpfung von Ungleichheiten im Mittelpunkt unserer gemeinsamen Arbeit stehen muss. Gesellschaften, die durch unüberwindbare soziale und wirtschaftliche Unterschiede gespalten sind, fehlt die Kraft für die entscheidenden Transformationen, die allen Menschen ein gutes Leben ermöglichen würden.
Aber das kostet Geld. Geld, das der reichere Globale Norden freimachen muss, aber auch Geld, das im Globalen Süden oft fehlt – weil eigene Ressourcen nicht hinreichend erschlossen oder der Ertrag der geleisteten Arbeit den Menschen durch Steuerflucht und Korruption entzogen werden.
Das hochrangige Treffen in New York darf deshalb nur ein Anfang sein. Beim SDG-Gipfel der UN im September, beim Treffen der G20 in Neu-Delhi wie bei der Zusammenkunft von Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) im Oktober dieses Jahres muss das Momentum der kritischen SDG-Halbzeitbilanz genutzt werden.
Wenn die Anzahl der Länder, die mehr für auswärtigen Schuldendienst als für Bildung und Gesundheit ausgeben, ständig steigt, ist es absolut unerlässlich, eine faire und nachhaltige Regelung für die Schuldenlast der am stärksten verschuldeten Nationen einzuführen. Länder, die kostenlose Schulmahlzeiten einführen und nachhaltige Wertschöpfung fördern, sollten dabei unterstützt und nicht an den notwendigen Investitionen gehindert werden. Es ist dringend erforderlich, dass die internationalen Finanzinstitutionen umfassend und zügig reformiert werden. Der IWF, die Weltbank sowie europäische und nationale Förderbanken müssen ihre Prioritäten auf sozialen Zusammenhalt und den Kampf gegen den Klimawandel ausrichten.
Allein ein konsequenter Einsatz zur Bekämpfung von Steueroasen kann vielen Ländern helfen, stärker und unabhängiger zu werden. Die Digitalisierung der Steuer- und Zollverwaltungen sollten wir mit gemeinschaftlichen Pilotprojekten vorantreiben, um sicherzustellen, dass der erzielte wirtschaftliche Ertrag auch den jeweiligen Ländern zur Verfügung steht.
Ein neues Konzept, das in New York auf viel Interesse gestoßen ist, ist der sogenannte Inequality-Marker, den die EU-Kommissarin für Internationale Partnerschaften, Jutta Urpilainen, auf Initiative der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament eingeführt hat. Dieser Marker wird dazu dienen, Programme und Maßnahmen im Bereich der europäischen Entwicklungszusammenarbeit gezielt und überprüfbar dort einzusetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden, weil unsere Arbeit für die schwächsten 40 Prozent der Gesellschaften objektiv messbar wird.
Die Strahlkraft New Yorks, die Leidenschaft, mit der beim HLPF gearbeitet wurde und die Entschlossenheit, mit der viele unserer Partnerinnen und Partner agieren, muss für die in diesem Jahr anstehenden Folgetreffen genutzt werden. Globale Polykrisen und die geopolitische Lage in einer sich neu polarisierenden Welt lassen uns keine Zeit. Für die EU sind konkrete Fortschritte bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeitsagenda 2030 Teil unseres politischen Auftrags und gleichzeitig Bedingung des eigenen Überlebens.
Udo Bullmann ist SPD-Europaabgeordneter und Vorsitzender des Unterausschusses für Menschenrechte sowie Koordinator der Sozialdemokratischen Fraktion im Entwicklungsausschuss.
wenn die Bundesregierung heute ihre Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie vorstellt, wird auch viel Europa mitschwingen. Vom kontinentalen Wasserstoff-Backbone bis zur Abstimmung bei Importen reichen die Absichtserklärungen. Doch was europäische Koordinierung betrifft, ist dieser und kommenden Bundesregierungen gerade beim Wasserstoff ausreichend Beharrungsvermögen zu wünschen.
