in weniger als drei Wochen ist Europawahl. Doch von den Spitzenkandidaten und ihrem Wahlkampf war bisher nicht viel zu sehen. Das soll sich nun ändern: mit einer Fernsehdebatte am Donnerstagnachmittag. Sie wird von der European Broadcast Union (EBU) im Brüsseler Parlamentsgebäude ausgerichtet – und sorgte schon vorab für Frust. Denn in Deutschland wird die Debatte lediglich auf Phoenix übertragen, was das Publikum arg beschränkt.
Bekannt ist die EBU vor allem als Ausrichterin des Eurovision Song Contest. Beim letzten ESC in Malmö gab es allerdings Ärger, weil das Zeigen der Europaflagge eingeschränkt wurde. Nach einer Beschwerde der EU-Kommission hieß es allerdings, es habe sich um ein Missverständnis gehandelt.
Ärger gibt es auch jetzt, weil an der Fernsehdebatte nur fünf europäische Spitzenpolitiker teilnehmen. Vertreter der rechten ID-Fraktion und der rechtskonservativen EKR fehlen. Damit werde das Meinungsspektrum unzulässig verengt und die Debatte verliere ihren Reiz, sagen Kritiker.
Die EBU hält dagegen: Das Auswahlverfahren sei mit dem Parlament abgesprochen worden, außerdem habe man natürlich auch ID und EKR eingeladen. Doch da diese Parteien keine Spitzenkandidaten nominiert haben, hätten sie sich selbst von der TV-Debatte ausgeschlossen. Die Grünen, die mit zwei Spitzenkandidaten antreten, hätten Terry Reintke nominiert – und dürfen deshalb dabei sein.
Gegen Reintke treten heute ab 15 Uhr EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (EVP), EU-Kommissar Nicolas Schmit (S&D) sowie Walter Baier (European Left) und Sandro Gozi (Renew Europe) an. Die Debatte findet auf Englisch statt. Wer kein Phoenix hat, kann sich über EBS oder die Parlaments-Website dazuschalten.
Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.
Marine Le Pen, Fraktionschefin des Rassemblement national (RN) in der französischen Nationalversammlung, machte mit einem Radiointerview am Mittwochmorgen die Trennung von der AfD perfekt. “Es ist an der Zeit, den Bruch zu vollziehen”, sagte sie auf Europe 1. Die AfD eile von Provokation zu Provokation. Zunächst habe sich der RN distanziert, jetzt müsse die Partei handeln. Über die AfD sagte sie, es handele sich um eine “Bewegung, die nicht geleitet wird und offensichtlich unter dem Einfluss radikaler Gruppierungen steht”.
Der RN kündigt der AfD im Europaparlament für die nächste Wahlperiode die Fraktionsgemeinschaft auf. Und bekam Unterstützung dafür von Matteo Salvinis Lega (Italien) und Tomio Okamurs SPD (Tschechien): Beide ID-Mitgliedsparteien schlossen sich der Forderung an, im neuen Mandat nicht mehr mit der AfD in einer Fraktion zu sitzen.
Die AfD-Abgeordneten haben sich zusehends in Straßburg radikalisiert. Ab 2014 gehörten sie zunächst der konservativen EKR-Fraktion an, wurden dann aber herausgeworfen. In der vergangenen Wahlperiode haben sie sich der rechtsradikalen ID-Fraktion angeschlossen, wo der RN den Ton angibt und die Lega sowie die PVV des Niederländers Geert Wilders vertreten sind.
Nun ist die AfD der rechtsradikalen ID-Fraktion zu rechts: Nach den Europawahlen dürften sich die künftigen AfD-Abgeordneten – laut Umfragen werden es bis zu 15 sein – dann ohne Fraktionsstatus bei den Unabhängigen wiederfinden. So wie von 2014 bis 2019 der NPD-Abgeordnete Udo Voigt auch.
Der Bruch von Marine Le Pen mit der AfD folgt ihrem Drehbuch, 2027 bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich im dann vierten Anlauf zu gewinnen und in den Élysée einzuziehen. Dafür hat sie frühzeitig angefangen, das Image der Rechtsextremen abzulegen. Sie hat ihren Vater und Parteigründer Jean-Marie Le Pen, der offen antisemitisch agierte, Mitte des vergangenen Jahrzehnts aus der Partei gedrängt. Sie hat die Partei, die früher Front national (FN) hieß und einen ausländerfeindlichen Kurs fuhr, umbenannt in Rassemblement national.
Um bei der Präsidentschaftswahl 2022 präsidial zu wirken, hatte sie zudem den Vorsitz der Partei aufgegeben. Der inzwischen in Frankreich populäre Europaabgeordnete Jordan Bardella, der erst 28 Jahre alt ist, hat übernommen. Der RN hat den Kredit in Höhe von neun Millionen Euro, den ihr Russland für die Kampagne gegen Macron gegeben hatte, inzwischen zurückgezahlt. So kann man ihr heute nicht mehr vorwerfen, Parteigängerin Putins und moskauhörig zu sein.
Im Kalkül Le Pens ist die Europawahl der Test für die Präsidentschaftswahl in Frankreich. Sie will zeigen, dass der RN das “Igitt-Image” losgeworden ist. Dafür sendet sie die Botschaft an die Wähler: “Niemand muss Angst vor uns haben.” Während Le Pen beim Präsidentschaftswahlkampf 2017 im TV-Duell gegen Emmanuel Macron noch den Austritt Frankreichs aus der EU propagierte, ist davon heute nichts mehr zu hören. Noch weit bevor Giorgia Meloni von den postfaschistischen Fratelli d’Italia sich Richtung Mitte bewegt hat, verfolgte Le Pen mit ihrer Selbst-Mäßigung die Strategie, für bürgerliche Wähler anschlussfähig zu werden.
Da kommen ihr die AfD-Skandale um Geld aus Moskau und Peking, Spionage, Pläne zur Massendeportation und die Relativierung des Holocaust gerade recht, um sich von der AfD zu distanzieren. Sie will den Klotz am Bein loswerden. Die verharmlosenden Äußerungen von AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah über die SS waren nun der Auslöser für Marine Le Pen, den Bruch mit der AfD zu vollziehen. Derzeit führt der RN in den Umfragen zur Europawahl mit rund 30 Prozent der Stimmen vor dem Macron-Lager, das nur auf 15 Prozent kommt.
Nicolai von Ondarza von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) analysiert auf X: “Für die Parteien auf dem rechten Spektrum schafft Le Pen Raum, indem sie die AfD als radikalste Partei aus der ID wirft.” Der Forscher nimmt an, Le Pen versuche jetzt, Parteien aus der EKR in die ID-Fraktion hinüberzuziehen. Denkbar sei sogar: “Le Pen könnte versuchen, Meloni, Orbán und Wilders für eine vereinte große rechte Fraktion und dann ohne die AfD als radikalste Partei zu gewinnen.”
Er relativiert aber: “Politisch sind die Unterschiede noch beträchtlich, das Machtpotential wäre aber da.” In der Sitzprojektion von Manuel Müller würde die EKR von 68 auf 81 Sitze zulegen, und die ID (allerdings noch mit der AfD) von 59 auf 83 Sitze. Insgesamt wird das Europaparlament künftig 720 Sitze haben.
Der Bruch von Marine Le Pen mit der deutschen AfD kommt nicht überraschend. Es gab zuletzt zwei Konfrontationen zwischen dem Rassemblement national und der AfD. Nachdem das Potsdamer Treffen der deutschen Rechtsradikalen unter Beteiligung von AfD-Funktionären mit den Plänen zu einer Deportation von Millionen Menschen aus Deutschland entlarvt wurde, distanzierte sich der RN bereits von der AfD und forderte die AfD-Parteispitze zum Rapport nach Paris. Das war im Februar.
Schon damals drohte der RN damit, die Kooperation in der ID-Fraktion im Europaparlament aufzukündigen. AfD-Co-Chefin Alice Weidel reiste nach Paris, schrieb auch einen Brief zur Klarstellung. Doch selbst das Schreiben trug nicht dazu bei, den Streit beizulegen.
Im April gab es den zweiten Eklat zwischen den Rechten aus Deutschland und Frankreich: Die AfD im Bundestag hatte in einer schriftlichen Anfrage an die Bundesregierung die Zugehörigkeit der Komoren-Insel Moyotte zu Frankreich infrage gestellt. Bei einem Besuch des Überseedepartements blaffte Le Pen in Richtung AfD: Die AfD solle sich “lieber um die Probleme Deutschlands kümmern”. Die Bewohner der Insel hätten schon drei Mal für die Zugehörigkeit zu Frankreich gestimmt. Le Pen kündigte damals an, den AfDlern “einige Lektionen in Geopolitik zu erteilen”.
Zölle von 25 Prozent auf Autos mit mehr als 2,5 Liter Hubraum: China steigt in die nächste Runde des globalen Zollwettrüstens ein. Der Vorschlag von Liu Bin im Rahmen eines Interviews mit der KP-Zeitung Global Times darf als Drohung verstanden werden. Denn der Chefexperte von Chinas staatlichem Automobilforschungsinstitut China Automotive Technology & Research Center (CATARC) ist einflussreich, was die Automobilstrategie in China angeht. Er berät die Regierung in Industrie-, Subventions- und Steuerfragen und hat unter anderem am Entwicklungsplan für die Industrie der neuen Energiefahrzeuge (2021-2035) mitgewirkt.
Liu Bin schob im Interview zwar den Umweltschutz vor: Die 250.000 nach China importierten Fahrzeuge mit großen Motoren verursachten überdurchschnittlich hohe Emissionen und würden damit die grüne Transformation hindern. Zugleich verwies er aber auch auf Importbeschränkungen gegenüber chinesischen E-Autos, die er als “nicht WTO-konform” bezeichnete. Die Zolldrohung ist also eine Reaktion auf die Strafzölle von 100 Prozent auf chinesische E-Autos in den USA und mögliche Anti-Dumping-Zölle der EU. Und sie ist so ausgestaltet, dass sie besonders das Land treffen würde, das als Wackelkandidat bei den EU-Zöllen gilt: Deutschland.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sieht das Antisubventionsverfahren der EU daher sehr kritisch. “Eine Eskalation von Handelskonflikten würde insbesondere die deutsche Automobilindustrie treffen”, schreibt der VDA auf eine Anfrage von Table.Briefings. “Deutsche Hersteller exportieren rund 87.700 Fahrzeuge aus den USA nach China und rund 216.300 Fahrzeuge aus Deutschland nach China.”
Zahlreiche Premium-Fahrzeuge der Marken Mercedes-Benz, Audi und BMW könnten unter die neue Regelung fallen. Denn obwohl die Konzerne Werke in China betreiben, werden hochmotorige Limousinen oder SUVs zumeist nicht in der Volksrepublik produziert, sondern importiert. Wie zum Beispiel die S-Klasse von Mercedes-Benz, der Audi A8 oder die 7er-Reihe von BMW. Fahrzeuge von Porsche werden sogar ausschließlich importiert. “Das ist einer der Gründe, weshalb sich die Bundesregierung so sehr gegen die Schutzzölle gegen chinesische Fabrikate stemmt”, sagt Beatrix Keim, Direktorin für Business Development & China Projects bei CAR, dem Center Automotive Research.
Doch nicht nur deutsche Marken wären betroffen. “Die Regelung würde natürlich auch für Stellantis gelten, mit den Marken Maserati und Ferrari als Luxusfahrzeuge, die in China gerne geordert werden”, sagt CAR-Expertin Keim. “Ebenso für PSA mit dem DS.” Auch Volvo könnte mit seinen hochmotorigen Modellen betroffen sein, obwohl es zum chinesischen Konzern Geely gehört, sagt Keim. “Die Frage ist, inwieweit Volvo hier gesondert behandelt würde, aufgrund der Eigentumsverhältnisse”.
Und auch die Ausgestaltung der möglichen Maßnahmen im Detail sei wichtig. “Sollten Zölle auf Komponenten, wie zum Beispiel Motoren, erhoben werden, könnte dies auch die Zulieferindustrie oder Joint Ventures treffen, die nicht immer einen Local-Content-Anteil von 100 Prozent für alle Modelle erreichen.”
Aktuell liegen Chinas Auto-Importzölle bereits bei 15 Prozent. Die 25 Prozent-Regelung würde zu einer Anhebung von 10 Prozentpunkten führen. Bei Fahrzeugen mit einem Kaufpreis von umgerechnet über 130.000 Euro wird in China allerdings bereits jetzt ein um zehn Prozent erhöhter Steuersatz fällig. Dennoch könnten höhere Preise das aktuell sowieso schon vorsichtige Konsumverhalten verstärken.
Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage sind Konsumenten in China aktuell zurückhaltend, die Sparquote ist außergewöhnlich hoch. Obwohl Luxusfahrzeuge von einer Klientel gekauft werden, die als wohlhabend gilt, könnten sich die Zölle durchaus negativ auf die Verkäufe auswirken, wenn die Hersteller den Aufschlag an die Kunden weitergeben. Tun sie dies nicht, schrumpfen ihre Margen.
Auch wenn sie indirekt daherkommen – die Drohungen aus China fallen in Europa auf fruchtbaren Boden. Denn die Autobranche hält nicht viel von den Zollplänen der EU – sie befürchtet Gegenmaßnahmen. Stellantis-Chef Carlos Tavares bezeichnete am Mittwoch im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters Zölle als eine “größere Falle”. Sie verhinderten die nötige Anpassung der westlichen Autobauer an die Konkurrenz aus China nicht, sondern trieben lediglich die Inflation nach oben. BMW-CEO Oliver Zipse sagte in der Hauptversammlung am 15. April, dass Protektionismus eine Spirale in Gang setze: Zölle führten zu neuen Zöllen.
Die deutschen Premiumhersteller wollten sich auf Anfrage von Table.Briefings nicht zu den neuen Zollvorschlägen aus China äußern, man wolle sich nicht an “Spekulationen” beteiligen. Ein Umschwenken der EU, auch auf Drängen von Deutschland, ist derweil unwahrscheinlich. Da der Handel in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fällt, können die Länder Brüssel nur mit einer qualifizierten Mehrheit stoppen, das bedeutet: Mindestens 55 Prozent der Mitgliedsländer, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, müssten dieses Umschwenken fordern. Und das ist nicht absehbar.
27.09.-29.09.2024, Lissabon (Portugal)
DMG Events, Conference Lisbon Energy Summit & Exhibition
As one of the leading events on new energies and technological innoviation, the summit will gather policymakers, project developers, investors, and innovators to share insights into transitioning the EU’s energy system to one based on renewables. INFO & REGISTRATION
27.05.2024 – 17:30 Uhr, Hamburg
Europe Direct, Podiumsdiskussion EU-Handelspolitik – Quo vadis?
Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft geben einen Überblick über aktuelle Entwicklungen der Handelspolitik und diskutieren, in welche Richtung sich die neue EU-Handelspolitik nach der Wahl entwickeln kann. INFOS & ANMELDUNG
28.05.2024 – 08:00 Uhr, Berlin/online
Stiftung Datenschutz, Vortrag Datenschutzfrühstück: Datenschutzsignale
Thema ist die Entwicklung von Datenschutzsignalen angesichts der EU-Verordnung über Transparenz und Targeting in politischer Werbung vom März 2024. https://stiftungdatenschutz.org/veranstaltungen/unsere-veranstaltungen-detailansicht/datenschutzsignale-487#c5432
28.05.2024 – 09:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
CESI, Discussion CESI EU elections debate: Your voice, your Europe – The time is now
