an Symbolen wird es an diesem Montag nicht mangeln, wenn Donald Trump in Washington zum 47. Präsidenten der USA vereidigt wird. Eines davon: Entgegen den Gepflogenheiten hat der Republikaner zu seiner Amtseinführung auch führende Politiker aus dem Ausland eingeladen. Ein Stelldichein der Rechten reist nach Washington: Erwartet werden unter anderen der französische Rechtsextreme Éric Zemmour, Brexit-Initiator Nigel Farage oder AfD-Parteichef Tino Chrupalla.
Als einzige Regierungschefin der EU wird Giorgia Meloni anwesend sein. Dass die Chefin der rechtsnationalen Fratelli d’Italia eine persönliche Einladung von Trump erhalten hatte, war bereits bekannt. Dass sie diese nun auch angenommen hat, kam für manche dann doch überraschend. In einer knappen Mitteilung aus dem Palazzo Chigi, dem Regierungssitz der italienischen Ministerpräsidentin, wurde ihre Teilnahme am Samstag bestätigt.
Dabei war Meloni erst Anfang des Jahres zu einem spontanen Blitzbesuch auf Trumps Privatanwesen Mar-a-Lago eingeflogen. Nun also innerhalb von zwei Wochen der nächste Besuch. Melonis Plan: Zumindest ein kurzes Tête-à-Tête mit Trump nach dessen Amtseinführung. Damit wäre die 48-Jährige die Regierungschefin, die die erste bilaterale Unterhaltung mit dem neuen US-Präsidenten hatte.
Nicht nur innerhalb der EU manifestiert Meloni damit die Rolle der Brückenbauerin zwischen Trump und Europa. Auch zu Hause in Rom zeigt sie mit ihrer Reise einmal mehr, wer das Sagen hat. Ihr Koalitionspartner, Lega-Chef Matteo Salvini, der Trump in dessen Wahlkampf öffentlichkeitswirksam Honig ums Maul geschmiert hatte, bleibt in Washington außen vor.
Einen guten Start in die Woche wünscht Ihnen,
Die europäische Wettbewerbsfähigkeit muss verbessert werden. Welches sind die wichtigsten Reformen, die die Europäische Kommission und die europäischen Staatschefs auf den Weg bringen sollten?
Es ist klar, dass wir in Europa mit einer übermäßigen Regulierung belastet sind, die die Wettbewerbsfähigkeit aller Unternehmen, aber insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen, beeinträchtigt. Wir freuen uns auf den Vorschlag des Kommissionspräsidenten für eine Omnibus-Gesetzgebung, die die Regulierung in allen Bereichen vereinfachen wird. Es ist auch sehr, sehr klar, dass wir etwas im Energiebereich tun müssen.
Was sollte im Energiebereich getan werden?
Die Energiepreise in Europa sind viel höher als in den Vereinigten Staaten, aber auch innerhalb Europas gibt es große Unterschiede bei den Energiepreisen, und wenn wir die grüne Transformation schaffen wollen, müssen wir in unsere Netze investieren. Die Stromnetze sollten als Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse behandelt werden. Sie könnten eine europäische Finanzierung erfordern. Aber wir müssen nicht nur die Strompreise in Europa im Allgemeinen senken, sondern auch den europäischen Strommarkt zum Funktionieren bringen, um die großen Unterschiede bei den Strompreisen innerhalb der Europäischen Union zu vermeiden.
Die EU versprach auch, die Bürokratie um bis zu 35 Prozent zu reduzieren. Ist das realistisch?
Das ist ein Ziel, das sich die Kommission gesetzt hat. Es ist klar, dass wir immer mehr Vorschriften erlassen, ohne wirklich darüber nachzudenken, welche Auswirkungen diese Vorschriften auf die Kostenstruktur unserer Unternehmen haben. Wir können die grüne Transformation nicht auf Kosten unserer Wettbewerbsfähigkeit umsetzen.
Wie machen Sie das in Griechenland?
Wir haben die Steuern gesenkt, ohne unsere Haushaltslage zu gefährden, wir haben dereguliert und wir haben den Staat digitalisiert. Das hat zu einem Wachstum geführt, das deutlich über dem Durchschnitt der Eurozone liegt, während wir gleichzeitig in der Lage sind, Primärüberschüsse zu erzielen und unsere Verschuldung zu senken. Man kann also tatsächlich die Steuern senken und durch Wachstum fiskalischen Spielraum schaffen. Das ist genau das, was Friedrich Merz vorschlägt, und ich kann Ihnen sagen, dass es im Fall von Griechenland funktioniert hat.
Die griechische Wirtschaft wächst seit 2021 schneller als die Eurozone. Die Staatsverschuldung ist zurückgegangen. Das klingt wie ein Wunder. Schlagen Sie eine neue Art von Wirtschaftspolitik vor oder ist es einfach angebotsseitige Politik?
Nein, es ist nicht nur angebotsseitig. Natürlich haben wir erfolgreich die Steuern gesenkt, aber wir haben auch die Steuerhinterziehung verfolgt. Wir sind rücksichtslos gegen Steuerhinterziehung vorgegangen, indem wir digitale Instrumente eingesetzt haben. Das verschafft uns zusätzlichen fiskalischen Spielraum, um zu investieren und unseren Sozialstaat zu unterstützen. Natürlich brauchen wir auch Strukturreformen, Arbeitsmarktreformen, Qualifikationsreformen, Justizreformen, die Digitalisierung, die in Griechenland seit unserem Amtsantritt ein enormer Erfolg gewesen ist. All dies zusammen hat ein Umfeld geschaffen, das Investitionen fördert und anzieht. Und wenn man dann noch die ARF (Aufbau- und Resilienzfazilität, Anm. d. Red.) hinzunimmt, die in Griechenland ein großer Erfolg war, gibt uns das die Möglichkeit, die Investitionslücke zu schließen, bei der Griechenland immer noch unter dem Durchschnitt der Eurozone liegt.
Griechenland war vor Jahren das Sorgenkind Europas. Jetzt ist es wie eine Comeback-Story, alle schauen auf Ihr Land. Wie fühlen Sie sich dabei?
In erster Linie fühle ich mich gut für das Land. Ich denke, die griechische Bevölkerung hat sich als unglaublich widerstandsfähig erwiesen. Aber die Arbeit ist noch nicht getan. Es gibt immer noch große Probleme in Griechenland. Wir müssen immer noch zum Rest Europas aufschließen, vor allem, was unser Pro-Kopf-BIP angeht. Aber ich denke, wir bewegen uns in die richtige Richtung.
Der Draghi-Bericht ist eine deutliche Warnung an die Europäische Union, es mangelt an wirtschaftlicher Dynamik. Die USA und China lassen Milliarden von Dollar in ihre Industrie fließen. Brauchen wir nicht auch mehr Geld für europäische Unternehmen, und woher soll es kommen?