“Um im globalen Wettbewerb die benötigten Mengen zu beschaffen und Kosten zu senken, wird eine Zusammenarbeit europäischer Mitgliedstaaten angestrebt“, heißt es etwa in dem Papier. Doch bis der gemeinsame Einkauf über eine europäische Wasserstoffbank funktioniert, werden Jahre vergehen, schätzt ein EU-Diplomat. Gleichzeitig brauchen Industrie und Energiewirtschaft dringend ausreichende Mengen, um die Transformation zu bewältigen.
Von der Kommission vermisst Berlin immer noch die ein oder andere Festlegung – etwa Kriterien für den Umgang mit CO₂, das bei der Produktion von blauem Wasserstoff aus Erdgas abgeschieden wird. Bei bilateralen Absprachen mit Speicherländern sind teils heikle Fragen zu klären: Was, wenn in Norwegen die Regierung wechseln sollte und eine neue von der Bundesrepublik Garantien für unvorhergesehene Schäden verlangt, die möglicherweise erst in Jahrzehnten auftreten? So lautet eine Sorge der deutschen Industrie.
Die Wasserstoffstrategie ist also nur ein Zwischenschritt jahrelanger politischer Arbeiten – und weiterer Berichte von Europe.Table.
Wer tritt noch einmal an? Wer hört auf? Müssen männliche Abgeordnete Platz machen für Frauen? Spätestens im Februar müssen die Listen der deutschen Parteien für die Europawahl 2024 stehen. 96 Sitze sind in Deutschland zu vergeben. Da es auch 2024 bei der Wahl keine Sperrklausel geben wird, gilt in etwa die Faustformel: Für ein Prozent der abgegebenen Stimmen gibt es ein Mandat. Wir geben einen Überblick, was sich auf den Listen der proeuropäischen Parteien in Deutschland abzeichnet.
CDU und CSU haben derzeit 29 Abgeordnete im Straßburger Parlament. In den Umfragen zur Bundestagswahl kommen CDU und CSU aktuell auf 28 Prozent. Wenn die Deutschen bei der Europawahl am 9. Juni entsprechend abstimmen sollten, hätten CDU und CSU im nächsten Europaparlament keine Aussicht auf zusätzliche Sitze.
Die Nervosität in Nordrhein-Westfalen ist groß, weil Landeschef Hendrik Wüst angekündigt hat, auf der Liste je zur Hälfte Frauen und Männer zu platzieren, nach dem Reißverschluss-Verfahren. Im Europaparlament aus NRW vertreten ist bisher nur eine Frau, Sabine Verheyen, sowie fünf Männer: Stefan Berger, Peter Liese, Markus Pieper, Dennis Radtke und Axel Voss.
Alle sechs MEPs möchten weiter machen. Verheyen und Radtke gelten als gesetzt. Berger, Liese, Pieper und Voss bangen hingegen um einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste. Es ist noch nicht absehbar, welche Frauen kandidieren könnten. Sollte bis zum Wahltermin noch ein Abgeordneter aus NRW ausscheiden, wäre Birgit Ernst aus Ostwestfalen Nachrückerin.
Von den deutschen Unionsabgeordneten hat Peter Jahr angekündigt, nicht mehr zu kandidieren. Unter den Bewerbern, die seine Nachfolge antreten wollen, gilt Thomas Schmidt, Minister für Regionalentwicklung in Sachsen, als chancenreich. Nicht wieder nominiert wurde von ihrem Landesverband Karolin Braunsberger-Reinhold, gegen die im Frühjahr Vorwürfe sexueller Belästigung bekannt wurden. Auf Platz eins in Sachsen-Anhalt rückt nun Alexandra Mehnert.
In Baden-Württemberg könnte EP-Vizepräsident Rainer Wieland den Einzug verpassen. Er hatte 2019 Platz eins auf der Landesliste belegt, nun nur noch Platz fünf. Auf die Spitzenposition im Südwesten gerückt ist diesmal Andrea Wechsler. Daniel Caspary, Andreas Schwab und Norbert Lins belegen die weiteren aussichtsreichen Plätze.