As the European elections approach, the European Confederation of Independent Trade Unions (CESI) seeks to emphasise the importance of participation in the democratic process and highlight the impact of the European Union on citizens and workers. INFO & REGISTRATION
28.05.2024 – 15:00-16:30 Uhr, online
Hydrogen Europe, Conference Strengthening the Leadership for European Electrolyser Manufacturing
This event will delve into the multifaceted challenges hindering the scaling up of Europe’s electrolyser industry addressing geopolitical shifts, technological limitations and supply chain risks, and will explore stratgies to ensure a continued European leadership in the global clear technology sector. INFO & REGISTRATION
28.05.2024 – 15:00-17:00 Uhr, Berlin
TBI, Diskussion P(r)rep-Talk zur US-Wahl 2024
Die Transatlantic Business Initiative (TBI) diskutiert mit Expertinnen und Experten aus Berlin und Brüssel, auf welche Szenarien sich die deutsche Wirtschaft nach den US-Wahlen einstellen muss. Unternehmen aus den USA teilen ihre Einschätzungen zum Standort Deutschland und zur Zukunft der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen. INFOS
28.05.2024 – 18:00-20:30 Uhr, Essen
DGAP, Podiumsdiskussion Demokratie in Krisenzeiten: Polarisierung verhindern, Vertrauen schaffen, Widerstand stärken
Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) ergründet die Ursachen und Dynamiken gesellschaftlicher Spaltungen in Europa, diskutiert Wege aus der Polarisierung und skizziert alternative Partizipations- und Interaktionsmöglichkeiten für verbesserte demokratische Resilienz. INFOS & ANMELDUNG
28.05.2024 – 18:30-20:00 Uhr, Berlin
EAB, Podiumsdiskussion Wahlkampf in Zeiten von Desinformation
Die Europäische Akademie Berlin (EAB) diskutiert mit Faktencheckerin Sarah Thust und der FDP-Kandidatin für die Europawahl, Anastasia Vishnevskaya-Mann, wie man in Zeiten von Desinformation Wahlkampf betreibt. INFOS & ANMELDUNG
28.05.2024 – 19:00-20:30 Uhr, Berlin
Hertie School, Panel Discussion Towards Enlargement: Navigating challenges and paths for reform
The Albanian Minister of Foreign Affairs Igli Hasani will join a debate on the complexities and geopolitical considerations surrounding EU enlargement, the prospect of institutional changes and Albania’s journey towards European integration. INFO & REGISTRATION
In Großbritannien wird am 4. Juli ein neues Parlament gewählt. Das kündigte Premierminister Rishi Sunak am Mittwoch in London an. “Es ist jetzt die Zeit für Großbritannien gekommen, über seine Zukunft zu entscheiden”, sagte Sunak. Damit setzt er die Wahlen früher an, als vielfach erwartet wurde. Viele Beobachter halten das für ein riskantes Manöver, denn die Konservative Partei von Sunak liegt in Umfragen etwa 20 Prozentpunkte hinter der Labour-Opposition. Der Konservativen Partei droht damit nach 14 Jahren ein Ende an der Regierung.
Bei den Kommunalwahlen Anfang Mai hatten die Tories eine schwere Niederlage erlitten. Labour gewann einen Parlamentssitz in Nordengland und die Kontrolle über zahlreiche Stadträte. Damit erhöhte sich der Druck auf Sunak, die für die zweite Jahreshälfte erwartete Parlamentswahl vorzuziehen. Bis Januar 2025 muss ein neues Parlament gewählt werden. rtr
Mit neuen Vorgaben will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dafür sorgen, dass die Nachfrage nach klimafreundlichen Grundstoffen aus der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie vorangetrieben wird. Am Mittwoch stellte er ein entsprechendes Konzeptpapier seines Hauses vor. Bislang sei vor allem auf der Angebotsseite Unterstützung angeboten worden, etwa mit Klimaschutzverträgen und Beihilfen für den Umbau der Stahlindustrie. “Mit den grünen Leitmärkten nehmen wir jetzt auch die Nachfrageseite in den Blick”, sagte Habeck. “Denn ohne Käufer nutzt das beste Produkt nichts.”
Als erster Schritt wird im Konzept die Entwicklung von Labels angekündigt, mit denen Grundstoffe gekennzeichnet werden sollen, die bei der Produktion vergleichsweise wenig CO₂-Emissionen verursachen. Als Vorbild gilt der kürzlich von der Stahlindustrie vorgestellte “Low Emission Steel Standard”. Auf Grundlage dieser Label sollen zum einen auf EU-Ebene im Rahmen des neuen EU-Ökodesigns verbindliche Vorgaben für steigende Anteile klimafreundlicher Grundstoffe gemacht werden, die alle Hersteller und Importeure zwingend einhalten müssen. Das dürfte aber noch mehrere Jahre dauern; für Stahl ist eine entsprechende Verordnung nach Informationen aus dem BMWK für 2026/27 vorgesehen.
Kurzfristiger umsetzbar, aber dafür unverbindlich, ist eine zweite Anwendungsmöglichkeit für die neuen Labels: Voraussichtlich im nächsten Jahr soll das deutsche Vergaberecht so geändert werden, dass öffentliche Auftraggeber bei Ausschreibungen künftig einen bestimmten Anteil etwa beim verwendetem Stahl oder Zement vorgeben können. Allein im Bausektor seien die Aufträge der öffentlichen Hand für etwa 28 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Vorgeschrieben werden sollen entsprechende Quoten aber nicht; inwieweit Bund, Länder und Kommunen angesichts knapper Kassen von der neuen Möglichkeit Gebrauch machen werden, ist darum unklar.
Tilman von Berlepsch, Referent für klimaneutrale Industrie bei der NGO Germanwatch, hält diesen Ansatz für nicht ausreichend. Gegenüber Table.Briefings forderte er, dass die Bundesregierung grüne Vergabekriterien auch für Länder und Kommunen vorschreiben solle. Dabei sei aber entscheidend, dass der Bund sie dabei unterstütze, “und nicht eine weitere Klimaschutz-Aufgabe ohne zusätzliche Finanzierung an die Kommunen weitergibt”. Martin Theuringer, Geschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Stahl, lobte das Konzept dagegen. Nun gelte es, das öffentliche Beschaffungswesen auf CO₂-reduzierte Produkte und Prozesse auszurichten und Anreize für den Kauf von emissionsarmen Produkten zu schaffen, erklärte er. av/mkr
Angesichts sich verschärfender Engpässe im Stromnetz ruft der wichtigste europäische Energieverband dazu auf, nicht mehr alle Anschlusswünsche gleichberechtigt abzuarbeiten. Die EU solle es den Mitgliedstaaten ermöglichen, “Prioritäten für den Anschluss festzulegen, die sich am gesellschaftlichen Nutzen orientieren“, forderte Eurelectric am Mittwoch in einem neuen Bericht. Die europäischen Gesetzgeber sollten dazu die Strommarkt-Verordnung ändern, die bisher die Nicht-Diskriminierung von Kunden vorschreibt.
Als Vorbild nennt Eurelectric eine neue Regelung in den Niederlanden. Ab Oktober sollen Netzbetreiber dort einer staatlich festgelegten Reihenfolge der Regulierungsbehörde ACM folgen. Als Erstes sollen dann Batterien und andere Anlagen einen Netzzugang bekommen, die Engpässe lindern. In die zweite Kategorie fallen Sicherheitsbehörden und in die dritte Kategorie kritische Infrastruktur wie Trinkwasserversorgung und Schulen – ebenso wie neue Wohngebäude, wie ein Sprecher auf Anfrage erklärte.
Für den Einbau von Wärmepumpen und Lademöglichkeiten in bestehende Gebäude hatte ACM bereits 2023 Regeln erlassen. Die Behörde sah sich genötigt, den Netzbetreibern eine Wartezeit von höchstens einem Jahr für Haushalte vorzuschreiben, die nachträglich solche Anlagen einbauen möchten.
Deutschland will einen anderen Weg gehen. Die Bundesnetzagentur hatte im vergangenen November festgelegt, dass Netzbetreiber Anschlüsse auch mit Verweis auf mögliche Engpässe nicht mehr verweigern dürfen. Im Gegenzug müssen Nutzer vorübergehend Leistungseinschränkungen etwa beim Laden von E-Autos in Kauf nehmen. Voraussetzung für die Umsetzbarkeit ist laut BNetzA allerdings die Digitalisierung der Netze.
Eurelectric fordert nun auch Anreize, damit Netznutzer nicht mehr überdimensionierte Anschlüsse nachfragen, deren Kapazität sie gar nicht ausschöpfen. Zentrale Forderung des Verbandes ist allerdings die Verdopplung der jährlichen Investitionen in die Verteilnetze durch die EU-Staaten von 33 auf 67 Milliarden Euro bis 2050. ber
In einer Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) wünscht sich eine überwiegende Mehrheit der befragten Deutschen (95 Prozent), dass Verbraucher in der kommenden Legislaturperiode besser vor finanziellen Schäden durch Onlinebankbetrug geschützt werden. Das geht aus einer repräsentativen Forsa-Umfrage mit 1.500 Teilnehmenden hervor, die Table.Briefings exklusiv vorab vorliegt. Gefragt wurde nach der Zustimmung zu verschiedenen verbraucherpolitischen Forderungen des Verbraucherzentrale Bundesverbands.
Zwar müssten Zahlungsdienstleister schon jetzt für Abbuchungen aufkommen, die nicht von Kundinnen und Kunden authentifiziert wurden, heißt es von Seiten des vzbv. Allerdings sehen die Verbraucherschützer hier eine Regelungslücke. In der Praxis umgingen Banken diese Verpflichtung immer wieder, indem sie behaupteten, die Betroffenen hätten fahrlässig gehandelt.
Auf Rang zwei rangiert für die Verbraucherinnen und Verbraucher die Forderung, den Strommarkt so umzugestalten, dass die Konsumenten davon finanziell profitieren. In der Umfrage äußerten 89 Prozent der Befragten den Wunsch, dass dies ihnen “sehr wichtig” oder “eher wichtig” sei. “Günstige Erzeugungspreise von Strom aus erneuerbaren Energien müssen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommen, Übergewinne von Unternehmen müssen verhindert werden“, fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband.
Bei der Reform des europäischen Strommarkts hatte sich in den vergangenen eineinhalb Jahren gezeigt, wie mühsam dieses Unterfangen ist. Übriggeblieben ist nun vor allem die Möglichkeit, die Strompreise in Krisenzeiten staatlich zu begrenzen.
Insbesondere die Forderung, Übergewinne von Unternehmen zu verhindern, setzt die Bundesregierung allerdings unter Druck. Die europäische Notverordnung zur Abschöpfung von Übererlösen ist inzwischen zwar ausgelaufen. Allerdings muss Deutschland speziell für die Erlöse von staatlich geförderten erneuerbaren Energien künftig eine Obergrenze einziehen. Bei den Grünen und in der Erneuerbaren-Branche gibt es Widerstände dagegen.
Insgesamt hat der Verbraucherzentrale Bundesverband 24 europapolitische Forderungen für die kommende Legislaturperiode aufgestellt. “Viele politische Entscheidungen, die den Alltag der Menschen direkt beeinflussen, werden auf europäischer Ebene getroffen”, sagt vzbv-Vorständin Ramona Pop. Sie sei überzeugt: “Europa kann noch mehr für Verbraucher:innen tun.” lei/ber
Rund 100 namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wissenschaft werben in einem gemeinsamen Aufruf dafür, zur Wahl zu gehen – und für demokratische Parteien zu stimmen. Dazu zählen der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, die Schauspielerin Maria Furtwängler, der Klimaökonom Ottmar Edenhofer und der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle.
“Unsere Demokratie ist sowohl von innen wie auch von außen bedroht”, heißt es in dem Aufruf, der ab sofort im Internet zu finden ist. Es stünden wichtige Wahlen an, in vielen Kommunen, am 9. Juni zum Europaparlament und im September in drei Bundesländern. Dort stelle sich die Frage, ob “demokratiegefährdende Akteure in Kommunen und Ländern Regierungsmacht erringen und die europäische Einigung gefährden” könnten.
Der Aufruf soll über Anzeigen in sozialen Medien und auf Medien-Websites verbreitet werden. Die Kosten dafür tragen die Unterzeichner selbst. Die Initiative angestoßen hatte eine Vierergruppe unter dem Eindruck der Massendemonstrationen gegen Rechtsextremismus im Frühjahr. Dazu zählen der Staatssekretär im Bundesentwicklungsministerium, Jochen Flasbarth und sein Kollege Dirk Meyer sowie der Präsident des Bundesumweltamtes, Dirk Messner, und der Leiter des Berliner Naturkundemuseums, Johannes Vogel.
Inzwischen haben etliche Bundes- und Landespolitiker aus unterschiedlichen Parteien den Aufruf unterzeichnet. Darunter ist die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, die Parlamentarische Staatssekretärin im BMWK, Franziska Brantner, (Grüne), und Ex-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). tho
Der Euromat, eine Wahlhilfe zur Europawahl, geht online. Er wird pünktlich zur Debatte der Spitzenkandidaten im Europaparlament am heutigen Donnerstagnachmittag scharf gestellt. Table.Briefings ist exklusiver Medienpartner des Angebots.
Beim Euromat können Nutzer Fragen zur europäischen Politik beantworten (“stimme zu”, “stimme nicht zu” oder “neutral”). Anschließend bekommen sie eine Übersicht, wie weit ihre Antworten mit den Positionen der europäischen Parteien übereinstimmen. Wahlhilfen wie der Wahl-O-Mat in Deutschland oder der niederländische StemWiJzer befassen sich mit nationalen Parteien. Der Euromat nimmt sich dagegen die europäischen Parteienfamilien wie EVP, S&D, Renew und Grüne/EFA vor, aus denen sich die Fraktionen im Europaparlament zusammensetzen.
Nutzen Sie durch Klick auf das Bild den Euromat:
Der Politologe und Blogautor Manuel Müller hat den Euromat maßgeblich entwickelt. Müller sagt: “Die europäischen Parteien haben einen wichtigen Einfluss auf die Meinungsbildung auf europäischer Ebene.” Da keine nationale Partei im Europäischen Parlament ohne ihre Schwesterparteien aus anderen Mitgliedstaaten erfolgreich sein könne, beginne europapolitische Überzeugungsarbeit oft in der Fraktion.
Den Euromat gibt es zunächst in deutscher, englischer, französischer und finnischer Sprache. An weiteren Sprachen wird gearbeitet. In diesem Jahr ist er ein gemeinsames Projekt der Vereine Pulse of Europe und Polis 180 sowie des Blogs “Der (europäische) Föderalist”. Er schließt an frühere Euromat-Ausgaben zu den Bundestagswahlen 2017 und 2021 an und baut auf deren Erfahrungen auf.
Pulse of Europe ist eine Bürgerinitiative, Polis 180 ist ein Berliner Graswurzel-Think-Tank zur Außen- und Europapolitik. “Der (europäische) Föderalist” ist ein Blog des Politologen Müller, der bei Table.Briefings regelmäßig seine Sitzprojektion “Wenn am Sonntag Europawahl wäre…” veröffentlicht.