Auf jeden Fall, und das wird die nächste Diskussion sein, die wir auf der Ebene des MFR führen werden. Wir können nicht hoffen, alle Ziele zu erreichen, die wir uns gesetzt haben, wenn wir nicht die finanziellen Mittel dafür haben. Ein Teil des Geldes wird aus privatem Kapital stammen, aber ein Teil wird auch aus öffentlichen Mitteln stammen. Die ARF war ein großer Erfolg. Wir müssen die Lehren daraus ziehen und in die Zukunft schauen.
Was meinen Sie ganz konkret?
Die Verteidigung, die für uns alle eine große Priorität darstellt. Es ist unmöglich, unsere erhöhten Verteidigungsausgaben alleine aus den nationalen Haushalten zu finanzieren. Möglicherweise brauchen wir einen im Vergleich zur ARF kleinen, gezielten europäischen Verteidigungsfonds, der durch gemeinsame europäische Anleihen finanziert wird.
Wie groß sollte dieser Fonds sein?
Ich weiß es nicht. Selbst wenn es 100 Milliarden wären, würde dies ein klares Signal aussenden, dass wir es ernst meinen. Ich habe diesen Vorschlag gemeinsam mit Donald Tusk unterbreitet. Wir müssen auf nationaler Ebene mehr ausgeben – Griechenland gibt bereits mehr als 3 % seines BIP für die Verteidigung aus – und wir müssen auf europäischer Ebene mehr ausgeben. Schließlich ist es unsere Sicherheit, die bedroht ist.
Der polnische Außenminister Sikorski sagte einmal, er fürchte weniger die Stärke Deutschlands als seine Schwäche. Stimmen Sie dem zu?
Ohne ein wettbewerbsfähiges Deutschland können wir uns keine wesentlichen Fortschritte in der Europäischen Union und eine Stärkung der europäischen Wirtschaft vorstellen. Deutschland muss sich also zusammenreißen. Es gibt strukturelle Probleme im Zusammenhang mit der deutschen Wirtschaft, die in der öffentlichen Debatte in Deutschland schon gut diskutiert wurden. Daher denke ich, dass jetzt die Zeit für mutige Maßnahmen und radikalere Reformen gekommen ist.
Das Gespräch wurde im Sinne der Leserlichkeit leicht redigiert. Die Konversation kann auch in der heutigen Ausgabe des Table.Today Podcasts nachgehört werden.
Die Führungsriege der Europäischen Volkspartei fordert, zentrale Elemente der EU-Nachhaltigkeitsgesetzgebung zu verschieben. “Die Umsetzung der CSRD und der CSDDD sowie der damit zusammenhängenden Rechtsvorschriften, einschließlich der Taxonomieverordnung und des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM), sollte für mindestens zwei Jahre ausgesetzt werden”, heißt es Positionspapier, das bei der EVP-Klausur in Berlin beschlossen wurde. An dieser nahmen auf Einladung von CDU-Chef Friedrich Merz die christdemokratischen Parteichefs aus rund 20 Mitgliedstaaten teil, ebenso wie EVP-Chef Manfred Weber (CSU) und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU).
Die zwei Jahre sollen nach dem Willen der EVP genutzt werden, um in einer sogenannten Omnibus-Verordnung den Anwendungsbereich der Gesetze auf große Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten zu begrenzen, deren Berichtspflichten um mindestens 50 Prozent zu reduzieren und die indirekten Auswirkungen auf mittelständische Firmen zu beseitigen. Die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) verpflichtet die ersten Firmen, dieses Jahr ihre Berichte vorzulegen. Die Lieferkettenrichtlinie CSDDD greift ab 2027. Der CBAM greift richtig im Jahr 2026, doch die betroffenen Unternehmen müssen bereits heute über die Treibhausgasemissionen in ihren Produkten berichten.
Die EVP-Forderungen gehen über die Pläne der Kommission hinaus. Von der Leyen hatte die Anti-Entwaldungsverordnung um ein Jahr verschoben und angekündigt, die Berichtspflichten aus Taxonomie, CSRD und CSDDD in einem Omnibus-Verfahren stärker vereinheitlichen zu wollen. Die CDU-Politikerin dürfte sich die Position ihrer Parteienfamilie kaum direkt zu eigen machen, da ihre Kommission auch auf die Unterstützung von Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen angewiesen ist. Europaabgeordnete von S&D und Grünen hatten gewarnt, beim Abbau von Berichtspflichten zu weit zu gehen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte aber zuvor eine Verschiebung der CSRD um zwei Jahre gefordert.
Die EVP-Forderungen sind Teil einer umfassenderen Agenda, mit denen die Christdemokraten die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft verbessern wollen. “Die Bürokratie ist heute einer der Hauptgründe dafür, dass die Produktivität der EU weiter hinter die der USA und Chinas zurückfällt”, heißt es in dem Papier. CDU-Kanzlerkandidat Merz warnte: “Wir haben in den letzten drei Jahren in Deutschland über 300.000 Arbeitsplätze in der Industrie verloren, auch wegen der übermäßigen Regulierung”.
Daneben fordern die Christdemokraten:
Am Freitagnachmittag verkündete die EU-Kommission einen weiteren handelspolitischen Erfolg. Kurz vor der Amtseinführung Donald Trumps schloss sie die Verhandlungen zur Vertiefung des aktuellen Globalabkommens mit Mexiko ab.
Das aktuelle Abkommen trat im Jahr 2000 in Kraft. An einer Aktualisierung arbeiteten Verhandler der EU-Kommission und Mexikos schon seit 2016. 2020 hatten Mexiko und die EU schon einmal die Verhandlungen abgeschlossen. Nachdem Mexiko aber seine Verfassung geändert hatte, um den staatlichen Energiekonzern CFE rechtlich zu bevorzugen, musste das Energie-Kapitel des Abkommens neu verhandelt werden.
EU-Energiefirmen sind jetzt nicht mit mexikanischen Staatsfirmen gleichgestellt, wie im ursprünglichen Verhandlungstext vorgesehen, aber mit Firmen aus allen anderen Ländern, die ein präferenzielles Abkommen mit Mexiko haben.
Im Gegenzug hat die EU den Text des Abkommens ebenfalls an ihre veränderte Interessenlage anpassen können, vor allem in der Landwirtschaft und in der Elektromobilität. Die zollfreien Importquoten für mexikanisches Rindfleisch wurden gegenüber der Fassung von 2020 halbiert, genauso die Importquoten für Ethanol. Die zollfreie Importquote für Geflügel wurde um ein Drittel reduziert.
Auch beim Import von Elektroautos gibt es eine Anpassung. Die Zoll-Befreiung für Elektroautos aus Mexiko gilt nur für Autos, die mindestens 60 Prozent mexikanischer oder europäischer Herkunft sind. Das soll verhindern, dass günstige Elektroautos mit chinesischen Batterien den europäischen Markt überschwemmen können. Dies wird speziell dann relevant, wenn Trump den Handelskonflikt mit China weiter anfacht. Die Kommission erhofft sich auch, dass diese Bestimmung zusätzliche Nachfrage für europäische Batterien schafft.
