Table.Briefing: Europe

Mehrheit im Rat zu Wolf + Automotive-Regulierung + Drängen auf EUDR-Verschiebung

Liebe Leserin, lieber Leser,

bis Freitag verbringt die EVP-Fraktion ihre Studientage in Neapel. EVP-Chef Manfred Weber will mit den 187 Abgeordneten über Wettbewerbsfähigkeit und Zusammenarbeit im Mittelmeerraum reden, sowohl in der Wirtschaft als auch bei der Abwehr der illegalen Migration.

Der thematische Schwerpunkt der Tage liegt aber eindeutig bei Verteidigung und Rüstung. Dazu ist eine eigene Resolution in Arbeit, die am Donnerstag beschlossen werden soll. Am Montag war Redaktionsschluss für inhaltliche Beiträge der Abgeordneten. Angesichts der Aggression Russlands und wachsender weltweiter Instabilität will sich die größte Fraktion im EU-Parlament zu einer Stärkung der europäischen Verteidigung bekennen. Europa müsse so eine faire Lastenteilung mit transatlantischen Partnern gewährleisten.

Bis 2035 rechnen die Christdemokraten mit einem Finanzbedarf in Höhe von 500 Milliarden Euro, um die fälligen Investitionen zu stemmen. Dafür bedürfe es eines angemessen ausgestatteten EU-Haushaltes. Die Resolution unterstützt den ersten Kommissar für Verteidigung und Weltraum, den die EU bekommt: Der Litauer Andrius Kubilius hat als künftiger Chef der Verteidigungsagentur die Aufgabe, für eine gute Abstimmung zwischen den Verteidigungsinstrumenten der Kommission und des Rates zu sorgen.

Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Tag!

Ihr
Markus Grabitz
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Analyse

Automotive-Regulierung: Diese Aufgaben kommen auf die Kommissare zu

Die erste Frage, die es im Bereich Automotive-Regulierung zu klären gilt, lautet: Wer ist zuständig? Die Überschneidungen bei den Portfolios, die Ursula von der Leyen mit der Struktur ihrer neuen Kommission vorgeben will, beschäftigen bereits die Lobbyabteilungen der Unternehmen und Verbände. Ein Beispiel: Es soll einen Verkehrskommissar geben, der anhand des Draghi-Berichts einen Aktionsplan für die europäische Autoindustrie entwerfen soll. Doch über dem künftigen Verkehrskommissar, Apostolos Tzitzikostas ist vorgeschlagen, (siehe Head in dieser Ausgabe) steht noch der Kommissar für Kohäsion und Reformen – berufen wurde der Italiener Raffaele Fitto.

Für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie im internationalen Raum ist wieder eine andere Exekutiv-Vizepräsidentin zuständig: Teresa Ribera, die auch noch die Arbeit am Clean Industrial Deal (CID) federführend leitet. Der CIDsoll den Markthochlauf von Clean Tech vorantreiben und Investitionen anlocken – ebenfalls wichtige Aspekte für die Automobilindustrie. Die für die Autoindustrie wichtige Digitalisierung liegt bei einer anderen Exekutiv-Vizepräsidentin: Souveränitätskommissarin Henna Virkkunen.

Im Hinblick auf das EU-Klimaziel für 2040 muss die Kommission ein weiteres Paket an Klimagesetzen vorlegen. Die Vorschläge sollen 2026 kommen. Ein Treibhausgasreduktionsziel von minus 90 Prozent ist im Gespräch. Es wird damit gerechnet, dass der Verkehrssektor und die Hersteller ihre Emissionen weiter drastisch senken müssen. Welche Maßnahmen etwa auf den Pkw-Bestand oder Hersteller von E-Autos zukommen, ist offen. Das Gesetzespaket wird von Klimakommissar Wopke Hoekstra erarbeitet, die Leitung wiederum hat Ribera.

Am Ende entscheidet von der Leyen

Hinzu kommt noch ein weiterer Exekutiv-Vizepräsident: Industriekommissar Stéphane Séjourné soll einen Industrial Decarbonisation Accelerator Act vorstellen, in dem es auch um die für die Autohersteller wichtigen Industriesektoren Stahl und Aluminium gehen wird. Die für E-Fuels wichtigen Wasserstoff-Projekte (IPCEI) liegen sowohl bei Séjourné als auch bei Ribera.

Die Handelsbeziehungen mit China werden die Autoindustrie auch in den kommenden Jahren beschäftigen. Maroš Šefčovič soll das Dossier federführend betreuen und würde vom jetzigen Handelskommissar Valdis Dombrovskis übernehmen. Die Entscheidung, ob die vorgeschlagenen Ausgleichszölle erhoben werden, dürfte noch Dombrovskis fällen. Die Deadline der Kommission für den Abschluss ihres Verfahrens läuft am 30. Oktober ab. 

Für den weiteren Aufbau der Ladeinfrastruktur ist Verkehrskommissar Tzitzikostas zuständig, für die Energiebereitstellung aus erneuerbaren Quellen sowie die Ertüchtigung der Stromnetze der designierte Energiekommissar Dan Jørgensen. Die diffuse Aufgabenzuteilung birgt Potenzial für Konflikte sowohl zwischen den Exekutiv-Vizepräsidenten als auch unter den einfachen Kommissaren. Bei Konflikten dürfte das letzte Wort von der Leyen selbst haben. Das Dickicht aus Zuständigkeiten dürfte auch für Co-Gesetzgeber, Industrie und NGOs eine Herausforderung werden.

Streitpunkt EU-Flottengrenzwerte

Auf legislativer Ebene muss die drängendste Frage für die Zukunft der europäischen Autoindustrie gleich zu Beginn geklärt werden: Wird an den CO₂-Flottengrenzwerten für Pkw noch gerüttelt? Oder bleibt es bei dem, was vor anderthalb Jahren beschlossen wurde? Wird die für 2026 vorgesehene Revision auf 2025 vorgezogen, um Grenzwerte oder Kriterien anzupassen und möglicherweise Strafzahlungen für 2025 abzuwenden.

Zum einen ist da die aktuelle Debatte um Strafzahlungen für Autobauer, die ihre Ziele für 2025 nicht erreichen. Bleiben die Bußen bestehen, fehlt einigen Autobauern Geld für Investitionen in die Transformation. Sollte die Kommission die Strafen doch noch aussetzen, würden jene Autobauer bestraft, die die Regeln einhalten. Vor allem VW und Renault setzen darauf, dass bei einer vorgezogenen Revision Strafzahlungen wegfallen. Ob das Kalkül aufgeht, hängt auch von Parlament und Rat ab und lässt sich noch nicht prognostizieren.

Unklare Rolle der E-Fuels

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck unterstützt inzwischen den Vorstoß, eine Revision vorzuziehen, will jedoch nicht zwingend die Flottengrenzwerte für 2025 anpassen. Ihm gehe es um den Pfad zum Erreichen des Ziels, bis 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen auf den Markt zu bringen, erklärte er.

So ist immer noch unklar, welche Rolle E-Fuels beim Erreichen der Flottenziele spielen können. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ihrem designierten Klimakommissar Wopke Hoekstra die Aufgabe mitgegeben, E-Fuels bei der Revision zu berücksichtigen. Für die Zukunft der EU-Hersteller, von denen einige nach wie vor auf den Verbrenner setzen, wird die Umsetzung des Erwägungsgrundes in der Flottengesetzgebung eine der entscheidenden Fragen an die neue Kommission sein. Es geht darum, auch über das Jahr 2035 und das vorgesehene Verbrenner-Aus hinaus, die gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, dass Verbrenner, die nur mit E-Fuels betankt werden können, neu zugelassen werden können.