Die CSU stellt die Europaliste nach der Landtagswahl am 8. Oktober auf. In der bayerischen Landesgruppe besteht Geschlechterparität. Alle sechs Mandatsträger wollen wieder kandidieren. Unklar ist, ob Marlene Mortler wieder die Unterstützung von Parteichef Markus Söder bekommt.
Die deutsche Gruppe der SPD besteht aus 16 Abgeordneten. In den Umfragen kommt die Partei derzeit auf 18 Prozent. Es könnte also demnächst in Straßburg ein oder zwei sozialdemokratische Abgeordnete mehr geben. Joachim Schuster und Dietmar Köster wollen nicht wieder antreten. Die Partei will eine Geschlechts-paritätisch besetzte Liste vorlegen, die von Katarina Barley angeführt wird. Thomas Rudner, Nachrücker für den kürzlich ausgeschiedenen Ismael Ertug, überlegt noch, ob er kandidiert. Von 16 Abgeordneten streben acht der männlichen MEPs sicher eine Kandidatur an.
Rangeleien werden um die vier aussichtsreichen Plätzen der NRW-SPD erwartet. Jens Geier, der Chef der deutschen Gruppe, will auf Platz eins der Landesliste antreten. Birgit Sippel hat eine starke Hausmacht und gilt als gesetzt für Platz zwei.
Der Bundestagsabgeordneten Michelle Müntefering, die nach Brüssel strebt und aus dem gleichen Bezirk kommt, werden daher wenig Chancen eingeräumt, Sippel zu verdrängen. Die Kölner Hanna Fritz und Arno Gildemeister beanspruchen einen der nächsten Plätze. Die Abgeordnete Petra Kammerevert will wieder antreten und beansprucht Platz vier der Landesliste.
Die parteiintern einflussreiche Ministerpräsidentin Manuela Schwesig will durchsetzen, dass Sabrina Repp aus Mecklenburg-Vorpommern einen aussichtsreichen Platz auf der Liste bekommt. Repp ist Vize-Chefin der Jusos im Land. Es wird damit gerechnet, dass der Parteivorstand mindestens einen ostdeutschen Bewerber unter die ersten zehn Plätze bringt. Dem sächsischen MEP Matthias Ecke werden Chancen auf einen aussichtsreichen Listenplatz gegeben.
Neu ins Europaparlament einziehen wird wohl die Chefin der bayerischen SPD, Ronja Endres. Sie beansprucht Platz eins der Landesliste. Auf Platz zwei will die Abgeordnete Maria Noichl kandidieren. Dafür will die niedersächsische SPD mit zwei Männern auf den ersten beiden Listenplätzen antreten: Bernd Lange und Tiemo Wölken. Üblicherweise wechseln sich Männer und Frauen auf den Listen ab. Es könnte sein, dass der Parteivorstand einer weiblichen Kandidatin aus Niedersachsen noch zu einem aussichtsreichen Listenplatz verhilft.
Die Grünen sind mit 21 Abgeordneten aus Deutschland im Europaparlament vertreten. In den Bundes-Umfragen kommt die Partei auf 13 Prozent. Es könnte also sein, dass im nächsten Parlament weniger Grüne aus Deutschland sein werden.
Die prominenten Abgeordneten Reinhard Bütikofer und Ska Keller werden nicht mehr antreten. Die MEP Romeo Franz und Pierette Herzberger-Fofana haben geringe Chancen auf einen aussichtsreichen Platz auf der Europaliste, die beim Parteitag im November in Karlsruhe abgestimmt wird. Ihre Landesverbände Rheinland-Pfalz und Bayern haben die beiden Abgeordneten nicht mit dem Votum für die Kandidatur ausgestattet.
Chancen auf einen aussichtsreichen Listenplatz hat neben den Abgeordneten mit einem solchen Votum die Wissenschaftlerin Janka Oertel. Oertel ist Asien-Expertin beim European Council on Foreign Relations (ECFR). Ihre Kandidatur wird von den Realos unterstützt.