Das erneuerte Globalabkommen soll aus EU-Sicht zudem den Zugang zu mexikanischen Rohstoffen erleichtern, den Investitionsschutz stärken und den Zugang zum mexikanischen Vergabemarkt öffnen.
Die Kommission will EU-Landwirte überzeugen, dass das Abkommen in deren Interesse ist und nennt es ein “Abkommen für europäische Landwirte”. Im Rahmen des neuen Abkommens wird Mexiko Zölle auf Pasta, Schokolade, Kartoffeln, Äpfel und Schweinefleisch (außer Schweinerücken) abschaffen sowie zollfreie Importquoten für Milchpulver, Käse und Rindfleisch einführen. Zudem sollen weitere europäische Herkunftsbezeichnungen in Mexiko geschützt werden, zum Beispiel bayrisches Bier.
Wie beim Mercosur-Abkommen lässt die Kommission vorerst offen, wie das Abkommen juristisch strukturiert wird. Wenn es als gemischtes Gesamtpaket ratifiziert werden soll, muss es von den nationalen Parlamenten aller EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Wenn der Handelsteil herausgelöst wird, kann dieser mit einer qualifizierten Mehrheit des EU-Rats ratifiziert werden.
Die Entscheidung, wie und wann der verhandelte Text den Mitgliedstaaten vorgelegt wird, liegt bei der Kommission. Da ein Großteil des Abkommens schon länger fertig ist, sind die notwendigen Übersetzungen und das sogenannte “legal scrubbing” schon weit fortgeschritten. Die Kommission kann den Text den Mitgliedstaaten also dann vorlegen, wenn sie es für opportun hält. jaa
Kyjiw strebt an, die befristeten Handelserleichterungen zwischen EU und Ukraine bis Ende 2027 zu verlängern. Bis dahin solle ein längerfristiger Rahmen zur umfassenden Handelsliberalisierung ausgehandelt werden, sagte der ukrainische Agrarminister Witalij Kowal bei der Grünen Woche zu Journalisten. Die derzeitigen Erleichterungen laufen am 5. Juni 2025 aus.
Die Europäische Kommission hatte dagegen angekündigt, schon bis Juni neu verhandeln zu wollen. Vorschläge dazu werden noch diesen Monat erwartet. Auch Agrarverbände in der EU machen Druck. Mit den geltenden Lockerungen sind sie unzufrieden und fordern mehr Schutz vor Konkurrenzprodukten aus der Ukraine. Sie verweisen darauf, dass die europäische Landwirtschaft zusätzlich vom Mercosur-Abkommen betroffen sei.
Kowal hält dagegen, die EU profitiere auch vom Freihandel. Bei Milch und Fisch etwa importiere die Ukraine deutlich mehr, als sie exportiere. Agrarbetriebe im Land bezögen Betriebsmittel wie Kraftstoff, Saatgut, Pflanzenschutzmittel und Landmaschinen aus der EU. Dass Getreidemärkte in den EU-Nachbarländern der Ukraine 2022 und 2023 durch Exporte über den Landweg belastet worden seien, räumte Kowal ein. Jetzt könne man aber wieder verstärkt über den Seeweg exportieren.
Ob die Ukraine für den EU-Beitritt eine Schlechterstellung in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) akzeptieren würde, wollte Kowal nicht sagen. Er betonte jedoch, man trete der EU nicht bei, um Subventionen abzugreifen. Die Sorge, dass das Land große Summen aus den Direktzahlungen auf sich ziehen könnte, könne er nachvollziehen. Ein gewisses Maß an finanzieller Unterstützung brauche der Agrarsektor im Land aber, um sich an europäische Standards anzupassen. jd
Der Ausschuss der Ständigen Vertreter hat sich am Freitag auf eine Rangliste der bevorzugten Kandidaten für das Amt des Europäischen Datenschutzbeauftragten (European Data Protection Supervisor, EDPS) geeinigt. Wojciech Wiewiórowski stehe an der Spitze dieser Rangliste, sagte ein EU-Diplomat. Ein Trio von Botschaftern aus Dänemark, Zypern und Irland soll nun mit dem Europäischen Parlament verhandeln, um eine Einigung über den nächsten EPDS zu erzielen.
Nach dem Tod seines Vorgängers Giovanni Buttarelli im August 2019 hatte Wiewiórowski die Aufgaben des Europäischen Datenschutzbeauftragten bereits interimistisch übernommen. Am 5. Dezember 2019 war er dann offiziell für eine fünfjährige Amtszeit zum EDPS ernannt worden. Nun bewirbt sich der polnische Verfassungsrechtler erneut.
Die Kommission hatte zuvor eine Liste mit vier Kandidaten erstellt und dem Europäischen Parlament und dem Rat übermittelt. Auf dieser Liste standen:
Das Parlament hat die Kandidaten am vergangenen Donnerstag angehört. Die Ernennung des EDPS erfolgt dann durch einen gemeinsamen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates.
In seinen schriftlichen Antworten zu seiner Anhörung betont Wojciech Wiewiórowski die Wichtigkeit von Rechtsstaatlichkeit und der Würde des Menschen im Datenschutz. Er sei der festen Überzeugung, dass die Aufgabe des EPDS letztlich darin besteht, zu einer gerechten Welt beizutragen, in der diese Werte im Mittelpunkt stehen. Besonders wichtig sei ihm dabei, dass nicht Daten, sondern die Menschen, auf die sich diese Daten beziehen, geschützt werden. vis
Die Kommission hat offenbar nicht genug Beweise, um ihr Untersuchungsverfahren gegen die Plattform X abzuschließen. Am Freitag gab die Kommission bekannt, dass sie im Rahmen des Digital Services Act (DSA) weitere Auskunftsersuchen an X stellt. “Heute unternehmen wir weitere Schritte, um die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Gesetz über digitale Dienste durch die Empfehlungssysteme von X zu beleuchten”, sagte die zuständige Vize-Präsidentin Henna Virkkunen.
Die Kommission steht bei der bereits seit 2023 laufende Untersuchung gegen X unter enormem Druck – nicht zuletzt, weil sich X-Eigner Elon Musk gerade in den deutschen Wahlkampf einmischt. Aus dem EU-Parlament waren bereits mehrere Anfragen und Briefe an die Kommission gelangt, die Untersuchungen abzuschließen und gegen X vorzugehen. Darauf hatte die Kommission immer wieder geantwortet, die Untersuchungen seien sehr komplex.