Die Zeiten, in denen man von Geber- und Nehmerländern im Kontext internationaler Zusammenarbeit sprach, sind vorbei. Effektive Klima- und Transformationspartnerschaften mit Entwicklungs- und Schwellenländern sind für die Einhaltung globaler Klimaschutzziele von entscheidender Bedeutung. Sie tragen auch dazu bei, Europas eigene Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, ihre Lieferketten zu diversifizieren und den Zugang zu Energie und Rohstoffen zu sichern.
Angesichts der aktuellen geopolitischen Lage müssen die EU und ihre Mitgliedsstaaten ihr Angebot an internationale Partner, besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern, neu ausrichten und besser kommunizieren. Insbesondere vor dem Hintergrund konkurrierender Angebote anderer aufstrebender Wirtschaftsmächte, die ihren globalen Einfluss ausweiten wollen.
Die EU und ihre Mitgliedsstaaten haben sich im Rahmen des “Team Europe”-Ansatzes vorgenommen, dass “ihr gemeinsames Handeln im Ausland mehr bewirken soll als die Summe ihrer Einzelteile“, indem Ressourcen gebündelt und Engagement effektiv aufeinander abgestimmt werden sollen. Eine aktuelle Studie des New Climate Institute zeigt jedoch, dass das Partnerschaftsangebot der EU und ihrer Mitgliedsstaaten wenig fokussiert und unzureichend koordiniert ist – ganz nach dem Motto “everything, everywhere, all at once”.
Während China Angebote macht, die Partnerländer kaum ablehnen können, ist das Partnerschaftsangebot der EU oft komplex, fragmentiert und schwer zu verstehen. In den letzten Jahren hat die EU verschiedene Arten von Partnerschaften ins Leben gerufen, die man im weiteren Sinne als Klimapartnerschaften bezeichnen kann.
Global Gateway, Europas geopolitisches Rahmenwerk zur Unterstützung der Infrastrukturentwicklung in Schwellen- und Entwicklungsländern, legt dabei einen Schwerpunkt auf die grüne und digitale Transformation. Global Gateway wird von einer Reihe von weiteren Initiativen wie Green Partnerships, Green Alliances, Strategische Partnerschaften für Critical Raw Materials sowie plurilaterale Programme wie Just Energy Transition Partnerships (JETPs) ergänzt.
Neben diesen von der EU geführten Partnerschaften unterhalten die EU-Mitgliedstaaten auch eine breite Palette bilateraler Klima- und Entwicklungspartnerschaften mit Drittländern. Dazu kommen einige Klimapartnerschaften mit Industrieländern.
Angesichts dieser Flut an Partnerschaftskonzepten ist es schwer, einen klaren Fokus zu erkennen. Eine fehlende geografische Schwerpunktsetzung erschwert zudem das Setzen klarer Prioritäten und die Entwicklung kohärenter Strategien. In mehr als 60 Ländern gibt es Global-Gateway-Projekte im Bereich Klima und Energie, wobei sich die Projekte hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Investitionen stark unterscheiden. Angesichts begrenzter Ressourcen in wichtigen EU-Institutionen, sowohl in Brüssel als auch vor Ort in den Partnerländern, ist eine effektive Umsetzung dieser Partnerschaften in so vielen Ländern eine gewaltige Herausforderung.
Team Europe – bestehend aus EU-Institutionen, ihren Mitgliedsländern, diplomatischen Diensten und Finanzinstitutionen – sollte daher sein Handeln im Ausland auf eine klare, gemeinsame und regional spezifische Strategie ausrichten, um Synergien zu nutzen und Doppelungen zu vermeiden. Deutschland und andere Mitgliedstaaten sollten dabei ihre bilateralen Bemühungen noch strategischer auf ein gemeinsames Vorgehen im Rahmen von Team Europe ausrichten.
Deutschland sollte daher die strategische Zusammenarbeit mit der EU im Rahmen von Partnerschaften als wichtigen Baustein bei der Umsetzung seiner Klimaaußenpolitik-Strategie definieren. Dies ist nicht nur für die effiziente Nutzung begrenzter öffentlicher Ressourcen wichtig, sondern auch, um ein einheitliches Bild nach außen zu vermitteln und Europas Rolle bei der notwendigen globalen Transformation zu stärken.
Die bevorstehenden Europawahlen bieten die Chance, neue politische Impulse zu setzen und den “Team Europe”-Ansatz konsequenter in die Praxis umzusetzen, indem Partnerschaften aufgebaut werden, die für alle Beteiligten vorteilhaft, effizient und ambitioniert sind. Dies ist nicht nur für die globalen Bemühungen zur Dekarbonisierung von Bedeutung, sondern auch, um Europas Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern und zu stärken. Nur ein koordiniertes und fokussiertes Vorgehen wird sicherstellen, dass Europa im globalen Wettbewerb nicht zurückfällt, den Beitrag zum weltweiten Klimaschutz maximiert und die Bestrebungen der Partnerländer im Bereich der nachhaltigen Entwicklung wirksam unterstützt.