Die FDP hat fünf Abgeordnete in Straßburg. In den Umfragen liegt sie bei sieben Prozent. Sie kann also damit rechnen, mindestens so viele Sitze zu haben wie bisher. Nicola Beer wird nicht mehr antreten, weil sie zur Europäischen Investitionsbank (EIB) geht. Spitzenkandidatin soll dafür Marie-Agnes Strack-Zimmermann werden. Die Abgeordneten Andreas Glück, Svenja Hahn, Moritz Körner und Jan-Christoph Oetjen wollen wieder kandidieren.
Die Linke stellt fünf Abgeordnete in Straßburg. In den Umfragen kommt sie auf vier Prozent. Sollte sie sich bis zur Wahl nicht noch spalten, könnte sie also auf vier Sitze hoffen. Die Abgeordneten Cornelia Ernst, Martina Michels und Hartmut Scholz treten nicht mehr an. Parteichef Martin Schirdewan strebt wieder ins Europaparlament und beansprucht Listenplatz eins. Er hat vorgeschlagen, dass die Aktivistin Carola Rackete auf Platz zwei kandidiert, MEP Özlem Demirel auf Platz drei und der Sozialmediziner Gerhard Trabert auf Platz vier. Die Europaliste wird im September aufgestellt.
Eine ganze Reihe Mitgliedstaaten wollen, dass die Ausnahmen zur Stilllegung und zum Fruchtwechsel innerhalb der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) verlängert werden. Ein Vorstoß Rumäniens erhielt beim Treffen der EU-Agrarminister am Dienstag viel Zuspruch. Um die Verluste der Landwirte aufgrund des Ukraine-Krieges und der Inflation auszugleichen, müssten Sonderregeln weitergehen. Rumänien argumentierte, der Krieg dauere an, daher sollten es auch die Ausnahmen.
Die EU-Kommission hatte im Herbst vergangenen Jahres als Reaktion auf den Krieg und die drohende weltweite Lebensmittelknappheit für 2023 Ausnahmen von zwei Auflagen gewährt, die erst Anfang des Jahres durch die GAP-Reform in Kraft getreten wären. Zum einen müssen Betriebe in diesem Jahr noch keine jährlichen Fruchtwechsel vornehmen oder Zwischenfrüchte aussähen (GLÖZ 7). Zum anderen wurde vorerst auf die verpflichtende 4-prozentige Stilllegung von Ackerflächen verzichtet (GLÖZ 8).
Insgesamt 14 Staaten unterstützten eine Verlängerung, darunter Italien, Bulgarien, Griechenland und Schweden. Frankreich äußerte Verständnis für diese Position, schlug sich aber nicht eindeutig auf die Seite der Länder.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir war der einzige EU-Minister, der sich am Dienstag offen gegen den Antrag Rumäniens stellte. Somit hielt er Wort, dass er nur befristete Ausnahmen unterstütze. Özdemir wies als Begründung auf den “dramatischen Rückgang der Biodiversität” hin. Die derzeitige Situation zeige vielmehr die Dringlichkeit, die Anpassung an den Klimawandel sowie die Biodiversität voranzutreiben. Zudem stünde die Verlässlichkeit der EU-Regeln infrage, wenn sie je nach Witterungsbedingungen immer wieder angepasst würden.
Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski erteilte der Forderung Rumäniens ebenfalls eine Absage. Die Situation sei jetzt eine andere als im vergangenen Jahr, als man sich um die kurzfristigen Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit sorgte. Jetzt mache man sich langfristige Gedanken über einen Preisverfall durch die Einfuhren von Getreide aus der Ukraine. Da müsse man die Glaubwürdigkeit der GAP im Zuge des grünen Übergangs der Landwirtschaft auch im Auge behalten.
Zudem wies Wojciechowski darauf hin, dass für eine Verlängerung der Ausnahmeregeln die Einbeziehung des EU-Parlaments als Co-Gesetzgeber nötig sei. Für Änderungen am Grundrechtsakt brauche es ein vollständiges Gesetzgebungsverfahren.
