die EU-Außenminister beraten heute in Brüssel über die Lage in Syrien nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad. Eine Frage wird dabei sein, wie die EU zu einer Stabilisierung des Landes beitragen kann. Dabei geht es auch darum, eine Rückkehr der vielen in Europa lebenden Flüchtlinge aus Syrien zu ermöglichen.
Die EU hatte nach eigenen Angaben bis zuletzt keinen Kontakt zur islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham, die maßgeblich für Assads Sturz verantwortlich ist. Die Gruppierung und mit ihr verbundene Personen stehen auch weiter auf der Terrorliste der Vereinten Nationen und sind mit EU-Sanktionen belegt, wie Sie in den News lesen können.
Bei seinen Abflügen vom Münchner Flughafen beansprucht EVP-Chef Manfred Weber VIP-Status: Ohne Warteschlangen einchecken und mit einer Luxuslimousine aufs Rollfeld. Bezahlt wird die Verzugsbehandlung vom europäischen Steuerzahler, wie Till Hoppe und Markus Grabitz recherchiert haben. In ihrer Analyse schreiben sie auch, wie Manfred Weber die Kosten rechtfertigt.
Eine wirklich gute Rechtfertigung für das Amt des Premierministers Frankreichs fehlt dem Zentristen François Bayrou. Dennoch hat ihn Emmanuel Macron zum neuen Regierungschef in Paris ernannt. Das Linksbündnis, das bei der Wahl im Juli stärkste Kraft geworden war, und auch der Rassemblement National bleiben weiterhin außen vor. Bayrou wird also ähnliche Probleme haben, die Nationalversammlung hinter sich zu vereinen, wie sein Vorgänger Michel Barnier, analysiert Claire Stam. Es bleibt also spannend in Paris.
Bleiben Sie zuversichtlich und starten Sie gut in die Woche!
Manfred Weber trägt eine graue Strickmütze. Es ist ein klarer, kalter Wintertag in Washington. Er sei hier, um Verbindungen zu den amerikanischen Freunden zu knüpfen, berichtet Weber in dem Video auf Instagram. Hinter ihm ist die Kuppel des Kapitols zu sehen. Dem Münchner Merkur berichtete er im Anschluss, er habe sich mit Professoren, Politikern und Stabschefs getroffen, um die Pläne des künftigen Präsidenten Donald Trump besser einschätzen zu können.
Der Partei- und Fraktionschef der EVP ist ein wichtiger Mann in Brüssel: Er führt die größte Fraktion im Europaparlament und zugleich die Parteienfamilie, die allein 14 der 27 Kommissare stellt. Weber sieht sich auf Augenhöhe mit den Großen der Politik, den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten, und wohl auch mit den Playern in der US-Hauptstadt.
Sein Büro schmücken zahlreiche Fotos, die ihn mit Mächtigen zeigten, Angela Merkel zum Beispiel. Als Michel Barnier kürzlich als französischer Ministerpräsident gestürzt wurde, postete Weber ein Bild von sich und Barnier, aufgenommen am Regierungssitz in Paris.
Der CSU-Politiker erzählt auch gerne, dass er regelmäßig mit den christdemokratischen Staats- und Regierungschefs spricht. Als Ende November die Spannungen mit Sozialdemokraten und Liberalen im Europaparlament zu eskalieren und den Start der neuen Kommission zu verzögern drohten, riefen ihn mehrere der im EU-Jargon “Chefs” genannten Politiker an. Wohl auch auf Bitten von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die sich um ihre Mehrheit sorgte.
Weber hatte 2019 selbst zum Sprung auf das wichtigste EU-Amt angesetzt, als Spitzenkandidat des Wahlsiegers erhob er Anspruch auf die Kommissionspräsidentschaft. Doch die Chefs durchkreuzten seine Pläne, allen voran Emmanuel Macron und Pedro Sánchez. Sie trauten dem damals 47-Jährigen ohne Regierungserfahrung den Posten nicht zu.
Weber kaute schwer an der Niederlage. Aber er steckte sie weg, anders als sein Rivale Frans Timmermans. Weber kehrte nach der Sommerpause zurück, mit Vollbart. Seinen politischen Ehrgeiz hat er nicht begraben. Das zeigte Weber, als er sich 2022 auch zum Chef der EVP-Parteienfamilie wählen ließ. Seitdem reist er als oberster Christdemokrat durch Europa, besucht als einer der ersten die neue rechte Regierungschefin Giorgia Meloni in Rom. Im Frühjahr will er sich als Parteichef wiederwählen lassen.
Seine politischen Ambitionen übersetzen sich in Statusansprüche. Weber lässt sich nicht nur von Partei und Fraktion ein insgesamt fürstliches Gehalt auszahlen. 14.020 Euro im Monat bekommt er von der Partei, sie sind nachzulesen in seinen Erklärungen zu persönlichen Interessen als Abgeordneter. Eigentlich gilt: Wenn ein Parteichef zusätzlich ein Mandat oder Regierungsamt und damit ein Auskommen hat, ist die Führung der Partei ein Ehrenamt. Als Weber die Führung der EVP übernahm, hat er sich ein Extrasalär ausbedungen.
Als Fraktionschef hat er zudem Anspruch auf die Abgeordneten-Diät in Höhe von 8.419,90 Euro netto. Außerdem kann er als Fraktionschef 365 Tage im Jahr Tagegeld in Höhe von 350 Euro für Unterkunft, Verpflegung und Nebenkosten geltend machen. Es gibt weitere Privilegien, die sich Weber über die Jahre erkämpft hat. Zum Beispiel einen eigenen Dienstwagen samt Chauffeur in seiner bayerischen Heimat sowie eine VIP-Behandlung am Flughafen München.