Ulrich Hermann – Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Internationaler Karlspreis zu Aachen
Seit sieben Jahren ist Ulrich Hermann Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Internationaler Karlspreis zu Aachen. Im Mittelpunkt der Stiftungsarbeit stehen die politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Aspekte des europäischen Integrationsprozesses. Hermann verfügt über jahrzehntelange Erfahrung als Führungskraft in der Industrie mit strategischem Fokus auf das Thema Digitalisierung. Seine unternehmerische Arbeit stand immer im Zentrum disruptiver Veränderungen. Derzeit ist er Managing General Partner bei Einstein Industries Ventures sowie Minderheitsgesellschafter und Mitglied des Verwaltungsrats beim Elektroautohersteller Next.e.GO Mobile.

Navid Kermani – Autor
Kermani ist einer der führenden Intellektuellen Deutschlands. Er publiziert unermüdlich Sachbücher und Romane, hält Festreden und schreibt für die Wochenzeitung “Die Zeit”. 2015 erhielt er den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. 2017 war er für das Amt des Bundespräsidenten im Gespräch. In seinen Werken beschäftigt der habilitierte Orientalist sich immer wieder mit christlich-islamischer Annäherung und äußert sich zu aktuellen europäischen Debatten. Er schrieb einmal den Satz: “Wer wissen will, wie viel das Gebilde namens Europäische Union wert ist, muss dorthin fahren, wo es aufhört.”

Clara Föller – Bundesvorsitzende Junge Europäische Föderalist:innen
Im Hauptberuf arbeitet sie bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Im Ehrenamt ist sie Bundesvorsitzende der Jungen Europäischen Föderalist:innen. Eine Feministin, die sich dafür einsetzt, die Verdienste von Politikerinnen für die europäische Integration stärker bewusst zu machen. Zudem trommelt sie mit der Kampagne #EurHope für die Teilnahme an den Europawahlen im Juni.

Jakob Hanke Vela – Autor Brussels Playbook, Politico
Der Journalist ist Hauptautor des “Brussels Playbook” von Politico, eine Art Lokalblatt für das Brüsseler Europaviertel. Er ist oft gut informiert und analysiert mit spitzer Feder. Zudem personifiziert Jakob Hanke Vela Europa ganz gut – als Sohn einer spanischen Mutter und eines deutschen Vaters, der lange als Korrespondent in Paris arbeitete.
Frauke Muth – Leiterin Jugend für Europa
Bildung, Jugend und Sport sind die Kernbereiche des gemeinsamen europäischen Programmes Erasmus+, das von der nationalen Agentur Jugend für Europa umgesetzt wird. 2022 hat Frauke Muth die Leitung übernommen. Zuvor war die studierte Politikwissenschaftlerin für Innovation Norway, sowie in Rumänien, England und Bulgarien tätig. Mit ihren jugendpolitischen Programmen will sie den europäischen Zusammenhalt stärken.

Damian Boeselager – Mitgründer und Spitzenkandidat von Volt Europa
Aktuell ist Damian Boeselager der einzige Vertreter der paneuropäischen Partei Volt im Europäischen Parlament. Seine Karriere begann der 36-Jährige bei McKinsey, wo er Projekte im sozialen und öffentlichen Sektor betreute, unter anderem für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Seit 2019 hat er an 25 Gesetzesvorhaben gearbeitet, davon sechs als verhandlungsführender Berichterstatter. Sein Ziel ist, Europa zu stärken und das Europäische Parlament zu erneuern: Es soll die Befugnis haben, Gesetzgebung zu initiieren, zu ändern und zu genehmigen.

Bettina Brokemper – Geschäftsführerin Heimatfilm
Seit mehr als 20 Jahren prägt die Filmproduzentin die Idee europäischer Ko-Produktionen: Erst bei der dänischen Zentropa, seit 2003 mit ihrer eigenen Firma Heimatfilm. 2008 wurde sie für ihre Arbeit mit dem europäischen Koproduzentenpreis “Prix Eurimages” ausgezeichnet. Ihre Produktionen liefen in Cannes, gewannen den Goldenen Bären bei der Berlinale und den deutschen Filmpreis. Sie ist Vorstandsmitglied der European Film Academy. Vergangenes Jahr zeichnete Hollywood Reporter Brokemper als eine der 40 einflussreichsten Frauen der internationalen Filmlandschaft aus.

René Moerland – Herausgeber Euractiv
23 Jahre lang war René Moerland Journalist, Auslandskorrespondent und später Chefredakteur bei der niederländischen Zeitung “NRC Handelsblad”. Nachdem das flämische Mutterhaus von NRC im Jahr 2023 das Brüsseler Online-Medium “Euractiv” übernommen hatte, wurde er Teil des Integrationsteams. Zum 1. Januar 2024 wechselte er in die Position des Verlegers bei “Euractiv”, das im Medienmarkt der EU-Bubble ganz oben mitspielen will.

Hanna Veiler – Präsidentin jüdische Studierendenunion Deutschland
In der jüdischen Studierendenunion setzt sich die 26-Jährige für eine positive Konnotation mit jüdischer Identität ein, doch seit dem 7. Oktober muss sie viel Unterstützungsarbeit für bedrohte jüdische Studierende leisten. Sie ist auch im europäischen Dachverband jüdischer Studierender organisiert. 2024 wurde sie von der europäischen Bewegung Deutschland zur “Frau Europas” ernannt.