Die derzeit gültigen Ausnahmeregelungen laufen noch bis Ende 2023. Jedoch fällt die diesjährige Herbstaussaat laut Bundeslandwirtschaftsministerium bereits in das Antragsjahr für GAP-Förderungen für 2024. Entsprechend müssten Landwirte die Regeln der GLÖZ 7 und 8 bereits diesen Herbst umsetzen, sofern die Ausnahmen nicht verlängert werden. luk
Die Energieeffizienzrichtlinie hat gestern die letzte Hürde im Rat genommen und kann damit in den nächsten Wochen in Kraft treten. Bis 2030 müssen die Mitgliedstaaten EU-weit 11,7 Prozent Endenergie gegenüber einem Referenzszenario einsparen. Ihre freiwilligen nationalen Beiträge müssen die Staaten in ihren Energie- und Klimaplänen (NECP) darlegen, der Entwurf des deutschen Plans verzögert sich weiter.
Die Effizienzrichtlinie regelt EU-weit auch die kommunale Wärmeplanung und die Dekarbonisierung von Fernwärmenetzen. Der deutsche Gesetzentwurf zur Fernwärme ist allerdings ambitionierter als die EU-Richtlinie, bestätigte gestern das Öko-Institut.
Mehrere EU-Staaten stimmten am Dienstag im Rat gegen die Richtlinie, neben Polen und Ungarn war es auch die neue Mitte-Rechts-Regierung von Finnland. Enthaltungen kamen von der Slowakei, Lettland, Portugal und Belgien. ber
Der Chef des Partido Popular (PP), Alberto Núñez Feijóo, hält trotz erster Absagen an dem Plan fest, genügend Unterstützung im Parlament für eine rechtsgerichtete Regierung zu bekommen. Die Parlamentswahl in Spanien am Sonntag hatte keine klaren Mehrheiten gebracht. Ein mögliches Bündnis von Feijóos PP und der rechten Vox-Partei wäre auf die Unterstützung weiterer Parteien angewiesen. Allerdings ist die Lage für Feijóo nicht besonders aussichtsreich.
Die Mitte-Rechts-Partei Baskische Nationalisten (PNV) teilte auf der Social-Media-Plattform X – ehemals Twitter – mit, ihr Vorsitzender habe Feijóo erklärt, mit ihm keine Gespräche über die Unterstützung führen zu wollen. Den katalanischen und baskischen Parteien, die für ihre regionale Unabhängigkeit eintreten, kommt angesichts der Mehrheitsverhältnisse eine Schlüsselrolle bei der Regierungsbildung zu.
“Die Behauptung, dass Sie aufgrund eines Gesprächs mit einer Gruppe keine Unterstützung haben, ist eine voreilige Schlussfolgerung“, erwiederte Feijóo am Dienstag. Er habe auch noch nicht mit der Vox-Führung gesprochen.
“Es wäre ein Fehler, die Separatisten regieren zu lassen“, fügte er hinzu und bezog sich dabei auf eine “Koalition der Verlierer”, die von den Sozialisten des amtierenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez angeführt würde. Die PSOE hatte 122 Sitze errungen.
Sánchez könnte eine weitere Amtszeit erreichen, wenn er die Unterstützung der Regionalparteien erhält. Der linke galizische Nationalblock hatte am Montag erklärt, ihr Abgeordneter werde für Sánchez stimmen, um eine Wiederholung der Wahl zu vermeiden.
Feijóo sagte, er wolle bald mit Sánchez sprechen. Ein Indiz, dass er noch versuchen könnte, die Sozialisten davon zu überzeugen, seine Regierung durch eine Enthaltung zu ermöglichen.
Die spanische Regionalpartei in Navarra (UPN), die über einen Sitz verfügt, ist die einzige andere Mitte-Rechts-Partei, die ihre Unterstützung für Feijóo zum Ausdruck gebracht hat. Seine Unterstützerbasis einschließlich Vox erreicht damit 170 Sitze, sechs weniger als die absolute Mehrheit.