510 Euro brutto je Abflug kostet die Vorzugsbehandlung laut Anbieter bisher. Ab Januar sollen sogar 560 Euro je Abflug fällig werden. Wie zu hören ist, bekommt Weber Großkundenkonditionen, zahlt also entsprechend weniger. Der Service umfasst separate Vorfahrt zum VIP-Wing am Flughafen, diskrete Abwicklung von Check-in, Gepäckaufgabe und Kontrollen in einem gesonderten Raum sowie als Highlight der “exklusive VIP-Shuttle zu Ihrem Flug”, wie es in der Broschüre des Anbieters heißt.
Wenn die Maschine auf dem Rollfeld steht, wird der VIP-Gast per Limousine zum Boarding gebracht. Weber steigt als letzter ein, wenn alle anderen Fluggäste bereits auf ihren Plätzen sind und ihr Handgepäck verstaut haben. Die Minister der bayerischen Landesregierung haben Anspruch auf einen solchen VIP-Service, ebenso EU-Kommissare. Viele Kommissare nehmen diesen Service nur in Anspruch, wenn es besonders schnell gehen muss, hört man in Bayern. Die anderen Fraktionschefs im Europaparlament verzichten darauf, zu den Flughafenlounges haben sie als Vielflieger ohnehin Zugang.
Weber aber pocht auf den Service, dessen Kosten sich bei mehreren Flügen pro Monat auf mehr als 10.000 Euro jährlich summieren. Wiederholt habe die Finanzverwaltung des Parlaments bei der Fraktion nachgehakt, weil Weber dem EU-Steuerzahler ungewöhnlich hohe Kosten in Rechnung stellt, hört man dort.
Ebenso wenig möchte er auf den eigenen Dienstwagen verzichten, der ihm an seinem Wohnsitz im Landkreis Kelheim in Niederbayern für Reisen zur Verfügung steht. Darüber hatte der Spiegel bereits 2020 berichtet. Der Service samt Fahrer in Rufbereitschaft soll die Fraktion und damit den europäischen Steuerzahler jedes Jahr rund 100.000 Euro kosten. BMW, Mercedes und Audi stellen Politikern Fahrzeuge im Top-Luxussegment zu sehr attraktiven Konditionen zur Verfügung. Sie gewähren hohe Rabatte auf die Leasingraten, da ansonsten die Anmietung der Limousinen nicht mit den Haushaltsleitlinien von EU-Institutionen vereinbar ist.
Weber steht der Dienstwagen seit 2016 zur Verfügung. Der damalige Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hatte sich bei Generalsekretär Klaus Welle für ihn eingesetzt, wie ein Schreiben zeigt, das Table.Briefings vorliegt. Während die S&D-Fraktionschefs wieder auf das Privileg Dienstwagen im Wahlkreis verzichten, hält Weber daran bis heute fest.
Weber sieht keinen Grund für Kritik an seinem Verhalten. Ein Sprecher sagte zu Table.Briefings: “Manfred Weber nutzt die gängige Praxis für Spitzenpolitiker am Münchner Flughafen.” Im Hinblick auf Dienstwagen und Fahrer heißt es weiter, seinen Fahrdienst, der jedem Fraktionsvorsitzenden zustehe, nutze Manfred Weber aufgrund eines Beschlusses des EP-Präsidiums. Er geht sogar einen Schritt weiter: “Mit der bestehenden Praxis spart das Europäische Parlament erhebliche Kosten.” Alle Ausgaben seien mehrfach von den Diensten des Parlaments bei den Audits der letzten Jahre geprüft worden, so der Sprecher.
François Bayrou tritt die Nachfolge von Michel Barnier als Premierminister Frankreichs an. Der Vorsitzende der zentristischen Partei Mouvement démocrate (MoDem) ist der vierte Premier in Paris seit Anfang des Jahres. Die große Frage ist, wie lange er sich angesichts der schwierigen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lage an der Macht halten kann.
Dass die Ratingagentur Moody’s am Freitag die Bonität Frankreichs herabstufte – nur wenige Stunden, nachdem Bayrou zum Premierminister ernannt wurde – könnte ein schlechtes Omen sein. “Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die nächste Regierung das Ausmaß der Haushaltsdefizite nachhaltig reduzieren wird”, so die Ratingagentur in ihrer Analyse.
Bayrou ist eine bekannte Persönlichkeit in Frankreich. Der 73-Jährige war zwischen 1993 und 1997 Bildungsminister in rechtsgerichteten Regierungen. Zudem kandidierte er dreimal für das Amt des Präsidenten. Indem er bei den Wahlen 2017 zugunsten von Emmanuel Macron zurücktrat, trug er maßgeblich dazu bei, Macron in den Élysée-Palast zu bringen.
“Ich ignoriere nichts von dem Himalaya, der sich vor uns erhebt”, sagte François Bayrou bei seiner Amtsübernahme am Freitag. In typisch französischer Rhetorik sagte der ehemalige Professor für klassische Philologie, er hoffe, “einen neuartigen Weg zu finden”. Er betonte die “Notwendigkeit, aus den albernen Kriegen auszubrechen” und auf Versöhnung hinzuarbeiten. Er spielt auf die Zersplitterung der Nationalversammlung und die Machtkämpfe zwischen den verschiedenen politischen Fraktionen an.
Bayrou hat die Verabschiedung des Haushalts für 2025 klar als seine wichtigste Herausforderung benannt. Frankreichs gigantisches Defizit von 6,1 Prozent des BIP zeigt die Dringlichkeit auf. Große Erwartungen an ihn hat auch der Agrarsektor. Er soll Frankreich in Brüssel im Zusammenhang mit dem Mercosur-Deal Gehör verschaffen.
Auch die tiefgehende soziale Krise in Frankreich stellt Bayrou vor schwierige Aufgaben. In einem Jahr ist die Anzahl der Insolvenzen um mehr als 46 Prozent bei kleinen und mittelständischen Unternehmen gestiegen. Rund 250.000 Arbeitsplätze sind Experten zufolge durch Sanierungspläne gefährdet. Die Sozialpläne häufen sich auch bei großen Konzernen wie Michelin, ArcelorMittal, Auchan oder Valeo.