Auch jetzt teilte sie mit, die zusätzlichen Untersuchungsmaßnahmen flössen “in die komplexe Bewertung” ein:
Die Grünen-Abgeordnete Alexandra Geese begrüßte die neuen Ermittlungsmaßnahmen. “Endlich zeigt die Kommission Zähne: Nach Wochen des Zauderns nutzt sie die Instrumente des DSA.” Die angeforderte interne Dokumentation über die zuletzt vorgenommenen Änderungen des Algorithmus seien eine erste Grundlage, um die Manipulation des Algorithmus durch Elon Musk zu beweisen. Geese kritisierte jedoch, dass die Kommission seit Monaten parlamentarische Anfragen zu algorithmischen Manipulationen auf X, TikTok und Meta ignoriere.
Die Ermittlungen müssen jetzt zügig geführt und abgeschlossen werden, forderte Geese. Sollte sich die Annahme bewahrheiten, dass der X-Algorithmus Desinformation und Inhalte rechter Parteien und Meinungsführer systematisch bevorzuge, “dann müssen Empfehlungssysteme abgeschaltet werden“. Wenn “wir eine faire Bundestagswahl 2025 wollen, muss Brüssel jetzt konsequent durchgreifen”, sagte Geese.
Es sei gut, dass die Kommission einen weiteren Aspekt im bereits laufenden Verfahren gegen X ermittle, sagte Andreas Schwab (CDU). Auch wenn X in Deutschland nur elf Millionen Nutzer habe, “gibt es Menschen, die auf die Wahrhaftigkeit der Angaben vertrauen. Der in der deutschen Rechtsprechung geltende Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts muss auch dort möglich sein.” vis
Die EU-Kommission will bis Mitte kommenden Jahres prüfen, ob dauerhafte CO₂-Entnahmen in das europäische Emissionshandelssystem (ETS) integriert werden. Das geht aus einer Antwort des EU-Klimakommissars Wopke Hoekstra an Abgeordnete des Europaparlaments hervor. Die Kommission entwickle derzeit Methoden zur Zertifizierung von CO₂-Entnahmen. So sollen “Investitionen in innovative Technologien zum Kohlenstoffabbau in der EU erleichtert und gleichzeitig gegen Greenwashing vorgegangen werden”, so der Niederländer.
Falls die Prüfung für eine Integration ins ETS positiv verlaufe, werde die Kommission einen entsprechenden Gesetzesvorschlag inklusive Folgenabschätzung präsentieren. Im Laufe des Jahres werde die Kommission zudem mit Stakeholdern konsultieren, wie die Finanzierung für CO₂-Entnahmen angekurbelt werden kann, schreibt Hoekstra. luk
Gegenseitiges Verständnis war das wichtigste Anliegen von Ingbert Liebing auf seiner ersten Fahrt nach Brüssel. “Ich wollte unsere Philosophie von kommunaler Selbstverwaltung nach Brüssel transportieren. Mit Österreich ist Deutschland damit in Europa allein auf weiter Flur”, sagt der heutige Hauptgeschäftsführer des Stadtwerkeverbands VKU. Als Bundestagsabgeordneter war Liebing damals noch kommunalpolitischer Sprecher der Unionsfraktion – nach neun Jahren als Bürgermeister der Gemeinde Sylt-Ost.
Aus europäischer Sicht operieren Vertreter von Städten und Gemeinden bis heute im Spannungsfeld aus sozialstaatlicher Daseinsvorsorge und dem Effizienzgebot des Binnenmarkts – gerade auch die Unternehmen der Energie- und Wasserversorgung, Abfallwirtschaft und Telekommunikation, für die der VKU eintritt. Umgekehrt hatte Liebing schon im Umweltausschuss erlebt, wie viele nationale Regelungen ihren Ursprung in Brüssel haben.
“Meine Jungfernrede habe ich zur europäischen Chemikalienverordnung REACH gehalten”, erzählt der heute 61-Jährige, der von 2005 bis 2017 für die CDU im Bundestag saß. Ein weiteres Thema für Liebing war schon damals die Wasserrahmenrichtlinie. Stoffeinträge ins Grundwasser durch Chemikalien und Dünger sind für Kommunen und ihre Wasserwerke bis heute eine Herausforderung.
Zwischen seiner Zeit im Bundestag und dem Wechsel zum VKU im Jahr 2020 zog Liebing in den Kieler Landtag ein und wurde Bevollmächtigter Schleswig-Holsteins beim Bund. Als Staatssekretär arbeitete er in der Landesregierung mit mehreren Grünen zusammen, die heute die Energie- und Industriepolitik im Bundeswirtschaftsministerium lenken – Philipp Nimmermann und Udo Philipp etwa. “Mit Robert Habeck habe ich damals am Kabinettstisch gesessen”, erzählt Liebing.
In Brüssel mischt der VKU in Sachen Umwelt, Energie und auch Digitales mit, im europäischen Dachverband Cedec sind die Deutschen stark vertreten. Liebing ist zudem Vizepräsident von SGI Europe, dem Arbeitgeberverband jener Unternehmen, die öffentliche Dienstleistungen erbringen. Für die nächsten Jahre wünscht sich Liebing Kontinuität bei den Nachfolgeinitiativen des Green Deals, aber auch Entgegenkommen im Beihilferecht.
“Beim Green Deal hängt alles mit allem zusammen – Klimaneutralität, Umweltpolitik und Kreislaufwirtschaft. Ich hoffe, das wird nun nicht noch einmal alles neu aufgerollt. Wir als Stadtwerke wollen in die Umsetzung kommen”, sagt der VKU-Hauptgeschäftsführer.
Das Beihilferecht sei für die Ziele des Green Deals manchmal hinderlich – etwa die europaweiten Ausschreibungen. “Das Ziel der Klimaneutralität muss auch einmal höher gewichtet werden als die letzten Feinheiten des Beihilferechts. Interessiert es portugiesische Energieunternehmen wirklich, welche Solaranlagen auf die Dächer deutscher Supermärkte kommen?”, fragt Liebing. “Wir brauchen kein Mikromanagement mehr, wir müssen Leitplanken setzen.”
Das Beihilfethema sei aktueller denn je – etwa beim Kraft-Wärme-Koppelungsgesetz, für das die beihilferechtliche Genehmigung 2026 endet. “Das sorgt für große Unsicherheit und verhindert Investitionen in KWK-Anlagen, Wärmenetze und Wärmespeicher”, sagt Liebing.
Ein Dauerthema für kommunale Unternehmen sind zudem die Wettbewerbsbedingungen gegenüber der Privatwirtschaft. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat zum Beispiel versprochen, kleine und mittlere Unternehmen besonders stark von Bürokratie zu entlasten. Nach der Definition der EU gelten laut Liebing aber alle Unternehmen mit mehr als 25-prozentiger öffentlicher Beteiligung nicht mehr als KMU: “Stadtwerke werden faktisch wie große Konzerne behandelt, obwohl sie in einer ganz anderen Größenordnung spielen als staatliche Energiekonzerne wie EDF.”