Mehr Ambitionen beim Laden

Neben den CO₂-Flottengrenzwerten steht auch eine Revision der Alternative Fuel Infrastructure Regulation (AFIR) an. Bis Ende dieses Jahres bewertet die Kommission, inwieweit der Schwerlasttransport bei der Ladeinfrastruktur berücksichtigt werden soll. Spätestens 2026 wird die AFIR sowohl bei Pkw als auch bei Lkw überprüft und gegebenenfalls angepasst.

Dem Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) sind die bisherigen Ziele in Sachen Ladeinfrastruktur nicht ambitioniert genug. “Bis 2030 sollte europaweit ein Schnellladenetz mit mindestens 35.000 öffentlich zugänglichen Schnellladepunkten für schwere Lkw und Busse auf dem Transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN-V) in Betrieb sein”, sagt Mitja Schulz, Leiter des Brüsseler VDA-Büros. Die Infrastruktur müsse kontinuierlich und unter Berücksichtigung von Markthochlauf und Nutzungsverhalten aufgebaut werden.  

Eine weitere legislative Lücke der VDA beim autonomen Fahren. Zwar werde die Digitalisierung des Straßenverkehrs bei von der Leyens Aufgabenverteilung erwähnt, das autonome Fahren allerdings nicht.  “Schnelle und unbürokratische Genehmigungsprozesse für Fahrzeuge und Strecken in den Mitgliedsstaaten sind Voraussetzung für eine zügige Entwicklung der Technologien”, so Schulz. Er fordert, den EU-Rechtsrahmen für automatisiertes und autonomes Fahren für die Kleinserie auch auf die Großserie zu erweitern und voranzutreiben, um so tragfähige Geschäftsmodelle entwickeln zu können. Mit János Allenbach-Ammann

  • AFIR
  • Autoindustrie
  • Autonomes Fahren
  • Clean Industrial Deal
  • CO2-Emissionen
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  • E-Autos
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  • Flottengrenzwerte
  • Industrial Decarbonisation Accelerator Act
  • Industriepolitik
  • Klimaziele
  • Stéphane Séjourné
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News

Berner Konvention: Mehrheit im Rat für Absenkung des Schutzstatus beim Wolf

Im Rat zeichnet sich eine Mehrheit für den Vorschlag der Kommission ab, den Schutzstatus des Wolfes herabzustufen. Bislang hatte die Kommission keine qualifizierte Mehrheit unter den Mitgliedstaaten für ihren Vorstoß. Hintergrund war, dass die Bundesregierung sich enthalten musste, weil Umweltministerin Steffi Lemke den Vorschlag der Kommission abgelehnt hatte. Jetzt hat sie ihren Widerstand aufgegeben. Damit wird Deutschland heute auf EU-Botschafterebene und in Kürze auch im Ministerrat zustimmen.

Die Kommission schlägt vor: Der Wolf soll nicht mehr als “streng geschützt” gelten, sondern nur noch als “geschützt”. Die Herabstufung würde bedeuten, dass der Beutegreifer jagdbar würde. Die Kommission will am 4. Dezember bei dem Treffen der Vertragsstaaten der Berner Konvention die Herunterstufung des Schutzstatus beantragen. Es wird damit gerechnet, dass der Vorstoß eine Mehrheit bekommt. Die Änderung der Berner Konvention ist die Voraussetzung dafür, dass die EU die FFH-Richtlinie anpasst und im EU-Artenschutzrecht den Schutz des Wolfes absenkt.

Der Europaabgeordnete Norbert Lins (CDU) fordert, dass die Kommission auch bei anderen Arten den Schutzstandard absenkt, etwa bei Biber, Kormoran und Gänsen. Die Kommission soll der Bundesregierung versichert haben, dass es im nächsten Mandat von ihr keinen Vorschlag geben wird, den Schutz weiterer Tierarten herabzusenken. mgr

  • FFH-Richtlinie

EUDR: Weber fordert Verschiebung um mindestens ein Jahr

EVP-Fraktionschef Manfred Weber hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen per Brief aufgefordert, die Anwendung der Entwaldungsverordnung “um mindestens zwölf Monate” zu verschieben. Das Schreiben vom 20. September liegt Table.Briefings vor. Weber warnt darin, die EU riskiere ansonsten eine Verknappung und möglicherweise starke Preiserhöhungen bei Konsumgütern wie Kaffee. Vor dem Hintergrund der nach wie vor hohen Inflationsraten könne dies “das Vertrauen der Bürger in die EU-Institutionen weiter gefährden”.

In EVP-Kreisen hieß es, dass von der Leyen bereits “innerhalb von Tagen” einen Vorschlag dazu vorlegen wolle. Die Kommissionspräsidentin führt derzeit am Rande der UN-Generalversammlung in New York Gespräche mit Staaten wie Brasilien, Paraguay oder Südafrika, die von den Regeln stark betroffen wären. Danach werde man entscheiden, heißt es in der Kommission.

Die CDU-Politikerin hatte in der EVP-Fraktionssitzung vor einer Woche angekündigt, den Umsetzungszeitplan für das Gesetz noch einmal zu überprüfen, wie Table.Briefings zuerst berichtet hatte. Eigentlich sollen die EUDR-Regeln für große Unternehmen am 30. Dezember in Kraft treten, für kleine Unternehmen ein halbes Jahr später.

Formales Gesetzgebungsverfahren nötig

Um den beschlossenen Rechtstext zu ändern, ist ein formales Gesetzgebungsverfahren im Rat und Europaparlament nötig. Doch sofern einzig das Datum der Umsetzungsfrist geändert wird, könnte es für eine Mehrheit im Parlament reichen. Auch bei den Sozialdemokraten mehren sich die Stimmen, das Gesetz zu verschieben, da es in der kurzen Zeit bis Ende des Jahres nicht mehr umzusetzen sei. 

Laut den Vorgaben dürfen Unternehmen Einfuhren bestimmter Produkte – unter anderem Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Holz – nur in der EU verkaufen, wenn die Lieferanten eine Sorgfaltserklärung eingereicht haben. Diese bestätigt, dass ein Produkt nicht von einer nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzten Fläche stammt und dass bei seiner Herstellung die lokale Gesetzgebung eingehalten wurde.

Neben EU-Mitgliedstaaten wie Deutschland hatten sich Verbände wie Eurocommerce und mehrere Handelspartner der EU – darunter die USA, Australien und Brasilien – in den vergangenen Monaten an die EU-Kommission gewandt und um eine Verschiebung der Regeln gebeten. luk/tho

  • Anti-Entwaldung
  • Entwaldung
  • EUDR
  • Nachhaltigkeit
  • Ursula von der Leyen

Agrarsubventionen: Rechtsstaatsmechanismus könnte ausgeweitet werden

Wer EU-Gelder erhält, soll sich an EU-Werte halten. Das ist das Prinzip des Rechtsstaatlichkeitsmechanismus (RoL-Mechanismus), der seit 2021 gilt. In einem Brief an die EU-Kommission fordern die schwedische Europaministerin Jessica Rosencrantz und der finnische Europaminister Joakim Strand, dass dieses Instrument ausgebaut werden soll. Das Funktionieren der EU basiere auf dem Vertrauen der Mitgliedstaaten ineinander. “Damit dieses Vertrauen bestehen bleibt und gestärkt wird, müssen alle Mitglieder sich an unsere gemeinsamen Werte halten, speziell die Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Grundrechte”, schreiben sie.

Die beiden Minister trugen ihre Positionen am gestrigen Dienstag auch im Rat für Allgemeine Angelegenheiten in Brüssel vor. Konkret wollen sie, dass der RoL-Mechanismus nicht nur bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit greift, sondern auch bei Verstößen gegen die anderen EU-Werte, die in Artikel 2 des EU-Vertrags festgehalten sind. Artikel 2 nennt auch die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören.