Die Probleme zu lösen wird enorm schwer. François Bayrou steht vor demselben Problem wie sein Vorgänger Michel Barnier. Er ist von der Nationalversammlung abhängig, die ihn zu Fall bringen kann, wenn sich das Linksbündnis Nouveau Front Populaire (NFP) und der Rassemblement National (RN) gegen ihn wenden.
Die NFP erklärt, sich nicht an Bayrous Regierung zu beteiligen. Was den Grad der Kritik am neuen Premierminister angeht, ist das Bündnis allerdings gespalten. Die Linkspopulisten La France insoumise (LFI) wollen so bald wie möglich wieder einen Misstrauensantrag stellen. Auf der rechten Seite haben die Republikaner (LR) ihre Beteiligung an der Regierung davon abhängig gemacht, was ihnen der neue Premierminister vorlegen wird.
Bayrou hat mit den Gesprächen zur Regierungsbildung begonnen. Aufnehmen möchte er vor allem “Persönlichkeiten mit Erfahrung”. Er wolle ein “Premierminister der Komplementarität” mit Emmanuel Macron sein. Diese Erklärung ist wichtig, da Bayrou hier seinen Willen zur Unabhängigkeit vom Präsidenten signalisiert. Mit dem Sturz der Regierung Barnier wollte Macron einen seiner Getreuen, Sébastien Lecornu, installieren. Bayrou konnte sich schließlich durchsetzen.
“Im Gegensatz zu vielen Personen, die unter Emmanuel Macron Ministerposten erhalten haben, schuldet François Bayrou ihm politisch nichts“, betont eine Abgeordnete, die aufgrund der laufenden Verhandlungen über die Zusammensetzung der neuen Regierung um Anonymität gebeten hat. Er habe zudem Mitglieder seiner Partei in alle Regierungen seit 2017 gebracht. Das sei ein Zeichen für seinen Einfluss und seine Unabhängigkeit von Macron.
Für die Abgeordnete liegt Bayrous politisches Hauptproblem eher in seiner mangelnden Legitimität. “François Bayrou als Premierminister bezieht seine Legitimität nicht aus dem Votum der Franzosen.” Das habe das Linksbündnis bei den Parlamentswahlen bekommen. “Dieser Mangel an Wählerlegitimität wird François Bayrou während seiner gesamten neuen Amtszeit belasten”, prognostiziert sie.
Der Weg für die Aufwertung der Unterausschüsse Sicherheit und Verteidigung (SEDE) sowie für Öffentliche Gesundheit (SANT) zu Vollausschüssen ist im zweiten Anlauf frei: Die Fraktionschefs im EU-Parlament haben der Ausschussreform im schriftlichen Verfahren zugestimmt, rechtzeitig für die Abstimmung im Plenum diese Woche in Straßburg. Teil eines Pakets sind auch zwei auf ein Jahr befristete Sonderausschüsse, einer für die Bekämpfung der Wohnungsnot (Housing) und einer zur Stärkung der Demokratie (Democracy Shield).
Im ersten Anlauf hatte es nicht geklappt, weil die Konservativen in der Konferenz der Präsidenten in letzter Minute ihre Zustimmung daran geknüpft hatten, die Posten der Berichterstatter in den beiden Sonderausschüssen zu bekommen. Die Aufwertung von SEDE ist ein Erfolg für die liberale Renew-Fraktion und für die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die Aufwertung sei eine “großartige Nachricht für Europas Sicherheit”, sagte die EU-Parlamentarierin (FDP) zu Table.Briefings. Damit bekomme das Thema Sicherheit und Verteidigung auch im Parlament die Aufmerksamkeit, die es in dieser von Krisen und Kriegen geprägten Zeit verdiene.
Mit dem neuen Zuschnitt werde ein starkes parlamentarisches Kontrollgremium unter anderem in Fragen der europäischen Beschaffung, der europäischen Verteidigungsindustrie und der europäischen Kooperation in Verteidigungsfragen möglich, so Strack-Zimmermann. Zusammen mit Andrius Kubilius, dem neuen Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt, werde man mit Nachdruck daran arbeiten, die europäische Sicherheitsarchitektur zukunftsfähig zu machen. Sofern das Plenum der Aufwertung diese Woche zustimme, werde der Vollausschuss auch eigene, starke inhaltliche Impulse setzen.
Lange umstritten war der genaue Zuschnitt von SEDE. Nun soll neben dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten (AFET) auch der Industrieausschuss ITER Kompetenzen abgeben. Sicherheit und Verteidigung dürften neben Wettbewerb die dominierenden Themen der neuen Legislaturperiode sein. Die beiden neuen Vollausschüsse sollen jeweils 43 Mitglieder und neben der Vorsitzenden ein Büro mit bis zu vier Stellvertretern bekommen.
Der Sonderausschuss Housing war eine Forderung der Sozialdemokraten, die dort den Vorsitz bekommen sollen. Renew hatte sich für den Sonderausschuss Democracy Shield starkgemacht, der nach den russischen Einflussversuchen unter anderem bei den rumänischen Präsidentschaftswahlen zusätzliche Aktualität bekommt. sti
Die EU wird die Sanktionen gegen Syrien nach den Worten ihrer Spitzendiplomatin Kaja Kallas vorerst nicht aufheben. Die neuen Machthaber müssten erst sicherstellen, dass Minderheiten nicht verfolgt und zugleich die Rechte der Frauen geschützt werden, sagte die EU-Außenbeauftragte der Nachrichtenagentur Reuters. “Das ist eindeutig nicht die Frage von heute, sondern eher eine Frage für die Zukunft”, sagte Kallas zur möglichen Aufhebung von Sanktionen. Es müsse sichtbar werden, “dass die Schritte in die richtige Richtung gehen”.
Die EU hat scharfe Sanktionen gegen Syrien unter der Herrschaft des gestürzten Präsidenten Baschar al-Assad eingeführt. Die islamistische Rebellengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die den Sturz Assads anführte, ist aber ebenfalls seit Jahren mit Sanktionen belegt.