Freizeit bleibt bei so vielen Sachthemen nicht viel. An den Wochenenden freut sich Liebing, wenn er zu seiner Familie nach Sylt fahren kann und sein erstes Enkelkind heranwachsen sieht. Manuel Berkel
an Symbolen wird es an diesem Montag nicht mangeln, wenn Donald Trump in Washington zum 47. Präsidenten der USA vereidigt wird. Eines davon: Entgegen den Gepflogenheiten hat der Republikaner zu seiner Amtseinführung auch führende Politiker aus dem Ausland eingeladen. Ein Stelldichein der Rechten reist nach Washington: Erwartet werden unter anderen der französische Rechtsextreme Éric Zemmour, Brexit-Initiator Nigel Farage oder AfD-Parteichef Tino Chrupalla.
Als einzige Regierungschefin der EU wird Giorgia Meloni anwesend sein. Dass die Chefin der rechtsnationalen Fratelli d’Italia eine persönliche Einladung von Trump erhalten hatte, war bereits bekannt. Dass sie diese nun auch angenommen hat, kam für manche dann doch überraschend. In einer knappen Mitteilung aus dem Palazzo Chigi, dem Regierungssitz der italienischen Ministerpräsidentin, wurde ihre Teilnahme am Samstag bestätigt.
Dabei war Meloni erst Anfang des Jahres zu einem spontanen Blitzbesuch auf Trumps Privatanwesen Mar-a-Lago eingeflogen. Nun also innerhalb von zwei Wochen der nächste Besuch. Melonis Plan: Zumindest ein kurzes Tête-à-Tête mit Trump nach dessen Amtseinführung. Damit wäre die 48-Jährige die Regierungschefin, die die erste bilaterale Unterhaltung mit dem neuen US-Präsidenten hatte.
Nicht nur innerhalb der EU manifestiert Meloni damit die Rolle der Brückenbauerin zwischen Trump und Europa. Auch zu Hause in Rom zeigt sie mit ihrer Reise einmal mehr, wer das Sagen hat. Ihr Koalitionspartner, Lega-Chef Matteo Salvini, der Trump in dessen Wahlkampf öffentlichkeitswirksam Honig ums Maul geschmiert hatte, bleibt in Washington außen vor.
Einen guten Start in die Woche wünscht Ihnen,
Die europäische Wettbewerbsfähigkeit muss verbessert werden. Welches sind die wichtigsten Reformen, die die Europäische Kommission und die europäischen Staatschefs auf den Weg bringen sollten?
Es ist klar, dass wir in Europa mit einer übermäßigen Regulierung belastet sind, die die Wettbewerbsfähigkeit aller Unternehmen, aber insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen, beeinträchtigt. Wir freuen uns auf den Vorschlag des Kommissionspräsidenten für eine Omnibus-Gesetzgebung, die die Regulierung in allen Bereichen vereinfachen wird. Es ist auch sehr, sehr klar, dass wir etwas im Energiebereich tun müssen.
Was sollte im Energiebereich getan werden?
Die Energiepreise in Europa sind viel höher als in den Vereinigten Staaten, aber auch innerhalb Europas gibt es große Unterschiede bei den Energiepreisen, und wenn wir die grüne Transformation schaffen wollen, müssen wir in unsere Netze investieren. Die Stromnetze sollten als Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse behandelt werden. Sie könnten eine europäische Finanzierung erfordern. Aber wir müssen nicht nur die Strompreise in Europa im Allgemeinen senken, sondern auch den europäischen Strommarkt zum Funktionieren bringen, um die großen Unterschiede bei den Strompreisen innerhalb der Europäischen Union zu vermeiden.
Die EU versprach auch, die Bürokratie um bis zu 35 Prozent zu reduzieren. Ist das realistisch?
Das ist ein Ziel, das sich die Kommission gesetzt hat. Es ist klar, dass wir immer mehr Vorschriften erlassen, ohne wirklich darüber nachzudenken, welche Auswirkungen diese Vorschriften auf die Kostenstruktur unserer Unternehmen haben. Wir können die grüne Transformation nicht auf Kosten unserer Wettbewerbsfähigkeit umsetzen.
Wie machen Sie das in Griechenland?
Wir haben die Steuern gesenkt, ohne unsere Haushaltslage zu gefährden, wir haben dereguliert und wir haben den Staat digitalisiert. Das hat zu einem Wachstum geführt, das deutlich über dem Durchschnitt der Eurozone liegt, während wir gleichzeitig in der Lage sind, Primärüberschüsse zu erzielen und unsere Verschuldung zu senken. Man kann also tatsächlich die Steuern senken und durch Wachstum fiskalischen Spielraum schaffen. Das ist genau das, was Friedrich Merz vorschlägt, und ich kann Ihnen sagen, dass es im Fall von Griechenland funktioniert hat.
Die griechische Wirtschaft wächst seit 2021 schneller als die Eurozone. Die Staatsverschuldung ist zurückgegangen. Das klingt wie ein Wunder. Schlagen Sie eine neue Art von Wirtschaftspolitik vor oder ist es einfach angebotsseitige Politik?
Nein, es ist nicht nur angebotsseitig. Natürlich haben wir erfolgreich die Steuern gesenkt, aber wir haben auch die Steuerhinterziehung verfolgt. Wir sind rücksichtslos gegen Steuerhinterziehung vorgegangen, indem wir digitale Instrumente eingesetzt haben. Das verschafft uns zusätzlichen fiskalischen Spielraum, um zu investieren und unseren Sozialstaat zu unterstützen. Natürlich brauchen wir auch Strukturreformen, Arbeitsmarktreformen, Qualifikationsreformen, Justizreformen, die Digitalisierung, die in Griechenland seit unserem Amtsantritt ein enormer Erfolg gewesen ist. All dies zusammen hat ein Umfeld geschaffen, das Investitionen fördert und anzieht. Und wenn man dann noch die ARF (Aufbau- und Resilienzfazilität, Anm. d. Red.) hinzunimmt, die in Griechenland ein großer Erfolg war, gibt uns das die Möglichkeit, die Investitionslücke zu schließen, bei der Griechenland immer noch unter dem Durchschnitt der Eurozone liegt.
Griechenland war vor Jahren das Sorgenkind Europas. Jetzt ist es wie eine Comeback-Story, alle schauen auf Ihr Land. Wie fühlen Sie sich dabei?
In erster Linie fühle ich mich gut für das Land. Ich denke, die griechische Bevölkerung hat sich als unglaublich widerstandsfähig erwiesen. Aber die Arbeit ist noch nicht getan. Es gibt immer noch große Probleme in Griechenland. Wir müssen immer noch zum Rest Europas aufschließen, vor allem, was unser Pro-Kopf-BIP angeht. Aber ich denke, wir bewegen uns in die richtige Richtung.
Der Draghi-Bericht ist eine deutliche Warnung an die Europäische Union, es mangelt an wirtschaftlicher Dynamik. Die USA und China lassen Milliarden von Dollar in ihre Industrie fließen. Brauchen wir nicht auch mehr Geld für europäische Unternehmen, und woher soll es kommen?