Hedwig Fijen – Direktorin Manifesta
Die Niederländerin ist Gründungsdirektorin der europäischen Wander-Biennale Manifesta, die alle zwei Jahre ihren Austragungsort wechselt. Die erste Ausgabe fand 1996 in Rotterdam statt, die jüngste Schau in der kosovarischen Hauptstadt Pristina. Lokale Künstler werden ebenso wie internationale Bekanntheiten ausgestellt. Die Manifesta findet meist dezentral an unterschiedlichen Einrichtungen der Stadt statt.
in weniger als drei Wochen ist Europawahl. Doch von den Spitzenkandidaten und ihrem Wahlkampf war bisher nicht viel zu sehen. Das soll sich nun ändern: mit einer Fernsehdebatte am Donnerstagnachmittag. Sie wird von der European Broadcast Union (EBU) im Brüsseler Parlamentsgebäude ausgerichtet – und sorgte schon vorab für Frust. Denn in Deutschland wird die Debatte lediglich auf Phoenix übertragen, was das Publikum arg beschränkt.
Bekannt ist die EBU vor allem als Ausrichterin des Eurovision Song Contest. Beim letzten ESC in Malmö gab es allerdings Ärger, weil das Zeigen der Europaflagge eingeschränkt wurde. Nach einer Beschwerde der EU-Kommission hieß es allerdings, es habe sich um ein Missverständnis gehandelt.
Ärger gibt es auch jetzt, weil an der Fernsehdebatte nur fünf europäische Spitzenpolitiker teilnehmen. Vertreter der rechten ID-Fraktion und der rechtskonservativen EKR fehlen. Damit werde das Meinungsspektrum unzulässig verengt und die Debatte verliere ihren Reiz, sagen Kritiker.
Die EBU hält dagegen: Das Auswahlverfahren sei mit dem Parlament abgesprochen worden, außerdem habe man natürlich auch ID und EKR eingeladen. Doch da diese Parteien keine Spitzenkandidaten nominiert haben, hätten sie sich selbst von der TV-Debatte ausgeschlossen. Die Grünen, die mit zwei Spitzenkandidaten antreten, hätten Terry Reintke nominiert – und dürfen deshalb dabei sein.
Gegen Reintke treten heute ab 15 Uhr EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (EVP), EU-Kommissar Nicolas Schmit (S&D) sowie Walter Baier (European Left) und Sandro Gozi (Renew Europe) an. Die Debatte findet auf Englisch statt. Wer kein Phoenix hat, kann sich über EBS oder die Parlaments-Website dazuschalten.
Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.
Marine Le Pen, Fraktionschefin des Rassemblement national (RN) in der französischen Nationalversammlung, machte mit einem Radiointerview am Mittwochmorgen die Trennung von der AfD perfekt. “Es ist an der Zeit, den Bruch zu vollziehen”, sagte sie auf Europe 1. Die AfD eile von Provokation zu Provokation. Zunächst habe sich der RN distanziert, jetzt müsse die Partei handeln. Über die AfD sagte sie, es handele sich um eine “Bewegung, die nicht geleitet wird und offensichtlich unter dem Einfluss radikaler Gruppierungen steht”.
Der RN kündigt der AfD im Europaparlament für die nächste Wahlperiode die Fraktionsgemeinschaft auf. Und bekam Unterstützung dafür von Matteo Salvinis Lega (Italien) und Tomio Okamurs SPD (Tschechien): Beide ID-Mitgliedsparteien schlossen sich der Forderung an, im neuen Mandat nicht mehr mit der AfD in einer Fraktion zu sitzen.
Die AfD-Abgeordneten haben sich zusehends in Straßburg radikalisiert. Ab 2014 gehörten sie zunächst der konservativen EKR-Fraktion an, wurden dann aber herausgeworfen. In der vergangenen Wahlperiode haben sie sich der rechtsradikalen ID-Fraktion angeschlossen, wo der RN den Ton angibt und die Lega sowie die PVV des Niederländers Geert Wilders vertreten sind.
Nun ist die AfD der rechtsradikalen ID-Fraktion zu rechts: Nach den Europawahlen dürften sich die künftigen AfD-Abgeordneten – laut Umfragen werden es bis zu 15 sein – dann ohne Fraktionsstatus bei den Unabhängigen wiederfinden. So wie von 2014 bis 2019 der NPD-Abgeordnete Udo Voigt auch.
Der Bruch von Marine Le Pen mit der AfD folgt ihrem Drehbuch, 2027 bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich im dann vierten Anlauf zu gewinnen und in den Élysée einzuziehen. Dafür hat sie frühzeitig angefangen, das Image der Rechtsextremen abzulegen. Sie hat ihren Vater und Parteigründer Jean-Marie Le Pen, der offen antisemitisch agierte, Mitte des vergangenen Jahrzehnts aus der Partei gedrängt. Sie hat die Partei, die früher Front national (FN) hieß und einen ausländerfeindlichen Kurs fuhr, umbenannt in Rassemblement national.
Um bei der Präsidentschaftswahl 2022 präsidial zu wirken, hatte sie zudem den Vorsitz der Partei aufgegeben. Der inzwischen in Frankreich populäre Europaabgeordnete Jordan Bardella, der erst 28 Jahre alt ist, hat übernommen. Der RN hat den Kredit in Höhe von neun Millionen Euro, den ihr Russland für die Kampagne gegen Macron gegeben hatte, inzwischen zurückgezahlt. So kann man ihr heute nicht mehr vorwerfen, Parteigängerin Putins und moskauhörig zu sein.
Im Kalkül Le Pens ist die Europawahl der Test für die Präsidentschaftswahl in Frankreich. Sie will zeigen, dass der RN das “Igitt-Image” losgeworden ist. Dafür sendet sie die Botschaft an die Wähler: “Niemand muss Angst vor uns haben.” Während Le Pen beim Präsidentschaftswahlkampf 2017 im TV-Duell gegen Emmanuel Macron noch den Austritt Frankreichs aus der EU propagierte, ist davon heute nichts mehr zu hören. Noch weit bevor Giorgia Meloni von den postfaschistischen Fratelli d’Italia sich Richtung Mitte bewegt hat, verfolgte Le Pen mit ihrer Selbst-Mäßigung die Strategie, für bürgerliche Wähler anschlussfähig zu werden.
Da kommen ihr die AfD-Skandale um Geld aus Moskau und Peking, Spionage, Pläne zur Massendeportation und die Relativierung des Holocaust gerade recht, um sich von der AfD zu distanzieren. Sie will den Klotz am Bein loswerden. Die verharmlosenden Äußerungen von AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah über die SS waren nun der Auslöser für Marine Le Pen, den Bruch mit der AfD zu vollziehen. Derzeit führt der RN in den Umfragen zur Europawahl mit rund 30 Prozent der Stimmen vor dem Macron-Lager, das nur auf 15 Prozent kommt.
Nicolai von Ondarza von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) analysiert auf X: “Für die Parteien auf dem rechten Spektrum schafft Le Pen Raum, indem sie die AfD als radikalste Partei aus der ID wirft.” Der Forscher nimmt an, Le Pen versuche jetzt, Parteien aus der EKR in die ID-Fraktion hinüberzuziehen. Denkbar sei sogar: “Le Pen könnte versuchen, Meloni, Orbán und Wilders für eine vereinte große rechte Fraktion und dann ohne die AfD als radikalste Partei zu gewinnen.”
Er relativiert aber: “Politisch sind die Unterschiede noch beträchtlich, das Machtpotential wäre aber da.” In der Sitzprojektion von Manuel Müller würde die EKR von 68 auf 81 Sitze zulegen, und die ID (allerdings noch mit der AfD) von 59 auf 83 Sitze. Insgesamt wird das Europaparlament künftig 720 Sitze haben.
Der Bruch von Marine Le Pen mit der deutschen AfD kommt nicht überraschend. Es gab zuletzt zwei Konfrontationen zwischen dem Rassemblement national und der AfD. Nachdem das Potsdamer Treffen der deutschen Rechtsradikalen unter Beteiligung von AfD-Funktionären mit den Plänen zu einer Deportation von Millionen Menschen aus Deutschland entlarvt wurde, distanzierte sich der RN bereits von der AfD und forderte die AfD-Parteispitze zum Rapport nach Paris. Das war im Februar.
Schon damals drohte der RN damit, die Kooperation in der ID-Fraktion im Europaparlament aufzukündigen. AfD-Co-Chefin Alice Weidel reiste nach Paris, schrieb auch einen Brief zur Klarstellung. Doch selbst das Schreiben trug nicht dazu bei, den Streit beizulegen.
Im April gab es den zweiten Eklat zwischen den Rechten aus Deutschland und Frankreich: Die AfD im Bundestag hatte in einer schriftlichen Anfrage an die Bundesregierung die Zugehörigkeit der Komoren-Insel Moyotte zu Frankreich infrage gestellt. Bei einem Besuch des Überseedepartements blaffte Le Pen in Richtung AfD: Die AfD solle sich “lieber um die Probleme Deutschlands kümmern”. Die Bewohner der Insel hätten schon drei Mal für die Zugehörigkeit zu Frankreich gestimmt. Le Pen kündigte damals an, den AfDlern “einige Lektionen in Geopolitik zu erteilen”.
Zölle von 25 Prozent auf Autos mit mehr als 2,5 Liter Hubraum: China steigt in die nächste Runde des globalen Zollwettrüstens ein. Der Vorschlag von Liu Bin im Rahmen eines Interviews mit der KP-Zeitung Global Times darf als Drohung verstanden werden. Denn der Chefexperte von Chinas staatlichem Automobilforschungsinstitut China Automotive Technology & Research Center (CATARC) ist einflussreich, was die Automobilstrategie in China angeht. Er berät die Regierung in Industrie-, Subventions- und Steuerfragen und hat unter anderem am Entwicklungsplan für die Industrie der neuen Energiefahrzeuge (2021-2035) mitgewirkt.
Liu Bin schob im Interview zwar den Umweltschutz vor: Die 250.000 nach China importierten Fahrzeuge mit großen Motoren verursachten überdurchschnittlich hohe Emissionen und würden damit die grüne Transformation hindern. Zugleich verwies er aber auch auf Importbeschränkungen gegenüber chinesischen E-Autos, die er als “nicht WTO-konform” bezeichnete. Die Zolldrohung ist also eine Reaktion auf die Strafzölle von 100 Prozent auf chinesische E-Autos in den USA und mögliche Anti-Dumping-Zölle der EU. Und sie ist so ausgestaltet, dass sie besonders das Land treffen würde, das als Wackelkandidat bei den EU-Zöllen gilt: Deutschland.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sieht das Antisubventionsverfahren der EU daher sehr kritisch. “Eine Eskalation von Handelskonflikten würde insbesondere die deutsche Automobilindustrie treffen”, schreibt der VDA auf eine Anfrage von Table.Briefings. “Deutsche Hersteller exportieren rund 87.700 Fahrzeuge aus den USA nach China und rund 216.300 Fahrzeuge aus Deutschland nach China.”
Zahlreiche Premium-Fahrzeuge der Marken Mercedes-Benz, Audi und BMW könnten unter die neue Regelung fallen. Denn obwohl die Konzerne Werke in China betreiben, werden hochmotorige Limousinen oder SUVs zumeist nicht in der Volksrepublik produziert, sondern importiert. Wie zum Beispiel die S-Klasse von Mercedes-Benz, der Audi A8 oder die 7er-Reihe von BMW. Fahrzeuge von Porsche werden sogar ausschließlich importiert. “Das ist einer der Gründe, weshalb sich die Bundesregierung so sehr gegen die Schutzzölle gegen chinesische Fabrikate stemmt”, sagt Beatrix Keim, Direktorin für Business Development & China Projects bei CAR, dem Center Automotive Research.
Doch nicht nur deutsche Marken wären betroffen. “Die Regelung würde natürlich auch für Stellantis gelten, mit den Marken Maserati und Ferrari als Luxusfahrzeuge, die in China gerne geordert werden”, sagt CAR-Expertin Keim. “Ebenso für PSA mit dem DS.” Auch Volvo könnte mit seinen hochmotorigen Modellen betroffen sein, obwohl es zum chinesischen Konzern Geely gehört, sagt Keim. “Die Frage ist, inwieweit Volvo hier gesondert behandelt würde, aufgrund der Eigentumsverhältnisse”.
Und auch die Ausgestaltung der möglichen Maßnahmen im Detail sei wichtig. “Sollten Zölle auf Komponenten, wie zum Beispiel Motoren, erhoben werden, könnte dies auch die Zulieferindustrie oder Joint Ventures treffen, die nicht immer einen Local-Content-Anteil von 100 Prozent für alle Modelle erreichen.”
Aktuell liegen Chinas Auto-Importzölle bereits bei 15 Prozent. Die 25 Prozent-Regelung würde zu einer Anhebung von 10 Prozentpunkten führen. Bei Fahrzeugen mit einem Kaufpreis von umgerechnet über 130.000 Euro wird in China allerdings bereits jetzt ein um zehn Prozent erhöhter Steuersatz fällig. Dennoch könnten höhere Preise das aktuell sowieso schon vorsichtige Konsumverhalten verstärken.
Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage sind Konsumenten in China aktuell zurückhaltend, die Sparquote ist außergewöhnlich hoch. Obwohl Luxusfahrzeuge von einer Klientel gekauft werden, die als wohlhabend gilt, könnten sich die Zölle durchaus negativ auf die Verkäufe auswirken, wenn die Hersteller den Aufschlag an die Kunden weitergeben. Tun sie dies nicht, schrumpfen ihre Margen.
Auch wenn sie indirekt daherkommen – die Drohungen aus China fallen in Europa auf fruchtbaren Boden. Denn die Autobranche hält nicht viel von den Zollplänen der EU – sie befürchtet Gegenmaßnahmen. Stellantis-Chef Carlos Tavares bezeichnete am Mittwoch im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters Zölle als eine “größere Falle”. Sie verhinderten die nötige Anpassung der westlichen Autobauer an die Konkurrenz aus China nicht, sondern trieben lediglich die Inflation nach oben. BMW-CEO Oliver Zipse sagte in der Hauptversammlung am 15. April, dass Protektionismus eine Spirale in Gang setze: Zölle führten zu neuen Zöllen.
Die deutschen Premiumhersteller wollten sich auf Anfrage von Table.Briefings nicht zu den neuen Zollvorschlägen aus China äußern, man wolle sich nicht an “Spekulationen” beteiligen. Ein Umschwenken der EU, auch auf Drängen von Deutschland, ist derweil unwahrscheinlich. Da der Handel in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fällt, können die Länder Brüssel nur mit einer qualifizierten Mehrheit stoppen, das bedeutet: Mindestens 55 Prozent der Mitgliedsländer, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, müssten dieses Umschwenken fordern. Und das ist nicht absehbar.
27.09.-29.09.2024, Lissabon (Portugal)
DMG Events, Conference Lisbon Energy Summit & Exhibition
As one of the leading events on new energies and technological innoviation, the summit will gather policymakers, project developers, investors, and innovators to share insights into transitioning the EU’s energy system to one based on renewables. INFO & REGISTRATION
27.05.2024 – 17:30 Uhr, Hamburg
Europe Direct, Podiumsdiskussion EU-Handelspolitik – Quo vadis?
Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft geben einen Überblick über aktuelle Entwicklungen der Handelspolitik und diskutieren, in welche Richtung sich die neue EU-Handelspolitik nach der Wahl entwickeln kann. INFOS & ANMELDUNG
28.05.2024 – 08:00 Uhr, Berlin/online
Stiftung Datenschutz, Vortrag Datenschutzfrühstück: Datenschutzsignale
Thema ist die Entwicklung von Datenschutzsignalen angesichts der EU-Verordnung über Transparenz und Targeting in politischer Werbung vom März 2024. https://stiftungdatenschutz.org/veranstaltungen/unsere-veranstaltungen-detailansicht/datenschutzsignale-487#c5432