Die Kanarische Koalition, die ebenfalls mit einem Abgeordneten vertreten ist, regiert auf den Kanarischen Inseln gemeinsam mit der PP, hat aber wiederholt den Diskurs und die Politik von Vox abgelehnt. Die Parteivorsitzende Ana Oramas sagte, es gebe “keine Chance”, dass Feijóo Premierminister werde. Die übrigen Parteien haben ebenfalls ihre Ablehnung gegenüber einer Koalition mit der extremen Rechten signalisiert. rtr/lei
Im Prozess um die islamistischen Anschläge 2016 in Brüssel haben die Geschworenen mehrere der zehn Angeklagten des terroristischen Mordes schuldig gesprochen. Das verkündete Gerichtspräsidentin Laurence Massart am Dienstagabend in der belgischen Hauptstadt. Laut der Nachrichtenagentur Belga sind sechs Angeklagte für terroristischen Mord verurteilt worden. Über die Strafen soll ab September entschieden werden.
Bei den Terroranschlägen vom 22. März 2016 am Flughafen Brüssel-Zaventem und in einer Metrostation in der belgischen Hauptstadt starben 32 Menschen, 340 wurden verletzt. Das Urteil wurde von einer zwölfköpfigen Jury nach mehr als zweiwöchigen Beratungen ohne Kontakt zur Außenwelt gefällt. Die Geschworenen entschieden Belga zufolge auch, die Angeklagten für vier weitere Todesopfer zur Rechenschaft zu ziehen, die nach den Anschlägen gestorben waren – etwa nach langer Krankheit oder durch Suizid. Die offizielle Zahl der Todesopfer erhöht sich damit von 32 auf 36.
Es wird davon ausgegangen, dass einer der zehn Angeklagten mittlerweile wohl in Syrien gestorben ist. Acht Angeklagten vor Gericht wurde 32-facher terroristischer Mord, versuchter terroristischer Mord an fast 700 Menschen sowie die Beteiligung an Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Dem neunten legte die Staatsanwaltschaft lediglich den dritten Punkt zur Last. Der Anschlag von Brüssel wurde wohl von derselben Terrorzelle eingefädelt wie der Anschlag in Paris 2015. Daher standen sechs der verurteilten Attentäter von Paris auch in Brüssel vor Gericht – unter anderem der Hauptangeklagte im Pariser Prozess, Salah Abdeslam. dpa
New York City ist atemberaubend und verkörpert den Fortschritt, die Möglichkeiten unserer Zeit. Dort, am Hauptsitz der Vereinten Nationen, werden aber auch die Herausforderungen, denen wir als globale Gemeinschaft gegenüberstehen, wie unter dem Brennglas deutlich: Sind in der einen Straße milliardenschwere Banken dichtgedrängt, ist ein paar Blocks weiter die Armut himmelschreiend. Diese riesige Kluft zwischen Arm und Reich sehen wir an vielen Orten in der Welt. Im Globalen Süden sterben täglich tausende Kinder an den Folgen von Hunger und Mangelernährung. Ganze Staaten drohen in Schulden zu ertrinken – während Milliardäre neue Rekordgewinne machen und die Maschinerie des Konsums sich im Globalen Norden immer weiterdreht. Das zu ändern, hin zu mehr Gerechtigkeit, ist das Ziel der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und deren Ziele für Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG).
Um diese Agenda mit Leben zu füllen und sie trotz der großen Einschnitte von Krieg und Pandemie bis 2030 zu erreichen, trafen sich vom 10. bis zum 19. Juli Mitglieder von Regierungen, NGO und Expertinnen und Experten aus aller Welt beim Hochrangigen Politischen Forum für Nachhaltige Entwicklung der UN (HLPF) in New York. Als Europäische Union haben wir dort den eigenen Fortschrittsbericht vorgestellt und unsere Ideen zur weiteren Entwicklung der Reformagenda präzisiert. Mit den Kommissaren Urpilainen (Internationale Partnerschaften) und Gentiloni (Wirtschaft), den Präsidenten des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen sowie den beiden Berichterstattern des EU-Parlaments hat sich die EU dabei im Stil moderner Governance als Team unterschiedlicher Stakeholder präsentiert.