Auch Agrarsubventionen sollen an Bedingungen geknüpft werden

Zudem wollen die beiden Europaminister, dass Gelder aus allen Bereichen des EU-Budgets bei an Rechtsstaatlichkeitsbedingungen geknüpft werden sollten. So sind aktuell zum Beispiel die Gelder der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nicht von den Bedingungen betroffen, die in der “Common Provisions” Verordnung für viele EU-Fonds festgelegt sind. Die Kommission solle herausfinden, wie ein Mechanismus gebaut werden könnte, der für das gesamte EU-Budget gilt.

Die Minister argumentieren, dass eine Stärkung des RoL-Mechanismus auch im Hinblick auf eine allfällige EU-Erweiterung wichtig sei. Zudem kann der schwedisch-finnische Vorstoß als Vorbereitung für die anstehenden Verhandlungen zum neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) interpretiert werden. Wenn der MFR vergrößert werden soll, wie das zum Beispiel der Draghi-Bericht fordert, dann wollen die diesbezüglich tendenziell kritischen Staaten wie Schweden und Finnland immerhin garantieren, dass die Gelder in ihrem Sinne verwendet werden. Einen ersten Entwurf für den neuen MFR wird die Kommission im Sommer 2025 vorlegen. jaa

  • Agrarpolitik
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Asylpolitik: Frankreichs Innenminister will ans EU-Recht mit deutscher Hilfe

Frankreichs neuer Innenminister Bruno Retailleau hat eine Verschärfung der Einwanderungs- und Sicherheitspolitik angekündigt. Das erklärte der konservative Politiker in verschiedenen französischen Medien.

“Mein Ziel ist es, die illegale Einreise zu stoppen und die Ausreise zu verstärken, insbesondere für illegale Einwanderer, denn man sollte nicht in Frankreich bleiben, wenn man eingebrochen ist”, wird er von Le Figaro zitiert. “Ich werde in den nächsten Wochen die Gelegenheit haben, konkrete Vorschläge zu machen”, sagte er und ließ dabei auch die Möglichkeit offen, Dekrete zu erlassen. “Der Innenminister verfügt über bedeutende Regelungsbefugnisse. Ich werde sie bis zum Maximum ausschöpfen.”

In Anlehnung an Äußerungen von Rassemblement National-Politikern erklärte Retailleau am Dienstag gegenüber CNews, dass Frankreich und andere gleichgesinnte europäische Nationen ihre Kräfte bündeln sollten, um die Europäische Union zu einer Verschärfung ihrer Einwanderungsgesetze zu bewegen.

Auf Unterstützung von Rechtsextremen angewiesen

Er sagte, die Entscheidung des Nachbarlandes Deutschland, vorübergehende Grenzkontrollen einzuführen und damit die jahrzehntelange weitgehende Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raums der EU auszusetzen, zeige, wie sich die Einstellung der Europäer zur Einwanderung nach rechts verschiebe. “Ich denke, wir müssen eine Allianz mit den großen europäischen Ländern schmieden, die ihr legislatives Arsenal verschärfen wollen und bereits verschärft haben, um die europäischen Regeln zu ändern.”

In einem Gespräch mit dem Fernsehsender TF1 sagte Retailleau, er werde die Präfekten – regionale Vertreter des Innenministeriums – aus den zehn Regionen mit den höchsten Einwanderungszahlen vorladen, um sie aufzufordern, “mehr auszuweisen und weniger zu regularisieren”. Er versprach auch, sich mit nordafrikanischen Staaten zu beraten, damit diese mehr Migranten ohne Papiere von der Einreise nach Frankreich abhalten, und sagte, er wolle härtere Gefängnisstrafen für Gesetzesbrecher.

Retailleau, 63, ist ein Veteran der konservativen Partei Les Républicains (LR) und langjähriger Kritiker in Sachen Einwanderung. Seine Forderungen unterstreichen nach Sicht von Beobachtern den Einfluss von Marine Le Pens rechtsextremen Rassemblement National auf die neu installierte Minderheitsregierung. rtr

  • Frankreich
  • Freizügigkeit
  • Migration
  • Migrationspolitik

Windkraft: Standortsuche führt chinesischen Hersteller auch nach Deutschland

Der chinesische Windrad-Hersteller Sany drängt auf den europäischen Markt und will ab 2026 auch in Europa produzieren. Man sei in fortgeschrittenen Gesprächen mit einem Kunden für einen ersten Auftrag, den man bis Ende des Jahres abschließen wolle, sagte der Geschäftsführer von Sany Renewable Energy, Paulo Fernando Soares, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters.

Für einen Fertigungsstandort schaue man sich drei Länder an, darunter sei auch Deutschland. Bis dahin werde man Windräder aus China nach Europa bringen, sagte er am Rande der Messe WindEnergy Hamburg. Chinesische Firmen würden in den nächsten Jahren auf dem bislang von europäischen und nordamerikanischen Firmen dominierten Windenergie-Markt an der Spitze mitspielen.

Die chinesische Offensive hat in Europa und Deutschland Sorgen ausgelöst. Sie weckt Erinnerungen an das Schicksal der europäischen Solarindustrie, die fast völlig von chinesischen Firmen verdrängt wurde. Auch die Bundesregierung und die EU-Kommission fürchten um eine europäische Kernbranche.

Sany-Geschäftsführer Soares bestritt eine Marktverzerrung: Etablierte europäische Firmen wie Enercon oder Vestas würden weiter eine große Rolle spielen. Auf der anderen Seite sei es undenkbar, dass Europa seine Ausbauziele für Windenergie ohne China erreichen könne. Viele Komponenten für die Turbinen kämen bereits jetzt aus Fernost. Sany hat auf der Messe zwei neue Turbinen vorgestellt und hofft, damit Kunden zu gewinnen.

Der chinesische Heimatmarkt ist weit größer als der europäische. Der Konkurrent Mingyang hatte für Aufsehen gesorgt, da erstmals ein chinesischer Konzern einen deutschen Offshore-Windpark ausrüsten soll. Firmen wie Sany drängen aber auch auf den weit größeren Markt für Windenergie an Land. rtr/ari

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Presseschau

Selenskyjs Siegesplan: Lob von EU-Außenbeauftragten Josep Borrell RND
Rede vor Uno-Sicherheitsrat: Russland muss laut Selenskyj zum Frieden “gezwungen” werden SPIEGEL
Biometrische Überwachung an Außengrenzen vorläufig auf Eis DER STANDARD
Asylsuchende zurückgewiesen: Menschenrechts­kommissar wirft Polen Fehlverhalten vor RND
Ungarn baut neues Flüchtlingslager nahe Grenze zu Österreich NACHRICHTEN.AT
Ungarische Anwaltskanzlei klagt Österreich wegen Grenzkontrollen DER STANDARD
Wahlen in Österreich 2024: Die neue Mitte ist rechtsradikal FAZ
Tschechische Piraten vor dem Aus als Koalitionspartner SÄCHSISCHE
Britischer Premier Starmer kündigt “unpopuläre” Entscheidungen an ZEIT
Keine Trainingsdaten, keine KI: Mark Zuckerberg macht Stimmung gegen EU-Datenschützer SPIEGEL
EU plant umstrittene Chatkontrolle RND
Wie die EU-Kommission Umweltsünder schont SÜDDEUTSCHE
EU-Kommission hebt Vorteile von Bankenfusionen hervor HANDELSBLATT
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Russland liefert trotz Sanktionen weiter Öl in die EU FAZ
Norwegen: Fischer berichten über Warnschuss von russischem Zerstörer FAZ
Belarussische Gefangene als Arbeiter eingesetzt: Schwere Anschuldigungen gegen AfD-Mann Jörg Dornau FOCUS
Laut schwedischer Staatsanwaltschaft: Iran hat große Hacker-Operation durchgeführt RHEINISCHE POST
Bosnien: Schauspieler konnte sich von Strafe wegen sexuellen Übergriffs freikaufen N-TV
Frankreichs Wirtschaftsminister Armand bezeichnet Haushaltslage als “ernst” DEUTSCHLANDFUNK
Fehlender Medikamentenvorrat: Frankreich verhängt Geldstrafen gegen Pharmaunternehmen EURONEWS
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Frankreich betreibt letztes Kohlekraftwerk bis 2027 BOERSE.DE
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Heads

Apostolos Tzitzikostas – ein stramm Konservativer als Verkehrskommissar

Tzitzikostas war zuletzt Gouverneur der griechischen Region Zentralmakedonien. Er war einige Zeit Präsident des Ausschusses der Regionen. Nun soll er Verkehrskommissar werden.