28.05.2024 – 09:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
CESI, Discussion CESI EU elections debate: Your voice, your Europe – The time is now
As the European elections approach, the European Confederation of Independent Trade Unions (CESI) seeks to emphasise the importance of participation in the democratic process and highlight the impact of the European Union on citizens and workers. INFO & REGISTRATION
28.05.2024 – 15:00-16:30 Uhr, online
Hydrogen Europe, Conference Strengthening the Leadership for European Electrolyser Manufacturing
This event will delve into the multifaceted challenges hindering the scaling up of Europe’s electrolyser industry addressing geopolitical shifts, technological limitations and supply chain risks, and will explore stratgies to ensure a continued European leadership in the global clear technology sector. INFO & REGISTRATION
28.05.2024 – 15:00-17:00 Uhr, Berlin
TBI, Diskussion P(r)rep-Talk zur US-Wahl 2024
Die Transatlantic Business Initiative (TBI) diskutiert mit Expertinnen und Experten aus Berlin und Brüssel, auf welche Szenarien sich die deutsche Wirtschaft nach den US-Wahlen einstellen muss. Unternehmen aus den USA teilen ihre Einschätzungen zum Standort Deutschland und zur Zukunft der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen. INFOS
28.05.2024 – 18:00-20:30 Uhr, Essen
DGAP, Podiumsdiskussion Demokratie in Krisenzeiten: Polarisierung verhindern, Vertrauen schaffen, Widerstand stärken
Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) ergründet die Ursachen und Dynamiken gesellschaftlicher Spaltungen in Europa, diskutiert Wege aus der Polarisierung und skizziert alternative Partizipations- und Interaktionsmöglichkeiten für verbesserte demokratische Resilienz. INFOS & ANMELDUNG
28.05.2024 – 18:30-20:00 Uhr, Berlin
EAB, Podiumsdiskussion Wahlkampf in Zeiten von Desinformation
Die Europäische Akademie Berlin (EAB) diskutiert mit Faktencheckerin Sarah Thust und der FDP-Kandidatin für die Europawahl, Anastasia Vishnevskaya-Mann, wie man in Zeiten von Desinformation Wahlkampf betreibt. INFOS & ANMELDUNG
28.05.2024 – 19:00-20:30 Uhr, Berlin
Hertie School, Panel Discussion Towards Enlargement: Navigating challenges and paths for reform
The Albanian Minister of Foreign Affairs Igli Hasani will join a debate on the complexities and geopolitical considerations surrounding EU enlargement, the prospect of institutional changes and Albania’s journey towards European integration. INFO & REGISTRATION
In Großbritannien wird am 4. Juli ein neues Parlament gewählt. Das kündigte Premierminister Rishi Sunak am Mittwoch in London an. “Es ist jetzt die Zeit für Großbritannien gekommen, über seine Zukunft zu entscheiden”, sagte Sunak. Damit setzt er die Wahlen früher an, als vielfach erwartet wurde. Viele Beobachter halten das für ein riskantes Manöver, denn die Konservative Partei von Sunak liegt in Umfragen etwa 20 Prozentpunkte hinter der Labour-Opposition. Der Konservativen Partei droht damit nach 14 Jahren ein Ende an der Regierung.
Bei den Kommunalwahlen Anfang Mai hatten die Tories eine schwere Niederlage erlitten. Labour gewann einen Parlamentssitz in Nordengland und die Kontrolle über zahlreiche Stadträte. Damit erhöhte sich der Druck auf Sunak, die für die zweite Jahreshälfte erwartete Parlamentswahl vorzuziehen. Bis Januar 2025 muss ein neues Parlament gewählt werden. rtr
Mit neuen Vorgaben will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dafür sorgen, dass die Nachfrage nach klimafreundlichen Grundstoffen aus der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie vorangetrieben wird. Am Mittwoch stellte er ein entsprechendes Konzeptpapier seines Hauses vor. Bislang sei vor allem auf der Angebotsseite Unterstützung angeboten worden, etwa mit Klimaschutzverträgen und Beihilfen für den Umbau der Stahlindustrie. “Mit den grünen Leitmärkten nehmen wir jetzt auch die Nachfrageseite in den Blick”, sagte Habeck. “Denn ohne Käufer nutzt das beste Produkt nichts.”
Als erster Schritt wird im Konzept die Entwicklung von Labels angekündigt, mit denen Grundstoffe gekennzeichnet werden sollen, die bei der Produktion vergleichsweise wenig CO₂-Emissionen verursachen. Als Vorbild gilt der kürzlich von der Stahlindustrie vorgestellte “Low Emission Steel Standard”. Auf Grundlage dieser Label sollen zum einen auf EU-Ebene im Rahmen des neuen EU-Ökodesigns verbindliche Vorgaben für steigende Anteile klimafreundlicher Grundstoffe gemacht werden, die alle Hersteller und Importeure zwingend einhalten müssen. Das dürfte aber noch mehrere Jahre dauern; für Stahl ist eine entsprechende Verordnung nach Informationen aus dem BMWK für 2026/27 vorgesehen.
Kurzfristiger umsetzbar, aber dafür unverbindlich, ist eine zweite Anwendungsmöglichkeit für die neuen Labels: Voraussichtlich im nächsten Jahr soll das deutsche Vergaberecht so geändert werden, dass öffentliche Auftraggeber bei Ausschreibungen künftig einen bestimmten Anteil etwa beim verwendetem Stahl oder Zement vorgeben können. Allein im Bausektor seien die Aufträge der öffentlichen Hand für etwa 28 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Vorgeschrieben werden sollen entsprechende Quoten aber nicht; inwieweit Bund, Länder und Kommunen angesichts knapper Kassen von der neuen Möglichkeit Gebrauch machen werden, ist darum unklar.
Tilman von Berlepsch, Referent für klimaneutrale Industrie bei der NGO Germanwatch, hält diesen Ansatz für nicht ausreichend. Gegenüber Table.Briefings forderte er, dass die Bundesregierung grüne Vergabekriterien auch für Länder und Kommunen vorschreiben solle. Dabei sei aber entscheidend, dass der Bund sie dabei unterstütze, “und nicht eine weitere Klimaschutz-Aufgabe ohne zusätzliche Finanzierung an die Kommunen weitergibt”. Martin Theuringer, Geschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Stahl, lobte das Konzept dagegen. Nun gelte es, das öffentliche Beschaffungswesen auf CO₂-reduzierte Produkte und Prozesse auszurichten und Anreize für den Kauf von emissionsarmen Produkten zu schaffen, erklärte er. av/mkr
Angesichts sich verschärfender Engpässe im Stromnetz ruft der wichtigste europäische Energieverband dazu auf, nicht mehr alle Anschlusswünsche gleichberechtigt abzuarbeiten. Die EU solle es den Mitgliedstaaten ermöglichen, “Prioritäten für den Anschluss festzulegen, die sich am gesellschaftlichen Nutzen orientieren“, forderte Eurelectric am Mittwoch in einem neuen Bericht. Die europäischen Gesetzgeber sollten dazu die Strommarkt-Verordnung ändern, die bisher die Nicht-Diskriminierung von Kunden vorschreibt.
Als Vorbild nennt Eurelectric eine neue Regelung in den Niederlanden. Ab Oktober sollen Netzbetreiber dort einer staatlich festgelegten Reihenfolge der Regulierungsbehörde ACM folgen. Als Erstes sollen dann Batterien und andere Anlagen einen Netzzugang bekommen, die Engpässe lindern. In die zweite Kategorie fallen Sicherheitsbehörden und in die dritte Kategorie kritische Infrastruktur wie Trinkwasserversorgung und Schulen – ebenso wie neue Wohngebäude, wie ein Sprecher auf Anfrage erklärte.
Für den Einbau von Wärmepumpen und Lademöglichkeiten in bestehende Gebäude hatte ACM bereits 2023 Regeln erlassen. Die Behörde sah sich genötigt, den Netzbetreibern eine Wartezeit von höchstens einem Jahr für Haushalte vorzuschreiben, die nachträglich solche Anlagen einbauen möchten.
Deutschland will einen anderen Weg gehen. Die Bundesnetzagentur hatte im vergangenen November festgelegt, dass Netzbetreiber Anschlüsse auch mit Verweis auf mögliche Engpässe nicht mehr verweigern dürfen. Im Gegenzug müssen Nutzer vorübergehend Leistungseinschränkungen etwa beim Laden von E-Autos in Kauf nehmen. Voraussetzung für die Umsetzbarkeit ist laut BNetzA allerdings die Digitalisierung der Netze.
Eurelectric fordert nun auch Anreize, damit Netznutzer nicht mehr überdimensionierte Anschlüsse nachfragen, deren Kapazität sie gar nicht ausschöpfen. Zentrale Forderung des Verbandes ist allerdings die Verdopplung der jährlichen Investitionen in die Verteilnetze durch die EU-Staaten von 33 auf 67 Milliarden Euro bis 2050. ber
In einer Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) wünscht sich eine überwiegende Mehrheit der befragten Deutschen (95 Prozent), dass Verbraucher in der kommenden Legislaturperiode besser vor finanziellen Schäden durch Onlinebankbetrug geschützt werden. Das geht aus einer repräsentativen Forsa-Umfrage mit 1.500 Teilnehmenden hervor, die Table.Briefings exklusiv vorab vorliegt. Gefragt wurde nach der Zustimmung zu verschiedenen verbraucherpolitischen Forderungen des Verbraucherzentrale Bundesverbands.
Zwar müssten Zahlungsdienstleister schon jetzt für Abbuchungen aufkommen, die nicht von Kundinnen und Kunden authentifiziert wurden, heißt es von Seiten des vzbv. Allerdings sehen die Verbraucherschützer hier eine Regelungslücke. In der Praxis umgingen Banken diese Verpflichtung immer wieder, indem sie behaupteten, die Betroffenen hätten fahrlässig gehandelt.
Auf Rang zwei rangiert für die Verbraucherinnen und Verbraucher die Forderung, den Strommarkt so umzugestalten, dass die Konsumenten davon finanziell profitieren. In der Umfrage äußerten 89 Prozent der Befragten den Wunsch, dass dies ihnen “sehr wichtig” oder “eher wichtig” sei. “Günstige Erzeugungspreise von Strom aus erneuerbaren Energien müssen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommen, Übergewinne von Unternehmen müssen verhindert werden“, fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband.
Bei der Reform des europäischen Strommarkts hatte sich in den vergangenen eineinhalb Jahren gezeigt, wie mühsam dieses Unterfangen ist. Übriggeblieben ist nun vor allem die Möglichkeit, die Strompreise in Krisenzeiten staatlich zu begrenzen.
Insbesondere die Forderung, Übergewinne von Unternehmen zu verhindern, setzt die Bundesregierung allerdings unter Druck. Die europäische Notverordnung zur Abschöpfung von Übererlösen ist inzwischen zwar ausgelaufen. Allerdings muss Deutschland speziell für die Erlöse von staatlich geförderten erneuerbaren Energien künftig eine Obergrenze einziehen. Bei den Grünen und in der Erneuerbaren-Branche gibt es Widerstände dagegen.
Insgesamt hat der Verbraucherzentrale Bundesverband 24 europapolitische Forderungen für die kommende Legislaturperiode aufgestellt. “Viele politische Entscheidungen, die den Alltag der Menschen direkt beeinflussen, werden auf europäischer Ebene getroffen”, sagt vzbv-Vorständin Ramona Pop. Sie sei überzeugt: “Europa kann noch mehr für Verbraucher:innen tun.” lei/ber
Rund 100 namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wissenschaft werben in einem gemeinsamen Aufruf dafür, zur Wahl zu gehen – und für demokratische Parteien zu stimmen. Dazu zählen der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, die Schauspielerin Maria Furtwängler, der Klimaökonom Ottmar Edenhofer und der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle.
“Unsere Demokratie ist sowohl von innen wie auch von außen bedroht”, heißt es in dem Aufruf, der ab sofort im Internet zu finden ist. Es stünden wichtige Wahlen an, in vielen Kommunen, am 9. Juni zum Europaparlament und im September in drei Bundesländern. Dort stelle sich die Frage, ob “demokratiegefährdende Akteure in Kommunen und Ländern Regierungsmacht erringen und die europäische Einigung gefährden” könnten.
Der Aufruf soll über Anzeigen in sozialen Medien und auf Medien-Websites verbreitet werden. Die Kosten dafür tragen die Unterzeichner selbst. Die Initiative angestoßen hatte eine Vierergruppe unter dem Eindruck der Massendemonstrationen gegen Rechtsextremismus im Frühjahr. Dazu zählen der Staatssekretär im Bundesentwicklungsministerium, Jochen Flasbarth und sein Kollege Dirk Meyer sowie der Präsident des Bundesumweltamtes, Dirk Messner, und der Leiter des Berliner Naturkundemuseums, Johannes Vogel.
Inzwischen haben etliche Bundes- und Landespolitiker aus unterschiedlichen Parteien den Aufruf unterzeichnet. Darunter ist die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, die Parlamentarische Staatssekretärin im BMWK, Franziska Brantner, (Grüne), und Ex-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). tho
Der Euromat, eine Wahlhilfe zur Europawahl, geht online. Er wird pünktlich zur Debatte der Spitzenkandidaten im Europaparlament am heutigen Donnerstagnachmittag scharf gestellt. Table.Briefings ist exklusiver Medienpartner des Angebots.
Beim Euromat können Nutzer Fragen zur europäischen Politik beantworten (“stimme zu”, “stimme nicht zu” oder “neutral”). Anschließend bekommen sie eine Übersicht, wie weit ihre Antworten mit den Positionen der europäischen Parteien übereinstimmen. Wahlhilfen wie der Wahl-O-Mat in Deutschland oder der niederländische StemWiJzer befassen sich mit nationalen Parteien. Der Euromat nimmt sich dagegen die europäischen Parteienfamilien wie EVP, S&D, Renew und Grüne/EFA vor, aus denen sich die Fraktionen im Europaparlament zusammensetzen.
Nutzen Sie durch Klick auf das Bild den Euromat:
Der Politologe und Blogautor Manuel Müller hat den Euromat maßgeblich entwickelt. Müller sagt: “Die europäischen Parteien haben einen wichtigen Einfluss auf die Meinungsbildung auf europäischer Ebene.” Da keine nationale Partei im Europäischen Parlament ohne ihre Schwesterparteien aus anderen Mitgliedstaaten erfolgreich sein könne, beginne europapolitische Überzeugungsarbeit oft in der Fraktion.
Den Euromat gibt es zunächst in deutscher, englischer, französischer und finnischer Sprache. An weiteren Sprachen wird gearbeitet. In diesem Jahr ist er ein gemeinsames Projekt der Vereine Pulse of Europe und Polis 180 sowie des Blogs “Der (europäische) Föderalist”. Er schließt an frühere Euromat-Ausgaben zu den Bundestagswahlen 2017 und 2021 an und baut auf deren Erfahrungen auf.
Pulse of Europe ist eine Bürgerinitiative, Polis 180 ist ein Berliner Graswurzel-Think-Tank zur Außen- und Europapolitik. “Der (europäische) Föderalist” ist ein Blog des Politologen Müller, der bei Table.Briefings regelmäßig seine Sitzprojektion “Wenn am Sonntag Europawahl wäre…” veröffentlicht.