Auf jeden Fall, und das wird die nächste Diskussion sein, die wir auf der Ebene des MFR führen werden. Wir können nicht hoffen, alle Ziele zu erreichen, die wir uns gesetzt haben, wenn wir nicht die finanziellen Mittel dafür haben. Ein Teil des Geldes wird aus privatem Kapital stammen, aber ein Teil wird auch aus öffentlichen Mitteln stammen. Die ARF war ein großer Erfolg. Wir müssen die Lehren daraus ziehen und in die Zukunft schauen.
Was meinen Sie ganz konkret?
Die Verteidigung, die für uns alle eine große Priorität darstellt. Es ist unmöglich, unsere erhöhten Verteidigungsausgaben alleine aus den nationalen Haushalten zu finanzieren. Möglicherweise brauchen wir einen im Vergleich zur ARF kleinen, gezielten europäischen Verteidigungsfonds, der durch gemeinsame europäische Anleihen finanziert wird.
Wie groß sollte dieser Fonds sein?
Ich weiß es nicht. Selbst wenn es 100 Milliarden wären, würde dies ein klares Signal aussenden, dass wir es ernst meinen. Ich habe diesen Vorschlag gemeinsam mit Donald Tusk unterbreitet. Wir müssen auf nationaler Ebene mehr ausgeben – Griechenland gibt bereits mehr als 3 % seines BIP für die Verteidigung aus – und wir müssen auf europäischer Ebene mehr ausgeben. Schließlich ist es unsere Sicherheit, die bedroht ist.
Der polnische Außenminister Sikorski sagte einmal, er fürchte weniger die Stärke Deutschlands als seine Schwäche. Stimmen Sie dem zu?
Ohne ein wettbewerbsfähiges Deutschland können wir uns keine wesentlichen Fortschritte in der Europäischen Union und eine Stärkung der europäischen Wirtschaft vorstellen. Deutschland muss sich also zusammenreißen. Es gibt strukturelle Probleme im Zusammenhang mit der deutschen Wirtschaft, die in der öffentlichen Debatte in Deutschland schon gut diskutiert wurden. Daher denke ich, dass jetzt die Zeit für mutige Maßnahmen und radikalere Reformen gekommen ist.
Das Gespräch wurde im Sinne der Leserlichkeit leicht redigiert. Die Konversation kann auch in der heutigen Ausgabe des Table.Today Podcasts nachgehört werden.
Die Führungsriege der Europäischen Volkspartei fordert, zentrale Elemente der EU-Nachhaltigkeitsgesetzgebung zu verschieben. “Die Umsetzung der CSRD und der CSDDD sowie der damit zusammenhängenden Rechtsvorschriften, einschließlich der Taxonomieverordnung und des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM), sollte für mindestens zwei Jahre ausgesetzt werden”, heißt es Positionspapier, das bei der EVP-Klausur in Berlin beschlossen wurde. An dieser nahmen auf Einladung von CDU-Chef Friedrich Merz die christdemokratischen Parteichefs aus rund 20 Mitgliedstaaten teil, ebenso wie EVP-Chef Manfred Weber (CSU) und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU).
Die zwei Jahre sollen nach dem Willen der EVP genutzt werden, um in einer sogenannten Omnibus-Verordnung den Anwendungsbereich der Gesetze auf große Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten zu begrenzen, deren Berichtspflichten um mindestens 50 Prozent zu reduzieren und die indirekten Auswirkungen auf mittelständische Firmen zu beseitigen. Die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) verpflichtet die ersten Firmen, dieses Jahr ihre Berichte vorzulegen. Die Lieferkettenrichtlinie CSDDD greift ab 2027. Der CBAM greift richtig im Jahr 2026, doch die betroffenen Unternehmen müssen bereits heute über die Treibhausgasemissionen in ihren Produkten berichten.
Die EVP-Forderungen gehen über die Pläne der Kommission hinaus. Von der Leyen hatte die Anti-Entwaldungsverordnung um ein Jahr verschoben und angekündigt, die Berichtspflichten aus Taxonomie, CSRD und CSDDD in einem Omnibus-Verfahren stärker vereinheitlichen zu wollen. Die CDU-Politikerin dürfte sich die Position ihrer Parteienfamilie kaum direkt zu eigen machen, da ihre Kommission auch auf die Unterstützung von Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen angewiesen ist. Europaabgeordnete von S&D und Grünen hatten gewarnt, beim Abbau von Berichtspflichten zu weit zu gehen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte aber zuvor eine Verschiebung der CSRD um zwei Jahre gefordert.
Die EVP-Forderungen sind Teil einer umfassenderen Agenda, mit denen die Christdemokraten die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft verbessern wollen. “Die Bürokratie ist heute einer der Hauptgründe dafür, dass die Produktivität der EU weiter hinter die der USA und Chinas zurückfällt”, heißt es in dem Papier. CDU-Kanzlerkandidat Merz warnte: “Wir haben in den letzten drei Jahren in Deutschland über 300.000 Arbeitsplätze in der Industrie verloren, auch wegen der übermäßigen Regulierung”.
Daneben fordern die Christdemokraten:
Am Freitagnachmittag verkündete die EU-Kommission einen weiteren handelspolitischen Erfolg. Kurz vor der Amtseinführung Donald Trumps schloss sie die Verhandlungen zur Vertiefung des aktuellen Globalabkommens mit Mexiko ab.
Das aktuelle Abkommen trat im Jahr 2000 in Kraft. An einer Aktualisierung arbeiteten Verhandler der EU-Kommission und Mexikos schon seit 2016. 2020 hatten Mexiko und die EU schon einmal die Verhandlungen abgeschlossen. Nachdem Mexiko aber seine Verfassung geändert hatte, um den staatlichen Energiekonzern CFE rechtlich zu bevorzugen, musste das Energie-Kapitel des Abkommens neu verhandelt werden.
EU-Energiefirmen sind jetzt nicht mit mexikanischen Staatsfirmen gleichgestellt, wie im ursprünglichen Verhandlungstext vorgesehen, aber mit Firmen aus allen anderen Ländern, die ein präferenzielles Abkommen mit Mexiko haben.
Im Gegenzug hat die EU den Text des Abkommens ebenfalls an ihre veränderte Interessenlage anpassen können, vor allem in der Landwirtschaft und in der Elektromobilität. Die zollfreien Importquoten für mexikanisches Rindfleisch wurden gegenüber der Fassung von 2020 halbiert, genauso die Importquoten für Ethanol. Die zollfreie Importquote für Geflügel wurde um ein Drittel reduziert.
Auch beim Import von Elektroautos gibt es eine Anpassung. Die Zoll-Befreiung für Elektroautos aus Mexiko gilt nur für Autos, die mindestens 60 Prozent mexikanischer oder europäischer Herkunft sind. Das soll verhindern, dass günstige Elektroautos mit chinesischen Batterien den europäischen Markt überschwemmen können. Dies wird speziell dann relevant, wenn Trump den Handelskonflikt mit China weiter anfacht. Die Kommission erhofft sich auch, dass diese Bestimmung zusätzliche Nachfrage für europäische Batterien schafft.