Bei Apostolos Tzitzikostas, künftig in der EU-Kommission für Verkehr und Touristik zuständig, liegt die Politik in der Familie. Sein Vater Georgios war Anfang der Neunzigerjahre Minister.

Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis hat sich nun für Tzitzikostas junior als EU-Kommissar entschieden, weil dieser – wie zuvor schon sein Vater – stramm rechte Positionen vertritt. Tzitzikostas hat etwa in der Vergangenheit das Prespa-Abkommen abgelehnt, das die Beziehungen zwischen Griechenland und Nordmazedonien normalisierte. Damit zielte Tztitzikostas auf ein nationalistisches Publikum ab.

Rechter Parteiflügel soll eingehegt werden

Mit der Nominierung setzt Premier Mitsotakis darauf, den rechten Parteiflügel der Nea Dimokratia zu befrieden und Tztitzikostas einzufangen. Der stand im Verdacht, eine neue Partei rechts der regierenden Konservativen gründen zu wollen. Auf Wunsch von Mitsotakis hat Tztitzikostas das Thema Nordmazedonien zuletzt nicht mehr angesprochen.

Übrigens: Nicht nur Tztitzikosta hat politische Vorfahren. Auch der Vater des heutigen griechischen Premiers, Konstantinos Mitsotakis, war schon in der Politik. Und unter ihm arbeitete: der Vater des nun designierten Verkehrskommissars. Eine Politverbindung über die Generationen hinweg.

Wichtige Posten im Ausschuss der Regionen

Mitsotakis kam es gelegen, dass Tztzikostas, bisher Gouverneur der Region Zentralmakedonien, Erfahrung in Brüssel aufweisen kann. Ab 2017 war Tzitzikostas Vize-Präsident des Ausschusses der Regionen; von 2020 bis 2022 stand er an dessen Spitze. Aus dieser Zeit stammen viele Fotos, mit denen der 46-Jährige Nähe zu Brüsseler Entscheidungsträgern demonstriert.

Griechenland hat wegen seiner großen Schiffsflotte großes Interesse am Verkehrs-Dossier. In dem Portfolio Verkehr und Transport sollten die deutlich rechten, nationalistischen Positionen des studierten Politologen eine untergeordnete Rolle spielen.

Eisenbahnnetz, Mobilität und Co.

Tztitzikostas wird sich nun allerdings auch um das Hochgeschwindigkeitszugnetz in Europa kümmern müssen, das nach dem Willen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die EU-Hauptstädte in Zukunft verbinden soll, Nachtzüge inbegriffen. Das griechische Eisenbahnnetz ist marode bis inexistent. Im vergangenen Jahr hat ein Zugunglück auf der Strecke zwischen Athen und der zweitgrößten Stadt Thessaloniki die katastrophalen Zustände offengelegt. Bei dem Unfall starben annähernd 60 Menschen, weil ein unerfahrener, unterqualifizierter Fahrdienstleiter zwei Züge auf einer eingleisigen Strecke aufeinanderprallen ließ.

Als Verkehrskommissar wird Tzitzikostas auch dafür zuständig sein, Mobilität in Europa künftig nachhaltiger zu gestalten. Bisher weist nichts darauf hin, dass er bei diesem Thema großen Ehrgeiz entfalten wird. Dem Mission Letter zufolge soll er den Aufbau der Ladeinfrastruktur überwachen und einen Vorschlag für saubere Dienstwagen entwickeln. Er soll auch, basierend auf dem Draghi-Bericht, einen Industrieaktionsplan für den Automobilsektor erarbeiten. Gleichermaßen soll er eine Strategie für die Schifffahrt entwickeln; dieses Thema dürfte ihm deutlich mehr liegen. Auch die europäische Hafenstrategie, die er ausarbeiten soll, dürfte ihn interessieren. Mit seiner Erfahrung als Gouverneur einer Region kennt sich Tztitzikostas aus mit Regionalpolitik und den Kohäsionsfonds.

Studium an renommierten Universitäten

Wie viele Griechen aus wohlhabender Familie hat Tzitzikostas sein Studium an ausländischen Universitäten absolviert. An der renommierten Georgetown University hat er zunächst internationale Beziehungen studiert und setzte einen Master in European Public Policy in London obendrauf. Mit seinem Bruder gemeinsam leitete er anschließend einen Betrieb, der Bio-Milch und Joghurt herstellte, in schicker weiß-schwarzer Verpackung.

Tzitzikostas spricht gerne von Bürgernähe. Kritiker bemängeln seinen väterlichen Habitus dagegen als arg konservativ. Die Prägung des Elternhauses ist ihm deutlich anzumerken. Dem Begräbnis seines Vaters wohnte der Ex-König Griechenlands bei. Silke Wettach

  • Europäische Kommission
  • Griechenland
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Dessert

Olaf Scholz ist ein bekennender Fan der europäischen Bankenunion. “Wir brauchen einen gemeinsamen Markt für Bankdienstleistungen”, betonte der Bundeskanzler beim Deutschen Bankentag im April. Er wolle die Kapitalmarktunion und die Bankenunion zu einem “Thema größter Priorität” machen.

Nun könnte man argumentieren, dass eine grenzüberschreitende Fusion im Sinne dieser Bankenunion ist. Jetzt, da die italienische Großbank Unicredit sich anschickt, die deutsche Commerzbank zu übernehmen, reagiert Scholz aber heftig: Es sei kein angemessenes Vorgehen in Europa, dass man “ohne jede Rückkopplung versucht, mit unfreundlichen Methoden sich an Unternehmen aggressiv zu beteiligen”. Zugleich wetterte der hessische Ministerpräsident Boris Rhein gegen einen “Ausverkauf unserer Flaggschiffe”.

Scholz’ Lippenbekenntnis

Scholz mag sich überrumpelt fühlen und um die Finanzierung des heimischen Mittelstands sorgen. Aber zugleich entlarvt seine Reaktion die vorigen Lippenbekenntnisse: “So viel zur deutschen Unterstützung für die Bankenunion”, kommentiert der DGAP-Finanzexperte Shahin Vallée. “Ich will kein billiges Gerede mehr über die Kapitalmarktunion hören”, ergänzt Lucas Guttenberg von der Bertelsmann-Stiftung. Offenkundig sei das Vertrauen in die Gegenseite so gering, dass solche Fusionen blockiert würden.

Ein angeschlagenes, verunsichertes Deutschland igelt sich ein. Schon der Anschlag von Solingen hatte nationale Reflexe ausgelöst: CDU-Chef Friedrich Merz forderte, Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurückzuweisen. Um die Migranten sollten sich gefälligst Österreicher, Polen oder Griechen kümmern. So eigensinnig denkt nicht einmal Viktor Orbán: Der Ungar will statt der nationalen die EU-Außengrenzen schließen. Immerhin: Scholz hat dem Drängen von Merz bislang nicht nachgegeben. Till Hoppe

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    bis Freitag verbringt die EVP-Fraktion ihre Studientage in Neapel. EVP-Chef Manfred Weber will mit den 187 Abgeordneten über Wettbewerbsfähigkeit und Zusammenarbeit im Mittelmeerraum reden, sowohl in der Wirtschaft als auch bei der Abwehr der illegalen Migration.