Die EU sei der größte Geber von humanitärer Hilfe für Syrien, sagte Kallas. “Wir müssen diskutieren, was wir noch tun können. Aber es kann kein Blankoscheck sein.” Die EU-Kommissarin nahm am Wochenende an einer Konferenz in Jordanien teil, auf der über die Zukunft Syriens diskutiert wurde.
Syriens neue Übergangsregierung habe zwar positive Signale gesendet. Doch diese reichten nicht aus. “In den kommenden Wochen und Monaten wird sich zeigen, ob ihre Taten in die richtige Richtung gehen.” An der Behandlung von Frauen und Mädchen werde sich ablesen lassen, wie die Gesellschaft funktioniere und wie die Institutionen aufgebaut werden, fügte sie hinzu.
Der nach Russland geflohene Präsident müsse zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Kallas. “Es ist klar, dass Assad für die in Syrien begangenen Verbrechen verantwortlich ist.” Man erwarte, dass der Internationale Strafgerichtshof prüfe, wie er strafrechtlich verfolgt werden könne.
Die deutsche Wirtschaft sieht nach dem Sturz von Assad Chancen für eine verbesserte Kooperation mit Syrien. “Potenzial gibt es durchaus”, sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, zu Reuters. Vor den ersten EU-Sanktionen sei die syrische Wirtschaft jährlich zwischen drei und fünf Prozent gewachsen. Die Europäische Union sei noch 2011, als der Bürgerkrieg begann und Sanktionen folgten, mit rund sechs Milliarden Euro Gesamtvolumen wichtigster Handelspartner des Landes gewesen. rtr
Estland hat angesichts der Gewalt gegen proeuropäische Demonstranten in Georgien seine Sanktionen gegen die Führung in Tiflis ausgeweitet. Nach Angaben des Außenministeriums in Tallinn wurden Strafmaßnahmen gegen 14 weitere Personen verhängt, die für die Unterdrückung von Protesten in der Südkaukasusrepublik verantwortlich gemacht werden. Darunter ist auch Ministerpräsident Irakli Kobachidse, dem nun wie allen anderen auf der schwarzen Liste die Einreise nach Estland verboten ist.
“Die Gewalt, die die georgischen Behörden gegen Demonstranten, Journalisten und Oppositionsführer anwenden, ist inakzeptabel, kriminell und verstößt gegen die Menschenrechte“, sagte der estnische Außenminister Margus Tsahkna. Der Chefdiplomat des baltischen EU- und Nato-Landes rief auch andere EU-Staaten zu entsprechenden Reaktionen auf. Estland hatte zuvor bereits gemeinsam mit den beiden anderen Baltenstaaten Lettland und Litauen Sanktionen gegen elf führende georgische Politiker verhängt.
In Georgien ist am Samstag der umstrittene Kandidat der prorussischen Regierung, Micheil Kawelaschwili, zum neuen Präsidenten gewählt worden. Erwartungsgemäß stimmten 224 von 225 Mitgliedern der Wahlversammlung aus Parlamentsabgeordneten sowie Lokal- und Regionalvertretern für den einzigen Kandidaten. Die Opposition boykottierte die Abstimmung. Kawelaschwili löst die prowestliche Präsidentin Salome Surabitschwili ab. Seit Ende Oktober finden deshalb Proteste gegen die Regierungspartei statt, die sich mit dem Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen bis Ende 2028 durch Ministerpräsidenten Irakli Kobachidse verschärft haben. Es kam zu gewaltsamen Ausschreitungen, Verletzten und mehreren Hundert Festnahmen. Der Polizei wird Gewalt und Folter vorgeworfen. dpa/rtr
Die neue litauische Regierung hat ihre Arbeit aufgenommen. In der vergangenen Woche bestätigte das Parlament das Programm der Regierung des sozialdemokratischen Premierministers Gintautas Paluckas. Zugleich legten die neuen Minister ihren Amtseid ab.
Das aus drei Parteien bestehende Regierungsbündnis steht in Litauen und auch international massiv in der Kritik, da die nationalistische und populistische Partei Nemuno aušra (Morgenröte von Nemunas) Teil der Koalition ist. Dem Vorsitzenden Remigijus Žemaitaitis werden antisemitische Tendenzen vorgeworfen. Gemeinsam mit der Mitte-links-Partei Demokratische Union für Litauen kommt das Dreierbündnis auf eine Mehrheit von 86 der 141 Sitze im Seimas – dem litauischen Parlament.
Das Regierungsprogramm sieht unter anderem vor, dass die Verteidigungsausgaben Litauens 3,5 Prozent des BIP betragen. Ein Schwerpunkt soll dabei auf der deutschen Brigade liegen, die ab 2027 dauerhaft in dem Land stationiert sein soll. Geplant ist außerdem, die militärische Unterstützung für die Ukraine auszubauen – sie soll mindestens 0,25 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen. Am Freitag will die neue Regierung in die Ukraine reisen.
Neben Premierminister Paluckas wird das Kabinett aus zehn Männern und vier Frauen bestehen. Die Sozialdemokraten entsenden neun Minister. Neuer Außenminister ist wie erwartet Kęstutis Budrys, bislang Berater des Staatspräsidenten Gitanas Nausėda. Verteidigungsministerin ist die Sozialdemokratin Dovilė Šakalienė. Beide befürworten die Unterstützung der Ukraine und einen entschiedenen Kurs gegen Russland.
Nemuno aušra entsendet Povilas Poderskis als Umweltminister, Ignas Hofmanas als Landwirtschaftsminister und Rimantas Mockus als Justizminister. Keiner der Drei gehört der Partei an, denn Präsident Nausėda hatte zuvor angekündigt, keine Mitglieder von Nemuno aušra als Minister zu ernennen. Zuvor hatte die Partei andere Kandidaten für die Ressorts Umwelt und Justiz vorgeschlagen. Diese hatte Nausėda jedoch abgelehnt, weil sie nicht in der Lage gewesen seien, ihre Pläne für Litauens Ratspräsidentschaft im Jahr 2027 ausreichend darzulegen. sas
die EU-Außenminister beraten heute in Brüssel über die Lage in Syrien nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad. Eine Frage wird dabei sein, wie die EU zu einer Stabilisierung des Landes beitragen kann. Dabei geht es auch darum, eine Rückkehr der vielen in Europa lebenden Flüchtlinge aus Syrien zu ermöglichen.