Die Zeiten, in denen man von Geber- und Nehmerländern im Kontext internationaler Zusammenarbeit sprach, sind vorbei. Effektive Klima- und Transformationspartnerschaften mit Entwicklungs- und Schwellenländern sind für die Einhaltung globaler Klimaschutzziele von entscheidender Bedeutung. Sie tragen auch dazu bei, Europas eigene Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, ihre Lieferketten zu diversifizieren und den Zugang zu Energie und Rohstoffen zu sichern.
Angesichts der aktuellen geopolitischen Lage müssen die EU und ihre Mitgliedsstaaten ihr Angebot an internationale Partner, besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern, neu ausrichten und besser kommunizieren. Insbesondere vor dem Hintergrund konkurrierender Angebote anderer aufstrebender Wirtschaftsmächte, die ihren globalen Einfluss ausweiten wollen.
Die EU und ihre Mitgliedsstaaten haben sich im Rahmen des “Team Europe”-Ansatzes vorgenommen, dass “ihr gemeinsames Handeln im Ausland mehr bewirken soll als die Summe ihrer Einzelteile“, indem Ressourcen gebündelt und Engagement effektiv aufeinander abgestimmt werden sollen. Eine aktuelle Studie des New Climate Institute zeigt jedoch, dass das Partnerschaftsangebot der EU und ihrer Mitgliedsstaaten wenig fokussiert und unzureichend koordiniert ist – ganz nach dem Motto “everything, everywhere, all at once”.
Während China Angebote macht, die Partnerländer kaum ablehnen können, ist das Partnerschaftsangebot der EU oft komplex, fragmentiert und schwer zu verstehen. In den letzten Jahren hat die EU verschiedene Arten von Partnerschaften ins Leben gerufen, die man im weiteren Sinne als Klimapartnerschaften bezeichnen kann.
Global Gateway, Europas geopolitisches Rahmenwerk zur Unterstützung der Infrastrukturentwicklung in Schwellen- und Entwicklungsländern, legt dabei einen Schwerpunkt auf die grüne und digitale Transformation. Global Gateway wird von einer Reihe von weiteren Initiativen wie Green Partnerships, Green Alliances, Strategische Partnerschaften für Critical Raw Materials sowie plurilaterale Programme wie Just Energy Transition Partnerships (JETPs) ergänzt.
Neben diesen von der EU geführten Partnerschaften unterhalten die EU-Mitgliedstaaten auch eine breite Palette bilateraler Klima- und Entwicklungspartnerschaften mit Drittländern. Dazu kommen einige Klimapartnerschaften mit Industrieländern.
Angesichts dieser Flut an Partnerschaftskonzepten ist es schwer, einen klaren Fokus zu erkennen. Eine fehlende geografische Schwerpunktsetzung erschwert zudem das Setzen klarer Prioritäten und die Entwicklung kohärenter Strategien. In mehr als 60 Ländern gibt es Global-Gateway-Projekte im Bereich Klima und Energie, wobei sich die Projekte hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Investitionen stark unterscheiden. Angesichts begrenzter Ressourcen in wichtigen EU-Institutionen, sowohl in Brüssel als auch vor Ort in den Partnerländern, ist eine effektive Umsetzung dieser Partnerschaften in so vielen Ländern eine gewaltige Herausforderung.
Team Europe – bestehend aus EU-Institutionen, ihren Mitgliedsländern, diplomatischen Diensten und Finanzinstitutionen – sollte daher sein Handeln im Ausland auf eine klare, gemeinsame und regional spezifische Strategie ausrichten, um Synergien zu nutzen und Doppelungen zu vermeiden. Deutschland und andere Mitgliedstaaten sollten dabei ihre bilateralen Bemühungen noch strategischer auf ein gemeinsames Vorgehen im Rahmen von Team Europe ausrichten.
Deutschland sollte daher die strategische Zusammenarbeit mit der EU im Rahmen von Partnerschaften als wichtigen Baustein bei der Umsetzung seiner Klimaaußenpolitik-Strategie definieren. Dies ist nicht nur für die effiziente Nutzung begrenzter öffentlicher Ressourcen wichtig, sondern auch, um ein einheitliches Bild nach außen zu vermitteln und Europas Rolle bei der notwendigen globalen Transformation zu stärken.
Die bevorstehenden Europawahlen bieten die Chance, neue politische Impulse zu setzen und den “Team Europe”-Ansatz konsequenter in die Praxis umzusetzen, indem Partnerschaften aufgebaut werden, die für alle Beteiligten vorteilhaft, effizient und ambitioniert sind. Dies ist nicht nur für die globalen Bemühungen zur Dekarbonisierung von Bedeutung, sondern auch, um Europas Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern und zu stärken. Nur ein koordiniertes und fokussiertes Vorgehen wird sicherstellen, dass Europa im globalen Wettbewerb nicht zurückfällt, den Beitrag zum weltweiten Klimaschutz maximiert und die Bestrebungen der Partnerländer im Bereich der nachhaltigen Entwicklung wirksam unterstützt.