    Der thematische Schwerpunkt der Tage liegt aber eindeutig bei Verteidigung und Rüstung. Dazu ist eine eigene Resolution in Arbeit, die am Donnerstag beschlossen werden soll. Am Montag war Redaktionsschluss für inhaltliche Beiträge der Abgeordneten. Angesichts der Aggression Russlands und wachsender weltweiter Instabilität will sich die größte Fraktion im EU-Parlament zu einer Stärkung der europäischen Verteidigung bekennen. Europa müsse so eine faire Lastenteilung mit transatlantischen Partnern gewährleisten.

    Bis 2035 rechnen die Christdemokraten mit einem Finanzbedarf in Höhe von 500 Milliarden Euro, um die fälligen Investitionen zu stemmen. Dafür bedürfe es eines angemessen ausgestatteten EU-Haushaltes. Die Resolution unterstützt den ersten Kommissar für Verteidigung und Weltraum, den die EU bekommt: Der Litauer Andrius Kubilius hat als künftiger Chef der Verteidigungsagentur die Aufgabe, für eine gute Abstimmung zwischen den Verteidigungsinstrumenten der Kommission und des Rates zu sorgen.

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    Markus Grabitz
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    Automotive-Regulierung: Diese Aufgaben kommen auf die Kommissare zu

    Die erste Frage, die es im Bereich Automotive-Regulierung zu klären gilt, lautet: Wer ist zuständig? Die Überschneidungen bei den Portfolios, die Ursula von der Leyen mit der Struktur ihrer neuen Kommission vorgeben will, beschäftigen bereits die Lobbyabteilungen der Unternehmen und Verbände. Ein Beispiel: Es soll einen Verkehrskommissar geben, der anhand des Draghi-Berichts einen Aktionsplan für die europäische Autoindustrie entwerfen soll. Doch über dem künftigen Verkehrskommissar, Apostolos Tzitzikostas ist vorgeschlagen, (siehe Head in dieser Ausgabe) steht noch der Kommissar für Kohäsion und Reformen – berufen wurde der Italiener Raffaele Fitto.

    Für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie im internationalen Raum ist wieder eine andere Exekutiv-Vizepräsidentin zuständig: Teresa Ribera, die auch noch die Arbeit am Clean Industrial Deal (CID) federführend leitet. Der CIDsoll den Markthochlauf von Clean Tech vorantreiben und Investitionen anlocken – ebenfalls wichtige Aspekte für die Automobilindustrie. Die für die Autoindustrie wichtige Digitalisierung liegt bei einer anderen Exekutiv-Vizepräsidentin: Souveränitätskommissarin Henna Virkkunen.

    Im Hinblick auf das EU-Klimaziel für 2040 muss die Kommission ein weiteres Paket an Klimagesetzen vorlegen. Die Vorschläge sollen 2026 kommen. Ein Treibhausgasreduktionsziel von minus 90 Prozent ist im Gespräch. Es wird damit gerechnet, dass der Verkehrssektor und die Hersteller ihre Emissionen weiter drastisch senken müssen. Welche Maßnahmen etwa auf den Pkw-Bestand oder Hersteller von E-Autos zukommen, ist offen. Das Gesetzespaket wird von Klimakommissar Wopke Hoekstra erarbeitet, die Leitung wiederum hat Ribera.

    Am Ende entscheidet von der Leyen

    Hinzu kommt noch ein weiterer Exekutiv-Vizepräsident: Industriekommissar Stéphane Séjourné soll einen Industrial Decarbonisation Accelerator Act vorstellen, in dem es auch um die für die Autohersteller wichtigen Industriesektoren Stahl und Aluminium gehen wird. Die für E-Fuels wichtigen Wasserstoff-Projekte (IPCEI) liegen sowohl bei Séjourné als auch bei Ribera.

    Die Handelsbeziehungen mit China werden die Autoindustrie auch in den kommenden Jahren beschäftigen. Maroš Šefčovič soll das Dossier federführend betreuen und würde vom jetzigen Handelskommissar Valdis Dombrovskis übernehmen. Die Entscheidung, ob die vorgeschlagenen Ausgleichszölle erhoben werden, dürfte noch Dombrovskis fällen. Die Deadline der Kommission für den Abschluss ihres Verfahrens läuft am 30. Oktober ab. 

    Für den weiteren Aufbau der Ladeinfrastruktur ist Verkehrskommissar Tzitzikostas zuständig, für die Energiebereitstellung aus erneuerbaren Quellen sowie die Ertüchtigung der Stromnetze der designierte Energiekommissar Dan Jørgensen. Die diffuse Aufgabenzuteilung birgt Potenzial für Konflikte sowohl zwischen den Exekutiv-Vizepräsidenten als auch unter den einfachen Kommissaren. Bei Konflikten dürfte das letzte Wort von der Leyen selbst haben. Das Dickicht aus Zuständigkeiten dürfte auch für Co-Gesetzgeber, Industrie und NGOs eine Herausforderung werden.

    Streitpunkt EU-Flottengrenzwerte

    Auf legislativer Ebene muss die drängendste Frage für die Zukunft der europäischen Autoindustrie gleich zu Beginn geklärt werden: Wird an den CO₂-Flottengrenzwerten für Pkw noch gerüttelt? Oder bleibt es bei dem, was vor anderthalb Jahren beschlossen wurde? Wird die für 2026 vorgesehene Revision auf 2025 vorgezogen, um Grenzwerte oder Kriterien anzupassen und möglicherweise Strafzahlungen für 2025 abzuwenden.

    Zum einen ist da die aktuelle Debatte um Strafzahlungen für Autobauer, die ihre Ziele für 2025 nicht erreichen. Bleiben die Bußen bestehen, fehlt einigen Autobauern Geld für Investitionen in die Transformation. Sollte die Kommission die Strafen doch noch aussetzen, würden jene Autobauer bestraft, die die Regeln einhalten. Vor allem VW und Renault setzen darauf, dass bei einer vorgezogenen Revision Strafzahlungen wegfallen. Ob das Kalkül aufgeht, hängt auch von Parlament und Rat ab und lässt sich noch nicht prognostizieren.

    Unklare Rolle der E-Fuels

    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck unterstützt inzwischen den Vorstoß, eine Revision vorzuziehen, will jedoch nicht zwingend die Flottengrenzwerte für 2025 anpassen. Ihm gehe es um den Pfad zum Erreichen des Ziels, bis 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen auf den Markt zu bringen, erklärte er.

    So ist immer noch unklar, welche Rolle E-Fuels beim Erreichen der Flottenziele spielen können. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ihrem designierten Klimakommissar Wopke Hoekstra die Aufgabe mitgegeben, E-Fuels bei der Revision zu berücksichtigen. Für die Zukunft der EU-Hersteller, von denen einige nach wie vor auf den Verbrenner setzen, wird die Umsetzung des Erwägungsgrundes in der Flottengesetzgebung eine der entscheidenden Fragen an die neue Kommission sein. Es geht darum, auch über das Jahr 2035 und das vorgesehene Verbrenner-Aus hinaus, die gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, dass Verbrenner, die nur mit E-Fuels betankt werden können, neu zugelassen werden können.

    Mehr Ambitionen beim Laden

    Neben den CO₂-Flottengrenzwerten steht auch eine Revision der Alternative Fuel Infrastructure Regulation (AFIR) an. Bis Ende dieses Jahres bewertet die Kommission, inwieweit der Schwerlasttransport bei der Ladeinfrastruktur berücksichtigt werden soll. Spätestens 2026 wird die AFIR sowohl bei Pkw als auch bei Lkw überprüft und gegebenenfalls angepasst.