Die EU hatte nach eigenen Angaben bis zuletzt keinen Kontakt zur islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham, die maßgeblich für Assads Sturz verantwortlich ist. Die Gruppierung und mit ihr verbundene Personen stehen auch weiter auf der Terrorliste der Vereinten Nationen und sind mit EU-Sanktionen belegt, wie Sie in den News lesen können.
Bei seinen Abflügen vom Münchner Flughafen beansprucht EVP-Chef Manfred Weber VIP-Status: Ohne Warteschlangen einchecken und mit einer Luxuslimousine aufs Rollfeld. Bezahlt wird die Verzugsbehandlung vom europäischen Steuerzahler, wie Till Hoppe und Markus Grabitz recherchiert haben. In ihrer Analyse schreiben sie auch, wie Manfred Weber die Kosten rechtfertigt.
Eine wirklich gute Rechtfertigung für das Amt des Premierministers Frankreichs fehlt dem Zentristen François Bayrou. Dennoch hat ihn Emmanuel Macron zum neuen Regierungschef in Paris ernannt. Das Linksbündnis, das bei der Wahl im Juli stärkste Kraft geworden war, und auch der Rassemblement National bleiben weiterhin außen vor. Bayrou wird also ähnliche Probleme haben, die Nationalversammlung hinter sich zu vereinen, wie sein Vorgänger Michel Barnier, analysiert Claire Stam. Es bleibt also spannend in Paris.
Bleiben Sie zuversichtlich und starten Sie gut in die Woche!
Manfred Weber trägt eine graue Strickmütze. Es ist ein klarer, kalter Wintertag in Washington. Er sei hier, um Verbindungen zu den amerikanischen Freunden zu knüpfen, berichtet Weber in dem Video auf Instagram. Hinter ihm ist die Kuppel des Kapitols zu sehen. Dem Münchner Merkur berichtete er im Anschluss, er habe sich mit Professoren, Politikern und Stabschefs getroffen, um die Pläne des künftigen Präsidenten Donald Trump besser einschätzen zu können.
Der Partei- und Fraktionschef der EVP ist ein wichtiger Mann in Brüssel: Er führt die größte Fraktion im Europaparlament und zugleich die Parteienfamilie, die allein 14 der 27 Kommissare stellt. Weber sieht sich auf Augenhöhe mit den Großen der Politik, den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten, und wohl auch mit den Playern in der US-Hauptstadt.
Sein Büro schmücken zahlreiche Fotos, die ihn mit Mächtigen zeigten, Angela Merkel zum Beispiel. Als Michel Barnier kürzlich als französischer Ministerpräsident gestürzt wurde, postete Weber ein Bild von sich und Barnier, aufgenommen am Regierungssitz in Paris.
Der CSU-Politiker erzählt auch gerne, dass er regelmäßig mit den christdemokratischen Staats- und Regierungschefs spricht. Als Ende November die Spannungen mit Sozialdemokraten und Liberalen im Europaparlament zu eskalieren und den Start der neuen Kommission zu verzögern drohten, riefen ihn mehrere der im EU-Jargon “Chefs” genannten Politiker an. Wohl auch auf Bitten von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die sich um ihre Mehrheit sorgte.
Weber hatte 2019 selbst zum Sprung auf das wichtigste EU-Amt angesetzt, als Spitzenkandidat des Wahlsiegers erhob er Anspruch auf die Kommissionspräsidentschaft. Doch die Chefs durchkreuzten seine Pläne, allen voran Emmanuel Macron und Pedro Sánchez. Sie trauten dem damals 47-Jährigen ohne Regierungserfahrung den Posten nicht zu.
Weber kaute schwer an der Niederlage. Aber er steckte sie weg, anders als sein Rivale Frans Timmermans. Weber kehrte nach der Sommerpause zurück, mit Vollbart. Seinen politischen Ehrgeiz hat er nicht begraben. Das zeigte Weber, als er sich 2022 auch zum Chef der EVP-Parteienfamilie wählen ließ. Seitdem reist er als oberster Christdemokrat durch Europa, besucht als einer der ersten die neue rechte Regierungschefin Giorgia Meloni in Rom. Im Frühjahr will er sich als Parteichef wiederwählen lassen.
Seine politischen Ambitionen übersetzen sich in Statusansprüche. Weber lässt sich nicht nur von Partei und Fraktion ein insgesamt fürstliches Gehalt auszahlen. 14.020 Euro im Monat bekommt er von der Partei, sie sind nachzulesen in seinen Erklärungen zu persönlichen Interessen als Abgeordneter. Eigentlich gilt: Wenn ein Parteichef zusätzlich ein Mandat oder Regierungsamt und damit ein Auskommen hat, ist die Führung der Partei ein Ehrenamt. Als Weber die Führung der EVP übernahm, hat er sich ein Extrasalär ausbedungen.
Als Fraktionschef hat er zudem Anspruch auf die Abgeordneten-Diät in Höhe von 8.419,90 Euro netto. Außerdem kann er als Fraktionschef 365 Tage im Jahr Tagegeld in Höhe von 350 Euro für Unterkunft, Verpflegung und Nebenkosten geltend machen. Es gibt weitere Privilegien, die sich Weber über die Jahre erkämpft hat. Zum Beispiel einen eigenen Dienstwagen samt Chauffeur in seiner bayerischen Heimat sowie eine VIP-Behandlung am Flughafen München.