Das erneuerte Globalabkommen soll aus EU-Sicht zudem den Zugang zu mexikanischen Rohstoffen erleichtern, den Investitionsschutz stärken und den Zugang zum mexikanischen Vergabemarkt öffnen.
Die Kommission will EU-Landwirte überzeugen, dass das Abkommen in deren Interesse ist und nennt es ein “Abkommen für europäische Landwirte”. Im Rahmen des neuen Abkommens wird Mexiko Zölle auf Pasta, Schokolade, Kartoffeln, Äpfel und Schweinefleisch (außer Schweinerücken) abschaffen sowie zollfreie Importquoten für Milchpulver, Käse und Rindfleisch einführen. Zudem sollen weitere europäische Herkunftsbezeichnungen in Mexiko geschützt werden, zum Beispiel bayrisches Bier.
Wie beim Mercosur-Abkommen lässt die Kommission vorerst offen, wie das Abkommen juristisch strukturiert wird. Wenn es als gemischtes Gesamtpaket ratifiziert werden soll, muss es von den nationalen Parlamenten aller EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Wenn der Handelsteil herausgelöst wird, kann dieser mit einer qualifizierten Mehrheit des EU-Rats ratifiziert werden.
Die Entscheidung, wie und wann der verhandelte Text den Mitgliedstaaten vorgelegt wird, liegt bei der Kommission. Da ein Großteil des Abkommens schon länger fertig ist, sind die notwendigen Übersetzungen und das sogenannte “legal scrubbing” schon weit fortgeschritten. Die Kommission kann den Text den Mitgliedstaaten also dann vorlegen, wenn sie es für opportun hält. jaa
Kyjiw strebt an, die befristeten Handelserleichterungen zwischen EU und Ukraine bis Ende 2027 zu verlängern. Bis dahin solle ein längerfristiger Rahmen zur umfassenden Handelsliberalisierung ausgehandelt werden, sagte der ukrainische Agrarminister Witalij Kowal bei der Grünen Woche zu Journalisten. Die derzeitigen Erleichterungen laufen am 5. Juni 2025 aus.
Die Europäische Kommission hatte dagegen angekündigt, schon bis Juni neu verhandeln zu wollen. Vorschläge dazu werden noch diesen Monat erwartet. Auch Agrarverbände in der EU machen Druck. Mit den geltenden Lockerungen sind sie unzufrieden und fordern mehr Schutz vor Konkurrenzprodukten aus der Ukraine. Sie verweisen darauf, dass die europäische Landwirtschaft zusätzlich vom Mercosur-Abkommen betroffen sei.
Kowal hält dagegen, die EU profitiere auch vom Freihandel. Bei Milch und Fisch etwa importiere die Ukraine deutlich mehr, als sie exportiere. Agrarbetriebe im Land bezögen Betriebsmittel wie Kraftstoff, Saatgut, Pflanzenschutzmittel und Landmaschinen aus der EU. Dass Getreidemärkte in den EU-Nachbarländern der Ukraine 2022 und 2023 durch Exporte über den Landweg belastet worden seien, räumte Kowal ein. Jetzt könne man aber wieder verstärkt über den Seeweg exportieren.
Ob die Ukraine für den EU-Beitritt eine Schlechterstellung in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) akzeptieren würde, wollte Kowal nicht sagen. Er betonte jedoch, man trete der EU nicht bei, um Subventionen abzugreifen. Die Sorge, dass das Land große Summen aus den Direktzahlungen auf sich ziehen könnte, könne er nachvollziehen. Ein gewisses Maß an finanzieller Unterstützung brauche der Agrarsektor im Land aber, um sich an europäische Standards anzupassen. jd
Der Ausschuss der Ständigen Vertreter hat sich am Freitag auf eine Rangliste der bevorzugten Kandidaten für das Amt des Europäischen Datenschutzbeauftragten (European Data Protection Supervisor, EDPS) geeinigt. Wojciech Wiewiórowski stehe an der Spitze dieser Rangliste, sagte ein EU-Diplomat. Ein Trio von Botschaftern aus Dänemark, Zypern und Irland soll nun mit dem Europäischen Parlament verhandeln, um eine Einigung über den nächsten EPDS zu erzielen.
Nach dem Tod seines Vorgängers Giovanni Buttarelli im August 2019 hatte Wiewiórowski die Aufgaben des Europäischen Datenschutzbeauftragten bereits interimistisch übernommen. Am 5. Dezember 2019 war er dann offiziell für eine fünfjährige Amtszeit zum EDPS ernannt worden. Nun bewirbt sich der polnische Verfassungsrechtler erneut.
Die Kommission hatte zuvor eine Liste mit vier Kandidaten erstellt und dem Europäischen Parlament und dem Rat übermittelt. Auf dieser Liste standen:
Das Parlament hat die Kandidaten am vergangenen Donnerstag angehört. Die Ernennung des EDPS erfolgt dann durch einen gemeinsamen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates.
In seinen schriftlichen Antworten zu seiner Anhörung betont Wojciech Wiewiórowski die Wichtigkeit von Rechtsstaatlichkeit und der Würde des Menschen im Datenschutz. Er sei der festen Überzeugung, dass die Aufgabe des EPDS letztlich darin besteht, zu einer gerechten Welt beizutragen, in der diese Werte im Mittelpunkt stehen. Besonders wichtig sei ihm dabei, dass nicht Daten, sondern die Menschen, auf die sich diese Daten beziehen, geschützt werden. vis
Die Kommission hat offenbar nicht genug Beweise, um ihr Untersuchungsverfahren gegen die Plattform X abzuschließen. Am Freitag gab die Kommission bekannt, dass sie im Rahmen des Digital Services Act (DSA) weitere Auskunftsersuchen an X stellt. “Heute unternehmen wir weitere Schritte, um die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Gesetz über digitale Dienste durch die Empfehlungssysteme von X zu beleuchten”, sagte die zuständige Vize-Präsidentin Henna Virkkunen.
Die Kommission steht bei der bereits seit 2023 laufende Untersuchung gegen X unter enormem Druck – nicht zuletzt, weil sich X-Eigner Elon Musk gerade in den deutschen Wahlkampf einmischt. Aus dem EU-Parlament waren bereits mehrere Anfragen und Briefe an die Kommission gelangt, die Untersuchungen abzuschließen und gegen X vorzugehen. Darauf hatte die Kommission immer wieder geantwortet, die Untersuchungen seien sehr komplex.