    Dem Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) sind die bisherigen Ziele in Sachen Ladeinfrastruktur nicht ambitioniert genug. “Bis 2030 sollte europaweit ein Schnellladenetz mit mindestens 35.000 öffentlich zugänglichen Schnellladepunkten für schwere Lkw und Busse auf dem Transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN-V) in Betrieb sein”, sagt Mitja Schulz, Leiter des Brüsseler VDA-Büros. Die Infrastruktur müsse kontinuierlich und unter Berücksichtigung von Markthochlauf und Nutzungsverhalten aufgebaut werden.  

    Eine weitere legislative Lücke der VDA beim autonomen Fahren. Zwar werde die Digitalisierung des Straßenverkehrs bei von der Leyens Aufgabenverteilung erwähnt, das autonome Fahren allerdings nicht.  “Schnelle und unbürokratische Genehmigungsprozesse für Fahrzeuge und Strecken in den Mitgliedsstaaten sind Voraussetzung für eine zügige Entwicklung der Technologien”, so Schulz. Er fordert, den EU-Rechtsrahmen für automatisiertes und autonomes Fahren für die Kleinserie auch auf die Großserie zu erweitern und voranzutreiben, um so tragfähige Geschäftsmodelle entwickeln zu können. Mit János Allenbach-Ammann

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    Berner Konvention: Mehrheit im Rat für Absenkung des Schutzstatus beim Wolf

    Im Rat zeichnet sich eine Mehrheit für den Vorschlag der Kommission ab, den Schutzstatus des Wolfes herabzustufen. Bislang hatte die Kommission keine qualifizierte Mehrheit unter den Mitgliedstaaten für ihren Vorstoß. Hintergrund war, dass die Bundesregierung sich enthalten musste, weil Umweltministerin Steffi Lemke den Vorschlag der Kommission abgelehnt hatte. Jetzt hat sie ihren Widerstand aufgegeben. Damit wird Deutschland heute auf EU-Botschafterebene und in Kürze auch im Ministerrat zustimmen.

    Die Kommission schlägt vor: Der Wolf soll nicht mehr als “streng geschützt” gelten, sondern nur noch als “geschützt”. Die Herabstufung würde bedeuten, dass der Beutegreifer jagdbar würde. Die Kommission will am 4. Dezember bei dem Treffen der Vertragsstaaten der Berner Konvention die Herunterstufung des Schutzstatus beantragen. Es wird damit gerechnet, dass der Vorstoß eine Mehrheit bekommt. Die Änderung der Berner Konvention ist die Voraussetzung dafür, dass die EU die FFH-Richtlinie anpasst und im EU-Artenschutzrecht den Schutz des Wolfes absenkt.

    Der Europaabgeordnete Norbert Lins (CDU) fordert, dass die Kommission auch bei anderen Arten den Schutzstandard absenkt, etwa bei Biber, Kormoran und Gänsen. Die Kommission soll der Bundesregierung versichert haben, dass es im nächsten Mandat von ihr keinen Vorschlag geben wird, den Schutz weiterer Tierarten herabzusenken. mgr

    • FFH-Richtlinie

    EUDR: Weber fordert Verschiebung um mindestens ein Jahr

    EVP-Fraktionschef Manfred Weber hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen per Brief aufgefordert, die Anwendung der Entwaldungsverordnung “um mindestens zwölf Monate” zu verschieben. Das Schreiben vom 20. September liegt Table.Briefings vor. Weber warnt darin, die EU riskiere ansonsten eine Verknappung und möglicherweise starke Preiserhöhungen bei Konsumgütern wie Kaffee. Vor dem Hintergrund der nach wie vor hohen Inflationsraten könne dies “das Vertrauen der Bürger in die EU-Institutionen weiter gefährden”.

    In EVP-Kreisen hieß es, dass von der Leyen bereits “innerhalb von Tagen” einen Vorschlag dazu vorlegen wolle. Die Kommissionspräsidentin führt derzeit am Rande der UN-Generalversammlung in New York Gespräche mit Staaten wie Brasilien, Paraguay oder Südafrika, die von den Regeln stark betroffen wären. Danach werde man entscheiden, heißt es in der Kommission.

    Die CDU-Politikerin hatte in der EVP-Fraktionssitzung vor einer Woche angekündigt, den Umsetzungszeitplan für das Gesetz noch einmal zu überprüfen, wie Table.Briefings zuerst berichtet hatte. Eigentlich sollen die EUDR-Regeln für große Unternehmen am 30. Dezember in Kraft treten, für kleine Unternehmen ein halbes Jahr später.

    Formales Gesetzgebungsverfahren nötig

    Um den beschlossenen Rechtstext zu ändern, ist ein formales Gesetzgebungsverfahren im Rat und Europaparlament nötig. Doch sofern einzig das Datum der Umsetzungsfrist geändert wird, könnte es für eine Mehrheit im Parlament reichen. Auch bei den Sozialdemokraten mehren sich die Stimmen, das Gesetz zu verschieben, da es in der kurzen Zeit bis Ende des Jahres nicht mehr umzusetzen sei. 

    Laut den Vorgaben dürfen Unternehmen Einfuhren bestimmter Produkte – unter anderem Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Holz – nur in der EU verkaufen, wenn die Lieferanten eine Sorgfaltserklärung eingereicht haben. Diese bestätigt, dass ein Produkt nicht von einer nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzten Fläche stammt und dass bei seiner Herstellung die lokale Gesetzgebung eingehalten wurde.

    Neben EU-Mitgliedstaaten wie Deutschland hatten sich Verbände wie Eurocommerce und mehrere Handelspartner der EU – darunter die USA, Australien und Brasilien – in den vergangenen Monaten an die EU-Kommission gewandt und um eine Verschiebung der Regeln gebeten. luk/tho

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    Agrarsubventionen: Rechtsstaatsmechanismus könnte ausgeweitet werden

    Wer EU-Gelder erhält, soll sich an EU-Werte halten. Das ist das Prinzip des Rechtsstaatlichkeitsmechanismus (RoL-Mechanismus), der seit 2021 gilt. In einem Brief an die EU-Kommission fordern die schwedische Europaministerin Jessica Rosencrantz und der finnische Europaminister Joakim Strand, dass dieses Instrument ausgebaut werden soll. Das Funktionieren der EU basiere auf dem Vertrauen der Mitgliedstaaten ineinander. “Damit dieses Vertrauen bestehen bleibt und gestärkt wird, müssen alle Mitglieder sich an unsere gemeinsamen Werte halten, speziell die Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Grundrechte”, schreiben sie.

    Die beiden Minister trugen ihre Positionen am gestrigen Dienstag auch im Rat für Allgemeine Angelegenheiten in Brüssel vor. Konkret wollen sie, dass der RoL-Mechanismus nicht nur bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit greift, sondern auch bei Verstößen gegen die anderen EU-Werte, die in Artikel 2 des EU-Vertrags festgehalten sind. Artikel 2 nennt auch die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören.

    Auch Agrarsubventionen sollen an Bedingungen geknüpft werden

    Zudem wollen die beiden Europaminister, dass Gelder aus allen Bereichen des EU-Budgets bei an Rechtsstaatlichkeitsbedingungen geknüpft werden sollten. So sind aktuell zum Beispiel die Gelder der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nicht von den Bedingungen betroffen, die in der “Common Provisions” Verordnung für viele EU-Fonds festgelegt sind. Die Kommission solle herausfinden, wie ein Mechanismus gebaut werden könnte, der für das gesamte EU-Budget gilt.