510 Euro brutto je Abflug kostet die Vorzugsbehandlung laut Anbieter bisher. Ab Januar sollen sogar 560 Euro je Abflug fällig werden. Wie zu hören ist, bekommt Weber Großkundenkonditionen, zahlt also entsprechend weniger. Der Service umfasst separate Vorfahrt zum VIP-Wing am Flughafen, diskrete Abwicklung von Check-in, Gepäckaufgabe und Kontrollen in einem gesonderten Raum sowie als Highlight der “exklusive VIP-Shuttle zu Ihrem Flug”, wie es in der Broschüre des Anbieters heißt.
Wenn die Maschine auf dem Rollfeld steht, wird der VIP-Gast per Limousine zum Boarding gebracht. Weber steigt als letzter ein, wenn alle anderen Fluggäste bereits auf ihren Plätzen sind und ihr Handgepäck verstaut haben. Die Minister der bayerischen Landesregierung haben Anspruch auf einen solchen VIP-Service, ebenso EU-Kommissare. Viele Kommissare nehmen diesen Service nur in Anspruch, wenn es besonders schnell gehen muss, hört man in Bayern. Die anderen Fraktionschefs im Europaparlament verzichten darauf, zu den Flughafenlounges haben sie als Vielflieger ohnehin Zugang.
Weber aber pocht auf den Service, dessen Kosten sich bei mehreren Flügen pro Monat auf mehr als 10.000 Euro jährlich summieren. Wiederholt habe die Finanzverwaltung des Parlaments bei der Fraktion nachgehakt, weil Weber dem EU-Steuerzahler ungewöhnlich hohe Kosten in Rechnung stellt, hört man dort.
Ebenso wenig möchte er auf den eigenen Dienstwagen verzichten, der ihm an seinem Wohnsitz im Landkreis Kelheim in Niederbayern für Reisen zur Verfügung steht. Darüber hatte der Spiegel bereits 2020 berichtet. Der Service samt Fahrer in Rufbereitschaft soll die Fraktion und damit den europäischen Steuerzahler jedes Jahr rund 100.000 Euro kosten. BMW, Mercedes und Audi stellen Politikern Fahrzeuge im Top-Luxussegment zu sehr attraktiven Konditionen zur Verfügung. Sie gewähren hohe Rabatte auf die Leasingraten, da ansonsten die Anmietung der Limousinen nicht mit den Haushaltsleitlinien von EU-Institutionen vereinbar ist.
Weber steht der Dienstwagen seit 2016 zur Verfügung. Der damalige Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hatte sich bei Generalsekretär Klaus Welle für ihn eingesetzt, wie ein Schreiben zeigt, das Table.Briefings vorliegt. Während die S&D-Fraktionschefs wieder auf das Privileg Dienstwagen im Wahlkreis verzichten, hält Weber daran bis heute fest.
Weber sieht keinen Grund für Kritik an seinem Verhalten. Ein Sprecher sagte zu Table.Briefings: “Manfred Weber nutzt die gängige Praxis für Spitzenpolitiker am Münchner Flughafen.” Im Hinblick auf Dienstwagen und Fahrer heißt es weiter, seinen Fahrdienst, der jedem Fraktionsvorsitzenden zustehe, nutze Manfred Weber aufgrund eines Beschlusses des EP-Präsidiums. Er geht sogar einen Schritt weiter: “Mit der bestehenden Praxis spart das Europäische Parlament erhebliche Kosten.” Alle Ausgaben seien mehrfach von den Diensten des Parlaments bei den Audits der letzten Jahre geprüft worden, so der Sprecher.
François Bayrou tritt die Nachfolge von Michel Barnier als Premierminister Frankreichs an. Der Vorsitzende der zentristischen Partei Mouvement démocrate (MoDem) ist der vierte Premier in Paris seit Anfang des Jahres. Die große Frage ist, wie lange er sich angesichts der schwierigen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lage an der Macht halten kann.
Dass die Ratingagentur Moody’s am Freitag die Bonität Frankreichs herabstufte – nur wenige Stunden, nachdem Bayrou zum Premierminister ernannt wurde – könnte ein schlechtes Omen sein. “Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die nächste Regierung das Ausmaß der Haushaltsdefizite nachhaltig reduzieren wird”, so die Ratingagentur in ihrer Analyse.
Bayrou ist eine bekannte Persönlichkeit in Frankreich. Der 73-Jährige war zwischen 1993 und 1997 Bildungsminister in rechtsgerichteten Regierungen. Zudem kandidierte er dreimal für das Amt des Präsidenten. Indem er bei den Wahlen 2017 zugunsten von Emmanuel Macron zurücktrat, trug er maßgeblich dazu bei, Macron in den Élysée-Palast zu bringen.
“Ich ignoriere nichts von dem Himalaya, der sich vor uns erhebt”, sagte François Bayrou bei seiner Amtsübernahme am Freitag. In typisch französischer Rhetorik sagte der ehemalige Professor für klassische Philologie, er hoffe, “einen neuartigen Weg zu finden”. Er betonte die “Notwendigkeit, aus den albernen Kriegen auszubrechen” und auf Versöhnung hinzuarbeiten. Er spielt auf die Zersplitterung der Nationalversammlung und die Machtkämpfe zwischen den verschiedenen politischen Fraktionen an.
Bayrou hat die Verabschiedung des Haushalts für 2025 klar als seine wichtigste Herausforderung benannt. Frankreichs gigantisches Defizit von 6,1 Prozent des BIP zeigt die Dringlichkeit auf. Große Erwartungen an ihn hat auch der Agrarsektor. Er soll Frankreich in Brüssel im Zusammenhang mit dem Mercosur-Deal Gehör verschaffen.
Auch die tiefgehende soziale Krise in Frankreich stellt Bayrou vor schwierige Aufgaben. In einem Jahr ist die Anzahl der Insolvenzen um mehr als 46 Prozent bei kleinen und mittelständischen Unternehmen gestiegen. Rund 250.000 Arbeitsplätze sind Experten zufolge durch Sanierungspläne gefährdet. Die Sozialpläne häufen sich auch bei großen Konzernen wie Michelin, ArcelorMittal, Auchan oder Valeo.