Der Tenor der Treffen in New York war deutlich: UN-Generalsekretär António Guterres, die Sonderberaterin des UN-Generalsekretärs für Afrika, Cristina Duarte, und alle unserer Gesprächspartnerinnen und -partner haben immer wieder klargemacht, dass die Bekämpfung von Ungleichheiten im Mittelpunkt unserer gemeinsamen Arbeit stehen muss. Gesellschaften, die durch unüberwindbare soziale und wirtschaftliche Unterschiede gespalten sind, fehlt die Kraft für die entscheidenden Transformationen, die allen Menschen ein gutes Leben ermöglichen würden.
Aber das kostet Geld. Geld, das der reichere Globale Norden freimachen muss, aber auch Geld, das im Globalen Süden oft fehlt – weil eigene Ressourcen nicht hinreichend erschlossen oder der Ertrag der geleisteten Arbeit den Menschen durch Steuerflucht und Korruption entzogen werden.
Das hochrangige Treffen in New York darf deshalb nur ein Anfang sein. Beim SDG-Gipfel der UN im September, beim Treffen der G20 in Neu-Delhi wie bei der Zusammenkunft von Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) im Oktober dieses Jahres muss das Momentum der kritischen SDG-Halbzeitbilanz genutzt werden.
Wenn die Anzahl der Länder, die mehr für auswärtigen Schuldendienst als für Bildung und Gesundheit ausgeben, ständig steigt, ist es absolut unerlässlich, eine faire und nachhaltige Regelung für die Schuldenlast der am stärksten verschuldeten Nationen einzuführen. Länder, die kostenlose Schulmahlzeiten einführen und nachhaltige Wertschöpfung fördern, sollten dabei unterstützt und nicht an den notwendigen Investitionen gehindert werden. Es ist dringend erforderlich, dass die internationalen Finanzinstitutionen umfassend und zügig reformiert werden. Der IWF, die Weltbank sowie europäische und nationale Förderbanken müssen ihre Prioritäten auf sozialen Zusammenhalt und den Kampf gegen den Klimawandel ausrichten.
Allein ein konsequenter Einsatz zur Bekämpfung von Steueroasen kann vielen Ländern helfen, stärker und unabhängiger zu werden. Die Digitalisierung der Steuer- und Zollverwaltungen sollten wir mit gemeinschaftlichen Pilotprojekten vorantreiben, um sicherzustellen, dass der erzielte wirtschaftliche Ertrag auch den jeweiligen Ländern zur Verfügung steht.
Ein neues Konzept, das in New York auf viel Interesse gestoßen ist, ist der sogenannte Inequality-Marker, den die EU-Kommissarin für Internationale Partnerschaften, Jutta Urpilainen, auf Initiative der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament eingeführt hat. Dieser Marker wird dazu dienen, Programme und Maßnahmen im Bereich der europäischen Entwicklungszusammenarbeit gezielt und überprüfbar dort einzusetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden, weil unsere Arbeit für die schwächsten 40 Prozent der Gesellschaften objektiv messbar wird.
Die Strahlkraft New Yorks, die Leidenschaft, mit der beim HLPF gearbeitet wurde und die Entschlossenheit, mit der viele unserer Partnerinnen und Partner agieren, muss für die in diesem Jahr anstehenden Folgetreffen genutzt werden. Globale Polykrisen und die geopolitische Lage in einer sich neu polarisierenden Welt lassen uns keine Zeit. Für die EU sind konkrete Fortschritte bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeitsagenda 2030 Teil unseres politischen Auftrags und gleichzeitig Bedingung des eigenen Überlebens.
Udo Bullmann ist SPD-Europaabgeordneter und Vorsitzender des Unterausschusses für Menschenrechte sowie Koordinator der Sozialdemokratischen Fraktion im Entwicklungsausschuss.