    Die Minister argumentieren, dass eine Stärkung des RoL-Mechanismus auch im Hinblick auf eine allfällige EU-Erweiterung wichtig sei. Zudem kann der schwedisch-finnische Vorstoß als Vorbereitung für die anstehenden Verhandlungen zum neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) interpretiert werden. Wenn der MFR vergrößert werden soll, wie das zum Beispiel der Draghi-Bericht fordert, dann wollen die diesbezüglich tendenziell kritischen Staaten wie Schweden und Finnland immerhin garantieren, dass die Gelder in ihrem Sinne verwendet werden. Einen ersten Entwurf für den neuen MFR wird die Kommission im Sommer 2025 vorlegen. jaa

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    Asylpolitik: Frankreichs Innenminister will ans EU-Recht mit deutscher Hilfe

    Frankreichs neuer Innenminister Bruno Retailleau hat eine Verschärfung der Einwanderungs- und Sicherheitspolitik angekündigt. Das erklärte der konservative Politiker in verschiedenen französischen Medien.

    “Mein Ziel ist es, die illegale Einreise zu stoppen und die Ausreise zu verstärken, insbesondere für illegale Einwanderer, denn man sollte nicht in Frankreich bleiben, wenn man eingebrochen ist”, wird er von Le Figaro zitiert. “Ich werde in den nächsten Wochen die Gelegenheit haben, konkrete Vorschläge zu machen”, sagte er und ließ dabei auch die Möglichkeit offen, Dekrete zu erlassen. “Der Innenminister verfügt über bedeutende Regelungsbefugnisse. Ich werde sie bis zum Maximum ausschöpfen.”

    In Anlehnung an Äußerungen von Rassemblement National-Politikern erklärte Retailleau am Dienstag gegenüber CNews, dass Frankreich und andere gleichgesinnte europäische Nationen ihre Kräfte bündeln sollten, um die Europäische Union zu einer Verschärfung ihrer Einwanderungsgesetze zu bewegen.

    Auf Unterstützung von Rechtsextremen angewiesen

    Er sagte, die Entscheidung des Nachbarlandes Deutschland, vorübergehende Grenzkontrollen einzuführen und damit die jahrzehntelange weitgehende Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raums der EU auszusetzen, zeige, wie sich die Einstellung der Europäer zur Einwanderung nach rechts verschiebe. “Ich denke, wir müssen eine Allianz mit den großen europäischen Ländern schmieden, die ihr legislatives Arsenal verschärfen wollen und bereits verschärft haben, um die europäischen Regeln zu ändern.”

    In einem Gespräch mit dem Fernsehsender TF1 sagte Retailleau, er werde die Präfekten – regionale Vertreter des Innenministeriums – aus den zehn Regionen mit den höchsten Einwanderungszahlen vorladen, um sie aufzufordern, “mehr auszuweisen und weniger zu regularisieren”. Er versprach auch, sich mit nordafrikanischen Staaten zu beraten, damit diese mehr Migranten ohne Papiere von der Einreise nach Frankreich abhalten, und sagte, er wolle härtere Gefängnisstrafen für Gesetzesbrecher.

    Retailleau, 63, ist ein Veteran der konservativen Partei Les Républicains (LR) und langjähriger Kritiker in Sachen Einwanderung. Seine Forderungen unterstreichen nach Sicht von Beobachtern den Einfluss von Marine Le Pens rechtsextremen Rassemblement National auf die neu installierte Minderheitsregierung. rtr

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    Windkraft: Standortsuche führt chinesischen Hersteller auch nach Deutschland

    Der chinesische Windrad-Hersteller Sany drängt auf den europäischen Markt und will ab 2026 auch in Europa produzieren. Man sei in fortgeschrittenen Gesprächen mit einem Kunden für einen ersten Auftrag, den man bis Ende des Jahres abschließen wolle, sagte der Geschäftsführer von Sany Renewable Energy, Paulo Fernando Soares, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters.

    Für einen Fertigungsstandort schaue man sich drei Länder an, darunter sei auch Deutschland. Bis dahin werde man Windräder aus China nach Europa bringen, sagte er am Rande der Messe WindEnergy Hamburg. Chinesische Firmen würden in den nächsten Jahren auf dem bislang von europäischen und nordamerikanischen Firmen dominierten Windenergie-Markt an der Spitze mitspielen.

    Die chinesische Offensive hat in Europa und Deutschland Sorgen ausgelöst. Sie weckt Erinnerungen an das Schicksal der europäischen Solarindustrie, die fast völlig von chinesischen Firmen verdrängt wurde. Auch die Bundesregierung und die EU-Kommission fürchten um eine europäische Kernbranche.

    Sany-Geschäftsführer Soares bestritt eine Marktverzerrung: Etablierte europäische Firmen wie Enercon oder Vestas würden weiter eine große Rolle spielen. Auf der anderen Seite sei es undenkbar, dass Europa seine Ausbauziele für Windenergie ohne China erreichen könne. Viele Komponenten für die Turbinen kämen bereits jetzt aus Fernost. Sany hat auf der Messe zwei neue Turbinen vorgestellt und hofft, damit Kunden zu gewinnen.

    Der chinesische Heimatmarkt ist weit größer als der europäische. Der Konkurrent Mingyang hatte für Aufsehen gesorgt, da erstmals ein chinesischer Konzern einen deutschen Offshore-Windpark ausrüsten soll. Firmen wie Sany drängen aber auch auf den weit größeren Markt für Windenergie an Land. rtr/ari

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    Presseschau

    Selenskyjs Siegesplan: Lob von EU-Außenbeauftragten Josep Borrell RND
    Rede vor Uno-Sicherheitsrat: Russland muss laut Selenskyj zum Frieden “gezwungen” werden SPIEGEL
    Biometrische Überwachung an Außengrenzen vorläufig auf Eis DER STANDARD
    Asylsuchende zurückgewiesen: Menschenrechts­kommissar wirft Polen Fehlverhalten vor RND
    Ungarn baut neues Flüchtlingslager nahe Grenze zu Österreich NACHRICHTEN.AT
    Ungarische Anwaltskanzlei klagt Österreich wegen Grenzkontrollen DER STANDARD
    Wahlen in Österreich 2024: Die neue Mitte ist rechtsradikal FAZ
    Tschechische Piraten vor dem Aus als Koalitionspartner SÄCHSISCHE
    Britischer Premier Starmer kündigt “unpopuläre” Entscheidungen an ZEIT
    Keine Trainingsdaten, keine KI: Mark Zuckerberg macht Stimmung gegen EU-Datenschützer SPIEGEL
    EU plant umstrittene Chatkontrolle RND
    Wie die EU-Kommission Umweltsünder schont SÜDDEUTSCHE
    EU-Kommission hebt Vorteile von Bankenfusionen hervor HANDELSBLATT
    Deutsche Börse gerät ins Visier von EU-Kartellwächtern SPIEGEL
    Swisscom: EU gibt grünes Licht für Übernahme von Vodafone Italia SRF
    Russland liefert trotz Sanktionen weiter Öl in die EU FAZ
    Norwegen: Fischer berichten über Warnschuss von russischem Zerstörer FAZ
    Belarussische Gefangene als Arbeiter eingesetzt: Schwere Anschuldigungen gegen AfD-Mann Jörg Dornau FOCUS
    Laut schwedischer Staatsanwaltschaft: Iran hat große Hacker-Operation durchgeführt RHEINISCHE POST
    Bosnien: Schauspieler konnte sich von Strafe wegen sexuellen Übergriffs freikaufen N-TV
    Frankreichs Wirtschaftsminister Armand bezeichnet Haushaltslage als “ernst” DEUTSCHLANDFUNK
    Fehlender Medikamentenvorrat: Frankreich verhängt Geldstrafen gegen Pharmaunternehmen EURONEWS
    “Selbstmordkapsel” aus 3D-Drucker: Schweizer Behörden ermitteln wegen Beihilfe zum Suizid SPIEGEL
    Meinungsschwenk in der EU: Geringerer Schutz für Wölfe rückt näher RHEINISCHE POST
    Frankreich betreibt letztes Kohlekraftwerk bis 2027 BOERSE.DE
    Millionenbeträge: Deutsche Verkehrssünder kriegen Strafzettel aus Italien PRO SIEBEN
    Neues Mautsystem in Kroatien nach dem Sommer 2026 NACHRICHTEN.AT
    Explosive Ladung an Bord: Malta verweigert Frachter “Ruby” die Einfahrt TAGESSCHAU

    Heads

    Apostolos Tzitzikostas – ein stramm Konservativer als Verkehrskommissar

    Tzitzikostas war zuletzt Gouverneur der griechischen Region Zentralmakedonien. Er war einige Zeit Präsident des Ausschusses der Regionen. Nun soll er Verkehrskommissar werden.