Die Probleme zu lösen wird enorm schwer. François Bayrou steht vor demselben Problem wie sein Vorgänger Michel Barnier. Er ist von der Nationalversammlung abhängig, die ihn zu Fall bringen kann, wenn sich das Linksbündnis Nouveau Front Populaire (NFP) und der Rassemblement National (RN) gegen ihn wenden.
Die NFP erklärt, sich nicht an Bayrous Regierung zu beteiligen. Was den Grad der Kritik am neuen Premierminister angeht, ist das Bündnis allerdings gespalten. Die Linkspopulisten La France insoumise (LFI) wollen so bald wie möglich wieder einen Misstrauensantrag stellen. Auf der rechten Seite haben die Republikaner (LR) ihre Beteiligung an der Regierung davon abhängig gemacht, was ihnen der neue Premierminister vorlegen wird.
Bayrou hat mit den Gesprächen zur Regierungsbildung begonnen. Aufnehmen möchte er vor allem “Persönlichkeiten mit Erfahrung”. Er wolle ein “Premierminister der Komplementarität” mit Emmanuel Macron sein. Diese Erklärung ist wichtig, da Bayrou hier seinen Willen zur Unabhängigkeit vom Präsidenten signalisiert. Mit dem Sturz der Regierung Barnier wollte Macron einen seiner Getreuen, Sébastien Lecornu, installieren. Bayrou konnte sich schließlich durchsetzen.
“Im Gegensatz zu vielen Personen, die unter Emmanuel Macron Ministerposten erhalten haben, schuldet François Bayrou ihm politisch nichts“, betont eine Abgeordnete, die aufgrund der laufenden Verhandlungen über die Zusammensetzung der neuen Regierung um Anonymität gebeten hat. Er habe zudem Mitglieder seiner Partei in alle Regierungen seit 2017 gebracht. Das sei ein Zeichen für seinen Einfluss und seine Unabhängigkeit von Macron.
Für die Abgeordnete liegt Bayrous politisches Hauptproblem eher in seiner mangelnden Legitimität. “François Bayrou als Premierminister bezieht seine Legitimität nicht aus dem Votum der Franzosen.” Das habe das Linksbündnis bei den Parlamentswahlen bekommen. “Dieser Mangel an Wählerlegitimität wird François Bayrou während seiner gesamten neuen Amtszeit belasten”, prognostiziert sie.
Der Weg für die Aufwertung der Unterausschüsse Sicherheit und Verteidigung (SEDE) sowie für Öffentliche Gesundheit (SANT) zu Vollausschüssen ist im zweiten Anlauf frei: Die Fraktionschefs im EU-Parlament haben der Ausschussreform im schriftlichen Verfahren zugestimmt, rechtzeitig für die Abstimmung im Plenum diese Woche in Straßburg. Teil eines Pakets sind auch zwei auf ein Jahr befristete Sonderausschüsse, einer für die Bekämpfung der Wohnungsnot (Housing) und einer zur Stärkung der Demokratie (Democracy Shield).
Im ersten Anlauf hatte es nicht geklappt, weil die Konservativen in der Konferenz der Präsidenten in letzter Minute ihre Zustimmung daran geknüpft hatten, die Posten der Berichterstatter in den beiden Sonderausschüssen zu bekommen. Die Aufwertung von SEDE ist ein Erfolg für die liberale Renew-Fraktion und für die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die Aufwertung sei eine “großartige Nachricht für Europas Sicherheit”, sagte die EU-Parlamentarierin (FDP) zu Table.Briefings. Damit bekomme das Thema Sicherheit und Verteidigung auch im Parlament die Aufmerksamkeit, die es in dieser von Krisen und Kriegen geprägten Zeit verdiene.
Mit dem neuen Zuschnitt werde ein starkes parlamentarisches Kontrollgremium unter anderem in Fragen der europäischen Beschaffung, der europäischen Verteidigungsindustrie und der europäischen Kooperation in Verteidigungsfragen möglich, so Strack-Zimmermann. Zusammen mit Andrius Kubilius, dem neuen Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt, werde man mit Nachdruck daran arbeiten, die europäische Sicherheitsarchitektur zukunftsfähig zu machen. Sofern das Plenum der Aufwertung diese Woche zustimme, werde der Vollausschuss auch eigene, starke inhaltliche Impulse setzen.
Lange umstritten war der genaue Zuschnitt von SEDE. Nun soll neben dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten (AFET) auch der Industrieausschuss ITER Kompetenzen abgeben. Sicherheit und Verteidigung dürften neben Wettbewerb die dominierenden Themen der neuen Legislaturperiode sein. Die beiden neuen Vollausschüsse sollen jeweils 43 Mitglieder und neben der Vorsitzenden ein Büro mit bis zu vier Stellvertretern bekommen.
Der Sonderausschuss Housing war eine Forderung der Sozialdemokraten, die dort den Vorsitz bekommen sollen. Renew hatte sich für den Sonderausschuss Democracy Shield starkgemacht, der nach den russischen Einflussversuchen unter anderem bei den rumänischen Präsidentschaftswahlen zusätzliche Aktualität bekommt. sti
Die EU wird die Sanktionen gegen Syrien nach den Worten ihrer Spitzendiplomatin Kaja Kallas vorerst nicht aufheben. Die neuen Machthaber müssten erst sicherstellen, dass Minderheiten nicht verfolgt und zugleich die Rechte der Frauen geschützt werden, sagte die EU-Außenbeauftragte der Nachrichtenagentur Reuters. “Das ist eindeutig nicht die Frage von heute, sondern eher eine Frage für die Zukunft”, sagte Kallas zur möglichen Aufhebung von Sanktionen. Es müsse sichtbar werden, “dass die Schritte in die richtige Richtung gehen”.
Die EU hat scharfe Sanktionen gegen Syrien unter der Herrschaft des gestürzten Präsidenten Baschar al-Assad eingeführt. Die islamistische Rebellengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die den Sturz Assads anführte, ist aber ebenfalls seit Jahren mit Sanktionen belegt.