Ulrich Hermann – Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Internationaler Karlspreis zu Aachen
Seit sieben Jahren ist Ulrich Hermann Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Internationaler Karlspreis zu Aachen. Im Mittelpunkt der Stiftungsarbeit stehen die politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Aspekte des europäischen Integrationsprozesses. Hermann verfügt über jahrzehntelange Erfahrung als Führungskraft in der Industrie mit strategischem Fokus auf das Thema Digitalisierung. Seine unternehmerische Arbeit stand immer im Zentrum disruptiver Veränderungen. Derzeit ist er Managing General Partner bei Einstein Industries Ventures sowie Minderheitsgesellschafter und Mitglied des Verwaltungsrats beim Elektroautohersteller Next.e.GO Mobile.

Navid Kermani – Autor
Kermani ist einer der führenden Intellektuellen Deutschlands. Er publiziert unermüdlich Sachbücher und Romane, hält Festreden und schreibt für die Wochenzeitung “Die Zeit”. 2015 erhielt er den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. 2017 war er für das Amt des Bundespräsidenten im Gespräch. In seinen Werken beschäftigt der habilitierte Orientalist sich immer wieder mit christlich-islamischer Annäherung und äußert sich zu aktuellen europäischen Debatten. Er schrieb einmal den Satz: “Wer wissen will, wie viel das Gebilde namens Europäische Union wert ist, muss dorthin fahren, wo es aufhört.”

Clara Föller – Bundesvorsitzende Junge Europäische Föderalist:innen
Im Hauptberuf arbeitet sie bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Im Ehrenamt ist sie Bundesvorsitzende der Jungen Europäischen Föderalist:innen. Eine Feministin, die sich dafür einsetzt, die Verdienste von Politikerinnen für die europäische Integration stärker bewusst zu machen. Zudem trommelt sie mit der Kampagne #EurHope für die Teilnahme an den Europawahlen im Juni.

Jakob Hanke Vela – Autor Brussels Playbook, Politico
Der Journalist ist Hauptautor des “Brussels Playbook” von Politico, eine Art Lokalblatt für das Brüsseler Europaviertel. Er ist oft gut informiert und analysiert mit spitzer Feder. Zudem personifiziert Jakob Hanke Vela Europa ganz gut – als Sohn einer spanischen Mutter und eines deutschen Vaters, der lange als Korrespondent in Paris arbeitete.
Frauke Muth – Leiterin Jugend für Europa
Bildung, Jugend und Sport sind die Kernbereiche des gemeinsamen europäischen Programmes Erasmus+, das von der nationalen Agentur Jugend für Europa umgesetzt wird. 2022 hat Frauke Muth die Leitung übernommen. Zuvor war die studierte Politikwissenschaftlerin für Innovation Norway, sowie in Rumänien, England und Bulgarien tätig. Mit ihren jugendpolitischen Programmen will sie den europäischen Zusammenhalt stärken.

Damian Boeselager – Mitgründer und Spitzenkandidat von Volt Europa
Aktuell ist Damian Boeselager der einzige Vertreter der paneuropäischen Partei Volt im Europäischen Parlament. Seine Karriere begann der 36-Jährige bei McKinsey, wo er Projekte im sozialen und öffentlichen Sektor betreute, unter anderem für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Seit 2019 hat er an 25 Gesetzesvorhaben gearbeitet, davon sechs als verhandlungsführender Berichterstatter. Sein Ziel ist, Europa zu stärken und das Europäische Parlament zu erneuern: Es soll die Befugnis haben, Gesetzgebung zu initiieren, zu ändern und zu genehmigen.

Bettina Brokemper – Geschäftsführerin Heimatfilm
Seit mehr als 20 Jahren prägt die Filmproduzentin die Idee europäischer Ko-Produktionen: Erst bei der dänischen Zentropa, seit 2003 mit ihrer eigenen Firma Heimatfilm. 2008 wurde sie für ihre Arbeit mit dem europäischen Koproduzentenpreis “Prix Eurimages” ausgezeichnet. Ihre Produktionen liefen in Cannes, gewannen den Goldenen Bären bei der Berlinale und den deutschen Filmpreis. Sie ist Vorstandsmitglied der European Film Academy. Vergangenes Jahr zeichnete Hollywood Reporter Brokemper als eine der 40 einflussreichsten Frauen der internationalen Filmlandschaft aus.

René Moerland – Herausgeber Euractiv
23 Jahre lang war René Moerland Journalist, Auslandskorrespondent und später Chefredakteur bei der niederländischen Zeitung “NRC Handelsblad”. Nachdem das flämische Mutterhaus von NRC im Jahr 2023 das Brüsseler Online-Medium “Euractiv” übernommen hatte, wurde er Teil des Integrationsteams. Zum 1. Januar 2024 wechselte er in die Position des Verlegers bei “Euractiv”, das im Medienmarkt der EU-Bubble ganz oben mitspielen will.

Hanna Veiler – Präsidentin jüdische Studierendenunion Deutschland
In der jüdischen Studierendenunion setzt sich die 26-Jährige für eine positive Konnotation mit jüdischer Identität ein, doch seit dem 7. Oktober muss sie viel Unterstützungsarbeit für bedrohte jüdische Studierende leisten. Sie ist auch im europäischen Dachverband jüdischer Studierender organisiert. 2024 wurde sie von der europäischen Bewegung Deutschland zur “Frau Europas” ernannt.

Hedwig Fijen – Direktorin Manifesta
Die Niederländerin ist Gründungsdirektorin der europäischen Wander-Biennale Manifesta, die alle zwei Jahre ihren Austragungsort wechselt. Die erste Ausgabe fand 1996 in Rotterdam statt, die jüngste Schau in der kosovarischen Hauptstadt Pristina. Lokale Künstler werden ebenso wie internationale Bekanntheiten ausgestellt. Die Manifesta findet meist dezentral an unterschiedlichen Einrichtungen der Stadt statt.