Auch jetzt teilte sie mit, die zusätzlichen Untersuchungsmaßnahmen flössen “in die komplexe Bewertung” ein:
Die Grünen-Abgeordnete Alexandra Geese begrüßte die neuen Ermittlungsmaßnahmen. “Endlich zeigt die Kommission Zähne: Nach Wochen des Zauderns nutzt sie die Instrumente des DSA.” Die angeforderte interne Dokumentation über die zuletzt vorgenommenen Änderungen des Algorithmus seien eine erste Grundlage, um die Manipulation des Algorithmus durch Elon Musk zu beweisen. Geese kritisierte jedoch, dass die Kommission seit Monaten parlamentarische Anfragen zu algorithmischen Manipulationen auf X, TikTok und Meta ignoriere.
Die Ermittlungen müssen jetzt zügig geführt und abgeschlossen werden, forderte Geese. Sollte sich die Annahme bewahrheiten, dass der X-Algorithmus Desinformation und Inhalte rechter Parteien und Meinungsführer systematisch bevorzuge, “dann müssen Empfehlungssysteme abgeschaltet werden“. Wenn “wir eine faire Bundestagswahl 2025 wollen, muss Brüssel jetzt konsequent durchgreifen”, sagte Geese.
Es sei gut, dass die Kommission einen weiteren Aspekt im bereits laufenden Verfahren gegen X ermittle, sagte Andreas Schwab (CDU). Auch wenn X in Deutschland nur elf Millionen Nutzer habe, “gibt es Menschen, die auf die Wahrhaftigkeit der Angaben vertrauen. Der in der deutschen Rechtsprechung geltende Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts muss auch dort möglich sein.” vis
Die EU-Kommission will bis Mitte kommenden Jahres prüfen, ob dauerhafte CO₂-Entnahmen in das europäische Emissionshandelssystem (ETS) integriert werden. Das geht aus einer Antwort des EU-Klimakommissars Wopke Hoekstra an Abgeordnete des Europaparlaments hervor. Die Kommission entwickle derzeit Methoden zur Zertifizierung von CO₂-Entnahmen. So sollen “Investitionen in innovative Technologien zum Kohlenstoffabbau in der EU erleichtert und gleichzeitig gegen Greenwashing vorgegangen werden”, so der Niederländer.
Falls die Prüfung für eine Integration ins ETS positiv verlaufe, werde die Kommission einen entsprechenden Gesetzesvorschlag inklusive Folgenabschätzung präsentieren. Im Laufe des Jahres werde die Kommission zudem mit Stakeholdern konsultieren, wie die Finanzierung für CO₂-Entnahmen angekurbelt werden kann, schreibt Hoekstra. luk
Gegenseitiges Verständnis war das wichtigste Anliegen von Ingbert Liebing auf seiner ersten Fahrt nach Brüssel. “Ich wollte unsere Philosophie von kommunaler Selbstverwaltung nach Brüssel transportieren. Mit Österreich ist Deutschland damit in Europa allein auf weiter Flur”, sagt der heutige Hauptgeschäftsführer des Stadtwerkeverbands VKU. Als Bundestagsabgeordneter war Liebing damals noch kommunalpolitischer Sprecher der Unionsfraktion – nach neun Jahren als Bürgermeister der Gemeinde Sylt-Ost.
Aus europäischer Sicht operieren Vertreter von Städten und Gemeinden bis heute im Spannungsfeld aus sozialstaatlicher Daseinsvorsorge und dem Effizienzgebot des Binnenmarkts – gerade auch die Unternehmen der Energie- und Wasserversorgung, Abfallwirtschaft und Telekommunikation, für die der VKU eintritt. Umgekehrt hatte Liebing schon im Umweltausschuss erlebt, wie viele nationale Regelungen ihren Ursprung in Brüssel haben.
“Meine Jungfernrede habe ich zur europäischen Chemikalienverordnung REACH gehalten”, erzählt der heute 61-Jährige, der von 2005 bis 2017 für die CDU im Bundestag saß. Ein weiteres Thema für Liebing war schon damals die Wasserrahmenrichtlinie. Stoffeinträge ins Grundwasser durch Chemikalien und Dünger sind für Kommunen und ihre Wasserwerke bis heute eine Herausforderung.
Zwischen seiner Zeit im Bundestag und dem Wechsel zum VKU im Jahr 2020 zog Liebing in den Kieler Landtag ein und wurde Bevollmächtigter Schleswig-Holsteins beim Bund. Als Staatssekretär arbeitete er in der Landesregierung mit mehreren Grünen zusammen, die heute die Energie- und Industriepolitik im Bundeswirtschaftsministerium lenken – Philipp Nimmermann und Udo Philipp etwa. “Mit Robert Habeck habe ich damals am Kabinettstisch gesessen”, erzählt Liebing.
In Brüssel mischt der VKU in Sachen Umwelt, Energie und auch Digitales mit, im europäischen Dachverband Cedec sind die Deutschen stark vertreten. Liebing ist zudem Vizepräsident von SGI Europe, dem Arbeitgeberverband jener Unternehmen, die öffentliche Dienstleistungen erbringen. Für die nächsten Jahre wünscht sich Liebing Kontinuität bei den Nachfolgeinitiativen des Green Deals, aber auch Entgegenkommen im Beihilferecht.
“Beim Green Deal hängt alles mit allem zusammen – Klimaneutralität, Umweltpolitik und Kreislaufwirtschaft. Ich hoffe, das wird nun nicht noch einmal alles neu aufgerollt. Wir als Stadtwerke wollen in die Umsetzung kommen”, sagt der VKU-Hauptgeschäftsführer.
Das Beihilferecht sei für die Ziele des Green Deals manchmal hinderlich – etwa die europaweiten Ausschreibungen. “Das Ziel der Klimaneutralität muss auch einmal höher gewichtet werden als die letzten Feinheiten des Beihilferechts. Interessiert es portugiesische Energieunternehmen wirklich, welche Solaranlagen auf die Dächer deutscher Supermärkte kommen?”, fragt Liebing. “Wir brauchen kein Mikromanagement mehr, wir müssen Leitplanken setzen.”
Das Beihilfethema sei aktueller denn je – etwa beim Kraft-Wärme-Koppelungsgesetz, für das die beihilferechtliche Genehmigung 2026 endet. “Das sorgt für große Unsicherheit und verhindert Investitionen in KWK-Anlagen, Wärmenetze und Wärmespeicher”, sagt Liebing.
Ein Dauerthema für kommunale Unternehmen sind zudem die Wettbewerbsbedingungen gegenüber der Privatwirtschaft. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat zum Beispiel versprochen, kleine und mittlere Unternehmen besonders stark von Bürokratie zu entlasten. Nach der Definition der EU gelten laut Liebing aber alle Unternehmen mit mehr als 25-prozentiger öffentlicher Beteiligung nicht mehr als KMU: “Stadtwerke werden faktisch wie große Konzerne behandelt, obwohl sie in einer ganz anderen Größenordnung spielen als staatliche Energiekonzerne wie EDF.”
Freizeit bleibt bei so vielen Sachthemen nicht viel. An den Wochenenden freut sich Liebing, wenn er zu seiner Familie nach Sylt fahren kann und sein erstes Enkelkind heranwachsen sieht. Manuel Berkel