Die EU sei der größte Geber von humanitärer Hilfe für Syrien, sagte Kallas. “Wir müssen diskutieren, was wir noch tun können. Aber es kann kein Blankoscheck sein.” Die EU-Kommissarin nahm am Wochenende an einer Konferenz in Jordanien teil, auf der über die Zukunft Syriens diskutiert wurde.
Syriens neue Übergangsregierung habe zwar positive Signale gesendet. Doch diese reichten nicht aus. “In den kommenden Wochen und Monaten wird sich zeigen, ob ihre Taten in die richtige Richtung gehen.” An der Behandlung von Frauen und Mädchen werde sich ablesen lassen, wie die Gesellschaft funktioniere und wie die Institutionen aufgebaut werden, fügte sie hinzu.
Der nach Russland geflohene Präsident müsse zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Kallas. “Es ist klar, dass Assad für die in Syrien begangenen Verbrechen verantwortlich ist.” Man erwarte, dass der Internationale Strafgerichtshof prüfe, wie er strafrechtlich verfolgt werden könne.
Die deutsche Wirtschaft sieht nach dem Sturz von Assad Chancen für eine verbesserte Kooperation mit Syrien. “Potenzial gibt es durchaus”, sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, zu Reuters. Vor den ersten EU-Sanktionen sei die syrische Wirtschaft jährlich zwischen drei und fünf Prozent gewachsen. Die Europäische Union sei noch 2011, als der Bürgerkrieg begann und Sanktionen folgten, mit rund sechs Milliarden Euro Gesamtvolumen wichtigster Handelspartner des Landes gewesen. rtr
Estland hat angesichts der Gewalt gegen proeuropäische Demonstranten in Georgien seine Sanktionen gegen die Führung in Tiflis ausgeweitet. Nach Angaben des Außenministeriums in Tallinn wurden Strafmaßnahmen gegen 14 weitere Personen verhängt, die für die Unterdrückung von Protesten in der Südkaukasusrepublik verantwortlich gemacht werden. Darunter ist auch Ministerpräsident Irakli Kobachidse, dem nun wie allen anderen auf der schwarzen Liste die Einreise nach Estland verboten ist.
“Die Gewalt, die die georgischen Behörden gegen Demonstranten, Journalisten und Oppositionsführer anwenden, ist inakzeptabel, kriminell und verstößt gegen die Menschenrechte“, sagte der estnische Außenminister Margus Tsahkna. Der Chefdiplomat des baltischen EU- und Nato-Landes rief auch andere EU-Staaten zu entsprechenden Reaktionen auf. Estland hatte zuvor bereits gemeinsam mit den beiden anderen Baltenstaaten Lettland und Litauen Sanktionen gegen elf führende georgische Politiker verhängt.
In Georgien ist am Samstag der umstrittene Kandidat der prorussischen Regierung, Micheil Kawelaschwili, zum neuen Präsidenten gewählt worden. Erwartungsgemäß stimmten 224 von 225 Mitgliedern der Wahlversammlung aus Parlamentsabgeordneten sowie Lokal- und Regionalvertretern für den einzigen Kandidaten. Die Opposition boykottierte die Abstimmung. Kawelaschwili löst die prowestliche Präsidentin Salome Surabitschwili ab. Seit Ende Oktober finden deshalb Proteste gegen die Regierungspartei statt, die sich mit dem Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen bis Ende 2028 durch Ministerpräsidenten Irakli Kobachidse verschärft haben. Es kam zu gewaltsamen Ausschreitungen, Verletzten und mehreren Hundert Festnahmen. Der Polizei wird Gewalt und Folter vorgeworfen. dpa/rtr
Die neue litauische Regierung hat ihre Arbeit aufgenommen. In der vergangenen Woche bestätigte das Parlament das Programm der Regierung des sozialdemokratischen Premierministers Gintautas Paluckas. Zugleich legten die neuen Minister ihren Amtseid ab.
Das aus drei Parteien bestehende Regierungsbündnis steht in Litauen und auch international massiv in der Kritik, da die nationalistische und populistische Partei Nemuno aušra (Morgenröte von Nemunas) Teil der Koalition ist. Dem Vorsitzenden Remigijus Žemaitaitis werden antisemitische Tendenzen vorgeworfen. Gemeinsam mit der Mitte-links-Partei Demokratische Union für Litauen kommt das Dreierbündnis auf eine Mehrheit von 86 der 141 Sitze im Seimas – dem litauischen Parlament.
Das Regierungsprogramm sieht unter anderem vor, dass die Verteidigungsausgaben Litauens 3,5 Prozent des BIP betragen. Ein Schwerpunkt soll dabei auf der deutschen Brigade liegen, die ab 2027 dauerhaft in dem Land stationiert sein soll. Geplant ist außerdem, die militärische Unterstützung für die Ukraine auszubauen – sie soll mindestens 0,25 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen. Am Freitag will die neue Regierung in die Ukraine reisen.
Neben Premierminister Paluckas wird das Kabinett aus zehn Männern und vier Frauen bestehen. Die Sozialdemokraten entsenden neun Minister. Neuer Außenminister ist wie erwartet Kęstutis Budrys, bislang Berater des Staatspräsidenten Gitanas Nausėda. Verteidigungsministerin ist die Sozialdemokratin Dovilė Šakalienė. Beide befürworten die Unterstützung der Ukraine und einen entschiedenen Kurs gegen Russland.
Nemuno aušra entsendet Povilas Poderskis als Umweltminister, Ignas Hofmanas als Landwirtschaftsminister und Rimantas Mockus als Justizminister. Keiner der Drei gehört der Partei an, denn Präsident Nausėda hatte zuvor angekündigt, keine Mitglieder von Nemuno aušra als Minister zu ernennen. Zuvor hatte die Partei andere Kandidaten für die Ressorts Umwelt und Justiz vorgeschlagen. Diese hatte Nausėda jedoch abgelehnt, weil sie nicht in der Lage gewesen seien, ihre Pläne für Litauens Ratspräsidentschaft im Jahr 2027 ausreichend darzulegen. sas