    Bei Apostolos Tzitzikostas, künftig in der EU-Kommission für Verkehr und Touristik zuständig, liegt die Politik in der Familie. Sein Vater Georgios war Anfang der Neunzigerjahre Minister.

    Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis hat sich nun für Tzitzikostas junior als EU-Kommissar entschieden, weil dieser – wie zuvor schon sein Vater – stramm rechte Positionen vertritt. Tzitzikostas hat etwa in der Vergangenheit das Prespa-Abkommen abgelehnt, das die Beziehungen zwischen Griechenland und Nordmazedonien normalisierte. Damit zielte Tztitzikostas auf ein nationalistisches Publikum ab.

    Rechter Parteiflügel soll eingehegt werden

    Mit der Nominierung setzt Premier Mitsotakis darauf, den rechten Parteiflügel der Nea Dimokratia zu befrieden und Tztitzikostas einzufangen. Der stand im Verdacht, eine neue Partei rechts der regierenden Konservativen gründen zu wollen. Auf Wunsch von Mitsotakis hat Tztitzikostas das Thema Nordmazedonien zuletzt nicht mehr angesprochen.

    Übrigens: Nicht nur Tztitzikosta hat politische Vorfahren. Auch der Vater des heutigen griechischen Premiers, Konstantinos Mitsotakis, war schon in der Politik. Und unter ihm arbeitete: der Vater des nun designierten Verkehrskommissars. Eine Politverbindung über die Generationen hinweg.

    Wichtige Posten im Ausschuss der Regionen

    Mitsotakis kam es gelegen, dass Tztzikostas, bisher Gouverneur der Region Zentralmakedonien, Erfahrung in Brüssel aufweisen kann. Ab 2017 war Tzitzikostas Vize-Präsident des Ausschusses der Regionen; von 2020 bis 2022 stand er an dessen Spitze. Aus dieser Zeit stammen viele Fotos, mit denen der 46-Jährige Nähe zu Brüsseler Entscheidungsträgern demonstriert.

    Griechenland hat wegen seiner großen Schiffsflotte großes Interesse am Verkehrs-Dossier. In dem Portfolio Verkehr und Transport sollten die deutlich rechten, nationalistischen Positionen des studierten Politologen eine untergeordnete Rolle spielen.

    Eisenbahnnetz, Mobilität und Co.

    Tztitzikostas wird sich nun allerdings auch um das Hochgeschwindigkeitszugnetz in Europa kümmern müssen, das nach dem Willen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die EU-Hauptstädte in Zukunft verbinden soll, Nachtzüge inbegriffen. Das griechische Eisenbahnnetz ist marode bis inexistent. Im vergangenen Jahr hat ein Zugunglück auf der Strecke zwischen Athen und der zweitgrößten Stadt Thessaloniki die katastrophalen Zustände offengelegt. Bei dem Unfall starben annähernd 60 Menschen, weil ein unerfahrener, unterqualifizierter Fahrdienstleiter zwei Züge auf einer eingleisigen Strecke aufeinanderprallen ließ.

    Als Verkehrskommissar wird Tzitzikostas auch dafür zuständig sein, Mobilität in Europa künftig nachhaltiger zu gestalten. Bisher weist nichts darauf hin, dass er bei diesem Thema großen Ehrgeiz entfalten wird. Dem Mission Letter zufolge soll er den Aufbau der Ladeinfrastruktur überwachen und einen Vorschlag für saubere Dienstwagen entwickeln. Er soll auch, basierend auf dem Draghi-Bericht, einen Industrieaktionsplan für den Automobilsektor erarbeiten. Gleichermaßen soll er eine Strategie für die Schifffahrt entwickeln; dieses Thema dürfte ihm deutlich mehr liegen. Auch die europäische Hafenstrategie, die er ausarbeiten soll, dürfte ihn interessieren. Mit seiner Erfahrung als Gouverneur einer Region kennt sich Tztitzikostas aus mit Regionalpolitik und den Kohäsionsfonds.

    Studium an renommierten Universitäten

    Wie viele Griechen aus wohlhabender Familie hat Tzitzikostas sein Studium an ausländischen Universitäten absolviert. An der renommierten Georgetown University hat er zunächst internationale Beziehungen studiert und setzte einen Master in European Public Policy in London obendrauf. Mit seinem Bruder gemeinsam leitete er anschließend einen Betrieb, der Bio-Milch und Joghurt herstellte, in schicker weiß-schwarzer Verpackung.

    Tzitzikostas spricht gerne von Bürgernähe. Kritiker bemängeln seinen väterlichen Habitus dagegen als arg konservativ. Die Prägung des Elternhauses ist ihm deutlich anzumerken. Dem Begräbnis seines Vaters wohnte der Ex-König Griechenlands bei. Silke Wettach

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    • Studium
    • Universitäten
    • Verkehrspolitik

    Dessert

    Olaf Scholz ist ein bekennender Fan der europäischen Bankenunion. “Wir brauchen einen gemeinsamen Markt für Bankdienstleistungen”, betonte der Bundeskanzler beim Deutschen Bankentag im April. Er wolle die Kapitalmarktunion und die Bankenunion zu einem “Thema größter Priorität” machen.

    Nun könnte man argumentieren, dass eine grenzüberschreitende Fusion im Sinne dieser Bankenunion ist. Jetzt, da die italienische Großbank Unicredit sich anschickt, die deutsche Commerzbank zu übernehmen, reagiert Scholz aber heftig: Es sei kein angemessenes Vorgehen in Europa, dass man “ohne jede Rückkopplung versucht, mit unfreundlichen Methoden sich an Unternehmen aggressiv zu beteiligen”. Zugleich wetterte der hessische Ministerpräsident Boris Rhein gegen einen “Ausverkauf unserer Flaggschiffe”.

    Scholz’ Lippenbekenntnis

    Scholz mag sich überrumpelt fühlen und um die Finanzierung des heimischen Mittelstands sorgen. Aber zugleich entlarvt seine Reaktion die vorigen Lippenbekenntnisse: “So viel zur deutschen Unterstützung für die Bankenunion”, kommentiert der DGAP-Finanzexperte Shahin Vallée. “Ich will kein billiges Gerede mehr über die Kapitalmarktunion hören”, ergänzt Lucas Guttenberg von der Bertelsmann-Stiftung. Offenkundig sei das Vertrauen in die Gegenseite so gering, dass solche Fusionen blockiert würden.

    Ein angeschlagenes, verunsichertes Deutschland igelt sich ein. Schon der Anschlag von Solingen hatte nationale Reflexe ausgelöst: CDU-Chef Friedrich Merz forderte, Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurückzuweisen. Um die Migranten sollten sich gefälligst Österreicher, Polen oder Griechen kümmern. So eigensinnig denkt nicht einmal Viktor Orbán: Der Ungar will statt der nationalen die EU-Außengrenzen schließen. Immerhin: Scholz hat dem Drängen von Merz bislang nicht nachgegeben. Till Hoppe

    Europe.Table Redaktion

    EUROPE.TABLE REDAKTION

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